dann wo die Schildereyen auffhöreten / da glänzeten die kostbahresten Steine mit eingeschnitzten künstlichen Bildern hervor. An der rechten Seite wahr die Belagerung der Stadt Troja so artig gemahlet / daß jedes Lager der Griechen nach gutem Unterscheid kunte gesehen werden. Dorten hielt der hochmuhtige Obriste Feldherr / Agamemnon / und sein Bruder Menelaus; dorten der listige Vlysses; hie der starcke Ajax; Am andern Orte der steinalte Nestor; das betriegliche hölzerne Pferd stund auff Rädern / und lieffen Jung und Alt aus der Stadt / es als eine sonderliche Gabe / an Stricken in die Stadt zuzihen / zu welchem Ende eine grosse Lücke in die Stadmaur gebrochen wahr / weil mans wegen seiner grösse in das Tohr nicht bringen kunte. Der Trojanischen Helden und ihrer Bundgenossen / wahr dabey nicht vergessen. Hektor / Sarpedon / Paris (dieses Unglüks Stiffter) und neben ihn die berüchtigte Helena (umb deren willen an Griechischer Seite in die 880000; an Trojanischer 686000 / also ingesamt 1566000 Seelen Auffgeopffert sind) / Eneas / Antenor / Memnon / und der Alte Priamus / hielten außwendig umb der Stadmaur her / und wahr des Kriegerischen Weibes Penthesilea Schlacht mit Achilles gar zierlich abgemahlet / da sie von ihm vom Pferde herunter geschlagen / und halb Tod ins Wasser geworffen und ertränket ward. Kurz davon zu reden / so wahr kein denkwirdiger Kampff der Griechische und Trojanischen Helden außgelassen; aber EneasBildnis wahr das Ansehnlichste / über welchem diese Worte stunden: Huic parenti originem debet Roma. Das ist: Diesen hat Rom zum Vater. An der andern Seite des Saals wahr die Stadt Rom abgebildet / nach dem Pracht / wie sie ohngefehr vor 240 Jahren / zun zeiten Käysers Augustus in höchster Volkommenheit gestanden. Oben auff der Stadmaur umher liessen sich Romulus / Numa / Brutus der Könige Feind; unterschiedliche Fabier / Kokles / Skevola Kamillus / Regulus / Skivio / Pompeius / Augustus Käyser / und viel andere Römische Helden als Schuz-Götter sehen; hatten ihre Pfeile und Schwerter in den Händen / und dräueten damit den Feinden der Stad Rom. Die erschrökliche Niederlagen / welche die Römer von den Galliern / Hannibal und Zimbern erlitten / wahren hin und wieder abgerissen / insonderheit / da die 300 Fabier von den Veienten listig hintergangen / und alle erschlagen worden. Unsere Helden besahen diese treffliche Gemälde fleissig / und erinnerten sich aller dieser Geschichten / welche sie in der Kindheit beim Homerus / Livius und anderen gelesen / und schien / als ob sie ihrer selbst drüber vergessen hätten / biß endlich Frl. Ursula sagete: Herr Herkules / ich meine es währe fast Zeit / die Waffen abzulegen / und der außgestandenen Mühe sich zu ergetzen / insonderheit aber bitte ich / mir zu verzeihen / daß ohn geheiß ich dem WundArzt Botschafft gethan / ihm seine Halßwunde besser / als von mir geschehen / zuverbinden. Die Anwesende / wie sie solches höreten / stelleten sich leidig wegen seiner Verwundung / welches durch beteurung / daß gar keine Gefahr dabey währe / er ihnen bald außredete / doch in einem Nebengemache sich verbinden ließ / da ihn der Arzt warnete / den Schaden nicht zu verachten /als welcher sich schon in etwas entzündet hätte / und er deßwegen vor starker bewägung und schädlichen Speisen sich hüten müste / welches aber er wenig achtete. Nach geschehener Verbindung legten er und Ladisla ihre Sommerkleider an / die von Sittichgrünen Atlaß mit silbern Blumen durchwirket / und mit ädlen Steinen reichlich besezt wahren / Strümpffe und Federbüsche wahren gleicher Farbe; Kniebänder und Schuchrosen mit silbern Spitzen besetzet / so daß ihre Kleider gleich / und ohn einigen Unterscheid / die Einigkeit ihrer Gemühter wol zuerkennen gaben. In dieser Gleichheit traten sie zum Saal hinein / und muhtmasseten die Anwesenden daher / daß sie mehr als ädle Ritter seyn müsten. Es hatten die drey Fräulein nicht minder sich zierlich angelegt / so viel in der eile geschehen mögen / und bemühete sich Frl. Sophia insonderheit / ihrem liebsten Ladisla sehen zu lassen /wie ihr die Kleider stünden. Als nun diese drey Engelchen in den Saal traten / fehlete wenig / es hätten weder unsere Helden diese / noch sie jene gekennet /und traff ein / das Frl. Sophia eben die Sittich grüne Farbe gewählet hatte. Keiner wahr zugegen / der sich an Herkules Schönheit und Ladisla anmuhtiger Liebligkeit nicht verwunderte. Sie wahren beyde zimlicher / und fast gleicher länge / schwank von Leibe und fester wolgesetzter Gliedmassen. Herkules hatte ein schön gelbes Haar / welches ihm wie krause Locken über die Schultern hing; seine Hände wahren plüßlich und schneweiß / mit blaulichten Adern / das Angesicht weiß-zart / mit rohtem vermischet / daß wer ihn sahe / nicht anders gedenken kunte / er währe ein Weibesbild in Manneskleidern / weil noch kein Häärlein an seinem Kinn erschien; die Augen stunden ihm wie den Falken / doch voller Liebligkeit und blaulicht. Die Stirne glat / und ein Zeichen seines auffrichtigen Herzen; die Nase etwas erhaben und gerade zu /fast länglicher dann kurzlecht / und strahlete aus allen seinen Blicken eine so anmuhtige Freundligkeit hervor / daß wer ihn sahe / zu seiner Liebe und Gewogenheit angereizet ward / weil alle seine Geberden insonderlicher Demuht und mannlicher freier Ernsthafftigkeit bestunden Ladisla wahr etwas bräunlicher /doch zugleich zart / hatte ein braun kraus Haar / in zimlicher dicke / und einen kleinen Bart gleicher Farbe; am Leibe wahr er etwas stärcker anzusehen als Herkules. Sein Geblüt wallete ihm in allen Adern auff / da er sein geliebtes Fräulein so zierlich herein treten sahe; wie auch ihre Liebesreizungen nicht weniger auffgetrieben wurden / daß er in solcher kostbahren Kleidung sich stellete / und sie daher beständig muhtmassete / er müste auffs wenigste FürstenStandes seyn; ihr auch gänzlich vornam / auff sein weiters Anhalten ihm behägliche Antwort zu geben / da sie seines Wesens nur in etwas Bericht haben könte / dann seine Ansträngungen hatten sie dermassen eingenommen / und die empfangene Woltaht sie bezwungen /daß sie entschlossen wahr / keinem Menschen als ihm ihr Herz einzuräumen; so beredete sie auch ihre angebohrne Keuscheit uñ Zucht / dz weil er sie ganz nacket antroffen uñ gesehen / sie sich dessen zeit ihres lebens schämen müste wañ sie nit sein Ehegemahl würde. So bald die ersten speisen aufgesetzt wurde /ging dz nöhtigen wege des obersitzes an biß der Stathalter bey seinen Gästen / alles nach gefallen zuordnen / Freyheit erhielt; worauf er Frl. Ursulen hinter am Tische die Oberstelle nehmen hieß; welches sie vor einen scherz aufnam / bald aber / den ernst sehend / gerne gehorsamete. Den andern Plaz muste Herkules; de dritten Frl. Helena; den vierden Ladisla bekleide / der schon in der angst stund / sein Frl. würde ihm entfernet werden; als er aber von ihrem Vater den befehl hörete / sich zu ihm niderzulassen / hielt ers vor ein zeichen eines glüklichen außganges seiner Liebe. Diese Bank wahr nun mit den fünffen besetzet / uñ wolte der Stathalter gleichwol seine Sohn von dieser liebe Geselschaft nit abtreñen / daher er zu ihm sagete: weil dich das gute Glük zu ihnen hin in de Wald geführet hat / magstu ihres nähern Beysitzens auch allhier geniessen: weisete ihn hin vor den Tisch auf einen Stuel sich niderzusetze / da er seiner vertrauete Frl. an die seite kam. Dieser junge Fabius war sonst ein wolgestalter ansehnlicher Ritter seines alters von XXIV Jahren / in adelichen Sitten und ritterlichen übungen von jugend auff wol unterwiesen / worauf sein Vater desto mehr fleiß wendete / weil ihm von eine Geburtskündiger geweissaget wahr / er würde in seinem ersten mannlichen Alter überauß grosse Mühe und Gefahr über sich zu nehmen haben; Es wahr auch an ihm nichts zu tadeln / ohn daß er seinen Zorn nicht wol meistern kunte. Der Stathalter sahe diese junge Leute hinter dem Tische an / uñ sagte zu den andern Anwesenden: Verzeihet mir / geliebte Freunde / daß vor dißmahl ich unsere Kinder so hoch ehre / und sie über uns Eltern zu diesen fremden Herren setze; dann ich habe billich seyn erachtet / daß welche heut in der Gefahr so nahe bey einander gewesen / jezt in der Sicherheit nicht so schleunig getrennet werden / weil alle schnelle verenderung / wie man saget / gefährlich seyn sol. Ladisla gedachte / diß währe schon das andere Zeichen seines gehofften gute Fortganges. Aber Herr Kornelius antwortete dem Stathalter; es währe solches von jhm sehr wol geordnet; welcher dañ aufbegehre sich zu dem jungen Fabius setzete / und sein Gemahl Frau Fausta / des Stathalters Mutter Schwester Tochter / der Skipionen Geschlechts / neben jhn /gegen ihre Tochter Frl. Ursulen über. Herr Emilius folgete ihr / und sein Gemahl Fr. Julia / eine Pollionin / der Stathalterin Halbschwester von der Mutter her /welche neben ihr die Stelle nam / so daß der Stathalter zu unterst vor dem Tische alleine saß / und an der rechten Hand seine Tochter hatte / welche wegen seiner nahen Gegenwart mit ihrem Ladisla nicht reden durffte. Der junge Fabius verrichtete das Vorschneider-Amt / und nöhtigte die anwesenden höflich / so mangelte es zeit wehrender Mahlzeit am guten Seitenspiele nicht / welches Herkules und Ladisla / als die darin wol geübet / sehr liebeten. Bey dem Essen fiel mannicherley Gespräch / biß nach aufgehobenen Speisen die Stathalterin an ihren Gemahl begehrete /ihr ein Viertelstündichen ihren Willen zu gönnen; wolte hoffen / den Anwesenden ingesamt würde es nicht zuwider seyn. Der Stathalter ließ es gerne geschehen / der ihr Vorhaben schon merkete; Worauf sie die drey Fräulein anredete / und ihnen eins zu werden befahl / welche unter ihnen gleich jezt öffentlich erzählen solte / auff was weise sie geraubet / und von diesen Herren wieder errettet währen; würden sie aber sich dessen wegern / dann solten sie diesen Tag auff keinen Tanz hoffen. Frl. Ursula / als die älteste antwortete: sie wüste niemand / die solchem Befehl besser gehorsamen könte / als Frl. Sophia; dann sie währe unter ihnen die geherzeste gewesen / und hätte den grausamen Kampff guten teils angesehen. Frl. Helena stimmete mit ein / und baht / daß sie die Mühe über sich nehmen möchte; welche aber zur Antwort gab: Ich erinnere mich billich / daß heut vor Essens mein Herr Vater wegen meines unnützen Gewäsches mich gestraffet / und ihr wollet mich noch in weitere Ungelegenheit setzen / daß ichs immerzu gröber mache? Auff diese weise / sagte Frl. Ursula darff unser keine rede weil auch unsere geliebte Eltern zugegen sind. Der Stathalter sagte lachend: wiewol mein Bäßlein Ursul / als die älteste billich das Wort führen solte / so mögen sie sich doch darüber vergleichen. So muß / antwortete diese / nit die älteste / sondern beretste solchs über sich nehmen; daher meine Schwester Frl. Sophia sich dessen nicht entbrechen wird. So höre ich wol / fing diese an / ihr ruffet mich vor die schwazhafteste aus. Ihr Vater sagte mit einem Gelächter: dz du wolgelöseter Zunge bist / kuntestu in deiner dreyjährigen Kindheit schon zimliche anzeige tuhn. Je Herzen Herr Vater / antwortete sie / ich bitte kindlich / mich in dieser Geselschaft nit so hoch zu beschäme. Was hastu dich mit mir zu zanke sagte er; ich heisse dich ja weder reden noch schweigen; uñ hastu an deiner Wafen schon Widerhalts gnug; jedoch hat meine Pompeja ein lustiges Spiel angerichtet / und gelebe ich der Hoffnung / wir werden ein acht tägiges zanken anzuhören haben / ehe uñ bevor diese jhres dinges eins werden. Fr. Pompeja wolte diesen streit aufruffen / und sagete; ob sie gleich des Verlaufs gerne möchte berichtet seyn / würde sie doch jhre begierde müssen auffschieben / biß sie mit jhrer Tochter allein währe. Aber der Stathalter antwortete: durchaus nicht / sondern weil das spiel angefangen ist / muß es auch geendiget werden / dann mich verlanget selbst nach umbständlicher erzählung. Weil dañ der Hahne auf seinem Miste am kühnlichsten krähet / uñ ich meiner Tochter zu gebieten habe / sol sie uns dessen bericht gebe / so gut sie kan. Ich gelebe meines H. Vaters gebohts billich / sagte das Fräulein / wie ungeschikt ich mich auch hierzu befinde / uñ schon weiß / dz meine verwirrete reden den zweg ihres begehrens nit treffen können; aber unter der hoffnung / dz meine Jugend sich ohn mein Vorwort entschuldiget / uñ meine Frll. Schwestere meinem mangel zu hülffe komen werden /wil ich zum versuch mich erkühnen. Anfangs wird meine Fr. Mutter sich eriñern / dz wie meine Frll. Schwestere zugleich mit mir fleissig um erläubnis anhielte / uns de Lustweg nach unserm Vorwerke / eine grosse Meile von hiñen gelegen / zu göñen / umb dieser ersten lieblichen Frühlingszeit in etwz zugeniessen / und die schönen Merzenblumen unsers neu-angelegten Garten zubesichtigen / wir solchs endlich erhielten / und um 7 uhr ohn gefehr davon fuhren. Wir hielten uns vier stunden daselbst auf uñ machten unterschiedliche Kränze / die wir unsern Eltern mitbringe wolten; liessen uns Milch und Eyer zur speise kochen / uñ wahren fertig / nach gelegter Hitze uns wieder auf den Rükweg zubegebe; woran wir anfangs durch dz schwere Doñerwetter / welches in einen grossen Baum unsers Garten einschlug / uñ ohn zweiffel unsers bevorstehenden Unglüks Vorbotte wahr / verhindert wurden / weil der hefftige Regen drey stunde lang anhielt; nach dessen endigung wir uns auf den weg machete / die Stadt vor dem Tohrschliessen zuerreichen; aber über der gar zu grossen eile / rennete der Gutscher mit der vorder Axe wieder einen im Holwege hervorstehenden Stein / dz die Stellung in stücken ging / und die Gutsche daselbst zu brochen stehen bleiben muste; Wir aber vors beste hielten / nach dem Vorwerke wieder zukehren / da wir eine Viertelmeile im glatten Koht und tieffen pfützen mit grossem Ungemache zu ende brachten / eine frische Buttermilch /und was das Hauß bescherete / zur Abendspeise vor lieb nahmen / und in der Vorstuben eine gemeine Sträu machten / darauff wir uns zur ruhe legeten /auch unsern Gutscher und andere des Vorwerks jeden an seinen Ort verwiesen / weil wir allein seyn wolten /und uns keiner Wiederwertigkeit bey diesen friedsamen Zeiten befürchteten. Unsere ermüdete Füsse machten uns die Nacht hindurch schlaffen; aber als die Morgenröhte hervorbrach / schlug ich meine Augen auff / und sahe mit herzbrechendem Schrecken drey grosse gepanzerte Männer / deren Angesichter mich dauchte / mehrmahl gesehen haben / mit blossen Schwertern in die Stube tretten / da der vörderste mit leiser Stimme zu mir sagete: Fräulein / werdet ihr ein Geschrey machen / umb das Gesinde aufzuwecken /wollen wir straks Angesichts euch alle drey erwürgen; sonsten sind wir nicht willens / euch einiges Leid anzuthun / sondern werden euch in guter Gewarsam und Schnz eurer Ehr und Lebens halten / biß eure reiche Eltern / welche wir wol kennen / ein Stük Geldes vor eure Erlösung uns zustellen. In dieser äussersten Angst begriff ich mich nach Vermögen / und gedachte bey mir selbst: Ist es jhnen nur umbs Geld zu tuhn /so werden unsere Eltern hierzu Raht schaffen / und uns lösen können; antwortete ihnen auch / sie möchten mich und meine Gespielen unbetrübt lassen; ich wolte ihnen äidlich angeloben / ihnen solte das begehrte Lösegeld an ort und ende sie es haben wolten /außgezahlet werden / so bald wir nur zu Padua anlangen würden; dessen diese Buben lacheten / vorwendend / ich solte sie nicht so albern ansehen / sondern meine Gespielen / die sie bey Namen zu nennen wusten / auffwecken / oder die angebohtene Gnade würde in schwere Straffe Ehr und Lebens verwandelt werden. Es wahr zu verwundern / daß meine Schwestern von diesem Gepoche nicht erwacheten / und muste in meiner allergrössesten Seelenangst ich sie mit rütteln uñ schütteln munter machen / da sie nach öffnung ihrer Augen / vor den blossen Schwertern sich so hefftig entsetzeten / daß ihnen die Ohmacht nicht ferne wahr; Die erschröklichen Dräuungen aber / die wir höreten / machten uns geschwinde fertig / die Kleider in aller Eile anzulegen; Worauff sie uns unter die Arme fasseten / und wie Lämmer zum Hause hinaus trugen / legten uns auff einen stinkenden Wagen in rauhe Ochsenhäute / warffen eine kötigte Decke über uns / und jageten / als viel sie nachlauffen kunten / mit uns davon. Als wir auff den Wagen gehoben wurden / sahe solches ein Hirt nahe bey der Trinkrennen / und machte ein Geschrey / welches ihm sein unschuldiges Leben kostete; massen noch zween andere verhande wahren / die ihn alsbald niderschlugen / daß wir zusahen / und von unsern Räubern dieses zur Lehre und Warnung bekahmen / dafern wir das Maul nicht halten würden / solten wir auff eben diese weise gestillet werden. Mit was betrübtem Herzen wir nun die vier Stunden / wie uns dauchte / in den stinkenden Fellen lagen / wird der Himmel uns Zeugniß geben; Dieses einige tröstete mich / dz sie uns unser Ehren Versicherung / wie ich meynete / getahn hätten. Ich empfand sonst an den harten Stössen wol / daß der Wagen nicht im gebahneten Wege / sondern über Stein und Blok ginge / auch die Hecken offt umb die Felle herschlugen; hörete auch endlich die Räuber / so bald hinter, bald neben dem Wagen her lieffen / etliche unzüchtige Reden führen / da unter andern der allergrösseste / so von Herrn Herkules zu erst erlegt worden / zu den übrigen sagete: Ich als euer Fürst und Herzog behalte mir des Stadthalters Tochter diesen Tag zur Lust; an den beyden übrigen habet jhr beyde Obristen die erste niessung als lange es euch gefällig; hernach werdet ihr diesen euren Spießgesellen und Hauptleuten auch guten willen gönnen. Was vor Herzleid mir dieses brachte / ist unmüglich auszusprechen / und suchte ich schon mein kleines Messerchen hervor / dieser Schande vorzukommen; aber es wahr (welches ich damahls beklagete) des vorigen Abends auff dem Tische liegen blieben; doch ward ich noch in etwas getröstet / da ich den einen also antworten hörete: Ich riehte / daß man dieser Fräulein Ehre unangefochten liesse; es dürffte uns daher nichts gutes entstehen und ist zu fürchten / nicht allein unsere Fürsten / sondern auch die ganze Brüderschaft möchte drüber entrüstet werden / weil es wieder erteileten Befehl streitet. Was ihm nun zur Antwort gegeben ward / kunte ich nicht vernehmen / wiewol ichs nach meiner Hoffnungs auffs beste deutete. Endlich nahmen sie die Decke von uns hinweg / huben uns herunter / da es voller Hecken stund / und leiteten uns zu Fusse ohn einiges Gespräch durch Püsche und Dornen / fast eine halbe Stunde / biß wir auff einen lustigen Plaz kahmen / auff welchem sehr hohe Bäume zimlich weit von einander stunden / woselbst auch diese beyde Herren uns angetroffen haben. Fr: Pompeja kunte des Endes nicht abwarten / sondern fragete / wie dann unsere Helden diesen verborgenen Ort zu so gelegener Zeit hätten finden und antreffen können; Aber der Stathalter redete ihr ein; sie möchte sich biß dahin gedulden / und ihrer Tochter wolgefassete Gedanken nicht stören. Also fuhr sie weiters fort: So bald wir auff diesen Plaz kahmen / liessen sich unterschiedliche scheußliche Raben / oben von den Bäumen mit greßlichem Geschrey hören / daß auch die Räuber selbst sich davor entsetzeten / und ihr Führer /in die Höhe sehend / ihnen zurieff / sie solten über ihren eigenen Halß schreihen; Da bald ein Rabe / (ich halte gänzlich / es sey meines Hochlöblichen Anherren M. Valerius Korvinus Schuz-Rabe gewesen) vom Baum herunter flog / und schlug einen Kreiß umb dieses Räubers Häupt so niedrig / daß mann ihn mit dem Schwert hätte abreichen mögen; welches er vor ein sonderliches Glükszeichen hielt / dadurch die Götter ihm seines Vorhabens guten Verfolg anzeigeten. Mitten auff dem Platze setzeten sie uns bey einem hohen Baum nider / und trugen uns vor; Unsere Eltern müsten ihnen drey Tonnen Schaz vor unsere Erlösung zustellen / und im nähestem Dorffe / auff einen bezeichneten freyen Plaz niedersetzen lassen / so daß kein Mensch sich dabey finden liesse / der einige Rache vornehmen könte / sonst würden wir nicht wieder loß kommen. Wir höreten zwar / daß es viel und grosse Gelder betraff / tahten ihnen doch aus Furcht und Angst alle Versicherung / es solte nach ihrem Willen gelieffert werden / dafern wir nur Gelegenheit hätten / es nach Padua zuberichten. Diese Anfoderung / sagte ihr Führer / sol Morgen zeitig gnug den euren zuentbohten werden / und müsset ihr biß dahin euch unsere liebe Geselschafft an diesem Orte so gefallen lassen; habet auch wegen Speise und Trank nicht zu sorgen / dessen wir euch allen Uberfluß verschaffen wollen. Ich sahe eigentlich / daß dieser nichts gutes mit mir im Sinne hatte / wolte sich auch gar zutäppisch machen / und mit hervorgesuchten gnug unzüchtigen reden mir seine sonderliche Neigung zu verstehen geben; er währe / sagte er / ein erwählter Fürst und Herzog über viel Völker / und solte ich in kurzer Zeit seine Macht und Herligkeit schon erfahren; bähte / ich möchte ihm meine Liebe versprechen /so wolte er inwendig viertel Jahrs ungezweiffelt das offentliche Beylager mit mir zu Padua auff dem Käyserlichen Schlosse halten / und mich zur Fürstin einer grossen Landschafft / daß ich nicht vermeynete / einsetzen. Ich fassete wegen der ihm gegebenen Antwort / die ich auff dem Wagen gehöret hatte / einen Muht /da ich keinen hatte / und sagte: Er würde mich mit dieser Anmuhtung verschonen / ich wüste mich nicht zuerinnern / daß zwischen Padua und Rom dergleichen Fürsten lebeten / davor er sich außgäbe; währe auch kein Fürstlicher Auffzug / unschuldige Weibesbilder zu rauben / und ums Geld zu schätzen; ich lebete in meiner lieben Eltern Gewalt / bey denen müste ein solches / und zwar auff weit andere Weise gesucht werden; ich vor mich selbst / würde mich keinem Unbekanten unter dem blossen Himmel versprechen. Diese entschuldigung achtete er aber wenig / hielt mir vor / ich könte wegen meiner Jugend Unverstand nicht erkennen / in was Gefahr ich steckete / wann ich durch Schimpff- und verächtliche reden ihn schmähen / oder seinen Fürsten Stand / welcher sich bald melden solte / in zweiffel zihen würde; müste mich demnach eines andern bedenken / und einen solchen Freyer / der noch wol ein bessers tuhn könte / nicht mit so hönischen Worten abspeisen. Zwar mein Herz schlug mir im Leibe / als wolte es zerbrechen / aber die Furcht meiner Ehre unterwieß mich doch / was ich Antworten solte / da ich sagte: Ich bin nicht der Meynung / euren Fürsten Stand zu schmälern; erkenne auch / daß ich unter euer Hand und Gewalt bin; doch sehe ich euch ingesamt vor so redlich an / daß ihr die mir getahne Versicherung / wegen meiner und dieser meiner Wasen Ehre / auffrichtig halten werdet, habt ihr aber / (sagte ich zu dem ersten) einen redlichen und keuschen Willen zu mir / und seid des Standes /wie ihr euch außgebet / so machet euch an meine Eltern / die ihr / aller anzeige nach / wol kennet / und was dieselben hierin thun und lassen werden / müssen billich ihr und ich zu frieden seyn; ein weiters wird kein Mensch aus mich bringen / noch von mir begehren / daß ich wieder der Götter und eingepflanzeten Rechte Verbot / meinen Eltern den gebührlichen Gehorsam versagen solte. Dieser / als er solches von mir hörete / und aus seiner Gesellen bezeigung ihren Mißfallen merkete; stund er auff / und foderte die zween vornehmsten absonderlich / hielt mit ihnen anfangs ein Gezänke; bald darauff eine freundliche Unterredung; kehreten wieder zu uns / und brachten ihr begehren durch ihren Führer meines Behalts / mit diesen Worten vor: Aedle schöne Fräulein; ob wir zwar zu dem Ende euch an diesen Ort geführet / daß eure Eltern uns daß bestimte Lösegeld außreichen solten; so hat doch eure Schönheit dergestalt uns eingenomen /daß wir anjezt mit euch beydes die Verlöbnis der ehelichen Gemahlschafft unter dem freien Himmel äidlich abreden / und das Beylager volziehen / über ein viertel Jahr aber das Hochzeitfest Fürstlich halten / und euch freystellen wollen / ob ihr diese Zeit über lieber bey uns bleiben / oder bißdahin in euer Eltern Gewahrsam seyn wollet / mit bem bedinge / daß ihr unser Heyraht ihnen inzwischen nicht die allergeringste Meldung thut; und werden wir also nicht allein die angemuhtete Schatzung euch gänzlich erlassen / sondern unser Herz und treffliche Schätze die wir besitzen / in eure Gewalt einliefern; Hierauff werdet ihr euch in der güte zuerklären wissen / damit wir nicht verursachet werden / durch Gewalt zuerhalten / welches wir von euch ungleich lieber aus eigener Bewägung und gutwilliger gegen Liebe annehmen wolten. Als wir diesen Antrag mit zittern und zagen angehöret hatten / fielen wir auffs flehen; sie möchten so gewaltähtig mit uns nicht verfahren / sondern unsern Stand und Eltern betrachten; wir währen / die Warheit zu sagen / schon alle drey verlobete Bräute / daher wir ihnen nicht könten zuteil werden. Hier solten wir ihnen nun unsere Bräutigamb nahmhafftig machen /dessen ich mich nicht wegerte / und die drey ersten Römischen Herren / so mir einfielen / angab / aber zum Bescheide bekam; sie wolten uns versichern / ehe dann drey Wochen verlieffen / solten diese drey erschlagen und hingerichtet seyn; müsten deßwegen ihnen nicht weiters wiedersprechen / sondern so glükliche Heyrahte gerne annehmen / und den Göttern davor danken / also würden wir ihnen Anlaß geben /daß sie in künfftig uns desto herzlicher liebeten. Hiemit legten sie ihre Schwerter ab / und wolten die beyde (dann der Führer hatte keinen an) ihre Panzer von sich tuhn / uñ sich zu uns nidersetzen; welches wir merkend / das allerkläglichste Geschrey anfingen /welches unter dem Himmel je mag erhöret seyn; und rücketen wir so fest zusammen / daß wir uns mit Händen und Füssen umklemmeten; daher sie das Panzer-außzihen vergassen / und sich an uns macheten / uns von einander zu reissen. Da liessen wir uns nun zausen und trecken / hielten so fest zusammen / daß uns die Hände schmerzeten / und schrihen inzwischen /daß es einen Widerschall gab; worüber die Räuber endlich von uns abzulassen bewogen wurden / und auffs neue uns gütlich erinnerten / alle Widersezligkeit einzustellen / sonsten wolten sie uns nach angelegter Schande ihren Knechten zum Muhtwillen untergeben / mit denen wir unsere Lebenszeit im höchsten Elende zubringen solten. Wir töhrichte Kinder wolten uns auff die Fleheseite legen / und bahten mit gefaltenen Händen / so übel mit uns nicht zu verfahren; unsere Eltern solten ihnen geben / was sie begehren würden. Sie hingegen gebrauchten sich dieser Gelegenheit und trenneten uns mit leichter Mühe / rissen uns die Kleider vom Leibe ganz grimmig hinweg /und meyneten schon gewonnen zu habe; aber wir huben das Geschrey hefftiger an als zuvor; fielen ihnen umb die Beine / daß sie nach willen mit uns nicht schaffen kunten; und als wir uns so nahe wieder beysamen funden / liessen wir von ihnen / und umbgaben uns stärker denn vorhin. Ich kan wol sagen /daß Angst und Noht Kräffte verleihet / massen was ich fassete / dergestalt beklämmet ward / daß ich mich lieber in stücken zureissen lassen / als die Hände abzihen wollen. Wir schlungen uns durch einander / wie man die Erdwürmlein sihet sich verwickeln / und hielten an mit schreihen / so offt sie hand an uns legeten. Aber endlich würde es den Stich nicht gehalten haben / zumahl sie durch Eifer und Begierde übernommen /alle Sanfftmuht beyseit legte / und durch Erbrechung unser Finger uns gar leicht trenneten / wir auch ohn alle Barmhertzigkeit und Hülffe uns der Schande untergeben müssen / dafern dieser unser Erretter glükliche / und von den Göttern selbst versehene Ankunfft den Willen der Räuber nicht gestöret hätte. Dann wir höreten anfangs das rasseln ihrer Harnische zwischen den Sträuchen / und bald darauff sahen wir sie in zimlicher Eile herzu treten; dessen sich die Räuber nicht versehen hätten / und vorerst meyneten / ihrer würde eine zimliche Menge seyn / dz ich eigentlich ihren Schrecken merken kunte / welcher sich doch bald verlohr / und sie gewisse Hoffnung eines schleunigen Sieges fasseten. Hierauff baht sie ihren Ladisla / er möchte den ersten Anfang ihres Kampffs zu erzählen unbeschweret seyn; welches er einwilligte / und biß dahin ausführete / wie Herkules seinen ersten Ansprenger gefället / und darauf von dreyen zugleich angefallen worden; woselbst das Fräulein ihre Erzählung fortsetzete / einwendend / sie würde / umb die Warheit anzuzeigen / gezwungen ihm in die Rede zu fallen / weil er ihren Sieg gar zu geringe machete; beschrieb demnach so best sie kunte / die Heldentaht und wie Ladisla ihrer aller Leben vor dem letzten Räuber ihrem Hüter gerettet / da sie sonst ohn alle Gnade hätten sterben müssen / welches ihnen doch erträglicher als ihrer Ehren Verlust solte gewesen seyn. Als sie nun hiemit ihrer Erzählung ein Ende gab /sagte der junge Fabius; es möchte vielleicht dieser ruhmwirdige Sieg von denen nicht so hoch geachtet werden / welchen der Räuber Krafft und Erfahrenheit unbekant währe; Wer aber den Meister aller Fechter /den hochbeschrihenen Orgetorix / und seine Gesellen Dumnorix und Ambiorix vor etlichen Jahren gekennet / und sie fechten gesehen / der würde die Vortrefligkeit dieser überwindung wol urteilen; dann diese hätte er alle drey auf dem platze tod angetroffen / und noch zween andere ansehnliche grosse Räuber / die ihm unbekant währe / ihre Namen aber auf ihren Schwertern / als Fimbria und Sergius / eingeetzet stünden. Der Stathalter erschrak dieser Rede / und sagte: Ich gläube ja nimmermehr / daß diese drey unvergleichliche Fechter sich in Räuber Geselschafft begeben / angesehen / sie durch ihre Kunst und Stärke viel tausend Kronen erworben / und allein durch meine befoderung ein grosses Gut bekommen. Zwar man hat fast zwey Jahr nicht erfahren können / wo sie gestecket / und ist man in dem Wahn gewesen / daß sie nach Gallien in jhr Vaterland gezogen / oder in den Morgenländern Geld zu verdienen / sich auffhielten / so höre ich nun mit Bestürzung / daß sie zu Räuber gedien sind. Den Fimbria und Sergius betreffend / sind mir dieselben nit unbekant / sondern dieser ein Mantuanischer /jener ein Ravennischer vom Adel / beyde umb Untaht willen aus dem Reiche verbannet. Die gröste Verwägenheit aber / die hierunter stecket / ist / daß der unbendige Orgetorix sich vor einen Fürsten hat angeben / und nicht allein nach meiner Tochter freien / sondern das Hochzeitfest auff dem Käyserlichen Schlosse hieselbst zu halten / sich dürffen verlauten lassen; Nun wahr er zu jener Zeit gar kein Auffschneider / sondern jederman hielt jhn vor warhafft / und von Tahten fester / als ruhmrähtig; muß also die Hoffnung mein Kind zu bereden / ihm diese Liebeslüge eingeblasen haben. Es sey aber wie ihm wolle / so dürfte hierunter was gefährlichers stecke / als man gedenken möchte; welches ich dißmahl beyseit setze; muß mich aber über euch beyden / Herr Herkules und Herr Ladisla /verwundern / daß eure Schwerter so kräfftig / und die Hände so erfahren gewesen sind / diese freche Räuber auffzureiben / welches ausser allem Zweiffel durch sonderlichen Beystand der Götter hat geschehen müssen. Alle anwesende fingen an diese Taht dergestalt zu erheben / daß das Frauenzimmer (außgenommen die Stathalterin / die eine Christin wahr) in den Wahn gerieten / ob nicht etwa Herkules der Gott Apollo /und Ladisla Merkur oder Romulus selbst währe. Diese beyde aber hatten grossen Verdruß an der häuffigen Lobrede / daß endlich Herkules sie ingesamt mit entblössetem Häupte baht / diese schlechte Taht nicht so hoch zu erheben / zumahl er billich zweifeln müste / ob der Streit mit Mördern / Dieben und MenschenRäubern / mit unter die Zahl der ruhmwirdigen zu setzen währe. Sie vor ihr Häupt würden sich dessen umb keiner andern Ursach willen erfreuen / als daß sie Gelegenheit gehabt / so vortreflichen Fräulein / als Kleinoten der Welt / Dienste / und ihren hochansehnlichen Eltern Freundschafft zu leiste. Das ist aller Helden Eigenschafft / antwortete der junge Fabius; nicht desto weniger aber muß derselbe die Guttaht erkennen / der sie empfangen hat; wiewol ich einen schlimen Anfang darzu gemacht habe. Wie so? fiel ihm sein Vater in die Rede; ich hoffe ja nicht / daß du wider Römische Sitten gehandelt / uñ durch Undankbarkeit dir und deinem Geschlecht einen Schandflek angeworffen habest. Davor behüten mich die Götter / antwortete der Sohn; Viel lieber wolte ich mich ohn Leben / als ohn Ehre wissen. Das Fräulein wolte den Vater des Argwohns benehmen / und zeigete an / was vor ein Streit zwischen jhnen sich aus Irtuhm erhoben; Worauf der Vater den Sohn erinnerte / den blinden Zorn hinfüro zu mässigen / als welcher ein Zeichen eines grossen Vernunfftmangels währe.
Die mitleidige Mütter sassen und kunten ihre Trähnen nicht stillen / in betrachtung der grossen Gefahr ihrer Töchter / biß sie von ihren Gemahlen auffgefodert wurden / einen kurzen Abtrit mit ihnen zu nehmen / da sie sich miteinander berahtfrageten; auff was Weise sie unsern Helden ihre Dankbarkeit erzeigen und beybringen wolten; liessen hernach Frl. Sophien zu sich ruffen / und nach gemachtem Schlusse / setzete sich jedweder an seine Stelle / ohn daß die Müttere nach Hause gingen / und nach Verlauff einer halben Stunde sich wieder einstelleten. Nicht lange hernach traten drey wolgeputzete Dirnen ins Gemach / deren jede ein treffliches Lädichen trug von Hebenholz mit güldenem Beschlage / künstlicher Arbeit / welche sie Frl. Sophien überreicheten; ihnen folgeten zwölff in Scharlaken gekleidete Diener / und hatte jeder ein sehr grosses güldenes Trinkgeschir / mit allerhand köstlichen Steinen außgesezt / die mit dem besten gepregeten Arabischen Golde gefüllet wahren / welche sie nach der reihe auff den Tisch stelleten / und lies keiner sich eines Worts verlauten / biß Frl. Sophia die Lädichen öffnete / einen kostbahren Schaz von güldenen Ringen / Armbändern / Halßketten und anderm Zieraht / auff 150000 Kronen geschätzet / daraus auff den Tisch schüttete / und also anfing: Ihr meine Hochwerte Herren / Herr Herkules und Herr Ladisla /die ihr billig meine uñ meiner geliebten Schwestern Schuzgötter zunennen seid / nachdem wir und ihr selbsten ja bekennen müsset / daß nähst dem Himmel wir niemand als euren kräfftigen Armen und mitleidigen Herzen unsere Ehr und Leben zudanken haben /so lasset / bitten wir drey Erlösete / euch dieses schlechte Opffer gefallen / welches zur anzeige eines dankbaren Willens / wir aus geheiß unser lieben Eltern euch überreichen / nicht unter der Hoffnung / die uns erzeigete Woltaht hiedurch zuersetzen / sintemahl Ehr und Leben mit keinem irdischen Schein zu vergleichen ist / sondern daß wir uns dem Laster der abscheulichen Undankbarkeit entreissen mögen ist / wie gesagt / dieses nicht anders / als ein geringes Zeichen eines Herzen / welches da wünschet / ein gleiches legen zu können / aber wegen der lautern Unmögligkeit zugleich seuffzet / das die reichen Götter hieselbst unsere Stelle vertreten wollen / da unser können auffzuhören gezwungen wird / und doch allemahl tichtet / mit der Zeit ein besser Mittel zu erdenken /welches den Schein dieser schlechten Kleinot übergehen möchte.
Unsere Helden erstauneten über diesem Anmuhten / und in dem einer den andern ansahe / und keiner wuste / was er dazu sagen solte / stund der Stathalter von seiner Stelle auf / und redete sie also an: Ihr ruhmwirdige / und von den himlischen Göttern hochbegabte Ritter und Herren: Ob zwar mein Wunsch die Erkäntnis eures Standes gewaltig nachsuchet / damit denselben ich die gebührliche Ehre bieten dürffte / wil ich solches doch mit eurem guten Willen lieber entrahten / als demselben zuwieder / wissen / und mir genügen lassen an dem / daß die gütigen Götter euch nicht allein meinem Kinde und Bäßlein / sondern viel tausend anderen bedrångeten und durch Gewalt unterdrücketen zu hüffe und Trost an diese Welt kommen /und in Herzhaffter Tapfferkeit vortrefflich werden lassen. Wahr ist es / daß wann Gefahr von uns abgekehret wird / wir der Götter Rettung solches zuschreiben müssen; wer aber dem Werkzeuge / durch welches sie uns beyspringen / Undank zu Lohne legen / oder auch solche Guttaht und Hülffe verachten und in den Wind schlagen wolte / derselbe müste billig in aller Götter Ungnade fallen / nicht anders / als der den Göttern vor des Tages Liecht danken / und daneben der Sonnen alle Beschimpfung erweisen würde. Daß ich und diese meine bey den Freunde Töchter haben / dancken wir dem göttlichen Segen / welcher alle Geschöpff durch Mittel außhecket; hätten wir ungerahtene Töchter / müsten wirs dem Unglük zuschreiben. Daß sie aber nicht grausamer Weise durch räuberische Unzucht genoht zwänget / und hernach gar in stücken gehauen / oder den nichtigsten Hundsbuben zu aller Schande unter die Füsse geworffen sind / kan von uns keinen andern Uhrhebern / als bloß eurem recht Fürstlichen Mitleyden und daher entspringender kräfftigen Hülffe zugelegt werden / als die ihr euer Leben in dieser euer Jugend geringe geschätzet / und dem Mörderischen Schwerte dargebohten / nur daß ihr diese dazumahl aller unglükseligste Kinder retten / und mit vergiessung eures Blutes in die heutige Wolfahrt versetzen möchtet. Versichert euch / ihr meine Hochwerte Herren und Freunde / daß wir des Unverstandes nicht sind / diese eure Guttaht mit stillschweigen zu begraben / sondern es sol vielmehr durch das ganze Romische Reich und benachbarte Herrschaften von uns außgebreitet werden / daß nehmlich die Tugend /was sie wol in hundert Jahren in mir und vielen andern schwerlich zeugen würde / bey euch in dieser eurer Jugend schon so völlig wirken und scheinen lassen / als hättet ihr nach Ablegung der ersten grauen Haare diese jezige Jugend auffs neue angenommen. Römische Auffrichtigkeit / deren ich mich / ohn unzeitigen Ruhm / alle mahl beflissen / hat einen Abscheuh an schmeichelhafften Lobreden / drumb wollen sie / bitte ich / mich dessen nicht zeihen. Was ich empfangen habe / preise ich billich / nachdem es dessen wert ist / und preise es nicht allein mit Worten / da ich Werke empfangen habe / sondern suche mit allen dankbahren / und vor dißmahl mit diesen meinen Herren Schwägern und deren Gemahlen / mögliche gelegenheit / ein wirkliches zu erklären / welches wir euch auff diese weise darzulegen verabscheidet haben; daß vor erst diese zwölff Becher jhr von unser Hand annehmen / und nach unserm Tode mit unsern Kindern zu gleicher Teilung aller unser Güter gehen wollet. Ist dann ein mehres / damit ihnen könte gedienet seyn / und von uns zu leisten möglich / wollen sie kühnlich fodern / und des gewehrens sich von uns versichern.
Herkules und Ladisla stunden als die Stummen /schlugen die Augen vor sich nider / und liessen aus jhren Geberden gnug sehen / daß sie nicht geringe Bewägung in ihrer Seele empfunden; worüber das gesamte Frauenzimmer sich hoch erfreuete / in meynung / es währe ein Zeichen grosser Freude / wegen getahner Schenkung und künfftiger Erbschafft; biß Herkules / nach dem er sahe / daß Ladisla nicht wolte / dieses antwortete: Das wolle Gott nimmermehr / daß das ungerechte Lösegeld / welches die meinäidigen Räuber gesuchet / wir an jhrer stat empfangen; vielweniger das angebohrne Erbe dieser Durchll. Fräulein schwächen und mindern solten: Hochmögender Herr Stathalter / auch Römische Herren / Frauen und Fräulein; verzeihet uns / bitten wir / diese Frage / ob sie nicht unserer Ritterlichen Ehren beschirmer ja so willig seyn wolten / als wir ihnen samt und sonders zu dienen / höchstbegierig sind; Verfluchet müsten ich und mein bründerlicher Geselle seyn / wann wir andere Gedanken von ihnen fasseten / zumahl ihre hohe gewogenheit auff der allerhöchsten Vergeltungs-Stuffe sich sichtbarlich erzeiget / in dem wir wegen einer Viertelstunde Arbeit / die ohn sonderliche Gefahr gewesen / als leiblichen Söhnen / so grosses Erbe uns angebohte seyn / hören müssen / daß wir unsern Ohren kaum trauen durffen. Betrachtet aber / bitten wir / obs ohn Verletzung unser Ritterlichen Ehre von uns könne angenommen werden / weil wir nichts durchaus geleistet / als wozu uns das eingepflanzete Gesez verbindet: dann sehet doch; wir haben gewaltleiden der Fräulein klågliches geschrey vernommen; Wen solte das nicht zum mitleiden bewägen? Wir haben gesucht / dessen ursach zu erkennen / wer würde solches ohn Nachrede einer Kleinmühtigkeit unterlassen? Wir haben uns der anlauffen den Räuber erwehret / ehe und bevor wir einige wissenschaft gehabt / ob sie rechtmässige Richter der klagenden /oder boßhaffte Ansprenger währen; wer könte hier sein Schwert in der Scheide behalten / und sich niderschmeissen lassen? Sehet / hochwerte Herren / Frauen und Fråulein / was von uns vor Gegenwehr geleistet /ist bloß zu unserm besten vorgenommen / ja von uns erzwungen; Wir sind nicht außgeritten / den Fräulein Hülffe zu leisten; Wir haben sie biß zu allerlezt ohn Rettung in ihres Huters Hand stecken lassen; Ja das ich ohn Anröhtung nicht sagen kan / ich bin so unhöflich gewesen / und habe dieses Durchl. Frauenzimmer nicht eins besuchet / sondern sie haben sich gedemühtiget / seynd zu mir kommen / meine Waffen mir abgezogen / meine Wunde verbunden / und / mit einem Worte / sich so verdient umb mich gemacht / dab ob ich gleich hundert Jahr leben solte / ich doch in ihrer Schuld sterben müste; und ich solte ihnen diesen Dank davor erzeigen / und sie ihres väterlichen Erbes zum halben Theil helffen berauben? Dieses Laster wende Gott von mir ab und von meinem Gesellen /damit wir nicht Erz Räuber über die heut erschlagenen werden / und morgen dem billichen Råcher in die Hånde fallen. Ich sage nicht / Durchll. Herren / Frauen und Fräulein / daß sie uns ein solches unter dem schein einiges Lasters anmuhten / aber / weil ihr hohes erbieten nicht ohn Laster von uns kan angenommen werden / ey so gebet unser Entschuldigung stat / damit unser Ritterstand / den wir kaum vor drey Jahren angefangen / nicht durch unverantwortlichen Geiz und Unbescheidenheit im ersten Grase ersticket werde / sondern wir von diesem Laster befreyet / sie uñ andere Woltähter frey ansehen / und so grobes verbrechens uns nicht schämen dürffen. Ein Zeichen dieser hohen ganz unverdieneten Ehre anzunehmen / wegern wir uns nicht / sondern sol uns vielmehr eine stete Erinnerung seyn / wie fest Euren Durchleuchtigkeiten wir verbunden bleiben. Nam hiemit ein zierliches Ringelein von den außgeschüttene Kleinoten /steckete es auf den Goldfinger / uñ taht ihm Ladisla ein gleiches nach; hernach fuhr er in seiner Rede also fort: Ja meine hochwerte Herren / Frauen uñ Fräulein / wir wollen uns noch einer kühnern Freyheit unternehmen / uñ diese aufgesetzete köstliche Geschenke von ihrer gar zu freygebigen Hand empfahen; aber mit diesem bedinge / daß unsere gebietende Frauen / die drey Müttere sie mögen in guter verwahrung bey sich behalten / damit wir dermahl eins solche alle / diesen dreyen Fräulein in künfftig zum Brautgeschenke bey ihren hochzeitlichen Ehrentagen einliefern können. Den hohen Ruhm / von unserm gnädigen Herrn dem Stathalter uns zugelegt / schreiben wir billich seiner ungezweifelten väterliche Gewogenheit zu / wollen uns auch befleissigen / daß ob wir gleich keine gebohrne Söhne / wir dannoch keine andere Herzen / so lange wir leben / unserm Herrn als Vater erzeigen. Nach geendigter Rede raffeten sie die Kleinoten wieder in die Lådichen / und lieferten sie nebest obgedachten Bechern den dreyen Frauen ein / mit bitte /dieselben in gute verwahrung anzunehmen. Die Anwesenden alle beantworteten dieses anmuhten mit einem freundliche Lachen. Nur der Stathalter sagte drauff: Ihr meine Herren und Freunde; wann eurer Antwort auff meine gehaltene Rede ich mit einer neuen begegnen solte / würde solches / bekenne ich /nicht sonder Anwendung der wolgegründeten Vernunfft geschehen können; währe auch zu befahren / dz entweder meine entgegen gestellete Ursachen zurük prallen / oder ihre angeführete ausflüchte angegriffen werden müsten; gestehe sonst gerne / daß Herr Herkules uns anjetzo nicht weniger jhrer beyder hohen Verstand und wolgebildete Geringschätzung zeitlicher Güter / als unsern Kindern / ja auch unsern Feinden jhre unüberwindliche Herzhafftigkeit zu erkennen gegeben. Ich wil vor dißmahl weder ihre getahne Verehrung an unsere Töchter wieder ruffen / noch mich der geschehenen wegerung beschweren / sondern wie ihnen ich allen freyen Willen hierin lasse / also werden sie / ich müste dann gar unglükselig seyn / mir dieses mein ansuchen weder streitig noch abschlägig machen / da ich sie freundlich ersuche / nicht schleunig von uns hinweg zu zihen / sondern umb bessere Kundschafft zu machen / etliche Zeit bey und zu verbleiben. Keine angenehmere Bitte håtte dem verliebeten Ladisla können angelegt werden / und kunte dannoch über sein Herz nicht bringen / sie zu beantworten / weil Herkules Wille ihm unbewust wahr; welcher aber zu seines Freundes Vergnügung diese Antwort gab: Höchstgewogener Herr als Vater / wir müsten zumahl baurisch und unbehöfelt seyn / wann wir ohn Urlaub hinter der Tühr Abscheid nehmen würden; erkennen uns schuldig / unsern Herren / Frauen und Fräulein gehorsam und ehrerbietig auffzuwarten / und zweifeln im wenigsten nicht / sie werden auff geleistetes begehren uns zu unser nöhtigen Reise hinwiederumb beförderlich seyn.
Der Stathalter kunte sich des jungen Herren unaußsinlicher Verschlagenheit nicht gnug wundern / daß er im Augenblick so vorträgliche Antwort zufinden wuste / nicht allein daß angebohtene höfflich außzuschlagen / sondern auch daß begehrete auff solche Weise zu verheissen / daß er immerzu unverbunden bleiben / und sein Versprechen nach belieben auffruffen kunte. Sein Gemahl aber wolte weil der Abend einbrach / dieses Gespräch aufheben / daher sagete sie: Unsere Töchter / wie ich merke / solten fast mehr belieben nach einem Tanze als ferneren höfflichen reden tragen: hieß demnach die Spielleute und Diener (welche bißher einen Abtrit genommen) wieder herein gehen / und nach etlichen künstlichen stücken einen Tanz auffmachen / da Frl. Sophia mit Frl. Ursulen einen zierlichen Reihen Tanz mit gefasseten Händen; hernach jede einen absonderlich vor sich / wiewol zugleich / und nahe bey einander hielt / nach dessen Endigung diese zu jener sagete: Betriege mich meine Augen nicht / Herzen Schwester / so werden die eure von Herr Ladisla nicht angefeindet; und die Götter geben euch ja nimmermehr keinen unwirdigern Buhlen. Herzliebe Schwester / antwortete Frl. Sophia / ob Herr Ladisla mich nicht anfeindet / so habe ich ihm darzu auch keine Ursach gegeben / da es nicht durch Beschwerung auff dem Pferde geschehen ist. Es ist mir aber lieb / Gelegenheit zu haben / euch eure grosse Unträue vorzuhalten / welche ihr mir heut in dem Unglükswalde erzeigetet / in dem ihr mich nacket und bloß bey H. Ladisla einem Wildfremden so gar allein liesset; nimmermehr könte ich euch ein solches Bubenstük anthun. Daß ihr mir aber keinen unwirdigern Buhlen wünschet als diesen / kan ich anders nicht außdeuten / als daß ich gar keinen haben sol; dann wo würde mann sein und seines Gesellen gleichen finden? Frl. Ursula sagte hierauff; Ich sahe uñ merkete wol / mein Schwesterchen / daß euch beyderseits geliebte allein zu seyn (dann sonst währet ihr wol mit uns zugleich davon gangen) darumb wolte ich euch einen Dienst durch unser beyder abweichen thun / wie mich dann eigen gedauchte / ihr hättet mir deßwegen einen Wink gegeben. Sahe sie hierauff traurig an / und fuhr also fort: Es ist aber iezt nicht Zeit zuscherzen / sondern wann ich bey euch der Verschwiegenheit versichert währe / müste unser Freundschafft nach ich euch eine wichtige Heimligkeit offenbahren /die ihr sonst zuspät erfahren möchtet. Diese bekam grosse Begierde solches zu vernehmen / und lobete an / Hand und Mund zu halten. Worauff jene sagte: Wisset ihr auch / Schwester / daß ihr schon eine verlobete Braut seyd? Was? antwortete diese; bin ich eine Verlobete? fing aber bald an zulachen / und sagte: Haltet ihr mich dann vor so frech / daß ich mich diesem Fremden solte so leicht und bald versprochen haben? aber ich werde schon Gelegenheit finden / euch dieses Auffzuges gereuen zu machen. Leget meine Reden nicht ungleich noch vor einen Auffzug aus / antwortete jene; und seyd ihr eures eigenen Zustandes noch unberichtet / stehet es umb eure Sache so viel gefährlicher / weil ich fürchte / der Bräutigam möchte euch ungenehmer als der Tod selbst seyn; Ich verlasse mich aber auf eure Zusage / und frage in allem Ernst / wie euch der geizige Fulvius gefalle / welchen ich trauen umb aller Welt Gut nicht heyrahten wolte / ungeachtet ich keines Stathalters Tochter bin wie ihr. Frl. Sophia erinnerte sich / daß ihr Vater etliche Zeit her diesen Römischen Herren in ihrer Gegenwart zun offtern trefflich gerühmet hatte / mit vermeldung / es währe kein Römischer Herr / der ihm eine Tochter versagen würde; fassete deßwegen traurige Gedanken / und sagte: Ach herzgeliebte Schwester / ich bitte zum allerhöchsten mir zu vertrauen / von wem ihr dessen berichtet seid. Was gehet euch daß an? antwortete sie /ists nicht gnug / daß ich euch die Heimligkeit selbst vertraue? die so gewiß ist / daß wo ich fehle / ihr mir alle Freundschafft auffkündigen sollet. Ich sage euch noch mehr; Fulvius ist schon auff dem Wege / euch abzuhohlen / weil euer H. Vater / ungeachtet alles Wiedersprechens / von euer Fr. Mutter geschehen /ihm völlige uñ unbedingte Zusage getahn hat; welches ich von niemand anders habe / als der mit dabey gewesen ist. Werdet ihr mich nun verrahten / so bringet ihr mich in die gröste Ungelegenheit. Schwester /ich kan Gott Lob wol schweigen / antwortete sie /aber von dieser Heiraht werden mich die Götter / oder der Tod frey sprechen / dessen seyd ungezweifelt versichert. Ich danke euch aber von herze dieser eurer träue / die ich / wo ich leben sol / unvergolten nicht lassen wil. Aber wir stehen allhier zu lange / und möchte unser Gespräch etlichen einen Argwohn bringen. Seyd aber gebehten / und führet H. Ladisla unsere Schwester Helenen zu / daß wir sehen / ob diese sonst so volkommene Ritter auch den Tanzbodem besuchet haben. Was habe ich vor Ursach / sagte Frl. Ursula / ihm Helenen zuzuführen? Ihr habt selbst eines geträuen Freundes von nöhten / der euch von Fulvius loßwirke / und wisset nur / daß ichs heut wol sahe / wie kek er sich der guten Gelegenheit hinter dem Baum gebrauchete. Herzen Schwester / antwortete sie / das Gesicht muß euch mächtig betrogen haben / welches ich auff bessere Gelegenheit verfechten wil /mit dem Tanze aber möget ihrs nach eurem willen ordnen. Also bestellete Frl. Ursula einen sonderlichen neuen Tanz / und foderte Ladisla mit diesen worten auff: Hochwerter Herr / da ich sonder Unhöffligkeit ihm meine herzliebe Frl. Schwester an die Hand bieten darff / nach belieben sie bey sich niederzusetzen oder zum Tanze zufuhren / wil ich dessen nicht länger Auffschub nehmen. Ladisla bedankete sich der Ehren und fing nach Anleitung seiner Liebesbegierden einen sehr zierlichen Tanz mit ihr an / nach dessen Endigung sie zu ihm sagete: Mein Herr / ihr wisset gewißlich nicht minder beym Tanze / als bey dem Kampffe, euch ganz volkommen zu halten. Höchst geliebtes Fräulein / antwortete er; daß mir dann auch der Himmel diese Gutigkeit zufliessen lassen wolte / bey meinem Fräulein können angenehm zu seyn / weil ohn ihre Gunst und Gegenliebe ich ausser allem zweiffel untergehen und verderben muß. Mein Herr / sagte sie / ich bitte sehr / mir dieses Fråulein nahmhafft zu machen / deren Gewogenheit er so embsig suchet; kan ich ihm dann bey derselben den gewünschten Trost erwerben / als dann sol er dabey prüffen / ob ich nicht willig bin / ihm verbeschehene Rettung tråulich zu dienen. Nun merkete sie / daß er mit einer weitlåufftigen Erklärung loßzubrechen willens wahr / welches /weil vieler Augen auff sie gekehret wahren / sie mit diesen worten abwendete: Mein Herr / ich wil noch hinte seine mir vielleicht nicht unbewuste Außlegung sehr willig anhören; aber dafern ihm beliebet / noch einen Tanz mit mir zuhalten / wird dieses Orts solches niemand verdacht. Er gebrauchte sich dieser Anfoderung / bestellete mit einer Handvol Kronen einen Tanz / und befliß sich aller Zierligkeit / damit er ja seinem Fråulein gefallen möchte. Herkules hatte unvermerket gar genaue acht auff alles sein thun; er wuste / daß er von jugend auff dieser Ubung wenig zugetahn wahr / und sahe doch vor Augen / daß die Liebe ihm die Füsse gleichsam beflugelte; gedachte demnach / ihm nach allem vermögen zum gewünschten Zweg zuverhelffen / was ihm auch druber zustossen möchte; nur lag ihm allermeist im Wege / daß auff solche Weise ihr Stand und Wesen müste offenbahr werden / weil so hohe leute mit unbekanten sich zubefreunden / grosses Bedenken tragen würden; jedoch / weil ihm seines Freundes Wille lieber als sein eigener wahr / setzete er alles übrige zurük / und zu Gottes versehung. Der junge Fabius ward auch vermahnet / mit Frl. Ursulen einen Tanz zuverrichten /diese aber / weil ihre Kundschafft und Vertauligkeit schon von zwey Jahrenher viel heimlicher wahr / als die im Tanze bestehet oder gilt / luden sich auff ein Abendgespråch / nach geendigter Gåsterey. Herkules /der im tanzen und springen seines gleichen nicht hatte / saß dannoch lieber stille / als daß er solcher Uppigkeit hätte nachtrachten sollen; so wolte ihn auch niemand wegen empfangener Wunde / zum Tanze nöhtigen; weil aber Ladisla merkete / daß er den andern fleissig zusahe / gab er seinem Fräulein zuverstehen /Er sähe gerne / daß Herkules ein Tanz gebracht würde; die solches zuleisten sich willig anerboht /wann sie nur wissen solte / daß sie es wagen dürffte /uñ es ihm wegen der Wunde nicht beschwerlich währe. Doch führete sie ihm Frl. Helenen zu / da er anfangs sich mit seiner Unwissenheit entschuldigte /und nicht destoweniger solche Schnitsprünge /schrenkungen und andere Zierligkeiten mit seinen leichten und geraden Fussen verrichtete / daß die Zuseher sageten / es müste dieser Herr in dem allerglüklichsten Zeichen des himlischen Gestirns gebohren seyn / weil alle Leibes und Seelen Zierde in so grosser Volkommenheit bey ihm hervorglånzeten. Aber niemand rühmete ihn höher im Herzen als eben seine Neben Tänzerin / dann sie hatte sich dergestalt an ihm vergaffet / daß sie fast sich selber nicht kennete; wie wol der Pfeil umbsonst verschossen wahr / und die Karte an iener Seite schon dergestalt verstecket / daß der guten Fråulein Gedanken sich in eine grundlose See versenketen.
Die schon halb verlauffene Nacht erinnerte nunmehr die Anwesenden / daß es Zeit seyn würde / sich dem Lager zu widmen / daher der junge Fabius es Herkules frey stellete / wie früh oder späht er Ruhe nehmen wolte; der aber seinem Freunde Raum zumachen suchete / seiner Liebe in etwas nachzuhången /weil er sahe / daß ihm nicht gefiel / so zeitig Abscheid zunehmen; daher er sich gegen Fabius vernehmen ließ / da es ihm so geliebete / wolte er noch ein halb stundichen mit ihm sprachen. Dem Stathalter und andern Gästen wahr dieses sehr angenehm / und begunte ein jeder ihm einen Sprachgesellen außzusehen. Die drey Frauen traten zusammen / und überlegeten das grosse Elende ihrer Töchter / welches sie unvermeidlich hätten angehen müssen / dafern dieser Helden Hülffe nicht so schleunig kommen währe; und sagte Fr. Pompeja; es währe sehr gefährlich / eine mannbare Tochter in der Eltern Wohnung / und nichts sicherer /als daß man ihr einen Mann gäbe; Aber ihre Schwester Fr. Julia antwortete: Sie hielte davor / daß die Töchter in der Eltern Häusern sicherer währen / als wann man sie nach jhren Willen ausfahren liesse. Der Stathalter und seine Schwäger hatten sich an einem andern Orte zur Unterredung nidergesezt; so nam Ladisla dieser guten Gelegenheit wahr / wie imgleichen Frl. Sophia dieselbe nicht verseumen wolte; traten von den andern in einer zimliche Absonderung zusammen / und brachte er seine Werbung folgender gestalt vor: Hochgebohrnes Fräulein / demnach ich schon zu unterschiedlichen mahlen ihr meine ungefärbte Liebe und herzergebene Träne angemeldet /und doch nicht die geringste Gewißheit eines Ja oder Nein erhalten mögens mir aber unmöglich ist / die über mich schlagenden Flammen ohn Kühlung länger zu erdulden / sintemahl ich ungleich grossere Angst /als mein Fråulein unter Räubers Händen / in meiner Seele empfinde / so daß den Schmerzen / welchen die Erkäntniß durch den Dienst meiner Augen eingenommen in mir wirket / und ihre außbündige Schönheit einig verursachet / ich nicht ertragen mag; als bitte ich von Grund meines Hertzen / sie wolle mich nicht ohn Mitleiden verderben lassen / noch zugeben / daß derselbe durch ihre Grausamkeit getödtet werde / welcher vor jhre Wolfahrt zu sterben / sich nun und nimmermehr wegern wird; jedoch / dafern mit und bey ihr zu leben / mir nicht kan zugelassen seyn / ey so verweile sie nur nicht / mir die Urtel wegen meines Frevels zu sprechen / weil ich rundaus bekenne / daß denselben ich niderzulegen weder willens noch vermögens bin; solte aber mein Fräulein sich erklären können / mich vor den ihren in ehelicher Verbindung aufzunehmen /als dañ wolle sie ihre gedanken mir nicht länger verbergen / damit ich meine unruhigen Geister stillen /und inkünfftig bedenken möge / was zu Fortsetzung meines Wunsches dienen kan. Das Fråulein wahr nicht willens / länger unter der Decke zu spielen /weil die Gefahr mit Fulvius jhr zu hart anlag / deßwegen sie ihm mit dieser Antwort begegnete: Der Himmel ist mein Zeuge / mein Herr / daß ich bißher keinen Liebesgedancken in meinem Herzen empfunden /ehe und bevor ich seiner Kundschafft bekommen; habe auch noch in dem unverständigen Alter gelebet /welches von dergleichen Sachen sehr wenige Erkäntniß / viel weniger Genieß hat; so bin ich über das /Zeit meines Lebens unter so strängem Zwange von meinen Eltern gehalten / daß ich nirgend in Gesellschafften mich dürffen finden lassen / ohn wo sie mit zugegen gewesen / nur daß mir gestern mit meinen Wasen außzufahren gegönnet ward / welches / dafern euer mitleidiges Herz nicht gewesen / mir übel bekommen währe. Ich lasse mich aber bedünken / mein Herr habe in seiner Rede mir mit verdekten Worten /den entblösseten zustand wollen zu Gemüht führen /in welchem er mich angetroffen; da ich dann bekennen muß / daß / wann es mit meinem guten Willen geschehe währe / ich billich vor das leichtfertigste Weibesbild muste gehalten werden / die jemahls gelebet; weil es aber durch unwidertriebliche Gewalt also ergange / welche doch / den Göttern sey Dank / ausser dem sehen nichts an mir gehabt / hoffe ich gnug entschuldigt zu seyn; und kan ich mich so viel besser trösten / daß die leichtfertigen Buben des an mir begangenen Frevels sich nicht rühmen können / sintemahl eure Ritterliche Faust jhnen solches wol verbohten hat. Daß ich nun auff den Zweg seiner Reden komme / so wundert mich sehr / daß mein Herr sich so verliebet anstellet / da er mich doch nicht wirdiget / mir seines Wesens etwas vertraulichere Kundschafft zu gonnen. Er sihet und kennet nunmehr meinen und der meinigen Zustand; und ruffe ich die Warheit zum Zeugen / daß an seinem gnugwirdigen Adel und Herkommen ich vor mich nicht zweifele / sondern ihn so hoch schätze als keine andern in ganz Rom; jedoch müste mirs ohnfehlbar zur unbesoñensten Leichtfertigkeit außgelegt werden / wann ich vor dieser gebührlichen Nachfrage / mich auf getahne Anmuhtung richtig erklären würde; ja wann ich mein Herz demselben ergäbe / von welchem ich noch nicht so viel weiß / ob er mir eins seinen rechten Nahmen offenbahret habe. Min Herr / fuhr sie fort / ich gestehe gerne / daß ich ihm höher verpflichtet bin / als zeit meines Lebens ich nicht vergelten kan; jedoch halte ich auch davor / daß / wie grosse Woltaht gleich ein Ritter einem Weibesbilde erzeiget / er dannoch gehalten sey / ihrer Ehren und guten Leumuts acht zu haben. Nicht rede ich solches / ob trüge ich einigen Zweifel an seiner Redligkeit / sondern bloß zu erforschen / ob auff ihn mich verlassend / ich auff festen Grund oder auff Triebsand bauen würde. Da nun mein Herr einige beständige Antwort von mir erwartet / uñ meines Herzen erklärung zu vernehme / belieben träget / wird er mich seiner heimligkeiten etwz bessere Kundschafft göñen / damit ich wisse / wen ich lieben sol / uñ von wem ich geliebet werde; als dann versichere ich ihn hinwiederumb bey meinen Jungfräulichen Ehren / deren Retter er heut gewesen ist / daß alles heimliche zuverschweigen / ich mich so kräfftig befinde / daß weder Vater noch Mutter / noch ichtwas in dieser Welt durch einigerley weise dessen das allergeringste auß mir erzwingen sol. Würde aber mein Herr dieses mein anmuhten ungleich verstehen / als es von mir nicht gemeynet ist / so bedenke er doch / ob auch einige Eltern in der Welt gefunden werden möchten / die ihr liebes Kind einem allerdinge Unbekanten gönnen würden / geschweige dann diese /deren Macht so groß ist / daß sie von ihren Kindern nohtwendig müssen gefürchtet werden.
Ladisla erkennete in seinem Herzen wol / daß die Erbarkeit selbst sie zu dieser Nachforschung seines Standes antriebe / und hielt die Libe zu dem Fräulein / und die seinem Herkules geschworne Verschwiegenheit einen starken Kampff in seiner Seele / ob er sich ihr gänzlich solte zuerkennen geben; doch ging er endlich in sich / gab der Vernunfft Plaz / und antwortete ihr folgender Gestalt: Hochgeliebtes Fräulein; ich erkenne euer rechtmässiges Begehren / und thut mir von Herzen leid / daß durch Aidschwur gehindert / ich ihr nicht bald anfangs meinen Stand wissen lassen dürffen / wie ich gerne gewolt hätte. Ich gestehe / daß ich eine zeitlang meinen rechten Nahmen verendert /und in nachsuchung meines Herkules / welchen ich vor wenig Monaten erst wieder angetroffen / mich Winnibald nennen lassen; anjetzo aber meinen vorigen Nahmen wieder angenommen habe / vielmehr darff ich diese Stunde nicht von mir sagen / biß mein Herkules mich des getahnen äydes erlassen wird /welches ich leicht erhalten werde Vor dißmahl nur schwöre ich bey meinen ritterlichen Ehren / daß ich ein gebohrner und Herschender König bin / über ein Reich / welches weder dem Römischen Käyser noch einigen andern / Schatzung oder pflichtschuldigen Gehorsam gestehet / sondern nähest seinen Göttern mich allein vor die höchste Obrigkeit erkennet und ehret; bitte aber / mein herzgeliebtes Fräulein diese Geheimnis noch zur Zeit vor sich allein wissen / und umb wichtiger Ursachen willen verschwiegen halte wolle. Das Fräulein erbleichete vor dieser Rede / und antwortete gar furchtsam: O ihr Götter! warumb habt ihr heut einen mächtigen König meinetwegen in Lebensgefahr stürzen wollen / dessen Verlust tausendmahl grösser als der meine gewesen währe? Ja ihr Götter /habt ihr mich eure Magd deßwegen in Råuber Hände gerahten lassen / daß ein König mich nicht allein retten / sondern dessen ich nicht fähig bin / mir seine eheliche Liebe antragen müssen? Ladisla baht sehr /ihn forthin weder heimlich noch öffentlich anders als einen Herren Standes zuhalten / und wo möglich /auff sein inbrünstiges Ansuchen ihm gewirige Erklärung wiederfahren zu lassen; dessen er von ihr mit diesen Worten gewehret ward: Ja mein Herr / sintemahl es ihm also gefällig ist / wil ich noch zur Zeit selber nicht wissen / wer er ist / und wie hoch ich ihn zu ehren schuldig bin. Wegen angetragener Liebe bedanke ich mich von ganzer Seele / und auff sein inständiges Anfodern verhiesse ich in aller beständigen Träue / so viel in meiner Macht seyn kan / als nehmlich / daß entweder Herr Ladisla allein / da sonst meiner Eltern bewilligung folgen kan / oder doch kein ander Mannesbilde eheliche Gewalt über mich haben sol; und ob durch våterlichen Zwang zur brechung dieses Gelübdes ich solte genöhtiget werden / wil ich entweder Herren Ladisla / wie ers begehren wird /durch Noht und Gefahr folgen / oder den Tod mit frölichem Herzen angehen. Auff diese Antwort küssete ihr Ladisla die Hände / und sagte: So schwöre ich hinwiederumb bey den mächtigen Göttern / daß ich ihr als meinem einig geliebten Fräulein die versprochene Träue und eheliche liebe halten / und durch kein Ding der Welt mich davon abwendigen lassen wil; so gar / daß ob sie mir durch jemand solte versaget werden / ich meines Reichs ganze Macht dran wagen / und lebendig mich ihrer nicht begeben wil. Da gingen nun die herzvergnügliche Reden erst recht an / und bemühete sich jeder Theil / dem andern sich behäglich gnug zu machen. Als aber Ladisla durch hitzige Liebesflammen übernomen / umb schleunigen wirklichen Verfolg anhielt / wuste sie ihm dergestalt mit holdseliger Einrede zu begegnen / und ihn der gebührlichen Mässigkeit zu erinnern / daß er seiner ansuchung sich selbst straffen muste. Mein Herr / sagte sie zu ihm; wie solte er dem überfluß seiner Liebesbegierden nicht können die billiche Masse setzen / da er doch in alle seinem Vornehmen sich der allergeringsten Ungebuhr nicht merken låsset? Es weiß ja mein Herr / und vertrauter Freund / daß ich numehr die seine bin und bleiben werde / jedoch so lange in keuscher Zusage / biß die Götter uns die eheliche Vermählung wiederfahren lassen. Wird demnach mein Seelen-Schaz selbst verhüten helffen / daß schier heut oder morgen uns kein Mensch der Leichtfertigkeit mit Warheit zeihen könne; Was aber ausser diesem ist und bestehet / damit weiß meinem Herrn ich mich unwegerlich verbunden. Nun wird aber Zeit seyn / dz ich ihm eine heimliche Gefahr offenbahre / deren ich kaum vor dreyen Stunden von einer hochvertraueten Freundin berichtet bin; Daß nehmlich mein Herr Vater mich einem Romischen Ritter / nahmens Fulvius / sol ehelich versprochen haben / welcher zwar reich an Gütern / aber an Wiz und Tugend nicht viel zu verlieren hat; denselben nun an meine Seite kommen zu lassen / werde ich wol nimermehr einwilligen / es sey dann / dz mich grössere Gewalt / als die heutige unter Räubers Händen / darzu unvermeidlich zwinge und vergewaltsame; vernehme zugleich / er dürffte sich erstes Tages einstellen / mich abzulange /welches ich mir doch nicht einbilden kan / angesehen meine Eltern noch jemand anders / mich davon kein einiges Wörtlein haben wissen lassen. Ladisla versprach ihr / allen möglichen Zwang seiner Begierden /und sagte: Es währe jhm sehr lieb / daß er des Bulers zeitig inne würde / hielte in Betrachtung des strången Ernstes ihres H. Vaters / wol davor / daß vor geschlossener Heyraht er ihr wenig davon sagen möchte / wolte nur wünschen / daß die Götter den vermeynten Bräutigam ehist herzu führeten / als dann würde sich schon Gelegenheit an die Hand geben / sich durch einen rechtmässigen Kampff seiner zu entledigen / ob es gleich ihrem H. Vater nicht allerdinge mit währe. Ach mein Herr / antwortete sie; solte er sich meinetwegen noch in weitere Gefahr einlassen? Ich meyne ja / die heutige sey schon gar zu groß gewesen; meine meynung aber zu sagen / halte ich zwar wol etwas dran zuseyn / aber noch ungeschlossen / welches ich zu muhtmassen grosse Ursachen habe; und könte mein Herr meinem geträuen Raht folgen / solte ers kühnlich wagen / und erstes Tages mich an meine Eltern begehren; Ich hielte gänzlich davor / es wurde ihm / in Betrachtung seiner mir erzeigeten Rettung /nicht abgeschlagen werden / insonderheit / wann mein Herr Vater seiner Königl. Würde solte berichtet seyn. Ich wil / sagte Ladisla / mich diese Nacht eines endlichen Schlusses mit meinem Herkules vergleichen /und vor dißmahl diese Beredung abbrechen / weil ich euren Bruder sehe zu uns treten. Eben dieser / sagte sie / kan in unserm Vorhaben uns sehr behülflich seyn / dessen wir uns bedienen werden.
Nun hatte aber der junge Fabius dieser beyder Liebe sich von Frl. Ursulen vertraulich berichten lassen / dessen er selbst schon argwohn hatte / wahr ihm doch nicht ungenehm / weil er nichts höhers wünschete / als ihm einen solchen Schwager mit seiner Schwester zu machen. Er wolte aber in H. Ladisla Gemüht sich unvermerkt hinein schlingen / umb zu vernehmen / ob die äusserlichen Geberden ihm von Herzen gingen; daher er ihn solcher gestalt anredete: Mein Herr /ich spüre / daß meine geliebte Schwester in gebührlicher danckbarkeit sich gerne wolte finden lassen /wañs in ihrem vermögen wäre / wird sich aber ihrer schwacheit leicht erinnern / und deßwegen durch Bitte zu erhalten sich bemühen / daß mein Herr in mangel der Taht / an ihrem guten Willen keinen Unwillen tragen wolle. Ladisla wahr wegen tieffer Liebsgedanken fast nicht bey jhm selber / antwortete demnach so ungereimet / daß das Fräulein sich dessen schämete /und ihrem Bruder hernach zur Antwort gab: Herzgeliebter Bruder / mein Vermögen ist freylich viel zu geringe / diesem Herren den wirdigen Dank darzulegen /insonderheit / weil der unsern keiner noch absehen kan / durch was Mittel man solches vornehmen solte. Zwar die Ritter unsers Landes solle / wie ich mir sagen lassen / keiner adelichen Jungfer ein Geschenk /aus Freundes Herzen herrührend außschlagen / wie mir und meinen Schwestern heut begegnet ist / da wir mit zimlicher Anröhtung haben abzihen / und alles angebohtene auf künfftige Verheiratung wieder annehmen mussen. Ladisla wolte Fabius antwort nicht erwarten / sondern fing an; Ich würde auch das Buch der Unhöfligkeit gar durchblättert haben / wann einigem Fräulein ich meine Gutwilligkeit / in Annehmung eines Geschenkes / das als ein Warzeichen solcher Gunst könte gerechnet werden / entziehen würde; weil aber ein solches von meinem höchstwerten Fräulein mir nicht gebohten ist / sondern ich mir ganze Laden vol habe müssen vorschütten lassen / welches kein Zeichen / sondern eine überwage zunennen / hoffe ich gänzlich / es werde meiner Fråulein Beschuldigung weder meinen Freund Herkules noch mich treffen können. Es höre ich wol / sagte sie / es durffte der mangel endlich auff mich fallen / als die ich ein Zeichen williger Dankbarkeit meinem Herrn zu bieten /muß bekennen / unterlassen habe. Wol dann / ich gestehe den Fehler / und müste mir leid seyn / daß ich ihn nicht stündlich verbesserte / weil in beyseyn meines liebe Bruders ich solches noch wol leiste kan. Nam hiemit einen köstlichen Ring / den sie in eine Haarlocke über der linken Achsel hangend / eingeflochten hatte / zog ihn heraus / und steckete ihm denselben an seinen Finger mit diesen Worten: Mein Herr / lasset / bitte ich / dieses das erste Zeichen der Willigkeit seyn / damit wegen geschehener kråfftigen Rettung meiner Ehren / ich demselben zeit meines Lebens verhafftet bleibe; ist es dann gleich schlecht /und viel zu geringe an diesem Finger getragen zu werden / wird der Wille deren / die es liefert / den Abgang der Wirdigkeit zu ersetzen / sich nimmer faul und müssig finden lassen. Ladisla gab durch einen freundliche Handkuß seine Vergnügung zu verstehen / bedankete sich der erzeigeten Ehre / und daß er dieses empfangene umb das teureste Kleinot der Welt nicht vertauschen wolte; lieferte ihr darauff hinwieder umb einen viel köstlichern Ring / dessen Demant helle fünkelte / und baht sehr denselben als ein Zeichen aller Ergebenheit anzunehmen. Das Fräulein wegerte sich wegen ihres Bruders / ein wenig / nam ihn doch zu sich / und steckete ihn in ihren Busem / daß er von andern nicht möchte gesehen werden. Sie wolte auch eine Antwort dabey geben / sahe aber / daß ihr von ihrer Fr. Mutter gewinket ward / zeigete solches an / und wünschete ihrem Vertraueten eine gerusame Nacht / auch daß er des ersten Traums / der ihm zu Padua vorkommen wurde / möchte unvergessen seyn. Also muste er / weil es hohe Zeit schlaffens wahr /von ihr scheiden / da er mit Herkules in ein Gemach zur Ruhe geführet ward.
Der Stathalter legte sich auch mit seinem Gemahl /und schlieff das Fråulein / ihrer steten Gewohnheit nach / im Rolbetlein zu ihren Fussen. Der Vater gedachte / sie würde wegen der heutigen Unruhe schon fest eingeschlaffen seyn / ihn aber liessen die Gedanken wegen seiner neuen Gäste kein Auge zugehen. So wahr Fr. Pompeja auch unruhig / welches er merkend / zu ihr sagete: Nun möchte ich herzlich gerne wissen / was vor junge Herren wir jetzo bey uns haben. Romische sind sie nicht; Griechen auch nicht; und zeiget ihre weisse Farbe / daß das schwarze Afrika /oder daß gelbangelauffene Asia sie nicht gezeuget hat. Geringes Standes können sie nicht seyn / weil sie Römische von Adel vor ihre Diener haben bestellen dürffen. Ihre Sitten und Geberden neben der prächtigen Kleidung und hohen Rede / geben sie vor Fürst- und Königliche Herren an / und solte ich rahten / hielte ich sie vor Teutsche / oder derselben Grenz Nachbarn; wo sie nicht gar aus den Mitternächtigen Reichen /Dännemark oder Schweden kommen. Aber diese Völker übern hauffen sind von art grob und unsittig / wie wol ich etliche Teutschen zu Rom gesehe / die von ihrer Jugend an / in Höffligkeiten unterwiesen wahren / welche sie dergestalt begriffen hatten / daß sie den trefflichsten Hofeleuten nichts bevor gaben. Es sey aber wie ihm wolle / so werde ich doch nicht ruhen /biß ich ihrer bessere Kundschafft habe / die unserer Töchter Ehr und Leben zu retten / sich so ritterlich gewaget / und daß äusserste dran gewendet / welches kein ander hätte dürffen gedenken. Fr. Pompeja antwortete: Wann mein liebster Herr hierzu so grosse Begierde träget / können wir in der Nachfrage niemand besser / als unsere Tochter gebrauchen / und treuget mich mein Sinn nicht / sind H. Ladisla und sie eins dem andern nicht ungewogen. Eben dieses / sagte er / hält mich schlaffloß / und kan ich mich uber des Medchens Kuhnheit nicht gnug verwundern / welche mit ihm nicht anders umbgehet / als währe sie mit ihm aufferzogen / oder wol gar versprochen. Ich habe an ihr Beyspiels gnug / daß die eingepflanzete Regung über die Lehr gehet / massen ich weis / daß sie bißdaher mit Mannesbildern nicht umgangen ist. O hohe Zeit hohe Zeit / daß mit der geschlossenen Heyraht ehist verfahren werde / es dürfften sonst diese beyden wol gar einen neuen Kauff machen; jedoch hätte ich sie nicht schon einem andern versprochen / und dieser sie in Ehren meynete / wie ich fast nicht zweiffele /wüste ich sie ihm nicht zu versagen / im falle ers alsdann an mich begehrete / weil sie ihm doch Ehr und Leben zu danken hat; wovon aber nunmehr nicht zu sagen ist. Geliebter Herr / antwortete sie / ihr wisset /wie hart mir euer Vornehmen zuwieder gewesen / absonderlich / das unser Kind biß auff diese Stunde nichts darumb wissen müssen / und gläube ich nimmermehr / daß sie diese Heyraht mit gutem willen bestätigen werde; Solte sie dann in gezwungener Ehe leben / währe mir leid / dürffte auch nichts gutes daraus erfolgen / weil ihre angebohrne Großmühtigkeit mir viel zu wol bekant ist. Schweiget / sagte er mit sonderlichem Eyfer; sie muß ihren Vater nicht schänden / oder dessen Maul zur Tasche machen; viellieber wolte ich / sie währe schon tod. Es liegt mir aber allermeist im Sinne / daß ich mit Fulvius Abrede genommen / auf morgen diese Heyraht zu volzihen / und zweifele nicht / er werde sich zeitig gnug einstellen; weiß aber nicht / wie ichs best anschlage / daß ich ihm unsere Tochter ohn der Fremden Vorwissen zuführe und beylege; Ehrenhalben muß ich sie dazu bitten / wo ich nicht die Gesetze der gebührlichen Dankbarkeit brechen wil. Ach mein Herr / antwortete sie: solte Fulvius sich morgen einstellen / fürchte ich sehr / es werde ohn Lermen nicht abgehen; dann wo sonst Herr Ladisla unser Kind von Herzen meynet / wird er sich ihrer in diesem falle mehr / als heut im Walde /annehmen / und sein Leben nicht sparen / umb zu besitzen / was er mit Ritterlicher Fast erworben hat. Wir wollen ein bessers hoffen / sagte er / und müsset ihr mit unser Tochter reden / etliche Zeichen einzuzihen /umb dasselbe / was wir furchten / eigentlich zu erkennen / als dann werde ich meine Sachen darnach anzustellen haben / damit ich bey Ehren meiner Zusage bleibe / und alles Unheil vermieden werde; gaben hiemit ihrem Gespräch die Endschafft / und nahmen die Ruhe ein. Frl. Sophia hörete alles an / und nam es vor eine sonderliche Schickung der Götter auff / dann sie hätte ihr nimmermehr einbilden können / daß ihr Unglük so nahe vor der Tühr hielte; doch ließ sie sich nichts merken / lag und dachte fleissig nach / wessen sie gegen ihre Fr. Mutter sich erklären wolte / wofern sie der Abrede nachkommen würde / und als sie ihres Schlusses gewiß wahr / schlieff sie frölich ein. Kurz vor der Sonnen Auffgang kam ihr im Schlaffe vor /wie ein schåndlicher Bähre sie anfiele und zureissen wolte; woruber sie in solche Angst geriet / dz sie im Schlaffe überlaut schrihe: O Herr Ladisla / errettet die eure von dem grausamen Bähren / und verlasset mich nicht in dieser äussersten Noht. Ihr Vater wahr gleich erwachet / hörete ihr Geschrey / und störete sie doch nicht / biß sie über eine kurze weile sagete: Ey Gott lob / mein Schaz / daß der Bähre tod / und ihr unbeschädiget seyd; da rieff er sie mit Nahmen / und was sie im Schlaffe zu plaudern hätte. Sie aber fuhr auf /und dankete sehr / daß er sie durch Auffweckung aus der Angst eines bösen Traums gerissen hätte / und hielte sie davor / es fiele ihr der gestrige Schrecken im Schlaffe wieder ein; wie wol ihr Vater an der rechten Deutung nicht umb ein Haar fehlete.
Als Ladisla des Morgens erwachte / fragte er seinen Herkules / wie er geruhet / uñ sich wegen seiner Wunde befünde; der ihm anzeigete / es währe zimlich schlecht bestellet / fühlete nicht geringe Schmerzen /und befahrete sich eines Fiebers / daß er diesen und etliche Tage wol des Bettes würde hüten müssen. Ladisla hatte ihm des Abends alles angezeiget / wie er sich in das Fräulein verliebet / und auff sein hefftiges anhalten ihre Einwilligung zur künfftigen Ehe erhalten / jedoch mit dem Bedinge / daß sie seines Standes und Wesens zuvor wolte berichtet seyn / hätte ihm doch ändlich angelobet / solches keinem Menschen ohn seinen außdrüklichen Befehl zu offenbahren. Welches ihm Herkules nach getahner Glükwunschung gerne Einwilligte / doch daß er von ihm nichts eigentliches melden / noch in ehelicher Ansuchung die Eltern vorbey gehen möchte. Dieser da er seines lieben Freundes Schwacheit vernommen / lies er den WundArzt alsbald hohlen / der aus Herkules Farbe ein schlimmes Zeichen nam / auch nach besichtigung des Schadens / ihm vorhielt; er hätte ohn zweiffel die gestrige Erinnerung aus der acht gelassen; machete nach Gewohnheit dieser Leute den Schaden sehr gefåhrlich; es währe leicht geschehen / daß eine Schnader anginge; die Halßwunden währen ohn daß nicht zuverachten / und könte mannicher durch eine geringe vers / hrung an diesem Orte umb seine Gesundheit / ja umb Leib und Leben kommen. Ladisla geriet hieduch in grössere Angst als er selbst / und taht den Vorschlag / er wolte einen erfahrnen hochgelarten Meister der Arzney herhohlen lassen / damit ja nichts verabseumet würde. Aber dieser / sich befürchtend / sein wort würde mehr vor einen andern als vor sich selbst gesprochen seyn / wolte ungerne darein willigen /wante vor / diese hochgelarten Leute währen den Wundärzten gemeiniglich in der Heilung zuwider /braucheten kostbahre sachen / die wenig nützeten /und nähmen ihm der Mühe Belohnung vor dem Maule hinweg. Worauff Ladisla ihm zur Antwort gab: Er hätte sich darumb nichts zu bekummern / und solte nur alsbald sagen was er vor seine mühe und arztung haben wolte; gab ihm auch XXV Kronen / da er X foderte / und wolte seinen Vorschlag ins Werk richten; Aber der Stathalter / der Herkules Schwacheit schon erfahren hatte / kam gleich darzu / zeigete seyn Mitleyden an / uñ eriñerte den Wund-Arzt / alles sein Vermögen anzuwenden; gab ihm auch alsbald eine Handvoll Kronen / deren er hoch erfreuet ward / alsbald bessern Trost gab / und selber riet / daß ein Gelehrter der Arzney herzugeholet würde; welcher da er kam / und die Wunde besahe / sagte er: Mein Herr /nach getahner Arbeit sol man ruhen / und nach empfangener Wunde sich stille und mässig halten; welches aber / wie ich merke / von meinem Herren inetwas übergangen ist; doch sol ihm ob Gott wil / noch nichts tödliches gedräuet werden / nur daß er sich etliche Tage einhalte / als dann wird dem ubel durch Mittel schon zurahten seyn. Lies ihm hierauff die Ader springen / uñ verordnete etliche Arzneyen / die teils innerlich / teils von aussen umb den Hals und Achseln musten geschlagen werden / damit den Zufällen den Weg zu der Wunde verlegt würde. Inzwischen lag Fr. Pompeja / und sinnete nach / wie sie der Tochter hinter die Künste kommen möchte: und als sie dieselbe merkete wache seyn / fragete sie / ob sie auff den gestrigen Schrecken auch geschlaffen hätte; und bald hernach; wie nahe die Gefahr ihrer Kenscheit gewesen währe. Worauff sie anfangs anzeigete / dz Gottes Gnade und dieser Helden Muht / insonderheit Herren Ladisla eyfferiger Beystand ihre Ehre / wie wol kummerlich / geschützet und errettet / und wolte sie ihrer Herzlieben Fr. Mutter alles erzählen / welches bey anderer Anwesenheit vorzubringen sie gestriges Tages scheuh getragen. So wåhre nun die Schande ihr am allernähesten gewesen / in dem sie nicht allein der Kleider / sondern auch ihres Hemdes beraubet / sich des allermuhtwilligsten Bubens / welcher sich sehr unverschämt erzeiget / nicht würde länger haben erwehren können / dafern der Himmel dieses Mittel ihrer Erlösung ihr nicht zugeschikt hätte. Die Mutter fragete weiter / ob dañ Herr Ladisla sie in solcher Gestalt angetroffen; welches zu sagen sie sich schämete /und doch gedachte / es würde dieses zu ihrem Vorhaben sehr ersprießlich seyn / ob gleich die Eltern sich ein mehres / als wahr / befahren würden; demnach deutete sie an / daß er freylich sie also gefunden / jedoch / als ihre Wasen schon davon gangen / sich zubekleiden / hätte sie anfangs daß gar zurissene Hemde geholet / und er hernach ihr die Kleider gebracht /welche er ihr auch helffen anlege / dessen sie sich zwar überaus sehr geschämet / und ihm doch solches nicht verwehren können / insonderheit / weil sie ihre blösse bey der Bekleidung noch håtte am meisten sehen lassen müssen; inzwischen hätte er gegen sie sehr verliebte Reden gefuhret / und ihr mit hochbewäglichen Worten seine Inbrunst zuerkennen gegeben / jedoch auff ihr flehliches bitten sich aller Ungebühr enthalten / und doch umb versprechung der Gegenliebe immerzu angesuchet; Welches er auch auff der Heimreise / da er sie vor sich auff dem Pferde geführet / so vielfältig / und mit Seuffzen wiederhohlet /daß sie nicht gewust was sie antworten sollen / auch nicht wüste / was sie geantwortet håtte. Die Mutter nam alles gefåhrlicher auff / als es an ihm selber wahr / und fragete weiter / ob sie dann guten Willen zu ihm hätte; worauff sie diese Antwort / wie wol mit grosser Schamhafftigkeit gab; Herzgeliebte Fr. Mutter / es hat dieser Held sein Leben vor meine Ehr und Leben gewaget und in die Schanze geschlagen / da er keine einige Guttaht von mir empfangen hatte / deßhalben ich ihm euer eigenen Bekäntnis nach / biß in den Tod verbunden bin / werde mich auch nicht wegern / ihm alle ehrenbillige Dankbarkeit zuleisten / so viel an mir seyn wird; Zwar ich weiß sehr wol / was vor Gehorsam ich auch meinen lieben Eltern erzeigen muß / und wieder derselben Willen mich in keine Heyraht einlassen sol; aber dieses habe ich dem Himmel angelobet /daß dafern dieser mein Erretter durch deren Willen mir zum Ehgemahl nicht werden kan / ich unser Göttin Vesta mich zur ewigen Jungfrauschafft übergeben wil / weil ich schon wol weis / das meine liebe Eltern mich wieder meine Willen zu keiner Heyraht zwingen werden. Ich weiß nicht / sagte die Mutter / was geschehen dörffte / aber daß weis ich wol / daß dein Vater dich schier außzusteuren Bedacht ist / so daß du wol schon einem gnugwirdigen Römischen Herren möchtest versprochen seyn. Schon versprochen? antwortete sie; daß währe sehr Ungnädig / daß solches hinter meinem Wissen und Willen geschehen währe /und möchte ich auff solchen Fall wünschen / daß die gestrigen Räuber mich erwürget håtten / so dürffte ich nicht selbst Mörder an mir werden. Daß währe wol ein schöner Gehorsam / sagte die Mutter / und eben der / welchen du bißher deinen Eltern so artig hast verheissen können / daß wann man den Töchterchen ihren Willen nicht lassen wil / sie mit der Vesten /oder wol gar mit dem Mordmesser dräuen dürffen. Diese Wort gingen dem Fräulein dergestalt durchs Herz / daß sie des Weinens sich nicht enthalten kunte; die Thränen brachen ihr durch die Augen wie kleine Bächlein / und sagete endlich zu ihrer Mutter: Fr. Mutter / ich bin euer Kind / daß gestehe und erkenne ich; aber ihr habt mich auch zur Dankbarkeit angewiesen / deß bin ich eingedenke gewesen / welches ich nicht leugnen kan; zugeschweigen / daß ich davor gehalten habe / es währe besser / mich ehelich an einen wirdigen zu versprechen / als Gewaltsamkeit zuerwarten / wovor anfangs ich mich nicht wenig fürchtete / weil ichs ja alles außbeichten mußhättet ihr mich aber versagen wollen / wåhre nicht unbillig mir solches angedeutet / damit ich wissen mögen / was ich tuhn oder lassen sollen. Nun aber habe ich meinem Erretter auf sein inbrünstiges anhalten mich schon ergeben; solches wil ich auch halten / wanns mit meiner lieben Eltern Willen geschehen kan / oder aber mich sterbens nicht wegern; und wisset ihr / Herzen Fr. Mutter / keinen bessern Trost vor mich / als den jezt gesprochenen / alsdann sollet ihr mit der Götter hülffe nit XXIV Stunden an mir eine ungehorsame Tochter haben / als welche euch in diesem fall allen Gehorsam auffzukündigen gezwungen ist / doch nicht aus Widerspenstigkeit / welches mein unschuldiges Blut vor die Götter kommen lassen sol / sondern weil ihrs durch euer stillschweigen und hinterrükliches verspreche also verursachet habet. Ihre Mutter entsetzete sich zum höchsten über dieser Erklärung / erinnerte sich auch / daß mit ihrer Heyraht es nicht viel anders ergangen wahr / da sie wider ihren Willen einen alten Römischen Herren durch Zwang ihrer Eltern nehmen solte / und mit Quintus Fabius heimlich davon zog; Hieß demnach die Tochter gutes muhts seyn / mit angehängtem Troste / Gott könte es noch zum besten schicken: Es wåhre aber gleichwol eine grosse Unvorsichtigkeit von ihr / daß sie sich einem zum Gemahl verspreche dürffen / den sie nicht kennete / viel weniger wüste / ob er Standes halben ihrer auch wirdig währe; da sie dann ihres Vaters Einwilligung nimmermehr erlangen würde / wann er nicht ådel gnug wåhre. Aedel gnug? fragte das Fråulein; kommen wir biß an diese Frage / hätte ich zu wünschen / daß ich ihm nur ädel gnug seyn möchte; dann ob ich gleich nicht eigen weiß / wer er ist / möget ihr euch doch wol versichern / daß weder König noch Käyser ihm Standes halben ein Fråulein zum Gemahl versagen würde; dann ich halte davor / er erkenne keinen Oberherrn / als den Himel und das Schwert. Behüte Gott mein Kind /sagte die Mutter / was redestu da? auff diese weise dürffte er wol gar ein Feind des Römischen Reichs seyn. Ja warumb dann / antwortete sie / was würde er dann in Italien umher zihen / mit seinem Freunde Herkules? der ohn zweifel mit ihm gleiches Standes seyn muß. Doch lasset jhn feind seyn; könte er nicht durch meine Heyraht zum Freunde und Bundsgenossen gedeyen? welches auff solchen fall ich wol vorher zusagen dürffte. Nun ich merke wol / sagte die Mutter /daß du dich schon zu tieff mit diesem fremden Herrn eingelassen hast / und kan ich nicht absehen / wie dein Vater hiemit wird einstimmen können; dann ich melde dir in höchstem Vertrauen / daß vielleicht heut diesen Tag noch wol ein Römischer Herr / nahmens Fulvius / nicht weiß ich / ob du je von ihm gehöret hast / uns zu besuchen kommen wird / dem dein Vater deiner Heiraht halben mag etwas Hoffnung gemacht haben; Laß dich aber gegen niemand merken / daß du wissenschafft hierumb tragest / sondern stelle dich /wann er komt / ernstlich / doch nicht störrisch gegen ihn; zu H. Ladisla aber halte dich freundlicher / ob vielleicht sein Gemüht hiedurch von dir könte abgezogen werden. O des elenden Fulvius / antwortete sie; solte ich dem Sudeler / dem Unflaht zu gute von meinen lieben Eltern so sorgfältig aufferzogen / und von meinen Errettern aus Räubers Händen loßgerissen seyn? viellieber wolte ich mich diese Stunde dem Mörderischen Schwerte dieser Räuber darstellen /wann sie noch lebeten. Ja Fr. Mutter / ich ruffe dessen alle Götter zu Zeugen / daß ich meines Herzen ernstliche Meynung sage. Und wie kömt doch mein lieber hochweiser H. Vater auff diesen Unsin? fürchtet er /ich werde keinen Freyer bekommen können? oder meynet er / ich sey schon veraltet? Ich bin zugeringe /von meines H. Vaters Händeln zu urteilen; aber solte dieses unter die Leute kommen / zweifele ich nicht /es würde seinem herrlichen Ansehen keinen geringen Stoß geben; massen von diesem vergeizigten Fulvius ich zwar viel / aber durchaus nichts rühmliches gehöret habe; Versichere demnach ich meine Fr. Mutter /dafern dieser Unhold etwas tähtliches anfahen / oder steiff auff meine Heyraht bestehen würde / dürffte es ihm von H. Ladisla schwerlich zu gute gehalten werden. Ich bedanke mich aber der mütterlichen Warnung und geträuen Rahts von Herzen / uñ wil schon wissen / den vermeynten Buhler also zu empfahen / daß er zwar mit fuge über mich nicht klagen / aber gleichwol auch meine Freundligkeit zu rühmen / wenig ursach haben sol. Der Stathalter kam gleich in die Kammer getreten / er mahnete sie auffzustehen / und die Kleider ohn sonderliche Zier anzulegen / weil Herr Herkules an der empfangenen Wunde sich zimlich schwach befünde; über das hätte er Zeitung / daß der vortrefliche Römische Ritter Herr Fulvius ihn zu besuchen kommen währe / welcher von dir / sagte er zu der Tochter / in Betrachtung seiner hohen Wirdigkeit /auffs beste sol gewilkommet / und als mir selbst /Ehre erzeiget werden. Ja billich empfahe ich jhn ehrerbietig / Herzen Herr Vater / sagte sie; aber meinen lieben Eltern ihn gleich zu rechne / wüste ich keine ursach / als bloß euren guten Willen / weil ich niemand als meinen lieben Eltern kindlichen Gehorsam schuldig bin / es währen dann meine allernäheste Anverwante. Der Vater gab hierauff keine Antwort / ging hinauß / und hieß sein Gemahl ihm folgen / welche ihm alles erzählete / in was gestalt H. Ladisla ihr Kind angetroffen / eheliche Zusage begehret / und vielleicht hefftige Liebesbrunst sehen lassen / so daß das Fräulein in Betrachtung der empfangenen Woltaht / biß auff der Eltern Einwilligung / die Zusage ohn zweifel möchte geleistet haben / welches sie vermuhtlich nicht getahn hätte / da sie ihres Vaters Vorhaben hätte wissen sollen; über das zweifelte sie fast nicht /es währe ihr dieses Herrn Stand wissend / hätte aber aus jhr nichts weiters locken köñen / als dz er ein grosser mächtiger Herr / sein selbst / und keinem Oberherrn verpflichtet währe. Dieser Rede ward er überauß besturzet / stund ein wenig in gedanken / und sagte nachgehends; So ist er gleichwol zu Padua kein solcher / sondern zu gehorsamen schuldig / und währen seine gar zu hohe woltahten nicht / müste das ubrige alles mir wenig Hinderung schaffen; aber in Betrachtung derselben / muß ich säuberlich fahren /und schier gestehen / daß ich sie ihm zu ehren schuldig währe / wanns noch in meiner Gewalt stünde; ich hoffe aber / wann er vernimt / dz sie von mir schon einem andern versprochen sey / werde er sich die Tugend lassen meistern / uñ ein fremdes Gut nicht begehren. Ja lieber Herr / antwortete sie / wann unsere Tochter sich ihm vor fremde / oder einem andern vor versprochen hielte / und nicht vielmehr sich diesem ergeben hätte / wie ich nicht ohn ursach fürchte / daß wol schon ein festeres Band sie wirklich verknüpffet /welches weder Eltern noch Gesetze aufflösen können. Bedencket mein Herr / bitte ich / er hat sie an ihren Ehren vor den abscheuhlichen Räubern geschützet /die so heßlicher gestalt wahren / daß kein Weibsbilde sie ansehen / geschweige ehelichen / oder sonst dessen etwas mit ihnen pflegen konnen; ja er hat sie von gegenwärtigem Tode erlöset / welches auch den aller und dankbarsten Menschen zur Gutwilligkeit bewägen solte. So hat er sie nacket angetroffen / ist eine gute Zeit mit ihr allein gewesen / seine Liebe bey frischer Gedächtniß seiner Dienste ihr vorgetragen / und ihr ganz erschrockenes Herz so zu reden / in seinen Hånden gehabt; Ob seine Gestalt / Sitten und Reden ein Fräulein in solchem Zustande einnehmen / und zu seinem Willen bringen können / lasse ich euch selbst urteilen; ja ob ein Mannesbilde sich bey solcher Gelegenheit zu enthalten / mächtig gnug sey. Ich meines teils halte davor / wåhre sie von ihm noch unberühret / würde sie vor Scham kein Auge vor ihm auffschlagen durffen. Aber ich fürchte sehr / das heimliche Gespräch / welches sie gestern mit einander hielten /rühre auß viel vertraulicher Kundschafft her. Diesem allen nach wolle mein liebster Herr die Nohtwendigkeit dem Willen vorziehen / und in dieser hochbedenklichen Sache sich nicht überschnellen / gestaltsam ich ihre Erklärung nicht ohn entsetzen angehöret / daß entweder sie ihre Zusage diesem Herrn halten; oder da wirs nicht nachgeben können / durch Verlöbniß an eure Göttin Vesten / oder ja durch einen denkwirdigen Tod sich von eines andern Heiraht loßwirken wolle; auff welche Begebniß ich vor Herzleid in die Erde sinken müste; und wer weiß / wessen H. Ladisla sich hierinnen verhalten werde? Meynet ihr /mein Schaz / daß weil er lebet / er dieses einem andern gönnen könne / was er schon im Besiz zu haben vermeynet / oder wol gar hat? Liebet er Schönheit / so kan er mit der ihren wol vergnüget seyn; sucht er Freundligkeit / die erzeiget sie ihm häuffiger / als ich mir von jhr einbilden mögen; trachtet er nach Stand und Adel / so wird er bey allen Römern nicht höher kommen; vielleicht mag ihr Verstand ihn auch nicht wenig erfreuen. Welches alles / wann ichs zusammen fasse / gibt mirs diesen traurigen gedanken auch wider meinen Willen an die Hand; Er / oder Fulvius werde dieser Heyraht wegen das Leben einbüssen / wo nicht unsere Tochter mit ihm / welches ja der barmherzige Gott allergnädigst abwende / und mich lieber aus diesem Leben abfodere. Diese ihre Rede beschloß sie mit häuffigen Trähnen / und weil sie ihren Gemahl sehr verwirret sahe / erwartete sie mit verlangen seiner Antwort / die er solcher gestalt vorbrachte: Frau /unser Töchterchen hätte nie keinen bessern Vorsprach als euch / bekommen mögen / zu deren Befriedigung zur Lüsternheit jhr fast lieber / als zur Erhaltung meines Ansehens und Glaubens dürfftet geflissen seyn; aber die Götter werdens schon nach ihrer Versehung schicken / wobey ich nicht unterlassen werde / meinen Wiz zu gebrauchen. Eins gebiete ich euch vor alles /daß ihr euch nicht unterstehet / mit ihr an einem Luder zu zihen / ich würde sonst zur Erhaltung meiner Ehren etwas tuhn / das mir gar nicht lieb wåhre.