Valiska wolte vor der ganzen Geselschaft nicht aussagen / was an diesem Schreiben ihr so sehr mißfiel / nur zeigete sie dem Gesanten / wie hocherfreulich ihr die Zeitung wegen des lieben Fürsten Gesundheit währe. Und als des aufftragens der vielen Wetscher kein ende werden wolte / stellete sie sich etwas ungeduldig / und fragete / warumb man sie doch mit solcher Last beschwerete. Farabert aber ließ dieselben / an der Zahl 24 in zween Hauffen stellen / da an den rohten der Königin / an den gelben aber des jungen Fürsten Nahme stund; und er untertähnig anhielt / ihre Königl. Hochheit möchte mit solchem Willen und Wolgefallen dieses alles teils von der Königin / teils von dem jungen Fürsten / annehmen / wie daß von ihr übergeschikt währe angenommen worden. Worauff sie sich freymühtig erklärete; ja / ob sie gleich augenscheinlich und an den vielen Wetschern sähe / daß die Königlichen Geschenke gar zu groß währen / wolte sie doch / umb ihrer Gn. Fr. Mutter der Fr. Königin ihren Gehorsam / und dem jungen Großfürsten ihre schwesterliche Liebe sehen zu lassen / sich dessen durchaus nicht wegern. Und muste der Gesante mit zur Königlichen Mahlzeit gehen / da er als eines grossen Königes Diener gebührlich geehret ward. Nach der speisung foderte ihn Valiska allein vor sich in ihr Gemach / und zeigete ihm an / daß so hoch sie über des jungen Fürsten erlangeter Gesundheit sich erfreuet / so heftig hätte sie sich über dessen Schreibens Inhalt betrübet / weil sie ein solches übermachtes Lob darinnen hätte lesen müssen / das ihr Herz sich vor ihr selbst geschämet / wolte auch hiemit angeloben / daß ob sie zwar vordißmahl dem Fürsten schriftlich antworten wolte / sie doch hinfüro weder dergleichen Briefe mehr von ihm anzunehmen / noch zubeantworten bedacht währe. Hernach muste ihr Farabert erzählen / wie es mit dem Fürsten eigentlich beschaffen währe; da er ihr zuvernehmen gab / was gestalt in den ersten fünff Wochen nach ihrer Hocheit empfangenen Schreiben / seine Durchl. zur volständigen gemühts und leibes Gesundheit gerahten / da es sich von Tage zu Tage gebessert / und er Farabert fast immer bey ihm seyn / und ihrer Hocheit Wunderfälle und lebens Art ihm erzählen müssen; nachgehends hätte er sich wieder in seinem Fürstlichen Stande /aber weit prächtiger als vorhin / öffentlich sehen lassen / hätte auf der Jagt sich viel geübet / und allerhand Ritterspiel eiferig getrieben / auch dabey so freimühtig gewesen / dz man sich darüber verwundern müssen. Sein Schild dessen er sich gebrauchete /währe also bezeichnet daß aus einem verborgenen dicken Dampfe eine ganz helle Flamme hervor schlüge in sieben zwar unterschiedlichen / aber nahe zusammen stehenden Strahlen an welchen zu unterst die sieben Buchstaben V.A.L.I.S.C.A. stünden / nicht anders / als sieben reiche Quellen dieser auffsteigenden Flamenstralen. Umbher stunden die Worte mit grünen Buchstaben: Coelestis Medicina facile reparat quod per se periit. Das ist: Die himlische Arzney machet leicht wieder gut / was durch sich selbst verderbet ist. Ein sehr herlicher Spruch / sagte Valiska / wann er nur recht verstanden und erkläret wird; aber der Nahme oder die Buchstaben unten an den Strahlen müsten nicht die gesetzeten / sondern diese seyn: C.R.E.A.T.O.R. Das ist; der Schöpfer / oder der wahre Gott. Farabert fuhr in seiner Erzählung fort; es hätte Fürst Markomir oben auff dem Helme einen andern Strahl / welcher einen verwelketen Graßstengel wieder grünend machete und in die höhe richtete / und darunter dieses Wort: Desuper Auxilium. Die Hülffe komt von oben herab. Das ist ein recht löbliches Wort / sagte Valiska / und möchte wünschen / daß des Fursten Brieff hiemit zustimmete; wie aber? wird der liebe Fürst meinem Gemahl und mir nicht die Ehre antuhn / uns zuzusprechen. Wir werden gewiß nit unterlassen / unsere Gnn. Eltern / euren König und Königin zubesuchen / weil wir nicht zweifeln / wilkommen zu seyn. Ja / Großmächtigste Königin / antwortete er / höhere Vergnügung würde meinem Könige nicht begegnen / werde auch keine angenehmere Zeitung nach hause bringen können als diese. Sie besahe nachgehends die überschicketen Sachen / deren sie sich verwunderte; dañ da wahren zwo Königliche Kronen und Reichsstäbe; Hals- und Armketten von dik gegossenem Golde / Pferdespangen und Puckeln aus gleichen Erz; und Steigbügel von hohem wert. Hernach die allerzarteste Linnewand / die Menschen Augen jemahls gesehen / uñ allerhand Bettegerähte /Tisch- und Tellertucher / und was zur uberflüssigen auszierung eines Königlichen Essesaals / Verhör-stuben / geheimen Zimmers / und Schlaffgemachs kan oder mag gefodert werden; welches sie hernach dem andern Frauenzimmer zeigete / welche bekenneten /deßgleichen nie gesehen zu haben. Es ward Farabert Königlich beschenket samt allen seinen Dienern / da die 46 so die Wetscher auffgetragen hatten / alle mit köstlichen neuen Kleidern versehen wurden / und jeder 300 Kronen Baarschaft / Farabert aber zu sechs Kleidern allerhand teurbahre Tücher / und 8000 Kronen / auch vor 6000 Kronen Kleinot bekam; seinen übrigen 204 Reutern wurden jedem 60 Kronen ausgezählet / und bey jeder Mahlzeit jedem eine Krone verehret. Farabert hielt zwar an / daß er des vierden Tages nach seiner Ankunft gnädigst möchte abgefertiget werden / aber sie vermochten ihn / daß er die Zeit der angesetzeten Krönung abzuwarten versprach; weil aber solche durch einen feindlichen Uberfal verhindert ward / ging er am Tage der unglüklichen Zeitung nach empfangenen Briefen eilig fort nach seinem Könige.
Das allerliebste Fräulein ward nunmehr als eine Erschlagene von ihren verwanten herzlich betrauret / so daß auch bey Herkules selbst wenig Hoffnung ihres lebens mehr übrig wahr / dessen er aber sich nicht merken ließ / damit der Eltern betrübnis nicht dadurch vermehret wurde; aber der grundgütige Gott wolte sie in ihrer elenden Magdschaft nicht lange stecken und verächtlich halten lassen / sondern sie den ihren nach seiner väterlichen Versehung wieder zuführen. Dann Wolfgang sinnete Tag und Nacht / wie er sie nach dem Elbstrom bringen möchte / ob er gleich sein Leben darüber einbüssen solte; aber das Fräulein wolte / daß er des sichersten spielen muste / damit sie Ehr und Leben behielte. Nun arbeitete er bey einem reichen Bürger / dessen erwachsener Sohn Richard /seines alters von 22 Jahren / hohes Sinnes / und über die masse ehrgeitzig / etliche Pferde auff der Sträu hielt / welche ihm Wolfgang neben seiner verdingeten Arbeit / fleissig wartete / daß er seine gute Gunst erhielt / und zuzeiten einen Trinkpfennig bekam. Es wahr dieser Kerl ein rechter Waghals durfte sich unterstehen / was ihm einfiel / und glückete ihm allenthalben wol / ungeachtet die Tugend sehr dünne bey ihm gesäet / und überdas der unkeuscheit sehr ergeben wahr. Als Wolfgang merkete / daß er eines Worts bey ihm mächtig wahr / sagte er einsmahls zu ihm; es währe schade und jammer / daß ein solcher frischer und tapferer Mensch im Bürgerstande sterben / und sein gutes Herz so zu reden / unter dem Koht vergraben solte; wann er nun wissen könte / wessen er sich zu ihm zuversehen oder zu trauen hätte / wolte er ihm Anleitung geben / und darzu behülflich seyn / daß er in wenig Tagen durch eine tapffere ehrliche Taht nicht allein den hohen Adelstand erwerben / sondern ein grosser reicher Herr / und angenehmer Freund treflicher Fürsten werden solte; die Taht / deren auff solchen fal er sich würde unterwinden müssen / währe eben so schwer und unmöglich nicht / wann er nur die Kühnheit nehmen dürfte / ein Fräulein sehr hohes Standes / die an einem Orte nicht weit von hinnen / in dienstbarkeit wieder ihren Willen behalten würde /zuerretten / und nach den ihren zubegleiten. Dieser wolte alsbald wissen / wo das Fräulein anzutreffen /und auff was Weise die Erlösung vorzunehmen währe. Welches aber so dürre auszubeichten / ihm ungelegen wahr / daher er ihm diesen Dunst vormahlete: Diesseit Köln läge ein Städlein / in welchem dieses Durchleuchtige Fräulein von einem unwirdigen verwägenen Weibe schlechtes Adels / als eine Magd wieder ihren Willen auffgehalten wurde / wiewol derselben dieser Fräulein hoher Stand unwissend währe; wann man nun etwa zwölf bewehrete Reuter hätte /könte man sie ohn alle Lebensgefahr davon bringen; doch müste man eine Gutsche mit guten ausgeruheten Pferden in bereitschaft haben / darauff man sie setzete / und an einen Ort / welchen er zu seiner Zeit nennen wolte / hinbrächte. Ich weiß so schleunig nit zu rahten / antwortete Reichard / woher man so viel Mannschaft / welcher man trauen dürfte / nehmen könte; Gutschen und Pferde hat mein Vater gut genug / wolte auch wol so viel Gelder schaffen / als zu der Reise kosten erfodert würden / dann auff dem Lande hat mein Vater hin und wieder Aufkünfte zu heben / und andere Schulden ausstehen / welche ich bald einfodern wolte. Wie? antwortete Wolfgang / könte mein Herr nicht eine heimliche Werbung anstellen / oder von seinen Eltern begehren / daß sie ihm so viel Reuter ausrusteten /unter dem Vorgeben / er wolte damit zu Kriege zihen / einen Herrn suchen / und Ehre / Ruhm und Güter zuerwerben bemühet seyn? Dieser bedachte sich ein wenig / trug es seinem Vater vor / und erlangete dessen bewilligung auff acht Reuter / welche er ihm werben und gebührlich ausrusten wolte. Wolfgang dauchte die Zahl zum nohtfalle gnug seyn / welche Reichard inwendig sechs Tagen zu liefern versprach / und solte Wolfgang inzwischen es schaffen / daß ohn verzug die Sache vorgenommen würde / er vor sein Häupt wolte entweder sterben / oder die Erlösung ritterlich zu werk richten / hätte auch mit seines VatersGutscher es schon angeleget / Wagen und Pferde fertig zu halten / und solche nur sechs Stunden (also hätte ers ihm vorgeschwätzet) zugebrauchen / davor er ihm drey Gülden versprochen / auch die helfte schon vor heraus gegeben hätte. Als Wolfgang sahe / daß an dieses Menschen Träu und Glauben nicht zuzweifeln wahr / taht ers dem Fräulein in der Nacht zu wissen /und sagte zu ihr: Ach daß Gott wolte / daß ihr nur einmahl Gelegenheit hättet / auff das Feld zu gehen oder zu fahren / dann wolte ich mir getrauen / euch ohn alle Gefahr davonzubringen. Dann sehet / vor erst könte ich euch adeliche Kleider verschaffen; vors ander tähtet ihr die angestrichene Farbe ab; wer wolte euch dann vor die jezige Armgard ansprechen? so habe ich schon eine Gutsche wol bespannet / und acht beherzete Reuter / die euch begleiten solten; O daß ihr nur einmahl hinaus vor das Tohr kommen möchtet /mein Herz trägt mirs zu / daß mein Anschlag gerahten würde. Mein frommer und geträuer Wolfgang / antwortete sie; ich kan dem allerhöchsten Gott nicht gnug danken / daß Er mir euch zugewiesen hat; dann ihr habt mir diese ganze Zeit über / solche Träue erzeiget / welche ein Bruder seiner leiblichen Schwester kaum leisten würde. So fahret nun fort geträu zu seyn / wie ich dann nicht zweifele / und gläubet mir sicherlich / daß ihr von mir Zeit eures lebens dergestalt sollet geliebet und begnadet werden / als ihr euch noch nicht einbilden möget. Aber daß ich auff euren Vorschlag komme; meinet ihr dann / geträue Leute angetroffen zu haben / denen ich mich sicherlich vertrauen dürfte / wann ich mich in meiner wahren Gestalt stellen würde? Daß hoffe ich gänzlich / antwortete er; erzählete ihr auch den ganzen Anschlag / und daß er seinem Gesellen den Ort noch nicht genennet hätte /woselbst das vornehme Fräulein anzutreffen währe. Ich verlasse mich nähest Gott auff euch / sagete sie /uñ dafern euer Anschlag aller richtig ist / hoffe ich die gröste Tochter / deren ich zimlich mächtig bin / wol dahin zubereden / daß sie mich mit sich hinaus auf ihr nähestes Meier-Gut nehme. Daß währe der sicherste Weg / sagete er; aber ich mus es 24 Stunden vorher wissen / weil es so schleunig nicht zu werke gerichtet werden kan. Wir wollen nach mögligkeit eilen / antwortete sie / dann meines bleibens ist ohndas nicht länger hie / inbetrachtung / ich nicht weis / wessen ich mich zu dem alten Ehebrecher / meinem jetzigen Herrn zuversehen habe / welcher von unzimlichen Sachen mit mir zu reden beginnet / und Geschenke ausbieten darff; ich ihn gleichwol aber das leztemahl der gestalt abgewiesen habe / und ihn mit der Dräuung /es seinem Weibe zu sagen / erschrecket / daß er verhoffentlich mich wol zufrieden lassen sol / und furchte ich mich nur des nachtes am meisten vor ihm / wann ihr nicht hie seid / wiewol ich alsdann die Tuhr und das Fenster so fest versperre und inwendig verbolwerke / dz niemand ohn Gewalt herauff brechen wird. Des folgenden Morgens / da das Fräulein mit der grösten Tochter die Nähe-arbeit trieb / fing sie an zu wünschen / daß sie einmahl einen halben Tag in die frische Luft kommen möchte / es gäbe eine feine Verenderung / und befünde sie sich ohndas nicht allerdinge wol auff / welches ihre Gestalt gnug anzeigete; nun fürchtete sie aber ihrer Frauen Zorn (dann sie wahr schon etlichemahl von ihr mit Maulschellen gelohnet) daß sie sich dessen nicht würde durfen verlauten lassen; hätte demnach höchlich zu bitten / ob sie es nicht dahin bringen könte / daß sie eins mit ihr nach ihrem Vorwerk ausfahren möchte / davor wolte sie ihr /wann sie Braut seyn würde / ein statliches Bräutigams Wischtuch mit sonderlichem fleiß verfertigen. Ja warumb nicht / antwortete sie: Dieses sol meine Mutter mir nicht versagen / und wans euch geliebete / könte es noch wol heute geschehen. Ach nein / geehrte Jungfer / sagte sie / ich wil zuvor eures Herrn Vaters Hemde uñ Kragen fertig machen / woran ich heut und Morgen zu arbeiten habe; könte es dañ übermorgen geschehen / währe mir sehr lieb. Daß wil ich euch wol vorherzusagen / antwortete die Jungfer / noch ehe ich meine Mutter darumb begrüsse. Wer weiß aber / sagte das Fräulein / ob sie mir so viel Feierabend gönnet /daß ich mit euch fahre? Davor lasset mich rahten und sorgen / antwortete sie; ich habe meiner Mutter wol ehe etwas abgebehten / und sol mirs vordißmahl auch nicht mißlingen. Weil nun dieselbe gleich in die Stube trat / brachte die Tochter vor / sie möchte ihr erläuben / übermorgen nach dem Vorwerk zu fahren /und Armgarten mitzunehmen / der sie ihre schöne Rosmarin / Negelblumen und andere Gewächse zeigen wolte. O ja / sagte die Mutter / das ist eine mögliche Bitte; ich werde meinen Mägden Wagen und Pferde halten / daß sie zur Lust ausfahren / und sich im Kräutergarten ergetzen. Sie sol mir auf dem Hindern sitzen und nähen / dann mit dem ausfahren kan sie das fressen nicht verdienen. Aber sage mir / hat die faule Metze dir etwa solches angegeben: die Landläufferin wird des sitzens irgend schon müde seyn. Nein gewißlich nicht / herzen Fr. Mutter / antwortete sie / ich selbst habe sie darzu gebehten / weil schon vor etlichen Wochen ich von ihr verstanden / daß sie mit künstlicher Auffbindung der Rosmarin Båume fein umzugehen wisse / davon unser Gärtner wenig vergessen hat. Das Fräulein entschuldigte sich mit demühtigen Worten / und baht / ihre Frau möchte sie nicht in dem Verdacht haben / sie wolte gern nach ihrem Befehl bey ihrer Nähe-Arbeit bleiben. Aber die Tochter hielt immer an mit bitten / weil ja die schöne Rosmarin sonst gar ins wilde wachsen würde / wo man sie nicht beyzeiten gewähnete. Worauff endlich ihre Mutter sagete: Machet mir zusammen fertig was ich euch eingesetzet habe; komt dann Zeit / so komt auch wol Raht; Womit sie hinweg ging / und sagte die Jungfer zu dem Fräulein: Nun ist die Sache schon klar / massen wann meine Mutter sich so weit heraus lässet / das ist gleich so viel / als ob sie ja gesaget håtte; darumb zweifelt nur nicht / wir wollen übermorgen / so bald es euch gefället / auff seyn. Diesen Nachmittag wurden die Töchter / ohn die jüngste /von dem Fräulein abgefodert / andern Hausgeschäfften obzuliegen / welcher gelegenheit der Hausvater /Namens Bernhard / wahr nam / sich zu dem Fräulein machte / uñ ihr gewaltig liebkosete / wie er sie so hefftig liebete / und bedacht währe / sie nicht länger als eine Magd / sondern seinen Kindern gleich zuhalten / dagegen würde sie verhoffentlich seine Liebe und Gunst erkennen / und nicht / wie bißher geschehen / ihn verächtlich von sich abweisen; nach welcher Rede er sein Töchterlein vermahnete hinzugehen / und mit ihren Tocken zuspiele. Das Fråulein aber wolte in deren Abtrit nicht einwilligen / sondern sagte zu ihm: Herr / wann ihr wollet / daß ich bey euch bleiben /und euch auf euer erbieten antworten sol / werdet ihr das liebe Kind alhie bey uns lassen / oder mirs nicht verdenken / daß ich zugleich mit ihr davon gehe. So wolte auch das Kind durchaus nicht hinweg / sondern hielt sich an ihr / und setzete sich endlich gar auff ihre Schoß / welches dieser Unzüchtige / Schande halben einwilligen muste / sich aber zu ihr setzete / und um freundliche Erklärung bey ihr anhaltend / sich ungebührlicher Griffe gebrauchen wolte / dessen sie sich entbrechend / also zu ihm sagete: Herr / daß ihr euch gegen mich als ein gewogener Freund erkläret / und meine Magdschafft zumiltern mir versprechet / dessen wird euch der Himmel lohnen / weil mein Unvermögen die Vergeltung nicht zulässet; daß ihr aber gedenket / mich zu eurem unzüchtigen Willen zuverleiten /da ich überdas in der Ehe lebe / solches werdet ihr hinfüro abstellen / oder mir es nicht verubeln / daß bey meiner Frauen ich umb Schuz wider euch anhalte / und so kühn bin / euch anzuzeigen / daß ich tausend mahl lieber den Tod leiden / als ich was wider meine Zucht und Ehre begehen oder zulassen werde / wie schlecht uñ geringe ihr mich auch halten möget; stellet demnach euren Mutwillen ein / oder gönnet mir /daß ich einen andern Dienst suche / da von dergleichen unerbaren Ansprengungen ich frey bin. Der Alte (dann er wahr schon ein 52jähriger) wolte sich zornig stellen / und weiß nicht / was vor Straffen dräuen; aber seine älteste Tochter kam unvermuhtlich wieder /daß er kaum gelegenheit hatte / heimlich zu ihr zusagen / sie solte schweigen / oder ihres Lebens nicht sicher seyn. Worauff sie zur Antwort gab: Ja Herr /ich wil auch vor dißmahl noch schweigen / wann ich nur hernähst unbemühet bleibe. Also ging er hinweg /als hätte er kein Wasser betrübet / dañ er fürchtete sich vor seinem Weibe nicht viel weniger als vor dem Henker selbst. Sie klagete diese Nacht ihrem Wolffgange solches alles / und gab ihm zugleich zuverstehen / auff welche Zeit sie ihre Lustreise verhoffentlich ungezweifelt fortsetzen würde; welches ihm sehr lieb wahr; im übrigen aber ihr den Raht gab / da sie des folgenden Tages aber eins unzimliche Ansprache von dem Alten haben würde / möchte sie sich etwas gelinder vernehmen lassen / damit er nicht aus toller Liebe eine Erklärung fassete / die auff Gewalttaht bestünde; könte auch nicht schaden ihn auff etliche wenig Tage (wanns nicht anders seyn könte) hinzuweisen / und ihm also in Sicherheit das Maul auffsperren. Aber wie sie dazu sich selbst nicht bereden kunte / also schikte es Gott / daß er aus Schahm und Furcht sich des folgende Tages von ihr nicht sehen ließ. Wolffgangen dauchte numehr hohe Zeit seyn / seinem Gesellen Reichard die rechte Warheit zuoffenbahren / welcher ihm zuvor einen leiblichen äid schwören muste / was er ihm anjezt vertrauen würde / in geheim zuhalten; dagegen versprach er ihm hinwiederumb im Nahmen der Fräulein äidlich / ihm entweder ein freies RitterGut erblich zuverschaffen / oder zwo Tonnen Goldes in Baarschafft / da ihm solches angenehmer seyn würde; gefiele es ihm auch / solte er in den Ritterstand / und zum Großfürstlichen Beamten gesetzet werden. Und als sie sich darauff beyderseits auffs hårteste verbunden / sagte ihm Wolffgang das vornehme Fürstliche Fräulein würde morgen umb 9 oder 10 uhr aus dieser Stad nach dem und dem Vorwerk fahren; da müste man nun einen Anschlag auff sie machen / daß man sie dergestalt hinweg führete / daß es so bald nicht ruchtbar wurde; alsdann währe durchaus keine Gefahr bey der Sache / nur daß die / so sie angreiffen und wegnehmen solten / in vermummeter Gestalt es verrichteten / damit sie hernähst nicht erkeñet / oder doch nicht so gar bald ausgekundschaffet werde könten. Reichard wahr zu allem willig und bereit / nahm von seinen Eltern und Verwanten Abscheid / und richtete sich nach der Zeit / daß er auff den nähstfolgenden Tag sehr früh mit seiner Reuterey hinaus ritte / vorgebens / er wolte über den Rein / und im Kriege sich eine zeitlang versuchen; hatte auch die Gutsche fertig / und fehlete ihm nichts / nur daß das Fräulein sich blicken liesse / die man hinweg nehmen solte. Als Wolffgang diesen lezten Abend nach seiner Gewohnheit zu dem Fräulein ging / seinem Vorgeben nach /bey seiner Armgart zuschlaffen / wolte der alte Bernhard ihm solches nicht gönnen / fing einen falschen Zank an / und sagte / er solte sich alsbald von seinem Hofe hinweg packen; Er kähme in Erfahrung / daß er hin und wieder austrüge / was in seiner Haushaltung vorginge / dessen er hinfüro wolte geübriget seyn. Dieser wuste sich dessen unschuldig / baht deswegen umb Verzeihung / und erboht sich / sein Leben zulassen / wann ihm das allergeringste könte überbracht werden; Er merkete aber daher / daß der Alte irgend auff diese Nacht eine gefährlichen Anschlag möchte gemacht haben. Die Frau / Nahmens Mechtild / kam gleich darzu / und fragete ihren Mann / was er sich mit Wolffgang zukeiffen hätte? Da dieser seine jezt getahne Entschuldigung wiederhohlete / und die Frau inständig baht / ihm zum wenigsten noch diese Nacht seine Armgart zugönnen / alsdann wolte er lange nicht wieder kommen. Die Frau wahr diesen Morgen von ihrem kleinen Töchterlein berichtet / ihr Vater hätte Armgart küssen / und auff seine Schoß nehmen wollen / welches sie nicht hätte wollen leiden / und sich darüber mit ihm gescholten. Dieses fiel ihr gleich ein / daher sie einerley mit Wolffgangen argwohnete /und zu demselben sagete: Gehe hin / und schlaffe bey deinem Weibe / wie bißher geschehen / kein Mensch sol dir solches wehren; ja wann du eine einzige Nacht von ihr bleibest / wil ich dich zustraffen wissen. Ihr Bernhard solches hörend / gedachte alsobald / die Karte würde falsch seyn / und ging stilschweigend davon / sie aber folgete ihm auff dem fusse nach / und da sie mit ihm allein wahr / fing sie also an: Sehet doch den junge frischen Buhler / der meine Mägde beginnet zuküssen / und auff der Schoß zuführen / so ungescheuhet / dz seine kleinen Kinder es ansehen und austragen müssen. Er fragete mit einem wundervollen Eifer / wer ihn also belogen hätte. Ihr kleinstes Töchterlein Adelgund kam gleich daher gelauffen / zu dem die Mutter sagete: Mein Kind / sage mir / was taht dein Vater unserer Armgart? Je HerzenMutter /antwortete das kleine / habe ichs euch doch bereit gesagt; Er wolte sie herzen / und auff seine Schoß nehmen / aber unsere Armgart / meine liebe Armgart /wolte es nicht leiden. Je du loser Sak / sagte der Vater / wer hat dir solches zusagen eingestecket? Ja HerzenVater / antwortete sie / ist es nicht wahr / woltet ihr nicht auch ihr nach dem Busem greiffen? Wisset ihr noch wol / als ihr mich woltet aus der Stube schünnen / und unsere Armgart wolte es nicht leiden? Gut mein Töchterchen sagte die Mutter / wo du es aber noch einem einzigen Menschen sagen wirst / wil ich dir den Hals abschneide. Je HerzenMutter / sagte diese / ich wil es keinem Menschen mehr sagen. Es kam die gröste Tochter eben darzu gangen / deren diese kleine entgegen lief / und überlaut zuruffen anfing: Höre Alheid (also hieß diese) es ist nicht wahr / daß unser Vater hat wollen unsere Armgart küssen / auff die Schoß nehmen / und ihr in Busem greiffen; Nein es ist nicht wahr / es ist doch nicht wahr. Diese erschrak der Rede / und sagte: Je du Balg / wer saget dann solches? habe ichs gesagt? Nein / antwortete die kleine /du wahrest nicht dabey ich habs allein gesehen / aber ich darffs nicht mehr sagen / oder meine HerzenMutter wil mir den Hals abschneiden. Die Mutter hieß die beyden Töchter hingehen / und als lieb ihnen ihr Leben währe / das Maul halten. Hernach sagte sie zu ihrem Ehe Junkern: Pfui schämet euch in euer Herz und Blut / ihr alter ehebrecherischer Narr; ist euch nun ein neuer Kitzel nach meiner Magd ankommen? Er wolte noch stark leugnen; aber sie hieß ihn schweigen; wie es doch möglich währe / daß dieses Kind von sechs Jahren ein solches aus ihren Fingern saugen solte; Kinder und Narren (hiesse das alte Sprichwort) sagten die Warheit; welches an ihrem Töchterchen erschiene. Sie wolte dißmahl ihm solches zu gute halten / würde er aber sich noch eins gelüsten lassen / zu ihrer Magd zunahen / wolte sie schon wissen ihn dergestalt die Schüppe zugeben / daß er dessen vor aller Welt Schimpff und Spot haben solte. Ob er an ihr nicht ein Genügen haben könte / da sie noch frisch und kaum von 32 Jahren währe. Er gestund endlich so viel / daß er solches aus Kurzweil getahn hätte / umb zusehen / wie beydes Armgart und die kleine Klapperbüchse sich dagegen bezeigen würde. Ich wil euch diese Entschuldigung gläuben / wie die erste Leugnung / sagte sie / und dannoch umb Friedes und eurer eigenen Ehre willen hievon nicht wissen / nur lasset euch ja witzigen / wollet ihr sonst nicht / daß ich euch öffentlich beschimpfen sol. Sein Gewissen sagte ihm /daß er schweigen solte / aber seinen Vorsaz / ob er gleich heut vergebens währe / hoffete er doch zur andern Gelegenheit auszuführen. Wolffgang meldete dem Fräulein des alten Buben Vornehmen an / schlugens aber beyde aus dem Sinne / und brachten den mehrenteil der Nacht mit andächtigem Gebeht zu /dann sie hatte ihn schon zum Christentuhm beredet; Ihr mit Trähnen vermischetes Flehen ging hin zu Gott / daß derselbe nach seinem väterlichen Willen ihr Unglük brechen / und das Vornehmen zu ihrer Erlösung gerahten lassen wolte. Die gröste Tochter Alheit hatte alle ihre Ketten / Ringe / Perlen und Kleinot ihr in Verwahrung getahn / weil sie dieselben fein zusaubern wuste; Hievon nam sie einen zimlichen Anteil auff die 200 Kronen wert zu sich / deren als eines Nohtpfenniges auff der Reise zugebrauchen / und hernähst ihr viel ein kostbahrers wieder zuschicken; ließ Wolffgang zimlich fruh von sich / nahm ihr gewöhnliches nähen vor / und gedachte des ausfahrens nit im geringsten / als die Jungfer zu ihr kam / wiewol sie schmerzlich verlangen trug / die Gewißheit zuerfahren / damit sie / genommener Abrede nach / ihren Wolffgang solches zeitig gnug / mit einem weissen ausgestekten Tüchlein aus ihrem Kammer Fenster möchte zuverstehen geben. Aber kaum hatte diese sich an Händen und unter dem Gesichte gewaschen /da fragete sie das Fräulein alsbald / ob sie sich nicht fertig machen wolte / mit hinaus zufahre; der Wagen würde schon angespannet / und dürffte der Auffbruch wol eine Stunde zeitiger geschehen / als sie gemeynet / weil die Mutter umb 4 uhr nachmittage wieder daheim seyn / und selbst mitfahren wolte; Welche Antwort sie nicht ohn grosse Bekümmerniß anhörete /und doch ihrem Gott trauete / er würde es zu ihrem besten schicken. Das Vorwerk lag eine gute Meile von der Stad / und musten sie durch einen kleinen Wald fahren / in welchem die Taht zuvolstrecken / sie den Anschlag gemacht hatten. Wolffgang ging in seiner täglichen Kleidung hinter dem Wagen her / welches die Frau ersehend / ihn fragete / wo er hinaus gedächte / und ob er sich befahrete / daß sie ihm seine Armgart entführen wolte. Nein Hochädle Frau / antwortete er; sondern weil ich heut ohndas Herren loß bin / gehe ich mit / ob ich ihr auff dem Vorwerke zu etwas könte behulflich seyn. So gehe mit / sagte sie /ich finde allenthalben Arbeit vor deines gleichen. Die Abrede zwischen ihm und seinen Reutern wahr / daß auff der bestimmeten Stelle er ein Zeichen geben solte / dessen er unvergessen wahr; massen so bald er anfing zusingen / liessen sich 4 Reuter sehen / welche mit angeklebeten Bärten sich unkentlich gnug gemacht hatten / und von hinten zu dem Wagen folgeten / auch wie es angelegt wahr / Wolffgangen mit ungestüm frageten / ob er zu der Gutsche gehörete / und was vor Leute darauff sässen. Er aber zur Antwort gab: Er gehörete nicht darzu / und möchten sie selber zusehen / wornach sie frageten. Frau Mechtild hörete solches / und nach ihrem Frevelmuht fragete sie die Reuter / was sie sich umb ihren Wagen / oder wer darauff sässe / zubekümmern hätten; sie solten sich ihres Weges packen / oder gewärtig seyn / was ihnen begegnen solte. Die Reuter verteileten sich / daß zween den Gutscher zwischen sich nahmen / die andern zween aber an den Wagen ritten / und der eine diese Antwort gab: Wie nun Frau / was habt ihr fremde Leute zu trotzen? oder darff man diesen Bauren umb nichts fragen? sahe inzwischen das Fräulein starre an / und sagte als im Zorn zu ihr: Wie nun zum Henker / wie nun Armgart? finden wir uns so ohngefehr hie beyeinander? wer hat dich heissen aus meinem Dienst gehen / und einen andern Herrn suchen /ehe du mir die versprochene Zeit ausgehalten hast? Das Fräulein antwortete / als aus Furcht: Sehet da Herr seid ihrs? und kennet meinen Mann nicht mehr /welcher hinter dem Wagen hergehet / dem ihr ja / und eben so wol auch mir Urlaub gegeben habt nach dem Elbstrohm zu unsern Freunden zu reisen. Ich kenne ihn wol / antwortete er / aber aus begierde zuerfahren / ob du hier währest / habe ich ihn nicht angesprochen; sage mir aber du betriegerin / heisset dieses nach der Elbe reisen / uñ bist über den Rein gangen? Mein Herr / antwortete sie / die Schuld lieget nicht an mir / sondern an dieser Frauen / als welche mich mit List nach dem Rein geführet / und nachgehends mich gezwungen hat in ihre Dienste zu treten / dessen ich wol nimmermehr willens gewesen währe. Je Frau /sagte dieser darauff / wie dürfet ihr euch dann erkühnen mir mein Gesinde abzuspannen? und dräuet mir selbst noch wol darzu? bald dürftet ihr mich auff dem vorsatze finden / daß ich gleiches mit gleichem vergölte / und eure Tochter zu meiner Beyschläfferin mit mir nähme / wozu sie mir deucht groß genug seyn. Was woltestu nehmen? sagte die Frau / halte ja bald ein mit dieser Pfeiffe / oder es wird dir ein selzamer Tanz darauf erfolgen. Je du leichtfertiges freches Weib / antwortete dieser / kanstu dann noch nicht erkennen / daß du mir durch entführung meines Gesindes / unrecht getahn hast? so wird dir das Wasser bald über die Körbe gehen. Hier entfiel ihr der Muht gar / fürchtete der Tochter Ehre / und fing an sich zuentschuldige; es hätte Armgart dieses nicht offenbahret / daß sie in eines andern Dienste währe / würde demnach solche unwissenheit zu ihrer entschuldigung gelte lassen / uñ möchte er seine Magd nach seinem belieben immerhin nehmen / welche sie ohndas in kurzen lauffen zulassen willens gewesen. So heissets nicht / sagte dieser / ich wil trauen wegen des mir erwiesenen Schimpfs und ausgestossener dräuung abtrag haben; darumb gib alsbald Ringe / Ketten / Armbänder / und alles geschmeide her / was du und deine Tochter an euch traget / oder meine dräuung sol stündlich auff dieser grünen Heide erfüllet werden. Die Angst machete / daß sie bald einwilligten / und auff 500 Kronen wert von sich gaben. Ihrer zween bunden dem Fuhrman Hände Füsse / legten ihm einen Knebel ins Maul / und schleppeten ihn eine gute Ecke zum Walde hinein / Wolfgang aber muste auffsitzen /und die Gutsche fortführe / da die Reuter / welche ein lediges Pferd bey sich hatten bey ihm blieben / und denen auf dem Wagen den Tod dräueten / dafern sie einiges Geschrey anfahen würden. Sie brachten den Wagen zwo Meilen von der Stad an einen unwegsamen Ort in ein dickes Gepüsche / da die Jungfer anfing zu zittern und zagen / nicht zweifelnd / es würde um ihre Ehre getahn seyn; aber das Fräulein tröstete sie / mit dem versprechen / ihr solte durchaus kein Leid geschehen / möchte nur wünschen daß ihre Mutter sich auch also gegen sie bezeiget hätte / daß sie ungestraffet bliebe / weil aber dieselbe sehr unbarmherzig mit ihr verfahren / ihr weder essen noch trinken / noch ruhe gegönnet / und täglich gelegenheit vom Zaune gebrochen sie mit Fåusten zu schlagen / daß ihr oft Mund und Nase geblutet / müste sie inne werden und in etwas empfinden was solche wüterische Grausamkeit verdienete. Der ertichtete Herr riß darauff die Frau von der Gutsche / und mit einem starken Prügel zerschlug er ihr die unbarmherzigen Hände / Arme /und das Gerippe / daß sie endlich drüber in Ohmacht fiel / und das Fräulein noch vor sie bitten muste. Der frommen Adelheit (oder Alheit) aber geschahe gar kein leid / wiewol ihrer Mutter Elend ihr die häuffigen Trähnen aus den Augen trieb / und Wolfgang zu ihr sagete: Danket ihr Gott / daß ihr dieser meiner vermeineten Frauen kein leid habt angetahn / eurer würde sonst nicht besser als diesem grausamen unbarmherzige Weibe gewartet werden / bey welcher ihr diesen Tag uñ folgende ganze Nacht verbleiben sollet / und wo ihr euch erkühnen werdet vor Morgen früh von diesem Orte weg zuzihen / müsset ihr umb Ehr und Leben kommen / hernach aber möget ihr zihen wohin ihr wollet / könnet euch auch berühme / daß nie kein Mensch eures gleichen / ein vornehmer Weibesbild zur Magd gehabt als ihr. Das Fräulein kehrete sich nichts an das Weib / aber zu der Tochter sagte sie: Meine Freundin / ich danke euch sehr vor allen erzeigeten guten Willen / und versichere euch / daß ich nicht unterlassen werde / mich gegen euch in der Taht dankbar zuerzeigen; eines ist mir fast leid / daß euer alter unzüchtiger Vater nicht mit heraus gefahren ist /welchen ich wegen seiner ehebrecherischen anmuhtungen hätte wollen eurer Mutter gleich zurichten lassen / damit eins dem andern nichts vorzuwerffen hätte. Warnet ihn aber / daß er von solcher schändlichen Büberey abstehe / oder da ichs erfahren solte /werde ich ihn schon finden; dann meine Hand ist so lang daß ich über hundert Meilen damit reichen kan /welche zu küssen eure Mutter das gottlose freche Weib unwirdig ist / und doch dieselbe zu ihrer Mägde-Arbeit so grausam angetrieben hat. Ihr solt auch wissen / dz ob ich gleich anjetzo flüchtig davon eile / wolte ich doch (wann ich mich nur bey dem Römischen Stathalter zu Köllen meldete) bald nach euer Stad umbkehren / und eure böse Eltern durch Henkers Hand abschlachten lassen. Als sie dieses geredet hatte / machte sie die angestrichene Farbe von ihrem Angesicht und Händen hinweg / und ließ die Jungfer ihre zarte Schönheit sehen / welche sich deren hoch verwundernd / zu ihr sagete: Ach gnädige Frau; vergebet doch meinen Eltern / was sie aus unwissenheit wieder euch gesündiget haben. Ja / sagte sie / es sol ihnen auff eure Bitte vergeben seyn / da sie sich bessern werden; euch aber hoffe ich noch gutes zu tuhn. Wolfgang stellete sich nunmehr sehr demühtig gegen sie /und weil sie sich was lange aufhielt / sagte er: Durchleuchtigstes Fräulein / ihre Durchl. wolle ihr gnädigst gefallen lassen abscheid zu nehmen / demnach es hohe Zeit seyn wird. Ja mein Freund / antwortete sie /wir wollen uns nicht långer aufhalten. Ihr redlichen Leute aber / sagte sie zu den Reutern / seid mir geträu und beyständig auff meiner kurzen Reise / uñ versichert euch / so wahr ich gedenke ehrlich zu leben und selig zu sterben / daß ich euch dieses rittes dergestalt ergetzen wil / daß ihr vor Armut sollet befreiet seyn /und in grosser Fürsten ansehnliche Dienste / da ihrs begehret / auffgenommen werden. Diese viere sprungen von ihren Pferden / tahten ihr einen Fußfal / und verpflichteten sich ihr äidlich / vor ihre Wolfahrt Leib und Leben auffzusetzen. Wolfgang nam das Fräulein vor sich auff das ledige Pferd / und ritten miteinander nach ihrer Geselschaft / welche sich nicht weit davon in einem Dorffe auffhielt / woselbst das Fräulein von Reichard höflich empfangen und alsbald mit buhlerischen Augen angesehen ward / dessen sie doch nicht wahr nam / sondern zu ihm sagete: Mein Freund / daß ihr auff meines geträuen Dieners Wolfgang anmuhten euch zu meiner rettung habt wollen gebrauchen / ist eine löbliche Taht / welche euch und allen euren Gehülffen dergestalt sol vergolten werden / wie ihr selbst wünschen könnet / nur seid mir geträu und beyständig auff den Nohtfal / wir werden unsern Weg in etlichen Tagen endigen / da ich mit Gotteshulffe zum Ende meiner trübsaal / ihr aber zum anfange eures Glüks gelangen sollet. Reichard wahr ein stolzer Mensch /meinete / es geschähe ihm von dem Fräulein nicht Ehre und danks genug / uñ ließ sich vernehmen; daß er ihrer Gn. mit seiner hülflichen Hand beygesprungen / währe nicht eben aus Hofnung der Vergeltung /sondern aus mitleiden wegen ihres elendes geschehen / wie solches einem jeden tapferen Gemüht zustünde /der unterdrücketen sich anzunehmen. Welche Antwort sie seiner unwissenheit zulegete / sich nochmahl aller vergeltung erboht / und mit Wolfgang auff eine Kammer ging / woselbst sie die mitgebrachten adelichen Kleider anlegete / sich auff die herzugeführete Gutsche setzete / und unter inbrünstiger anruffung Gottes frölich davon fuhr / da Wolfgang sich zu ihr in den Wagen setzen muste / mit welchem sie im Gebeht zu Gott fleissig anhielt / und diesen Tag und die ganze Nacht zu eilen nicht auffhörete / biß sie des folgenden morgens sehr früh den Reinstrohm erreichete / und sich hinuber setzen ließ / eben des Orts daher sie kommen wahr. Sie mieteten daselbst im nähesten Flecken einen des weges kündigen Bohten / welcher sie die richtigste Strasse nach Magdeburg bringen solte / und hatten eine gute und sichere Reise. Reichard hätte nunmehr mögen etliche wenig Tage sich der Untugend enthalten / alsdann würde er in kurzen an Ehr und Reichtuhm höher / als keiner seines Geschlechts gestiegen seyn; aber als er der Fräulein ausbündige und ganz volkomene Schönheit sahe / die dannoch durch ihr Elend umb ein grosses gemindert wahr / wuchsen die unzüchtigen Begierden in ihm dermassen / daß er ihm gänzlich vornahm / das äusserste zuversuchen / damit er ihrer geniessen möchte / dann der Stolz / umb daß er etwa acht Reutern zugebieten hatte / wahr so groß bey ihm / daß er sich selbst nicht kennete; er ritte bey der Gutsche auff und abe / ließ sich sehen / und redete so kühnlich mit ihr /als währe er ein Fürst / oder sie eines Bürgers Tochter gewesen. So bald sie über den Rein wahren / stellete er sich / ob könte er wegen des Zahnewehes / das reiten und die Luft nicht wol erleiden / daher er an Wolfgang begehrete / daß er auff sein Pferd sässe / und ihm die Stelle in der zugemachten Gutsche überliesse; wozu dieser willig wahr / aber das Fräulein ungerne sahe / weil sie wenig höfliches Gespråchs bey ihm vermuhten wahr / und sich doch dessen nicht durfte merken lassen. Als der Freveler sich bey dem schönen Fräulein allein befand / und aus allen ihren Geberden wol muhtmassete / sie müste sehr hohes Standes seyn / welches er noch zur Zeit nicht eigentlich von Wolfgang erfahren köñen / scheuhete er sich dañoch /plumpßweise loßzubreche / fing an sie höchlich zubeklagen / dz ein so trefliches uñ mit aller Schönheit begabtes Fräulein sich als eine Haußmagd hette müsse verächtlich halte lassen / erfreuete sich hoch / dz er die Ehre gehabt / sie loßzumache / uñ baht schließlich / ihm mit gnädiger gewogenheit zugetahn zuverbleiben / nach dem er mehr als brüderliche Träue an ihr erwiesen / welches ihn Zeit seines Lebens erfreuen würde / und daß in ihre Kundschafft er gerahten währe / deren Schönheit ihn dermassen strängete / daß ihm unmöglich währe / ihr solches zuverbergen. So wol dem Fräulein die ersten Worte gefielen / so herzlich entsetzete sie sich über die lezten / daß sie kaum ihrer Vernunft gebrauchen kunte / diese wenig Worte zusagen; Mein Freund / daß er sich zu meiner Rettung hat wollen lassen gebrauchen; ist mir ein sonderlicher gefallen daran geschehen / wie wol ich mich leicht auf andere Weise hätte können loßmachen / wann ich mich nur dem Römischen Stathalter zu Köllen / Herrn Julius Lupus zuerkennen geben wollen; aber versichert / sollen seine mir erzeigete Dienste und angewante Kosten / ihm nicht unvergolten bleiben / sondern mit Reichtuhm und Ehren Erhöhung zu aller gnuge / und mehr als sein Stand mit sich bringet / ersetzet werden / welches er mir wol sicherlich trauen mag / dafern er sonst sich weiters bereitwillig finden lassen wird / mich nach Vermogen an Ehre und Leben zuschützen / da die Noht / wie ich doch nit hoffen wil / es erfodern würde. Meine Schönheit betreffend / ist dieselbe keines sonderlichen Ruhms wirdig / aber immer und ewig leid müste mirs seyn / wann dieselbe / wie schlecht sie auch seyn mag / auf andere Weise /als in Erbarkeit / einigem Menschen gefallen solte. Welches sie auch mit solchem Ernst uñ eiferigen Worten vorbrachte / daß er sich in etwas entsetzete /und schon bereuete / daß er diesen Argwohn bey ihr erwecket hatte; dann er hoffete eine solche Gelegenheit anzutreffen / seinen Muhtwillen dergestalt zuerhalten / daß weder sie es verhindern / noch jemand davon ich / was erfahren solte; derhalben / sie aller Furcht zubenehmen / er um Verzeihung baht / vorgebend / er hätte entweder seine Reden aus Unbedachtsamkeit anders vorgebracht als sie gemeinet wåhren /oder aber ihre Gn. wurden sie ungleich aufgenommen und ausgeleget haben; währe ihm also leid / daß er in solches mißtrauen bey ihr gerahten solte. Welche Antwort sie / als währe sie völlig befriediget / aufnahm /und doch aus seinem strängen anschauen und unsittigen Geberden wol merkete / daß er nichts gutes im Siñe haben möchte. Wie sie auf einem Dorffe das Frühstucke von der mitgenommenen kalten Kuche /anderthalb Meile disseit Reins hielten / merkete Wolfgang aus seinen Bezeigungen / was er im Schilde führete / und suchete Gelegenheit / allein mit dem Fräulein zu reden / welche ihm aber zuvor kam / und die leichtfertige Anmuhtung ihn wissen ließ / daher er mit den Reutern in Reichards Abwesenheit redete; sie solten sich versichern / daß ihrer keiner ohn Fürst- und Königliche Geschenke bleiben solte / wann sie ihm äydlich wurden angeloben / daß sie dz Fråulein vor alle Gewaltsamkeit / äusserstes Vermögens wolten schützen helfen / wann ihr irgend Unbilligkeit solte angemuhtet werden. Diese liessen sich einhellig auf solche Zusage heraus / als lange sie warm Blut håtten / solte es keine Noht haben. Wolan / sagte er / so helffet auff den Fal euren Herrn abhalten / wann er sich einiger Gewaltsamkeit oder unlöblicher Taht unterfahen wolte / biß dahin aber lasset euch nichts merken; dagegen wil ich euch åydlich versprechen / daß euch bloß allein vor diese Tråue eine Tonne Schaz sol ausgeteilet werden / so bald wir nur bey der Elbe angelanget sind. O wie freueten sich diese arme Landläuffer / neigeten sich vor ihm / und verhiessen / so wol Nachtes als Tages fleissig zu wachen / und alles böse zu verhindern. Welches er dem Fräulein anzeigete /und daß sie sich vor dem Buben durchaus nicht fürchtete / sondern / da sie ein unbilliches Wort oder Geberde von ihm vernehmen würde / ihm nur kühnlich /und hart genug einredete / weil die Reuter ingesamt sich zu ihrem Schutze / auch wider ihren Herrn selbst / äydlich mit ihm verbunde hätte. Ey Gott lob sagte sie / so ist mir dieser schwere Stein vom Herzen genommen / stellete sich auch freymühtig / und lies gerne zu / daß der freche Bube sich wieder zu ihr auf die Gutsche setzete / weil er darumb anhielt. Er hätte gerne gesehen / daß man mit der Reise so heftig nie eilen mögen / wendete ein / die Pferde könten es nicht ertragen / und würden bald tod nider fallen. Aber da half nichts zu; dann Wolfgang antwortete / man hätte an dem erbeuteten und andern geschmeide Mittel gnug / frische Pferde zukauffen / wann diese gleich drauff gehen würden / weil ihre Wolfahrt auf der eile bestünde; daß er also nicht weiter wiedersprechen durfte. Auf der Gutsche fing er an sein Unglük zubeklagen / daß er in so nidrigem Stande hätte müssen gebohren werden; der Himmel hätte ihm wol eine so ädle und unüberwindliche Seele gegeben / als mannichem nicht / der ein Fürstentuhm besässe; aber was diesen wol anstünde / und von jederman an ihnen gelobet würde / durften er und seines gleichen kaum mit Gedanken überlegen; woraus leicht zuerkennen währe / daß es einem tapferen Manne und hohen Geiste nicht allein am Lebens- sondern vielmehr an Standes-Glucke gelegen währe / wañ man empor schweben wolte. Das Fråulein erkennete hieraus seinen Hochmuht /und was er darunter verdeckete / verließ sich auf Wolfganges Vertröstung / und gab ihm diese Antwort: guter Freund / es hat unser Gott selbst der Stände Vnterscheid gesetzet / daher sie kein Mensch vermischen muß / sondern ein jeder ist billich mit dem seinen zufrieden / bloß darumb / weil dem allerhöchsten es nit gefallen hat / ihn in einen andern zusetzen; welches ich nicht darumb sage / ob solte niemand nach Ehren und Standes Besserung trachten; dañ was hat rechtschaffene Tugend sonst vor Lohn als Ehre? nur dieses wird ein jeder Vernünftiger gestehen / daß nicht ein jeder tapferer Mann könne zum FürstenStande gelangen; und noch dannoch hat er seine Ehre und Ruhm vor der Welt; dz also alle und jede / in was Stande sie auch leben / Gelegenheit haben können /ihre Tugend und gutes Herz zu üben. Daß er aber sich beschweret / ein ander dürfte sich dessen nicht unterfahen / was einem Fürsten erläubet ist / solches muß trauen mit Unterscheid gesagt werden; from uñ ehrlich leben / ist allen Menschen frey gegeben / ja sie sind durch die eingepflanzeten Gesetze darzu verbunden. Aber wann etwa ein Bürger oder ädles Standes /Fürstlichen Häuptern dasselbe nachtuhn wolte / was sie als Fürsten vornehmen / würde ein grosses Stük der wahnwitzigen Tohrheit seyn. Dann heissets nach dem bekantem Sprichworte; Wann zween ungleiches Standes / eines tuhn / das ist nicht einerley. Zum Beyspiel: Ein Fürst gebeut den Inwohnern seines Landes /mit dem Gewehr auf zuseyn / und einen Zug gegen den Feind mit ihm zutuhn. Wann dessen aber ein ander sich unterstehen wolte / dürfte er spot oder Schläge zu Lohn tragen. Also ordnet ein König oder Fürst in seinem Lande allerhand Gesetze; ein ander muß es trauen wol bleiben lassen / ob er gleich tausendmahl bessere Gesetze geben könte / als dieser mit allen seinen Rähten. Ein ander Beyspiel: Ein Fürst trachtet nach der Heyraht einer Fürstliche Fraülein /als die Standes ihm gleich ist; wurde nun ein ädler oder Bürgersmañ / wie tapfer / reich / und ansehnlich er gleich seyn möchte / ihm solches ungescheuet nachmachen wollen / hätte er an stat der Braut entweder eine NarrenKappe / oder die Striegel / wo nicht wol gar den Staupbesem zugewarten / nachdem er die Sache angreiffen würde. Also sehet ihr nun / Reichard / daß ihr und eures gleichen euch billich etlicher Sachen enthalten müsset / die Königen und Fürsten allein zustehen / wo nicht sonst eine Verwirrung aller Stände und Ordnung in die Welt solte eingefuhret werden. So beklaget euch nun nicht / wegen eurer angebohrnen Nidrigkeit / sondern strebet der Erbarkeit und Tugend nach / als weit euer Stand / in welchen euch Gott selbst gesetzet hat / reichen kan / und versichert euch als dann / daß ihr nicht umsonst euch bemühen / sondern ohn Zweifel in einen höhern (kans gleich nit der höchste seyn) Stand schreiten werdet. Ich wil nur euer jezt bevorstehendes Gluk euch vor Augen stellen: Ihr seid Bürger Standes der Geburt nach / jezt habt ihr euch zu meinem Diener bestellen lassen / dessen ihr in wenig Tagen grosse Vergeltung empfahen sollet / nicht allein an Geld und Gütern /sondern auch / wann es euch geliebet / könnet ihr in den Adel und RitterStand aufgenommen werden; massen was mein geträuer Diener Wolfgang und ich selbst euch versproche haben / sol euch auf den Fall eures beständigen wolverhaltens (woran ich dann nicht zweifeln wil) Fürstlich geleistet werden; nur leget diese verkehrete Meinung abe / uñ gönnet hohen Fürstlichen Häuptern / was ihnen von dem Himmel selbst und Einwilligung aller Völker zugeeignet und übergeben ist / damit ihr nicht wieder den Stachel lecket / und euch in Unglück stürzet / welches ich euch gar nit gönne. Dieser verwägene Tropf hätte ihre Meinung hieraus ja billich fassen / und seinen gottlosen Vorsatz endern sollen / insonderheit / weil er die ungezweifelte Rechnung zu machen hatte / es würde ihm solches nimermehr ungestrafet hindurchgehen; aber wie der leichtfertige Bube schon eines redlichen vornehmen Mannes Tochter wieder ihren Willen zu Unfal gebracht / und ihr hernach den Raht gegeben /sie solte schweigen / und sich nicht selbst in der Leute Mäuler bringen / welches sie auch vor ihr bestes gehalten; alß gedachte er / würde ein Fürstliches Fräulein vielmehr ihres guten Leumuts acht haben / und sich nicht verrahten; blieb demnach in seinem steifen Vorsatze / und antwortete ihr so ungereimtes Ding /daß er dadurch klar an den Tag gab / die Sinne spieleten Meister über die Vernunft. Jedoch enthielt er sich aller äusserlichen Bezeigung wodurch er den ArgwohnsBrunnen zustopfen meinete. Des Abends in der Herberge eines Dorffes / ihrem Herr Vater schon unterworffen (welches ihnen allen ohn dem Bohten / der es vergaß anzuzeigen / unbewust wahr) stellete sich Reichard gar wolgemuht / ließ seinen Reutern frisch aufftragen / und nöhtigte sie / insonderheit Wolffgangen / gar freundlich zum trinken / dann sein Vorhaben wahr / sie alle trunken zumachen. Aber als die Reuter sahen / daß dieser sich wegerte über Durst zutrinken /neben der Erinnerung / man könte nicht wissen / was auff einem unverschlossenen Dorffe sich zutragen möchte / welches durch Nüchternheit müste abgelehnet werden / wolte ihrer keiner sich zum sauffen bewägen lassen / welches jenen nicht wenig verdroß /daß er auch etlicher Dräuworte sich vernehmen ließ; an welche sich doch niemand kehrete noch es beantwortete / uñ er daher immerzu kühner ward / der Hoffnung / niemand würde auffs äusserste widerstehen dürffen; setzete sich demnach schon halb beräuschet zu dem Fräulein nider / mit viel grösserer Verwägenheit als vor nie / und trank ihr auf Gesundheit dessen zu / der sie mehr als sich selbst liebete. Das Fräulein erinnerte sich bey dem Worte ihres lieben Fursten nicht ohn seuffzen / doch weil ihr des Buben Gedanken nicht unbewust wahren / gab sie ihm zur Antwort: Mein guter Reichard / ich begehre eines solchen Freundes nicht / der mich mehr / als sich selbst lieben solte; so habe ich auch auff euer hartes nöhtigen schon mehr getrunken / als mir dienet; werdet mich daher mit diesem Trunke / wie ich weiß / gerne verschonen. Dieser rechnete ihm solches nicht vor einen geringen Schimpff / baht / sie möchte ihn doch nicht so gar unwirdig ihrer Freundschafft halten; dann ob er gleich der Geburt nach nur Bürgerstandes welchen Unterscheid der Stånde ein Schelm erdacht hätte / nachdem sie alle eines Zeuges währen) / so währe er dannoch derselbe / welcher ein Fürstliches Fräulein zuerlösen mächtig gnug gewesen / ja der umb ihrer Freiheit willen sein ganzes väterliches Erbe angewendet / seines Vaterlandes sich verlustig gemacht / und LebensGefahr über sich genommen / ungeachtet er sie vorhin weder gesehen / noch ein Wort von ihr gehöret / ohn was er von dem Tagelöhner Wolffgang hätte /welchen Freund / ausser ihn / sie in der Welt nicht finden würde; und hätte doch vor alle seine Dienste uñ Woltaht nichts mehr / als verächtliche Beschimpffungen / die ihm Herz und Seele durchschnitten; hoffete gleichwol / sie würde dergleichen Undankbarkeit nicht ferner wieder ihn gebrauchen / sonst müste er sich beyzeiten vorsehen / und des Weges mit ihr ziehen / den er kommen währe. Das Fräulein verschmerzete diesen Hohn / und antwortete ihm sehr gütig: Sie wüste sich durchaus nicht zuerinnern / daß sie ihn mit einem Worte oder Augenwink beleidiget hätte / möchte sie demnach solches Argwohns entschütten. Sie håtte nicht gemeynet / daß er die Verwegerung eines Trunks so ungleich empfinden wollen / solte ihm sonst wol unversaget blieben seyn; nam auch das Gläselein von ihm an / und taht über Vermögen bescheid. Da fing nun der schlauhe Bube an / sich auffs neue beliebet zumachen; aber das Fräulein suchete sich von ihm abzuscheiden / ließ der Wirtin ruffen / und fragete / ob ihr nicht in einem absonderliche verschlossenen Gemache / wie schlecht es auch währe / eine Sträu könte gemacht werden / in welchem sie mit jenem ihrem Diener / auff Wolffgang zeigend / allein seyn / und etliche wenig Stunden ruhen könte. Gar wol / sagte die Wirtin / ich habe eine fest-verschlossene Kammer / die wil ich euch einräumen. Nun hatte der Bösewicht schon vorher gemuhtmasset / sie würde des gemeinen Lagers sich nicht gebrauchen / auch an die Wirtin begehret / daß sie ihr an solchem Orte ihre RuheBette zurichten solte / da er zu ihr kommen könte / dann sie währe seine versprochene Braut / und håtte Recht darzu / wiewol sie nach Art der Jungfern sich dessen wegerte; gab ihr auch eine Verehrung /und erkauffte sie dadurch / daß sie ihm den Schlüssel zu der Kammer zustellete / schmierete hernach die Hespen / daß sie leise auffgingen / und machete Wolffganges Lager so weit von der Fräulein Stråu /als das Gemach lang wahr. Das fromme Fråulein hatte sich solcher Verrähterey nicht versehen / nam mit Wolffgang einen freundlichen Abscheid von ihren Reutern / und vermahnete sie / des folgenden Tages zeitig auffzuseyn. Als sie nach Bette ging / fragete sie die Wirtin / unter wessen Gebiet dieses Dorff gehörete / und bekam zur Antwort: Der Großfürst zu Magdeburg währe ihre Obrigkeit / welchen seine Stånde neulich zum Könige gemacht håtten / und hiesse König Henrich. Ey Dank sey dir / du höchster Gott /sagte das Fräulein; meynete / sie währe nun allem Unglük entlauffen / schloß die Kammer Tühr zu / und hielt mit Wolffgang eine herzliche Danksagung: Du frommer Gott / sagte sie / du Vater aller deren / die auff dich trauen; wie so gar gnädig erzeigestu dich uns armen Sündern / und reissest uns im Augenblik aus der Noht und Anfechtung / wann wir meynen am allertieffesten darinnen zustecken. Ich gedachte schon / mein liebes Vaterland würde ich nimmermehr wieder sehen / und sol nun schon diese Nacht darinnen schlaffen / ehe ich weiß /daß ich daselbst angelanget bin. HErr / du hast mich zwar gezüchtiget / aber mit gelinder Hand / du hast mich gestäupet / aber mit deiner KinderRuhte / daß ich nur wenig Streiche mit der Fuhrmans Peitsche / und etliche Schläge von der Hand meiner unbarmherzigen Frauen empfangen habe. O wie wol wird mirs seyn / daß ich auch von deiner Züchtigung etwas bekommen habe. Mein gnädiger Heyland / gib vor dißmahl meinem Unglük die Endschafft /und laß mich die meinen schier wieder sehen; erhalte auch meinen liebsten Fürsten / daß er in der fremde nicht verderbe / noch umb meinet willen in Unfall gerahte /sondern hilff uns nach deiner Gnade wieder zusammen /auff daß wir HErr mit frölichem Munde deinen Preiß zugleich und auff einmahl anstimen / und uns in deiner heilsamen Erkäntniß von den unsern je mehr und fleissiger unterrichten lassen mögen / Amen.
Nach geendigtem Gebeht gab sie Wolffgangen zuverstehen / sie wolte früh Morgens den Amtman / der hieselbst zugebieten håtte / zu sich fodern / sich ihm zuerkennen geben / die Reuter bey sich behalten / und Reicharden wegen seiner groben Unbescheidenheit und Unzucht Urlaub geben / jedoch daß er sich nicht zubeklagen hätte / ihm eine zimliche Verehrung von etliche tausend Kronen nach Kölln ubermachen lassen / weil sie ihn vor ihren Augen länger nicht leiden könte. Gott sey Lob / sagte Wolffgang / daß ihre Gn. schier in ihren wirdigen Stand wieder treten / und ich dieselbe werde gebührlich ehren dürffen / massen mirs im Herzen weh getahn / daß mit derselben ich mich so gemein machen müssen / da ich doch nicht wert bin / ihr geringster Diener genennet zuwerden. Gebet euch zufrieden mein lieber und frommer Wolffgang / antwortete sie / ich weiß wol zuerkennen / was vor Mühe uñ Ungemach ihr bloß meinet wegen ausgestanden / und die allergrösseste Träue mir erwiesen habt / die von eingem Menschen geleistet zuwerden möglich seyn kan / wovor ich dann wil schuldig gehalten seyn / euch höher zuerheben / als ihr meinet wegen euch genidriget habet. Sie hielten mit ihrem Gespräch noch ein wenig an / biß das Fräulein aus Müdigkeit in einen harten Schlaff geriet / wie imgleichen auch Wolffgang / welcher sich doch vorgenommen hatte / die Nacht hindurch zuwachen. Die Reuter lagen mit Reicharden in der Stuben auff gemeiner Sträu / und umb Mitternacht machte sich der Bube in aller stille hinaus / verriegelte auch auswendig die StubenTühr / daß ihm niemand folgen kunte / ging hin / schloß die Kammer sanffte auf / und legete sich unvermerket zu dem Fräulein. Er spürete / daß sie fest schlief / und die Kleider mehrenteils auffgelöset / wiewol nicht abgelegt hatte / zog seine Kleider ab / und näherte sich ihr gar sehr / wie sie auff der rechten Seite mit aufgezogenen Knien und durchwickeltem Rocke lag / da er sie gewaltsam uberfiel / in Meinung / seinen Mutwillen / ehe sie recht erwachete / zutreiben; aber sie empfand seinen ersten Angrif / und rief überlaut: Wolffgang / Wolffgang / wer ist bey mir auff dem Lager? fing auch bald ein Geheule an / und stieß von sich / daß nicht allein Wolffgang davon erwachete / sondern geschwinde herzulief / über den verwägenen Schelm herfiel / und sich rechtschaffen mit ihm zausete / daß das Fräulein Lufft gewan auffzustehen / und aus der Kammertühr umb Hülffe zuschreihen; wovon die Reuter wache wurden / und doch aus der versperreten Stuben nit kommen kunten biß sie die Tühr entzwey fliessen / und der Kammer zueileten. Inzwischen zuschlugen sich die beyden auff der Sträu / daß ihnen Maul und Nase blutete / und währe der Bösewicht schier Wolffgangs-Meister worden / dann er fassete ihn bey der Kehle / hätte ihn auch erwürget / wann dieser nicht an sein Brodmesser gedacht / und ihm damit den Arm durchbohret hätte /daß er ablassen muste / und Wolffgang Mattigkeit halber / und daß ihm die Kehle schier eingedrücket wahr / nicht weiter nachsetzen kunte / daher Reichard ihm das Messer nahm / und ihm mit der Linken drey gefährliche Stiche gab / hätte ihn auch gar ermordet /wann nicht gleich die Reuter herzu gelauffen währen /und ihn bey den Fussen weggezogen hätten / da er zu ihnen sagete: O ihr leichtfertige Schelmen / wie handelt ihr bey mir eurem Herrn; ist das die Träue / die ihr mir schuldig seyd? fassete hiemit das Messer / und stach dem einen eine zimliche Wunde in das Bein /welcher aber ihm das Messer bald aus der Hand brach / und ihm damit die Schulter verletzete. Das Fräulein schickete einen ab / ein Licht zuhohlen / welcher bald wieder kam / und das Blut auff der Fräulein Lager sahe / auch daß Wolffgang zimlich Macht-loß wahr /welchen das Fräulein nicht ohn Trähnen selbst verbinden halff / da unterdessen die Reuter den Tähter mit Füssen zutrate / hätten ihn auch umbs Leben gebracht / wann nicht Wolffgang sie gebehten hätte / sie solten ihm nicht weiter Schaden zufügen / sondern festgebunden verwahren / und ihm die Wunden verbinden. Weil dann Wolffgang noch keine TodesAngst empfand / sondern nur wegen des verblutens von Kräfften kommen wahr / dankete das Fräulein Gott inniglich und von Herzen. Die Wirtin / deren Ehman verreiset /ward herzu geruffen / und befraget / auff was weise der Bösewicht durch die KammerTuhr kommen währe / mit Bedräuung / da sie Wissenschafft drumb hätte /solte sie es bekennen / oder schwerer Straffe gewärtig seyn. Worauff sie mit einem Lachen antwortete: ob es dann was neues währe / daß man den Bräutigam zu der Braut liesse? massen als sie solches von ihm berichtet worden / hätte sie auff sein hefftiges anhalten ihm den Schlüssel abfolgen lassen. O du verwägener Bube / sagte das Fräulein / so darffstu dich noch wol darzu vor meinen Bräutigam angebe? Nun ich wil dir deinen Lohn schon zustellen / und das BrautBette dergestalt zurichten lassen / dz du kein Königliches Fräulein mehr gewaltsam überfallen solt. Geboht hierauff einem Reuter / daß er von dem HaußKnechte sich geschwinde solte hinbringen lassen / wo der Amtman dieses Dorffs wohnete / und demselben anzeigen / es sey alhie seines gnädigsten Königes nahe Anverwantin / die begehre gnädigst / daß er auffs schnelleste mit einem gute WundArzt und einer gewapneten Schaar sich hieselbst einstelle. Sie nahmen beyde Pferde / ranten geschwinde fort / und brachten den Amtman samt dem Arzt mit sich. Jener / weil er offt zu Hofe gewesen wahr / kennete das Fräulein alsbald / demütigte sich vor ihr / und baht untertähnigst / ihm die Gnade zuerzeigen / und ihm zubefehlen / daß er ihrer Durchl. Wiederkunfft seinem allergnädigsten Könige anmeldete; Aber sie antwortete ihm: Er solte ohn das schon gnädigst angesehen werden; Ließ Wolffgang auffs neue verbinden / und hörete mit Freuden / daß der Arzt guten Trost gab; wie dann auch des TähtersSchaden wol in acht genommen ward / welcher sich bezeigete / als wann er von Sinnen komme wåhre / und nicht wüste / was er verrichtet hätte. Die gewapnete Begleitung stellete sich auch bald ein / daß sie frühzeitig auffbrachen / und den nähesten Weg nach Magdeburg vor sich nahmen. Wolffgang muste bey ihr auff der Gutsche sitzen / dem sie fast schwesterliche Hulde erzeigete / welches er doch in einfåltiger Untertåhnigkeit verbaht / als der dessen allerdinge unwirdig währe / und daher gerne mit einem Karren vorlieb nehmen wolte / weil er seiner Wunden halben das reiten und gehen nicht ertragen könte. Sie aber sprach ihn zufrieden: Er solte mit dergleichen Wegerungen sich nit verunruhen / sondern alle knechtische Nidrigkeit ablegen; sie wolte ihm schon wissen Leute zuzugeben / die ihn in höfischen Sitten unterrichten würden; welches er mit betrubtem Herzen anhörete / und noch hoffete / es zu seiner Zeit abzulehnen. Der freche Reichard ward auff einen Karch gebunden / und seinem Verdienste nach / fortgeschleppet. Als sie zu Magdeburg ankahmen / entstund grosse Freude bey allen Hofeleuten; Weil sie aber vernam / daß die Königliche Geselschaft schon vor etlichen Wochen nach Prag verreiset währe /wolte sie daselbst nicht länger als eine Nacht verharren; gab Wolffgangen ein schönes Scharlaken Kleid /dessen Wunde / (wie dann die Bauren gute Haut zuheilen haben) in kurzer Zeit anfingen sich zusetzen und schliessen / und muste noch immerfort bey ihr auff der Gutsche bleiben. Sie wahr über die masse betrübt / daß man ihr zu Magdeburg so gar nichts von dem Fürsten zusagen wuste / nur daß die Königliche Geselschafft denselben nebest dem Fräulein sehr beklaget hätte / und sie daher an seinem Leben anfing zuverzweifeln / so daß ihre Augen selten ohn Tråhnen / und ihr Herz ohn Seuffzen wahr; da gleichwol Wolffgang sie nach vermögen tröstete; man muste dem Allerhöchsten trauen / er würde diesen gläubigen und frommen Fürsten ja so wol im Unglük / als sie /erhalten haben / wie er dann nimmermehr gläuben könte / daß er in dem Streite mit den Bürgern des abgebranten Städleins solte erschlagen seyn; uñ wer weiß / sagete er / ob seine Furstl. Gn. nit wol schon zu Prag ankomen ist / und gleich so grosses Leid über ihre vermeinte Tod trägt / als sie über ihn? Sie reisete ohn einige sonderliche begebniß fort / biß sie auf 3 Meile an Prag kame / da sie eine Jäger in fremder Kleidungsart / vor eine sitzenden Betler ganz demühtig stehen / und den Huht in der Hand halten sahen welches sie wunder nam; und weil es nicht weit von dem Fahrwege wahr / befahl das Fräulein Wolfgangen (der nunmehr geheilet wahr) hinzugehen / und zuvernehmen / warumb dieser wolgeputzeter Jäger einem so unachtsamen Menschen in zurissenen Kleidern /diese grosse Ehrerbietigkeit erzeigete. Dieser / so bald er hinzutrat / ward er / ungeachtet seines schönen ungewöhnlichen Kleides von dem Betler (dann derselbe wahr Furst Arbianes) erkennet / welcher voller Hoffnung und Begierden mit lauter Stimme zu ruffen anfing: Wolfgang Wolfgang / verbirge dich nicht vor mir in deinem Ritter-kleide / und sage mir / wo das liebe Fräulein ist / damit ich meiner grossen Herzensangst entweder lebendig oder Tod abkommen möge. Gute Zeitung / glükliche Zeitung gnädiger Fürst / antwortete er; wolte auch weiter reden; aber das Fräulein; welche alle Worte des Fürsten eigentlich hörete / uñ seine Stimme alsbald erkennete / sprang herunter von ihrer Gutsche / und wolte zu ihm lauffen / aber aus grosser herzlicher Liebe / und nicht weniger aus erbarmung uber seinen kläglichen Zustand / fiel sie in Ohmacht zur Erden nieder. Arbianes sahe sie / und geriet in eben denselben Zustand / daß der Jäger mit ihm / und Wolfgang mit dem Fråulein gnug zu tuhn hatten / ehe sie wieder zum verstande uñ zu kräften kahmen. Das Fräulein ermunterte sich zu allererst /lieff ungescheuhet hin zu ihrem allerliebsten Bräutigam / umbfing ihn in seinen Betlers Kleidern und ganz verworrenen Haaren / herzete und küssete ihn /und sagete endlich: O weh mir unglükseligen / daß der teure Furst aus Meden / meinetwegen zum Betler worden ist / und es meinem Erlöser viel unglüklicher als mir selbst hat gehen müssen. Nun nun mein Schaz / der almächtige Gott hat uns auf die Läuterung gestellet / wir haben durch seine Gnade und Hülffe ausgehalten / und sind in den Augen seiner Barmherzigkeit wert erfunden worden / daß euer Bettelstand / und meine elende Magdschaft (HErr Gott dir sey dank vor die Stäupe und vor die Hülffe) zum ende gelauffen ist. Arbianes saß noch / als währe er verzukt / die Zehren lieffen ihm über die Wangen / und fand so viel Kraft nicht in seinen Gliedern / daß er sich hätte erheben mögen; endlich richtete er sich langsam in die höhe /sahe sie starre an / und geschwand ihm zum andernmahl / daß er nidersank / sie auch anders nicht meineten / er würde gar verschieden seyn; sein Jäger welcher Zariaspes Sysigamben Sohn wahr / hatte nicht weit davon eine Flasche mit Wein stehen / welche er herzu hohlete / und das Fräulein ihn damit erquickete / da sie zugleich zu ihm sagete: Wie ist ihm nun /Fürst Arbianes / wil mein Vertraueter nach überstandenem Elende es noch schlimer machen / als im anfang auff dem Heu? lasset uns doch nach dem Leide die Trähnen abwischen / und nach dem Elende das Trauren einstellen / damit wir nicht selbst diesen Tag zum verworffenen machen / welchen uns Gott zur ergetzung gegeben hat. Er schlug die Augen wieder auff / uñ sagete: Ach du gnadenreicher Heyland / du Helffer aller die auff dich traue; lebet das allerfrömmeste und tugendreicheste Fräulein der Welt noch? ja lebet sie dem bißher elenden Betler Arbianes noch zu Trost und beståndiger Träue? Schweiget / mein allerliebstes Herz / sagete sie / und schändet euch selber nicht; ihr wisset ja besser als ich / daß wir geduldig mit alle dem müssen friedlich seyn / was von Gott uns zukomt. Er richtete sich hiemit auff / und gab zur Antwort: Dir sey dank HErr in ewigkeit / daß du diesem Königlichen Fräulein mit so reichem Trost-Geiste in ihrer Noht beygestanden bist / und ihr vertrauen auff deine Hülffe so fest erhalten hast. Sie aber nam ihn bey der Hand und fuhrete ihn nach der Gutsche / da die Anwesenden nicht anders meineten / sie hätte ihren Wiz verlohren / oder dieser Betler hätte sie bezaubert / daß sie dergestalt sich gegen ihn bezeigete. Arbianes wegerte sich anfangs / ihr zu folgen / und taht den Vorschlag / ihre Liebe möchten im Nahmen Gottes nach der Stad fahren / dieser sein Diener solte geschwinde hinreiten / und ihm gebührliche Kleider samt seinem Leibwagen heraus hohlen / daß er ihr wirdig folgen konte. Aber sie wolte durchaus nicht von ihm weichen. Was? sagte sie / solte ich meinen hochwerten Fürsten umb seines Betler-kleides willen verlassen / welches er bloß meinetwegen angelegt und getragen hat? Eure Liebe lasse den Diener in Gottes Nahmen reiten / dz er die Kleider heraus uns entgegen bringe auff das näheste Dorff der Stad / inzwischen wollen wir ihm gemählich folgen; muste also der Furst auff den Wagen steigen / da dz Fräulein ihrem Amtman befahl / hinter sich auff dem nähesten Dorffe mit allen seinen Leuten sich biß Morgen niderzulassen und den Gefangenen fleissig zuverwahren; redete auch ihren acht Reutern ganz freundlich zu / sie solten bey dem Amtman verharren / und auff Morgen ihrer ergezligkeit gewärtig seyn. Wolfgang aber muste auff ein Pferd steigen / und ihrem Wagen etwas von weitem folgen. Auff der Gutsche ging das Herzen uñ drücken erst recht an / wiewol der Fürst wegen seiner Lumpen / die nicht ohn Unziefer wahren / sich übel schåmete / da hingegen sie beteurete / er währe in ihre Augen mit dieser Kleidung tausendmahl schöner als in güldenen Stücken / weil er sie ihretwegen trüge. Sie erinnerten sich ihrer schuldigen Dankbarkeit gegen Gott / der ihnen so wunder-gnädig geholffen hatte / daher Arbianes dieses Gebeht aus dem innersten seines herzen mit vielen Trähnen hervor suchete /und das Fräulein ihm ganz andächtig mit pfutze-nassen Augen nachbehtete:
Gott unser Helffer! ach wie groß ist dein erbarmen /wie unaussprechlich deine Güte! ich hätte fast an deiner Hülffe verzweiffeln dürffen; der Fall wahr mir sehr nahe /und strauchelte schon / weil ich den Stab deines Heils und den Trost deiner Hülffe nicht sichtbarlich empfand. Herr Gott / sagte ich / hastu mich dann gar von deinen Augen verstossen / und von deiner Gnade verbannet /daß du mich nicht sihest? hastu allen Sturm deines Grimmes über mich ausgestürzet / der ich nur Staub uñ Asche bin? Ja Herr mein Gott / ich gedachte / die Fluht hätte mich gar ergriffen; die Wasser deines grimmigen Zorns währen über mich zusammen geschlagen. Herr sagte ich / wo ist deine Hülffe? mein Gott / rieff ich / wo ist deine so teur versprochene erbarmung? und finde mich / ey Gott lob! schon auff dem Trocken / ehe ich des Wassers abflus merke; und liege in deinen hülffreichen Vater-Armen / da ich eben meinete zuversinken. O mein Gott /groß sind deine Wunder / die du an uns beweisest; unermäßlich ist deine Liebe / welche du gegen uns trägest / ob du sie gleich eine kurze Zeit / ja kaum ein Augenblik in deinem Herzen verborgen gehalten. Ja Herr / ich habe diese Betlerskleider mit meinen Sünden und ehemaligen weltlichen üppigkeiten wol verdienet / den erlittenen Jammer hoch verschuldet / die empfangenen Schläge und Wunden mir selbst gemacht / und ist mir noch nicht der tausendste Teil der gerechten Straffen auffgelegt / wann du mein Gott mit mir vor Gerichte treten / und nach meinen Werken mir lohnen woltest. Aber Herr / deine Güte hat überwogen / daß meiner Sünde / wegen der gnugtuhung deines Sohns nicht hat müssen gedacht werden. Davor danke ich dir / mein Schöpfer / davor preise ich dich / Herr mein Gott. O so laß nun nach dieser kurzen Walfahrt uns fördet nicht mehr in der Irre gehen / nachdem wir sehr wol gelernet haben / daß wann du Herr züchtigen wilt / ein Fürst leicht an den Bettelstab gerahten; und wann du helffen wilt / der Betler im Augenblik zu Fürstlicher Hochheit wieder gelangen kan / damit HErr dein Wort wahr bleibe / daß du die Gewaltigen vom Stuel stossest / und die niedrigen erhebest. Dir HErr unserm Gott / dir JEsus unserm erbarmer / sey vor deine väterliche Züchtigung / die uns so heilsam; auch vor deine gnädige Hülffe uñ Rettung / die so tröstlich süsse ist /Lob / Ehr / Preiß und Herligkeit von nun an biß zu ewigen Zeiten / Amen / Amen.
Nach volendeter herzlicher Danksagung wurden sie eins / diesen Tag jährlich nicht anders als ihren Geburtstag in beharlicher Danksagung zu Gott / und milder Handreichung den Armen Christen / deren es in Meden viel gäbe / zu feiren. Hernach fragete der Fürst / was vor einen elenden Gefangenen sie auff dem Karren mit sich gefuhret hätte. Da sie zur Antwort gab; eben dieser hätte sie zwar durch gnug kühne Verwegenheit und angewante Kosten von ihrer Dienstbarkeit loßgemachet / daß ohn sein zutuhn sie so bald nicht würde errettet worden seyn; aber durch sein unkeusches beginnen hätte er alle vorige Woltaht verderbet / daher sie willens währe / ihn mit abscheuhlicher Straffe zubelegen; erzählete darauff seine Untaht / und nam hiedurch gelegenheit / Wolfganges über-grosse und fast ungläubliche Träue /Zucht und Auffrichtigkeit zu rühmen / da sie endlich sagete; Es währe kein Mensch auff Erden / dem sie mehr als ihm schuldig währe / dann er hätte Leib und Leben / Hunger und Kummer / Angst und Gefahr /Noht und Tod nichts geachtet / wañ er ihr nur dienen können / deßwegen nach ihren Eltern und Bräutigam sie ihn vor ihren allerliebsten Freund / und ihren Brüdern gleich hielte; müste sich daneben verwundern /daß er sich wegen künftiger gar zu grosser Gnade und erhöhung mehr / als über sein voriges Elend bekümmerte. O so verzeihe mirs der almächtige Gott / antwortete Arbianes / daß seinetwegen ich so mannichen argen Gedanken gefasset / und mir eine uñ andere Träulosigkeit von ihm eingebildet habe / welches / inbetrachtung seines guten anfanges ich billich nicht hätte tuhn sollen; jedoch wird Meden noch so reich seyn / daß ich einem so redlichen Menschen Abtrag wegen meiner ungleichen Gedanken mache. Aber dem Gefangenen / mein werdester Schaz / ob er wol den Tod verschuldet / und mir das liebste in der Welt hat schänden wollen / müssen wir Barmherzigkeit erzeigen / wo er sonst nur wahre Erkäntnis und Räue seiner Ubeltaht ergreiffen / und die Bosheit ablegen kan; dann Gott hat uns Gnade erzeiget / und mit uns den Bogen nicht auff das genaueste gespannet; daher müssen wir uns unsers täglichen Gebehts erinnern / da wir von Gott bitten; du unser himlischer Vater / vergib uns unsere Schuld / als wir vergeben unsern Schuldigern. Dann es versichere sich nur mein Seelichen daß wir uns ehmahls auch an Gott hart vergriffen haben /und wol schwerer als wir wissen oder meinen; und währe es sonst nicht geschehen / so ists freilich unsere ehmahlige heidnische Abgötterey / die von Gott in seinem Worte / wie ich von König Herkules oft gehöret / eine geistliche Unzucht / Hurerey und Ehebruch genennet wird. Der Bube sey euch / mein Schaz /übergeben / antwortete sie / ungeachtet ich ihm den Tod fast geschworen habe; jedoch übergebe ich ihn mit dem bedinge / daß nach erteileter Begnadigung er nicht mehr vor meine Augen komme; dann er hat aus muhtwilligem Vorsatze einer solchen Bosheit sich unterstanden / die nach aller VölkerRecht / am Leben gestraffet wird. Arbianes saß uñ betrachtete die grosse Träue des frommen Wolfganges / daher er eine solche Gewogenheit zu ihm fassete / daß er ihn zu sich an die Gutsche rieff / und also anredete: Mein geträuer auffrichtiger Wolfgang; nimmermehr hätte ich in dir oder deines gleichen ein so ädles Herz gesuchet / welches ich bey dir angetroffen / und ich fürstlich zuvergelten entschlossen bin; befleissige dich nur / das wenige übrige / welches dir von deinem vorigen knechtischen Stande noch anhangen mag / vollends abzulegen / dann ich wil dich zu einem solchen Manne machen / auf welchen Länder und Städte sehen sollen. Ach Durchleuchtigster GroßFürst / antwortete er / ich bitte lauter umb Gotteswillen / ihre Durchl. wolle mich unwerten einfältigen Menschen nicht über meine wirdigkeit erheben / welches ohn zweifel euer Durchl. selbst würde nachteilig seyn; es ist ja schon zu viel /daß euer Gn. und meiner Gn. Fräulein Diener ich sol genennet werden / der ich zur Bauren Arbeit erschaffen bin. Du hörest / fuhr Arbianes fort / was ich dir sage / daß du alle niedrigkeit / welche dir in deinem künftigen Stande nicht geziemen wil / ablegen / und ein Herren-standes Gemuht annehmen solt; dann wo ich lebe / soltu in meinem Großfürstentuhm der näheste umb mich seyn / als mein Stathalter / weil du mir eine herliche Bewehrung abgeleget hast / daß auff deine Träue ich mich verlassen darff. Nur dieses fasse zum steten Gedächtnis in dein Herz / daß wann du nun zu solchen Ehren wirst erhaben seyn / du dich allemahl deines ehmahligen geringen Standes eriñerst /und der Träue / welche du deinem Fräulein und zu gleich mir / diese Wochen über erwiesen hast / alsdann wirstu ein gewünschter Mann seyn und bleiben. So entschuldige dich nun nicht mehr / das ist mein ernstlicher Wille / mit deiner Unwirdigkeit; du bist annoch jung uñ gelernig / und was du nicht weist / wil ich dir schon anleitung geben / und dir Leute zuordnen / von denen du es lernen kanst. Wolfgang befahl sich seines GroßFürsten Gnade / und wahr der angebohtenen Ehre trauriger / als daß er sich derselben hätte erfreuen sollen / gelebete auch der Hofnung / das Fräulein zuerbitten / daß sie den Fürsten auf andere meinung bringe möchte. Unsere beyde verliebeten erzählete sonst einander in der kürze / was sider ihrer unglukliche treñung ihnen begegnet wahr / worüber dz Fräulein zu unterschiedlichen mahlen ihre Trähne vergoß / als sie vernam / wie mañiche Lebensgefahr den Fürste in so kurzer Zeit zugestossen wahr. Sonste sahe Arbianes Zeit solcher erzählung sein Frl. steif an / dz ihre Haar den rechten Glanz noch nit hatte / auch dz Angesicht bey weitem nicht der vorigen Zartheit wahr; aus ursache / daß sie dz Abwische-tuch nit recht hatte zugerichtet; dessen er sie eriñerte; aber zur Antwort bekam / nachdem sie ihres herzen Schönheit wiederfunden / uñ bey sich auf der Gutsche håtte /währe sie schön genug; gestund ihm auch / dz sie die angestrichene Farbe von ihrem Leibe noch nicht hinweggemacht hätte / auch nicht wol wuste / wie sie es mache solte; der Fürst ihr aber zur Antwort gab: die gute fromme Libussa würde mit HerzensLust sich darzu schon gebrauchen lassen. Welcher Vorschlag ihr nicht übel gefiel / uñ sagete hernach; mir zweifelt nicht / die lieben unsern werden uns schon lange als ermordete beweinet haben; weil es dañoch fruh genug am Tage ist / möchte ich wünschen / daß ich mich recht wieder verstellen könte / dann wolten wir gleichwol noch unsern ersten Vorsaz mit der Krämerey ins Werk richten / und einen seinen Auffzug machen. Darzu haben wir Gelegenheit gnug / antwortete er; fuhren damit zur Stad hinein / vorgebens / Wolfgang währe ein Königlicher Teutscher Bedieneter /und kähme von Magdeburg bey seinem Könige etwas zubestellen; daß sie also willig und ohn weitere Nachfrage in die Stad eingelassen wurden; so hatte Zariaspes seinem Herrn die Kleider eine halbe Meile entgegen bracht / welcher mit dem Fräulein in ein Wirtshaus einkehrete / und Leches samt Gallus zu sich fodern ließ / unter dem Schein / es hätten sich etliche Reuter mit einander gezanket / uñ bähten sie als scheides Leute zu sich; der abgeschlite aber muste Gallus dieses ingeheim sagen: Herr nehmet eure Kunstfarbe zu euch / es wird von einem begehret /dem ihrs nicht wegern werdet. Diese frageten weiters nicht nach / gingen mit / und sahen Arbianes in seinen Betlers Kleidern (welche er wieder angelegt hatte) im Gemache stehen / woruber sie vor mitleiden anfingen zuweinen. Er aber tröstete sie / sie solten ihre Tråhnen sparen / nachdem die seinen ihm Gott Lob allerdinge schon abgewischet währen / deren er in diesem Kleide manniche vergossen / massen er sein herzgeliebtes Fråulein vor wenig Stunden wieder gefunden / und mit sich gebracht hätte; welche gleich aus einem NebenGemache herzutrat / und von Leches alsbald erkennet ward. Die Freuden Trähnen stunden ihne allerseits in den Augen / und nach Empfahung taht der Fürst jenen beiden sein Vorhaben zuwissen; worauff Gallus das Fräulein anstriche / und Leches dem Fürsten einen falschen Bart mit Terpentin anmachte. Kleider nahmen sie in der Nachbarschaft von einem Kramer / und allerhand leichte Waaren von gemeinen Korallen / gläsern Perlen und etliche Nadeln / deren das Fräulein ein Kramerlädichen vol auf ihrem Rücken nach dem Schlosse trug; der Furst aber eine zimliche Bürde von groben schlechten weissen Zanken oder gekloppelse ihr nachschleppete / da Leches und Gallus vor ihnen hergingen / und durch ihre Gegenwart macheten / daß sie allenthalben ohn Ansprach durchgelassen wurden. Libussa begegnete ihnen zum guten Glük im innersten Platze / zu welcher Leches sagete; gehet hin mein Herz / und saget eurer Gn. Königin / es seyn hieselbst fremde Krämer / die ihrem Vorgeben nach / sonderliche köstliche Waaren feil tragen. Diese wahr bald fertig / und bekam Befehl /sie in das gemeine Königliche Gemach zuführen. Wohin sie bald gingen / und nach abgelegtem schlechten Grusse ihre Lädichen auf einen Tisch setzeten / da das Fräulein ihre Sachen / ehe sie aufgemacht uñ besehen wurden / treflich rühmete: Sie hätte die allerschönsten Korallen uñ gemachte Perlen / die Menschen Augen je gesehen hätten. Gemachte Perlen? sagte Valiska; das müssen mir wol unbekante und köstliche Sachen seyn; aber woher bringet ihr dann diese schöne Waaren? Vom Reinstrohme / antwortete sie; und haben den Weg mit unsäglicher Mühe / unter mannicher Gefahr zum Ende gebracht /ob wir hieselbst Lieb haber unserer Waaren antreffen möchten / dann uns ward gesagt / daß hier so viel hohe Herrn und Frauen bey einander währen / die den Krämern ihr Geld gerne gönneten. So hat mein Mann auch seine Zanken oder Spitzen. Wol wol / sagte Valiska / lasset eure Kostbarkeiten sehen / wir käuffen euch den ganzen Krahm wol auff einmahl abe / wann er uns dienet / und wollen uns alle miteinander fein drein teilen. So währe ich zur glükseligen Stunde ankommen / sagte das Fräulein / und wolte ich euer Gn. noch wol eine SchnührKette und einen Brief Nadeln in den kauf geben. Die Fürstliche Geselschaft lachete der milden Zugabe überlaut; woran sich doch das Fräulein nit kehrete / sondern in ihrer Beantwortung also fortfuhr. Wie wolte aber mein Krahm euer Gn. nicht dienen? ich habe mannichem Adel und Unadel davon verkauft / und darf / dem Himmel sey dank / allezeit wol wiederkommen / da ich eins gewest bin /weil ich und mein Mann noch keinen Menschen im Handel und Kauffe betrogen haben / welches wir wol mit guten Gewissen konnen vor die Götter kommen lassen. Imer Schade / sagte Valiska / daß so aufrichtige Leute zu Krähmern gedien sind; hörete auch schon was vor herliche Sachen verhanden seyn würden / und sagte zu dem jungen Königl. und Fürstlichen FrauenZimmer; komt doch her meine herzen Schwesterchen /und lasset uns die treflichen Waaren beschauen / welche ädele und Unädele zukäuffen nicht beschweret sind. Inzwischen sahe das Fräulein ihre beiden Herrn Brüder stehen / daher die Trähnen ihr vor Freuden schier loßgebrochen währen; doch hielt sie sich feste /und sagte zu ihnen: Ihr junge Herren und Fürsten /wer ihr seid / komt uñ käuffet euren Liebsten eine schöne Kermeß / damit ihr euch bey ihnen sehr beliebet werdet machen können. Ach ja mein Schaz / sagte Valiska zu Herkules / hie werdet ihr gnug wirdige Sachen finden / wann sie nur erst ausgelegt währen. Das Fräulein / die sich ganz ernsthaftig stellete / wahr damit bald fertig / hatte rohte / grüne / gelbe / blaue und schwarze gläserne Korallen an langen Schnüren /auch weisse / die sie vor gemachte Perlen angab / legete alles aus / fein bund durch einander her / und sagete: Sehet ihr Fürstliche Jungfern / sind das nicht so schöne bunte Sachen / gelüstets doch einem der es siehet / wie die mannicherley Farben durcheinander her spielen; und wie treflich solte eure Schönheit vermehret werden / wann ihr sie also bund durcheinander an euren weissen Hälsichen uñ ärmichen truget. Sehet die Schnuhr gebe ich um 8 Groschen / wann ich sie nur 4 Meilen auff disseit Köllen trage; nun müste ich ja billich vor den weiten Weg auch etwas haben / daß ich etwa vor die Schnur 10 Groschen bekähme / vor welches geringe Geld ihr sie viel Jahr tragen / und euch damit außputzen könnet. Da hätte man nun sollen ein Gelächter hören; woran aber das Fräulein sich nicht kehrete / sondern zu Valisken sagete. Schöne Fürstliche Jungfer; warum verlachet ihr meine gute aufrichtige Waaren / und machet daß die andern desgleichen tuhn müssen? Zwar die Perlen uñ ådlen Steine / welche ihr ümb euer schneeweisses Hålfichen und ärmlein traget / mögen wol teurer seyn / aber die meinen scheinen doch weit besser / sind auch viel heller uñ durchsichtiger / von allerhand hohen Farben /und werden durch sonderliche Kunst zugerichtet / da die euren nur aus dem Wasser gefischet / und aus der Erde gegraben werden / welche Arbeit ein jeder ungeschliffener Baur wol verrichten kan / aber von dieser kunstlichen Zubereitung seine groben Hände wol lassen muß. Krämerin / antwortete Valiska / ihr seyd wol unterwiesen / eure Waaren zu loben. Ja / schönste Fürstliche Jungfer / sagte sie; wann meine Waaren es selber könten / wolte ich kein Wort darzu reden; aber habe ich dann nicht die Warheit gesaget? Die Reden sind so gar uneben nicht / sagte Valiska zu der ganzen Geselschafft; dann freilich ist es eine grosse Tohrheit / daß wir Menschen mit denen Sachen prangen / die im Meer von den nicht werten Muscheln gezeuget werden; und die Steine hoch schätzen / welche doch nimmermehr des Werts sind. Ey warumb dann? sagte Herkules / (mit ihr ein LustGezånke zuhalten) ist dann Gold und Silber nicht auch irdisch / und viel häuffiger in der Erde zufinden / als die ådlen Steine? Ich bekenne meinen Irtuhm / sagte Valiska / aber in Gegenschätzung der Speisen und anderer Nohtwendigkeiten / ist es gar zu hoch angeschlagen. Herkules antwortete zur Kurzweil: Wachsen doch solche auch aus der Erde / und zwar in viel grösserer Menge; und müssen hohe Leute ja auch ein Narrenspielchen haben / daran sie den Gecken sehen lassen / welches ausser Zweifel der Perlen und ädlen Gesteine Schazbarkeit ist. Die Krämerin mischete sich mit ein / deutete alles auf ihren Vortel / und sagete: Wann ihr dann alle miteinander meine Waaren so hoch rühmet / so gönnet mir auch eures Geldes davor / alsdann wil ich euch meines Mannes schönes Geklöppel auch sehen lassen. Das möchte vielleicht von höherm Wert seyn / antwortete Valiska. Wie dann nun? sagte das Fräulein /habe ich euch dann meine Waaren zu wolfeil gelobet /stehet euch frey / ein mehres davor zugeben / welches ich als ein Geschenk rechnen wil. Herkules fragete /was er ihr dann vor alle ihre Korallen und Perlen zahlen solte. Wir wollens fein ausrechnen / was es trage wird / antwortete sie; zählete die Schnürlein / foderte Kreide / und machete eine Rechnung von 40 Gülden und 10 Groschen: Er aber zog alsbald eine Handvol Kronen heraus / und fragete / ob sie ungezählet zufriede währe. Ja antwortete sie / wann es nur so viel ist /als ich gefodert habe / sonst müste ich mit schaden verkauffen / und merke ich wol / es werden Goldpfennige seyn / deren ich noch alle mein Tage vor meine Waaren nicht bekommen habe / weiß aber wol / daß sie mehr gelten als das Silbergeld / und wil auff solchen fal den empfangenen überschuß auff meines Mannes Spitzen Krahm rechnen. So werden wir leicht Kaufleute werden / sagte Herkules / reichete ihr die Gelder / und teilete die schönen Sachen unter dem Frauenzimmer aus / daß das gesamte junge Frauenzimmer Fürstliche und adeliche mit den Korallen behänget wurden / und sie es das Königliche Geschenk nenneten. Valiska ließ die Zanken auch hervor langen / deren sie noch am meisten lacheten / weil die vornehmsten nicht uber zween Groschen die Elle austrugen / daher sie zu der Krämerin mit einem Gelåchter sagete: Wie dann / gute Frau / haben euch dann auch Adel und Unadel diese Waaren abgekaufft? O ja / vor ihr Gesinde / antwortete sie / denen sind sie gut genug / und kan ja nit fehlen / ihr werdet auch Volk haben /denen ihr etwas buntes umb Kragen / Hemder und Schnupfftücher verbremen lasset. Nein / sagte Valiska aus Scherz / mein Gesinde muß solche bunte Sachen nicht tragen / es tuhst ihnen noch wol schlecht hin. Libussen verdroß / daß die Krämerin sich mit so geringen Sachen durch sie hatte lassen angeben / und fürchtete nicht wenig / sie würde grossen Spot müssen über sich nehmen / daher sie zu Königin Valisken sagete: Was sol der Bettel? Eure Hocheit lassen sie gehen / und werde ich hernähst mich besser vorsehen /was vor Krämer ich angebe. Das Fråulein bekam Lust / sich mit dieser zuzanken / und sagte: Wz saget ihr Jungfrau? scheltet ihr meines lieben Mannes Krahm vor einen Bettel? Er hat ihn trauen nicht zusammen gebettelt / sondern sein baares Geld davor gegeben /ob er gleich wol ehmahls gebettelt hat. Und was habt ihr mir meine redliche Waaren zuverachten / wollet ihr sie nicht käuffen / oder mangelt es euch am Gelde / so lasset mir meine Waaren so gut sie sind; vielleicht gereuets euch / dz eure gn. Frau selbst mit mir handelt / und solches nit durch euch verrichtet / daß ihr auch euren Vortel damit håttet spielen können /wie es dann bey Fürstlichen Höfen ins gemein zugehet / daß die grossen Herren viel näher käuffen / und gleich vor ihr Geld bekommen würden / wann sie selbst zu Markte gingen oder die Krämer zu sich foderten. Es entstund ein gemeines Gelächter hierüber /daß Valiska kaum diese Worte zu Libussen vor lachen sagen kunte: Sihe / das schadet dir nicht kanstu nicht andern Leuten ihre Waaren so gut lassen als sie sind? Diese lief darüber vol Eifer / und wolte der Krämerin ihren Frevel verweißlich vorhalten. Aber dieselbe sagte zu ihr: Was habt ihr mich hieselbst auszuschelten? seyd ihr doch nicht gebietende Frau auff diesem Schlosse / so habe ich euch auch meine Waaren nicht feil gebohten / und sage noch einmahl / lasset mir meine Waaren unverachtet; seyd ihr eine junge ädelfrau / so bin ich eine ehrliche Krämerin; so stehets euch auch nicht fein an / daß vor dieser Fürstlichen Geselschafft ihr euch so mausicht machet. Libussa nam ihr den Schimpff so sehr zu herzen / daß sie kein Wort antworten kunte / und verdroß sie am meisten / als sie ihren Leches darüber lachen sahe. Valiska aber sagte zu ihr aus Kurzweil: Laß dir dieses zur Warnung dienen / und gib dich mit keinen Krämerinnen mehr in Zank / sie haben die Zunge noch besser gelernet zugebrauchen als du. Sie erhohlete sich endlich darauff / und sagete: Mein lebelang bin ich dergestalt nicht beschimpffet worden / und werde Eurer Hocheit Vermahnung ich hernähst wissen in acht zunehmen. Dabey aber die Krämerin sich stellete / als hörete sie es nicht / sondern fragte Valisken / ob sie vor ihres MannesWaaren ihr kein Geld gönnen wolte. Ich muß wol / antwortete sie / wo ich sonst ohn lose Worte gedenke von euch zukommen. Nein / gn. Jungfer / sagte sie / so böse bin ich nicht / daß ich einem Menschen lose Worte geben solte / der mirs nicht abhohlete. Wolan / sagte sie / so bin ich sicher vor euer Ungnade / und wil meinem Liebsten und andern anwesenden jungen Herren auch ein Jahrmarkt käuffen; saget mir nur in der Güte / was ihr vor die ganze Lade vol haben wollet. Eure Gn. geben was sie wollen / antwortete sie / es sind 50 Stücke drinnen /die kosten uns 80 gute Gulden in Kölln bezahlet / und wann Eure Gn. wüsten / was vor Elend / Noht und Jammer mein Mann auff dieser Reise erlitten / sie muste mit ihm weinen. Ach lieber Gott / sagete die mitleidige Valiska / dz ihr alles lachen verging / es kan wol seyn / daß euch beyden das tägliche Brod zuerwerben durch solche Nahrung saur gnug wird / gab ihr zwo Hände vol Kronen / und sagte / sie könte nun in Gottes Nahmen hingehen. Mich deucht / Eure Gn. geben mir zu viel / sagte sie / aber Gott belohne euch das ubrige und euer Mitleiden. Wendete sich darauff zu Libussen / und sagete: Ich bitte euch freundlich /ädle Frau vergebet mirs / daß ich ein wenig zu heftig wider euch im Zorn geredet habe / es ist mir leid / und wil / Abtrag zumachen / euch diesen Brief vol Nadeln verehren. Libussa hätte sich schier auffs neue geeifert / wann nicht Leches ihr einen ernstlichen Wink gegeben hätte / woraus sie urteilete / diese müste nur eine verstellete Krämerin seyn / nam deswegen die Nadeln zu sich / und sagete: Weil ich sehe / daß euch meine Beschimpffung leid ist / wil ichs euch vergeben / und dieses Geschenk zum Gedächtniß beylege / daß ihr mich so fein sauber habt ausgehechelt. So böse ists nicht gemeynet gewesen / antwortete die Krämerin /und ist mir lieb / daß ich mit euch wieder verglichen bin. Baldrich trat zu ihr hin / und sagete: Gute Krämerin / wo bleibet die versprochene Schnür-Kette mit dem Briefe Nadeln / nachdem euch alle Waaren abgehandelt sind? Junger Herr / antwortete sie / eures Geldes habe ich noch wenig gesehen / und dürffet doch eine Zugabe fodern; aber doch / da habt ihrs beydes /ich wil vor dißmahl die reicheste seyn / nehmets hin /und schenkets eurer Liebesten / wann ihr dermahleins eine bekommen werdet. Valiska lachete des Auffzuges von Herzen / trat hinzu / und nahm das gebohtene zu sich / sagend / mir gehöret dieses / vermoge unsers Kauffs / eigentlich zu / aber ich wils gleichwol mit dem Bedinge nehmen / daß ichs dieses jungen Herrn seiner Liebesten zurahte hägen wil. Die Krämerin reichete ihr solches willig ein / und sagete: Gnådige Frau / mich deucht / ihr verstehet euch sehr wol auff Krämerey / denke ja nicht / daß ihr des Königes aus Böhmen Frl. Tochter seyd / von welcher ich mir habe sagen lassen / sie sey auch wol ehmahls lieber eine Krämerin als eines grossen gewaltigen Königes versprochene Braut gewesen / wodurch sie ohn Zweifel in unsere Gülde getreten ist / und dieselbe Königlich geadelt hat; Ist nun Eure Gn. dieselbe / so kan ich nicht unterlassen / dieselbe als eine ehrliche Gülde-Schwester zugrüssen. Valiska verwunderte sich der Rede / sahe alle anwesende an / und sagte: Die Karte ist falsch / und ist diese gewißlich eine verstellete Krämerin / uns einen Auffzug zu machen. Das Fräulein aber kehrete sich an nichts / ging mit Arbianes davon / und sagete kein Wort mehr / da Leches und Libussa (weil er ihr winkete) ihnen auff dem Fusse nachfolgeten. Valiska sagete nach ihrem Abscheide zu den anwesenden: So statlich bin ich zeit meines Lebens nicht auffgetrieben / als vor dißmahl / und noch wol kurzweiliger / als ehemahls mein Parthisches Frauenzimmer; und was gilts / wo meine Libussa der lose Balg diesen Possen nicht angerichtet / und einen ertichteten Zank mit der Krämerin gehalte hat /mich so viel zierlicher auffzuzihen? So bald das Fräulein aus dem Gemache wahr / sagte sie zu Libussen: ädle Frau / verzeihet mir / bitte ich / alle Grobheit /die ich heut / bloß ein Gelächter über uns beyden anzurichten / an euch begangen habe / und wann dieses nicht währe mein Vorsaz gewesen / hätte ich euch hoch beleidiget; Je länger aber ich euch ansehe / je mehr erinnere ich mich unser ehmahligen Freundschafft / wie wir uns dann vor diesem wol gekennet haben; Kommet und führet mich auff ein absonderliches Gemach / mein Mann wird mit eurem EheJunkern auff ein anders gehen / dann ich habe von Kölln ab einen hochvertraulichen Gruß an euch von einer Nähterin / die ist wol vor diesem etwas mehr / und eure gute Freundin gewesen. Libussa gedachte alsbald an das Fräulein und sagete: Ach gute Frau / ich verzeihe euch alles gerne / wie heftig ich mich gleich zu anfange geschämet habe; nur saget mir / wie heisset diese Nähterin? Sie nennet sich Armgart / antwortete sie / und hat im wolstande Klara geheissen. Ey Gott Lob und dank / sagete sie / so lebet das allerfrömmeste Fräulein der Welt noch? O daß doch nur der liebe Fürst auch noch möchte im Leben seyn! wolte alsbald von ihr hinweg lauffen / und ihrer Königin diese hocherfreuliche Zeitung bringen. Aber Leches hielt sie auff / und sagete: Wie eilet ihr so / wollet ihr als blindlinges davon springen? besehet doch diese Krämerin recht / nachdem ihr höret / daß ihr bekanten seid / und wann ihr die Warheit erkennet / so bittet wegen eures heutigen trotzes umb vergebung. Libussa meinete vor freuden zu bersten / so bewägete sich das Herz in ihr / fiel der Krämerin umb den Hals / und sagete: Ach gnädiges Fråulein; ich zweifele nicht / sie sey es selbst in angestrichener Farbe. Ja Gott Lob /antwortete sie; aber meldet mich nicht / sondern schaffet / daß ich meine Fr. Schwester Königin Valiska allein möge sprechen. Leches erinnerte sie abermahl / daß sie um verzeihung anhielte; aber sie sagte; es bedurfte solches nicht / sie håtte nicht mit dem Königlichen Fräulein / sondern mit einer Krämerin sich gezanket / und weil dieselbe schon verschwunden währe / hätte sie sich weiters nicht darumb zubekummern; lieff darauff hin / und traff Euphrosynen vor dem Gemache an / welche sie baht / daß sie Königin Valisken vermöchte heraus zukommen / weil die Krämerin eine heimliche Werbung an sie abzulegen hätte. Die Königin gab zur Antwort: Was mag meiner Libussen hinte geträumet haben / daß sie mich mit dieser Krämerin so äffet / welche sie ohnzweifel selbst ausgerüstet hat / dann wie hätte sie sich sonst so leicht mit ihr wieder vergliechen / als wodurch sie an den Tag leget / daß ihr Zank nur ertichtet gewesen; doch ging sie hin / dräuete auch Libussen mit einem heimlichen Wink / uñ fragete die Krämerin / was sie begehrete; welche darauff anfing: Gnädigste Königin /ich habe neun Meile hinter Kölln einer ädelfrauen etliche Waaren verkauft / dieselbe hatte eine Nähterin /welche da sie vernam / daß ich nach Magdeburg reisen wolte / baht sie mich mit heissen Trähnen / auf den fall der Teutsche GroßFurst daselbst nicht seyn würde / ich möchte vollends nach Prag mich erheben /und Gelegenheit suchen / der jungen Teutschen Groß-Fürstin Valiska nur dieses wenige (dessen ich gut Trinkgeld bekommen würde) anzumelden / daß ihre geträue Dienerin Klara annoch lebete / nur daß sie durch Unfal und betrug währe zur Magd einer boshaften Frauen worden / und von derselben manniche Ohrfeige einschlucken müste. Valiska sprang vor freuden auff / uñ sagte: Ey dem allerhöchsten Gott sey lob und dank / daß sie noch lebet / die Magdschaft sol ihr bald benomen werde / und ihr gute Krämerin müsset ohn ein reiches Trinkgeld nicht scheiden / daß ihr dieses so träulich habt werben / und solchen weiten Weg über euch nehmen wollen. Lieff damit wieder nach der Geselschaft / und wuste nicht / wie sie vor fröligkeit sich geberden solte. Herkules sahe solches an ihr / und sagte: Mein Schaz / was vor eine heimliche Verehrung hat euch die Krämerin getahn / damit sie euch so erfreuen können? Eine über köstliche Verehrung / antwortete sie; wolte ihm aber nichts mehr sagen / sondern trat hin zu Herkules Fr. Mutter und sagete überlaut; Gn. Fr. Mutter / der allerhöchste Gott wil uns nach der Traurigkeit wieder erfreuen. O herzliebe Fr. Tochter / fiel ihr diese in die Rede; ist etwa mein liebes Kind wieder zu Lande geschlagen? Zwar noch nicht zu Lande geschlagen / antwortete sie / aber gnug ist es uns vor erst / daß wir nunmehr gewiß wissen / daß sie noch lebet und gesund ist / wiewol in fremden Landen / uñ daselbst vor eine Nähe-Magd dienet / davon wir sie mit Gottes hülffe bald befreien wollen. Dir sey dank HErr Gott / sagte die liebreiche Mutter / aber an was Ort hält sie sich auff? Neun Meile hinter Köllen / sagte sie / in der Römer gebiet /woselbst die fremde Krämerin sie selbst gesprochen hat. Die ganze Geselschaft wolte die Zeitungsbringerin selbst fragen / aber Libussa zeigete an / wie sie mit ihrem Manne hinweg gangen wåhre / und bald wieder kommen würde; ging damit wieder davon nach dem Fräulein auff ein absonderliches Gemach / da Libussa ihren Leib von der angestrichenen Farbe reinigte / und ihr in die Kleider half / welche sie von Magdeburg mit gebracht hatte; Arbianes aber auff einem andern Zimmer sich auch ausputzete / dem die Freude mehr Kraft und stärke verliehe / als er sonst an sich hatte. Als sie beyde fertig wahren / fasseten sie einander bey der Hand / liessen Leches und Libussen vor sich her treten / und folgeten denen auff dem Fusse nach / daß ihrer niemand gewahr ward / biß das Fräulein nahe vor ihrer Fr. Mutter stund / und ihr mit küssen und Trähnen umb den Hals fiel / welche über der unvermuhtlichen gegenwart sich entsetzend / in Ohmacht nidersank. Arbianes stellete sich vor Valisken /und wolte ihr die Hand küssen / aber sie umfing ihn schwesterlich / und sagete: Herzlieber Herr Bruder; ach wie hat eure Liebe sich doch so lange Zeit verborgen gehalten? Gott sey Lob / daß ich dieselbe wieder vor mir sehe / wiewol das verfallene Angesicht gnug zu erkennen gibt / dz er mehr böse als gute Stunden mus gehabt haben. Ich danke dem allerhöchsten GOtt / antwortete er / daß eure Liebe ich gesund und frisch antreffe / und bin mit meines Gottes züchtigung wol zu frieden / nachdem von demselben ich die Gnade gehabt / das Durchl. Königliche Fräulein wieder anzutreffen / so das mein überstandenes Elend ich nicht allein gerne vergessen / sondern es als ein Gnadenzeichen / daß Gott an mich gedacht hat / rechnen wil. Die alte Königin kam bald wieder zu sich selbst / umfing ihr allerliebstes Kind mit herzen und kussen /und wolte in einem Augenblik alles ihr ergehen wissen; sie aber gab zur Antwort; Gn. Fr. Mutter / wir wollen unsere Trähnen heut nicht weiter reitzen / sondern dem almächtigen wahren Gott / und unserm Heylande JEsus Christ von herzen danken / daß er nicht weniger meine Ehr und jungfräuliche Keuscheit / als mein Leben väterlich behütet und errettet hat. Arbianes ward von König Henrich freundlich empfangen /welchen er nach geschehener Danksagung und geleistetem Handkusse also anredete: Großmächtigster unüberwindlichster König / gnädigster Herr; ob zwar zu jener Zeit / da eure Königl. Hocheit ich erstmahls angesprochen / mich unterstanden habe / das Durchleuchtigste Fräulein / eurer Königl. Hocheit Frl. Tochter aus Räubers Henden loßzuwirken / und ihren Eltern sie wieder zuzuführen / hat doch ein leidiger Fal / der gutenteils ans Irtuhm entstanden / nicht allein solches gehindert / sondern von höchstgedachtem Fräulein mich endlich gar hinweg gerissen / welche kaum vor sieben oder acht Stunden ich drey Meile von hinnen / durch Gottes sonderbahre schickung ohngefehr angetroffen / und von ihrer Durchl. die Ehre gehabt / daß sie mich im Betlerstande und Kleidern auf ihre Gutsche genommen / so daß dannoch nach Gottes Willen dieselbe ich nicht allein gesund und frisch / sondern auch im unbeflecketen jungfräulichen Stande hieher geleiten können. Wann nun vor diesem umb eine Heiraht bey ihrer Königl. Hocheit durch meine Gn. Fr. Schwester und Königin / Fr. Valiska / ich untertähnige ansuchung getahn / als wil anjezt ich solche Anwerbung selbst mündlich in untertähnigstem Gehorsam vortragen / demühtigst bittend / ihre Königliche Hocheit wollen mit angenehmer Antwort und väterlicher neigung mich beseligen / und ihre herzgeliebete Frl. Tochter mir versprechen; dagegen ich mich dann Christlich erklären und verpflichten wil / sie Zeit meines lebens als ein hochwirdiges Gemahl zu lieben und ehren / und nach meinem Tode mit einem Großfürstlichen Leibgedinge versehen. Mein geliebter Herr Sohn / antwortete der König; wem solte ich mein herzliebes Kind lieber goñen und geben / als der ihretwegen / wie ich verstehe / aus einem mächtige GroßFürsten gar zum Betler worden ist / und wol unsägliche mühe und arbeit uberstanden hat / wie euer Liebe bleich-mageres Angesicht gnugsam uñ überflüssig bezeuget. Fassete damit seine Frl. Tochter bey der Hand / und nachdem er sie etlichemahl geküsset hatte / sagte er zu ihr: Ich zweifele nicht / geliebtes Kind / du werdest die Träue und Liebe / dir von diesem GroßFürsten erwiesen / mit gebuhrlichem Dank zuerkennen gesonnen seyn / und nach meinem Schlusse ihn vor deinen Bräutigam und künftigen Gemahl annehmen. Gnädigster Herr Vater /antwortete sie; Dieser Durchleuchtigster GroßFürst hat meinetwegen äusserste Noht / Armut und Lebensgefahr ausgestanden / und über die 20 Wunden in meiner getråuen nachsuchung empfangen / so das mein Unglük gegen das seine nicht eins zu rechnen ist; auch hätte ich weder von dem Wendischen Gotschalk / noch von bevorstehender Todesgefahr ohn seine Hülffe können errettet werden; und welches ich vor das höchste halte / hat er die drey Tage über / so er mich in seinem gewarsam gehabt / mich nicht allein im Christlichen Glauben unterrichtet / ohn welche Erkäntnis ich mein ausgestandenes Elend unmöglich hätte ertragen können; sondern hat sich auch so ehrliebend und züchtig gegen mich verhalten / daß er mir nicht das allergeringste zugemuhtet / welches meiner jungfräulichen Keuschheit im wenigsten hätte zu wieder seyn können; daher / nach dem er sein ehrliebendes begehren mir vorgetragen / ich ihm die Versprechung getahn / seiner Durchl. nach eingehohletem Befehl und Raht / meiner herzlieben Eltern / Herrn Brüder / uñ Fr. Schwester / mit solcher Antwort zubegegnen / die eine anzeige eines dankbahren willens mit sich brächte. Weil dañ mein H. Vater mir solches anbefihlet / wil seinem Geboht zugehorsamen / ich diesen Durchl. Großfürsten vor meinen Bräutigam und künftigen hochwirdigen Gemahl annehmen / ihm alle Träue uñ Liebe versprechen / uñ daneben demuhtig bitten / seine Durchl. wolle mit meiner Schwacheit und geringem vermögen geduld tragen / wann allemahl ich mich nicht wurde der Gebühr nach verhalten köñen / wornach doch meine stete Bemühung streben sol. Da ging nun nicht allein das Glük wünschen /sondern auch das wilkome erst recht an / und erfreueten sich Königin Sophia / Lukrezia und Fürstin Sibylla von Herzen / als die höreten / daß das liebe züchtige Fräulein sie mit diesen Worten in lateinischer Sprache anredete: Großmächtigste Königinnen /Durchleuchtigste Fürstin; weil der almächtige Gott mir diese Barmherzigkeit erzeiget / uñ ihrer sehr angenehmen Kundschaft mich gewirdiget hat / als bitte ihre Liebden ich demuhtig / sie wollen meine gering-schätzige Gegenwart ihnen nicht lassen verdrießlich seyn / sondern sich versichern / daß denen samt und sonders aufzuwarten ich begierig bin / wie dann in meiner sieben Wöchigen Magdschaft ich viel geringern Leuten habe müssen die Hände küssen / daß mich das Angesicht davon geschmerzet hat. Die lezten Worte bewägeten die ganze Geselschaft zuweinen / so daß die Königinnen ihr kein Wort antworten kunten / sondern an Stat der Rede ihr um den Hals fielen /uñ noch endlich Fr. Sophia zu diesen kurzen Worten sich zwang: Durchleuchtigstes Königliches Fräulein /herzallerliebste Frl. Schwester; unserm Heilande JEsus Christ sey Lob und Preiß vor ihre Beschütz-und Erhaltung; wir unsers teils freuen uns dessen von ganzem Herzen / freundschwesterlich bittend / ihre Liebe wolle mit so tiefen Ehrerbietungen uns nicht beschämen / sondern die Freyheit uns gönnen / daß wir derselben als einer hochbegabten Königlichen Fräulein mögliche schwesterliche Dienste / Freundschaft und Liebe erzeigen können. Valiska hatte sich zu ihr noch nicht genahet / dann sie wolte unter dem FrauenZimmer die letze seyn / trat demnach zu ihr /küssete sie zum offtern auff ihr annoch bleiches Mündlein / und sagte: O ihr mein tausend Schätzichen und herzallerliebstes Schwesterchen / warum habe ich nicht das Gluk haben sollen / ihr grosses Unglük zu wissen / auff daß ich ein so tugendreiches Herz und volkommenes Muster der auffrichtigen Frömmigkeit und Demuht loßwirken / und mich ihrer Schwesterlich annehmen mögen. Nun / ich habe auch Noht und Angst versuchet und geschmecket / aber ich dancke meinem Gott noch darzu / das er mir solches zugeschicket hat / dann sonst würde ich weder eure Liebe noch mich selbst / noch einigen andern Menschen haben erkennen können. Zweifele auch nicht / mein allerliebstes Seelichen werde dereins sich nicht weniger über diese Väterliche Züchtigung Gottes Kindlich erfreuen / weil solche viel böses aus unserm Herzen hinweg schaffet / und die kindliche Furcht gegen Gott in uns wirket / daß wir im guten Glük nicht auffgeblasen werden / noch uns selbst zukennen auffhören /sondern stets gedenken / daß der Allmächtige welcher uns ehmahls gestäupet / uns allemahl wieder finden könne / auch viel schärffer angreiffen / als zuvor geschehen. Ist also / mein herzen Schwesterchen diese RuhteGottes nichts anders / als ein kräfftiger Teriak und Seelen Arzney / welche die hefftigen Zufälle der angebohrnen Boßheit abhält / daß sie nicht das Herz gar einnehmen / sondern wañ sie auffsteigen / vor ihren volkommenen Wirkungen abgeleitet werden. Ach wie ergetze ich mich / wann meine Seele es bey mir überleget / wie oft ich in Noht / Gefahr und Angst gestecket / und dannoch allemahl meines Gottes und Heilandes Hülffe und Rettung genossen / auch da ich sein Feind noch wahr! wir wollen aber vordismahl keines ausgestandenen Unglüks mehr gedenken / sondern uns miteinander über unser Erlösung herzlich ergetzen. Das liebe Fräulein hörete ihren andächtigen Reden fleissig zu / und antwortete ihr: Unvergleichliche Konigin / und wahres Ebenbild der Gottseligkeit und volkommenen Tugend; wie grosse Hoffnung mache zu ihrer Hocheit ich mir wegen zukünftiger träu fleissiger Unterrichtung zum wahren ungefärbeten Christentuhm / weil schon zum aller erstenmahle ich eine so köstliche Herz Stärkung von ihrer hochgelehrten Zunge einnehme / daß dieselbe wol nimmermehr aus meinem Herzen komen wird / auch solche heilsame geistliche Erquickung lieber in steter Betrachtung erhalten / als mit meinen ungeschickten Reden beantworten wil; nur allein bedanke ich mich vor dismahl sehr dienstlich uñ von ganzem Herzen /daß meine höchst gepreisete Fr. Königin / Wase und Schwester sich um meine Wolfahrt so heftig hat bemühen wollen; bitte solche hohe Gewogenheit in steter Blüte zuerhalten / und an meiner Unvolkomenheit kein Mißfallen zutragen / weil mein Herz und Seele /ungeachtet die Folge nicht dabey seyn kan / sich stets bemühen wird / meiner Gn. Fr. Königin und Schwester nach äusserster Mögligkeit auffwärtig zusein. Ja mein Schwesterchen / antwortete Valiska / sie herzlich küssend / wir wollen diese Höfligkeiten den fremden überlassen / würde mich auch sehr schmerzen /wañ mein Schätzichen an stat der so hochgewünscheten Vertrauligkeit und Liebe mir Wortspeise aufsetzen wolte. Herkules mengete sich hieselbst ein / umfing seine Frl. Schwester Brüderlich und erboht sich zu aller aufrichtigen Liebe. Als das freundliche Wilkommen / welches in die anderthalb Stunden wehrete / ein Ende genomen hatte / kunte das Fräulein nicht umhin / an Leches zubegehren / er möchte doch ihren lieben Freund den geträuen frommen Wolfgang ihm bestermassen lassen befohlen seyn / und ihn fein unterweisen / wie er sich bey hohen Leuten zubezeigen hätte. Sie ward von der Geselschaft gebehten / anzuzeigen / was dieser vor ein geträuer Mensch währe /der solcher Unterrichtung bedürfte; worüber / da sie es kürzlich erzählete / was er bey ihr getahn hätte /sich alle Anwesende verwunderten / und muste ihn Leches herführen / daß sie ihn sehen möchten. Er entsetzete sich gewaltig / als er so viel Könige und Königinnen sahe / daß ihm die Farbe und Rede verging; welches Valiska merkend / ihn mit diesen freundlichen Worten anredete. Wolfgang / mein guter und lieber Freund; ihr sollet euch vor diesen grossen Herren uñ Frauen nicht entsetzen / als bey deren Geselschaft ihr euch noch oft und viel werdet finden lassen / sondern sollet alle unständige Niedrigkeit eures Gemühts ablegen / und von gegenwärtigem Leches Bericht einnehmen / wie ihr geliebts Gott / morgen bey Empfahung der Belohnung eurer redlichen Tråue / die wol aus einem recht adelichen und nicht aus einem bäurischen Gemüht entstanden / euch verhalten sollet. Ja mein frommer Wolfgang / setzete das Fråulein hinzu /versichert euch nur daß ich eben dieselbe im diesem Königlichen Pracht gegen euch verbleiben werde / die ich im Mägde-Kittel gewesen bin / ohn daß wir unsere getichtete Ehe aufruffen werden / weil ich eurem gnädigsten Großfürsten und Herrn nunmehr versprochen bin / nach welcher Aufruffung / wie ich wol weiß / euch eben so heftig als mich verlanget hat. Wolfgang begrif sich hierauf in etwas / setzete sich auf die Knie / bedankete sich aller Königlichen Gnade / und baht sehr flehentlich / sie möchten doch seinem groben Unverstande und Bäurischer Einfalt nicht grössere Gnade auflegen / als er ertragen könte / und da ihm ja einige über seine Wirdigkeit begegnen müste / wolte er dem Fräulein in dieser ihrer Königlichen Hocheit seine erste untertähnigste Bitte vortragen / sie möchte gnädigst erhalten / daß ihm zuvor etliche Tage frey gegöñet würden / sich bey dem Hofeleben umzusehen / und von andern zufassen / wie gegen Königen und Fürsten er sich verhalten müste /welches ihm als einem Bauren und Haus Knechte allerdinge unbewust währe. Die ganze Geselschaft legete ihm solches zur guten Vernunft auß / wurden ihm auch drey Tage Auffschub gegönnet / in welcher kurzen Zeit Leches und Neklam ihn dergestalt anführeten / daß er sich adelich gnug zubezeigen wuste / und er nunmehr bey sich befand / daß es besser währe / in solchem Stande zuleben / als eines Bürgers Hausknecht zuseyn. Diese drey Tage über wurden die 8 Reuter und der gefangene Reichard mit essen und trinken wol gehalten / wiewol dieser ihm keine andere Rechnung machete / als daß er eines grausamen Todes würde sterben müssen. Sonsten bestimmete Konig Henrich noch diesen Abend / daß nach sechs Tagen Fürst Arbianes und der Fräulein Beylager solte gehalte werden / gegen welche Zeit sie der Römischen Herren Ankunfft erwarteten. Wolffganges und der Reuter Begnadigung ward des angesezten Tages vorgenommen / da König Henrich den ersten anfangs in den hohen Teutschen Adel auffnam ihm Schild / Helm und Wapen gab / nehmlich ein Hündichen / welches ein Lamb bewahrete und oben auff dem Helm eine Fahne / in welcher ein grüner Lorbeerbaum stund /mit diesen Worte: Der Träue Belohnung; und nahm das Fräulein ihn alsbald zu ihrem Hofmeister an / da ihm drey Reitpferde / eine Gutsche mit vier Pferden /zween reitende Knechte / so viel Gutscher und zween Leibdiener gehalten wurden / so daß etliche des Adels ihm solches mißgönneten / und davor hielten / die Vergeltung währe vor einen Bauren schier zu groß. Valiska wolte ihm alsbald Neklams Schwester / eine züchtige schöne Jungfer von 18 Jahren / freyen / und die Braut mit 12000 Kronen aussteuren; welche Heyraht ihm zwar sehr angenehm war / jedoch emsig anhielt / daß biß auff seines alten Vettern Wittho Ankunfft das Beylager und die Trauung gnädigst möchte verschoben werden / welches das Fräulein selbst vor gut ansahe / und alsbald Anstalt machete / daß eine Begleitung von 30 Reutern mit einer ledigen Gutsche nach Frießland gehen / und den alten Wittho nebest seinem ungerahtenen Sohn Gerd nach Prag hohlen solten / auch ihm dabey anzeigen / wann er sonst noch andere seine Verwante gerne wolte befodert haben /ihm frey stunde / solche mit überzubringen; König Baldrich ließ zugleich einen Befehl an die Landstände abgehen / daß alle Inwohner des Dorffes / woselbst das Fräulein bey Wittho gelegen / solten vorgefodert /und der Rohtbart wegen seiner begangenen sehr vermuhtlichen Mordtahten scharff befraget / auch nach Befindung samt allen Mitschuldigen / andern zum abscheuhlichen Beyspiel mit dem Rade gestossen /und darauff gelegt werden. Die 8 Reuter / deren noch keiner über 21 Jahr alt wahr / hatten diesen Morgen schon neue Kleider mit Golde stark verbremet bekommen / in welchen sie nebst Wolffgang erscheinen musten / da Arbianes sie also anredete: Ihr redliche Reuter und liebe geträue; es ist der Tag eures Gluckes erschienen / da ihr erfahren / sehen und geniessen müsset / was ehrliche und geträue Dienste vor Belohnung zugewarten haben. Ihr habt das Durchleuchtigste Königliche Fråulein / meine Vertrauete / aus ihrer Dienstbarkeit geführet sie auff dem Wege begleitet /Unheil nach Vermögen von ihr abgewand / uñ euch nichts von ihrem Schutze abschrecken lassen; des sol euch / ihrem Fürstilchem Verspreche nach begegnen /was ihr begehret; und damit ihr sehen möget / was vor angenehme Dienste ihr mir hiedurch geleistet habet /als wird der ädle Wolffgang von Friesentahl (dieser Zunahme ward ihm von dem Fräulein gegeben) euch eine Tonne Schaz zum ersten Gnadenpfennige baar austeilen / jedem drey Reitpferde / zween Reitknechte und einen Leibdiener zustellen / und mit monatlichem Solde versehen; geliebet euch nun meiner gnådige Anerbietung zugebrauchen / sollet ihr von mir anfangs vor meine HofJunkern bestellet / und alsbald in den Adelstand auffgenommen werden; wo nicht / wird man euch noch so viel Baarschaft nebst andern Verehrungen zustellen / und euch nach belieben zihen lassen / wohin ihr begehret. Diese bedanketen sich aller angebohtenen Gnade mit einem Fußfalle / und erkläreten sich einhellig / in ihrer Großfürstl. Durchleuchtigkeit Diensten zuleben und sterben / wiewol der angebohtenen Hofbestallung und des Adelstandes sie sich allerdinge unwerd schätzeten. Es geschahe dieses alles im fördersten SchloßPlatze / da die Henkers-Buben mit dem gefangenen Reichard in einem Winkel stehen / und dieser solches alles ansehen und anhören muste. Nach der Hochfurstlichen Geselschafft Abtrit ward daselbst ein Gericht gehäget über den armen Sünder Reichard / da Wolffgang und die 8 Reuter nahe dabey stehen / Leches aber auff dem Richterstuel ihm diese Urtel vorhalten muste: Er wurde ohn einiges leugnen gestehen / was gestalt er sich durch seine verteufelte fast unerhörte Boßheit und wahnsinnigen übermuht hätte lassen verleiten /einem Hochfurstlichen Fräulein (welches ihm nicht unbewust gewesen) nach Ehr und Keuscheit zustreben; wodurch er dann verdienet / daß er andern seines gleichen Buben zur Warnung und Beyspiel abgestraffet würde / und zwar auff diese weise: Daß sein schandsüchtiger Leib an allen seinen Gliedern solte mit einem Rade durch des Henkers Hand zustossen /und hernach den Raben zur Speise darauff gelegt werden; worzu er sich nach Verlauff drey Stunden solte gefasset halten / weil er aus blossem vorsezlichen und muhtwilligen Frevel ein solches lieber hätte verdienen / als der hochversprochenen Fürstlichen Vergeltung abwarten wolle. Er erblassete anfangs in etwas uber der harten Straffe / jedoch verging ihm solches gar bald / stellete sich standhafftig und unerschrocken /und gab diese Antwort: Ja Herr Richter / ich erkenne und bekenne / daß durch meine vorsezliche Boßheit ich diese Straffe wol verdienet habe / und aller Begnadigung unwirdig bin / die mir sonsten / wann ich meine unbilliche Begierden hätte bendigen wollen /mit grösser masse als meinen Reutern wurde zugewendet worden seyn; wil demnach die Volstreckung eurer Urtel mit möglichster Standhafftigkeit über mich nehmen / und vor die Bosheit leiden / weil ich durch Tugend mich nicht habe wollen verdienet machen; nur allein bitte ich untertähnigst / dz das Königliche Fräulein mir nach meinem Tode vergeben wolle; und daß meinen lieben Eltern und Anverwanten diese meine schändliche Hinrichtung nicht möge kund gemacht werden. Wolfgang / wie ihm befohlen wahr /fragete ihn / ob er dann nicht umb Gnade anhalten wolte; es könte geschehen / daß seine demühtige Bitte das Königliche Fräulein und die ganze Königliche Geselschafft bewägen möchte / ihm auffs wenigste einen gelinderen Tod auffzulegen / erboht sich auch /ihm hierin gerne zudienen / weil er ihm schon von Herzen die ihm angelegte Verwundung vergeben hätte. Worauff er antwortete: Euer Herz / mein Freund / muß gewißlich eine Wohnung vieler herlichen Tugenden seyn; und wolte Gott / daß in meiner Kindheit ich durch Verzärtelung nicht zum Muhtwillen veranlasset währe / hätte ich auch etwas gutes verrichten können / welche Reue aber nunmehr zuspäte ist. Ich gedachte / ihr hättet euch hieher gestellet / umb an meiner Verurteilung und Hinrichtung euer Herz und Augen zubelustigen / und muß nun hören / daß solches aus Erbarmung geschehen ist / ja ihr noch vor mich bitten wollet / welches ich umb euch gar nicht verdienet habe. Die Götter verleihen euch davor alle Glükseligkeit / die einem Menschen zufallen kan; Ich bedanke mich von Herzen / nicht allein vor diese Gewogenheit / sondern daß durch eure Vorsorge ihr das übel verhütet / welches ich zubegehen willens wahr. Jedoch / wollet ihr auch noch solcher gestalt eure Tugend scheinen lassen / und euch bemühen / bey dem Königlichen Fräulein zuerhalten / daß mein Leib in die Erde verscharret werde / wil ich den Tod / auff was weise er mir zugesprochen ist / gerne und frölich ausstehen / und die Götter bitten / daß sie euch solche Guttaht unvergolten nicht lassen. Als die Königliche Geselschaft diese Erklärung vernam / sagte Herkules: Der Mensch ist der Gnade wert / und wird ohn zweifel zum feinen Manne gedeien; doch weil ich weiß /daß meine Frl. Schwester ihn vor Augen nicht leiden kan / ist mein Bedenken / daß man ihm seine angewante Kosten nebest einer Verehrung / die doch in unserm Nahmen nicht geschehen muß / zuwende. Und als sie alle einwilligten / auch das Fräulein selbst auff Arbianes einreden sich sein erbarmete / in Betrachtung des guten / das er gleichwol bey ihr getahn hatte / wolte Herkules sein Gemüht noch etwas besser prüfen / und begehrete / daß ein gar ungestaltes Mensch in ihrem Sudelkleide (dann sie wahr in der Gesindes-Küche Schüsselwäscherin) nach dem Gerichte gehen und / noch ehe Wolffgang die Gnade brachte / dem Richter Leches vortragen muste / sie hätte bey Königin Valiska gleich jetzo bitlich erhalten / daß man ihr diesen verurteileten jungen Mann allergnädigst zum Ehegatten geben / und ihm Leben und Freyheit schenken möchte / da sie bereit währe / mit ihm in das Elende sich hinschicken zulassen / und sie sich mit einander wol ernähren wolten. Leches enderte darauff die Urtel alsbald / und schenkete ihm unter dieser Bedingung das Leben. Er aber trat hin zu der heßlichen Dirne / und nachdem er sie wol beschauet hatte / ließ er einen tieffen Seuffzen aus dem innersten seines Herzen gehen / und sagte zu ihr: Gutes Mensch / was hastu von mir je gutes empfangen / daß du dich mein so träulich annehmen / und mich vom Tode erlösen wilt? Zohe hierauff 6 Kronen heraus / sprechend: Dieses hatte ich dem Nachrichter zur Verehrung ganz zugedacht / wil es aber teilen / und euch die Helffte schenken / mit Bitte / solches vor euren guten Willen vor lieb zunehmen; reichete ihr solches dar / und fing zu dem Richter also an: Ob zwar kein Ding in der ganzen Welt einem Menschen angenehmer seyn kan /als das Leben / und mannicher / dasselbe zuerretten wol eine Verheissung tuhn würde / die er zu halten nicht gemeinet währe; so ist doch nunmehr / Gott Lob / mein unbewäglicher Sinn und Vorsaz / entweder ehrlich und redlich zu leben und handeln / oder bald zu sterben; und weil ich sehe und merke / daß zu diesem guten frommen Mädchen ich ein solches Herz nicht tragen kan / daß ich ihr geträu bliebe / wil ich immerhin sterben / damit ich nicht veranlasset werde /auffs neue zu sündigen. Wie so? fing die Dirne an; warumb woltet ihr nicht lieber euch mit mir verehlichen / als unter des Büttels Hand einen so abscheulichen Tod leiden? ich bin ja / ohn ruhm zu melden /noch Mensch gnug / und ärgert euch nicht an diesem meinen schmutzigen Kittel / mit welchem ich aus der Küche von meiner arbeit hergelauffen bin / ich habe noch andere säuberliche Kleider / meinem Stande gemäß / und über die hundert Gulden durch meine saure arbeit verdienet / die wil ich euch geben / uñ werde ich in meinen Feirkleidern euch schon besser gefallen. Ach mein gutes Mädchen / antwortete er /seid gebehten / und bekümmert euch ferner nicht umb meinen Tod / welchen ich wol verschuldet habe; danket auch dem Himel / daß ich nicht ein solcher bin /der aus begierde des Lebens / euch zu äffen bedacht währe / und euch hernach im elende wolte sitzen lassen; die Götter werden euch schon denselben zum Manne bescheren / den sie euch ausersehen haben. Wolfgang kam gleich darzu / umb zuvernehmen wessen er sich erkläret hätte; da die Dirne Reicharte diese Antwort gab. Mein Liebster / wisset ihr dann nicht /daß man euch mit dem Rade alle eure Knochen entzwey stossen sol! O wie werdet ihr es bereuen / daß ihr diese meine Liebe ausgeschlagen habet / wann euch nun der erste Stoß gegeben wird / und gedenket nur nicht / daß ich euch alsdañ loß bitten werde. Ihr sollet / gute Freundin aller dieser Ansprache von mir wol enthoben seyn / sagte Reichard / die Götter nehmen euch in ihren Schuz. Kehrete sich nach Wolfgang / und sagete: Mein Freund / habt ihr mir die Gnade der beerdigung erhalten? Ja / sagte er / dieselbe ist euch ganz richtig erteilet / aber ihr werdet vernommen haben / daß diese gute Dirne euch viel eine grössere /nehmlich / Leben und Freiheit erbehten hat. Nein /mein Wolfgang sagte er / ich wil nun gerne sterben /damit ich nicht an diesem frommen Mädchen zum Schelme werde. Da hätte man nun diese Dirne hören sollen / wie sie mit schelten und schmähen auff ihn ansetzete; Je du Galgenschwengel / du Henkermässiger Bube / sagte sie / bist nicht wert / daß ein ehrlich Mädchen sich dein erbarme / oder einigen willen zu dir trage; pfui mich an / daß ich durch deine äusserliche gestalt mich habe bewägen lassen / dich loß zu bitten / ich werde doch nun und nimmermehr keinen Mann bekomen können / dann jederman wird mirs vorhalten / ein zum Radebrechen verurteileter armer Sünder / habe lieber also hingerichtet seyn wollen /als mich zur Frauen nehmen; fing auch ein solches gehäule an / daß die Zuseher dessen gnug lacheten / und also ging sie nach dem innersten Platze / woselbst die Königliche Geselschaft auff einem Lustgange bey einander sassen. Valiska wahr dieser Magd zimlich gewogen / massen sie wol 16 Jahr in der Küchen gedienet / und ihr Winterzimer hatte pflegen einzuheitzen /daß sie nunmehr von 36 Jahren wahr; als sie nun dieselbe also heulen sahe / fragete sie / was ihr begegnet währe. O Gn. Königin / der Schelm uñ Dieb wil mich nicht haben / antwortete sie / sondern viel lieber sterben. Valiska lachete dessen / und sagete: Gib dich zu frieden du solt noch wol einen bessern Mann bekommen / so viel Brautschaz habe ich dir zugedacht; worauff sie sich dañ endlich stillen ließ. Die Furstliche Geselschaft kunte sich über Reichards erklärung nicht gnug verwundern / insonderheit / als Leches kam /und ihnen seine Worte vortrug. Gewißlich / sagete König Henrich / dieser Bube dürfte noch so gut werden / als schlim er bißher gewesen ist / daher lasse man ihn lauffen / und daß nach zweijähriger frist er sich / mit aufflegung eines schriftlichen Zeugnis seines verhaltens / bey mir anmelde / alsdann sol er von mir einer Gnade gewärtig seyn. Herkules rieff Leches zu sich / und legete ihn in den Mund / was er anfangs mit Wolfgang / hernach zu Reichard reden solte; welcher sich wieder auff den Richterstuel setzend also anfing: Reichard / deine anfangs erwiesene Dienste /samt der jetzigen Reue / die du über deine begangene Bosheit trägest / haben die versamleten Großmächtigsten Könige zu dieser hohen Gnade bewogen / daß die Straffe / welche deiner eigenen Bekäntnis nach / du wol verdienet / sol gemiltert werden / wie ich hernach anzeigen wil. Damit aber dein frommer Vater / wegen der Königlichen Fräulein nicht umb das seine komme / wil ich wissen / wie grosse Kosten du zu deren Erlösung angewendet habest. Dieser gedachte noch nicht /daß er mit dem Leben davon kommen wurde / und antwortete: Mein Herr / wie ergetzet es meine Seele /daß noch vor meinem betrubten Ende ich vernehmen sol / daß man meinem lieben Vater das ausgelegete wieder zustelle wil; dasselbe nun beläuft sich alles in allem auf 2000 Kronen / und etwas weniger; könte aber ich elender Mensch so bitselig seyn / daß solche Gelder / weil es ohndas mein väterliches Erbe ist /dem frommen Mädchen / so mich loßbitten wollen /gegeben / und ich dagegen mit dem Schwerte begnadet würde / zweifele ich nicht / die Götter würden alles beydes mit reicher vergeltung erstatten; doch solte mein Herr Richter davor halten / daß durch dieses ansuchen ich das Königliche Fräulein zum Wiederwillen reizen würde / wolle er dessen nur nicht gedenken. Es fält mir aber gleich ein / daß die Gutsche mit den Pferden in die jeztgemeldete Rechnung nicht gehören. Leches trug grosses mitleiden mit diesem Menschen / ging abermahl mit Wolfgang zu der Königlichen Geselschaft / und zeigete dieser dem Fräulein an / ihm währe bewust / daß Reichard in seiner Landstad eines ehrlichen Mannes Tochter durch heimlichen Nohtzwang entehret / und sie durch vorstellung ihrer Schande / wann sie es ruchtbar machen würde geschweiget hätte; hielte davor / wann man ihm geböhte / dieselbe zu heyrahten / würde er solches gehorsamlich leisten. Kennet ihr das gute Mensch? fragete das Fräulein. Ja / sagte er / ich habe in ihres Vaters Hause etliche Tage Holz gehacket / und sie gesehen / daß allenthalben da sie ging / ihr die Augen vol Trähnen stunden / und mannichen elenden Seufzer von sich ließ. Das Fräulein sagete; tuht alles / wessen ihr schon befehlichet seid / und gebet ihm darzu noch 1000 Kronen / welche er der redlichen Dirnen meinetwegen schenken sol / unter dem einwenden / daß ich ihr gewogen sey / weil ihr mir ihre frömmigkeit gerühmet habet. Also ging Wolfgang hin zu Reichard /der mit seinen acht Reutern ein Gespräch hielt / und sie vermahnete / daß sie sich an ihm spiegeln / und durch kein ding in der Welt sich zur Unträu oder andern Untugenden solten verfuhren lassen; welches sie von ihm nicht ohn grosses mitleiden anhöreten / weil sie sich erinnerten / daß er dannoch alles ihres Glüks die erste warhafte Ursach währe. Wolfgang störete dieses Gespräch / da er ihn also anredete: Sehet da Reichard / die grosse Königin / Fr. Valiska / welche dem Königlichen Fräulein insonderheit ergeben / und dañoch mit eurem Unfal / darin euch gutenteils eure unbedachtsamkeit gestürtzet / grosses mitleiden träget / hat mir die 3000 Kronen zugestellet / welche eurem Vater ihretwegen sollen übergebracht werden; und nun höret die begnadigung und erfreuet euch derselben; euer schlimmes verbrechen sol euch vergeben seyn / Leben / Freiheit / und ehrlicher Nahme wird euch geschenket / wiewol mit dieser bedingung / daß wo man erfahren würde / daß ihr von neuen wieder Ehrbarkeit handeltet / werdet ihr in die ausgesprochene Urtel und Straffe verfallen seyn; könnet ihr aber nach verlauff zwey Jahren dem Großmächtigsten Könige / Herrn Henrich ein schriftliches Zeugnis aufflegen / daß ihr ehrlich gelebet und der Tugend nachgestrebet / sollet bey seiner Königl. Hocheit ihr euch angeben / und einer Gnade gewärtig seyn: aber vor dißmahl sollet ihr bey Sonnenschein / dieses / und aller gegenwärtigen Könige und Fursten ihre Länder räumen / und euch nach eurem Vaterlande erheben / dieses zu leisten / was mein gnädigstes Fräulein euch hiemit aufflegt; nehmlich / sie hat Zeit ihrer Magdschaft ohngefehr vernommen / daß ihr eines ehrlichen Mannes frommes Kind sollet schändlich hintergangen und betrogen haben / die sollet und müsset ihr durchaus ehelichen / oder aller schon versprochenen Gnade verlustig seyn. Was saget ihr darzu? Ja mein Freund /antwortete er / ich gestehe und beräue diese meine Missetaht / und wil von ganzer Seelen dieses Verbrechen durch folgende Heyraht gerne wieder gut machen / nur bitte ich untertähnigst / daß vor dem Beylager mir möge vergünstiget seyn / mich ein Jahrlang in fremden Ländern zuversuchen / ob durch eine rühmliche Taht ich meine grosse Schande in etwas abwischen könte. Ich hoffe euch solches noch wol loßzumachen / sagete Wolfgang / aber es mus mit einwilligung euer Braut geschehen. Weiters hat der Medische Groß-Fürst / Herr Arbianes / der Königl. Fräulein versprochener Bräutigam / mir noch 3000 Kronen zugestellet / welche ihr in seiner Durchl. Nahmen /eurem Vater sollet einhändigen / als zur Danksagung vor eure ausrüstung. Hieruber werde ich euch noch 1000 Kronen wegen meiner Gn. Fräulein einreichen /welche ihr euer Braut ihretwegen mit übernehmen sollet / bloß darumb / daß deren grosse frömmigkeit ihrer Gn. ist gerühmet worden / worzu ich noch 200 Kronen vor mein Häupt legen wil / darumb daß sie bey meiner Arbeit mir etliche mahl einen guten Labetrunk hat zukomen lassen. Zwar euer verbrechen hindert / daß euch selbst kein Fürstliches Geschenk mag gegebe werden; jedoch habe ich durch einen Fußfal erhalten / daß mir und diesen meinen acht Gesellen frey stehet / euch unserer gewogenheit nach / eine mögliche Verehrung zu tuhn / da wir dann euch 9000 Kronen von unsern empfangene Gnaden-geldern schenken / uñ uns zu aller möglichen Freundschaft verbinde wollen. Er hatte dieses kaum ausgeredet da schickete Leches ihm 3000 Kronen / welche er Reicharden seinetwegen zustellen solte / nebest der Vermahnung dz er hinfüro alle untugend aus seinem Herzen verbañete / und der Erbarkeit nachsetzete / alsdañ würde er nicht allein völlige vergebung / sondern noch wol ansehnliche Befoderung bey König Herkules haben können / dessen Hocheit ihm ohndz nit ungewogen währe. Die acht Reuter redete ihm auch freundlich zu / und lieferten ihm 12000 Krone / welche er ihren arme uñ dürftigen Eltern mit übernehme möchte / als welche alle in der nähe bey seiner Heimat / etliche auch gar in seiner Landstad wohnete. Reichard ensetzete sich vor so grossen Geschenke / welcher nunmehr die Boßheit in seine Herzen verschworen hatte / leistete einen demühtigen Fußfal in seinen Ketten / erkennete / daß er der erteileten Königlichen Gnade allerdinge unwirdig währe / wolte aber Zeit seines lebens nicht auffhören daran zugedenken / und entweder ritterlich sterben / oder einen bessern Nahmen als bißher / erwerben; dankete nachgehends Wolffgangen sehr uñ seinen gewesenen Reutern / und gab ihnen zuverstehen / wie er gesinnet währe / sich mit 50 Pferden auszurüsten / so bald er wurde zu Hause angelanget seyn / und nach Ehren zustreben /weil er seine Gelder nicht wüste besser anzulegen. Seinen Gutscher / der wegen dieser Begnadigung sich höchlich erfreuete / foderte das Fräulein durch Wolffgangen vor sich / rühmete / daß er wol gefahren hätte / und schenkete ihm 1000 Kronen / da sie ihm frey stellete / ob er bey ihr bleiben / und ihr LeibGutscher seyn / oder lieber zu seinem vorigen Herrn zihen wolte. Er gab zur Antwort: Er könte zwar sein Lebelang keinen bessern Herrn bekommen / weil er aber sich mit einem frommen redlichen Mädchen in Reichards LandStad verlobet hätte / wolte er derselben gerne sein Wort halten / wann er nur zu seinem vorigen Herrn / umb daß er dessen Gutsche und Pferde ohn sein wissen mitgenommen / wieder kommen dürffte. Welche Erklärung Arbianes so wol gefiel / dz er ihm noch 1000 Kronen verehrete / und daß er Pferde und Gutschen wieder dahin bringen solte. Reichard wolte mit dem Gutscher alsbald aufbrechen / uñ davon scheiden / aber ihm ward gebohten / diese Nacht auff dem nähesten Dorffe zubleiben dahin das Fräulein ihm etliche Sache / an Fr. Mechtild Kinder mit überzunehmen / zuschicken wolte. Hiebey erinnerte er sich / man möchte daheim / wegen der Fräulein gewaltsamen Entführung auff ihm einen Argwohn geworffen haben / worüber er in Lebensgefahr gerahten dürffte / welches er Wolffgang zuverstehen gab /und darauff von König Herkules an den Stathalter zu Kölln eine Vorschrifft bekam. Das Fräulein legte alle heimlich und öffentlich entwendete Geschmeide zusamen / es Jungfer Adelheit wieder zuzustellen / legte dabey 4000 Kronen vor dieselbe / 3000 Kronen / vor deren mittelste Schwester Adelwald / und gleich so viel vor die jüngste Adelgund; wie auch vor einer jeden ein schön Kleinot und drey Ringe hohes Werts /und dabey diesen Brief:
Sonders liebe Freundin / Jungfer Alheid / eurer unbarmherzigen Mutter ehmahlige armselige Magd und Nähterin Armgart / sonsten vor dem / und Gott lob nunmehr wieder / gebohrnes Königliches Fräulein aus Teutschland / Frl Klara / bedancket sich nochmahls alles geleisteten guten Willen / sendet ihr alle heimlich und offentlich entwendete Geschmeide unversehret wieder / nebest 10000. Kronen / und etliche Kleinot Gnaden-Gelder / ihr und ihren beyden Schwestern nehest begrüssung /und stellet ihnen allen dreyen frey / zu ihr nach Prag zukommen / und ihrer Königlichen Hochzeit / welche sie mit dem Durchl. Großfürsten Herr Arbianes aus Meden schier zu halten entschlossen ist / beyzuwohnen / da ihnen alle Gnade und milde Königliche Woltaht wiederfahren sol. Zwar es währe mir gar ein leichtes / mich noch weiters an eurer grausamen Mutter / und ehebrecherischen Vater gebührlich zu rächen / aber aus lauter Gnade sol ihnen verziehen seyn / wiewol ich nicht ungerne gesehen hätte / daß euer Vater den Prügel wegen seines huhrischen Herzens / gleich eurer Mutter kosten mögen / damit eins dem andern nichts vorwerffen dürffte / doch weil mir der Zorn nunmehr vergangen / mag er so hinlauffen / und sich bessern. Gehabt euch wol und besucht mich kühnlich nach eurem belieben; insonderheit grüsset mir die kleine Adelgund / als welche durch ihre Gegenwart eures schlimmen Vaters unkeusches Vorhaben (welches / da ers vollendet hätte / ihm und allen den seinen den Halß würde verlustig gemacht haben) guten teils abgewendet und verhindert hat. Ich bin und verbleibe eure und eurer beyden Schwestern gute Freundin Klara / Königliches Fräulein aus Teutschland / versprochene Großfürstin in Meden.