Ich habe endlich herausbekommen, warum mich mein Vater unbedingt nach Washington schicken wollte“, erklärte Jamie Und hielt seine Whiskeyflasche hoch. Sie war leer. Der perfekte Abschluss seines ersten Tages im Repräsentantenhaus.
Michael Rowan beugte sich über eine seiner Erfindungen. Er werkelte an einem Apparat mit langen Röhren herum, aus denen eine dunkle Flüssigkeit in einen Glasbehälter tropfte.
„Und warum das?“ fragte er, ohne von seiner Maschine aufzuschauen.
„Weil er es mir nie verziehen hat, dass ich vor vielen Jahren von meiner Bildungsreise durch Europa nicht nach Haus zurückgekehrt bin. Dies ist jetzt sicherlich meine Strafe.“
„Ich nehme an, Sie hatten heute einen schweren Tag.“
„Das ist gar kein Ausdruck! Du lieber Himmel, wo haben diese Männer nur gelernt, zu predigen und herumzusalbadern? Ich konnte mein Anliegen kaum loswerden.“
„Sie werden noch merken, dass man im Kongress nur mit viel Geduld weiterkommt.“ Rowan füllte die Flüssigkeit aus dem Glasbehälter in zwei fast saubere Trinkgläser und gab Jamie eines davon. „Prosit.“
„Was ist das?“
„Pflaumenschnaps, denke ich.“ Auf Jamies entsetzten Blick hin deutete er zu dem Apparat auf dem Tisch. „Das ist ein Schnell-Destillierer. Mein eigener Entwurf.“
Erstaunlich; also funktionierten einige von Rowans Maschinen tatsächlich. Jamie hob sein Glas. „Prosit.“
Wie er bemerkte, war der Professor nicht untätig gewesen; die Unordnung im Salon war womöglich noch größer geworden. Auf einer Schiefertafel, die an der Wand hing, stand der Anfang einer langen Formel, die scheinbar in Hieroglyphen aufgezeichnet war. Die Schrift ging über die ganze Tafel, setzte sich auf der Wand fort und reichte bis auf den Boden hinab.
„Also, weshalb sind Sie von Ihrer Bildungsreise nicht zurückgekehrt?“
Jamie bedauerte schon, dass ihm dies Geständnis herausgerutscht war. Andererseits mochte er den schludrigen Professor inzwischen recht gern, und es machte ihm nichts aus, ihm einen kleinen Einblick in seine Vergangenheit zu geben. „Ich hatte die Wahl: Wollte ich lieber an den Höfen und in den Hauptstädten Europas dummes Zeug reden, oder wollte ich mich auf einer Plantage am Chesapeake um Pferde kümmern? Ich entschied mich für das Naheliegende.“
„Diese Reiselust habe ich nie verstanden. Was hat es denn für einen Wert, nur dabeizustehen und andere Menschen zu beobachten, wie sie so leben?“
Jamie nahm einen Schluck von dem Brandy, der angenehm und mild schmeckte. „Das ist eine seltsame Frage von jemandem, der davon lebt, dass er sich den ganzen Tag mit Formeln und Gleichungen beschäftigt.“
Rowan richtete sich auf. „Auf diese Weise erkläre ich die Welt und die Dinge, die dahinter liegen.“ Er kehrte zu dem vorherigen Thema zurück. „Ihr Vater wollte Sie also irgendwelcher Vergeltung wegen in den Kongress stecken?“
„Zur Strafe für den vielen Wein und Absinth, den ich getrunken, und die vielen Frauen, mit denen ich mich abgegeben hatte. Ich glaube, beides nahm mein Vater mir übel.“ Die Spannung zwischen Jamie und seinem Vater hatte schon seit Jahren bestanden. Trotzdem war er nicht auf dessen Drängen in die Politik gegangen. Dass er sich in den Kongress hatte wählen lassen, war ein Akt der Reue gewesen.
„Dann hatten Sie ja ein recht abenteuerliches Leben“, meinte Rowan und fummelte an dem selbst gebauten Weinfilter herum. „Wir alle würden uns gern einmal mit Absinth und losen Frauen vergnügen. Womit hat Ihre Familie Sie schließlich in die Heimat zurückgelockt?“
Jamie umfasste sein dickes Trinkglas. „Man schickte mir meinen Bruder Noah hinterher, um mich an meine Pflichten zu erinnern. Doch statt den nächsten Dampfer heimwärts zu nehmen, überredete ich Noah, mich zum Pferdeankauf auf eine letzte Reise in den Nahen Osten zu begleiten.“
„Und wurde das ein Erfolg?“
Jamie trank sein Glas mit drei Schlucken leer und verzog dann das Gesicht, weil der Pflaumenschnaps ihm in der Kehle brannte. „Es wurde mein größter Misserfolg“, antwortete er.
Er trat an das hintere Fenster und schaute hinaus. Der Garten, ein ungepflegtes Gewirr aus unkrautüberwucherten Hecken und ein paar weißen Rüben sowie Flaschenkürbissen, die im Sand verrotteten, lag halb im Schatten. Im Gegensatz zu diesem Durcheinander war der angrenzende Garten von Senator Cabot tadellos gepflegt, die Buchsbaumhecken waren ordentlich gestutzt, Feuerdornsträucher und spät blühende Rosen waren symmetrisch auf kleinstem Raum angeordnet.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Jamie eine Bewegung. Er trat näher ans Fenster heran. In dem winzigen Garten, unter zwei Eiben, saß Abigail Cabot. Sie hatte den Kopf gebeugt, und in den Händen hielt sie ein paar Papiere.
Jamie stellte sein Glas ab, entschuldigte sich und ging zur Hintertür hinaus. Eine Ziegelmauer trennte die beiden Gärten, doch dies war kein Hindernis für ihn. Er war schon höhere Mauern hinaufgestiegen, manchmal im Kugelhagel, auf der Flucht vor einer Meute Wachhunde, und einmal hatte ihn sogar ein Pferdehändler in Karthago mit einem Krummsäbel verfolgt.
Er zog sich über die Mauer und landete auf dem Rasenteppich in Senator Cabots Garten. Sofort sprang Abigail auf, und die Seiten auf ihrem Schoß segelten zu Boden.
„Was, um alles in der Welt, wollen Sie denn hier?“
„Meinen Nachbarn einen Besuch abstatten.“ Er verneigte sich tief, und als er sich wieder aufrichtete, sah er, dass sie geweint hatte; ihre Nase war rot, ihre Wangen nass, und in ihren Augen standen Tränen.
„Sie haben die unangenehme Angewohnheit, uneingeladen zu erscheinen. Besucher werden gewöhnlich gebeten, sich an der Vordertür zu melden“, erklärte sie.
„Hätte ich geahnt, dass es Ihnen so viel Kummer bereitet, würde ich mich selbstverständlich daran gehalten haben.“ Er zog ein sauberes Taschentuch heraus und hielt es ihr hin.
Abigail ging auf seinen scherzhaften Ton nicht ein. Sie nahm das Taschentuch entgegen und schnäuzte sich laut.
Du lieber Himmel, er würde Berge versetzen, Drachen erschlagen oder über glühende Kohlen laufen, nur um ihr zu helfen. Doch all dies würde nichts nützen, denn Abigail war viel zu schwierig.
In der Hoffnung, sie von ihrem Kummer abzulenken, tat er so, als bewunderte er den silbernen Ball auf einem Sockel bei den Bäumen. Die Krümmung der Kugel deutete den Himmelsbogen an. „Hat Ihnen heute Morgen Ihr Besuch auf dem Kapitol Spaß gemacht?"
„Meine Schwester und ich begleiten unseren Vater mit großem Stolz in jedem Jahr dorthin.“
Interessant - sie beantwortete seine Frage nicht.
„Ich hörte, mit Ihrer Einführungsrede hätten Sie großen Eindruck gemacht. Die meisten Abgeordneten würden sich nur ungern öffentlich gegen die Eisenbahngesellschaften stellen.“
„Das war der einzige Grund, weshalb ich mich in den Kongress wählen ließ.“
„Weil Sie etwas gegen die Eisenbahngesellschaften haben?“
„Hier in Virginia vertreiben sie die Leute von ihrem Land und verwenden öffentliches Geld für private Gewinne.“
Inzwischen waren Abigails Tränen getrocknet. Mit großen Augen betrachtete sie ihn so fasziniert, dass er sich gleich einen Zoll größer fühlte. Am liebsten hätte er mit dem Finger über den pochenden Puls an ihrem Hals gestrichen und sie gefragt, weshalb sie so traurig war.
„Das ist eine sehr ungewöhnliche Position für einen Mann wie Sie“, bemerkte sie.
„Ich bin ein Freund ungewöhnlicher Positionen.“ Er konnte sein unverschämtes Lachen nicht zurückhalten.
Abigail steckte sein Taschentuch unter ihr Gürtelband. „Zu schade, dass Sie so ungezogen sein müssen. Nachdem ich merkte, dass Sie etwas für den gemeinen Bürger tun wollen, überlegte ich mir schon, ob ich meine Meinung von Ihnen nicht revidieren sollte. Allerdings weiß ich nicht, ob mir das gelingt.“
„Sie sind eine kluge, intelligente junge Dame.“ Er bemühte sich, nicht allzu gönnerhaft zu reden. „Ich setze Vertrauen in Sie, Miss Cabot. Sie können lernen. Zwischen den Sitzungen werde ich natürlich an dem Benehmen arbeiten, dessen Sie mich beschuldigen.“
Er sah ihr an, dass es ihm gelungen war, sie wieder an sein Geheimtreffen mit Caroline Fortenay zu erinnern. Rasch bückte er sich und hob die Papiere auf, die sie fallen gelassen hatte.
„Bitte!“ Sie schluchzte leise auf. „Sie brauchen sich nicht zu bemühen ..."
„Leutnant Butler“, sagte er, nachdem er die Unterschrift gelesen hatte. „Er hat ja keine Zeit versäumt, Ihnen zu antworten, nicht wahr?“
„Geben Sie mir den Brief!“
Jamie hob ihn hoch über den Kopf, so dass sie ihn nicht erwi- sehen konnte. „Meine Liebe, hätte ich Ihren langen Brief nicht auf den Weg gebracht, würden Sie überhaupt keine Antwort erhalten haben. Ich glaube, dafür verdiene ich Anerkennung. Ich denke, ich..«
Er sprach nicht weiter, sondern konzentrierte sich auf einige Sätze in dem Brief. In der aufkommenden Dämmerung entzifferte er das Wesentliche. „,Als ich Ihren Brief las, fand ich die zweite Hälfte meiner Seele'“, las er laut. „,Ihre tief empfundenen Worte geben mir einen Grund, an das Leben mit allen seinen großartigen Möglichkeiten zu glauben ...'“
Jamie blickte in ihr entsetztes Gesicht und merkte auf einmal, um was es eigentlich ging. Zwei naive, grundanständige Menschen entbrannten in Liebe zueinander, und aus ihren Worten sprach aufrichtiges Gefühl. In Abigails Augen sah er den Schmerz und das Wunder einer aufdämmernden Liebe, und in Butlers Antwort las er die aufleuchtende Hoffnung auf eine goldene Zukunft.
Das war etwas, woran Jamie nicht mehr glaubte, doch das zählte für Abigail nicht. Ihr war es offensichtlich ganz neu, und sie begriff nicht, was hier auf dem Spiel stand. Sie liebte aus ganzem Herzen und mit vollstem Vertrauen; für Zweifel gab es keinen Platz.
„Es muss Sie ja ungeheuer amüsieren, mit Menschen zu spielen, als wären sie Figuren auf einem Schachbrett.“
„Butler schrieb einen Liebesbrief. Sie antworteten darauf. Ich habe nur für die Beförderung gesorgt. Machen Sie den Pferdehändler dafür verantwortlich, wenn das Pferd ein Hufeisen verliert?“
„Es ist unehrenhaft“, stellte sie fest. „Er glaubt, meine Antwort komme von Helena. Dies ist schon zu weit gegangen. Ich muss ihm sofort ein Telegramm schicken und ihn über das Missverständnis aufklären.“ Sie riss ihm die Seiten aus der Hand und wollte ins Haus gehen.
Jamie stellte sich ihr in den Weg. „Das würde ich nicht tun.“
„Wie schön für Sie. Sie müssen ja auch nicht. Ich werde es selbst tun.“
„Was tun?“
„Ihn informieren, dass hier ein Irrtum vorliegt.“
„Miss Cabot, brutale Ehrlichkeit hat durchaus ihre Berechtigung, doch eine gelegentliche Notlüge wirkt Wunder für ein zerbrechliches Herz.“
Ihre Miene wurde weicher. „Ich will ihn aber nicht verletzen.“ „Natürlich nicht. Und im nächsten Brief erklären Sie ihn zum Beschützer all Ihrer Träume.“ Wie genau er Wort für Wort erinnerte, was sie geschrieben hatte! „Und nun sehen Sie sich seine Antwort an.“ Er entriss ihr die betreffende Seite und las vor: „,Mit jedem Satz Ihres Briefes erhob sich mein Herz in größere Höhen!“
„Er ist eben sehr empfindsam“, räumte sie ein und riss die Briefseite erneut an sich.
„Und er kann von Glück sagen, dass Sie seine Empfindsamkeit erkennen. Also wirklich, Abby - ein Telegramm?“
Sie kehrte zu den Bäumen zurück und setzte sich wieder auf die Bank. „Ich muss mir eine passende Lösung überlegen.“ Sie starrte auf die letzte Seite des langen Briefes. „Er möchte diese Korrespondenz im Rahmen einer formellen Werbung fortsetzen.“
„Darüber wird Ihr Vater überglücklich sein. Das wissen Sie.“ „Doch nicht, wenn er entdeckt, dass Butlers Liebe für Helena auf einen Brief zurückgeht, den ich verfasst habe.“ Abigail barg ihr Gesicht in den Händen.
„Sie machen es schwieriger, als es ist. Sobald Butler merkt, wer ihm den Brief geschrieben hat, wird er seine Zuneigung auf Sie verlagern.“
Sie ließ die Hände sinken, blickte ihn einen Moment an und brach dann in Lachen aus. Jamie liebte zwar ihr Lachen, doch nicht, wenn es eher verzweifelt klang. „Machen Sie sich nicht lächerlich, Mr. Calhoun. Es ist Helena, die er begehrt und die er vor sich sieht, wenn er alle diese wunderschönen Sätze zu Papier bringt.“
Jamie schwieg einen Augenblick. Dies hier lief nicht so, wie er es geplant hatte. Abigails Herz würde gebrochen werden, dennoch musste er sie glauben machen, dass sie Butler für sich gewinnen konnte. „Lesen Sie seine Worte noch einmal ganz genau, Abby. Der Mann liebt die Verfasserin dieser zarten Prosa und nicht ein hübsches Gesicht.“
Sie zog die Stirn kraus, und er merkte, dass er das Falsche gesagt hatte.
„Ich weigere mich, diese Täuschung fortzusetzen“, erklärte sie fest.
„Nennen Sie es nicht Täuschung. Diese Briefe - Ihrer an Butler und seiner an Sie - sind die ehrlichsten, die ich je gelesen habe.“ Dass sie gleichzeitig hirnverbrannt und mehr als töricht waren, sagte er nicht.
„Ich weigere mich ...“
„Ein Butler, Abby! Amerikas königliche Familie! Denken Sie daran, wie stolz und glücklich Ihr Vater wäre.“ Als er den kleinen Hoffnungsschimmer in ihrem Gesicht sah, merkte er, dass er ihren wundesten Punkt gefunden hatte: Sie lebte und atmete nur für ihren alten Vater.
„Helena bat mich schon, ihm wieder zu schreiben“, gab sie zu.
„Selbstverständlich tat sie das“, bekräftigte er überaus geduldig. „Sie weiß, wie hoch Ihr Vater diese Verbindung bewertet.“ Er pflückte eine kleine lila Aster ab und steckte Abigail die zarte Blüte ans Mieder. Seine Finger strichen dabei leicht über ihren Brustansatz. Was für ein interessantes Spiel - ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen und sie zur gleichen Zeit zu drängen, Liebesbriefe an jemand anders zu schreiben!
Sie wich zurück, doch er folgte ihr. Das ist es! sagte er sich. Er wollte Abigails Mentor werden, dafür sorgen, dass der Sohn des
Vizepräsidenten um sie freite, und hinterher zum Dank die politische Gunst ihres Vaters ernten.
Heute im Repräsentantenhaus hatte er eines gelernt: Ohne Unterstützung erreichte man gar nichts, und Unterstützung erhielt ein Neuling erst dann, wenn er einen Weg in den inneren Kreis der Mächtigen gefunden hatte. Abigail Cabot ist das Tor zu dieser Möglichkeit, dachte er, doch die Vorstellung behagte ihm nicht sonderlich.
„Leider wird Ihre Schwester das Interesse an Butler verlieren.«
„Wie wollen Sie das wissen?“
Weil ich Frauen wie Helena Cabot nur zu gut kenne, dachte er. „Korrigieren Sie mich, wenn ich mich täusche.“
Abigail blickte wortlos auf ihre Hände hinunter und bestätigte damit ungewollt seinen Verdacht.
„Es liegt also bei Ihnen, Abby. Wegen Ihres Vaters müssen Sie Butlers Interesse aufrechterhalten. Sie dürfen es nicht riskieren, dass Ihrem Vater das Herz bricht, nur weil Sie diese Korrespondenz einstellen wollen.“ Er rückte noch näher; ihr weiblicher Duft überraschte und rührte ihn auf einmal. „Das wollen Sie doch, Abby. Geben Sie es nur zu.“
Fröstelnd schloss sie die Augen. „Das ist alles zu schwer zu verstehen. Mir erscheint alles zu neu. Selbst der kleinste Gedanke an Leutnant Butler löst schon die peinlichsten körperlichen Reaktionen in mir aus, Dinge, die ich nicht im Entferntesten begreife.“
Du lieber Himmel, dachte Jamie, könnte Butler sie jetzt sehen, wäre er erledigt. Der Versuchung, dieses komplizierte, restlos verliebte Wesen zu verführen, konnte man fast nicht widerstehen.
„Der Leutnant wäre entzückt, das zu hören. Sie sollten es ihm mit Ihrem nächsten Brief schreiben. Sie sind es, die er begehrt, Abby. Er hat sich in Ihre Worte verliebt.“
Sie schien sich wieder zu fangen. „Sie irren sich gewaltig, Mr. Calhoun. Leutnant Butler ist ein kluger Mann mit aufrichtigen Empfindungen, und er ist keineswegs dumm."
„Er ist ein Mann der Navy.“
„Das finde ich nicht komisch.“
„Gut, dann glauben Sie dem armen Trottel. Wenn er tatsächlich so brillant ist, wie Sie behaupten, dann liebt er die Verfasserin der Briefe und nicht irgendeine angemalte Puppe der Gesellschaft.“ Jetzt hatte sie endlich begriffen. Er erkannte es an ihrem mehr als interessierten Blick. Es war ja beinahe zu leicht gegangen! „Einen Mann wie Butler für sich zu gewinnen ist ganz einfach. Dazu benötigt man nur die gute Absicht und ein wenig Kreativität. Und von beidem haben wir zwei jede Menge.“
„Einen Mann kann man ebenso wenig zur Liebe zwingen, wie man eine Sonnenblume davon abhalten kann, sich immer der Sonne zuzuwenden. Die Natur hat uns gewisse Triebe geschenkt, und das ist der Grund, weshalb man von der Magie der Liebe spricht.“ „Einspruch! Liebe ist eine Wissenschaft wie die Astronomie.“ Abigail lachte laut und spöttisch auf. „Sie machen sich ja schon wieder lächerlich.“
„Nicht doch. Das Werben ist schlicht eine animalische Balz und hat nichts mit Magie zu tun. Lassen Sie uns einen Handel schließen, Abby.“ Er hielt ihren Blick gefangen; langsam machte ihm das Ganze wirklich Spaß. „Sie helfen mir, die Unterstützung Ihres Vaters gegen die Eisenbahngesellschaften zu gewinnen, und ich zeige Ihnen dafür, wie Sie sich unwiderstehlich machen können.“
„Ich - unwiderstehlich?“ Sie lachte aufs Neue. „Da hätten Sie aber viel zu tun!“
Jamie zog Abigail die kleine Aster aus dem Mieder und steckte sie ihr hinters Ohr. „Sie sind bereits auf dem besten Weg dorthin!“ „Und wie wurden Sie eigentlich zu einer solchen Autorität auf dem Gebiet der Herzensangelegenheiten?“
„Ach Liebes“ - er lächelte anzüglich - „wenn ich Ihnen das sagte, würde ich mich schuldig machen, die Moral einer Dame zu korrumpieren.“