Anderes Buch.

 

Die Böhmischen Gesanten hatten gleich diesen Morgen unter sich abgeredet / ihren Herrn und König umb gnädigste Erlassung zur Heimreise untertähnigst zubegrüssen / und wo möglich / folgendes Tages ihren Rükweg vorzunehmen / der ungezweifelten Hoffnung / es würde ihr König nunmehr seine Gedanken und Vorsaz geendert / und der fernen Reise sich begeben haben / so daß er entweder mit seinem Gemahl eine zeitlang zu Padua verbleiben / oder in kurzen nach Böhmen folgen / und die vollige Beherschung antreten würde. Herkules wahr die Mahlzeit über mit gleichmässigen Gedanken beladen / und wuste nicht /wessen er sich hinfüro zuverhalten hätte. Zwar er kunte ihm nicht einbilden / daß sein lieber Ladisla weiters noch mit ihm zureisen solte gesonnen seyn nachdem er sein herzgeliebtes Fräulein sich hatte trauen und ehelich beylegen lassen; jedoch weil er sahe /daß diese Verenderung ihm nicht das allergeringeste von der alten eingewurzelten Freundschafft benam /kunte er nichts gewisses schliessen / vielweniger ersinnen / auff was weise er sich würde von ihm trennen können / daß es mit seinem guten willen geschähe; dann er wahr des steiffen Vorsatzes / keines weges zu Padua ober in Böhmen seine Jugend zuzubringe / ehe er die Welt / insonderheit die beschrihenen Reiche /Griechenland und Asia / auch wo möglich / Egypten besucht / und daselbst Ritterschafft geübet hätte. Weil er aber hierin so bald keinen gewissen Schluß machen kunte / befahl er seinem Gotte die Sache / der ungezweifelten Hoffnung / er würde alles nach seinem gnädigen willen schaffen und zum besten schicken. Als er in diesen Gedanken begriffen wahr / trat sein Leibknabe Publius vor den Tisch / und meldete an /es währe ein verwundeter blutiger Reuter in fremder Kleidung haussen vor dem Hof-Tohr / dessen Reden und Seufzen niemand verstehen könte / ohn daß er die Nahmen Wenzesla und Ladisla offt widerhohlete. Der Stathalter hatte dem Wenzesla die Ehre angetahn /und ihn mit zur Mahlzeit gefodert / und sagte Herkules zu ihm: Lieber gehet doch hin / und vernehmet /obs etwan der Herren Gesanten Diener einer sey; dann ich mache mir die Gedanken / sie werden entweder unter sich selbst / oder mit andern in Zänkerey Wunden gewechselt haben. Der Knabe antwortete: es währen ihm der Herren Gesanten Diener alle miteinander sehr wol bekant / dieser aber währe gar ein fremder /und führete zween zimlich schwer beladene Maul Esel an der Hand. Wenzesla ging eilends hinaus / umb die eigentliche Warheit zuvernehmen / und sahe über alles vermuhten in höchster Verwunderung seines Bruders Sohn Neklam vor dem Tohr halten / ganz blutig / schwach und erschrocken / welchen er alsbald fragete / wie dieses zuginge / und was vor Unglük ihn also zugerichtet hätte. Dieser ließ einen tieffen seufzer aus seinem Herzen / schlug die Hände zusammen /und sagete: O Verlust über Verlust / Elend über Elend! fing hiemit an so bitterlich zu weinen und sich zu geberden / daß er kein Wort aussprechen kunte. Wenzesla erzitterte hierüber / dann es wahr ihm Neklams fester Muht und steiffe Hartnäckigkeit wol bekant / redete ihm dannoch ein / das weibische weinen zumässigen / und den schweren unfall zuerzählen; Welcher darauff diese Worte als mit einer stürmenden Fluht heraus brach: Ach ach! ach des Jammers! unser Fräulein Valißka! ach unser Fräulein Valißka ist diesen Morgen gefangen hinweg geführet / und alle ihre Leute erschlagen. Kein Donnerschlag hätte den Alten härter treffen mögen / als diese elende Zeitung / gestaltsam er im Augenblik auff sein Angesicht zur Erden stürzete / und in harter Ohmacht liegen blieb. Der Thorhüter ersahe dieses hohlete eine Schale mit kaltem Wasser / legte ihn auff den Rücken / und netzete ihn unter dem Angesichte; wodurch er sich wieder ermunterte / stund auff / und fragete Neklam / ob er irgend seinen Wiz verlohren hätte. Ja wol verlohren / lieber Vetter / sagte dieser; was ich leider nicht allein mit meinen Augen angesehen / sondern dabey drey zimliche Wunden empfangen habe / kan ich wol bezeugen; und wolte Gott / ich redete aus Aberwitz. Der Alte wuste nicht / was er vor Traurigkeit und Herzensangst taht oder redete / und fragte weiter / wo dann das Fräulein währe. Ach / sagte er / wann ich wüste / wohin sie von den Räubern geführet worden /könte man umb so viel besser jhnen nachsetzen. Wo aber / und wann ist dieses geschehen? fragete Wenzesla weiter. Heut morgen sehr früh / antwortete er /in einem offenen Flecken / vier Meile von hinnen. Wie komt dann das Fräulein daher? sagte der Alte; und antwortete ihm Neklam: Sie ist im Begleitung XL Reuter herüber gereiset / dem Hochzeit Feste ihres Herrn Bruders beyzuwohnen. O ihr Götter / sagte Wenzesla / warum lasset ihr über die volkommenste Blume dieser Welt ein solches Unglük aus? die euch doch nie mit keinem Worte zuwider gelebet. Befahl hierauf dem Tohrhüter alsbald einen Arzt herzuhohlen / damit dieser Reuter / welcher Herrn Ladisla Diener /verbunden / und mit Speise und Trank gelabet würde; Er aber fassete selbst sein Pferd beym Zügel / führete ihn samt den MaulEseln in den Vorhof / und ließ etliche anwesende Diener die Wetscher abheben und auff den Esse-Saal ihm nachtragen / da er vorhin ging tod-bleich und zitternd / als ein verurteileter Mensch /dem der ScharffRichter das Schwert über dem Kopffe hält. Ladisla sahe ihn hinein treten / und sagte: Was Zeitung bringt ihr Wenzesla? wie sehe ich euer Angesicht so bleich und erschrocken? nimmermehr gehet dieses recht zu. O gnädigster; antwortete er; mit welchem Worte er abermahl in Ohmacht fiel / und alle viere von sich streckete. Die Fråulein und andere anwesende entsetzeten sich über alle masse / hiessen die Diener ihn auffheben / und Erquickung beybringen; welche allen fleiß anwendeten / biß sie jhn wieder zurechte brachten. Herkules empfand unsägliche Angst in seiner Seele / und sagte zu Ladisla in Teutscher Sprache: Mein Herz hat mir ohn zweifel vorher angedeutet / welches wir schier vernehmen werden / und fehlet nicht / es muß sich ein sehr schweres Unglük zugetragen haben / welches eigentlich uns angehet; deßwegen lieber Bruder Ladisla / fasse ein standfestes Herz / und laß deinen Muht nicht sinken. Herzlieber Bruder / antwortete er / ich fürchte sehr böse Zeitung von Hause / wo die unsern nicht wol gar von unvermuhtlichen ReichsFeinden / Pannoniern oder andern gefänglich hinweg geführet / oder erschlagen sind. Wir wollen so gar ein unglükliches nicht hoffen / sagete Herkules / wie wol es nicht viel besser seyn möchte. Wenzesla kam wieder zu sich selbst / wrang die Hände / rauffte das Haar / und rieff alle Götter umb Rettung an. Herkules kunte auff seiner Stelle nicht bleiben / trat hin zu ihm und erinnerte ihn / anzudeuten / aus was Ursachen er sich so kläglich geberdete. O so erbarme es die Götter / sagte er darauff /daß ich dieser leidigen Zeitung anbringer seyn muß; sahe hiemit Herkules sehr traurig an / und auff Teutsch sagte er mit leiser Stimme zu ihm: Ach Fürst Herkules / unser Fräulein Valißka / unser Frl. Valißka! damit verging ihm die Rede und der Odem zugleich. Als Herkules diesen allerliebsten Nahmen hörete / erstarreten alle seine Gliedmassen / das Geblüt aus allen Adern lieff ihm zum Herzen / daß ihm ein kalter Schweiß außbrach / und er nur diese Worte sagte: O du allerliebstes Seelichen! o wo bistu / wo bistu? womit er sanfftiglich zur Erden niderfiel / uñ unbewäglich liegen blieb. Frl. Sibylla stund ihm allernähest / sahe ihn sinken / und ward dadurch so bestürzet / daß ihr gleiche Ohmacht überging / und sie auff ihn dahin fiel. Der Stathalter sahe den grossen Jammer / schlug die Hände zusammen / und wünschete ihm selber den Tod. Ladisla stund wie ein Stein /kunte weder reden noch schweigen / biß ihm der grosse Herzensprast diese Worte heraus drängete: Sol es dann also aus Angst und Trübnis gestorben seyn /werde ich gewißlich nicht der lezte überbleiben. Der junge Fabius tröstete ihn / er solte sich seines unüberwindlichen Gemühts erinnern / dem Unglük geherzt das Häupt bieten / und nicht mit todes Gedanken umbgehen / sondern anordnen helffen / daß sein Freund gelabet würde. Damit trat die Stathalterin hinzu / risse Frl. Sibyllen den Busem auff / und besprützete sie mit kühlem Wasser. Ladisla rüttelte und schüttelte seinen Herkules / wischete ihm den Angstschweiß ab / und bestreich ihn mit Krafftwasser / zu ihm sagend: Mein Bruder / hastu Ursach gnug zusterben / so nim deinen Ladisla mit / der dich nimmermehr überleben wird. Fabius taht ihm geträuen Beystand / daß er endlich zu ihm selber kam / und mit einem tieffen Seuffzer und halb verschlossenen Augen wieder zu Teutsch anfing: O du allerliebstes Seelichen? o du unvergleichlicher Weltschaz! sol ich dich dann in der ewigen Seligkeit nicht sehen? O du allerliebstes Seelichen / o wo bistu? Ladisla trat hin zu Wenzesla / (der wieder zun Füssen kommen wahr /und neben den Gesanten diß grosse Unglük beklagete) und fragete ihn / ob dann seine Frl. Schwester todes verblichen währe. Nein Gn. Herr / antwortete er / aber sie ist gefangen und in Räuber Händen. Nun dann sagete er / so stehet ihr ja noch zu helffen; ging wieder zu Herkules / und sagte zu ihm: Mein allerliebster Bruder / unsere Schwester Valiska lebet. O Bruder o Bruder / antwortete er / ertichtete Hoffnung zergehet bald; und sagte weiter: O du ädle Seele / du außbund menschliches Geschlechts / währestu doch nur vor deinem Ende zur erkåntnis deines Heylandes kommen; o so durftestu die ewige Verdamnis nit ertragen. Wenzesla trat auch zu ihm / sprechend: Gewißlich Gn. Herr / eure Frl. Swester lebet und ist gesund / nur daß sie von etlichen Räubern gefangen gehalten wird. Hierauff besan er sich / fürchtend / er hätte etwa in dieser Angst sich etlicher Reden vernehmen lassen / wodurch seine Liebe könte geargwohnet werden; stund auff und sagte: Ich bin meiner Frl. Wasen uñ Schwester ohn zweiffel mein Leben schuldig / welches zurächen / sie vor zwey jahren so bereit und willig wahr / da es die Noht erfodert hätte; in betrachtung dessen / muß ihre Gefängnis oder meines Lebensfadem gebrochen werden / welches ich in keinem wirdigern Dienste anzuwenden weiß. Er nahete sich zum Tische / mit einem Trunk Wein seine matten Geister zu laben / sahe aber das Fr. Sophia deren niemand acht hatte / auff ihres H. Vaters Stuele in der tieffsten Ohmacht saß / und kein Lebenszeichen sehen lies / welches vor seinem Ladisla zu verbergen / er ihr den Busem öffnete / und den Wein unter das Angesicht streich / daß sie zur empfindnis kam / und zu ihm sagete: Herzgeliebeter Herr Bruder / ich gedachte / wir währen alle mit einander verschieden; O saget mir doch / was vor eine hellische Unholdin hat uns unschuldige so hefftig erschrecket? Ach meine Fr. Schwester / antwortete er; meine Fräulein Wase und Schwester / Frl. Valißka ist gefangen und in Räuber Hände gerahten. O ihr Götter! o du bitteres Verhängnis! sagte sie; verlohr die lebendigen Geister zum andernmahle / und hatte Fr. Ursul mit ihrer erquickung gnug zu tuhn. Herkules rieff seinem Knaben / befahl sein Pferd und Rustung ungeseumet zubringen / und fragete Wenzesla / woher er doch eigentlich wüste /daß sie noch im Leben / und nur gefangen währe. Der Bohte / sagte er / welcher mir die leidige Zeitung bringet / hat mirs also erzählet. Und wo ist dann dieser unselige Bohte? fragete Herkules. Draussen im Vorhofe / antwortete er / da ihm seine Wunden verbunden werden / die er bey dem grossen Unglük empfangen hat; dann wie ich vernehme / ist er von XL allein übrig blieben. Wie? fragte Herkules / ist es dann in der nähe geschehen? Ja / sagte er / es hat der elende Ungluksfal sich drey oder vier Meile von hinnen in einem Flecken zu getragen. Ladisla fiel ihm in die Rede / und sagte zu ihm: Wie raset ihr etwa Wenzesla / oder habt ihr euch von einem Possenreisser aufftreiben lassen? O daß ich biß an mein Ende immerhin rasete / antwortete er und nur dieses Unglük erlogen währe! Das Fräulein hat euer Gn. auff ihrem hochzeitlichen Ehrenfeste Geselschafft zu leisten / sich herüber gewaget / und ist drüber gefangen / dessen jene Wetscher Zeugnis gnug geben / die mit dem Bömischen Reichswapen bezeichnet sind / uñ vor den Räubern erhalten worden / werden ohn zweiffel mit der Fräulein Schmuk und Kleidern angefüllet seyn. Ey Gott lob / sagte Herkules / daß es dannoch in der nähe geschehen ist / und wir verhoffentlich ihr desto ehe können zu Hülffe kommen.

Die Gesanten stunden in höchster Betrübnis als die ausgehauene Bilder / und wahr ihrer keiner der eines Wörtleins hätte mächtig seyn können; biß endlich Herr Stanisla sagete: Es ist meiner Meinung / ein liderliches beginnen / daß man dem jungen frischen Fräulein diese Reise entweder angemuhtet oder gegönnet hat / da man weiß / daß jhr unterschiedliche mahl solche Unfälle aufgestossen sind / die man vor rauberische Nachstellung hat halten müssen. Der Stathalter lies alle junge Manschafft auffbieten / mit jhrem Gewehr alsbald fertig zu seyn / wohin man sie seinem Schwieger Sohn zu Dienste führen würde; die sich dann hiezu willig finden liessen / und schwuhr Herkules allen Anwesenden / in Padua nicht wieder zukommen / noch seine Seele zu befriedigen / biß das Fräulein erlöset währe / da sie sonst noch lebete; solte sie aber verschieden seyn / wolte er ihren Tod an den Räubern der gestalt rächen / daß die ganze ümliegende Gegend davon solte zu sagen wissen. Die Pferde wahren gesattelt / Herkules / Ladisla und der junge Fabius mit jhren ritterlichen Dienern sassen auf / und liessen dem verwundeten Zeitungs bringer / nachdem er verbunden und gelabet wahr / ein geruhetes Pferd geben / umb jhnen den Weg zu zeigen. Es folgeten jhnen 200 Reuter und 2000 zu Fusse nach / aber weil Herkules die geringe Zahl der annoch übrigen Räuber von Neklam verstund / hieß er die Völker ümkehren /und behielt nur 50 wolberittene / du jhm folgen musten. Sie ranten aus allen Kräften fort / was die Pferde lauffen kunten / biß Fabius zu ihnen sagete; jhr Herren bedenket / bitte ich / daß wir vier Meile vor uns haben / solten wir nun also fort fahren / würde die Pferde zeitig ümfallen; ihr sehet schon wie unsere Reuter dahinden bleiben. Herkules merkete wol / daß jhm alles an der Eile würde gelegen seyn / muste doch den Pferden luft gönnen / damit sie deren länger gebrauchen könten / und rieff Neklam zu sich / daß er ausführlich erzählete / wie es in raubung des Frauleins ergangen währe; welcher darzu willig wahr / und also anfing: Gnädigste Herren / als unser gnädigsten Frauen der Königin / jhres Herrn Sohns Heiraht zu wissen gemacht ward / hielt das Fräulein ganz inständig ümb Erläubnis an / derselben beyzuwohnen / welches doch jhre Hocheit vor jhr Häupt / wie auch die Herren Reichs-Rähte nicht einwilligen wolten / biß endlich die gesamten Landstände mit darzu gezogen /und von dem Fräulein auf jhre Seite gebracht wurden / welche jhr 40 Reuter zur Begleitung mitgaben. Das Fräulein hatte jhre zwo vertrauete ädle Leibjungfern /Libussen und Brelen bey sich in der Gutsche / und etliche Wetscher auff zween MaulEseln / welche ich /ausser einen / gerettet / und zu Padua unversehret überlieffert habe. Unsere Reise ging nach allem Wunsch schnelle und glüklich fort / biß wir in dem unseligen Flecken ankahmen / und in zwey nahe beyeinander gelegene Wirtshäuser einkehreten / die Speise einnahmen / und uns zeitig an die Ruhe legeten /weil das Fräulein Anordnung machete / folgendes Tages sehr früh auffzuseyn. Sie wolte anfangs sich zu Padua ungemeldet auffhalten / und niemand als meinem alten Vetter Wezesla ihre Anwesenheit zuwissen tuhn; hatte einen sonderlichen kurzweiligen Auffzug vor / in welchem ich des Narren spielen solte; Sie mit ihren beyden Jungfrauen wolten die drey Göttinnen der Freundligkeit seyn; ihr angemasseter Name wahr Aglaia / Libussa solte Thalia / Brela aber Euphrosyne heissen / und solte diesen Abend solche Mummenschanze ihrem Herr Bruder und dessen Gemahl gebracht worden seyn / neben einem sonderlichen von ihrer Gn. selbst erfundenem neuen Tanze / in welchem sie sich alle Abend und Morgen auff den Herbergen dieser gantzen Reise fleissig übeten. Ihre Durchl. selbst hatte einen kleinen zierlichen Handbogen mit einem Köcher voll kleiner güldenen Pfeilichen / an denen fornen eine kleberige Salbe geschmieret wahr / daß sie hafften blieben / worauff man sie schoß. Mit diesen / sagte sie / wil ich allem Frauenzimmer auff der Hochzeit eine furcht einjagen / und ihnen die Pfeilichen in den Busem schiessen / da man ein lustiges Schreckgeruffe hören sol; und wer weiß /ob nicht etliche gar schreyen uñ klagen werden / daß sie verwundet seyn; befahl auch ihren beyden Jungfern ihre kleine mit rohter Farbe gefüllete Spritzichen frisch zugebrauchen / und ihnen den Busem damit zu netzen / damit sie in den Wahn gerieten / es währe ihr eigen Blut. Herkules wie betrübt er wahr / muste der lustigen Erfindung lachen / und sagte: Wolte Gott /daß ihr dieser Possen angangen währe / sie solte dessen schleunige Vergebung erhalten haben; Aber wie bezeigete sich das Fräulein sonst auff der Reise? Gnädigster Fürst / antwortete er; Ihr Herz wahr mit freuden erfüllet / weil sie schon alle Gefahr meynete überwunden haben / und hatte / weiß nicht wz vor ein heimliches Gespräch mit Jungfer Libussen / die ihr überaus geheim war / daß sie sich auch mannichmahl mit ihr herzete; sie hatten einen kleinen Brief / welcher kreuzweise zusammen gefalzet wahr / denselben lasen sie offt durch mit sonderlicher Belustigung. Herkules hörete an diesem Zeichen / daß es sein leztgeschriebenes Brieflein wahr / und erkennete daher unfehlbar / sie währe eigentlich durch die herzliche Liebe gegen ihn zu dieser Reise bewogen worden / welches er in seinem Hertzen ängstiglich beklagete. Neklam fuhr inzwischen in seiner Erzählung fort / und sagete: Als wir die letzte Tagesreise nach dem Flecken fortsetzeten / ging es uns etliche mahl gar selzam: Ihre Gutsche schlug auff ebener Erde umb / daß kein Mensch die Ursach solches Unfals ergründen kunte; und ob gleich dz Fräulein samt den beyden Jungfern aus dem Wagen über und über tummelten /bekam doch ihrer keine einigen Schaden. Kaum hatten sie sich mit lachendem Munde wieder auffgesetzet / da wolte unsers Führers Pferd nicht aus der Stelle gehen / und als es rechtschaffen gestriegelt ward / geriet es in ein rasen / daß es mit ihm querfeld einlieff /und ers durchaus nicht zwingen kunte; bald darauff erging es uns ingesamt gleich also / da wir im Felde so wunderlich durch einander hersprengeten / als währen wir alle mit einander toll gewesen / und währete solches ohngefehr eine gute Viertelstunde / da liessen sich die Pferde wieder nach unsern Willen lenken. Das Fräulein ward froh / da sie sahe / daß wir wiederumb eine richtige Ordnung schlossen / und fragete uns / ob wir oder unsere Pferde vom Tolkraut gefressen hätten; aber ein Reuter unsers Mittels rieff überlaut: Ihr Brüder schieket euch auff eine redliche Abendteur / die ohn Blut und Wunden nicht abgehen wird. Wir gedachten ein jeder das seine / und zogen fort / biß wir den Flecken erreicheten / und wie oberwähnet / uns daselbst einlegeten. Es wahr die ganze Nacht zimlich stille / ohn dz die Hunde ein erschrekliches Geheule trieben / wobey sich die Eulen weidlich mit hören liessen / daß auch etliche an das Kamerfenster geflogen kahmen / wo dz Frl. schlief / und war uns trauen hiebey nit so gar wol / dz wir auch die ganze Nacht gewaffnet blieben / uñ die Schildwachte außsetzeten / welche kurz vor Morgens ein Geschrey machte / der Flecken währe erstiegen / uñ voller Feinde. So bald das Frl. dessen gewahr ward / rief sie mir / weil ich auf ihrer Kamer wachen muste / und sagete: Geschwinde auff Neklam / und trage mir diese Wetscher etwa in einen Kühe- oder Schweinstall / verbirge sie unter die Streu oder sonst in heimlichen Winkeln / und wann sichs ja zutragen solte / daß alles über und über ginge / so bemühe dich / diese Sachen nach Padua zu bringen. Gnädigstes Fräulein / antwortete ich / die Götter werden uns behüten / und alle Feindseligkeit von uns abwenden. Nach weniger Zeit höreten wir ein mächtiges gestürme und brechen an der Haußtühr / welche endlich mit Gewalt auffgetreten ward / unterdessen ich empfangenem Befehl nach / die Wetscher hinweg trug / ohn einen sehr schweren / den ich wegen des starken gefechtes im Hause /nicht fortbringen kunte. Es funden sich zu unserm Unglük nur XIIX unser Geselschafft bey dem Fräulein die übrigen wahren in der andern Herberge zur nähesten Wand; noch stritten wir mit den Räubern eine gute Stunde / und erlegten ihrer etliche und zwanzig /biß ich sahe daß meine Geselschafft fast alle erschlagen / und die wenige übrige biß auff den Tod verwundet wahren / empfing auch meine Wunden in diesem Gefechte / und hatte mich erkläret / mit meinen Brüdern ehrlich zusterben / biß mir endlich der Fräulein Befehl zu Gedächtnis kam / da ich aus der Hintertühr in den Hoff sprang / nach dem Kuhstalle (in welche ich mein Pferd und beyde MaulEsel gezogen hatte) mich zu verbergen / eilete / und daselbst alles vernehmen kunte. Unsere Geselschafft in der nähesten Herberge / währen dem Fräulein gerne zu hülffe kommen / wurden aber von den Räubern so warm gehalten /daß ihnen unmöglich wahr durch zubrechen / und hörete ich ein solches gemätsche und Winseln der Sterbende / daß mir die Haar zu berge stunden. Das Fräulein lies ihr anfangs ein Schwert und Schild / neben ihren scharffen Pfeilen und Bogen auff die Kammer reichen / und zohe nachgehends die angesezte Leiter zu sich hinauff. Die ganze Reise hatte sie Mannskleider unter ihrem Rok angeleget / welche sie auch zu Nachtzeit gar selten abzohe. Endlich sahe ich mit grossem Schrecken / daß in solchen Manneskleidern sie mit ihren beyden Jungfern zugleich auff die Gutsche gesetzet und zum Flecken hinaus geführet ward / nach dem die Räuber alle unsere Pferde aus den Ställen gezogen / und mit sich hinweg nahmen. Als ich nun in meiner Gewarsam merkete / daß alles stille wahr / wie sie dann gewaltig hinweg eileten / kroch ich hervor /und hatte mich zimlich verblutet / wagete mich ins Hauß / und sahe den abscheulichen Anblik der Erschlagenen / unter denen die unsern mutternacket außgezogen wahren / welche aber so redlich gefochten hatten / daß die Räuber etliche siebenzig in beyden Häusern eingebüsset / dagegen auch die unsern sämtlich dz Leben zugesetzet hatten. Zu meinem sonderlichen Glücke wahr ein Pannonischer Knecht in unserm Wirtshause / mit welchem ich reden kunte / der zeigete mir an / daß die Räuber über 100 Mann anfangs stark / kaum mit etlichen und zwanzigen wieder abgezogen währen / zu denen ausserhalb des Flecken noch XX gestossen / welche denselben außwendig besetzet gehalten / hätten den Einwohnern kein Leid getahn /noch ihnen einigen Hellerswert entwendet / und vorgeben / Sie hätten ihre und des Reichs Feinde zuerschlagen von der Obrigkeit Befehl / da sie sich nicht gutwillig ergeben würden; währen sehr betrübet /wegen des grossen verlustes der ihrigen / davon gezogen / ohn daß über die Gefangene und einen grossen Wetscher / in dem viel Gold und etliche Kleider gewesen / sie sich höchlich erfreuet hätten. Auff mein fleissiges nachfragen berichtete er mich ferner / daß wie alle die unsern erschlagen / währe das Fräulein in Manneskleidern an die Kammertühr getreten / und mit ihren Pfeilen dermassen von sich geschossen / daß fünffe davon niedergefallen und umbkommen / welche ich auch liegen sahe / und die Pfeile in ihren Leibern stecken. Die Räuber hierdurch höchlich erzürnet / hätten eine Leiter angeschlagen / und zu ihr hinauff klimmen wollen; sie håtte aber dem ersten und andern den Weg mit dem Schwerte dergestalt zurük gewiesen /daß sie Tod hinunter gepurzelt / uñ sich keiner mehr zu ihr machen dürffen; ja es währe eine solche furcht unter ihnen entstanden / da sie die übertrefliche Schönheit dieses vermeyneten Jünglings / und dessen feur brennende Augen erblicket / daß der gröste Teil in dem Wahn gestanden / er währe etwa ein Gott / biß endlich einer unter ihnen geruffen / man solte feur herbringen / und die Kammer anzünden / dafern er sich nicht ergeben würde; wolte er aber mit seiner Geselschafft herunter steigen / solte ihnen sämtlich / Lebens- und ehren- sicherheit äidlich versprochen werden. Hierauff währe der trefliche Jüngling in die Kammertühr getreten / und sie mit herzhafften Worten angeredet; er könte nicht außsinnen / was Feindseligkeit man ihm und den seinen angelegt / und so viel unschuldig Blut vergossen hätte / da er doch keine Ursach oder Anlaß darzugegeben / noch einigen Menschen beleidiget; so währe er ja kein Feind noch verrähter / vielweniger ein verurteileter / sondern ein grosser Herr / und des Römischen Käysers Anverwanter / möchten sich demnach wol versichern / dafern ihm oder dem bey sich habenden ädlen Frauenzimmer Schimpff angeleget wurde / es an ihnen sehr schwehr würde gerochen werden. Könte es nun seyn / daß man ihn mit den seinen nach Padua frey und ungehindert abzihen liesse / wolte er ihnen hiemit eine hohe Anzahl Geldes äidlich versprechen / und ohn List und gefährde ehistes einliefern lassen; meineten sie aber /hiedurch noch nicht gnug versichert zu seyn / wolte er samt seinen Jungfern sich ihnen ergeben / und mit ihnen in ihre Gewahrsam zihen / biß ihnen die Lösegelder gezählet währen / auch zugleich verheissen /daß es an ihrer keinem solte geeifert noch gerochen werden; jedoch solten sie zuvor ihm einen leiblichen äid schwören / und zuhalten angeloben / dz ihm und den seinen / wie sie sich anjezt erbohten hätten / an Ehr und Leben nichts widriges solte angelegt werden; wo nicht / wåhre er gänzlich entschlossen / sich viel ehe mit Feur verbrennen zulassen; alsdann habt ihr nicht allein unserer euch gar nicht bemächtiget / hatte er gesagt / sondern werdet keinen Heller Lösegeld zugeniessen haben / da ich euch aus freyem Willen hundert tausend Kronen zu geben / mich hiemit anerbiete. Fabius der weder Böhmisch noch Teutsch verstund /hätte auch gerne den Verlauff gewust / deswegen Herkules jhm alles kürzlich erzählete / und darauff von jhm gefraget ward / wie alt dann dieses Fräulein währe; er aber zur Antwort gab: Den Jahren nach kan sie sich keines hohen Alters rühmen / gestaltsam sie vor wenig Monaten ins sechzehnde Jahr jhres Alters getreten ist; jhre Tugend aber leuchtet der Welt schon dergestalt vor / daß wann sie bereit graues Haar truge / man schwerlich ein mehres von jhr fodern könte. Aber berichtet uns nun weiter / sagte er zu Neklam /ob die Räuber den gefoderten äid auch geleistet haben. Ja gn. Herr / antwortete er / sie sind einträchtig vor die Kammer getreten / und haben solchen äid /wie er jhnen von dem Fräulein vorgesprochen worden / mit ausgerekten Arme und erhobenen Fingern nachgesaget / worauf das Frl. ganz beherzt / die beyden Jungfern aber sehr betrübt und mit weinenden Augen herunter gestiegen wahren / und verwunderte ich mich / sagte der Pannonische Knecht zu mir / wie mänlich es dem ertichteten jüngling anstund / welchen ich zwar des vorigen Abends in weiblichen Kleidern und langen schönen Haaren gesehen hatte / die jhr aber jezt als einem jungen Gesellen abgeschnitten wahren. Ich bat den Knecht / daß er mir vergönnete auf die Kammer zusteigen / woselbst ich unter der Bettestet ein zusammen gewickeltes Bündlein jhrer Haar / uñ diese vier guldene Ringe daneben fand / welches alles ich zu mir nam / üm meinem gn. Könige es einzuliefern. Ladisla nam es zu sich / uñ als Fabius das Haar so glänzender Goldfarbe sahe / sagte er: Kömt die übrige schönheit dieser Fräulein mit diesem Haar überein; so muß sie keine gleichen haben. Herkules sahe dasselbe mit betrübten Augen an / und fehlete wenig /er währe vom Pferde gesunken / erhohlete sich doch /und baht Ladisla / jhm des Haars ein wenig zum Gedächtnis zu verehren / der jhm das ganze Bündlein reichete / welches er alsbald von ander machete / und seinen an das Fräulein geschriebenen Brief darinnen fand / den er allen unvermerket zu sich nam / nachgehends das Haar in drey Teile legete / gab deren zween Ladisla und Fabius / den dritten und grösten behielt er vor sich / und mit sonderlichem Eifer sagte er: Gebe mir Gott das Gluk / dieser Schelmen mächtig zu werden / welche das Fräulein in die äusserste Noht / jhr schönstes Haar abzuschneiden / gestürzet haben / sie sollens gewißlich mit dem Halse / und zwar nicht ohn Pein bezahlen. Von den Ringen behielt Ladisla der Fräulein kleines Pitschier / in dessen schwarzen Stein ein Löue mit einem zweyfachen Herzen geschnitten wahr / und umher der Nahme VALISCA. Die übrigen drey überlieferte er Herkules / welcher nach Beschauung alsbald denselben darunter fand / den er ihr bey Wenzesla geschicket hatte. Der ansehnlichste / ihr DaumenRing hatte einen grossen feurrohten Stein /worauff zwo zusammen geschlagene Hände stunden /zwischen deren Fingern ein Pfeil durchflochten war; innerhalb des Ringes lase er diese Buchstaben: HVEARLCIVSLCEAS; die er etliche mahl besahe /und seiner Spizfindigkeit bald innen ward / daß sein und der Fräulein Nahme durch einander versetzet wahr / so daß die ungeraden / HERCVLES, die geraden aber VALISCA musten gelesen werden. Im dritten Ringe wahr ein trefflicher Rubin / und in demselben ein Greif geschnitten / der ein Lämlein zwischen den Klauen führete / mit dieser ümschrifft: LVBENS FEROR. Ich lasse mich gerne also führen. Er hätte sie gerne alle drey behalten / muste aber ehren halben Fabius einen bieten / zu welchem er / den lezten hinreichend / sagete: Mein Herr Bruder / jhr werdet dem Fräulein zu Liebe diesen FingerReiff tragen / und jhn nicht von euch lassen kommen / biß sie selbst jhn wied' abfoderen möchte. Dieser bedankete sich hoch /uñ gelobete / daß kein Mensch / ohn das Fräulein selbst diese allerliebeste Gedächtnis von jhm bekommen solte. Herkules redete Neklam an / und sagete: Guter Geselle / nach dem jhr diese eure Träue erwiesen / und diß Haar neben den Ringen uns eingehändiget / auch sonst als ein redlicher Diener euch in dieser Gefåhrligkeit bezeiget habt / wil ich euch dessen dergestalt zuergetzen wissen / daß jhr euch Armut nicht sollet zu befürchten haben / und wird mein Bruder euer Herr und König Ladisla sich auf meine Vorbitte nicht wegern / euch wege eures wolverhaltens in den Böhmischen Adel- und Ritterstand aufzunehmen. Ladisla antwortete: Sey du nur gefliessen Neklam / daß wir die Räuber antreffen mögen / was ohn meines Bruders Vorbitte / ich die zugedacht habe / sol dir nicht entwischen / dessen du dich wol versichern magst. Dieser wuste nicht / wessen auff so hohe angebohtene Gnade er sich verhalten solte / und antwortete: Ihr meine gnädigste Herren / ich bin ja euer Durchll. gar zu unwirdiger Knecht / habe auch nicht das minste der überflüssigen Gnade Verdienen mögen / und wolte Gott / daß ich die mörderischen Råuber ausspüren könte / wolte ich mein Leben gerne dabey zusetzen / nur daß mein gn. Fräulein gerettet würde, uñ sehet da vor uns den unseligen Flecken dieses so grossen Verlustes. Herkules wallete das Blut in allen Adern auff / hoffete noch / das liebe Fråulein loßzumachen / weil ja fast unmöglich währe / daß man einem so grossen Hauffen zu Pferde nicht solte nachspüren können / und begehrete von Neklam / er solte in seiner Erzählung fort fahren / da ers bey Einlieferung der Ringe gelassen håtte. Ja Gn. Fürst / antwortete er; es berichtete mich der Pannonische Knecht endlich / daß wie unser vermummeter Jüngling samt den Jungfern herunter gestiegen / er die Räuber / als währe er ihr Befehlichshaber gewesen / ermahnet hätte / sich an seinen Jungfern nicht zuvergreiffen /und ihres äides eingedenke zu seyn; welches sie ihm auffs neue versprochen / und mit ihnen also davon gezogen währen. Herkules erseuffzete hierüber / und sagte: Erbarme es Gott / daß diese allerädleste Seele /welche / so viel ihre Vernunfft und Wissenschafft vermag / sich aller Tugend befleissiget / unter den Hånden dieser schnöden Räuber sich muß zwingen lassen! Ladisla sagte: Ich hoffe / es sol ihre Ehr und Leben des Himmels ungezweifelten Schutzes geniessen / insonderheit / weil sie sich vor einen Jüngling ausgibt / und ihren angenommene Stand wol wird zu spielen wissen. Unter diesem Gespräch langeten sie in dem Flecken an / und funden die Inwohner bemühet /Gruben zu machen / in welche sie die Erschlagenen ohn Unterscheid verscharren wolten; aber Fabius /den sie wol kenneten / verboht ihnen solches / hieß die Böhmischen ehrlich begraben / und die Räuber alle an Kreuze hefften. Stiegen von ihren Pferden /denen sie Futter geben liessen / und forscheten fleissig nach / wer diese Räuber seyn möchten / und wohin sie sich gewendet hätten; wovon ihnen anfangs niemand Bericht zugeben wuste / nur daß der Wirt anzeigete /es währe ein fremder unansehnlicher Mann / welcher Würffel und Karten feil trüge / und sich offters bey ihm finden liesse / kurz vor der fremden Ankunfft bey ihm eingekehret / die Nachtherberge zunehme / hätte sich aber / da er diese fremden gesehen / und genaue acht auff alles ihr Tuhn gegeben / fast im Augenblik verlohren / möchte wol seyn / daß er ein Kundschaffer und Verrähter währe / und alles dieses Unglüks Stiffter; würde er sich nun schier heut oder morgen wieder hieselbst finden lassen / solte er handfeste gemacht /und der Obrigkeit eingeliefert werden; vielleicht erführe man von jhm / an was Ort und enden diese böse Rotte sich auffhielte; es musten aber etliche bekante unter diesen Räubern seyn / sagte der Wirt / weil ihrer sechse sich vermummet hatten / und ihre Gesichter nicht wolten sehen lassen; und diese / wie sie gnug zu verstehen gaben / hatten den andern zugebieten / nahmen auch die Beute zu sich / und halte ich gänzlich davor / es müsse zu ihrem Verderben ausschlagen /daß sie so viel Pferde mit genommen haben / dann der Huefschlag wird sie nohtwendig verrahten. Zum gutes glük kam gleich ein Baur in dieses Wirtshaus / und begehrete einen Trunk Wein umb Geld. Herkules sahe ihn / und fragete alsbald / woher er kähme / und was neues er wüste. Dieser antwortete / er kähme von einem Dorffe zwo Meile von hinnen / und währe ihm eine reitende Schaar auffgestossen / welche drey schöne junge Leute / als einen fast Göttlichen Jüngling /und zwo Jungfern mit garstigen Lumpen behänget /zwischen sich auf Pferden geführet / und da ich nicht weit von ihnen gangen wahr / sagte er / fand ich eine gar schöne Gutsche im Felde ledig stehen / welche sie zweifels ohn abgeplündert und verlassen haben; ich meines teils möchte wünschen / daß die Räder davon auff meinem Hofe stünden / und ich sie bezahlet hätte. Die unsern vernahmen aus des Bauren Rede / daß das liebe Fräulein annoch lebete / verspüreten auch der Räuber List / daß sie Argwohn uñ Erkäntniß / oder Nachforschung zu meiden / ihre Gefangene so elendig behänget hatten. Herkules fragete fleissig nach / ob er den Gefangenen nahe gewesen / und ihres tuhns wahr genommen hätte. Ja / sagte dieser / ich hatte einen alten lumpichten Rock an / den kaufften sie mir abe umb IIX Groschen / legte ihn dem Jünglinge über die Schulder / und bedecketen damit in etwas sein Angesicht / desen er sich übel gehuhb / und sich etlicher Dräuworte vernehmen ließ / sahe auch so frisch uñ unverzaget aus / als hätte er sie alle gehöhnet / da hingegen den Jungfern es an Trähnen nicht mangelte /und wahren ihnen die Augen roht von vielem weinen. O du furchtlose Seele / sagte Herkules / der Almächtige Gott bewahre dich / daß dein unüberwindlicher Muht dir ja nicht schaden möge; begehrete darauff weiter zu wissen / ob sie dem Jüngling etwa leid angetahn / und wie bald man sie wol erreichen könte. Der Baur antwortete / ausser daß man ihn mit Lumpen behänget / hätte er nicht gemerket / daß ihm leid solte geschehen seyn; ob man sie auch vor Abends erreichen würde / zweifelte er sehr / massen er vernomen / daß die meisten von ihren Pferden abgestiegen /und sich dermassen verteilet hätten / daß nit über fünffe bey einander blieben währen / ohn daß etwa jhrer zehne die gesamten Pferde gekoppelt / und mit der ansehnlichsten Jungfer die Heerstrasse gezogen /der Jüngling und die andere Jungfer aber währen zu fusse mit in das Gehölz geführet; als er ihn nun nachsehe wollen / håtten sie ihm zugeruffen / er solte seines weges ohn umsehen fortgehen / ob' der Hals würde ihm gebroche werde. Herkules ward hierüber sehr betrübt / bedachte sich ein wenig / uñ hielt nit vor rahtsam / dz seine ganze Geselschaft mit ritte. Aber Ladisla redete ihm ein / er möchte sie auf allen fall mit zihen lassen / ob man ihrer zugebrauchen hätte; wo nit / könte sie allezeit frühe gnug wieder umbkehren; die Begebnissen währen selzam / und nimer also beschaffen wie man sie ihm selbst einbildete. Also lies sichs Herkules gefallen / hies den Bauren ein geruhetes Pferd auß dem Flecken nehmen /gab ihm zwo Kronen / uñ sagte zu ihm; er würde sich gefallen lassen / mit ihm an den Ort zu reiten / wo er diesen hauffen zulezt gesehe / dann er müste wo möglich / den geraubeten Jungling sprechen / woran ihm viel gelegen währe. Der Baur wahr des Geldes froh /und willig mit zu reiten / versprach auch inwendig einer Stunde frist / sie an den Ort zubringen; ritten ingesamt eilig fort / und kahmen vor erst nach des Bauren anßsage an die leere Gutsche / hernach in das Gehölze / da der Baur ihnen anzeigete / diß wåhre die Stelle / da er die Reuter leztmahls gesehen / würden sich demnach bemühen / bey ihnen anzulangen / weil er seinem Versprechen gnug getahn / und ein mehres nicht zu leisten wüste. Herkules hies den Bauren etwas warten / weil er zweiffelte / ob ihm auch zutrauen stünde / sendete Leches / Klodius und Markus mit der meisten Reuterey den geraubeten Pferden nach /mit dem Befehl / alle wiederspenstigen niderzuhauen /und die übrigen gefangen zunehmen / insonderheit sich zu bemühen / daß sie den Führer lebendig bekähmen / welcher nachricht würde geben können / wohin die übrigen sich gewendet hätten. Diese ritten alsbald fort und folgeten dem frischen Hueffschlage / unter der Hoffnung etwas nüzliches außzurichte. Nachgehends ermahnete Herkules den Bauren / er müste etwas besser außbeichten / wie und wo er die Räuber gesehen sich verteilen; welcher aber mit hohen Schwüren bekräfftigte / daß er davon nicht daß geringste zu sage wüste / weil sie ihm gar zu hart verbohten / zuzusehen; jedoch gedäuchte ihn / man hätte den schönen Jüngling samt der Jungfer nach der rechten Hand hingeführet / und dürffte ich schwören /sagte er / eben der Jüngling währe euer leiblicher Bruder / so gar åhnlich ist er euch. Herkules antwortete ihm: Freund / ihr habt vielleicht so gar unrecht nicht gesehen; lies ihn von sich / und hielt mit den andern Raht / wie es forthin anzugreiffen. Diese wahren sehr betrübt und stunden ihnen die Augen vol Wasser /daß Herkules sagete: O wolte Gott daß ich mich mit den Räubern drum schlagen solte / aber mit der Unwissenheit zu kämpffen / daß ist über mein vermögen. Doch ich wil meinem Gott trauen / und nicht zweifeln / er werde mich leiten und führen / daß ich erfahre /und finde / was ich suche. Stieg hiemit vom Pferde /und wolte von Ladisla und Fabius abschied nehmen /umb allein in den Wald zugehen / und zu vernehmen /wohin die Räuber sich gewendet håtten. Aber Ladisla zohe ihn zurük / sprechend: Liebster Bruder / meinestu ich werde dich allein lassen? es ist meine leibliche Schwester / der ich so wol und mehr nachzusuchen schuldig bin / als sonsten niemand. Doch währe mein Raht / wir sendete zuvor unsers mittels etliche durch de Wald / etwas Kundschafft einzuhohlen / und erwarteten alhie Leches Ankunfft / ob er uns Zeitung brächte / worauff wir ohn Irtuhm fortgingen; dann die Zeit unnüzlich verzehren / wird meiner Frl. Schwester am schädlichsten seyn. Fabius sagte; auff euer verbessern ihr Herren / währe meine Meynung daß wir Leches nachfolgeten / das Werk desto glüklicher zubeschleunigen / dann hätten wir nur einen gefangenen von den Räubern / wolten wir schon erfahren / wohin man sich wenden müste. Herkules wahr so verwirret /daß er seiner Vernunfft fast nicht mächtig wahr / hielt endlich diesen Raht vor den besten / und in dem er sich wieder auff das Pferd setzete / sagte er: Nun so lasset uns in dem Nahmen des Almächtigen Gottes reiten und Leches folgen / vielleicht bedürffen sie unsers rahts und Hülffe; ordente doch zuvor zehne aus ihrer Geselschafft / welche den Wald hin uñ wieder durch reiten solten / ob sie etwas außforschen möchten; er mit den übrigen folgete Leches Spuhr / kunten ihn doch nicht erreichen / weil er einen grossen Vorsprung vor ihnen hatte; dann er jagete mit seinen leuten immer fort biß an den späten Abend / da sahe er ein Dörflein vor ihm liegen / worauff die Råuber nach außweisung des Hueffschlages / zugezogen wahren. Er baht Klodius voraus zusetzen / und in der Stille nachzuforschen / ob sie in diesem Dorffe blieben /oder weiter fortgezogen währen; welcher dann schnelle forteilete / und die andern der weil sich hinter einer Hecken verborgen hielten / traff eine erwachsene Bauren Dirne an / welche der Kälber hütete / und fragete sie / ob nicht Reuter mit ledigen Pferden daher geritten währen. Ja sagte sie / es währen Reuter und ledige Pferde dahergezogen / ob sie aber alle geritten / oder etliche zu fusse gangen / hätte sie so eigentlich nicht acht gehabt. Klodius wie betrübt er wahr / muste doch der Einfalt lachen / und fragete ihn die Dirne / ob er zu den andern gehörete / und sie gedächte zuerreichen / müste er nicht lange Gefatternsprache halten / dann sie währen sehr eilig fortgezogen / und hätte sie im vorüber reiten von ihne gehöret / daß sie in dem Flecken / welcher eine Meile von hinnen låge / ihr Nachtlager halten wolten. Klodius winkete seinen Gesellen / welche bald herbey rücketen / nahmen einen Bauren aus dem Dorffe mit sich ums Lohn / ihnen den rechten Weg zuzeigen. Zwischen einer guten Viertelstunde kam Herkules mit den seinen eben bey demselben Dorffe an / rieff einem Bauren zu / ob nicht eine zimliche Schaar Reuter hieselbst durch gezogen währe. Ja / antwortete dieser / sie sind kurz vor euch hinweg /und haben meinen Nachbar gedinget / ihnen den Weg zum nähesten Flecken zuzeigen / vorgebend / sie folgeten ihrer Geselschafft / die vor drittehalb Stunden mit vielen ledigen Pferden hindurch gezogen sind /und daselbst benachten werden. Er ward der Zeitung froh / uñ sagte zu ihm: Mein Freund / da habt ihr eine halbe Krone; lieber seid gebehten / und führet uns auch dahin / daß wir zu unsern Leuten kommen mögen / weil uns daran gelegen ist. Behüte Gott / antwortete der Bauer: solte ich so viel Geld davor nehmen? ich bin euch gerne zu dienst / aber umb die gebührliche Billigkeit / als drey Groschen / ein mehres nehme ich nicht. Lieber Gott / sagte Herkules / daß alle Welt dieser Genügsamkeit möchte ergeben seyn /wie mannicher unnützer Streit würde alsdann unterwegen bleiben; hieß den Bauren ein Pferd hohlen /und vor ihnen her reiten / weil sie eilen müsten; die Belohnung solte ihm nach seinem Willen werden. Sie seumeten sich nicht lange / und traffen Leches mit den seinen an / da sie gleich von den Pferden gestiegen /und den Flecken zuersteigen sich fertig gemacht hatten. Als sie nun der Reuter hinter ihnen gewahr wurden / meyneten sie / es währen Räuber / lieffen ihren Pferden zu / und wolten auffsitzen; welchen Irtuhm Fabius merkend / allein zu ihnen hin ritte / und diese Worte redete: Herkules ist verhanden; Worauff sie alsbald stille wurde. Der Flecken ward außwendig mit XV Mann besetzet / mit den übrigen ging Herkules zu fusse nach dem Tohr / und spürete / daß es inwendig nicht sonderlich fest verriegelt wahr / setzeten deswegen ihre Schuldern ingesamt dagegen / und schoben es auff / gingen hin / und traffen einen alten Mann auff der Gassen an / welchen Herkules mit freundlichen Worten fragete / in was Herberge die Geselschafft mit den ledige Pferden eingekehret währe. Dieser gab zur Antwort: Herr / sie liegen dort gleich vor euch in jenem Hause / da ihr die Liechter scheinen sehet. Ladisla fragete weiter / ob sie alle bey einander in einem Hause währen / auch wie viel ihrer wol seyn möchten. Mich deucht / antwortete er / ich habe ihrer zehne gezählet / haben wol 50 Pferde bey sich / und gar ein schönes Weibesbilde / welche sie ohn zweifel geraubet haben / nachdem sie sich sehr trostloß bezeiget. Ja sagte Herkules / freylich habe sie das gute Mensch gewaltsam entführet / welches ihnen übel bekommen sol. Wol wol ihr Herren / sagte er /sie werden reiff seyn zur Straffe / wiewol sie hieran wenig gedenken / sondern mit ihrem Wirte / der nicht umb ein Haar besser seyn mag als sie / sich lustig machen / teilen auch einen treflichen hauffen schönes Goldes unter sich / wie ich jezt gesehen / da ich vor dem Fenster hergangen bin / und gebe euch Gott das Glük / diese Buben zuertappen / welches durch eure Vorsichtigkeit leicht geschehen kan. Gebet euch zu frieden / sagte Herkules / wir sind von dem Römischen Stathalter zu Padua ausgeschikt / sie zu fahen /uñ zur gebührlichen Straffe zu zihen / deßwegen / da sich etwa über vermuhten ein Aufflauff erregen solte /so machet es den Inwohnern zuwissen / daß sie ruhig und ohn furcht seyn / auch sich keines dinges annehmen / damit sie nicht in Ungelegenheit gerahten / dañ haussen vorm Tohr haben wir eine gute Anzahl Völcker stehen. Ging hierauf mit den seinen gerade fort und in aller stille / besetzete das Haus rings umher /trat hernach selb viere hinein / öffnete die Stubentühr / und wünschete der Geselschafft einen gluklichen Abend. Die Räuber sassen am Tische / hatten schon Mahlzeit gehalten / und zecheten weidlich herumb: Der vornehmste unter ihnen / den sie vor ihren Häuptman scholten / saß oben an / hatte die Jungfer neben sich / und suchte durch allerhand freundliche Reden sie zur Fröligkeit zubewägen / welche ihre Zeit mit stetem seuffzen und weinen zubrachte / und ihr nur den Tod wünschete / weil sie wuste / daß sie dieses frechen Räubers boßhafften Willen zuersättigen / vorbehalten ward. Herkules sahe die Jungfer / und erkennete sie alsbald vor dieselbe / welche er stets dey dem Fräulein zu Prag gesehen hatte / wolte sich aber ihr nicht alsbald offenbaren / noch die Räuber überfallen / sondern redete sie freundlich an; er såhe / daß eine erbare Geselschaft bey einander währe / uñ weil er samt seinen Gefärten von der Reise ermüdet / uñ unter dem schweren Reuter harnische / welches er zu fusse trüge / etwas matt worden / hätte er lust ein Stündichen frölich und guter dinge mit ihnen zu seyn / insonderheit / weil es hie so schönes Frauenzimmer gäbe. Die Råuber hatten ihr Gewehr neben sich liegen / verwunderten sich ihrer stillen Ankunfft / da sie doch von fuß auff gewapnet wahren / und ungeachtet ihres widrigen vorgebens / ausser Zweifel zu Pferde müsten ankommen seyn; stutzeten daher anfangs /endlich antwortete der vornehmste: er und die seinen hätten in diesem Hause nicht zu gebiete / und wann sie dem Wirte wilkommen währen / müsten sie auch friedlich seyn. Der Wirt aber redete alsbald darzwischen / er hätte sein Haus voll Gäste / welche alle reisende Kauffleute währen / und sie umb anderer willen nicht ausweisen könte; wer ehe kähme der mahlete ehe; müsten also nach einer andern Herberge sich umsehen / deren es im Flecken gnug gäbe. Herkules aber sagte zu ihm: Gebet euch zufrieden / guter Freund /ich kan hinte nicht weiter gehen / und wollen wir noch vor schlaffens gut Geschir machen; zeigete ihm hiemit eine Hand vol Kronen / und sagete weiter: Diese müssen verzehret seyn / ehe ich aus dieser Herberge gehe /doch mit dem bedinge / daß mir Raum bey der schönen Jungfer gemacht werde; dann ich sehe schon / ihr Buhler gefället ihr nicht / ob ich mich etwa zutähtiger machen / und ihr Herz besser gewinnen könte. Zu dem Räuber aber sagete er: Guter Freund / stehet nicht mit euch zuhandeln / daß mir die Jungfer zu teil würde / nachdem / wie ich merke / sie euch ihre Gunst nicht geben wil. Dieser merkete unraht / und stellete sich gleichwol zornig; was er ihm die Jungfer anzufodern hätte? dieselbe währe sein / und hätte sonst niemand Ansprache auff sie / hoffete auch vor sich allein Freude mit ihr zu haben. Herkules antwortete: wie aber / meine liebe Jungfer / wollet ihr nicht lieber mir beywohnen? Sehet da / ich versichere euch Ehr und Leben / und alles was ihr wünschet / das in meinen Händen stehet. Die Jungfer ward inniglich seuffzen /empfing doch etwas Hoffnung aus dieser Rede / und durffte gleichwol vor Angst kein Wort sprechen; dann ihr nähester Beysitzer machte sich schon zum Gefechte bereit / greiff zum Degen / und ermahnete die seinen / geherzt und frisch drauff zuschlagen. Aber Herkules zog von Leder samt die bey ihm wahren / und sagte: Ihr meinäidigen ehrvergessenen Bösewichter /bald ergebet euch dem Römischen Stathalter zu Padua / oder ihr sollet alsbald in stücken zerhauen werden; rief auch zur Tühr hinaus: Herein / und packet mir diese leichtfertigen Schelmen an / daß ihrer keiner entrinne. Worauff Leches mit etlichen ungestüm zur Tühr hinein drang / welches die Räuber sehend / sich nach den Fenstern kehreten / in Meynung hinaus zuspringen / sahen aber nach Eröffnung / daß alles mit Bewapneten besetzet wahr. Herkules foderte ihnen die Schwerter ab / welche sie willig von sich gaben / und vor Angst kein Wort sprechen kunten. Leches / so bald er die Jungfer sahe / deren er sein Herz schon etliche Jahr / aber bißher umbsonst angebohten hatte /kunte seine Flammen länger nicht bergen / trat mit entblössetem Häupte vor den Tisch / damit sie ihn kennen möchte / und sagte: Jungfer Libussa / hochgeliebte Wase / wie gehets euch alhier? habt ihr auch irgend Schande und Schmach von diesen Buben erleiden müssen? Die geängstete Jungfer kennete ihn alsbald / und antwortete: O herzlieber Vetter Leches, wie kommet ihr mir zu so gelegener Zeit zuhülffe! sprang hiemit über den Tisch zu ihm / und sagte weiter: Meine Ehre ist GottLob añoch unverletzet / wañ nur unser Gn. Frl. möchte gerettet seyn. Herkules befahl /dz man die Räuber samt de Wirte festbinden solte /zohe den Helm ab / und ümfing die Jungfer gar freundlich / boht jhr auch einen Kuß / und sagte zu jhr: Ich freue mich sehr / daß ich meine geliebete Freundin gesund und ungeschmåhet antreffe / und an jhr einen guten Anfang der Erlösung gemacht habe. O Durchl. Fürst / antwortete sie / hat jhre Gn. üm mich unwirdige so grosse Mühe über sich genommen? Nun nun / die Götter retten nur unser allerliebstes Fräulein; was ich dann zu vergelten zu unvermögen bin /werden andere zuverschulden jhnen lassen angelegen seyn. Wolte jhm hiemit die Hand küssen / welches er doch nicht zugebe wolte / sondern zeigete jhr Ladisla / zu dem sie ganz ehrerbietig nahete / und von jhm wol empfangen ward. Inzwischen kehrete Herkules sich zu den Gefangenen / und sagete zu dem Vornehmesten: Geschwinde / und sage mir / wo sind deine Gesellen mit dem gefangenen Junglinge und der andern Jungfer blieben? Dieser antwortete: Mein Herr /schenket mir das Leben / so wil ich euch dahin führen / und den Jüngling wieder liefern / sonst wird euch unmöglich seyn jhn anzutreffen / viel weniger zu erretten. Wissen dann diese deine Mitgesellen auch /sagte Herkules / wo sie sich auffhalten? Ja / antwortete er / wo sie hinte diese Nacht bleiben werden / ist jhnen bewust / aber nicht / wohin man sie morgen führen wird. Nun dann / sagte Herkules zu Fabius / so wird mein Herr Bruder wissen / sie nach Römischen Recht abzustraffen als gewaltsame Räuber und Mörder. Dieser nam sie an / übergab sie seinen Reutern wol zuverwahren / und schwuhr / er wolte sie in dem Flecken lebendig kreuzigen lassen / woselbst sie den Mord und Raub verübet hätten; über welcher Urtel sie dermassen erschracken / daß sie jhre Gesellen glükselig preiseten / die im Streit ümkommen wahren. Der Wirt durfte viel Entschuldigung einwenden / aber die Räuber begunten schon darüber zu murren / und redete Herkules den Vornehmesten unter jhnen / welcher Gallus hies / also an: Ob du wol dein Leben so wol /und vielleicht mehr als diese anderen verwirket hast /sol es dir dannoch geschenket seyn / dessen du mir wol trauen magst / dafern du mich zu dem Jünglinge führest / wo er ist / damit ich denselben meinen geliebten Bruder wieder überkommen möge; aber sage mir ohn einige Falscheit: träget der Wirt auch Wissenschafft ümb diese Taht? Herr / sagte Gallus / die gröste Schuld dieser übeltaht haftet auff jhm / gestaltsam er den Anschlag gemacht / und uns auf getrieb eines fremden unbekanten Ritters / Nahmens Victor /fast wieder unsern Willen darzu verleitet hat / massen unser Frevel vor diesem nie so groß gewesen ist / die Leute in beschlossenen Flecken zu überfallen; ja sein ganzes tuhn ist anders nichts / als daß er uns bißher ausgespüret hat / wo in der nähe ein Raub zuerhaschen ist. Bistu dann derselbe / fragete jhn Herkules /der gestern Abend in jener unseligen Herberge die Würffel und Karten feil getragen hat? Ja eben derselbe ist er / sagte Gallus / welches sich leicht ausfündig machen wird / wañ meine Herren jhn nur werden dahin bringen lassen. Hierauff sagte der Wirt zu jhm; O du meinäidiger Verrähter / ist das mein Dank und Lohn / daß ich dir so mannichen Dienst zu Tag und Nacht geleistet habe? Fabius lachete des / und sagte: Gib dich zu frieden du gotloser Schelm / ich werde dir schon davor lohnen / und in Padua eine solche Rache von dir nehmen / daß andere deines gleichen sich daran zu spiegeln haben. Herkules wahr willens / alsbald wieder auffzusitzen / und sein allerliebstes Fräulein zuretten; weil er aber sahe dz seine Leute mat und müde wahren / überdas auch von Gallus vernam / daß die Eile ihnen zu nichts dienen / und die helle Tageszeit ihnen vorträglicher seyn würde / den Anschlag ins Werk zurichten / hieß er die Wirtin essen aufftragen /so gut sie es zuschaffen wüste / und einen TrunkWein dabey / welches ihr richtig solte bezahlet werden. Die gemachte Beute brachte Gallus alles wieder bey / so wol an Gelde als Kleidern / welches Ladisla geliefert ward / und funden sich an Baarschafft etliche tausend Kronen / auch köstliche Weiberkleider / die dem Fräulein zustunden. Des Goldes teileten sie etwas unter ihre Reuter aus / daß jeder XII Kronen bekam /wodurch sie so gutwillig gemacht wurden / daß sie alle sich erbohten / das Leben vor sie zu lassen. Die Wirtin schaffete Wein gnung / der sehr gut wahr /aber die Speise wolte anfangs nicht zureichen biß sie aus der Nachbarschafft so viel zusammen brachte /daß sie alle gesättiget wurden. Nach gehaltener Mahlzeit begehrete Herkules die Rechnung von der Wirtin / und weil dieselbe gar leidlich gestellet wahr / zahlete er ihr ein übriges; welche Freygebigkeit ihr gar wol gefiel / und sie immerzu fleissig auffwartete. Sie wahr feiner Gestalt / und etwa ihres Alters von XXVI Jahren / taht als bekümmerte sie sich um nichts / so daß sie auch anfangs sich ihres Mannes im wenigsten nicht annam / biß sie mit Herkules etwas Kundschafft gemacht hatte / da fragete sie denselben mit halblachenden Worten: Ob dann nicht gnade vor ihren Mann übrig währe. Er aber antwortete ihr / es währe davon nichts zu reden / weil es in seiner Macht nicht stünde; in andern dingen wolte er ihr gerne zu gefallen seyn. Ey mein Herr / fuhr sie fort / und zwar mit gleichmässigen frölichen Geberden: Ihr köntet gleichwol noch ein gut Wort vor ihn einlegen / weil er selber nicht gemordet oder geraubet hat. Hehler und Stähler sind gleiche gut / antwortete er / und ist diese Taht viel zu böse / welche keines weges ungestraffet hingehen kan / sondern muß mit dem Leben bezahlet und gebüsset werden; ihr aber habt euch nicht zubefürchten / sondern sollet bey dem euren geschützet werden / es sey dann / daß einer oder ander kommen /und sein geraubetes Gut wieder fodern würde. Die Frau wendete sich zu ihrem Manne / und sagte: Da sehet ihr noch mein gutes Herz / welches ich zu euch trage / indem ich vor euer Leben bitte / welches ihr nimmermehr tuhn würdet / da ich in eurer stelle stehen solte. Ja / antwortete ihr Mann / dz mögen die Götter wissen / wie deine Vorbitte von Herzen gehe /welches dein leichtfertiges Lache-Maul schon mehr als zu viel verräht / und behüte mich nur der Himmel /daß ich deiner Gnade oder Vorbitte nicht bedürffe. Diese taht / als hörete sie solches nicht / sondern fragete mit etwas betrübtem Angesicht / ob dann ihr Mann gewißlich sterben müste; und als ihr mit beständigem Ja geantwortet ward / dz sie daran nit mehr zu zweifeln hatte / kehrete sie sich abermal nach demselben um / und fing mit erblassetem Gesicht also an: Nun so gebe Gott / dz dich der Henker vor deinem Ende so peinigen und quälen möge / wie du boßhaffter Mörder / Dieb uñ Ehebrecher mich armes unschuldiges Weib diese zwey Jahr geängstet hast / und ich erfahre / dz dir mit vollem masse gelohnet sey. Dieser beiß vor Eifer die Zähne im Kopfe zusamen / uñ deutete an / er währe ihm gar keine andere Vorbitte bey seine frechen gottlosen Weibe vermuhten gewesen /wolte auch gerne sterben / wañ er ihr nur den Lohn ihres verdienstes geben solte; bekeñete daneben er währe des vorigen tages daran verhindert worden /sonst solte sie sein Unglük nit erlebet haben. Herkules uñ seine Gefärte höreten mit Verwunderung zu /und begehreten von dem Weibe die Ursach ihrer so hefftigen Feindschafft / und unversöhnlichen Widerwillens zu wissen; worauff sie antwortete: Mein Herr / wañ ich mein Unglük und Widerwärtigkeit alles erzählen solte / welches ich von diesem Gottlosen ehrvergessene Buben habe annehmen und außstehen müssen / würde ichs im Sommerlangen Tage nit können zum Ende bringen. Der Mann wolte ihr einreden /und seine entschuldigung tuhn; aber sie sagte zu ihm; schweig du Verrähter / du hast keine Ehre zusprechen. Es merketen die unsern was vor ein Kraut sie vor sich hätten / und liessen sie immerhin waschen / da sie also fortfuhr; Meine Herren; zwey Jahr habe ich mit diesem Laußhunde in der Ehe gelebet / aber keine friedliche noch fröliche Stunde bey ihm gehabt / da er mir doch alle seine Wohlfahrt zu danken hat; er wahr nacket und bloß / und wann ichs ja sagen sol / vol Unziefer / da ich mich sein erbarmete / und ihn zu mir nam. Ach was hatte ich vorhin einen feinen frommen Mann / sagte sie mit erdichteten Trähnen; des Abends brachte er mich zu Bette / und verrichtete noch etliche Stunden die nöhtige Arbeit; des morgens stund er auff und lies mich schlaffen. Dieser leidige böse Schelm ging nach meines Mannes Tode mir so listig nach /daß ich mich sein nicht länger erwehren kunte / und ihm die Ehe versprach; und als ich ihm bald darauff mehr gönnete / als mir jezt lieb ist / muste ich hernach stets seines Willens Leben / welches ich dann taht /umb einen guten Grund zur friedsamen Ehe zulegen; aber ich meine er hat mirs vergolten; er ging mit meinen Gütern umb als die Prasser pflegen; vor muste er mit Wasser und Brod vor lieb nehmen / jezt wahr ihm der Landwein zu herbe / und die Haußspeise zu unverdäulich; doch hätte ichs noch alles verschmerzet /und fünffe gerade seyn lassen / nach Art meiner angebohrnen Frömmigkeit (welches ruhms die ganze Geselschafft lachete) wann er mir nur währe geträu gewesen / aber ungeachtet ich / ohn Ruhm zu melden die schönste Frau des ganzen Flecken bin / mitete er doch allemahl die hübschesten Mägde / die zubekommen wahren / hohlete sie über etliche Meileweges her / hielt mit ihnen als ein Ehebrecher zu / und lies mich armes Weib gehen / als hätte er mich etwa hinter dem Zaune auffgeraffet. Wañ ich mich dann dessen beklagete / und mich an den leichtfärtigen Ehebrecherischen Huren rächen wolte / so muste ich mich so elendig von ihm stossen und prügeln lassen / daß es einen Stein in der Erden hätte erbarmen mögen; aber ich hoffe / es sol ihm schier vergolten werden / dann der Himmel hat mein Elend nicht länger ansehen können /die Erde ist zu müde solchen Unflaht zu tragen / und die Lufft sehnet sich daß er in ihr ehröhet / das Angst-wasser schwitze / und das Angst-feur im Herzen fühle. Kehrete sich hiemit zu ihrem Manne / und sagte: Kanstu noch nicht erkennen / daß die Götter müde sind meinen Jammer zuerdulden / welchen du Wüterich und greulicher Bluthund mir zugefüget hast? fahre hin an den Galgen und an das Rad; ich wil wol einen Kerl haben / wann du schon am Kreuze verdorret bist / der mich besser in ehren halten / und meine Wirdigkeit erkennen sol / als du nacketer Bettelbube nie getahn hast! Sie wolte in ihrer rede fortfahre / aber Ladisla hies sie schweigen / und fragete den Wirt / warumb er sich so hart und undankbar gegen sein Weib verhalten / die Zeit seines elendes ihn auffgenommen hätte. Ach mein Herr / antwortete er / gut ists / daß ihr das schwäzhaffte Weib habt schweigen heissen / es würde ihr sonst unmöglich seyn das Ende ihrer Rede zu finden / und dürffte ihr gehen wie einer Art Vogel / davon man saget / daß sie sich zu tode singen sollen. Sie wolte dieses nicht unbeantwortet lassen / aber Herkules hielt vors beste /daß man sie hinaus schaffete; welches abzuwenden /sie versprach stille zu seyn. Worauff ihr Mann also fortfuhr: Ob ich gleich weiß / daß ich zu einem grausamen Tode behalten werde / gläube ich doch nicht /daß des Henkers Peinigung schwerer seyn könne / als dieses heillosen Weibes. Ich kan wol sagen / daß ich die zweijährige Helle schon an ihr versucht / aber auch mit ihr gebauet habe; Ich habe diese ganze zeit über nicht ein gutes Wort von ihr gehabt / sondern lauter schnarchen / murren uñ schelten / und kunte ichs ihr nimmer zu danke machen / ich griffe es gleich link oder recht / oben oder unten an; trunk ich ein Maaß Wein mit meinem Nachbar / oder einem andern / dabey ich wol fünffe verdienete / so muste ich ihr Verbringer seyn; lag ich bey ihr auff dem Bette / so muste ich ihr fauler Schlüngel seyn; stund ich dann auf / so hieß es / ich schleppete mich mit den Mägden; Dieses stieg mir endlich zu Kopffe / daß ich auff Mittel bedacht wahr / sie zu zwingen / und den bösen Teufel aus ihr zu treiben; und muß bekennen / daß ich sie offt gar übel zugerichtet habe / insonderheit /wann sie die jungen frischen Gåste in ihrer Völlerey durch unzüchtige Schandreden zu allerhand Unzimligkeit reizete / und ohn scheuh sich mit ihnen herzete und zausete / einwendend / die Wirtinnen müsten freundlich seyn / wann die Gäste das Geld bey ihnen verzehren solten; und was mir endlich daran abginge /behielte ich doch alles was ich schon hätte; Ja ich darff vor züchtigen Ohren nicht erzählen / wie sie in Reden und Geberden sich offt erzeiget hat; darauff legete ich dann wol die schwere Hand / aber alles umbsonst und vergebens / daher ich mir endlich vornam /sie im Schlaffe zu erwürgen / und solte mein gröster Trost seyn / wann es nur geschehen währe. Ladisla antwortete: als viel ich aus euer beyden Rede vermerke / ist garstiger Spek umb stinkende Butter vertauschet / und bedürffte ein Richter guter Leute Raht /umb zu entscheiden / wer unter euch mit der grösten Schuld behafftet währe. Die Wirtin sagte: O ihr lieben Herren / helffet ja / dz er nicht wieder loß kömt /sonst müste ich elendes Weib es verlauffen. Herkules verdroß bey so gestalten Sachen dieses langwierige Narrenwerk / geboht der Fraue ruhig zu seyn; es würde dieser ihr Mann sie förder nicht weiter belästigen; Er wolte ihr aber diese Lehre geben / wann sie den dritten nehme würde / solte sie sich sein demühtig züchtig und gehorsam gegen ihn verhalten / und nicht ursach zu Zorn und Widerwillen geben. Ja mein Herr / sagte sie / bedenket aber / daß ich gleichwol Frau des Hauses bin / und diesen Schlüngel aus Erbarmung zu mir eingenommen habe / solte ich dann mein Recht und Herschafft so gar abtreten / und mich ihm zur Magd geliefert haben? doch wann diesem die Raben nur erst die Augen möchten ausgehacket / und sein faules Fleisch verzehret habe / solte der dritte Bräutigam sich wol bald finden. Herkules sahe / was vor ein Unkraut in ihr steckte / wolte ihr nicht zu fernerem Geschwätze Gelegenheit geben / sondern befahl seinen Leuten / die Ruhe zu nehmen / und gegen frühzeitigen Auffbruch sich gefasset zu halten / vor allen Dingen aber die Gefangenen wol zu verwahren / daß ihrer keiner entwischete / der ihnen den ganzen Handel durch Verraht leicht verderben würde. Den Wirt /sagete Ladisla / wollen wir der Wirtin zu hüten geben / die wird ihn nicht entlauffen lassen. Das Weib hörete es / und sagete: Wol meine Herren / gebet mir Gewalt über ihn / so wil ich ihm die Daumen und grosse Zee kreuzweise zusammen binden / uñ ihn diese Nacht in meiner Kammer auff die blosse Erde legen /mit welcher Peinigung er mich wol zwanzig mahl beleget hat / auff daß er nur empfinden möge / wie mir ein solches bekommen ist / und ich noch zu guter lezt meine Augenweide und Herzenslust an ihm haben möge. Fabius sagte zu Ladisla: behüte der Himmel einen jeden redlichen Mann vor solchen Ehegatten; ich halte nicht / dz dieses Weibes gleichen je gebohren sey. Sie stund nicht weit davon / hörete es / und gab zur Antwort: Ja wol mein Herr / so musten meine beyde Nachbariñen / oben und unten / nicht seyn /welche mir offt verweißlich gnug vorwerffen / was ich mich von so einem lausichten Hunde dermassen verachten und schmähen lasse; dann ihre Männer / die ungleich grösser / stärker und ansehnlicher sind / als mein Hudler / müssen ihnen in allem Gehorsam seyn /und tanzen / wann sie nur die Pfeiffe stimmen / wollen sie aber nicht / so treiben sie die Esel aus dem Hause / schlagen ihnen die Tühr vor der Nasen zu /und lassen sie lange gnug um schön Wetter bitten; aber dahin habe ichs mit diesem Aur Ochsen nicht bringen können. Herkules sagte zu Fabius: Geliebter Bruder; je mehr man den Zunder bläset / je weiter er glimmet. Freylich mein Herr / sagte das Weib / und hätte ich meinem Kerl nicht bald anfangs so viel Wind gegeben / solte er so stark nicht geglimmet haben; aber geschehene Dinge sind zu beklagen /nicht zu verbessern. Niemand wolte ihr antworten /weil ihr Blasebalg dadurch nur gefüllet ward. Dem Wirte aber taht seine Gefängniß nicht so weh / als die verächtliche Reden seines frechen Weibes / gedachte aber fleissig nach / ob er nicht vor seinem Abscheide sich an ihr rächen könte; sprach sie an umb einen Trunk Wein / sein mattes Herz zu laben / stellete sich auch / als währe ihm herzlich leid / was er ihr bißher zu leide getahn / uñ baht sehr umb Verzeihung / weil er doch nun sterben müste; wünschete ihr langes Leben uñ allen glüklichen Fortgang in ihrer Nahrung / und hielt an / sie möchte alles vergessen / und guten Abscheid von ihm nehmen / auch gedenken / daß sie gleichwol Eheleute mit einander währen. Das Weib nahete sich zu ihm / und begunte sich mitleidig zu stellen / da er sie eriñerte / etwas weiter mit ihm von der Geselschafft zu treten / weil er ihr vertrauen und offenbahren wolte / was vor ansehnliche Schulden er in dem Flecken hin und wieder ausstehen hätte /davon er ihr bißher nichts sagen wollen. Sie wahr ihm gerne zu willen / und ging mit ihm in den Winkel hinter die Tühr stehen / da er sie fein an die Wand drängete / daß sie ihm nicht entweichen kunte / und weil ihm die Hände auff dem Rücken gebunden wahren /drückete er sie mit seinen Knien und dem Leibe fest an die Wand / fiel sie mit den Zähnen an / uñ bisse ihr / Nasen / Ohren und beyde Lippen abe / zureiß ihr auch die Wangen dergestalt / daß sie keinem Menschen ähnlich sahe. Das Weib sträubete sich zwar mit den Händen und schriehe jämmerlich / aber er zauete sich so eilig mit seiner Rache / daß ehe jemand zu ihrer Errettung nahete / er sie schon also zugerichtet hatte / daß ihn selbst dauchte / es könte gnug seyn; ließ auch von ihr ab / und sagte: Nun meine Herren /ich wil nun gerne sterben / nachdem ich den Schimpff etlicher massen ersetzet und gerochen habe / den ich von ihr einnehme müssen / hoffe auch / dieses schandlose Weib sey nunmehr unter ihrem Gesicht dergestalt zugerichtet / dz ihre ehebrecherische Buhler / deren sie nicht wenig hat / forthin so häuffig nach ihr nicht mehr lauffen sollen. Das Weib lag in tieffster Ohmacht / biß ihre Magd sie erquickete / fand sie aber dermassen zerbissen / daß jederman abscheuh daran hatte. Herkules gab Befehl / sie nach dem Arzt zubringen / und straffete den Wirt mit harten Worten wegen des begangenen Frevels; weil aber geschehene Dinge nicht zu endern stunden / muste sie damit zu frieden seyn; dann sie ingesamt bekenneten / es håtte das Weib mit jhrem frechen Maul ihr dieses Unglük selbst muhtwillig zu wege gebracht. Jungfer Libussa hätte mit Herkules gerne allein geredet / und ihm der Fräulein lezten Willen angezeiget / weil es aber sehr späte wahr / und jeder die Ruhe begehrete / muste sie es biß auff näheste bessere Gelegenheit auffschieben.

Die meiste Zeit der Nacht brachte Herkules mit behten zu / und rieff Gottes Barmherzigkeit an / jhm die Gnade zu verleihen / daß er das Fräulein aus der Räuber Händen erlösen möchte / insonderheit / daß Gott jhre Ehr und Zucht in seinen Schuz nehmen /und sie vor allem unfal bewahren wolte; befahl sich endlich selbst seinem Erlöser / und schlieff ruhig ein. Kurz vor Tage erschien jhm im Schlaffe ein Gesichte /nehmlich ein sehr ansehnliches schönes Weibesbilde zeigete jhm eine köstliche güldene Kron / mit dieser ümschrifft: Hoc Emolumentum Redimit Christiana Virtus Labore Et Spe Zu Teutsch: Diesen Nutzen löset die Christliche Tugend durch Arbeit und Hoffnung. In der anderen Hand führete sie eine Fahne / in welcher die Wollust wieder die Gottesfurcht streitend gemahlet wahr / und stunden diese Worte über jhren Häuptern: Volentibus Adest Levamen Jehovæ, Sistit´q; Coronam Aeternitatis. Das ist: Gottes Hülffe stehet den Willigen bey / und stellet jhnen die Kron der Ewigkeit zu. Unten zu den Füssen der Gottesfurcht lase er diese Teutsche Reimen:

 

1

Laß das Unglük immer wüten /

Laß die Weltergrimmet seyn;

Gott wird Unschuld wol behuten /

Was schafft dir dann Glückes schein?

Wer den bösen wil gefallen /

Hat durchaus nicht festen Fuß /

Er bleibt wol des Glückes Ballen /

Biß er gar verderben muß.

 

2

Einer ist / der wird dich führen /

Du kennst seinen Nahmen schon;

Dessen Rettung wirstu spüren /

Biß er dir den Gnaden-Lohn

Der Unsterbligkeit wird schenken.

Ey so brich durch Noht und Pein /

JESUS wird an dich gedenken /

Drum mustu gerettet seyn.

 

An der Gottlosigkeit oder Wollust seite / wahr dieser Reim mit rohten (die vorigen aber mit güldenen) Buchstaben gesetzet:

 

Fleisches Lust kan Gott nicht ehren

Tügend fält durch Fleisches Lust;

 

Was die Straffen sol abkehren

Komt aus einer reinen Brust.

 

Neben der Gottesfurcht stunden diese Worte:

 

 
Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
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