Vierdes Buch.

 

Fürst Gobares / nachdem er zwölff Tage bey Nabarzanes außgehalten / und seinen unkeuschen Willen nicht so wol als ehemahls vergnüget hatte / ward eingedenke / daß die Reichsnoturfft seine Gegenwart erfoderte / deßwegen er sich wieder zur heimreise fertig machete. Er merkete aber aus den Liebesblicken /welche F. Statira auff ihren Kleon zum oftern schiessen lies / daß sie nicht schlechte Zuneigung gege ihn trüge; so lag ihm die Kaltsinnigkeit uñ geringe Inbrunst im Kopffe / welche sie ihm dißmahl über ihre Gewohnheit hatte merken lassen; dann die Warheit zumelden / währe sie des Fürsten gerne abgewesen /wann sie mit Fuge gekont hätte / und gedachte fort mehr keinem ihre Liebe / als Kleon zuerteilen / so daß sie auch mit den Gedanken schwanger ging / ihren Nabarzanes vom Brodte zurichten / und Kleon vor einen Gemahl anzunehmen / auch mit ihm gar davon in sein Vaterland zuzihen / da sie zuvor alles / was tuhnlich währe zu Gelde machen / auch was sie außstehen hatte / einfodern wolte. Der Fürst / welcher ohndaß dem Zorn und der Eifersucht ergeben wahr /fassete aus blossem ungegründeten Argwohn / solche schwere ungnade wieder Kleon / daß er ihm gänzlich vornam / diesen verdächtigen Mitbuhler des Lebens zuberauben / jedoch zuvor wahr zunehmen / ob er sich auch einiger Bezeigung würde merken lassen /daher er seiner Buhlerey könte vergewissert werden; Welches jener aber so fleissig verhütete / daß der Fürst in etwas gelinder ward / und in seinem Herzen gedachte / vielleicht ist dieses Feur in Statiren Seele annoch verborgen / und Kleon unwissend; foderte doch des Abends vor seinem Abscheide Nabarzanes allein vor sich / und redete ihn also an: Ich weis nicht / mein Freund / was günstige Augen unsere Statira eurem neuen Diener zuwirffet / die mich fast / ja wol ungezweiffelt einer heimlichen Liebe zwischen ihnen berichten wollen; wie nun solches mich nicht wenig verdriessen würde / also währe es euch trauen sehr nachteilig / mit einem schlimmen erkaufften Knechte euer eheliches Gemahl gemein zu haben / insonderheit da dieser schier heut oder Morgen sich dessen bey andern berühme solte. Ja wer weiß / ob er euch nicht gar nach dem Kragen stehen dürfte / worzu ich ihn verwägen gnug ansehe. Nehmet demnach bey Zeiten wahr /was vor eine schädliche Schlange ihr in eurem Busen ernähret / und bauet dem Unglük vor / ehe es Oberhand nimt / dann in dem ersten Grase kan das Unkraut leicht gedämpfet werden / wans aber schon vollen Samen gesetzet hat / nimt es den ganzen Garten ein und verdirbet alles / daß man ihm weder zu rahten noch zu steuren weiß. So habet nun bey zeiten acht auff euch selbst / und könnet ihr dem Ubel auff andere Weise nicht vorkommen / so lasset den Buben entweder nidermachen / oder jaget ihn von euch / habt ihr dañ Gelder vor ihn angewendet / die wil ich euch gedoppelt und dreyfach wieder geben. Nabarzanes wuste umb diese Händel sehr wol / schämete sich aber / es dem Fürsten zu offenbahren / und fürchtete sich zugleich vor seinem Gemahl / daher er diese Antwort gab: Gnädiger Fürst und Herr / ich bin dieses dinges bißher unberichtet / habe auch davon nichts merken können; doch kan es seyn / daß der schlimme Bube mit dieser Bosheit schwanger gehet / welches da ichs vernehmen würde / ihm trauen nicht solte übersehen werden; einmahl kan ich nicht leugnen / daß mein Gemahl sehr viel auff ihn hält / weil er gar ein guter Bereiter und Jäger ist; es wissen aber eur Durchl. daß sie von mir keine Einrede annehmen wil / daher ich mich scheuhe / eurer Gn. Gedanken ihr vorzutragen /und möchte wünschen / daß dieselbe ihr nur scharff gnug einredete / und diesen Fehler verweißlich vorhielte / welches ohn zweiffel viel nutzen schaffen und dem Ubel leicht steuren würde. Mein / ihr seid gar zu einfältig / sagte Fürst Gobares / und wil sich ja nicht reimen / daß sie dessen verweiß von mir einnehme /sondern euch lieget ob / sie ihres verbrechens zuerinnern / und nach befindung zu straffen / welches / daß es erster Stunde geschehe / ich träulich rahten wil /doch daß ihr meiner dabey im geringsten keine Meldung tuht. Wie es euer Durchl. beliebet / antwortete er / und wil schon wissen / sie rechtschaffen vorzunehmen; weil aber die Abendspeisen schon auff uns warten / werden wir uns zu Tische setzen. Bey der Mahlzeit ließ der Fürst sich keines Wiederwillen merken /biß Statira ihrer Gewohnheit nach / die Augen gar zu hefftig an ihren gegen ihr überstehenden Kleon weidete / und fast essens und trinkens drüber vergaß / daß auch Kleon unwillig drüber ward / und ihr einen Wink gab / sich hierin zu mässigen. Gobares / der genaue acht auf sie gab / entbrante hierüber von Zorn /dz er den Eifer sich bald hätte übermeistern lassen /ihr verweißlich zuzurede / welches Nabarzanes merkend / seinen Kleon einen Abtrit nehmen hieß / vorgebend / er hätte mit dem Fürsten in geheim zureden /welcher dann nach Kleons Abtrit zu Nabarzanes sagete: Gewißlich mein Freund / ihr habt einen holdseligen Diener an diesem Griechen / und scheinet derselbe ein guter erkenner des schönen Frauenzimers zu seyn. Fr. Statira ward durch diesen Stich am innersten ihrer Seele gerühret / und nam ihr vor es unbeantwortet nicht zu lassen / wañ nicht Nabarzanes ihr zuvor kommen währe / der zu dem Fürsten sagete: Ich weiß nicht / daß mein Diener nach dem Frauenzimmer sich ernstlich umbsehen solte / sonsten hat mein Gemahl unterschiedene saubere Dirnen / deren eine ich ihm an den Hals werffen wolte. Daß ihrs nicht gemerket /sagte der Fürst / ist umb so viel schlimmer; so schnappet mannicher lieber im finstern nach dem schönsten / als an der Sonnen nach dem mittelmässigen / und hat man sich mehr vor schlaubeissende als bellende Hunde vorzusehen / dann die fallen uns ungemeldet an / so daß sie den Biß schon volbracht haben ehe mans gewahr wird. Unter dieser Rede / wie hart sie gleich wahr / besan sich dannoch Statira / verbarg ihren Zorn / und antwortete mit lächelndem Munde: Wañ ich wüste / daß meines Gemahls Diener so freyisch währe / wolte ich ihm keine einzige aus meinem schlechten Zimmer versagen / insonderheit /weil mein Gemahl sich erbeut / selbst freywerber zu seyn. Sie suchte aber Gelegenheit zu anderem Gespräche / und stellete sich algemehlig gegen den Fürsten freundlicher als diese Zeit über geschehen wahr; wodurch sein Grim sich legete / und er in etwas befriediget ward / ließ sich auch weiter nicht daß geringste gegen sie vermerken. Sie aber machete sich des folgenden Morgens zu ihrem Nabarzanes / küssete und herzete ihn über ihre Gewohnheit / und sagte nachgehends: Herzgeliebter Herr und Gemahl / was hatte der Fürst gestern Abend vor Ursach / auff meinen Kleon zu schimpfen? Ich wil ja nicht hoffen / daß durch falsches Geschwätze ihr ihm Ursach darzu gegeben habet / mich und ihn in ungleichen Verdacht zuziehen; dann währe solches geschehen / wolte ich versichert mich alsbald vor euren Augen erstechen. Der einfältige Tropff meynete / sie ginge bereits mit Todes Gedanken umb / offenbahrete ihr deswegen alles /was der Fürst mit ihm geredet / und er hinwieder geantwortet hätte / taht endlich aus seinem eigenen Gehirn hinzu / der Fürst wäre entschlossen / Kleon etwas mit auff den Weg zunehmen / und niderhauen zulassen; worüber sie gar bestürzete / machte sich bald hin zu Kleon / und gab ihm Befehl / Sudwerz auff die Jagt zureiten / und vor späten Abend nicht wieder zukommen / weil sie fürchtete / er würde mit dem Fürsten reiten müssen / welches ihm Ungelegenheit geben dürffte. Diese Zeitung wahr ihm nicht so gar angenehm / gestaltsam er sein bevorstehendes Unglük unschwer zuerkennen hatte; machte sich demnach bald auff / nam ein Strik Winde zu sich / und taht wie ihm befohlen wahr. Inzwischen überlegete Gobares bey ihm selber / wie er Kleon vom Brote richten könte / dz Statira dessen nicht gewahr würde / und befand endlich am tuhnlichsten / es dergestalt anzugreiffen /wie Nabarzanes aus eigenen Gedanken vorgab /machte sich darauff von seinem Lager / und ließ alles zum schleunigen Auffbruch fertig halten. Wie er nun Kleon bey dem Frühstücke / vorigem Gebrauche nach / nicht aufwarten sahe / und seines abwesens ursach zuwissen begehrete / gab die Frau ihm zur Antwort: Weil sie gestern Abend gemerket / daß Ihre Gn. etwa einen Unwillen zu ihm trüge / wolte sie dieselbe durch seine Gegenwart nicht zu weiterem Zorn oder ungenehmer Bewägung reizen; überdas hätte sie des Fürsten gestrigen Reden etwas tieffer nachgedacht /und da sie wissen solte / daß sie damit gestochen währe / wolte sie verschwören / sich zeit ihres Lebens von einigem Mannesbilde / wer der auch währe / weiter berühren zulassen / wolte auch zum Zeugniß ihrer Unschuld / diesen ihren Diener / ungeachtet seiner Unschuld / mit eigenen Händen erwürgen; welche Worte sie mit einem kläglichen weinen endigte; Wodurch der Fürst dergestalt bewäget ward / daß er ihr Trost einsprach / mit Beteurung / es wäre nur scherzweise / uñ durchaus nicht auf sie geredet; so hätte er auch gar keine Ungnade auff ihren höflichen Diener geworffen / dessen adeliche Sitten ihm insonderheit wolgefielen / daher er ihm / etliche Meile mitzureiten / zulassen wolte. Zwar es merkete Statira sein meuchlisches Vorhaben handgreifflich / ließ sich aber dessen nicht merken / sondern befahl dem Kleon zuruffen / ward aber berichtet / er währe nicht anheimisch /sondern gar früh auf die Jagt ausgeritten / mit vorgeben / nicht umzukehren / biß er einen Hirsch / oder sonst ander groß Wild angetroffen hätte. Erst gedachte Gobares / diß müste ein angelegtes Spiel seyn /kunte doch seine Reise nit auffschieben / sondern nach eingenommenem Mahle / setzete er sich mit allen seinen Dienern zu Pferde / ohn daß er einen verschlagenen ädelknaben hinterließ / der sich krank stellen / und auf Statiren und Kleons Beginnen acht haben solte / welches von ihm fleissig verrichtet ward; dann so bald Kleon mit seinem grossen wilden Eber / den er auf einem Karren nachführen ließ / zu Hause anlangete / empfing die Frau ihn nach Gewohnheit sehr freundlich / und ging bald darauff mit ihm in ein absonderliches Gemach / welches der Knabe ersehend / heimlich nachschleich / und ihres Liebehandels zu gutem teile wahrnam / ging unvermerket wieder davon / und setzete nach genommenem Abscheide seinem Fürsten ungeseumet nach / welcher vor wenig Stunden seine HauptStad Susa erreichet hatte; demselben taht er zuwissen / nicht allein was er ingeheim verspüret / sondern auch öffentlich angesehen hätte / daß Kleon mit Nabarzanes zu Tische / allernähest bey Fr. Statiren gesessen währe. Diese Zeitung wahr dem Fürsten als ein Schwert im Herzen /wolte doch nicht / daß es unter die Leute solte ausgebreitet werden / weil ohn das diese seine Buhlerey sehr heimlich und verborgenwahr / derhalben er den Knaben die folgende Nacht auf dem Lager mit einem Stricke erwürgen ließ / und sendete früh Morgens sechs gewapnete Knechte nach Nabarzanes Schlosse mit diesem Schreiben:

Fürst Gobares wünschet Nabarzanes seinem lieben geträuen / Glük und Heil. Nachdem ich neulich von euch weg geritten / und die löbliche Sitten eures Dieners Kleons in bessere Obacht gezogen / ist mir eine sonderliche beliebung ankommen / ihn vor meinen Leibdiener zuhaben / zweifele nicht / ihr werdet mir hierin gerne wilfahren / wie imgleichen Kleon solches gute Glük nit ausschlagen wird. Ich übersende bey Zeigern den bewusten Lehnbrief über das versprochene Rittergut / welches ihr von nun an besitzen / und als euer Eigentuhm gebrauchen sollet / ohn einiges Menschen Hinderung uñ Einrede. Gehabt euch wol / und grüsset unsere herzgeliebete Fr. Statiren.

Diese Abgesanten hatten von ihrem Fürsten den ausdrüklichen Befehl / daß sie Kleon auff dem Wege erschlagen / und sein Häupt mit überbringen / den Leib aber den Hunden vorwerffen solten; welche /solches zuverrichten / sich auff den Weg begaben /kahmen auch des dritten Tages umb Mittageszeit auff Nabarzanes Schlosse an / da die Frau mit ihrem Kleon gleich auff einem Lustgange umher ging. Sie muhtmassete alsbald / es würden des Fürsten Leute seyn / deswegen verbarg sie ihn auff einem Gemache /ging darauf nach ihrem Gemahl / und lase neben ihm des Fürsten Schreiben; nam einen frischen Muht an sich / uñ gab zur Antwort: Dieses währe ein schlechtes begehren von Ihrer Fürstl. Gn. dem leicht könte und billich müste untertähnig gewilfahret werden /und möchten die Abgesanten sich nur gedulden / biß Kleon von der Jagt wieder zu hauß kähme; ihres Gn. Fürsten Woltahten währen so groß / daß sie ihm nicht allein einen Diener / sondern alle ihre Güter und Vermögen schuldig währe. Nabarzanes ward dieser Erklärung sehr froh / und lobete sein Gemahl / daß sie wider des Fürsten Willen sich nicht sperrete; Sie aber / weil sie ihren geliebten Buhlen so leicht zuübergeben nicht willens wahr / machte sich hin zu ihm / er solte bey Nachtzeit in stiller geheim hinaus reiten /sein Pferd unfern des Schlosses erstechen / und seinen Huet und Degen dabey ligen lassen / nachgehends zu fusse wieder auff das Schloß kehren / und nur gutes muhts / auch der gewissen Zuversicht seyn / daß sie Lebensgefahr mit leichter Mühe von ihm abwenden wolte. Kleon verwunderte sich ihrer listigen Erfindungen / und hielt sich fertig / ein solches ins Werk zurichten / dann er merkete schon / daß ihr dieser Streich gerahten würde. Sie bezeigete sich gegen den Abgesanten sehr freundlich / und fragete offt nach des Fürsten wolergehen / da sie unter andern zuwissen begehrete / in was Diensten seine Fürstl. Gn. Kleon gebrauchen wolte / bekam aber eine solche kalte Antwort / daß sie daher gnug abnam / es würde ihm die lezte Urtel schon gesprochen seyn. Als das Abendmahl solte gehalten werden / fragte sie nach Kleons Wiederkunfft / und befahl / daß er bey Tische auffwarten solte / umb den lezten Abscheid von ihrem Herrn Nabarzanes zuempfahen; weil ihr aber zur Antwort ward / er liesse sich nirgends finden; fing sie an: Ich habe ihm schon vor diesem ernstlich gebohten /daß er beyzeiten von der Jagt umkehren / und seine obliegende Geschäffte verrichten solte / doch weil er nun einen mächtigen Herrn bekömt / werde ich ihm diesen Ungehorsam müssen zugute halten. Nabarzanes verwunderte sich sehr / daß sie zu seiner Erlassung so willig wahr / sagte gleichwol zu dem Abgesanten / weil dieser sein Diener ihm bißher träulich auffgewartet hätte / möchte er den Fürsten in seinem Nahmen untertähnig ersuchen / daß er gnädig gehalten würde. Kleon verschlief die Zeit nicht / sondern umb Mitternacht ritte er heimlich hinaus / verrichtete der Frauen Befehl / und stellete sich unvermerket an bewustem Orte wieder ein / da sie ihm etliche Stunden gesellschafft leistete. Des Morgens wahr sie sehr frühe auff / nam wegen Kleons aussenbleibens sich einer zornigen Ungeduld an / und befahl etlichen Dienern / hinauszureiten / umb zu erforschen / wo er bliebe; welche dann bald wieder kahmen / und Kleons Schwert samt seinem blutigen gnug zerhacketen Huet mit sich brachten / dabey berichtend / es läge sein Pferd nicht weit vom Schlosse im offenen Wege / und währe mit unterschiedlichen Stichen und Hieben niedergeschlagen / auch der Zaum hinweg / aber der Sattel añoch vorhanden. Des Fürsten Abgesanter mit seinen Dienern stund dabey / hörete diese Zeitung / ritte hinaus / uñ fundens also / daher niemand / auch Nabarzanes selbst nit zweifelte / er währe gefangen hinweg geführet / welches er auch den Fürsten schriftlich wissen ließ / und dessen Leute zurük sendete. Fr. Statira wahr froh / daß ihr dieser Anschlag gerahten wahr / stellete sich gegen ihre Gemahl sehr traurig / und gab vor: Ob sie gleich sich gegen den Abgesanten vernehmen lassen / wie willig sie währe / dem Fürsten diesen ihren Kleon zuübergeben / hätte es ihr doch sehr wehe getahn / einen solchen geträuen und tapfferen Diener zuverlieren / desgleichen sie nimmer wieder bekommen würde / und stünde sie fast in den Gedanken / ob währe er von des Fürsten Leuten schelmischer weise erschlagen / die ihm etwa aufgewartet hätten / nachdem sie vernommen / daß er auff der Jagt währe; wodurch sie dann Nabarzanes in seiner meynung dergestalt vergewisserte / daß er bey allen Göttern geschworen hätte / es verhielte sich also; doch entschuldigte er des Fürsten Leute / und daß er nicht gläuben könte / daß sie dessen befehl von ihrem Fürsten hätten. Also speisete sie nun ihren Kleon gar wol auff einem geheimen Gemache / und lebete mit ihm ihres willen. Niemand aber freuete sich mehr über seinen Tod / als sein leibeigener Orsillos / welcher sich bey der Frauen angab / und begehrete / in vorige Freyheit wieder gesetzet zuwerden / nachdem die Götter sein Elend angesehen und den greulichen Bluthund Kleon hinweg genommen hätten; worauf sie anfangs nicht sonderlich antwortete / sondern ihm die verzuckerte Galle einstreich / er solte sich ein wenig gedulden / seiner Bitte könte nach befindung ein genügen geschehen / und wolte sie es mit ihrem Gemahl in gnädigen bedacht zihen. Hiedurch ward er sicher /ging müssig / aß uñ trank / und kehrete sich so gar an keine Arbeit / ob hätte er die Dienstketten schon abgeleget. Aber nachdem sie mit ihrem Kleon abrede genommen / und er über fünff Tage abermahl zimlich ungestüm anhielt / auch viel Schimff- und Schmachreden wider Kleon ausstieß / redete sie ihm dannoch gütlich zu / erkundigte sich bey allem Gesinde wegen seines verhaltens / uñ taht es ihrem Gemahl zuwissen / ihn mit bewäglichen Worten erinnernd / daß er einmal / um sein Ansehen bey dem Gesinde zuerhalten /einen Ernst sehen lassen / uñ diesen Buben also straffen solte / daß es den andern allen zur Warnung dienen / und sie in gebührlichem Fleisse erhalten könte. Dieser ließ sich darzu leicht bereden / und nach ihrer Anordnung ward allem Gesinde des Abends angesagt / auff dem Schlosse zubleiben / und vor ihrem Herrn und Fraue zuerscheinen; Welches da es geschahe /muste Orsillos zuerst vortreten / da ihm die Frau mit guter Freundligkeit die Freyheit gab / sein gestriges und ehmahliges begehren ihrem Herrn und Gemahl selbst vorzutragen; worauf er also anfing: Gn. Herr /ob ich zwar durch des Schandbuben Kleons falsche Bezichtig- und Verleumdung bey unserm gnädigen Fürsten dergestalt angegossen bin / daß dessen Durchl. mich ihm zum Leibeigenen / wiewol / wie ich nicht anders davor halte / auf eine kurze Zeit übergeben hat / so bin ich dannoch meiner Ankunfft und Geburt nach / frey / und kan dartuhn / daß meine Vorfahren ädel und rittermässig gewesen / wie ich dann selbst in meiner Jugend Waffen geführet / und mich in Kriegen wider die Römer / drey Jahr lang zu Pferde gebrauchen lassen / welches wann meinem Gn. Fürsten es kund getahn würde / zweifele ich nicht / es würde von dessen Durchl. mir meine angebohrne Freyheit bald wieder zugesprochen werden; insonderheit / weil derselbe / dem ich als einem unwirdigen dienen müssen / durch des Himmel Rache gestraffet /und meine Unschuld dadurch an den Tag geleget ist. Diesem nach gelebe ich der gänzlichen Zuversicht / es werden Eure Gnaden mich mit diesen Ketten weiters nicht drücken / sondern mir meine Freyheit gönnen /daß ich nach meiner Heimat reise / und mein Haus und Hoff nach wie vor besitze / bitte danebest umb ein ehrliches neues Kleid und nöhtigen Reisepfennig. Die Frau gab ihrem Gemahl einen Wink / daß er ihn solte heissen einen Abtrit nehme / beredete sich weiters mit ihm / und geboht dem anwesenden Gesinde /daß alles / was sie unbilliches von Orsillos wüsten /sie ungescheuhet auf befehl anbringen solten. Dieser ward bald wieder vorgefodert / und bekam von Nabarzanes diese Antwort: Daß du der knechtischen Ketten müde / und der Leibeigenschafft überdrüssig bist / traue ich dir wol zu; daß du aber umb die Freylassung anhältest / und zwar mehr foderungs- als bittesweise / ja mehr trotzest als flehest / solches befremdet mich in etwas; jedoch / weil du weist / daß niemand die verlohrne Freyheit erlangen kan / es geschehe dann durch Gewalt / oder durch des Herrn sonderliche Gnade / oder durch ein gnugsames Lösegeld /ich aber weder das erste noch dritte Mittel sehe / so wird dir die Freyheit nicht anders als durch meine Gnade können zu teile werden. Weil man nun solche grosse und sonderbahre Gnade niemand anders / als hochverdieneten mitteilen muß / als werde ich gehalten fleissige Nachforschung zutuhn / ob du eine solche durch deine redliche und geträue Dienste und Gehorsam dir erworben habest / und da ich ein widriges erfahren solte / müste ich mich gegen dich also bezeige / daß weder ich dessen schande / noch du zu hohe belohnung davon hättest; Tretet deswegen hervor /alle Knechte / Mägde und Dienstbohten / und bey unausbleiblicher Todesstraffe zeiget an / ohn scheuh und Ungunst / was von dieses Orsillos verhalten euch bewust ist. Der Haus Vogt brachte seine Klage zum ersten an: Es hätte sieder Kleons ableiben sich dieser Orsillos nit anders als ein Freygelassener bezeiget /seinen Befehl verachtet / und seines Willens gelebet /unter dem vorgeben / weil der Teuffel seinen schelmichten Herrn gehohlet / währe er frey und niemand verbunden. Die Stall- und Wagen Knechte bezeugeten solches einhellig / und daß er alle Abend mit einem Rausche währe zu Bette gangen; Die KüchenBuben klageten / er hätte ihnen kein einiges stük Holtz spalten wollen; Die Schliesserin gab an / er hätte ihr diese ganze Zeit über angelegen / gute Speise und Trank ihm zuschaffen / und hätte ihr vor wenig Tagen Unzucht angemuhtet / unter dem versprechen / weil er nunmehr von rechtswegen frey währe / und seine Haushaltung bald antreten würde / wolte er sie ehlichen; Die Mägde klageten alle mit einander / wie unzüchtig er sich bezeiget / und gab endlich des KühHirten Weib an / er währe ihr diesen Morgen heimlich auf den StrohBalken nachgeschlichen / da sie dem Vieh dz Futter herunter geworffen / da hätte er sie notzüchtigen wolle / würde auch zweifels ohn nicht abgelassen haben / wann nicht die eine MelkeMagd darzu kommen währe / und sie gerettet hätte; baht deswegen sehr / ihr gn. Herr möchte diesen alten frechen und wollüstigen Buben abschaffen / damit sie und andere mehr vor ihn möchten gesichert seyn. Nabarzanes hieß den Beklageten darauff antworten; welcher dañ anfangs sich stark aufs leugnen begab / und sich doch in seinen Reden etliche mahl selbst verriet; Muste endlich eine Abtrit nehmen / und nach seines Herrn und Frauen Beredung wieder vortreten / da ihm sein Herr diese Urtel sprach: Nachdem unläugbar ist /dz Kleon der entleibete / mein Knecht und Leibeigener gewesen / so folget daraus unwidersprechlich /daß alles / was demselben zugestanden / mein Eigentuhm ist; Weil dañ der Durchleuchtige Fürst von Susa selbst meinem Kleon dich Orsillos zum Leibeigenen geschenket hat / und solches umb deines schweren verbrechens willen / wird niemand als ein Wahnwitziger es leugnen / daß Orsillos zugleich / ja vornemlich auch mein Leibeigener sey. Nun aber hält derselbe nicht allein gar trotzig bey mir umb die Freylassung an / sondern hat sich überdas dergestalt ungehorsam /frech uñ bübisch erzeiget / daß mein ganzes Gesinde /niemand ausgeschlossen / darüber klagen muß / wodurch er dann verdienet hat / daß er nach meinem belieben gekreuziget / oder den Fischen zur Speise vorgeworffen / oder sonst abscheulicher weise am Leben gestraffet werde / damit andere seines Standes sich an ihm spiegeln / uñ gleiche Bosheit zubegehen scheuh tragen; jedoch / weil mit so unnützem Blute mir nicht gedienet ist / sol er vor dißmahl nacket ausgezogen /an eine Säule gebunden / und von oben an biß unten aus gestrichen werden / damit ihm der Kitzel zur Unzucht vergehe. Der arme Tropff fiel nider / und baht umb Gnade / aber es halff nichts / dann vier starke ihm ohn das ungewogene Knechte / entblösseten ihn /bunde ihn an / und richteten ihn mit scharffen Ruhten so jämmerlich zu / daß ihm die Haut am ganzen Leibe zerhauen ward. Nach vollendeter Geisselung ging Nabarzanes davon / und hielt eine kurze Rede an das Gesinde / daß sie diese Straffe ihnen solten zur Warnung dienen lassen; Sein Gemahl aber / welche Kleons Schmach noch besser rächen wolte / trat dem ohmächtigen Orsillos näher / ließ ihn mit starken Krafftwassern an der Säule erquicken / und als er hoffete abgelöset zuwerden / hieß sie Honig herzubringen / und ihn damit über den ganzen Leib bestreichen / da die Fliegen sich häuffig auf ihn setzeten / und er so unsäglichen Jamer trieb / daß nur seine einige Bitte der Tod wahr; aber sie gab ihm zur antwort: Mit deinem Tode ist weder mir noch deinem abgeleibeten Herrn gedienet / sondern ich muß sehen / ob ich einige Bescheidenheit in dich bringen möge / daß du hernähst etwas höflicher von deinem Herrn reden lernest / welcher mir alle behägliche Dienste erwiesen hat. Befahl darauf / ihn mit Salzwasser abzuspülen / welches ihm noch die unleidlichsten Schmerzen verursachete / biß er abgelöset / gelabet / und mit köstlichen Salben geschmieret ward / durffte auch nachgehends seiner Befreyung keine Erwähnung mehr tuhn / sondern verrichtete seine Arbeit besser als vor nie / weil er in eine neue Haut gekrochen wahr; überdas wuste er sich fleissig vorzusehen / und seine Zunge im Zaum zuhalten / daß er seines gewesenen Herrn weder in bösem noch gutem gedachte / von welchem jederman wähnete / er währe im Pusche vollends erschlagen / weil man daselbst ein menschliches Gerippe funden hatte /da dann Fr. Statira bemühet gnug wahr / solche Zeitung zubehaupten / damit so wol Fürst Gobares als ihr Nabarzanes selbst auffhören möchten / ihn weiter zuverfolgen. Unterdessen wehrete dem guten Kleon die Zeit in diesem unangenehmen Gefängniß sehr lange / dann er wahr des frechen Weibes von herzen überdrüssig / durffte sich dessen doch nicht merken lassen / und fand auch keine Gelegenheit / davon zukommen / zürnete deswegen auff sich selbst / dz er die Nacht / da er sein Pferd erstach / nicht davon geritten wahr; O wie oft klagete er seine Träulosigkeit an / die er seiner lieben Ursulen zubeweisen gezwunge ward / deren Monaten schon vor acht Wochen zum Ende gelauffen wahren / welches sie doch vor jedermänniglich so meisterlich zuverbergen wuste / daß man davon nichts argwohnete / biß das Wehe sie anstieß / und sie zu Fr. Sophien / die damals bey ihr wahr / also sagete: Herzgeliebete Frau Schwester /meine Bürde / die ich eine zeitlang von eurem Bruder bey mir getragen / wil sich länger nicht bergen lassen / dann ich empfinde die Geburtswehe sich herzu nahen / wollet es deswegen euren und meinen lieben Eltern zuwissen machen / daß mir eine vernünfftige Wehmutter zugeordnet werde. Frau Sophia erschrak dessen / und verwieß ihr mit harten Worten / daß sie biß auff die lezte Stunde solches verborgen hielte /hätte sich möge mit samt der Frucht in den Tod stürzen / dafern in aller Menschen abwesenheit / ihre Zeit herzu genahet währe; Sie hätte gerne mehr geredet /aber die Noht trieb sie fortzueilen / kam doch mit der Wehmutter und anderer weiblichen Geselschafft bald wieder / und halff Gott / daß inwendig zwo Stunden sie eines jungen Fabius genaß / worüber die Eltern und sämtliche Anverwanten höchst erfreuet wurden /weil der ganze Stam durch dieses erste Zweiglein erhalten ward.

Wir wollen aber diese ihr junges Söhnlein zu Padua baden und säugen lassen / und unsern beyden Helden / Herkules uñ Ladisla auf der Reise nach Charas nachfrage / die sich in begleitung Herren Pharnabazus und Mazeus von Ekbatana auffgemacht hatten /von denen sie biß an die Parthische Grenzen wol vergeselschafftet wurde / woselbst sie sich scheideten /weil Pharnabazus / wie oben erwähnet / nach dem Persischen GroßFürsten Artaxerxes / Mazeus aber mit den zugegebenen Reutern wieder zurük nach Meden /und die unsern sieben Mann stark / des nähesten Weges nach Charas fort reiseten / hatten auch zimliche sicherheit / biß auff eine tage Reise von der Stad /da ihnen 15 gewapnete Reuter im freien Felde ausstissen / welche in ihrer Rechnung nicht fehleten / es müste gute Beute auff ihre zween grosse Rustwagen geladen seyn; wurden deßwegen eins / sich derselben zubemächtigen / und sendeten zween ihres mittels an die unsern / mit dem Befehl daß sie stille halten / und ohn außdrükliche Erläubnis nicht fortrücken solten. Nun hatte Herkules einen guten Freibrieff von dem GroßFürsten aus Meden bey sich / dessen er sich so nahe bey der Stad lieber als des Schwerts gebrauchen wolte / deßwegen er den Abgeschikten zur Antwort gab / sie ritten als freie Leute in des GroßFürsten Phraortes Diensten / bey Königlicher Hocheit etwas vorzutragen / wolten demnach hoffen / daß man ihnen daran nicht würde hinderlich seyn / massen sie dessen guten Schein von Hochgedachtem Fürsten auffzulegen hätten. Ihr Führer solches vernehmend / wolte sich daran nicht kehren / und ließ ihnen zum andern mahle andeuten / es würden der falschen Freibrieffe heut zu Tage so viel geschrieben / daß man gar keine mehr zu trauen hätte / weil selbe fast alle miteinander von den HofSchreibern erkauft / nicht von den Fürsten erteilet würden; doch wie dem allen / so währe niemand unter ihnen / der sich auff Brieffelesen groß verstünde / müsten demnach nicht ihre Briefe / sondern ihre Waffen /und was sie auff den Wagen führeten / von sich geben / und von ihrer Gnade das Leben erbitten. Herkules antwortete mit wenigen: Er wolte hoffen es währe ihm und den seinen die Landstrasse zu reisen so frey als einem andern / da aber ein Fürst oder sonst ein grosser Herr verhanden währe / wolten sie demselben alle mögliche / und einem Ritter nicht schimpfbringende Ehre antuhn / einem andern aber gestünde sie durchaus kein heissen noch verbieten. Diese verdroß solche Verwägenheit / daß eine so kleine Schaar sich noch sträuben und unnütze Worte von sich geben solte /setzeten mit vollem Lauff und entblösseten Degen auff sie an / und funden über verhoffen mehr als sie sucheten; dann Herkules und Ladisla / neben Leches /Tyriotes und Gallus gebraucheten sich aller ihrer stärke / und tahten ihre beyden Dolmetscher Plautus und Mardus auch so viel in ihrem Vermögen wahr / daß in kurzer Zeit der gröste Teil dieser Räuber erschlagen /uñ die übrigen gefangen wurden / welche auff bedrauliche Frage bekenneten / sie kähmen von Charas / der Ritter mit welchem Herkules den absonderlichen Streit gehalten / und ihm dz Häupt zerspillet / währe des grossen Königes Artabanus unehlicher Sohn /Fürst Sanatruzes / auff dessen Tapfferkeit der Vater viel gehalten / und ihn zum FeldObristen über 20000 Parthische Reuter ernennet hätte. Dieser Zeitung entsetzeten sie sich über alle masse / so daß sie ganz erbleicheten / fasseten doch eine kurze Erklärung / hieben die Gefangenen nider / und wendeten sich in grosser Eil auff eine andere Strasse / damit sie des Verdachts dieser Taht möchten befreiet bleiben. Herkules hatte zeit wehrendem Gefechte des Tyriotes Mannheit verspüret / weil er in wenig Streichen zween feste Ritter erlegete / sagte deßwegen nach geendigtem Streit zu ihm: Tyriotes du hast in einer guten Schuele gelernet / und mangelt dir weder an Vorsichtigkeit noch Herzen; so biß nun geträu / from und verschwiegen /und versichere dich / daß wann dir geliebet dereins mit uns in unsere Heimat zu reisen / du daselbst Zeit deines Lebens mit adelichen Gütern solt versorget seyn / oder gefält dir diese OstenWelt besser / sol dirs in Meden oder Persen eben so wenig fehlen / dessen ich dir meine Redligkeit zum Pfande setze. Dieser ward des Erbietens sehr froh / bedankete sich untertähnig / mit dem versprechen / sein Leib und Blut vor seine gnädigste Herren willig auffzuopffern / leistete auch einen hohen äid / ihren Stand und Heimligkeit niemand zu offenbahren; hingegen vermacheten sie ihm 150 Kronen Monatliche Bestallung / dañ er wahr zu Charas wol bekant / daß ihnen seine Dienste sehr ersprießlich wahren. Des andern tages nach gehaltenem Kampfe / näherten sie der Stad auff eine Viertelmeile / stiegen ab von ihren Pferden / und tahten zu Gott eine herzliche Danksagung mit vielen andachts- / daß er sie bißdaher geleitet / und auß mannicher Gefahr erlöset hatte / bahten ihren Heyland ferner / er wolte ihnen forthin allemahl Schuz halten /und zu ihrem Vorhaben Glük und Seegen geben / auff daß sie mit dem lieben Fräulein wiederumb bey den ihren anlangen möchten; wovor sie Zeit ihres Lebens Gottes Lob und Preiß erhöhen und außbreiten wolten. Nach geendigtem Gebeht setzeten sie sich wieder zu Pferde / legeten die Harnische auff den Wagen / und ritten in gemeiner Reuterkleidung in die Stad / kehreten aber nicht miteinander in eine Herberge ein / sondern Herkules / Ladisla und Tyriotes blieben beysammen / die übrigen nahmen fast gegen über ihr Ablager / nicht gar weit von Fräulein Valisken Schlosse / und wahren des ersten tages stille. Des folgenden ging Herkules mit Tyriotes hin / dieses Schloß eigentlich zubesehen / welches zwar gegen das GroßKönigliche zu rechnen / klein / aber über die masse zierlich gebauet wahr / auch mit tieffen Wassergraben und hohen Mauren und Zwängern umbfangen; das Gebäu an sich wahr von glänzendem weissen Marmel / mit hangenden Gemächern außwendig Blumwerksweise vergüldet; die Fenster von dem lautersten kristallen Glase; das Dach glänzete von Golde / daß wann die Sonne darauff schien / es den Anschauenden die Augen blendete. Der Graben hielt ein sehr klares Wasser in sich / welches mit Röhren hinein geleitet wahr / und wurden die herlichsten Fische drinnen gehäget / dann der Fräulein höchste Lust wahr in dieser ihrer Einsamkeit / daß sie zuzeiten mit einer Angelrute oben von der Maur hernider dieselben fing / und nach sich in die Höhe zog / und weil man diesen Graben außwendig gar umbgehen kunte / besahe Herkules das Schloß rings umbher / da er eines Obergemaches Westwerts gewahr wurde / an welchem außwendig nähest bey dem Fenster zu beyden Seiten / seiner liebsten Fräulein Zeichen Bild mit schwarzer Farbe in zimlicher grösse gemahlet stund / dessen er höchlich erfreuet ward / unter der Hoffnung / er würde sie dieser ends bald zu sehen bekommen / weil er ungezweiffelt davor hielt / dieses müste der Fräulein eigenes Zimmer seyn / wie es dann auch wahr; ging deßwegen alsbald wieder nach der Herberge / und erzählete seinem Ladisla was er angetroffen hatte; Sie gingen desselben tages sechsmahl miteinander dahin /aber vergebens / dann es befand sich das Fräulein den ganzen Tag über in grosser Traurigkeit und schweren Gedanken / und solches aus furcht / daß ihr Herkules auff der gefährlichen Reise in Unglük gerahten und wol gar umb sein Leben kommen möchte; Uber dz hatte sie in erfahrung gebracht / es stünde wegen eines vermuhtlichen iñerlichen Krieges sehr gefährlich im ganzen ParthischenReiche / daraus sie muhtmassete /daß die Unsicherheit zu reisen ihn gar wieder zurük zihen dürfte / in welche Gedanken sie sich so sehr vertieffete / daß sie vergaß an ihr Fenster zu gehen /und ihres Timokles wahrzunehmen / wie sonsten ihr täglicher brauch wahr. Des andern Morgens gingen sie zimlich frühe wieder hin / und nachdem sie etwa eine halbe Stunde sich daselbst auffgehalten hatten /erblickete Herkules das Fräulein ohngefehr am Fenster / da er vor freuden seinem Ladisla an der Seite niedersank / nicht anders als ob die Seele aus ihm gefahren währe / auch Ladisla nicht anders meinete / er währe etwa vom Schlage getroffen uñ plözliches todes verblichen / dessen er so hefftig erschrak / daß ihm schier ein gleiches begegnet währe / doch hielt er sich feste / und schüttelte seinen Freund so lange / biß er ihn endlich wieder zu rechte brachte / weil Timokles / der seiner Gewohnheit nach sich daselbst von seinem gebietenden Fräulein sehen ließ / seines Unfals inne ward / aus mitleiden hinzu trat / und aus dem nähesten Brunnen Wasser zutrug / damit sie ihn wieder erquicketen. Frl. Valiska sahe dieses an / und kennete doch ihre liebsten Freunde nicht / weil sie beyde ihre Angesichter verstellet hatten. Ladisla hatte ihrer noch nicht wahr genommen / biß Herkules / da er sich erhohlete / sie ihm mit beyden Händen zeigete / und in teutscher Sprache zu ihm sagete: Bruder / sihestu deine Frl. Schwester nicht / deren Geister die meinen zu sich hinauff gezogen haben? Hiemit sahen sie beyde das Fräulein starre an / und kunte Herkules nicht unterlassen / ihr eine höfliche Ehrerbietung nach teutscher Art zuerzeigen / dessen sie mit höchster verwunderung wahrnam / und vorgewiß hielt / ihr allerliebeste Nachsucher würden in der nähe seyn / und diese ihre beyden Diener voraus geschikt haben; durfte aber / Argwohns halbe sich nichts merken lassen /weil ihr Frauenzimer mehrenteils bey ihr wahr /schlug das Fenster zu / voller Gedanken / und geriet bald auff die furcht / obs ein Verführer währe / und von dem Könige darzu bestellet. O du günstiger Himmels Gott / der du von meinem Herkules so hoch geehret wirst / sagte sie mit stillem Munde / aber schreienden Herzen und quellenden Trähnen / ist dann die Zeit meiner Erlösung nicht schier vorhanden? oder wiltu zugeben / daß der Außbund des menschlichen Geschlechts / mein fromer Herkules mit mir zugleich untergehen und verderben sol / welchen jederman vor ein volkommenes Meisterstük des Himmels halten und ehren muß? Timokles hatte zwar Herkules Reden an Ladisla nicht gehöret / und ob er sie gleich gehöret hätte / würde er sie doch nicht verstanden haben; aus ihrer beyder geberden aber urteilete er / sie müsten ohnzweifel der Fräulein Kundschaft habe / folgete ihnen deßwegen nach biß in ihre Herberge / und stellete sich gar ehrerbietig gegen sie / daher Herkules ihn also anredete: Mein Freund / ihr seid heut in erquickung meiner sehr bemühet gewesen / ungeachtet ich euch allerdinge fremde bin; möchte deßwegen gerne euer etwas bessere Kundschaft haben / ob ich daher Gelegenheit finden könte / euch eure mir geleistete Dienste zuvergelten. Dieser antwortete: Seine Dienste währen schlecht und geringe gewesen / und keiner Vergeltung wirdig; seinen Zustand betreffend / währe er hieselbst fremde / würde sich aber eine zeitlang alhier auffhalten / weil er nach seines Herrn befehl /dem er dienete / auff dessen gute Freunde wartete /deren er aus weit abgelegenen West-Nordischen Ländern gewißlich vermuhtete / und währe alles sein tuhn / daß er täglich die vornehmsten Herbergen besuchete / umb Nachfrage zuhalten / ob nicht einer oder ander möchte ankommen seyn / denen dieses Zeichen Bild (welches er ihnen vormahlete) bekant währe. Herkules erfreuete sich dieses vorbringens überaus höchlich / und gab ihm zur Antwort: Mein Freund / es hat ein sonderliches Glük euch zu uns geführet / dann niemand als wir / kan eures Herrn Freunde euch zuerkennen geben / von denen wir abgefertiget sind / eurem Herrn und dessen wolergehen nachzufragen. Umb meinen Herrn / sagte Timokles /stehets noch wol / so viel Ehr / Leben uñ Gesundheit betrift / dem von Tyrus biß hieher ich stets auffgewartet habe; aber kan ihnen nicht belieben / mir ihrer Herren nahmen zu nennen? dann ehe solches geschihet / werde ich stets im zweiffel bleiben. Mein Herr /sagte Herkules / heisset Ladisla. Er neigete sich vor diesem nahmen und gab zur Antwort: Derselbe grosse Herr ist meines Herrn leiblicher uñ einiger Bruder. Ihr wisset genug / mein Freund / sagte Herkules / und wollen euch unsere Herren bald sehen lassen; befahl darauff / Tyriotes solte ihm ein wenig Geselschafft leisten / biß man ihn ruffen würde. Sie aber gingen auff ihr Gemach / rieben die angestrichene Farbe ab /legeten köstliche Kleider an / und ward Tyriotes von Leches gefodert / mit dem fremden herauff zukommen / welcher da er zur Tühr hinein trat / sagte Tyriotes zu ihm; da sehet ihr eures Herrn Freunde / woran ihr nicht zuzweifeln habet. Timokles entsetzete sich vor ihrem Fürstlichen Ansehen / dz er erstarrete / fiel nachgehends vor Herkules nider / und sagete: Durchleuchtigster GroßFürst / gnädigster Herr / mit was unaussprechlicher Freude und Vergnügung werde Euer Gn. ergebenes Fräulein ich unwirdiger noch heut erfüllen / da ihrer Gn. und des Großmächtigsten Königes Herrn Ladisla glükliche Ankunfft deroselben ich andeuten werde; O mit was sehnlichem Verlangen ist Ihrer Gnn. Ankunfft täglich erwartet worden / welche mich meiner Gn. Fräulein schierkünftigen Erlösung fast versichern darff. Herkules hieß ihn auffstehen /und fragete / woher er ihrer Kundschafft hätte; Und bekam zur Antwort: Es hätte Herr Pharnabazus auff der Frl. geheiß ihm solches alles offenbahret / auch mit ihm verabscheidet / dafern er ihre Gnn. antreffen würde / wolte er seine Herberge ihnen kund tuhn. Nun wahr dieses zwar also ergangen / aber Pharnabazus hatte es allerdinge vergessen / und erinnerte sich dessen erst / da er schon zu Persepolis angelanget war /worüber er sich sehr hermete / aus furcht / es würden unsere Helden diesen träuen Diener nicht antreffen. Nicht weniger befremdete es auch die beyden Fürsten / daß er solches so gar nicht geahnet hatte / wolten sich dessen aber nicht merken lassen / sondern es rühmete Herkules diesen Diener wegen seiner dem Fräulein erzeigeten Träue / vermahnete ihn zur Beständigkeit / und verhieß ihm höhere Belohnung / als er selbst wünschen möchte; wovor er sich untertähnigst bedankete / und alles vermögen ihnen äidlich versprach / erzählete hernach kürzlich / wie es dem Fräulein bißdaher ergangen währe / und taht endlich hinzu / er hielte es vor ein sonderliches Glük-zeichen / daß GFürst Herkules in einem Schneeweissen / König Ladisla in einem rohten Kleide sich eingestellet hätten /nachdem mahl sein gn. Frl. mit ihm verabscheidet /ihrer Gnn. anwesenheit ihr mit solchen Farben anzudeuten. Herkules fragete / ob ihm dann nicht zugelassen würde / zu dem Fräulein zugehen / und mündlich mit ihr zureden; Und als er vernam / daß noch diese Stunde kein Mannesbilde ohn sonderliche Erläubniß des Königes zu ihr gelassen würde / sondern der ihm solches unternehmen wolte / ohn zweifel eines schändlichen Todes sterben müste / wie Herr Mazeus ihm schon angedeutet hatte / merkete er daher wol /daß es ihm schwer fallen würde / sein Vorhaben ins Werk zurichten; doch weil er in allen dingen seinem Gott und Heylande vertrauete / also zweifelte er nicht / derselbe würde ihm schon den Zutrit öfnen. Timokles hielt demühtig an / ihn dißmahl nicht länger aufzuhalten / damit er seinem gn. Frl. ihre Ankunfft verständigen / und ihr den grossen Kumer benehmen möchte / welcher sie wegen ihres langen aussenbleibens fast verzehret hätte. Es wahr gleich der Frl. GeburtsTag / nehmlich der 31ste des JennerMonats / mit welchem sie in das 17de Jahr trat / welchen Tag nicht allein sie mit ihrem Frauenzimmer / sondern der König selber mit seinen Höflingen zubegehen willens wahr. Nun befand sich das verliebete Fräulein /wegen des empfangenen Ehrengrusses / mit ungewöhnlichen Freuden beladen / daß ihr Frauenzimmer /in betrachtung ihrer bißher erzeigeten Schwermuht /eine sonderliche beliebung darob hatte. König Artabanus sendete ihr ein treffliches schneeweisses Kleid /dessen Werd sich auff zwo Tonnen Goldes erstreckete / dabey wahr eine Königliche Krone / und eine Halskette von überaus grossen Kosten. Wie sie sich nun auff ihrem Gemache ausputzen ließ / fand Timokles sich an seinem gewöhnlichen Orte / nam gemachter Abrede nach / ein helles Pfeifchen / und gab ihr seine gegenwart zuverstehen / dessen sie sich nicht wenig verwunderte / gedachte auch alsbald / er würde ihr ein sonderbahres Zeichen sehen lassen / weil er so bald zum andern mahle wieder kam; machete sich demnach hin zu ihrem Fenster / vorgebend / weil ihr eine geringe Mattigkeit zustiesse / würde sie gezwungen / frische Lufft zuschöpffen; schlug das Fenster auf / und sahe ihn in der Rechten ein weisses / und in der Linken ein rohtes Tüchlein halten / und sie beyde frölich umb den Kopf schwingen; worüber sie vor grosser herzlicher Freude niderfiel / und mit innerlicher Stimme sagete: O hilf nun du wahrer Gott / nun hilff! damit lief ihr alles Geblüt zum Herzen / daß sie unbewäglich liegen blieb. Das gesamte anwesende Frauenzimmer erschraken dessen hefftig / wahren mit kräfftigen Sachen bald zugegen / und macheten ihr den Busem auff / da sie über ihrer trefflichen Schönheit sich nit gnug verwundern kunten / dann sie hatte bißher ihren Leib so wenig von diesem ihren Frauenzimer beschauen lassen / als währens lauter Mannesbilder gewesen; durch welche Keuscheit sie ihr hohes Ansehen bey ihnen erhielt / wiewol sie es ihr vor einen stolz auslegeten. Es wehrete fast bey einer Viertelstunde / ehe sie ihrer Sinnen wieder mächtig ward /kahm algemählich zu sich selbst / schlug ihre halblächelnde Augen auf / und sagete zu den anwesenden: Ach ihr meine Freundinnen / warumb lasset ihr mich nicht in meiner Jungfräulichen Keuscheit eines so sanfften Todes dahin sterben? Mit dem ward sie ihres zur helfte entblösseten Busems gewahr / welches sie heftig verdroß / ihn alsbald wieder bedeckete / und mit ernstlicher Rede sagete: So nach diesem mich jemand dergestalt entblössen wird / die sol meinem Zorn und schwerer Straffhand nicht entgehen / dann alles wz an mir ist / wird nur einem Fürsten verwahret / sonsten hat kein Mensch der ganzen Welt teil an mir. Das Frauenzimmer baht demühtigst umb Verzeihung; es währe zu ihrem besten geschehen / ihre Geister wieder hervor zuruffen / hätten nicht gewust / daß ihre Gn. bey Frauenzimmer sich so schamhafftig halten wolte / möchte demnach ihnen solches Gn. verzeihen / es solte forthin nimmermehr geschehen. Also gab das Fräulein sich zufrieden / trat wieder vor das Fenster / und sahe Timokles stehen / und abermahl die Tücher frölich schütteln / daher steckete sie das Häupt gar zum Fenster hinaus / ließ ihm ihr añoch todtenbleiches Angesicht sehen / und winkete ihm mit lachendem Munde hinweg zugehen / und die lieben Freunde herbey zuhohlen. Ihr Schmuk ward ihr völlig angelegt / uñ befahl sie hernach dem ganzen Frauenzimmer / einen Abtrit zunehmen / biß ihnen wieder geruffen würde; Als sie nun allein wahr / schlug sie ihre Hände mit diesem herzinbrünstigen Gebeht zusammen: O du mächtiger / mir annoch unbekanter Christen-Gott; dir sage ich von grund meiner Seele Dank /daß du meine Ehr und Leben bißher in deinem geträuen Schutz erhalten / und meinen herzgeliebeten Bräutigam nebest meinen Bruder frisch und gesund herzu geführet hast / dann dir / ja dir allein / schreibe ich alle unsere Wolfahrt zu; O nim dich unser ingesamt ferner gnädig an / gib Glük zu unserm vorhaben / und verleihe daß wir ungetrennet unser liebes Vaterland wieder sehen / mit den unsern frölich leben und dir nach deinem Willen / den ich schier hoffe zuerkennen / gehorsam dienen mögen.

Nach geendigtem Gebeht war sie wol mit tausenderley Gedanken umgeben / ob sie auch ihres lieben Herkules Gegenwart würde ertragen können; ja ob auch derselbe in ihrem anschauen geherzter als das erste mahl zu Prage / sich erzeigen würde. O du geträuer ungefärbeter Liebhaber / sagte sie / wie manniche Ungelegenheit muß dir zugestossen seyn / ehe du diesen Ort erreichet hast; aber gib dich zufrieden / ich wil entweder frölich sterben / oder mit dir von hinnen zihen; bleibe du nur beständig / und versichere dich /daß allein du / oder der bittere Tod meines Leibes Herr und Meister seyn / und dessen geniessen sol. Sie hatte etwa eine Stunde in diesen Liebes-gedanken zugebracht / da sahe sie ihren Bruder Ladisla daher treten / und einen zu seiner Rechten / den sie anfangs nicht kennete / dann es wahr Herkules / der sein Haar braun gefärbet / das Angesicht aber nur ein wenig verstellet hatte / daß wie er näher kam / sie etlicher massen merkete / er müste es seyn / und würde ein falsches Haar auffgesetzet haben / rief ihrem Frauenzimmer / und begehrete von ihnen mit freundlichen Worten / daß sie mit ihr auff den obersten Gang / der umb das Dach auswendig gezogen wahr / gehen / und sich umsehen solten; worzu sie alle willig wahren /insonderheit / als sie vernahmen / daß ihr Unwille sich geleget hatte. Als sie nun da droben in ihrem Königliche Pracht sich eigentlich beschauen ließ / sagte Ladisla zu Herkules: Sihe da / geliebter Bruder / wie hoch der grobe König meine Frl. Schwester ehret /indem er sie nicht anders als eine herschende Landes-Königin ausgeschmücket hat. Dieses machet auch /antwortete er / daß ich mein Schwert lieber vor / als wider ihn gebrauchen möchte / dafern er mir nur diesen teure Schatz ungewägert ausfolgen lassen wolte; Doch muß gleichwol noch eine Liebe zur Tugend in seinem Herzen übrig seyn / weil er nicht nach gewohnheit der Unbändigen / äusserlichen Gewalt brauchet / sondern ihr ertichtetes Gelübde ihm hat gefallen lassen / und hoffe demnach / mein HErr Jesus werde uns beyständig seyn / und helffen / dz ihre Ehre vor ihm und allen andern gesichert bleibe. Unter diesem Gespräch ließ Herkules kein Auge von seinem Fräulein / sondern betrachtete sie inniglich / und befand /daß innerhalb zwey Jahr und 37 Wochen (so lange hatte er sie nicht gesehen) sie viel gewachsen / und über ihr Alter anzusehen wahr. Das Fräulein empfing seine Liebesblicke mit gleicher Andacht / kehrete ihm dz Angesicht zu / und sprachete mit stets lachendem Munde mit ihrem Frauenzimmer. In ihrer Hand trug sie einen vergüldeten Pfeil / auf welchen sie mit schwarzen Buchstaben in Teutscher Sprache geschrieben hatte: Ihr lieben Herzen / sendet mir den hohlen Pfeil. Als sie nun vom Gange ging / nachdem sie über eine halbe Stunde sich alda hatte sehen lassen / nam sie den Bogen zur Hand / und schoß diesen Pfeil als zur kurzweil in die Höhe / daß er vor Herkules niderfiel / welcher ihn ehrerbietig aufhub / und nach der Fräulein Abscheid sich mit Ladisla und Timokles nach ihrer Herberge machte / woselbst sie die Schrifft des Pfeils lasen / und von Timokles zuwissen begehreten / was vor einen hohlen Pfeil das Fräulein fodern möchte; Er aber gab ihnen zuverstehen / was massen ihre Abrede währe / da etwz sonderliches vorginge /solte er in einem hohlen Pfeile ihr ein eingestektes Brieflein auff den Gangschiessen; welches listigen fundes sich Herkules verwunderte / ließ geschwinde einen solchen zurichten / setzete sich nider / und schrieb folgenden Brief:

Der einige wahre Gott Himmels und Erden / hat durch manniche Gefahr mich gesund hergeleitet / und mir heut meiner Seelen-geliebten Fräulein höchstgewünschtes Angesicht gezeiget; Mein Ladisla hat mich nicht wollen lassen allein nachsuchen / sondern ist mir gefolget biß nach Ekbatana / da wir ohngefehr zusammen gestossen / und Euer Liebe Zustand erfahren haben; weil mir dann an meiner Fräulein Beständigkeit und Träue zu zweifeln nicht gebühren wil / als welche mehr auff Tugend / als üppigen Stoltz hält / wird weder WasserGrabe / noch steinerne Mauer / noch Hüters Wachsamkeit / ja Königes Artabanus Macht selber nicht / mir verhinderlich seyn / dasselbe zuerlangen / was nähst Gott mein höchster Schatz und Wunsch ist. Lebet wol / meines Lebens Seele / und seyd gegrüsset von eurem / biß in den Tod ganz ergebenen Knechte / Herkules / jezt Valikules genant.

Dieses Schreiben wickelte er artig zusammen / als ein dünnes Pfeifchen / vermachete es in den hohlen Pfeil / uñ ging des folgenden Morgens sehr früh mit Timokles hin / der ihm den Bogen nachtrug / mit welchem er den Pfeil auff den Gang schoß / und alsbald wieder seines Weges ging. Bey der prächtigen Mahlzeit saß das Fräulein ganz verwirret bey ihrem Frauenzimmer / daß sie wünschete / es währen diese Freunde auff einen andern Tag ankommen. Tausenderley Gedanken lieffen in ihrem Kopffe umb / daß einer dem andern nicht weichen kunte; bald betrachtete sie die wunder-träue Liebe ihres Bräutigams gegen sie; bald die Gefahr / welche er schon glüklich überstanden; bald / welche ihm noch bevor stünde; wie es doch würde können möglich seyn / daß er sie aus diesem wolverwahreten Schlosse brächte; und wann solches gleich geschähe / wie er mit ihr der grossen Macht des Königes entgehen / und sicher durchhauen würde. Doch wahr vor dißmahl ihr höchstes anliegen / daß sie nicht ersinnen kunte / wie sie seiner lieben Gegenwart geniessen / und den sie ungleich mehr als sich selbst liebete / auff ein vertrauliches Gespräch etwa ein Stündichen bey ihr haben möchte; endlich gelebete sie der Zuversicht / Gott würde es in die Wege schicken / wie es ihnen am ersprießlichsten währe / straffete wegen ihrer Schwermühtigkeit sich selber / und nam eine besondere Fröligkeit an sich /daß sie endlich ihre Laute foderte / und welches sie an diesem Orte noch nie in einiges Mensche gegenwart getahn / folgende Teutsche Reimen darein sang:

 

1

Schönster LeitStern meiner Seelen /

Hastu dich herbey gemacht?

Bistu / meines Herzen quälen

Schier zu endigen bedacht?

O du Tugendhaffter Sin /

Sey beständig wie ich bin.

 

2

Liebster Seelen-Schatz / wie lange

Hab ich nach dir ausgesehn!

Meinem Herzen wahr sehr bange /

Daß du möchtest untergehn /

Und die mancherley Gefahr

Dich erdrücken ganz und gar.

 

3

O mein Freund / wie manches Leiden

Hat dich sider dem geübt /

Daß du mich hast müssen meiden /

Die du vor so sehr geliebt;

O wie seufztestu mir nach /

Als mein Brehlchen zu dir sprach:

 

4

Herkuliskus läst sich führen

Nach dem wilden Parther hin /

Da sie wird ohnzweifel spüren

Manches frechen Menschen Sin /

Und wol der Artaban / scharff

Sie umb Lieb' ansprängen darff.

 

5

Da wird deiner Seele grauen

Recht hervor gebrochen seyn /

Daß du dich hast müssen zauen /

Und zu mindern solche Pein /

Deinen Weg befodert hast

Tag und Nacht ohn Ruh und Rast.

 

6

Nun mein Herz / du bist ankommen /

Und ich bin noch unbeflekt /

Darumb bleibt dir unbenommen /

Was der Seele süsse schmekt /

Ich bin dein / und bleib es wol /

Wo ich sonst noch leben sol.

 

 
Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
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