19
Du hast mich wieder frey gemacht /
Mir Leben / Heil und Wollust bracht /
Und aus der Helle mich gerissen;
Du JEsus bist mein Löse Geld /
Auff daß ich auch des Himmels Zelt
Und deiner Freude mag geniessen.
20
So laß doch diesen schlechten Schall /
Gott hochgelobet überall /
Biß hin zu deinen Ohren gehen /
Und daß ich mit der frommen Schaar /
Nach dieser Trübsal und Gefahr
Mag deiner Gnaden-Antliz sehen.
Ladisla hörete den Worten / die übrigen nur der Weise zu / und weil ers in Teutscher Sprache sang /meyneten sie / es würde seinem Fräulein zu Ehren angestimmet seyn / daß auch die GroßFürstin sagete: Durchl. Fürst / ob gleich mein Wunsch keinen Nachdruk hat / daß eurer Liebe vertrautes Fräulein möchte gegenwärtig seyn / gelebe ich doch der Zuversicht /sie werden einander bald sehen und sprechen. Das verleihe uns Gott / antwortete er / und derselbe gebe /daß ich sie ihrer höchstbetrüdten Fr. Mutter bald zuführen möge. Es ging noch mannicherley Gespräch unter ihnen vor / da die GroßFürstin unterschiedliche Fragen an unsere Helden / sie zuerlustigen / abgehen ließ; Wie lange es währe / daß das Herrlein Herkules die jungen Wölffe aus dem Neste gehohlet / und seinen Ladisla nicht mitnehmen wollen? Wie lange es währe / daß Ladisla sich von seiner Fr. Mutter hätte krank nach Teutschland führen lassen / umb / seinen Herkules zusehen? Was Herkules gedacht / da sein Ladisla ihm seine Eltern in ihrem Schlosse mit seinen eigenen Untertahnen belagert? Ob Herkules mehr Kühnheit in seinem Herzen empfunden / da er nacket mit dem grimmigen Pannonier gestritten; oder mehr Schahm / da ihm sein Fräulein das Blut vom Leibe helffen abwaschen / und was der Fragen mehr wahren / deren sich die unsern nicht gnug verwundern kunten / und doch leicht gedachten / das Fräulein müste ihren ganze Lebenslauff erzählet haben. Der gleichen Unterredungen trieben sie / biß der späte Abend sie nach Bette führete / da Herkules bey seinem Ladisla auff einem Lager schlief. Als sie des Morgens erwacheten / begehrete Ladisla zuwissen / wie dañ sein JEsus ihn in Griechenland vom Tode errettet håtte. Herkules gedachte / jezt währe es Zeit / ihn nach mögligkeit zubewägen; erzählete ihm / was vor ein Gesichte er gehabt / ehe ihn Klodius angetroffen hätte. Was? fiel ihm Ladisla in die Rede / ist dann Klodius bey dir gewesen? Ja freilich / antwortete er / aber er hat neben Markus mir äidlich verheissen müssen / es keinem Menschen zuoffenbahren / daher du ihne solches nicht verargen wirst. Und also wirstu nun erkennen / fuhr er fort /daß mein Gott und Heyland mich zu deiner Rettung in Griechenland auffgehalten / dem ich auch dazumahl angelobet / allen möglichen Fleiß anzuwenden / daß du zum Christentuhm gebracht werdest. Nun mein Bruder / so erkenne doch Gottes Güte; ja erkenne dich selber auch / und laß dich des bösen Feindes Stricke weiter nicht binden. Ach gläube mir / wann ich meines Glaubens nicht so gewiß währe / wolte ich dieses so eiferig nicht bey dir treiben; so suche ich ja auch nicht meinen Vortel / sondern bloß allein deine Wolfahrt / deren du dich bey der höchsten Warheit / und so gewiß Gott lebet / berauben wirst / wo du nicht wirst meinen Heyland annehmen / und ihn vor deinen Erlöser halten. Hierauff fing Herkules dieses Gebet an zu Gott / und sagete: Du barmherziger Herr / du Vater meines lieben HErrn JEsus Christ; ach ach! erbarme dich über diesen meinen Freund / geuß ihm den Heiligen Geist ins Herz / welcher den halstarrigen Unglauben hinweg nehmen / und ihn zu dir zihen möge / damit er des teuren verdienstes unsers Heylandes fähig werden /und ewig geniessen möge. Zeit dieses Gebehts drungen ihm mehr Trähnen aus den Augen / als Worte aus dem Munde; welches Ladisla nicht ohn bewägung wahr nehmend / zu ihm sagete: Höre auff lieber Bruder / dich über meiner ehemahligen Halsstarrigkeit zubetrüben; dein Gott hat mich so mächtig gerühret /beydes durch deine jezige Vermahnung und gestriges andächtiges Danklied / das mein Herz nit anders begehret / als in deinem Glauben forthin zu leben und zu sterben; hoffe auch / dein lieber HErr JEsus Christ werde mir die Gnaden-tühr nicht versperren / welche er dir geöfnet hat; nur unterrichte mich / was ich nach diesem gläuben / und wie ich mein Leben anstellen müsse; dann deine mir zu Rom getahne Erinnerung hat nicht haften können / weil des wahren Gottes ich mich selbst unwirdig machete. Dank sey dir mein Heyland / sagte Herkules / vor diese deine unaußsprechliche Güte / und befodere diß Werk / welches du angefangen hast / dañ es ist nicht mein / sondern dein Werk; umbfing ihn hernach und sagete: O du mein wahrer und einiger Freund; lobe ja Gott mit mir vor diese gnädige Erleuchtung / und befestige dein Herz / daß du bey der einmahl erkanten Warheit beständig verharrest / und keine Wiederwertigkeit noch Furcht / noch Wollust dich davon abwenden lassest. Fing darauff an / ihm den algemeinen Christlichen Apostolischen Glauben vorzu behten / welchen er mit feuriger Andacht nach sprach / und ihn alsbald außwendig lernete; hernach von ihm selbst das heilige Vater Unser behtete / welches Herkules wunder nam /ihn fragend / wer ihn solches gelehret hätte. Wer sonste / antwortete er / als du selber? massen ichs so oft von dir gehöret / und weil mirs sonderlich wolgefallen / habe ichs sider deinem abwesen / auch noch ehe ich in das Griechische Unglük geriet / täglich gesprochen / unter dieser Hoffnung / der wahre Gott / wer er auch währe / würde es von mir annehmen; muß auch gestehen / daß mirs oft grossen Trost in mein Herz gegossen. Du hast wol getahn / antwortete Herkules / daß du des wahren Gottes hast begehret / zweiffele auch nicht / derselbe habe solches an dir geliebet / und dein Herz algemach zu sich gezogen. Darauff erzählete er ihm / wie er zu Jerusalem in seinem Glauben so treflich gestärket währe / und daselbst die heilige Tauffe empfangen / daß auch der Römische Stathalter daselbst / Herr Pompejus / mit seinem Gemahl und Frl. Tochter das Christentuhm angenommen; auch was sonsten sich daselbst begeben hätte. Hernach stunden sie von ihrem Lager frölich auff / und legeten ihre Kleider an / die von ädlen Steinen schimmerten. Weil dann Leches ihnen andeutete / daß der GroßFürst mit den seinen schon im Gastsaal währe / gingen sie zu ihnen hinein / und wurden freundlich empfangen /auch zur Morgen Suppe geführet / weil man dem Stechen etwas zeitiger den Anfang geben wolte. Ladisla foderte seine sechs Ritter in gegenwart aller vor sich /sagete ihnen Dank wegen ihres ritterlichen Beystandes / und schenkete jedem einen Ring von 200 Kronen. Weil auch unsere beyde Helden heut nicht stechen wolten / erkläreten sich Pharnabazus und Leches deßgleichen. Der GroßFürst ließ etliche Gutschen anspannen / und als er vernam / daß die unseren zu Pferde hinaus wolten / muste man vor ihn und Arbianes auch satteln. Nun hatte Herkules des vorigen Abends vernomen / wie artig Herkuliskus das unbendige Pferd beritten / und bekam grosse Lust / es zu prüfen / insonderheit / als er hörete / daß sider ihrem abwesen es vorige Wildheit wieder angenommen hätte. Weil ihm dann solches gerne gegönnet wahr / ging er selber in den Marstal / redete dem Pferde freundlich zu / und stellete sich neben dasselbe; da stund es so stille wie ein Lamb / ließ sich auch von ihm das Gediß antuhn /und den Sattel aufflegen. Arbianes sahe es mit verwunderung an / lieff geschwinde hin / und taht es der Geselschafft zu wissen / welche hervor traten / und ihm zusahen / wie er den ädlen Blänken am Zügel aus dem Stalle leitete / der sich zwar überaus muhtig /aber so gehorsam bezeigete / als hätte er seinen Sinn eigentlich gewust. Herkules schwang sich leichtfertig hinauff / und tummelte ihn so artig / daß Phraortes über laut sagete; es müste ohnzweiffel der Teutsche Fürsten Stand allen Adel der Welt übergehen / daß auch die unvernünftigen Tihre es merken könten. Weil er dann aus Herkules Reden spürete / daß ihm das Pferd sehr wol gefiel / sagete er zu ihm; Wann er wissen solte / daß er so ein schlechtes Geschenk nicht außschlagen / und wegen der treflichen Fräulein es vor sein Leibroß gebrauchen wolte / hätte er zu bitten / es davor anzunehmen. Welches Geschenkes er sich höchlich bedankete / ihn versichernd / daß es ihm lieber als so schwer Gold währe. Ladisla kunte seinen Hengst wegen des gestrigen falles nicht reiten / daher er auff Erläubniß einen grossen Lichtschimmel aus des GFürsten Leibrossen wählete / welchen er mit schönem Zeuge / seinen Kleidern Gemäß / außputzen ließ. Im hinaus zihen ritte Ladisla dem GroßFürsten zur Rechten / und Herkules zur Linken. Arbianes aber ward von Pharnabazus und Leches begleitet / worauff zehn Gutschen mit Frauenzimmer folgeten / hinter denen Mazeus und andere Medische Herren ritten. Jederman sahe unsere Helden mit verwunderung an /und kunten nicht aussinnen / was vor grosse Herren /und aus was Landschaft sie seyn möchten / weil es von ihnen sehr heimlich gehalten ward. Doch Urteileten sie ingesamt / es würden die gestrige Best-stecher seyn. Auff der Schaubühne nam der GFürst und sein Gemahl die vorige Stelle ein / und wahren zween Stüele gleicher Höhe und Zierde mit jenen / gesetzet /auff welche sich unsere Helden niderlassen musten /da Herkules auff Ladisla emsiges nöhtigen / den nähesten Siz bey der GroßFürstin nam / weil er Lust hätte bey Fürst Arbianes zu bleiben / und mit dessen Liebe bessere Kundschaft zu machen. Die versamlete Ritterschaft verstund nicht ungerne / dz die fremde Herren nicht mit stechen würden / dann keiner hatte Hoffnung / ihnen anzugewinnen / ohn ein ansehnlicher Herr / in einem ganz vergüldeten Harnische mit schwarzen eingeetzeten Blumen / und sehr prächtig gezieret / der von zwölff herlichen Rittern begleitet ward. Dieser nam Herkules vorigen Plaz ein / und als er unsere Helden auff der Schaubühne sahe / ritte er selb dritte wieder aus den Schranken. Es gab ein sonderliches auffsehen / uñ gedachte der mehrerteil / ihm währe eine Schwacheit zugestossen; Aber Herkules sagete zu Ladisla; irre ich nicht / so ist es eben der gewaltige Ritter / der sich gestern an uns beyden versuchete / und weil er gestern mit niemand / als uns beyden / stechen wolte / wil er sich heute gar enthalten /nachdem er uns nicht findet. Bald fiel ihm ein / dz er ihm noch einen Rit auff heut versprochen hatte / und baht den GFürsten / ihm eine kurze Rede an die Ritterschaft zu erläuben / da er stehend also anfing: Hoch- und wolgebohrne Herren und sämtliche hochlöbliche Ritterschaft; ich erinnere mich gleich jezt einer Zusage / die mir bey meinem Gewissen entfallen wahr / da ich nehmlich dem gestrigen lobwirdigen Ritter auff sein freundliches anhalten heut ein oder etliche Ritte versprochen; nun könte ich mich meines nicht-stellens halbe damit wol entschuldigen / daß ich ihn wegen des lezten Treffens schadhaft gesehen; jedoch / dafern demselben gefällig seyn möchte / vor sich selbst / oder durch einen gevolmächtigten es zu leisten / bitte ich dienstlich / mich meines außbleibens nicht zu verdenken / und seine Anwesenheit mich wissen zu lassen. Niemand wahr zugegen der geantwortet hätte / ob er gleich eine Zeitlang stehen blieb / setzete sich deßwegen nieder / und befahl Gallus / ihm seine Waffen zu hohlen. Ladisla ließ die seinen mit bringen / dañ sie sahen / daß wie zween Ritter den Anfang zum Stechen macheten / einer von der zwölffen Zahl sich heimlich aus den Schranken hinweg stahl / der ohn zweiffel dem entwichene Zeitung bringen wolte. Also legeten sie ihre Waffen an / wie auch Pharnabazus und Leches / und setzeten sich auff die Bahn / woselbst Ladisla des vorigen Tages gehalten hatte. Nicht lange hernach sahen sie einen selb sechse herzu rennen / welche doch / verdacht zu meiden / sich nicht zu den ersten verfügeten; ihr Führer aber schickete bald darauff einen ab an Herkules / der ihn also anredete: Treflicher Mannfester Ritter / nähest anmeldung seiner Dienste und Grusses lässet euch der gestrige Ritter / dem die Gurt zubrach / freundlich anzeigen / es sey ihm vorerst eine hohe Freude gewest / dz er in erfahrung gebracht / wie ihr nur der Durchl. GroßFürstin zu ehren und Dienste gestriges Tages das Amazonische Kleid angeleget / entschuldiget sich seines aussenbleibens / wegen des verrenkete Schenkels / und erbeut sich zu allen möglichen Freundschaft-diensten; damit aber eure vortreffligkeit alhier sein nicht vergeblich warten möchte / hat sein Geselle sich an seinen Plaz gesetzet / welcher dann umb den versprochenen Rit freundlich ansuchet / und hingegen sich äusserst verbindet. Mein Herr / antwortete er / die trefliche Mannheit eures Herrn oder Freundes zu rühmen /habe ich satte Ursach; bedanke mich des Grusses und erbietens dienstlich / mit Wunsch / dereins demselben dienen zu können / und seiner hochwerten Kundschaft zu geniessen. Dem Ansuchen seines wirdigen Gesellen gebe ich billich stat / und bin zu aller Wilfahrung bereit. Als der Ritter diese Antwort vernam / wunderte ihn nicht weniger seiner Freundligkeit als stärke /und schickete sich auff das instehende Treffen. Herkules übersahe auch nichts / ohn daß er zweiffele / ob sein Blänke sich in den Handel schicken würde / welcher anfing mit den Füssen zukratzen und zu wrinschen / auch sich forne zuerheben / daß die anwesende es mit Lust ansahen. So bald Herkules einlegete / flohe es wie ein Pfeil von der Sehne / die Bahn hin /und ward sein Gegener dergestalt getroffen / daß ihm das Gesichte verging / und an seines Pferdes Mähne sich halten muste. Die Speer gingen beyderseits zutrümmern / und welches das ärgeste wahr / sprang der Blänke dem andern Pferde auff den Hals / und risse es mit den Zähnen zu bodem / daß es mit samt seinem Reuter dahin fiel; worüber Ladisla sich hoch erfreuete; aber Herkules wahr mit dieser Wuht nicht zufrieden / weil es ein Schimpf-Spiel seyn solte / kunte doch das Pferd weder mit Gewalt noch Kunst abhalten / sondern muste ihm sein rasen gönnen / da nach begangener Taht es sich umsahe / ob noch einer oder ander verhanden währe / der sich an ihm reiben wolte. Der gefellete Ritter wahr des gedoppelte Schimpffs zornig / ob er gleich keinen Schaden nam / welches Herkules merkend / abstieg / zu ihm trat / und mit offenem Helme ihn also anredete: Trefflicher Ritter /meines Pferdes rasen ist mir sehr leid / weiß auch /daß sichs nicht ziemet / dergleichen auff Schimpf-Spielezuführen. Nun ist aber der Himel mein Zeuge /da ich dessen die allergeringste Wissenschafft nicht gehabt / nachdem ichs heut zuerst gesehen / und von meinem Gn. GroßFürsten mir geschenket ist; bitte demnach dienstlich / mir dieses nicht zuzuschreiben /noch daher einen Widerwillen auff mich zulegen. Der Ritter nam diese Entschuldigung an / und antwortete: Es ist wahr / trefflicher Ritter / daß man solche Pferde auff Schimpff-Streiten nicht gebrauchen sol / werde auch so unhöflich nicht seyn / ihn darumb anzufeinden / weil kein Vorsatz darunter stecket; aber seyd gebehten / und gönnet mir noch einen oder etliche Ritte / da es euch nicht zuwider ist. Er bedankete sich der Verzeihung / und wahr ihm im übrigen gerne zu dienste; kehrete sich auch zu Leches / ihm sein Pferd zuleihen / welcher geschwinde abstieg / und ihn auffsitzen ließ / wolte nachgehends den Blänken beym Zügel fortleiten / der ihm aber dergestalt zusetzete /daß er ihm weichen muste / biß die Stallknechte herzu lieffen / und es aus den Schranken trieben. Inzwischen hatten die Kämpffer sich fertig gemacht / insonderheit der fremde; da sie dann eiferig traffen / und dieser zimlich auff die Weichseite kam / brachte doch den Lauff zum ende / und begehrete des dritten Treffens /in welchem Herkules ohn einiges wanken / ihn dergestalt herunter warff / dz jederman meynete / er hätte das Herz im Leibe zubrochen / lag auch als unempfindlich / und ward von den seinen auf ein Pferd gehoben / und weggeführet / da er vol unmuhts wahr / daß er sich schlimmer als des vorigen Tages gehalten hatte / machete sich auch mit seiner Gesellschaft davon daß niemand erfahren kunte / wer er wahr / und wohin er sich begab. Herkules wolte auch nicht länger in den Schranken halten / und sagete zu Ladisla: Damit gleichwol dieser Ritter sehe / daß wir unsere Waaren auch nicht den Bauern feilbieten / deucht mich das beste seyn / wir lassen den andern Raum /ihre übung fortzusetzen; Als sie aber im Abzuge begriffen wahren / machete sich ein unansehnlicher doch festgesezter Ritter hervor / und sagte zu Ladisla: Mein Herr / ich zweifele nicht / ihm geschehe ein sonderlicher Dienst / da ihm gelegenheit gegeben wird / ein Speer zubrechen / auff welchen fall ich mich darbiete / wo ich dessen wirdig bin. Es hatte dieser schon desselben Tages fünff ansehnliche Ritter nidergelegt /welches Ladisla nicht unbewust wahr / daher er ihm zur Antwort gab: Seine schon erwiesene Mannheit hätte ihm wolgefallen / bedankete sich des erbietens /und möchte sich nur alsbald auff die Bahn stelle. Sie traffen beyde gewaltig auff einander / daß die Speere in die Lufft flogen / hielten aber zu beyden teilen redlich aus; foderten andere Speere / und wageten es abermahl / da der Ausfoderer schier den kürzern gezogen hätte / jedoch sich des Falles noch enthielt. Ladisla meynete / es währe ihm schimpflich / daß er den dritten Satz halten solte / in welchem er ihn auch traff / daß er sich mit samt dem Pferde überwog / uñ im Falle den rechten Schenkel zubrach; Noch wolte er sich nicht lassen hinweg führen / sondern ließ sich im nåhesten Zelt verbinde / und kehrete wieder in die Schranken / der Hoffnung / an dem Preise Teil mit zuhaben. Mit Leches trug sich sonst ein werklicher Zauberposse zu. Es ritte ein kleiner Zwerg zu ihm / grüssete ihn mit starker Stimme von seines Herrn wegen /und zeigete an / daß er ihn umb ein Treffen ersuchen liesse. Niemand hatte das Zwerglein gesehen in die Schranken reiten / welchem Leches antwortete: Er währe zu dem ende da / niemand / der dessen begehrete / abzuschlagen. Nun dann / so haltet euch wol /sagte der Zwerg / dann es wird euch nöhtig seyn. Ich wil mein bestes tuhn / gab er zur Antwort / ein mehres kan ich weder versprechen noch leisten. Hier auff gedauchte ihn / es hielte ein erschreklicher Riese gegen ihn / und winkete mit einem Stangenbaums-dicken Speer; daher er zu Ladisla sagete: Gn. Herr / ob gleich dieser Riese mich mit unrittermässigem Gewehr angreiffet / wil ich ihm dannoch begegnen. Ladisla wolte ihn fragen / wo dann dieser Riese währe; aber er rante alsbald fort / zweifelnd / ob er auch mit dem Leben davon kommen würde; da inzwischen ein heftiges Gelächter beydes von den Rittern und Zusehern angefangen ward; dann als Leches vermeynete einen grossen Riesen zutreffen / bekam er ein Gebündlein Stroh an sein Speer / womit er de Lauff vollendete / und annoch nicht anders meynete / er hätte den gräulichen Riesen zur Erde geworffen / der auff ihn einen Fehlstoß getahn. Hingegen sahen alle anwesende / daß nur ein Pferd gegen ihn lieff / auff welchem das Bündlein Stroh lag / welches ein Zäuberer zugerichtet hatte / den anwesenden ein Gelächter zuerwecken. Nach vollführetem Ritte sahe Leches sich umb / hörete das lachen / und ward des Strohs auff seinem Speer innen / sahe aber keinen abgestochenen auff der Bahn liegen / daher er voll Eifer lief / daß er bey seinen Ehren schwuhr: Könte er den Augenverblender erforschen / solte er ihm das Leben lassen. Aber Ladisla redete ihm ein / er hätte nicht ursach zuzürnen; einem jeden redlichen Ritter könte ein gleichmässiges begegnen / tähte demnach am besten / daß er mit lachete; welche Erinnerung doch so bald bey ihm nicht hafften wolte / biß er sich endlich besan /und da sie wieder auff die Schau Bühne gestiegen wahren / dem GroßFürsten seinen Strohwisch mit diesen Worten zun Füssen legete: Gnädigster GroßFürst / ein boshafter Zäuberer hat gemacht / dz mir dieser Wisch als ein ungeheurer grosser Riese erschienen ist / daß ich mich auch des Lebens schon erwogen hatte; weil aber ich etwa mit Fisch Augen gesehen / habe ich das auslachen billich davor zu Lohn davon getragen. Er aber tröstete ihn / und sagete: Es hätte ohn zweifel der betriegliche Zäuberer sein unerschrockenes Herz erkeñet / daß er auch mit einem Riesen zutreffen sich nicht scheuhete / wovor ihm billich der Preiß des Stechens zuerkeñet würde. Das Spiel ward noch zimlich angetrieben / und begaben sich lauter Unglüksfälle / so dz keiner abgestochen ward / der nit Arm oder Bein zubrochen hätte; ja es begunte ein solcher Lermen unter der Ritterschafft zuentstehen / dz sichs ansehen ließ / als wolten sie sich in zween Hauffen schlagen / und einen scharffen Streit anfahen, deswegen Herkules zu dem GroßFürsten sagete: Gewißlich bemühet sich der arge Menschen Feind / unschuldig Blut zuvergiessen! Ich weiß selber nicht / antwortete er / was ich gedenken sol; ließ den Abzug blasen / und bey Leib und Lebensstraffe alle Tähtligkeit verbieten; wodurch dann im Augenblik aller Aufflauff gestillet wahr / und die Richter mit dem Frauenzimmer zusammen traten / wegen Austeilung des Gewins anordnung zumache / der auf sechs Häupter zugerichtet war. Herkules und Ladisla / auch der mit jenem gestochen hatte / wurden ausgesetzet / und ihnen der Preiß mit einer kurzen Lobrede zugelegt; Darauf sendete man den ersten Dank dem Ritter / der so manlich mit Ladisla getroffen hatte / welcher ein Skythischer Herr wahr; den andern wolte man Leches einhändigen / aber er baht sehr / das Ziel der Gerechtigkeit nit aus Freundes Neigung zuüberschreiten / damit nicht einer oder ander ursach hätte / darauff zu schimpffen / daß vor Abstechung eines Strohwisches er diese Belohnung empfangen hätte; welches sie dañ gelten liessen / wiewol die Großfürstin ihm ein absonderliches Geschenk versprach / und folgendes Tages einlieferte /nehmlich ein köstliches Halsband auff 2000 Kronen wert; Die übrigen fünff Geschenke wurden den Obsiegern gebührlich eingereichet. Zeit wehrender Austeilung kam ein wolgeputzeter Ritter in vollem Rennen herzu / stieg bey der Schau Bühne ab / und ließ bey dem GroßFürsten gebührlich ansuchen / ob ihm könte zugelassen seyn / auff die Schau Bühne zutreten; er hätte im nahmen und von wegen eines grosses Herrn /den beyden fremden Rittern etwas vorzutragen. Der GroßFürst wahr willens / ihm solches abzuschlagen /sich neben allen anwesenden befürchtend / er würde sie zu einem blutigen Kampff ausfodern sollen; aber weil Herkules umb Einwilligung sehr anhielt / gab ers zu / insonderheit / als er ihn neben Ladisla auffstehen sahe / hinunter zutreten. Der Abgesante mit halb verschlossenem Helme redete sie beyde also an: Vortreffliche Ritter und Herren; mein Gn. Herr / welcher gestern und heut sich mit euch versuchet / und seine Meister gefunden hat / lässet euch seine aufrichtige Freundschaft und mögliche Liebesdienste durch mich anmelden / und umb Verzeihung bitten / daß aus höchstwichtigen Ursachen er vor dißmahl unerkeñet davon reiten muß / möchte von herzen gerne eurer beyder Stand und Nahmen wissen; erbeut sich / auf euer begehren / solches vor jedermänniglich zuverschweigen / und wil zu gelegener Zeit sich ihnen gerne kund geben; hat mir sonst diese beyde Ringe zugestellet / Eurer Gn. Gn. solche als ein Pfand seiner Ergebenheit einzuliefern. Alle anwesende wurden hie durch höchlich erfreuet / und nahmen unsere Helden die Ringe mit ernsthaffter Höfligkeit zu sich / deren jeder auf 8000 Kronen geschätzet ward / dabey Herkules diese Antwort gab: Herr Ritter; mein Freund hie zugegen und ich / haben ursach zubekennen / daß euer Herr so wol an Mannheit als Höfligkeit ganz vortrefflich und vollkommen ist / gegen den wir auch wider unsern willen uns gebrauchet haben / halten gänzlich davor / es sey an unser Seite ergangen / wie den Spielern / die wegen des Mit Spielers bewilligung mit schlimmer Karte und wenig Augen gewinnen / und gestehen gerne / daß zeit unsers Lebens wir von keinem Ritter härtere Püffe / als von ihm eingenommen. Daß er in Vertrauen unsers Standes gerne wil berichtet seyn / rechnen wir vor eine sonderliche Ehre / und wolle er seinem Herrn unter solchem Vertrauen andeuten / daß wir um unser Wolfahrt willen / die niemand schädlich / als schweiffende Ritter umher zihen / auch nahe Blutfreunde sind / und uns ohngefehr hieselbst angetroffen; Mein Geselle ist ein herschender König nig in weit abgelegenen Nordwestischen Ländern / und ich ein gebohrner GroßFürst der Teutschen; Dieser heisset Ladisla / und ich Herkules. Die eingereicheten köstlichen Ringe nehmen wir mit gebührendem Danke an / und bitten / mein Herr wolle seinem Herrn diese beyde Ringe (welche sie von ihren Fingern zogen / und nicht minder köstlich wahren) hinwiederumb zur gleichmässigen bezeugung unsers ihm ergebenen Herzens und Willens / überliefern / nebest dem aufrichtigen erbieten / daß da wir dereins so glükselig seyn werden / diesen vortrefflichen Herrn zuerkeñen / wir nicht unterlassen wollen / unsere gegenwärtige Aufwartung ihm willig zuleisten. Der Ritter bedankete sich des hohen erbietens / und sagete: Wie hoch werde ich meinen Gn. Herrn erfreuen /wann er vernehmen wird / daß Eure Durchll. eben dieselben sind / welche er selbst gewünschet / als die in Italien ihnen einen solchen Nahmen erworben / welcher durch die ganze Welt fleuget. Wir sind seiner Durchl. eures Herrn Diener / sagte Ladisla / und werden stets auf unsere Glükseligkeit hoffen / eures und unsers Herrn Kundschaft zuerlangen. Dieser ritte in schneller eile davon / und verließ allen anwesenden nicht geringe Verwunderung; man kunte aber in keiner Herberge erfahren / wer er seyn möchte / wiewol der GroßFürst und Pharnabazus es eigentlich erriete; doch weil sie sahen / dz jener noch zur Zeit ungemeldet seyn wolte / sich dessen gegen niemand merken liessen. Sie ritten wieder nach der Stad / da Herkules Pferd sich überaus freudig erzeigete / daß er unverhohlen sagete: Es währe ihm sein Blänke lieber als eine Grafschaft / wolte auch kein Geld sparen / wann er feines gleichen wüste vor Ladisla zubekommen. Bey der Mahlzeit suchete Herkules gelegenheit nachzufragen / was und wie mancherley Glauben und Gottesdienst in diesen Morgenländern üblich und zugelassen währe; dessen ihn Pharnabazus den besten Bericht geben kunte / der ihm dann anzeigete / es währe durchgehend der Persische Gottesdienst der gebräuchlichste / da man den uhralten Griechischen Glauben fest behielte / und die närrischen Tichtereyen der jetzigen Griechen und Römer verlachete / welche ihnen Götter träumen liessen / die von Menschen gebohren und erzeuget sind / denen sie Kirchen und Klausen aufrichteten / auch wol Bilder schnitzeten / ob wäre bey denselben eine sonderliche Krafft zuhelffen; diesen kindischen Wahn / sagete er / können wir uns nicht einbilden lassen / sondern sind von unsern Vorfahren gelehret / unsere Götter unter dem freyen Himmel und auf den Gipfeln der Berge zuverehren; Unser höchster Gott ist Jupiter / durch welchen wir die höchste Krafft / die alles erhält / verstehen; hernach haben wir andere Götter / diesem algemeinen Gott untergeben / als da sind / Sonne / Monde / Feur / Erde /Wasser / Winde; dene unsere andächtige Opffer zuverrichten / haben wir von unsern Vorfahren gelernet. Jedoch finden sich auch in diesen Landschafften / wie im Römischen Gebiet / Juden und Christen / und zwar in nicht geringer Anzahl; haben doch die Freyheit nicht / ihren Gottesdienst öffentlich zuhalten; und ob gleich diese unter sich stetige Irrunge haben / auch /wie ich davor halte / ihres dinges nimmermehr einig werden können / so sind sie doch in Verachtung unser Götter ganz einig / beschuldigen uns des Aberglaubens / uñ sprechen; alles was wir vor Götter ehren /seyn nur Geschöpffe ihres wahren Gottes / und daher nicht vor Götter zuachten; worauf dann unsere Gelehrten sehr übel zusprechen sind / und sich heftig bemühen / solches vorgeben durch wolgesetzete Vernunftgründe umbzustossen / und unserer Götter Ehre zuschützen; weil sie aber in dem Hauptgrunde nicht können einig werden / auff welchem der äusserste Beweißtuhm hafften muß / behält immer ein teil gegen den andern / damit er seine Meynung schützet /und die widerwertige anficht. Herkules wolte sich mit ihm in kein Streit gespräch einlassen / sondern fragete / wie dañ die Christe ingemein sich in ihrem Leben uñ Wandel verhielten. Die Juden / antwortete Pharnabazus / sind überal dem Wucher ergebe; essen weder mit Christe noch Helden; Aufrichtigkeit findet sich bey ihne nit; zum gebrauch der Waffen sind sie gar ungeschikt; befleissige sich aller tückische boßheit / uñ hoffen auf einen ihres Geschlechts / der sie aus aller Welt versamle / uñ in ihr Land wieder führen solle. Den Christen wird auch viel böses nachgesagt / aber es wil sich dannoch allerdinge nicht finden; einmahl ist gewiß / daß sie ihrem Gottesdienste fleissig obliegen / und sich lieber durch allerhand Pein hinrichten lassen / als daß sie ihren Gott verleugnen solten; man hat sich oft bemühet / diese Lehre zuvertilgen / aber weil sie durch Verfolgung nur zunimt / und sie gleichwol noch keinmahl wieder die ObrigkeitEmpörung vorgenommen / wie die Juden sich wol unterstanden /lässet man sie hingehen. Gewißlich ist es auch unrecht / sagete Herkules / einigen Menschen umb des Glaubens willen zu tödten / wann man sonst nichts auff ihn zu sprechen hat / und da es hie zu Ekbatana etliche Christen hätte möchte ich ihre Kundschaft wol haben / dann ich bekenne / daß weder zu Rom noch zu Jerusalem / jezt Elia genand / mir mehr Liebedienste / als von den Christen geschehen sind. Freilich gibt es hie derselben / sagte Mazeus / und wann wir nur einen Juden hätten / solte uns derselbe bald einen schaffen: Dann diese sind ihre rechten Spührhunde und abgesagte Todfeinde. Eines Juden wollen wir bald bemächtiget seyn / sagte der GroßFürst / und befahl einem Diener nach der Wechselbank zu lauffen /wo selbst sich stets Juden fünden; ward auch ungeseumet einer herzu geführet / welcher ohn ehrerbietung ins Gemach trat / und alsbald fragete / ob die Herren oder das Frauenzimmer etliche Kleinot zu käuffen /Lust hätten / könten sie deren bey ihm umb liederlichen Preiß bemächtiget seyn. Mazeus antwortete ihm: Du bist schacherns halben vor dißmahl nicht hergefodert / sondern uns einen Christen herzuschaffen. Des Unziefers wol hundert vor einen / sagte der Jude /wañ sie nur alle möchten gehenket seyn / wie ihr Lügen-Gott. Herkules ergrimmete wegen der Lästerung / das ihm Herz und Hände bebeten / hatte das Messer schon gefasset / ihn damit durch zu werffen; doch brach er seinen Eifer / nur daß er zu ihm sagete: Je du leichtfertiger Bube / darfstu dann einen Gott schänden / und zwar in dieser Fürstl. Gegenwart? wañ du Ritterstandes währest / du müstest mir ohn fehlen mit dem Halse bezahlen; nun aber werde ich mich an dir nicht reiben / und zweiffele nicht / dafern der Christen Gott ein warhaftiger Gott ist / werde er seine Ehre schützen. Der Jude / nahmens Eleasar / erschrak der Dräuung anfangs / weil aber keine tähtligkeit erfolgete / ließ ers hingehen / und hohlete einen Christen herzu: Welcher / da er ins Gemach trat / demühtigete er sich sehr / wünschete anfangs dem GroßFürsten und seinem Gemahl GottesGnade / langes Leben / und glükliche Herschung; nachgehends allen Anwesenden / Friede / Gesundheit / und alles wolergehen; Zeigete darauff an / er hätte verstanden / daß ihre GroßFürstl. Durchl. gnädigst seine gegenwart begehreten / deßwegen er untertähnigst hätte erscheinen sollen und wollen / umb / gehorsamst zuvernehmen / woriñen seinem gnädigsten GroßFürsten oder anderen grossen anwesenden Herren / er könte auffwärtig und bedienet seyn. Dem GroßFürsten gefiel diese Rede sehr wol / und fragete ihn mit freundlicher Stimme /ob er ein Christ währe. Ja / gnädigster GroßFürst /antwortete er / ich bin ein Christ / und mit allen meinen Glaubens-genossen behte ich täglich zu Gott /daß er eure Durchl. mit ihrem ganzen GroßFürstl. Hause vor allem Unheil väterlich beschützen wolle; befleissigen uns auch eines guten gewissens / und da uns von unsern Feinden zu leide geschihet / verzeihen wir ihnen von Herzen / und befehlen unserm Gotte die ganze Sache und Rache. Daran tuht ihr wol / sagete der GroßFürst / und als lange ihr euch in diesen Schranken verhaltet / sol euch wegen des Glaubens keine überlast geschehen; nur daß gleichwol unser Gottesdienst von euch ungeschendet bleibe. Dem Christen stiegen vor freuden die Trähnen aus den Augen / fiel vor dem GroßFürsten nieder / und bedankete sich in aller Christen Nahmen zum untertähnigsten / mit beteurung / da einiger Christ wieder GroßFürstliches Geboht oder Verboht handeln / oder sonst unerbarlich Leben würde / wolten sie ihn keine Stunde unter sich dulden / sondern bey der Obrigkeit anklagen / und der Straffe übergeben. Der GroßFürst fragete weiter / aus was Ursachen die Juden ihnen und ihrem Gott so gehässig währen / und was sie denselben zu leide tähten. Gn. GroßFürst / antwortete er: Wir hüten uns mit allem Fleiß vor ihnen / können aber doch nicht unangefochten bleiben / sondern da sie bey uns hergehen / speien sie uns an / und fluchen unserm Heylande an den wir gläuben; wie mich dann jezt der Anwesende Jude hart angegriffen / daß wegen meines Lügen-Gottes (mein Gott verzeihe mirs / daß ich ihm die Lästerung nach rede) von einem jungen hochmuhtigen Ritter / und wie er ihn mehr neñete / er sich hätte müssen über das Maul hauen lassen; wo aber / und wann solches geschehen / hat er nicht hinzugetahn. Der GroßFürst erzürnete sich hierüber heftig / ließ den Juden ins Gemach fodern / und sagete zu ihm: Du meinäidiger Schelm wer hat dir befohlen /oder die Freyheit gegeben / diesen Christen und ehrlichen Mann unbilliger Weise anzufahren / der unter meinem Schuz wohnet? und wie darfstu gegenwärtigen Ritter (auff Herkules zeigend) so frech schänden? Dieser fiel auffs leugnen; sagte / die Christen währen boshaffte verlogene Leute / und sucheten nur / wie sie fromme Juden bey der Obrigkeit verhasset macheten /daher sie des verleumdens kein Ende finden könten. Daß leugestu Bube / sagte der GroßFürst; es hat noch nie kein Christ einigen Juden bey mir angetrage. Herkules kunte nicht länger schweigen / machte sich an den Juden / und sagete: Du wirst / versichere dich /ohn Straffe nicht entgehen / dafern du vor erst nicht klärlich dartuhst / daß die Christen solche boshafte Leute seyn; hernach / daß ihr Gott ein Lügen-Gott sey. Ist er ein lügen Gott? Ich meine ja / er habe euch gehalten / und mit vollem masse eingeschenket / was er euch gedräuet / daß zu Jerusalem kein Stein solte über den andern bleiben: Ich meine ja / er habe seyn Blut über euch und eure Kinder kommen lassen / und euch in alle Welt zustreuet. So schicke dich nun zum beweißtuhm / oder ich werde bey meinem Gn. GFürsten der unschuldigen Christen Vorsprach seyn / und zugleich mit eifern / daß du mich vor einen hochmühtigen gescholten hast. Der Jude warff sich weit / daß er des Worts solte gedacht haben / setzete auch den Christen mit heftigen Worten zu rede; Ob er ihm diesen Ritter genennet hätte / dessen Nahme ihm ganz unbekant währe? Der Christ antwortete: Wen er gemeinet hätte / währe ihm unbewust / aber daß er sich über einen jungen Ritter ob gedachter gestalt beschweret hätte / würden ohn zweifel die Kriegsknechte bezeugen können / die haussen vor dem Schloßtohr wacheten. Wie sie dann bey schleuniger Verhörung einmühtig ablegeten; der Christ währe ohngefehr vorüber gangen / da ihn der Jude angespien / schändlich außgemacht / und ob gedachte Worte daneben geführet hätte. Worüber der GroßFürst sich dermassen erzürnete / daß er befahl ihn mit Knütteln zu tödten. Weil aber Herkules und der Christ vor ihn bahten /daß ihm das Leben möchte geschenket werden / wolte der GroßFürst weiter nicht verfahren / sondern stellete Herkules frey / die Urtel nach belieben zu fellen; Der ihn vorfoderte / und zu wissen begehrete / ob ihm seine Bosheit leid währe; welcher aber nichts anders antwortete / ohn das er umb verzeihung baht / weil er nicht gewust hätte / daß er ein Christ währe. Ob ich ein oder kein Christ bin / sagte Herkules / bin ich nicht schuldig dir Buben rechenschaft zu geben; nur antworte mir auff meine Frage / ob dir leid sey oder nicht / was du wieder der Christen Gott außgespeiet hast. Der Jude sahe vor sich nider / aber kein einziges Wort kunte man aus ihm bringen / daß endlich Herkules sagete: Dieser Lästerer ist in seiner Bosheit so verhärtet / daß alle besserungs Hoffnung an ihm verlohren ist; ich bitte aber sehr / ihre Durchl. wollen ihn ungestraft gehen lassen / weil er die Obrigkeit und ihre außdrükliche Satzungen nicht beleidiget noch übertreten hat; vor das übrige wird ihn der gerechte Gott schon finden. Euer Liebe zu gefallen / sagte der GroßFürst / endere ich meinen Vorsaz; du solt aber /sagte er zu dem Juden / mit diesem Christen hin zu allen denen gehen / die du vor diesem hast beleidiget /uñ ihnen mit gebogenen Knien und gefaltenen Händen abbitte tuhn / oder ich wil dich mit deinem ganzem Hause stündlich lassen ans Kreuz heften. Der Jude versprach allen Gehorsam / sein Leben zuerretten /und ging mit dem Christen hin / da unfern vom Schlosse drey erschrökliche grosse schwarze Hunde Nordwerts herzu lieffen / und den Juden ohn einziges gebelle anfielen / in kleine Stücke zurissen / und doch nichts von ihm frassen / sondern liessen alles liegen /ohn daß sie das Eingeweide auff der Gassen zerzerreten; und ob gleich eine sehr grosse menge Volkes dabey stund / kehreten sich doch die Hunde an niemand / sondern nach verrichteter Taht lieffen sie deß Weges den sie kommen wahren / und sahe kein Mensch wo sie endlich blieben. Der Christ entsetzete sich über der göttlichen Rache / lobete seinen Heyland / daß er seine Ehr selber geschützet hatte / und kehrete wieder nach dem Schlosse / dem GroßFürsten ein solches anzumelden. Da man nun seine gegenwart der Fürstlichen Geselschaft zu wissen taht / meinete sie / er würde von dem Juden auff ein neues beleidiget seyn / auff welchen Fall der GroßFürst ihm die äusserste Straffe dräuete. Des Christen erschrockenes Angesicht zeigete etwas sonderliches an / daher in Herkules fragete / worüber er sich dergestalt entsetzet hätte. Dieser gab zur Antwort: Durchleuchtigste gnädige Herren und Frauen; es hat der almächtige Gott ein ernstliches Beyspiel seiner Gerechtigkeit an dem Gotteslästerlichen Juden sehen lassen; dann als derselbe mit mir fortging / und ohn unterlaß mir zum verdrieß diese Worte mit sanfter Stimme wiederhohlete; der Christen Gott ist dannoch ein Lügen-Gott: Ich aber dagegen meine Andacht gen Himmel richtete /Gott möchte ihm diese Lästerung verzeihen / wañ ers aus unwissenheit tähte kahmen alsbald drey grausame Hunde herzu gelauffen / und zu rissen ihn in stücken /welches über zwey hundert Menschen angesehen / uñ noch beschauen / weil sie kein Bißlein von ihm gefressen / sondern alles liegen gelassen auch ohn andere weitere beschädigung einiges andern Menschen davon gelauffen sind. Die Anwensende entsetzeten sich über dieser Erzählung / und gingen mit einander hin / das Wunder zu sehen; aber Herkules sagete in seinem Herzen: Gelobet seistu mein Heyland / daß du deines Nahmens Ehre gerochen / und diesem unwissenden Volke deine göttliche Krafft hast zuerkennen gegeben / und bitte dich demühtig / erhalte mich in erkäntnis deiner seligmachenden Warheit zu dem ewigen Leben. Ladisla wahr wegen dieses Wunders in seinem Gewissen ganz erschlagen / sahe mit zittern an / wie abscheulich der Jude zurissen / und alle seine Knochen zubrochen wahren / daß das Mark und Gehirn unter dem Blute vermischet lag / und sagete zu Herkules: Lieber Bruder / ich habe mit meinem ehmaligen schändlichen Gespötte wol verdienet / daß dein HErr JEsus gleiche straffen über mich kommen liesse; so hilff mir nun unsern Heyland ängstiglich bitten / daß er mir meine abscheuliche Lästerungen allergnädigst verzeihen möge / weil ichs nit aus Boßheit / sondern aus Irtuhm getahn habe. Herkules tröstete ihn in seiner Herzensangst; er solte zwar diese Begebnis wol zu gemüht fassen / aber nicht zaghafft darüber werden; währe er gleich vorhin ein Feind Gottes gewesen / und hätte lästerliche Reden aus unwissenheit wieder den Sohn Gottes außgegossen / währe ihm doch solches schon alles verzihen und vergeben / weil er diese seine Sünde bereuete / und mit rechtschaffener Busse sich hin zu dem Sündenträger gewendet hätte; nur allein solte er sich hüten / daß nach einmahl erkanter Warheit er nicht wieder abfiele / und zum Heydentuhm sich begäbe; alsdann wolte er ihm seine Seele verpfänden / das Christus Blut ihn von vorigem schon gesaubert uñ rein gewaschen hätte. Ey so wolte ich mich lieber in hundert tausend Stücken zerlegen lassen / antwortete er / ehe daß ich meinen Heyland angeben und schänden wolte. Ich lobe deinen Vorsaz /sagete Herkules / und Gott hat ein wolgefallen an demselben / du must aber deinen Heyland Herz- und täglich bitten / daß er dich hierin stärcken / und die Hand nicht von dir abzihen wolle / dann alle bestendigkeit im Glauben rühret nicht aus unser Kraft / sondern aus des heiligen Geistes Wirkung her. Den GroßFürsten und die andere Anwesende traf ein grausen wegen des Juden Unfalles / und bekenneten öffentlich / der ChristenGott währe in Warheit kein geringer Gott / daher man ihn nicht schänden / sondern unter die Zahl der wirdigsten Götter setzen müste; und solches redeten sie nach ihrer heidnischen Einfalt / weil sie ihren gefasseten Irtuhm nicht ablegen kunten. Herkules aber nam den Christen beyseit / und befahl / er solte des folgenden Morgens auff gewisse Zeit sich vor dem Schlosse finden lassen / und bey dem Bischoffe eine Christliche einfältige Predigt über die Häuptlehren / von Gottes Wesen / und seiner Barmherzigkeit / auch von Christus gnugtuhung / und dann von der Busse und Glauben bestellen / und zwar wegen seines Gesellen / der im Glauben annoch schwach und unwissend / und erst vor weniger Zeit zum Christentuhm getreten währe; Er aber wolte mit seinem Diener da gegenwärtig / das heilige Abendmahl empfangen. Der Christ / nahmens Ammonius /bestellete solches willig / aber als er des folgenden Morgens sehr früh sich nach dem Schlosse verfügete /den unsern solches anzumelden / ward er von etlichen vermummeten Männern / welche aus einer Nebengasse unvermuhtlich hervor sprungen verfolget / und weil er gerader Füsse wahr / daß sie ihn nicht erhaschen kunten / wurffen sie mit Steinen weidlich auff ihn / daß er an der rechten Schulter hart gnug beschädiget ward / doch entging er ihnen / kam bey dem Schloßtohr an / und klagete den wachenden Kriegsknechten daselbst / was ihm begegnet wahr / uñ er nicht anders muhtmassen könte / als daß es Juden seyn müsten. Weil sie dann solches mit Augen selbst gesehen hatten / gingen ihrer etliche loß / die Gewalttähter zu erhaschen / deren sechse wahren /aber nur zween von ihnen ertappet und dem Hauptman übergeben wurden / welcher alsbald alles an den GroßFürsten gelangen ließ / der in grossem Eifer Herkules und Ladisla zu sich foderte / und dem Christen Ammonius / nach dem er verbunden wahr / befahl /alles zuerzählen. Die beyden Gefangenen wurden darauff vorgefodert / und unter der bedräuung der grausamesten Pein / absonderlich verhöret / da der eine aus Furcht / die Warheit bekennete / es hätte die ehrliche Judischeit dieser Stad sich gestern Abend verbunden /nicht zu ruhen / ehe dañ der Zäuberer Ammonius von ihnen getödtet währe / welcher durch des Teuffels Hülffe den ehrlichen und beständigen Juden Eleasar so schändlich umbgebracht hätte. Der GroßFürst fragete nach den Redelsführern / bey deren benennung dieser sehr unbestendig redete / daher er samt seinem Gesellen auff die Folter gelegt / und alles aus ihnen gebracht ward. Kaum wahr die befragung geschehen /da zeigete ein Auffwarter an / es währen in die 100 Juden vor dem Schlosse / und hielten demühtig an /daß der GroßFürst sie gnädigst hören möchte. Er stellete alles mit Herkules und Ladisla in Raht / und ließ sie alle in den Vorplaz kommen / da sie von 200 Kriegsknechten umbgeben wurden. Herkules ging zu ihnen hin / und zeigete an / daß GroßFürstl. Durchl. sie hören wolte / jedoch daß sie zuvor zehn auff dem Zettel benennete vor seine Durchl. allein solten treten lassen. Sie merketen daraus / daß die Sache schon verrahten wahr / und begehrten Bedenkzeit / welches ihnen Herkules verweißlich auffrückete / und ihnen riet / sich ja gehorsam zubezeigen; worauff die begehreten mit gingen / sahen die beyden Gefangenen in elender gestalt zur Seite sitzen / weil sie wegen der Folterungsschmerzen nicht stehen kunten / uñ erschraken darüber daß sie erzitterten. Des Großfürsten geheimer Schreiber fragete sie aus der Uhrgicht / ob nicht ihrer viere mit den zween Gefangenen in vermummeter gestalt den Christen Ammonius verfolget hätten. Vors ander: Ob nicht die übrigen sechse den Anschlag über Ammonius gemacht / und daß sie ihn vor einen Zäuberer angeben wolten / damit ihre Sache desto scheinbahrer / und der Christ getödtet werden möchte. Die viere kunten ihre Taht nicht leugnen; die sechs übrigen zeigeten an / daß sie als Vorsteher ihres Volkes sich der Sache billich angenomen hätten /ihrer aller Ehre zu retten. Sie wurden darauff absonderlich allezehne befraget / ob die sechs vermumete mit vorbewust / und aus geheiß der sechs Vorsteher dem Christen Ammonius zugesezt hätten; welches die Verfolger mit schlechtem ja; die andern aber mit unbestendiger Rede beantworteten / biß ihne die Peinigung angesaget ward / und sie darauff mit einstimmeten; daher sie alle 12 hinab geführet wurden / und der geheime Schreiber diese Urtel vor allen Juden ablase: Demnach gegenwärtige 12 Juden den gemeinen Frieden gebrochen / und einen frommen unschuldigen Einwohner dieser Stad auff freier Gassen biß an das GroßFürstliche Schloß mit Stein-werffen verfolget /des Vorsatzes / denselben vom Leben zum tode zu bringen / wodurch sie ihre Obrigkeit selbst geschändet / und unerhörter Sache eine vermeinete Rache anstellen wollen / die ihnen keines Weges zustunde / ob sie gleich von dem verfolgeten (welches doch nicht geschehen) beleidiget währen; so hätte der GroßFürst beschlossen an diesen 12 verbrechern ein Beyspiel sehen zu lassen / durch welches andere ihres gleichen / uñ jedermänniglich von dergleichen offenbahren Mordtaht abgeschrecket würde; wurden also dieselben hiemit und Kraft dieses verurteilet / daß sie alsbald solten gegeisselt und lebendig an Kreuze mit Nageln auffgehenket werden / unter der verwahrung / daß /wer vor sie eine Vorbitte einlegen würde / eben solcher Straffe solte unterworffen seyn. Den unschuldigen Christen Ammonius (dafern man nicht volgültigen Beweißtuhm führen würde / daß er ein Zäuberer währe) hätte der GroßFürst unter seinen sonderbahren Schuz und Schirm genommen / also und dergestalt /daß / wo einziger Jude durch sich selbst oder durch andere / mit Worten oder Werken / ihn würde beleidigen / solten alle Anwesende 90 Juden mit der Kreuzigung bestraffet / ihre Weiber und Kinder Leibeigen gemacht / und alle ihre Güter der GroßFürstl. Schazkammer eingeliefert werden; wie dann der 12 verurteileten ihre Güter der hohen Obrigkeit verfallen währen / davon der unschuldige Ammonius den zehenden Teil / das übrige der GroßFürst zu sich nehmen würde. Die Juden ingesamt erschraken der Urtel zum höchsten / fielen alle miteinander nider zu der Erden / uñ trieben ein jämmerliches Geheule / aber es wahr keine Gnade zuerhalten; Die verdammeten wurden alsbald hinaus geführet / mit denen Herkules ritte / ob er ihrer etliche zum Christlichen Glauben bekehren möchte / und weil es vergebens wahr / machte er sich wieder zurücke / und wolte der Volstreckung nicht beywohnen. Die übrigen neunzig Juden begaben sich nach hauß ohn getahne Vorbitte / damit sie nicht in gleiche Straffe fallen möchten / und ward hiedurch Ammonius und der ganzen Christenheit Ruhe und Friede vor den Juden geschafft weil diese in den Wahn gerieten / der GroßFürst selber währe ein Christ worden. Herkules samt Ladisla / Leches / Gallus und Plautus gingen mit Ammonius hin zu der Christliche Versamlung / in eines Rahtsherrn Haus /welcher ein heimlicher Christ wahr / und die unsern sehr ehrerbietig empfing / auch sie auff einen wolgezierten Saal führete / woselbst der Christliche Bischoff ein ansehnlicher eißgrauer Mann / vor einem erhabenen Tische stund / auff welchem er Brod und Wein / und daneben die Heilige Schrifft Gottes liegen hatte. Er hieß die anwesende wilkomen / und weil er verstund / dz sie Fremdlinge / der Lateinischen Sprache erfahren wahren / hielt er in derselben anfangs eine kurze Vermahnung zur Andacht / laß aus dem dritten Kapittel des Evangelisten Johañes / den sechszehnden Vers / Also hat Gott die Welt geliebet / etc. in dessen Erklärung er die oben berührte Hauptstücke so klar und deutlich einführete / und innerhalb drey Stunden vollendete / daß Herkules gestund / er hätte des Lehrers gleichen von Gaben und Geschikligkeit noch nie gehöret. Ladisla wahr in seiner Andacht so inbrünstig / daß er als ein verzücketer saß / uñ zum offtern seine BußTrähnen fallen ließ / insonderheit / da die Lehre von Gottes Barmherzigkeit erkläret ward /und der Bischoff die Geschichten der Kinder Israel in der Wüsten kürzlich durchlief / wie offt dieselben ihren Gott durch Abgötterey / Ungehorsam und Widerspenstigkeit erzürnet hätten / dannoch aber unser GOtt durch Mose Vorbitte sich zur gnade wenden lassen / und mit den Ubertretern geduld gehabt; nachgehends zeigete er eben solche fälle aus dem Buch der Richter / und meldete zur Lehre / daß Gott offtmahl eines ungläubigen Menschen schonete / wegen der Vorbitte eines gläubigen Christen / welches Ladisla auff sich und Herkules fein auszudeuten wuste; auch sich durch des Lehrers Schluß trefflich getröstet befand / daß obschon etliche vorwitzige sich bemüheten / zuerfahre / worin eigentlich Gottes Wesen und Hocheit bestünde; was er getahn hätte / und wo er gewesen währe / ehe er die Welt erschaffen; so wolte er doch mit allen einfältig-Gläubigen in steter Verwunderung bleiben / daß Gott so voll und reich von Barmherzigkeit und Gnade währe / und seinem ungehorsamen mutwilligen Geschöpff diese Gnade und unaussprechliche Liebe erzeiget / daß er seinen ewigen einigen Sohn umb ihret willen mit Fleisch und Blut bekleidet / und in den schmerzhafftesten Tod des Kreuzes dahin gegeben hätte. Leches wuste anfangs nicht / was dieses bedeuten solte / dann er wahr des Christentuhms im geringsten nicht unterrichtet; nicht desto weniger lenkete ihn der Heilige Geist / daß er sich bald schickete / diesen Glauben anzunehmen. Nach geendigter Predigt / da Herkules und Gallus mit etlichen andern anwesenden das Heilige Abendmahl empfangen wolte / nam Ladisla mit etlichen anderen ungetaufften Christen einen Abtrit / und ließ sich nachgehends unterrichten / was dieses vor eine Speisung währe / deren kein ander / als nur die getauffte Christen zugeniessen hätten / daß nemlich alhier zwar nur Brod uñ Wein gesehen und geschmecket würde /aber es hätte unser Heyland krafft seines Wortes es also geordnet / daß wann ein Mensch das gesegnete Brod ässe / und diesen gesegneten Wein trünke / so ässe und trünke man zugleich auch seinen Leib und sein Blut / wie es der Sohn Gottes selbst also hätte verordnet und eingesetzet / welches uns dienete zu unsers Glaubens stärkung / und zur Versicherung unser Seligkeit / wañ wirs in Christlicher Andacht und mit reinem Herzen empfingen; Weil es aber nur den getaufften Christen könte zuteil werden / möchte er sich daran nicht ärgern / und der Zeit seiner Tauffe abwarten. Was ärgern? sagete Ladisla; ich achte mich schon unwirdig / den Trost Gottes aus seinem Wort anzuhören / wie solte ich dann so verwägen seyn / und solcher hochheiligen Speise begehren? Wendete sich hierauff zu dem Bischoff / und sagete: Ehrwürdiger Vater / vor die deutliche Unterrichtung in der heiligen Lehre / und erteileten starken Seelentrost bedanke ich mich sehr / und bitte / mir ein Büchlein mitzuteilen /in welchem dieser seligmachende Glaube kurz und einfältig verfasset ist; Der Bischoff wahr willig / und ließ jedem ein kleines Büchlein reichen / in welchem der kurze Glaubens-begriff enthalten wahr. Leches fragete / womit das Büchlein bezahlet würde / uñ vernam / daß mans den armen gerne umsonst zukommen liesse / die Haabseligen aber gäben davor nach ihrem belieben / welches zur Unterhaltung der Knaben und Jünglinge angewendet würde / die täglich gewisse Stunden in Abschreibung dieser und anderer Christlichen Bücher zubringen müsten. Ladisla ließ dem Bischoff sein dankwilliges Gemüht sehe / indem er ihm andeutete: Er wolte noch heut ihm 12000 Kronen lassen einreichen / die auff Rente gelegt / und in drey gleiche Teile / zum Unterhalt der Lehrer; der Witwen und Wäysen / und der Bücher-Abschreiber solten angewendet werden. Leches stellete ihm einen Ring von 200 Kronen zu / und gleich so viel Baarschafft; Gallus 150 Kronen / und Plautus 40 Kronen / bekahmen jeder ein Büchlein / und nahmen damit Abscheid /nachdem Herkules 1000 Kronen versprochen / und Ladisla der Kirchen Vorbitte sich befohlen hatte. Weil die unsern in dieser gottseligen übung wahren /ging das Stechen wieder an / und als der GroßFürst auff die unsern wartete / zeigete ihm Mazeus an / er hätte vernommen / daß sie durch das gestrige Zauberwerk etwas entrüstet wären / und nicht willens / dem Stechen heut beyzuwohnen / aus furcht / es möchte sich desgleichen mehr zutragen. Also zog der GroßFürst ohn weiteres nachfragen mit den seine hinaus /und ließ anfangs ausruffen / dafern ein boshaffter Zäuberer heut wiederumb etwas anrichten würde /solten alle Zäuberer / so viel man deren in seinem Lande antreffen würde / zum Feur verurteilet werden; und meynete jederman / daß hiedurch der Bube währe abgeschrecket worden / weil sich dessen nichts merken ließ. Die Kreuzigung der Juden wahr gleich an dem Wege verrichtet / dahin der GroßFürst mjt den seinen zog / und trieben dieselben nicht allein ein jämmerliches Angstgeschrey / sondern auch vielfältige Lästerungen wider den Sohn Gottes / zappelten den ganzen Tag am Kreuz / biß sie gegen Abend auff Herkules Vorbitte mit Pfeilen tod geschossen wurde. Gleich zu endigung des Stechens kahmen die unsern bey dem GroßFürsten an / da ihm Herkules zuverstehen gab / er hätte mit den seinen heut in aller stille ihm als ein Christ lassen seinen Gottesdienst halten /hoffete / es würde seiner Durchl. nicht zuwider seyn. Aber der GroßFürst beschwerete sich der Entschuldigung / vorwendend / er hätte Ihrer Liebe bey ihrer Ankunft alle Freyheit / nach willen zuhandeln / zugestellet / wobey es sein auffrichtiges verbleiben hätte / zugeschweigen / daß jedem fremden seine Götter billich müsten gegönnet werden. Als die Speisen auffgehoben wahren / stund Herkules auff / und mit entblössetem Häupte fing er diese Rede an: Großmächtiger GroßFürst / gnädiger Herr; die überaus grosse und recht väterliche Hulde und Freundschafft / welche Eure Durchl. wie nicht weniger die Durchleuchtigste Großfürstin / mir zeit meiner Anwesenheit erzeiget /bin ich schuldig / als lange ich lebe / zurühmen /erkeñe mich davor allerdinge verpflichtet / und werde mich bemühen / wo nicht wirklich / doch durch möglichste Zeichen / ein dankbegieriges Herz sehen zulassen. Nun wissen Ihre Durchll. ohn mein eriñern / aus was Ursachen ich die beschwerliche Reise über Meer / biß an diesen Ort fortgesetzet habe / und daß mir gebühren wil / keine gelegenheit zuverabseumen / die meinem Vorhaben ichtwas kan zuträglich seyn; bitte demnach von herzen / mein höchstgeneigeter Herr Vater und Fr. Mutter (wovor ich sie zeit meines Lebens ehren wil) wollen mir gnädig erläuben / meine Reise samt meinem Bruder Ladisla ohn weiteres auffschieben nähstfolgendes Tages fortzusetzen / damit ich meinem vorgestekten Ziel näher treten möge /umb zuversuchen / wie weit solches zuerreichen / der Barmherzigkeit Gottes gefallen werde; und weil mein geliebter Bruder / der imgleichen Euren Durchll. sich als ein gehorsamer Sohn und bereitwilligster Diener darbeut / eben des vorhabens mit mir ist / habe in unser beyder Namen ich diese Bitte vortragen wollen /nit zweifelnd / ihre Durchll. werden / in betrachtung der SachenWichtigkeit / uns gnädig und willig erlassen; fassete hierauff des GroßFürsten Hand / dieselbe zuküssen / welcher ihm aber vorkam / und ihn ganz väterlich umfing / nachgehends also antwortete: Hochwerte Herre / und (welches wegen der mir gegebenen Freyheit ich von herzen rede) allerliebste Söhne; köñen sie in ansehung unser vertraulichen Freundschaft auch den allergeringsten Gedanken wol fassen / daß mit gefahr der trefflichen Fräulein / meiner herzgeliebeten Fräulein Tochter / ich sie eine Stunde / ja einen einzigen Augenblik auffhalten / und nicht vielmehr sagen wolte: Auff / und zu Pferde /damit nichts verseumet werde / was man hernach mit keinem Gelde lösen kan. O nein / ihr meine wahre HerzensFreunde; ist mir gleich eure gegenwart genehme / so sehe ich doch mehr auff eure Wolfahrt / als auff meine Vergnügung. Nun weiß ich aber sicherlich / daß ein geringes verweilen eurem vorhaben vorträglicher ist / als die schleunige Eilfärtigkeit; dann euren Liebden ist ohn mein erinnern bewust / daß man auf den erst-eingesperreten Vogel viel genauer acht gibt /als auff den schon gewehneten. Lasset / bitte ich / den ohn das argwöhnischen König etwas sicher werden /dann ist ihm sein Herz zu nehmen / aber doch mehr durch List als Gewalt. Erzählete darauff / wie fleissig das Fräulein von einer Besatzung lauter Verschnittener bewachet würde / so daß kein Mannesbilde / ohn sonderbahre Königliche Erlaubniß zu ihr kommen möchte. Und was gilts / sagte er / wo nicht Eurer Liebe ich den Weg / zu ihr zukommen / bahnen muß? so folget mir nun / bitte ich / und zihet diesen meinen Raht nicht in Argwohn / gönnet mir auch zugleich /da ihr mich Vaters wirdiget / eurer Liebe bessere Kundschafft. Herkules bedankete sich der väterlichen Gewogenheit / und antwortete mit wenigem: Es währe unnöhtig / ihre Durchl. zueriñern / daß man ehe zuspäht als zu früh kähme; Sie wolten sich zu Charas schon wissen eingezoge zuhalten / daß durch Unvorsichtigkeit das ganze Wesen nicht übern hauffen gestossen würde; währen nicht desto weniger willens /bey ihrem Gn. Herr Vater sich noch etliche Tage auffzuhalten / weil seinem väterlichen Herzen es also gefiele; im übrigen bähten sie / seine Durchl. wolte allemahl die hohe gewogenheit fortsetzen / als dessen Raht und Hülffe ihr Vorhaben mehr als alles ihr Vermögen / befodern könte / daher sie auch nähst Gott sich auf seinen Beystand verliessen. Der GroßFürst wahr mit diesem erbieten friedlich / und übete Herkules den jungen Medischen Fürsten Arbianes im reiten / rennen / stechen / fechten / springen und ringen / daß er in geringer Zeit mehr von ihm fassete / als er sonst sein lebelang nicht würde gelernet haben / weil insonderheit er etliche böse Stükchen im reiten angewähnet hatte / die ihm zu allen ritterlichen übungen sehr schädlich wahren.
Unsere Herkuliska ward inzwischen in ihrem Schlosse als in einem Kefig verwahret / da es ihr an königlicher Verpflegung nicht mangelte / nur daß sie ausserhalb Schlosses nicht kommen durfte / hatte auch keinen Menschen umb sich / mit dem sie vertraulich reden mögen; so durfte Timokles nicht zu ihr kommen / ja nicht eins sich merken lassen / daß er ihr zugehörete / sondern ihrem Befehl nach / hielt er sich in einer Herberge auff / nicht weit vom Schlosse / als einer der etwas zu sehen / sein Geld verzehrete. Er lebete kärglich / hielt nur einen Diener zu Fusse / und ein Pferd auff der Streu / wolte auch von seinem Wirte nicht herlich gespeiset seyn / dem er aber reichlich zahlete / und seinen Kindern / deren er ein zimliches Häuflein hatte / fast täglich geschenke und nottürftige Kleider gab / wodurch er sich sehr beliebt machete. Pharnabazus hatte ihm angezeiget / der Fräulein Befehl währe / daß er auff den Fall / ihr Herkules Ankunfft mit einem weissen / Ladisla gegenwart mit einem rohten Tüchlein in der Hand / solte bezeichnen / da aber nur Botschaft von ihnen kähme /solte er die gute mit gelber; die traurige mit blauer Farbe andeuten. Anfangs wolte das Frauenzimmer sich zu gemein mit ihr machen / dem sie bald vorbauete / uñ ein sonderliches Gemach wählete / auff welches niemand ungefodert durfte zu ihr kommen /daher sie es die verbotene Stube nennete. Ihr Ansehen zuerhalten / wählete sie aus den zwölf Jungfern eine Leibdienerin / nahmens Aspasia / und unter den vier Frauen eine Hofmeisterin / Fr. Sysigambis; verteilete je viere uñ viere in ein Gemach / welche täglich zwo Stunden in dem grossen Saal zusammen kommen /und rechenschaft geben musten / was sie gewirket /gesticket oder genähet hatten / dann sie wolte ihnen durchaus keinen Müssiggang verstatten. Weil sie auch etliche etwas leichtsinnig seyn spürete / gab sie nicht allein jedem Teil Jungfern eine Frau zur Auffseherin zu / sondern versetzete sie stets umb den andern Tag / welches sie so bund zu karten wuste / dz die ganze Zeit über sie nit wieder auff ein Gemach kamen / die einmahl beyeinander gewest wahren. Hiedurch erhielt sie ihr Frauenzimer in gehorsam / Furcht /Fleiß und Frömmigkeit / und daß sie nicht anders als fremde miteinander lebeten; Ja sie wuste auff Begebenheit sich dergestalt in ihre Gemühter einzuschlingen / daß sie einer jeden Art und Begierden völlig erkennete. Inzwischen hielt sie sich gegen alle so züchtig / daß sie sich von keiner einzigen an etwa ihrem Leibe nacket sehen ließ / so gar / das ihr ganzes Frauenzimmer zweiffelte / ob sie ein Fräulein oder Jüngling währe / weil sie anfangs sich in Mannes Gestalt angegeben hatte. Ihre Ubung wahr mannigfaltig / vor erst hatte sie einen kleinen Wagen mit zwey Pferden /mit welchem sie im Schloßplatze zu rennen pflag /daß sie den Wagen zu wenden treflich fertig ward. Dabey hatte sie ein Reitpferd / welches auch täglich muste getummelt seyn. Unter ihrer Besatzung wahren etliche geubete Fechter / die ihr mannichen Streich ablerneten. Pfeil und Bogen gebrauchete sie am meisten; so erlustigete sie sich nicht wenig mit der Angelruhte / wann sie auff der hohen Maur mit verdecketem Angesicht saß / und aus dem tieffen Graben die köstlichsten Fische fing und zu ihr hinauff zog. Zu zeiten erzählete sie ihrem Frauenzimmer / was vor Unglük sie schon erlebet und auff der Reise außgestanden /wodurch sie ihnen manniche mitleidens Trähnen hervorlockete. Auch muste ihr der König einen Altar bauen lassen / gab vor / ihr gelübde erfoderte solches / daß sie der Göttin Vesta den täglichen Weihrauch opffern müste. Der König hingegen wuste seine Freude nit zu mässigen / dz er ein Fräulein nach allem Wunsch angetroffen hatte / rühmete solches so Schrift- als mündlich bey seinen Fürsten und Gewaltigen / und daß ihm ein sonderlich angenehmer Wille geschähe / wer ihm hülffe sein Fräulein ehren. Was nun dieses nach sich führete / wahr leicht außzulegen / daher fast kein Beamter wahr / der nicht ein köstliches Geschenk nach vermögen eingeschikt hätte / mit untertähnigster Bitte / ihre GroßKönigl. Hocheit möchte durch ihr hochvermögen dem undüchtigen Geschenk die Wirdigkeit erteilen / dz es dem unvergleichliche Fräulein / als ihrer schier-künftigen GroßKönigin dürffte eingeliefert werden; und dieses tahten nicht allein die geträuen Diener / sondern auch die Fürsten so sich wieder ihn heimlich verbunden hatten / umb Argwohn zuvermeiden / triebens am eiferigsten / daß sie wol aus den abgelegensten Indien die kostbahresten Sachen bringen liessen / und dem Fräulein zuschicketen / welches alles der König zu sich nam /und hernach durch ihre Hofmeisterin nebest den beygefügeten Schreiben ihr zustellen ließ; daher sie Zeit ihrer Anwesenheit zu Charas einen solchen Schaz samlete / welcher sich auff viel Tonnen Goldes belieff / daß wann sie so nidriges gemühts gewesen / und durch schenkungen hätte können geblendet werden /sie ihren Herkules wol hätte auffgegeben; aber ihre tugendhafte Seele hielt solches alles vor Koht und eitel; ja sie hätte es mit keinem Auge angesehen / noch mit Händen berühret / da sie des Königes Ungnade nicht zubefürchten gehabt. Also muste sie sich in die Zeit schicken / wie ihr treflicher Verstand sie darzu statlich anführete / daß sie auff einliefferung dem Könige allemahl einen Dankbrieff zuschickete / in welchem sie doch so behutsam ging / daß sie ihn weder an ihrer Liebe zweifeln machete / noch zu einiger Begierdesreizung gelegenheit gab. Ihr verbohtenes Gemach wahr Westwerts gelegen / und kunte sie durchs Erker-Fenster diese ganze Seite außwendig übersehen / woselbst Timokles nach ihrem Befehl sich täglich zubestimmeter Zeit anfand / daß nicht allein sie ihn / sondern er sie auch im Fenster wol sehen und erkennen kunte. Uber vorigem anmelden durch die Farben /hatte sie ihm noch befehlen lassen / da etwas hochwichtiges vorgehen würde / welches ihr zu wissen nöhtig / solte er ihr solches zuschreiben / und den Brieff in einem hohlen Pfeile überschiessen / worzu sie ihm den Ort früh genug bezeichnen wolte. Nachdem sie nun über einen Monat lang nach ihrem Herkules umsonst aussahe / machte diese Verzögerung /oder vielmehr der Zweifel seiner Ankunfft ihrem Gemüht nicht geringe Sorgen / welche sich in ihr innerstes senketen / dz ihr anfangs die Lust zur Speise vergieng / und fast einen steten Durst empfand / welchen sie auch bißweilen zu Nachtzeiten mit einem Labetrunk stillen muste / daher ihre Schönheit sich umb ein grosses ringerte / welches ihr Frauenzimmer mit höchstem Kummer empfunden / und sie untertähnigst bahten / ob sie ein Anliegen oder Leibesschwacheit merkete / möchte sie es beyzeiten offenbahren / daß ihr könte raht geschaffet werden; entstünde es aber aus Betrübniß des Gemühts / würde sie ihrem göttlichen Verstande nach sich dessen schon wissen zuentschlagen / und sich dem zu Trost und Ergetzung zuerhalten / der sie mehr als seine Seele liebete. Ja / antwortete sie / wann ich hierauff nicht bedacht währe /hätten mich die Würmer schon verzehret; Ihr sollet euch aber meinet wegen nicht bekümmern / dann ich weiß / daß es mit mir nicht noht zum Tode hat. Das Frauenzimmer empfand hiedurch etwas Trostes / welches doch nicht lange wehrete; dann des folgenden Tages fiel sie ein hitziges Fieber / welches dem Könige bald kund getahn ward / welcher dessen heftig erschrak / und die vornehmsten Aerzte der Stad versamle ließ / mit eiferiger Bedräuung / dafern sie nit Raht schaffen / und dem Fräulein zu voriger Gesundheit verhelffen würden / müste es ihnen das Leben kosten. Der erfahrneste unter ihnen gab dem Könige zur Antwort: Er / neben seinen zugeordneten wolten allen menschlichen Fleiß anwenden und spüren lassen /auch verhoffentlich mit der Arzney gutes wirken / dafern ihm und etlichen anderen nur würde vergönnet seyn / dem Königlichen Fräulein 24 Stunden aneinander auffzuwarten / daß man der Krankheit Art / Hefftigkeit / Abwechselung und Ursachen nachsuchen könte. Der König ließ ihnen solches gerne zu / und durffte das Fräulein nicht widersprechen / wiewol sie ihnen an ihrem Leibe nichts mehr gestattete / als die SchlagAdern an den Armen zubegreiffen / uñ auff ihren Athem / Hände- und Angesichts-Hitze zuachten; stellete sich sonsten frisch / ob empfünde sie weder Anliegen noch Schmerzen / welches die Aerzte doch aus den Zeichen anders befunden / die nach verlauff der berahmeten Stunden sich wieder nach dem Könige verfügeten / da der vorige also redete: Allergroßmächtigster unüberwindlichster König / allergnädigster Herr; die gütigen LebensGötter werden nicht zugeben / dz die unvergleichliche Blume menschliches Geschlechts (billich nenne ich dieses Königliche Fräulein also) vergehen solte / noch ehe sie sich recht aufgetahn / und Ihrer GroßKönigl. Hocheit die Niessung eingeliefert hat / deren sonst kein Mensch dieser Welt fähig ist / und dahero durch der Götter Verhängniß nohtwendig hat müssen hieher geführet werde. Sol ich nun mein bedenken von ihrer Krankheit geben / so ist dieselbe zwar geährlich / jedoch nit verzweifelt-böse /kan auch durch sorgfältige Arzney vertrieben werden /wann nur dz Königl. Frl. nit selbst durch schwermuht ersticke wird / wz der Himel gerne erhalte wil. Alle Zeichen / die ein Arzt wissen uñ suche kan / so weit es vergöñet ist / geben Zeugniß eines wolgesezte gesunde Leibes; Lunge uñ Leber / Milz uñ Nieren sind gewünscht volkomen / nur dz Herz leidet Noht / wiewol nit durch mangel / sondern wegen Gemütsbekümernis / so dz auch das Geblüt schon davon geärgert /und in etwas angangen ist. Aber ihre Hocheit wenden jeztangedeutete Ursach der Krankheit allergnädigst ab / welches deroselben leicht wird zu tuhn seyn; vor das übrige wil ich stehen. Artabanus wolte anfangs nicht gläuben / das sein Fräulein durch Schwermuht diese Krankheit ihr solte zugezogen haben; jedoch / weil die Aerzte es einhellig bejaheten / fragete er / durch was Mittel sie meineten / daß solche von ihr könte abgekehret werden. Wann ihr Anliegen mir bewust währe / antwortete der vorige / müste man weiter sinnen / dem Gemühts-Ubel zubegegnen; solte ich aber meine Gedanken zu öffnen Freyheit haben / wolte ich fast schwöre / biß auff dreyerley zuerrrahte / was ihr diese Seelen-beschwerung verursache. Als nun der König solches von ihm in geheim hören wolte / uñ mit ihm in ein absonderliches Gemach trat / fuhr der Arzt weiter also fort: Ihre GKönigl. Hochheit werden mir recht geben / ja mit mir schon einer Meinung seyn / daß das Fräulein entweder die Abwesenheit von ihren Eltern und Anverwanten; oder ihre harte Einsperrung; oder sonst eine künftige Wiederwertigkeit /welche sie befahret und nicht melden darf / in ihrem Herzen betrauret; umb diese dreyerley muß man sie befragen / nebest anmeldung / so bald sie genesen werde / solte ihrem Begehren gewilfahret / und die Wiedrigkeit aus dem Wege geräumet werden. Hiedurch wird die Hoffnung alle Traurigkeit vertreiben /und die Feymühtigkeit unsere Arzney nach Wunsch wircken machen; im Falle aber dieses nit helffen wolte / müste man sie mit etwas bedräuen / daß ihr am heftigsten zuwieder währe. Artabanus hörete ihm fleissig zu / lobete seinen guten Verstand / und befahl ihm / dieses nach seiner besten Weißheit zuverrichten / welches mit hoher Gnade solte ersetzet werden. Die übrigen Aerzte / deren 25 wahren / wurden beurlaubet / und jedem 1000 Kronen gegeben / nur der eine nam die Mühe auff sich / ging hin zu dem Fräulein / und wie er dann gnug beredsam wahr / fing er also zu ihr an: Durchleuchtigstes gnädigstes Fräulein; ihre GroßKönigl. Hocheit entbieten ihrer Durchl. alle Gnade und Liebe / und weil dieselbe von den Aerzten berichtet sind / daß ihrer Durchl. Krankheit nur aus Kummer und betrübnis hervor quelle / als lässet allerhöchstgedachte ihre Hocheit / dieselbe väterlich erinnern / sich alles grämens zu entschlagen / und nur kühnlich anzudeuten / was die Ursach ihres hermens sey; alsdann wollen sie äusserst sich bemühen / solches zu endern. Insonderheit ist mir allergnädigst anbefohlen / diese dreyerley zu erfragen; erstlich / ob ihre Durchl. nach ihrer Fr. Mutter verlangen trage /solle alsbald eine ansehnliche Bohtschaft an dieselbe abgeschicket werden; oder ob derselben diese Einsamkeit mißhage / wolle der GKönig sie auff sein Schloß nehmen; oder ob sie sich einiges wiedrigen befahre / solle ihr satsame Versicherung geschehen /daß alle Furcht vergebens sey. Ist nun / daß ihre Durchl. Königlicher Hocheit hierin gehorsamen / und meine Wenigkeit zum untertähnigsten Knecht zugebrauchen / wirdigen wil / wolle dieselbe mir gnädigst anzeigen und befehlen / was ihre Erklärung / und meine verrichtung sey. Das Fräulein hatte dieses FuchsesSchlauheit schon gestriges tages gemerket /und wie sie sich des ärgesten befürchtete / ging sie sehr behutsam / da sie anfangs zu ihm sagete: Mein Freund / ich schätze euch über alle Aerzte / die leben mögen / inbetrachtung / daß ihr nicht allein meines Leibes / sondern auch des gemühts Gebrechen habt erkennen können; welches trauen eine anzeige ist eines treflichen verstandes; und lobe ich meinen König sehr / daß er sich eures Rahts gebrauchet; ja ich schätze ihn vor glükselig / daß ihm die Götter euch gegönnet und zugeführet haben. Die drey mir vorgestellete Fragen zubeantworten / bin ich nicht allein willig / sondern auch schuldig / meinem allergnädigsten Könige zugehorsamen; gebe euch demnach zuvernehmen / daß es nicht allerdinge ohn ist / das mein Gemüht etliche Tage her harte und schwere anfechtungen erlitte / welche unleidlicher sind als der Tod; daß aber hierin die ganze Ursach meiner Leibesschwacheit bestehen solte / kan ich mir nicht einbilden / und doch euch nicht vor übel halten / daß ihr solche nicht wisset. Betrachtet bitte ich / daß ich dem Leibe nach ein junges / zartes und schwaches Fräulein bin; dagegen haltet nicht allein / daß ich zu dreyen unterschiedlichen mahlen in Räuber Hände gefallen /sondern über Meer und Land in die 800 Meile geschleppet bin; wie manniches ungewöhnliches Gewitter habe ich erlitten; wie heftige Hitze hat mich gebrennet; wie mannichen ungesunden Trunk habe ich eingeschlukt; wie oft ist mir die nöhtige Ruhe gestöret worden. Suchet nun / mein Freund / suchet meiner Krankheit Ursach; ihr werdet deren zehne vor eine finden. Jedoch leugne ich nicht / daß meines gemühtes Leiden auch der Gesundheit meines Leibes abbruch tuhe; aber diß eine Pferd trecket den Unglükswagen nicht allein / ihr werdet ein starkes Span davor gestricket sehen. So wil ich nun auff eure Rede kommen / da mein König zu wissen begehret / was meine Gedanken ängstige. Vermeldet seiner Hocheit de äussersten Gehorsam von seiner arme Magd / die er an zeitlichen Gütern in dieser kurzen Zeit reicher gemacht hat / als alle ihre VorEltern nicht gewesen sind / und versichert dieselbe wegen der ersten Frage / daß ich nicht Ursach habe / nach meiner Fr. Mutter oder nach meinem Vaterlande verlangen zutragen / so lange derselbe nicht darinnen ist / welchen ich mehr als mich selbst liebe / wegen der Liebe die er mir träget. Auch suche ich nicht / die vorige Armut mit dem jetzigen Reichtuhm wieder zuvertauschen, wolte aber ihre Hocheit meiner betrübten Fr. Mutter nach diesem meine Glükseligkeit zuwissen tuhn / wil ich nicht wiedersprechen. Auff die andere Frage antworte ich mit Bestendigkeit / daß diese meine Einsamkeit und Verwahrung mir die aller angenehmste Freyheit sey /die mir dieser Zeit Gelegenheit nach begegnen könte /werde auch ohn zweiffel des todes seyn / dafern man mich derselben beraubet. Wollet ihr nun euer äusserstes Unglük von euch abwenden / und daß ich nicht dereins mich grausam an euch rächen sol / so tichtet und erdenket Raht und Mittel / daß weder ihr noch einiger Mensch meinen König dahin verleite / mich von diesem Schlosse hinweg auff seines zunehmen / wie ihr dann durch vorwendung mannicher Ursachen es leicht hintertreiben könnet; und warumb ich dieses so hefftig begehre / wird euch aus meiner Antwort auff die dritte Frage klar genug werden. Es ist wahr / fuhr sie fort / daß mich eine Furcht der künftigen Wiederwertigkeit drücket / welche ich bißher keinem Menschen offenbahren dürffen / stehe auch noch diese Stunde bey mir an / ob ichs ohn Lebensgefahr werde tuhn können; dann es ist die grösseste Angst meiner Seele / uñ bin entschlossen gewest / es mit mir in die Grube zu nehmen; wiewol meinem Könige zugehorsamen / wil ichs euch alles ausbeichten. Hat mein König euch noch nicht wissen lassen / was gestalt ich der ernstlich-gerechten Göttin Vesta / biß zum Ende meines siebenzehnden Jahrs verlobet bin? so höret es anjezt aus meinem Munde. Merket nun weiter meine Rede / und zweifelt so wenig an der Warheit / als an meines Leibes jetzigem Gebrechen. Ich erzittere vor der Erzählung / und zweifele / ob nicht diese Göttin mir deswegen gehässiger werde / als sie schon ist. Vor ohngefehr drey Wochen (so lange hat mein Frauenzimmer meine merkliche Verenderung gespüret) lag ich im tieffen Schlaffe / eine Stunde vor Tage / als die saursichtige Göttin Vesta mich mit diesem Verweiß anfuhr: Ist dirs nicht schon verbrechens gnug / O du Undankbare / daß du meinen Opfferherd ohn Rauchwerk stehen liessest / da du zu Ekbatana Gelegenheit gnug gehabt hast / dich deiner Schuldigkeit zuerinnern; und kanst überdas noch mit Hochzeitgedanken umgehen / die mir so gar zuwider sind; ja dir einen lieben Bräutigam wählen / weil du noch in meinem Bunde stehest? traue mir / daß deiner frommen Mutter Gebeht die einige Ursach deines Lebens ist / welches wegen deines schlimmen Ungehorsams mir schon verfallen war. Nicht sage ich dieses / ob wäre dir dein Verbrechen schon verzihen; O nein; du solt zeit deines Lebens hieran zukäuen haben. Wirstu dann über vorigen Frevel so verwägen seyn / und vor Endigung der Zeit deines Gelübdes / ohn meine Einwilligung (die nur von Prag müste hergehohlet werden) dich in Mannes Armen finden lassen / es geschehe aus freyem Willen oder durch Zwang; alsdann wil ich von dir und deinem unbillichen Gemahl eine solche Rache nehmen / daß ihr beyderseits aller Welt sollet zum Beyspiel dienen. Ich warne dich nicht vergebens / dann des Königes und deine Gedanken sind mir nicht verborgen; Hütet euch / O hütet euch vor der Götter Zorn / welcher ungleich schwerer ist / als daß MenschenHände sie abhalten könten. Woltestu aber mich fragen / durch was Mittel du dich mir rein und unbeflecket bewahren könnest / so hastu Feur / Wasser / Schwert / Gifft / Strang / solches brauche wider meinen Beleidiger so lange du kanst / oder zum wenigsten gebrauche es wider deinen eigenen Leib / damit deine arme Seele von der gar zu schweren Straffe frey bleibe. Sehet mein Freund / sagte das Fräulein weiter / ob ich nicht ursach habe / meiner Seele die betrübniß zugönnen / und kommet mir / ist es möglich / mit eurem klugen Raht zu hülffe / des wil ich zeit meines Lebens euch verpflichtet seyn. Der Arzt hörete alles mit Verwunderung an / kunte wegen ihrer Ernsthafftigkeit nicht die geringste Muhtmassung ergreiffen / daß sie anders als die Warheit geredet hätte / und gab ihr zur Antwort: Durchleuchtigstes Fräulein; ich muß freylich gestehen / daß ihr Gemüht nicht ohn ursach verwirret ist. Aber ist Euer Durchl. dieses Gesichte mehr als einmahl erschienen? Nein weiters nicht / sagete sie; nur daß die gedräueten Straffen mir stets vor Augen schweben. Weil ich aber der Göttin nicht allein grosse Opffer verheissen / sondern über das mich äidlich verbunden / entweder frölich zusterben / oder ihre Loßsprechung (es geschehe durch Endung der Zeit / oder durch ihre freywillige Enderung) abzuwarten / hoffe ich bey ihr Gnade und Barmherzigkeit des begangenen zuüberkommen; habe mir auch vorgenommen /alle Traurigkeit aus dem Sinne zu schlagen / und durch stetigen Gottesdienst mir die Göttin wieder zuversöhnen. Befahl hierauff ihrer Leibdienerin / eine bezeichnete Schachtel mit Kleinoten ihr herzureichen / daraus nam sie einen Ring und ein Halsband auff 16000 Kronen geschätzet / reichte es dem Arzt / und sagete: Nehmet von mir dieses geringe Zeichen meiner Freundwilligkeit / und versichert euch / daß ich dereins mich bemühen werde / ein ungleich mehres zuleisten; hingegen aber fodere ich von euch auffrichtige Träue / als weit sie unserm Könige zuträglich /uñ euch selbst unschädlich ist; wendet auch fleiß an /meine Gesundheit zubefodern / daß ich ursach habe /dem Könige euer wolverhalten zurühmen. Dieser nam das Geschenk zu sich / versprach sein äusserstes / und nachdem er ihr etliche Arzneyen eingegeben hatte /machte er sich nach dem Könige / rühmete der Fräulein hohen Verstand / und erzählete ihm die ursach ihrer betrübeten Gedanken fast mit ihren Worten; wovor sich der König entsetzete / und dem Arzt vertraulich offenbahrete / wie er währe gesonnen gewesen / seine dem Fräulein getahne Zusage zuwiderruffen / und das Beylager in kurzer frist zuhalten / weil ihm seine Begierden zu hefftig drüngen; welches der Arzt mit betrübten Geberden anhörete / und nachgehends ihm anzeigete / in was vor ein Verderben er sich selbst und das Fräulein stürzen würde / massen die Göttin Vesta eine sehr mächtige und hart straffende Göttin währe; Dieses führete er mit so bewäglichen Gründen an / daß der König vor dißmahl sein Vorhaben zuendern bewogen ward / ließ auch dem Fräulein durch den Arzt anmelden / daß ihr die geschehene Zusage unbrüchig solte gehalten werden. Weil dann der Arzt alle Mögligkeit anwendete / und das Fräulein / in Hoffnung der schier nahenden Gegenwart ihres Herkules / vorige Fröligkeit wieder annam / ward sie in kurzer Zeit wieder gesund / und durch einen Brief rühmete sie dem Könige des Arztes Fleiß / daß er deßwegen mit einem statlichen RitterSitze verehret ward.
Nun hätte das Fräulein nicht übel getahn / wann sie des Königes erbieten befodert / und eine Botschafft an ihre Fr. Mutter hätte abgehen lassen / als welche ihretwegen herzlich bekümmert wahr; dann nachdem ihre Gesanten von Padua wieder zu Prag anlangeten /und neben Einreichung der ihnen zugestelleten Schreiben / auch mündlich ablegete / was Jungfer Brela ihnen vor Zeitung von dem Fräulein gebracht hatte; kunte sie nicht gläuben / daß sie zeit ihres Lebens dieselbe wieder sehen würde; begab sich demnach gar aufs klagen und weinen / daß ihre Rähte und Frauenzimmer gnug an ihr zutrösten hatten. Ritter Neda taht das beste bey ihr / indem er ihr das gute Herz erklärete / welches sie auf der Reise getragen / auch den guten Fleiß / welchen Herkules und Ladisla zu ihrer Rettung anwendeten / daß sie sich etlicher massen zufrieden gab / und zu rahte ward / einen steten Gesanten zu Padua zuhalten / der sie schleunig berichten könte / wann Zeitung von dem Fräulein einkähme. Dieses dauchte Neda eine gewünschete Gelegenheit /sein Vorhaben desto füglicher ins Werk zurichten; baht auch untertähnigst / ihm solches Amt gnädigst zubefehlen; erzählete zugleich Brelen Zustand / und daß er sich ehelich mit ihr versprochen hätte / da er ihr zugleich ein köstliches Kleinot ihretwegen einlieferte. Die Königin hörete solches gerne / gab ihren Willen darein / und befahl ihm / sich bald fertig zumachen / damit er ungeseumet sich nach Padua erheben könte. Also zog er nach seinen Eltern / und grüssete sie samt seiner Schwester im Nahmen Libussen und Brelen freundlich / denen zwar der erste Gruß sehr angenehm / der andere aber hefftig zuwider wahr / daß auch die Schwester nicht unterlassen mochte zuantworten: Seine glükliche Wiederkunfft / und ihrer Wasen Gesundheit währe ihr lieb; das übrige aber hätte nicht groß zubedeuten / es währe dann / daß ihr Bruder durch ihr anschauen in vorige Tohrheit wieder gerahten währe. Neda hatte ihm vorgenommen / sich nichts irren zu lassen / und sagte im Scherze zu ihr: Ich möchte gerne wissen / geliebte Schwester / was dir an dieser Jungfer so hefftig mißfället; an Zucht /Adel / und Schönheit ist sie ja keiner Jungfer dieses Königreichs viel schuldig / ohn daß sie ein verlassenes Wäyselein ist; Woltestu sie nun deswegen verachten / köntestu dich dadurch versündigen / daß dir dermahleins ein gleiches widerführe. Die Schwester befand sich hiedurch in etwas verletzet / und wolte schärffer loßbrechen; aber die Eltern wehreten ihr /und sagete: Sie könten selber nicht billichen / dz man ehrliche Jungfern verachtete; vernähmen gleichwol nicht / daß seine Schwester desgleichen tähte / sondern es ginge ihr aus Schwesterlicher Zuneigung zu herzen / daß ihr Bruder durch Heyraht seine Güter verringern solte / massen wo kein BrautSchatz folgete / müste der weibliche Schmuk von des Mannes Gütern gezeuget werden / welches nur Schulden verursachete. Geliebete Mutter / antwortete Neda; ich stelle dieses an seinen ort / und wann ich gleich eine arme Jungfer heyrahten würde / hoffe ich doch so viel zuerwerben / daß ich sie ohn mein väterliches Erbe ernehren wolte; solte man aber einen aus Freundschafft angebohtenen Gruß so höhnisch verwerffen? zwar meine Eltern höre ich gerne / aber meiner jüngeren Schwester räume ich diese Macht durchaus nicht ein /über mich zuherschen / würde auch meinem Ritterstande und tragendem Amte sehr schimpflich stehen. Aber lieber saget mir / habt ihr auch etwz mehr auff JungferBrelen zusprechen oder an ihr zutadeln / als daß sie unbegütert ist? Nein / sagte die Mutter / wir halten sie im übrigen wirdig gnug; weil du aber selber bekennest / daß du den Eltern Gehorsam schuldig bist / wirstu ihnen folgen / und ihren gemacheten Schluß nicht umstossen. Was ist das vor ein Schluß? fragete Neda. Je / antwortete sie; welchen wir mit Herr Vratisla wegen deiner und seiner Tochter Heyraht getroffen haben. Wie versaget / oder verkäufft ihr mich dann / fragete er / und forschet nicht zuvor / ob ich auch einwilligen werde? Ich bin ja kein gebohrner Sklav / so kan ich euch auch nicht bergen / daß ich umb Geldes willen / Ehr uñ Redligkeit hindan zusetzen nicht gemeynet bin / und wolte den Geizhals Vratisla mit seiner Tochter lieber erwürgen / als in solche verfluchte Ehe einwilligen. Die gute Mutter wuste das Gerüchte wol / entschuldigte es aber bester massen; man müste den Lästermäulern nicht gläuben; mannicher redlichen Jungfer würde ohn alle schuld eine Klette angeworffen; und was des dinges mehr wahr. Sein Vater Krokus wolte auch länger nit schweigen /sondern sagete zu dem Sohn: So bin ich gleichwol dein Vater / und da du mir gehorsam versagest /werde ich mein Recht zugebrauchen wissen. Was vor Recht / lieber Vater? antwortete er; ich wuste ja kein Recht in der Welt / daß mich zwingen könte / wider meinen Willen ein Weib zunehmen? Der gute Alte erzürnete sich hierüber / und dräuete ihn zuenterben; aber Neda bewägete sich gar nicht / sondern fragete nur / wem er die Güter zuwende wolte. Wem sonst /sagte der Vater / als deiner einigen Schwester. Ja /antwortete er / wañ sie mir davor dankete / liesse ichs ihr vielleicht mit gutem Willen zu; aber dann müste sie zuvor gegen Jungfer Brelen einen bessern Willen fassen; wiewol meine gnädigste Königinnen / so wol die herschende / als die zu Padua / mich vor Enterbung schon befreyet habe / auch meiner Schwester /wegen ihrer lieben Brelen Verachtung / eine schlimme Urtel sprechen dürfften; Ist demnach diese Bedräuung vergebens / und weiß ich schon vorhin wol / daß sie euch / lieber Vater / nicht von herzen gehet; dann wie könte ich der Lehngüter entsetzet / oder dieselben meiner Schwester zugelegt werden? bin ich euch aber verhasset gemacht / das zeiget mir an / alsdann wil wider euren Willen ich keines Hellers wert von eurem Gute geniessen / sondern nach eurem Tode sie der höchsten Obrigkeit aufftragen / und dannoch vor Armuht und Mangel gnug befreyet seyn; wisset auch /daß meine Gnädigste Königin mich vor ihren stets sitzenden Gesanten zu Padua bestellet hat. Hierauf gaben die Eltern nähern Kauffs / dann sie wusten / in was Gnaden Brela wahr; sageten demnach / wann er ihm ja nicht wolte rahten lassen / möchte er nach seinem willen freyen. Aber die gute Schwester durffte allein widersprechen; das könte nicht seyn; was Herr Vratisla sagen würde; das verheissene solte und müste gehalten werden / oder ihre Eltern würden vor unwarhafft ausgeruffen werden / und dürffte sie Jungfer Wisna nicht unter die Augen kommen. Wiltu auch nach diesem meine Schwester heissen / sagte Neda /soltu dich der leichtsinnigen Dirnen entschlagen /oder ich / als dein älterer Bruder / werde diesem wissen vorzubauen; Weist du nicht / daß ihr Bruder umb ihret willen seinen wolgezierten Reitknecht erstochen hat / weil er ungebührliche Dinge gesehen hatte? Wer mit Dieben läufft / der lernet stehlen; und hüte dich nur / daß du ihres Gerüchtes nicht teilhafftig werdest /damit unser Geschlecht ungeschändet bleibe. Die Mutter wolte ihre Tochter viel entschuldigen / als welche ein grosses Geplärre anfing; aber der Vater sagete: Dafern die Wisna in solcher Nachrede steckete /hätte seine Tochter sich billich vorzusehen / daß ihr nicht gleicher Schandflecken angehänget würde. Worauff Neda also anfing: Herzgeliebete Eltern und Schwester; meine versprochene Braut / die ädle Brela / welche mit unserm gnädigsten Fräulein biß in Syrien gewesen / und neulich zu Padua wieder angelanget /entbeut euch Kindlichen und Schwesterlichen Gruß /übersendet zum Zeichen ihrer Liebe uñ Ergebenheit diese Kleinot / mit bitte / ihr wollet ein Vater-Mutter-und Schwester-Herz gegen sie fassen / uñ euch versichern / daß wieder euren Willen sie weder tuhn noch lassen wolle. Und daß ihr sie forthin armut halben nicht verachtet / möget ihr wol gläuben / daß ihre Baarschaften uñ Kleinot zu Padua sich über 16 Tonnen Goldes erstrecken. Erzählete nachgehends allen Verlauff / und daß Herr Fabius ihm die Oberwachtmeisterschaft über die Paduanische Besatzung gegeben / worzu das obgedachte Königliche Amt kähme /daß er erstes tages sich dahin begeben müste. O du närrische Geldliebe / was können Geschenke und Gaben bey den Menschen nicht erhalten? Die Mutter und Schwester besahen die kostbahre Sachen / welche über ihren Stand reicheten / auch die mit güldener Münze außgefülleten Wetscher / daher sie das übrige zu gläuben desto leichter bewäget wurden. Da wahr nun Brela die beste / die ädleste und angenehmste. Ach Herzliebe Tochter Brela / währet ihr doch selber hie / daß das Beilager gehalten würde / sagete die Mutter. Ach Herzliebe Schwester Brela / währet ihr doch mit überkommen / sagete Schwester Therba. Alles wahr vergessen / als währe es nie ergangen. Was? solte ich der leichtfertigen Wisna meinen Sohn geben? sagte die Mutter. Was? solte die schiefmaulichte Wisna meinen Bruder heyrahten? sagte die Schwester. Worüber nicht weniger der alte Vater als Neda selbst zu lachen bewäget ward / sahen doch gerne / daß alle Feindschaft auffgehaben wahr. Der Vater wünschete dem Sohn zu beyden Amtsverwaltungen Glük / und fuhr selbst mit ihm nach Prag zu der Königin / woselbst Neda sich mit 10 gewapneten rittermässigen Dienern versahe / und nach empfangenem Königlichen Befehl und Volmacht / den geradesten Weg nach Padua zuritte. Auff der Reise stieß ihm unterschiedliche Gefahr auff / die er teils durch Mañheit / teils durch List abwendete / biß er zu Padua frisch und gesund anlangetete. Er fand daselbst alles im vorigen guten Stande / ohn das sein Obrister / Herr Klodius nicht anheimisch / sondern mit seiner liebesten Agathen des vorige morgens nach Rom geritten wahr / dem er nach kurzer ablegung seines auffgetragenen Befehls / und einlieferung der Königlichen Schreiben alsbald zu folgen gesinnet wahr; weil aber Frau Sophia und Frl. Sibilla Lust gewonnen mit zureisen / ward es biß folgenden Morgen auffgeschoben / und beredete Fr. Sophia die beyden Bömischen Jungfern leicht / daß sie ihr Geselschaft leisteten; Sie kunten aber Klodius in zween Tagen nicht erreichen /wie hart sie auch eileten / da jener doch eine Begleitung von 10 Fußknechten / und diese 20 wolberittene Reuter bey sich hatten. Des dritten tages fast gegen Abend / gerieten sie an ein Gehölze / da Neda mit seinem Leibdiener voran ritte / und die Gutschen und beladene Wagen mit dem Frauenzimmer unter der Begleitung folgen ließ. Als er den Wald fast zum Ende wahr / hörete er ein Gefechte und Geschrey etlicher Klagenden / setzete frisch fort / und sahe einen Ritter zu Fusse sich mit acht Mördern schlagen. Umb ihn her lag eine zimliche menge Toder und sterbender / uñ wahr gleich an dem / daß der Ritter sich hätte müssen fahen lassen; dem er Beystand zu leisten sich alsbald entschoß / schickete seinen Diener zu rük nach seinen Reutern / und mit entblössetem Schwert rieff er den Mördern zu / sie solten sich an dem Ritter nicht vergreiffen; sprengete unter sie / uñ erlegete bald im anfange ihrer zween; weil aber sein Pferd erstochen ward / machte er sich herunter / trat neben den andern schon zimlich verwundeten Ritter / und sagte; haltet euch frisch / wir werden bald mehr Beystand haben. Worauff sich dieser ermunterte / daß vor der andern ankunft sie die Räuber alle erlegeten / und nach erhaltenem Siege Klodius den Helm abzog / umb zuvernehmen / wer ihm so ritterlichen Beystand geleistet hätte. Neda kennete ihn alsbald / und sagete: Geehrter Herr Bruder / ich freue mich sehr / daß ich ihm zu rechter Zeit bin zu hülffe kommen; aber wo hat er seine Liebeste? Klodius umbfing ihn / bedankete sich kürzlich der geleisteten Rettung / und klagete / er wüste eigentlich nicht / wohin sie geritten währe; hätte ihr aber drey Kriegsknechte zugeordnet / und meinete nicht anders / als daß sie sich nach der rechten Hand hingewendet hätte. Weil dann Neda Geselschafft gleich herbey kam / teileten sie sich / und traffen sie zwischen vier Mördern an / die ihre Knechte erschlagen / und sie mit sich geführet hatten / ward aber bald frey gemacht / und herzu geleitet / dañ wegen erschreknis kunte sie keinen Fuß aus der Stete setzen; meinete auch nicht anders / es währen neue Räuber / die sie abermahl gefangen; so bald sie aber berichtet ward / daß ihr Junker von seinem Oberwachtmeister Neda entsetzet / und Fr. Sophia mit ihrem Frauenzimmer zu gegen währe / erhohlete sie sich wieder / ward auch von der Geselschaft freundlich empfangen / ihres Unfals getröstet / und zogen miteinander fort nach dem nähesten Flecken / woselbst Klodius sich verbinden ließ. Zu Rom ward Fr. Sophia mit ihrem Zimmer von Herr M. Fabius umb so viel freundlicher empfangen / weil sie unvermuhtlich kahmen / insonderheit freuete sich Frl. Sibyllen Mutter über ihrer geliebeten Tochter Gegenwart / und taht Frl. Virginien und anderen ihren Gespielen ihre Ankunft zu wissen. Als aber zu Rom ausgebreitet ward / daß Fr. Sophia von Padua verhanden währe /deren der Keyser und der Raht das Ehrengedächtnis hatte richten lassen / ward sie von den vornehmsten Römischen Frauen besuchet / und höchlich gepreiset /daß durch ihren Raht und Angeben das grosse und algemeine Verderben von ganz Italien abgewendet währe. Käyser Alexanders Mutter Fr. Mammea / ließ sie auff ihrer Leibgutsche nach ihrer Burg hohlen; diese wahr dem Glauben nach zwar eine Christin /aber der Christlichen Tugenden befließ sie sich nicht allerdinge / dann sie übete an unterschiedlichen Römern schlimme grausamkeit / und wahr dem Geiz sehr ergeben. Dieses wuste Fr. Sophia wol / hatte sich auch mit übergrossen Geschenken versehen / die auff drey Tonnen Goldes sich belieffen / welche sie ihr demühtig einhändigte / und sich ihrer gnädigsten Hulde und Gewogenheit befahl. Diese wegerte sich anfangs sehr / ein so reiches Geschenk anzunehmen / aber auff harte nöhtigung empfing sie es / mit erbieten / bey ihrem Herr Sohn dem Käyser alles daß zuleisten / was zu ihrem auffnehmen gereichen könte; da sie dann /ihre Gunst zu erzeigen / mit ihr auff einer Gutsche nach dem Marsplatze fuhr / und ihr Ehren-Gedächtnis besahen. Der Käyser selbst / wie er ihrer Anwesenheit berichtet ward / baht sie neben Herr M. Fabius und Frl. Sibyllen zur Mahlzeit / und vernam alles umbständlich von ihr / wie sichs in Bestürmung des Raubnestes zugetrage hätte; sagte / er währe willens gewesen / die treflichen Helden nach Rom fodern zu lassen / und mit ihnen Kundschaft zu machen / hätte aber erfahren / daß wegen eines geraubeten Fräuleins sie abwesend wären; uñ muste sie diesen Unfal gleichmässig erzählen / da der Käyser und andere Anwesende sich der herzhafften Frl. Valiska nicht gnug verwundern kunten. Klodius und Neda macheten inzwischen zu Rom gut geschir / dann wie verachtet jener ehemahls wegen seiner schuldhaften wahr / so hoch ward er jezt geehret / und von den Römischen junge Rittern besuchet und zu Gaste geladen. Titus Bellizius / welcher Klodius älteste Schwester geheirahtet hatte / stellete des dritten Tages nach ihrer Ankunft eine grosse Gästerey an; untern andern Gästen wahr ein verwägener ädler Römer / nahmens Kajus Opelius / derselbe fing an / etliche Schimpfreden auff den Teutschen Adel außzustossen / nur daß er Ursach an Neda haben möchte / der sich vor ihm nicht so tieff demühtigte /als ers gerne gesehen hätte. Nun hatte dieser gleich sein Geschwätze mit Klodius Schwester / daß ers nicht acht nahm; so wahr Klodius hinaus gangen /daß er ihm nicht einreden kunte / und wolten die andern sich nicht mit einmengen / weil er ein unreiner Vogel wahr / und sein Adel neben der treflichen Erfahrenheit in Waffen / ihn gar frech machete. Als dieser merkete / daß der erste Bolzen vergebens abgeflogen wahr / fiderte er bald einen schärfferen / und fragete seinen Nebensitzer / mit was vor Waffen sich die Teutschen doch gegen sie gestellet / als Käyser Antoninus Karakalla sie vor eilf Jahren am Main geschlagen. Dieser wolte ihm nicht Ursach zu weiterem Unlust geben / und antwortete; er könte nicht leugnen /daß ihre Ritterschaft wol und redlich gefochten / und ob sie gleich mit Waffen so volkommen nicht währe versehen gewesen / hätten sie dannoch diesen Abgang durch Mannheit ersetzet / und möchte er vor sein Häupt wünschen / dz man diese zimlich abgelegene Nachbarn zu stetigen Freunden haben könte / massen die Teutschen Kriege viel Wunden und wenig Beute brächten. Opelius fuhr fort; er hoffete / die Teutschen würden das Narrenseil schier wieder zihen / und einen blinden Fal wagen / alsdann wolte er auff seine kosten wieder sie fortzihen / und nach Rom nicht kommen /biß er 50 ädle Teutschen gefangen / welche ihm seine Landgüter als Leibeigene bestellen / und des Vihes hüten solten; dann ich höre / sagte er / daß sie in Friedeszeiten den Pflug selber treiben / damit sie nicht hungers verschmachten. Diese Reden gingen beydes Klodius und Neda durchs Herz / uñ kunte jener insonderheit seinem Herrn Herkules zu ehren / es unbeantwortet nit lassen / sagete demnach zu ihm; Geliebter Oheim Opelius / ich bitte / er wolle sich in solchen Reden mässigen / welche vielleicht etlichen Anwesenden zu nahe treten möchten; ich diene einem teutschen Herrn / und wil mich glükselig achten / als lange ich die Ehre habe / ihm zu dienen / dann ich weiß / daß nicht alle Teutschen so beschaffen sind / wie man sie uns vormahlet; solten nu gleich Teutsche von Adel sich zuzeiten des Ackerbaues annehmen / würde solches ihren Adel eben so wenig schänden / als es ehmahls den treflichsten Römern L. Quintius Zinzinnatus / Attilius Seranus / Markus Kato / uñ anderen mehr / keines Weges verächtlich gewesen ist; nachdem wir aber freundschaft und Lust wegen beyeinander sind / wollen wir von frölichern Sachen schwätzen. Inzwischen saß Neda und brante vor Zorn / nahm auch gänzlich vor / sich an dem Schänder zurächen /und sagte zu Klodius; Geehrter Herr Obrister / und Brüderlicher Freund / er weiß dz ich mich unter den Teutschen Adel zählen lasse / ob ich gleich meine Güter in Böhmen habe / welches Reich doch mitten in dem Herzen Teutschlandes gelegen ist. Nun wil ich nicht hoffen / daß die jezt vorgebrachte Reden insgemein auff allen teutschen Adel gemeinet seyn / sondern nur auff die Unnützen und faulen / deren es ohnzweiffel allenthalben / auch mitten in Rom geben möchte; daher dann dieser Ritter so wenig Ursach hat umb solcher willen so weit zu reisen / als wenig wir uns dessen anzunehmen haben; wiewol ich wünschen möchte / daß er alle nichtwerte Teutschen vor Leibeigen hätte / auff daß Teutschland / welches nur tapffere Herzen liebet / des unnützen Wustes möchte entladen seyn. Opelius wahr so tummes verstandes nicht / daß er den Auffzug nicht solte gemerket haben / gedachte ihm aber zuvergelten / und gab zur Antwort: Die unüberwindlichen Römer haben nicht de Brauch / daß unnütze mit sich über Land zuschleppen / sondern geben es ihrer Mutter der Erden; nur was sie tüchtig finden / dem gönnen sie das Leben zu ihrem Dienste; uñ hat man wol ehmahls mehr Leibeigene Teutschen /als Herren zu Rom gefunden; ja wer weiß / was uns das Glük in kurzem zuwendet? Ich rühme die unüberwindlichen Römer / als Herren vieler Länder / sagete Neda / aber die Leibeigenen haben sie nicht beim Trunke / noch mit dem Maule / sondern mit bewehrter Faust gemacht. Damit ging der Tanz recht an / massen Opelius alsbald fragete / ob er damit gestochen währe. Niemand / antwortete Neda / ohn der den redlichen Teutsche Adel schändet / welchen Käyserl. Hocheit neulich auf dem Marsplatze sonderlich geehret hat. Opelius fassete das Trinkgeschir / in meinung ihm dz Gesicht damit zuschänden / aber Neda solches sehend / fing den Wurff mit der Hand auf / wolte doch nicht wieder werffen / sondern redete die Anwesende Geselschafft also an: Ihr hoch ädle ruhmwirdige Römer / werdet mir schier heut oder Morgen dessen beständige Zeugniß geben / was alhie vorgangen ist; Dich boßhafften Schänder aber / sagte er zu Opelius /halte ich des Ritterstandes unwirdig / weil du einen Ritter nicht mit Ritterlichen Waffen / sondern mit einem Trinkgefäß angreiffest / uñ wil ich dich umb deiner Schmachrede willen ausfodern / dz du auff dem Marsplatze erscheinest / damit ich sehen möge / ob dein Herz so fest wiederhalten / als dein Maul schänden kan. Dieser antwortete: Ob er noch einen Teutschen BaurenFlegel bey sich hätte / solte er denselben zu hülffe nehmen / daß er ihm den Schild vorhielte. Hie führe ich meinen Flegel an der Seite / sagte Neda / und werde noch heut sehen / ob du bequemer seyst zu dröschen oder gedroschen zuwerden. Ging damit hinaus auff sein absonderliches Gemach / legete seine Waffen an / und ritte nach des Käysers Burg / bey dem Fr. Sophia zu gaste wahr; dieselbe ließ er zu sich hinaus bitten / erzählete ihr alle begebniß / und baht untertähnigst / bey Käyserl. Hocheit ihm urlaub zuerlangen / seine Ausfoderung zuverfolgen; worzu sie willig wahr / brachte es auch bewäglich vor / nebest anmeldung / dieser Ritter währe eines vornehmen Böhmischen Herrn Sohn / und ihres Gemahls lieber Geträuer / daß auch ihr Herr Vater ihn wegen seiner Tapfferkeit in Römische Dienste genommen hätte. Der Käyser ließ ihn selbst hervor treten / da er dann den Schimpff / dem ganzen Teutschen Adel angelegt /so ernstlich vortrug / und zugleich um Erlaubniß des Kampffes anhielt / daß der Käyser sich alsbald erboht / den Opelius deswegen an Leib und Leben zustraffen / dafern er seiner Anklage glaubwirdige Zeugniß führen könte. Weil er dann sechs Römische Ritter bey sich hatte / die solches einhellig ablegeten / erzürnete sich der Käyser sehr / hätte auch ernstliche Straffe ergehen lassen / wann nicht Neda davor gebehten / der nur bloß umb des Kampffs Vergünstigung ansuchung taht / dessen er durch Fr. Sophien Vorbitte endlich gewehret ward / doch daß Opelius zuvor bey dem Käyser erscheinen muste / welcher ihn also anfuhr: Du beschimpffung des Römischen Adels; wie darffstu eines ganzen Landes Adel schänden / dessen Manheit unserm Reich allezeit widerstanden / und sich in Freyheit erhalten hat? Du hast vielmehr des Henkers Beil /als das Ritterliche Schwert verdienet / indem du eben diese wider unser Reich auffzuwiegeln bedacht bist /welche mit Freundschafft uns zuverbinden / wir geflissen sind; weil wir aber absonderlich erbehten worden / diesen Kampff zuzulassen / kanstu dich darzu schicken / und im fall du obsiegest / nicht desto minder des Rechts erwarten. Opelius taht einen demühtigen Fußfall / hätte wegen eines eingebildeten Schimpffs zu milde geredet / welches er abzubitten erböhtig währe; hoffete sonst vor dißmahl zuzeigen /wie hoch Römischer Adel den Teutschen überginge. Der Käyser hieß ihn sich packen / und daß er nicht bedacht währe / seines unbesonnenen Schwerts zu solchem wichtigen Beweißtuhm zugebrauchen; stund auff / und machte sich mit seiner Geselschafft fertig /dem Kampffe beyzuwohnen / und da es nöhtig seyn würde / des Teutschen Ritters Leben zuretten / weil ihm Opelius Kühnheit wol bekant wahr. Das Frauenzimmer zog mit hin / und empfand die gute Brela in ihrem Hertzen nicht geringe Furcht und Schmerzen /daß sie zu Libussen sagete: Meinen ungenehme Bräutigam habe ich zu Padua im Kampff verlohren; solte ich nu meinen SeelenSchaz hier zu Rom einbüssen /hätte ich erstüber Unglük zuklagen. Aber Libussa tröstete sie; Neda hätte vorerst die Gerechtigkeit / hernach der Götter und des Käysers Gunst auff seiner seite / und währe sein erstes nicht / daß er hochmühtigen Frevel dämpffete. Die Kämpffer setzeten mit ihren Speeren grimmig auff einander / welche in der Lufftverstoben / aber keinen niderwurffen; daher ließ ihnen der Käyser neue reichen / weil Neda insonderheit darumb anhielt; der sich dann mit solcher Gewalt auff seinen Feind loß gab / daß er ihn gestrekt auf die Erde niderlegete / daher seine Brela gute Hoffnung fassete des künfftigen Sieges. Neda stieg bald ab / trat hin zu dem gefälleten mit blossem Schwerte / da derselbe sich noch nicht regete / machte ihm das Helmgesicht auff / daß er frische Lufft empfing / und sagete überlaut zu ihm: Nun mein Opelius / bistu noch gewillet / 50 Teutsche von Adel zufahen / deren vielleicht noch keiner mag gebohren seyn? der Anfang ist zimlich schlecht / und stünde dein Leben in meiner Hand / wann ich eine grausame Seele hätte; aber mache dich auff die Füsse / damit ich sehen möge / ob du besser auff zwey als auff vier Beinen streiten könnest / dann ich muß dein Schwert auch kennen lernen. Dieser erhohlete sich wieder / und als er sich auffgerichtet hatte / gab er zur Antwort: Nicht du / sondern des Käysers Ungnade hat mich abgestochen. Ja /hastu so hochgelehrte Entschuldigungen / sagte Neda / so ist gefährlich mit dir zuzanken; aber fasse einen Muht / und trit dem Unglük mit eben der Herzhafftigkeit entgegen / durch welche du die ädlen Teutschen mit hauffen pflegest gefangen zunehmen / wann dir der Wein wol schmecket. Dieser Spot taht ihm weher als der Tod selbst; warff sich in die Höhe / und fing an seine Fechterkunst sehen zulassen. Aber Neda dröschete weidlich auf ihn loß / daß in weniger Zeit seine Waffen mit Blut angefärbet wurden / und ihm alle kraft entging. Weil er dann nicht willens wahr /ihn zutödten / trat er ihm mit dem Schilde ein / ließ sein Schwert fallen / und risse ihm das seine aus der Hand / sprechend: Nun gib dich / Opelius / ich bin nicht willens / dich zuverderben / wann du guten Willen erkennen kanst; uñ daß du mein redliches Herz spürest / wil ich mich bemühen / dir einen gnädigen Käyser zu machen. So währe ich euch mein Leben schuldig / sagte Opelius; ist aber keine Gnade zuerhalten / so beseliget mich mit einem schleunigen Tode; Der Käyser hörete ihr Gespräch / aber nicht dessen Verstand / vor welchem Neda sich in die Knie legete / und alleruntertähnigst baht / ihre Käyserl. Hocheit möchte in ansehung seiner beyden gnädigen Herren / Ladisla uñ Herkules / deren Ehren Gedächtniß hier auffgerichtet stünden / gegenwärtigem Ritter Opelius allergnädigst verzeihen / als ob des verlauffenen nichts vorgangen währe. Fr. Sophia und Frl. Sibylla bahten ein gleiches bey des Käysers Fr. Mutter; Worauf der Käyser sich also erklärete: Redlicher Ritter / damit ihr sehet / wie hoch ich die Gedächtniß der beyden Helden / Herren Ladisla und Herkules halte /und ihre Wirdigkeit schätze / insonderheit / weil des erstgenanten sein Gemahl das Wort mit führet / so trit herzu / du unvorsichtiger Opelius / dein Verbrechen ist tod / und sol forthin weder gedacht noch genennet werde. Die anwesenden ingesamt erfreueten sich der ganz ungewöhnlichen Gnade / kehreten wieder umb /teils nach der Burg / teils nach T. Bellizius Behausung / und liessen den verwundeten fleissig verbinden. Des folgenden Morgens stellete Klodius auff Fr. Agathen begehren eine treffliche Gästerey an / bey welcher sich Herr M. Fabius mit Fr. Sophien und Frl. Sibyllen einstelleten. Nach abgehobenen Speisen hielt Fr. Agatha in aller Gäste gegenwart bey ihrem Klodius an; nachdem sie ihn zum Herrn aller ihrer Güter gemacht hätte / möchte er ihr den dritten Teil aller seiner Römischen Güter schenken / welches von allen mit einem Gelächter angenommen ward; Er aber /weil er ihr vorhaben merkete / willigte alsbald darein; worauf sie dessen drey gegenwärtige Schwestern also anredete: Hochwerte Frr. Schwestere / und herzgeliebete Freundiñen; weil ich meinen ergebenen schwesterlichen Willen ihnen gerne in der Taht erzeigen /und dessen ein Zeichen hinter mir lassen wolte / so bitte ich freundlich / sie wollen diesen dritten Teil aller Römischen Güter ihres geliebeten Bruders unwegerlich von mir annehmen / und dabey sich allemahl meines geneigten Herzens erinnern. Sie samt ihren Ehejunkern verwunderten sich der grossen freygebigkeit / weil einer jeden Anteil sich auff 12000 Kronen wert erstreckete / und wahr keine unter den Schwestern so kühne / daß sie geantwortet hätte; worüber Klodius anfing: Er wolte nimmermehr hoffen / daß seine Schwestern ihrer Schwägerin seiner Eheliebsten diese ihre erste Bitte abschlagen wolten; so dürfften sie auch nicht gedenken / als wann ihm solches zuwider währe; Gott hätte ihm so grosse Güter mit seiner Liebsten bescheret / daß er durch diese Verehrung keinen Abgang zubefürchten hätte. Darauff ward das Geschenk mit sonderlicher Danksagung allerseits angenommen / und verehreten die drey Schwäger ihr hinwiederumb eine treffliche Gutsche mit sechs Sizilischen Blänken / blieb auch diese Geselschafft zwo Wochen zu Rom / da Klodius und Neda etliche mahl bey der Käyserlichen Mahlzeit sich musten einstellen / hernach macheten sie sich wieder nach Padua. Als sie daselbst ankahmen / wurden sie mit neuer Freude überschüttet; dann es trat zugleich mit ihnen ein Bohte hinein / welcher von Jerusalem geschicket wahr / und dem Stathalter drey Schreiben einlieferte; eines von Herr Pompejus / das andere von Ladisla / das dritte von dem jungen Fabius seinem Sohn. Pompejus meldete / wie es Fürst Herkules bey ihm ergangen währe; die anderen beyde zeigeten ihr wolergehen an /und hatten ihre Briefe zu Seleuzia geschrieben. Frau Sophia bekam zwey Schreiben; eines von ihrem Ladisla / da er sie seines Abwesens tröstete / und schleunige Wiederkunfft versprach; das andere hatte Fräulein Lukrezie auffgesetzt / unter dieser überschrifft: Der Durchleuchtigsten Fürstin und Frauen / Frauen Sophien Fabiin / vermähleten Königin in Böhmen; meiner vertraueten Frau Schwester Hier muß gewißlich mein Ladisla oder Herkules gewesen seyn / sagte sie; dann was wüsten sie zu Jerusalem sonst von meiner Heyraht? Aber ihr Vater antwortete: Gedenkest du dann /daß ich meinen nähesten Anverwanten deine Heyraht nicht werde zugeschrieben haben? Sie öffnete den Brief / und lase daraus folgende Worte:
Herzgeliebete Frau Schwester; nachdem der Durchleuchtigste GroßFürst / Herr Herkules / dieses Orts glüklich angelanget / hat der Allmächtige Gott es gnädig geschicket / daß ich in seiner Liebe Kundschafft und brüderliche Vertrauligkeit auffgenommen bin / dessen zeit meines Lebens ich mich rühmen und freuen werde / angesehen ich den Ausbund aller Tugend und Zucht bey ihm angetroffen; ja eben den / welcher der Frau Schwester nicht anders als seiner Seele gewogen ist. Zeit seiner Verwundung. Was muß das vor eine Verwundung seyn? sagte sie zu ihrem Vater; welcher ihr befahl /sie solte zum Ende lesen / hernach wolte er dieses aus seinem Schreiben schon erklären; fuhr demnach also fort: Zeit seiner Verwundung / da ich ihm stetige Geselschafft leistete / musten seine Frau und Fräulein Schwestere Sophia und Sibylla allemahl das Hauptwerk seiner Rede seyn / daß mich wunder nam / wie eine andere ihn von so lieber Geselschafft abzihen mögen / es sey dann /daß mit der verlohrnen sein Herz verlohren währe / welches ich muhtmasse / weil weder Gefahr noch ichtwas anders ihn von dieser Nachsuchung abhalten kunte. Aber erkennet doch euer Gebrechen / ihr herzliebe Schwestern / daß ihr einen so allerliebsten Bruder ohn gebührliche Kleidung habt können von euch zihen lassen; zwar eure Fehler habe ich nach Mögligkeit ersetzet / aber hiedurch seyd ihr nicht zuentschuldigen / welches nach diesem euch mündlich zuverweisen / ich unvergessen seyn wil. Inzwischen befehle ich euch dem Schutz des allmögenden wahren Gottes / verbleibend / weil ich lebe / meiner hochgeliebten Frau Schwester bereitwilligst-gehorsamste / und ganz ergebene Dienerin / Lukrezie Pompejin.
Fräulein Sibylla wuste nicht / ob sie ihr Schreiben öffentlich lesen dürffte / biß Herr Fabius ihre neue Zeitung ihnen mitzuteilen anhielt; worauff sie den Brief ihrer Wasen zulesen reichete / der also lautete:
Herzgeliebete Frl. Schwester; eures guten Zustandes /welchen ihr ohn zweifel dem unvergleichlichen Fürsten /Herrn Herkules zudanken habet / bin ich zur gnüge berichtet; möchte wünschen / daß wir so nahe beysammen lebeten / daß die Zunge uns an stat der Briefe dienen könte. Aber O! in was grosser Freude und Lust müsset ihr gewesen seyn / da der zierliche Silvan euch im Pusche so viel Honigsüsses vorschwatzete; nimt mich wunder /wie ihr demselben Schwesterliche Hulde zuwenden können / der euch eines so höflichen Schatzes beraubet hat. Bitte sehr / dieses Schreiben vor eine Trost Schrifft zu rechnen / und dem Kummer wegen Abfalls dieses Liebesten nicht zu weiten Raum in eurer Seele zugönnen. Ich habe unserm Bruder Herr Herkules diese Unhöfligkeit sehr auffgerücket / daß er einem verliebeten Fräulein einen so höflichen Buhlen entrissen / der in Freundligkeit es einem erzürneten Ochsen fast zuvor tuhn solte. Mässiget / bitte ich / eure Trähnen / und machet mich durch genehme Antwort wissen / was mein Schreiben vor Trost gewirket. Dem Schutz GOttes empfohlen / von eurer geträuesten Schwester Lukrezien Pompejin.
Alle anwesende lacheten des Auffzuges; aber das Fräulein sagte: Ich gönne meiner Wasen nichts böses / aber den hundertsten Teil meiner damahligen Angst dürffte ich ihr fast wünschen; doch wann sie daher die Straffe ihres Gelächters erkennete / wolte ichs ihr gerne wieder abnehmen. Ihr müsset ihr diesen Streich vergelten / sagte Herr Fabius; und als sie ihre Einfalt anzog / sagte Frau Sophia: Gebet euch zu frieden /wir wollen zehn Pfeile vor einen finden / so bald wir nur den Bogen haben / sie ihr zuzuschiessen. Frau Ursula stellete sich sehr betrübt / daß sie kein absonderliches Schreiben von ihrem Fabius hatte / welches aber in des Vaters seinem verschlossen wahr / und ihr endlich eingehändiget ward / da sie wegen seines Wolergehens sich vergnüget befand / und mit den andern der glüklichen Wiederkunfft mit Schmerzen erwartete.
Zu Ekbatana freueten sich unsere Helden / daß die Zeit ihrer Reise nach Charas biß auff einen Tag verflossen wahr / da sie dann allerdinge fertig wahren loßzubrechen. Es kam aber eine Vorschafft von Artaxerxes den Persischen GroßFürsten / mit Schreiben an Pharnabazus. Phraortes wahr ihm nicht ohn Ursach eines wichtigen Inhalts vermuhten / brachen den Brieff / und funden dieses: Ihm währe glaubwirdig vorkomen / daß zween vortreffliche Ritter sich bey ihnen auffhielten / deren Erfahrenheit in Kriegssachen sehr groß währe; nun würde man zweiffels ohn dem ruhmwirdigen Vorhaben in kurzen seinen Fortgang göñen / wobey ritterliche Helden das meiste verrichten könten; und ob man gleich fremder Waffen nicht bedürfte / welche dannoch nicht außzuschlagen / hätte man doch zuverhüten / daß solche Leute nicht dem Feinde zu dienste gingen; bähte demnach / alle mögligkeit anzuwenden / daß man sich dieser Helden versicherte / und keinen Sold zu hoch achtete / damit man sie in bestallung bringen könte. Phraortes merkete wol / woher Artaxerxes dieses erfahren / ließ ihm den Vorschlag wolgefallen / und beriet sich mit Pharnabazus / wie das Ding am füglichsten anzugreiffen währe / daß man gleichwol die Geheimnis vor ihnen noch zur Zeit verborgen hielte; macheten sich hin zu unsern Helden / und trugen ihnen dieses vor; Hochwerte Herren und Freunde / es ist eine hochwichtige höchstgeheime Verbündnis obhanden / in welcher wir neben andern hohen Häuptern begriffen sind; begehren demnach instendig von uns / mit euer Liebe vertraulich zuhandeln / ob denen belieben könte / als lange sie in diesen Ländern sich auffhalten / ihnen mit Raht und Taht beypflichtig zu seyn / auff welchen Fall sie euch Monatlich 200000 Kronen ingesamt bestallungs Gelder / und jedem 100 LeibReuter zu unterhalten anbieten / es möge Krieg erfolgen oder nicht; da euch dann die HochFürstl. Verbündnis freiwillig verspricht / auff den Fall ihr selbst Feinde bekommen würdet / euch mit 200000 MannBeystand zuleisten. Herkules und Ladisla beredeten sich hierauff kürzlich / und gaben zur Antwort: Sie wünscheten denen Durchll. vereinigten Fürsten und Ständen Glük und Heyl zu ihrem löblichen Vorhaben / und weil sie höreten / daß sie beyde selbst vornehme Glieder solcher verbündnis währen / erkenneten sie sich schuldig / ihnen mit Gut und Leben zu dienen / als viel ihr Vorhaben immermehr zulassen wolte; daß sie aber durch wirkliche Bestallung sich zuverbinden bedenken trügen / würde verhoffentlich der GroßFürst ihnen nicht verargen / massen ihnen allerdinge unbewust währe / wie lange sie in diesen Landschafften sich würden auffhalten können. Der GroßFürst erboht sich hingegen / ihnen im Nahmen der vereinigten Stände schriftliche Versicherung zu tuhn / daß wieder ihren freien Willen sie nicht einen Tag auffgehalten /noch irgend wo zu solten gefodert werden / daß ihrem Vorhaben könte hinderlich seyn; wiederhohlete darauff seyn voriges / und wandte ein / da sie auff beharlichen Abschlag fest stehen würden / dürften die vereinigte zweiffelhafte Gedanke fassen / wessen sie sich zu ihnen versehen solten. Hierauff erbohten sie sich /ihres Willens zu leben / dafern der Krieg nicht wieder die Römer angesehen währe / auff welchen wiedrigen Fall sie lieber geträue Mitler zum Friede seyn wolten. Und als ihnen auch diese Furcht gänzlich benomen wahr / schlossen sie miteinander / und daß Leches Monatlich 4000 Kronen / im Felde aber gedoppelt so viel haben solte. Also ward diesen Tag alles zum Auffbruch fertig gemacht / und nach genommenem Abscheide / welcher traurig genug wahr / und nicht ohn Trähnen geschahe / begaben sie sich unter der Begleitung 200 Reuter / auff den Weg nach Charas /so daß Pharnabazus mit ihnen biß an die Parthischen Grenzen fortritte / und von darab sich wieder nach Persepolis zu dem Persischen GroßFürsten begab /welcher ihn nach Rom verschicket hatte.