Eur heller Glanz hat uns bißher beschienen /
Jezt dräuet ihr / O weh! den Untergang.
Ach lasset uns euch ferner noch auffdienen /
Volführet den wol angelegten Fang.
Zu stäubert / was Saturn uns zum verdruß
Anstifftet; bloß eur Nahme kan ihn dämpffen /
So dz sein Schwert nit siegen mag noch kämpfe /
Besondern in der Scheide stecken muß.
Nach geendeter kurzen Mahlzeit ging es an den Auffbruch / welches dem Frauenzimmer / sonderlich Frr. Saptinen und Barsenen manniche Trähnen aus den Augen drückete. Herkules hatte 50 Teutschen; Ladisla so viel Böhmen; Fabius 100 Römer / und Arbianes 200 Meden / welche mit ihnen biß in Teutschland solten; über diese musten noch 6000 / gleichenteils Teutsche / Böhmen und Römer / neben 8000 Meden und Persen / sie biß an die Römischen Grenzen begleiten. Als sie aus dem Saal in den innersten Plaz kahmen / stund Artabanus LeibElefante / der in der Schlacht gefangen wahr / in seiner besten Zier /über drey Tonnen Schaz am wert / daselbst fertig /und wahr ein Häußlein auff ihn gesetzet / von treflicher Arbeit / in welchem 12 Menschen sich wol behelffen kunten. Nähest dabey eine Gutsche / außwendig mit schwartzem Sammet überzogen / aber wann man solches hinweg nam / glänzete sie aus- und inwendig von ädlen Steinen; der ganze beschlag wahr klammer Silber / sehr stark vergüldet / und gingen acht artige Schecken einerley Gestalt davor / deren Schwänze und Mähne biß an die Erde herunter hingen; vier Gutscher dabey / wahren in gülden Stük bekleidet / und hatten trefliche Säbel an der Seite / dann sie wahren Parthische gefangene von hohem Adel. Dieses beydes ward Frau Valisken von Artaxerxes absonderlich verehret. Im vörderen grossen Platze wahren neun schöne Gutschen und 400 Handpferde mit allem Zubehör / davon Ladisla / Herkules und Valiska 300; Fabius 30; Leches 20; die übrigen fünffe offtgenante jeder 10 bekahmen; wie auch jeder eine Gutsche mit sechs Pferden / alles nach Unterscheid Standes und Gebühr. Bey den Gutschen wahren 18 Fuhrleute / wie auch 200 bey den Handpferden / alle gefangene Parther. Ausserhalb des Schlosses traffen sie die obgedachten Wagen / Kamehle und MaulEsel an / worüber sie sich höchlich entsetzeten / und ganz ungehalten wahren / so daß sie schwuhren / wann sie solches solten gewust haben / wolten sie heimlich davon gezogen seyn / weil sie sich durch Woltaht gar zu heftig überladen befünde; wiewol sie nicht meineten / daß so übergrosse Schätze darauff währen. Hier ging es nun an ein Pauken / Trometen und Freudengeschrey / daß keiner sein eigen Wort vernehmen kunte /biß unsere drey Helden samt Fr. Valisken und Arbianes auff den Elefanten steigen wolten / da Phraortes zu ihnen trat / und einem jeden absonderlich seinen Sohn väterlich anbefahl / bey Fr. Valisken aber zugleich anhielt / ihm ein Fräulein ihres Geblüts / da ers wirdig / zuzuschanzen / ob sie gleich nur Herren Standes währe; dann er wolte es vor seine höchste Glükseligkeit rechnen / wann er mit diesen trefflichen Fürsten in Schwiegerschafft leben solte. Worauff sie zur Antwort gab: Seine Liebe möchte des Sohns wegen unbekümmert seyn / sie hätte das Eisen schon unter dem Hammer / wie sein Gemahl berichten würde / und solten sie am glüklichen Fortgang nicht zweifeln. Die Morgenländische Fürsten hatten auch einen Elefanten bereiten lassen / auff welchen sie mit Saptinen und Barsenen fliegen; dann sie wolten die unsern auff drey Meilen begleiten / und zogen in schöner Ordnung daher / biß sie an die ersten Wagen (so voraus gangen wahren) anlangeten / da sie sich alle vergeselschaffteten / daß sie 629 Pakwagen / 36 Gutschen / 104 Kamehle / 128 MaulEsel / und 2290 Reitpferde bey sich hatten; dann die gesamte Persische Reuterey hatten 400 von den besten erbeuteten Pferden zusammen bracht / und sie gleich wie Artaxerxes die vorigen / ausgeteilet / auch mit Parthischen Leitern versehen. Vor obgedachten Pakwagen und Gutschen gingen 4000 Pferde (dann fünff unter den Gutschen wahren mit achten bespannet / welche 16 Gutscher hatten) / und wahr die gesamte Anzahl der gefangenen Parther 2500 Mann. Doch wurden unter die obgedachten Pakwagen die Speise- und Weinwagen nicht mit gerechnet / weil die unsern solche von den Römischen Grenzen wieder zurücke sendeten. Der grosse Gamaxus / wie wund er von den gestrigen Ruhten an seinem Leibe wahr / muste er doch in seinen bunten Narrenkleidern vor dem Elefanten her reiten / da man ihm an jeden Arm eine grosse HenkersRuhte gebunden hatte / auff daß er sehen solte / was vor Helden er vor BettelFürsten gescholten. Als sie in dieser grossen Herligkeit daher zogen / gingen Fr. Valisken die Augen über / und sagete in Teutscher Sprache: O du Almächtiger Gott / was vor Gnade und Barmherzigkeit hastu mir unwirdigen erzeiget! Ich ward von vier Räubern in diese Länder geführet / und so viel Fürsten müssen mich wieder hinaus begleiten; Ich nahm Geld von einem Räuber auff Borg / daß ich einen Nohtpfennig haben möchte / und nun führe ich des Landes Mark mit mir fort. Nun mein Heyland / du hast uns lassen groß werden / dein Segen hat uns reich gemacht /deine Hand hat uns geschützet / dein Schutz hat uns erhalten / deine Hülffe hat alles allein getahn; unsere Ohmacht gekräfftiget / unsere Gefängniß eröffnet / unsere Bande zurissen / unsere Feinde gedämpffet / und uns mit Gütern überschüttet. O so fahre fort / du kräfftiger Gott /gutes zutuhn denen / die dir vertrauen; gib daß wir in diesem Glücke uns ja nicht überheben / sondern in der Demuht verbleiben / damit wir nicht von deiner Hand gestürzet werden; geleite und führe uns auff unsern Wegen / daß ich und andere ungetauffte Christen / die bey uns sind / das gnadenreiche Bad der Sünden-Abwaschung an dem Orte empfahen mögen / da du wegen unser Sünde dich selbst hast wollen täuffen lassen / und gib uns deinen Heligen Geist / daß wir nach dieser Abwaschung uns ja nicht mit groben Sünden / die wider dich und unser Gewissen streiten / auffs neue besudeln / sondern einen Christlichen Wandel führen mögen / in aller Gottseligkeit und Erbarkeit / Amen; mein Heyland / Amen.
Billich danken wir dem allerhöchsten Gott / sagete darauff Herkules / und ist unmöglich / daß wir dessen unaussprechliche Gnade / Schuz / und Woltaht recht erkennen können / massen es unsern Verstand übertrifft / und unsere Wirdigkeit weit übergehet; doch wird der grundgütige Gott mit uns schwachen Geduld tragen / und wann wir nur den steiffen Vorsaz / ihm zudienen / behalten / und den Sünden täglich absterben / wird er uns seine Gnade nicht entzihen. In solchem Christlichen Gespräch gingen sie fort / biß sie bey einer Stad anlangeten / woselbst sie das Mittagsmahl schon des vorigen Tages hatten bestellen lassen; blieben daselbst drey Stunden beyeinander / namen hernach Abscheid / und zogen die Morgenländische wieder zurük / welche 4000 Reuter aus Herkules begehren mit sich nach Persepolis nahmen. Ladisla ordnete das Heer / daß die Persen den Vorzug haben / die Römer bey den Wagen bleiben / die Teutschen und Böhmen aber von hinten zu und an beyden seiten schliessen musten. Valiska nam ihr Frauenzimmer zu sich auff den Elefanten / und tahten unsere Helden ihr zwar bißweilen Geselschafft / aber die meiste Zeit ritten sie. Fr. Statira reisete mit ihnen fort / biß an die Susianischen Grenzen / woselbst sie Abscheid nam /und sich nach ihren Gütern hinmachete / da sie drey Wochen nach ihrer Heimkunfft eines unehelichen Kindes genaß / welches sie Statikleon nennete / und seinem Vater sehr ähnlich wahr / so daß er seinen begangenen Fehler den seinen nicht verbergen kunte / da er diesen seinen Sohn von Statiren bekam; worüber zwar Fr. Ursul dieses Weibes Unzucht verfluchete /ihn aber rühmete / daß zur Rettung seines Lebens er eingewilliget / weil er ohn das noch ein Ungläubiger gewesen währe. Orsillos erboht sich biß ans Meer mit zureiten / aber Fabius ließ ihm solches nicht zu / sondern erhielt bey Statiren / daß sie ihn zum Verwalter und Auffseher über ihre Landgüter annam. Als sie bey dem Tigerflusse anlangeten / und ihre Manschafft ausser ihrer absonderlichen Begleitung unter Wedekind / Tyriotes und Bubazes wieder zurük senden wolten /erfuhren sie / daß Sysimithres 8000 Mann Fußvolk /nicht weit von dannen / beysammen hätte / und sie nach Parthen führen wolte / wurden derhalben zu raht / diesem noch eine MummenSchanze zubringen / nahmen 5000 Reuter zu sich / und traffen sie des andern Tages im offenen Felde an / gleich da ihnen das Gewehr solte ausgeteilet werden; Sie umgaben dieselben alsbald / daß sie nicht entfliehen kunten / und sich gefangen geben musten / da sie alsbald in Persischen äid genomen / und von 2000 Reutern nach Persepolis begleitet wurden. Sysimithres wahr mit angepacket neben 50 Werbern / welche 20 Tonnen Schaz bey sich führeten / 12000 Reuter damit im Römischen Gebiete zubestellen. Diese nam Herkules alle vor Leibeigene an / und wurden von den Geldern jedem Reuter durch die Bank 115 Kronen gegeben / auch 33000 Kronen unter die Fuhrleute und Pferdeleiter / sie lustig zumachen / ausgeteilet / und Sysimithres 1000 Kronen zum Zehrgelde; die übrige Halbscheid / als 10 Tonnen Goldes nam Valiska zu sich / vor arme Christen / da sie welche antreffen würden. Sie foderte auch Sysimithres vor sich / redete freundlich mit ihm / und erteilete ihm einen Scheinbrief biß nach Parthen; befahl ihm auch / König Artabanus ihretwegen zugrüssen /und dz sie numehr ihren Zug nach Teutschland vorgenommen hätte. Ich bin eurem Könige / sagte sie / allemahl in Ehren gewogen gewesen / aber nachdem er sich unredlicher Stücke unterwunden / und Gifftmischer ausgeschicket hat / habe ich nichts von ihm halten können / und möget euch wol versichern /daß er sich hiedurch bey seinen Feinden verhasseter /als durch keine andere Beleidigung / gemacht hat; jedoch / wil ich noch nicht unterlassen / ihm das beste zurahten / nehmlich / daß er in sich gehe / seine geschwächete Macht erkenne / von der vielfältigen Unkeuscheit abstehe / uñ in gleichem Stande mit andern Morgenländischen Fürsten sich halte / sonst wird er nicht lange mehr König seyn. Könte er nun seine Begierden einzwingen / und umb Heyraht mit dem Baktrianischen Fräulein anhalten / würde er schier heut oder morgen erfahren / wie träulich mein Raht gemeynet sey. Sysimithres bedankete sich untertähnigst /aller erzeigeten Gnade / und hielt inständig an / die Werbung an seinen König / schrifftlich aufzusetzen; welches sie ihr gefallen ließ / doch daß er bey Ritterlichen Ehren versprechen muste / nicht allein dem Könige solches geträulich einzuhändigen / sondern den Inhalt auch den beyden Fürsten / Vologeses und Pakorus wissen zulassen / denen Herkules sehr freundlich schrieb / und ihnen kostbahre DemantKetten zum Gedächtniß seiner Freundschafft übersendete; ließ alle Völker mit Sysimithres zurük nach Persepolis gehen /und behielt nur die obgedachten 400 Teutschen /Böhmen / Römer und Meden / neben den 300 Böhmischen ädelknaben bey sich. Es unterstunden sich zu unterschiedlichen mahlen etliche Parthische Fuhrleute und Pferdeleiter auszureissen / welche aber alle wieder ertappet / erschreklich geprügelt / und an die Bäume aufgeknupffet wurden / an der Zahl 29 / deren Stelle von den gefangenen Parthischen Werbern wieder ersetzet ward. Weil sich aber Herkules wegen seiner geringen Manschaft eines algemeinen Aufstandes von ihnen befahrete / taht er ihnen die Verheissung /daß wann sie sich beständig und träu bezeigeten /wolte er ihnen eine viel grössere Gnade beweisen / als sie ihnen nicht einbilden möchten; würde aber einer oder ander sich gelüsten lassen auszureissen / solte derselbe / da er ertappet würde / lebendig gespiesset /und seine sechs näheste Gefärten / darumb / daß sie seine Flucht nicht gehindert hätten / ohn Gnade aufgeknüpfet werden. Die lezte Dräuung währe gnug gewesen / sie inne zuhalten / aber die angebohtene Gnade machte sie so freudig / daß sie bey geleistetem Fußfalle sich erkläreten / der Gnade abzuwarten / und bey ihm zuleben und zusterben. Sie setzten ihre Reise stränge fort / biß sie über den Eufrat kamen / und Damaskus in Syrien erreicheten / dahin wir sie in guter Sicherheit und aller ehrliebende Ergetzung wollen zihen lassen / uñ uns nach Teutschland wenden / umb nachzufragen / wie es GroßFürstin Valisken ihren Gesanten / Ruprecht und Neklam ergangen.
Dieselben seumeten auf ihrer Reise nicht / segelten auch mit gutem Winde auff Bisanz / jezo Konstantinopel genennet / und gingen von darab den nähesten Weg nach Teutschland zu Pferde / biß sie Magdeburg / GroßFürst Henrichs Schloß erreicheten / welcher auf die Jagt ausgeritten wahr; wurden doch von der GroßFürstin und dem Fräulein wol empfangen / die sich sehr verwunderten / daß diese von Valisken / welche sie eine GroßFürstin der Teutschen nenneten / und von niemand anders mehr / den Gruß überbrachten; frageten deswegen alsbald nach / wie es Herkules und Ladisla ginge / und ob das Fräulein aus ihrem Gefängniß loßgemacht währe. Worauff Neklam alles berichtete / auch in was hohen Ehren die unsern bey den Morgenländischen Fürsten währen / und man der GroßFürstin ein treffliches Geld- und Volkreiches Fürstentuhm erbeigen geschenket / sie aber dasselbe nicht behalten wollen / sondern es einem Persischen Herrn wieder verehret / weil Ihre Durchl. bedacht währe / mit ihrem Gemahl ihr Lebe in Teutschland zuschliessen. Der grossen Reichtümer / welche sie zu Padua hätten / und bey sich führeten / währe keine Zahl. Daß er aber seines gnädigsten Königes Ladisla /und GroßFürsten Herkules Gruß nicht mitbrächte /währe die Ursach / daß die GroßFürstin ohn deren Vorbewust / und auf dem Zuge wider den Hauptfeind / sie abgeschicket / uñ ihnen etliche Schreiben überzubringen / gnädigst anbefohlen hätte; reichete auch der GroßFürstin das an sie haltende / gebührlich ein /die es begierig brach / und folgende Worte lase:
Der Durchleuchtigsten / Großmächtigsten Fürstin und Frauen / Fr. Gertrud / GroßFürstin in Teutschland / wünschet deroselbten gehorsamste Tochter Valiska / GOttes Barmherzigkeit und alle Wolfahrt. Höchstgeliebete gnädigste Fr. Mutter; aus erfreulichem Herzen kan derselben anzumelden ich nicht unterlassen / wie daß nach unsers Almächtigen Gottes sonderbahre Wunderschickung / mit dem Durchleuchtigsten Fürsten und unvergleichlichen Helde / Ihrem herzgeliebeten Sohn / meinem herzallerteuresten Schatze Herkules / auff Anfoderung und begehren meines herzlieben Herrn Bruders / Königes Ladisla /ich mich ehelich eingelassen / und wir unser Hochzeitfest auff dem Königlichen Persischen Schlosse mit HochFürstlichem Pracht gehalten. Ob nun zwar solches hohen Glückes ich mich selbst unwirdig schätze / und gerne gestehe / daß weder ich noch einige andere dieses Ehegemahls wert ist / so ehret und liebet er mich dannoch dermassen / daß mir alle Vergeltungs-Mittel benommen werden. Seine herrliche Tahten / denen andere nicht zuvergleichen sind / und meine durch ihn glüklichverrichtete Erlösung / wird Zeiger Neklam / und sein Gefärte Ruprecht (denen wir den Adel-Stand mitgeteilet) ausführlich berichten können. Mir zweifelt nicht / euer mütterliches Herz werde unsere selige Ehe gut heissen / und vor ihre liebe Tochter mich annehmen / als welche zeit meines Lebens kindlich zuehren und lieben ich nicht auffhören wil. Die bewägende Ursach / die Botschafft abgehen zulassen / ist meine herzallerliebste Fräulein Schwester / Frl. Klara / deren Wolfahrt mir nicht weniger als meine selbst eigene anlieget / dessen ich Gott zum Zeugen ruffe. Ach wie hat der treffliche junge Herr Arbianes / gebohrner GroßFürst und einiger Erbe des grossen Medischen Reichs / ein Fürst von etwa 20 Jahren / seines Lebens ein Held; wie hat derselbe in meiner Frl. Schwester Brustbildichen / welches er ohngefehr von meiner Libussen kommen / sich so hefftig verliebet / daß er weder Tag noch Nacht ruhen kan / und deswegen bey mir inbrünstige Ansuchung getahn / ihm diese hochgewünschte Heyraht zuwerben. Ich versichere meine Fr. Mutter / daß er an Tugend / Herzhafft- und Frömmigkeit / keinem einigen Morgenländischen Fürsten im geringsten bevor gibt / und mächtig gnug währe / mit 2 oder 300000 Mann / ihm ein Gemahl einzuhohlen. Ist es nun / daß diese meine erste Bitte bey ihrem mütterlichen Herzen stat finden kan / wil ich mich selbst zu Pfande setzen / daß meiner Frl. Schwester diese Heyraht sehr wolständig seyn wird. Meine Meynung ist eben nicht / daß das Beylager so schleunig erfolgen solte / nur daß der verliebete Fürst / seiner auffrichtigen Liebe festen Fuß setzen möge welcher zu rechter Zeit sich nach GroßFürstlicher Wirdigkeit schon einstellen / und seinen Schatz / den er tausendmahl höher als sich selbst liebet / gebührlich abhohlen wird. Wegen der Aussteur hat meine Fr. Mutter sich nicht zubekümmern /massen mein Gemahl und ich dergestalt von unsern grossen Schätzen sie versehen wollen / daß nie kein Teutsches Fräulein den zehnden Teil je einem Gemahl zugebracht haben sol. So wird auch hochgedachter GroßFürstlicher junge Herr gegen meine Gnn. Eltern und hochgeliebete Frl. Schwester sich also einzustellen und zubezeigen wissen / daß verhoffentlich sie allesamt daran gutes genügen haben werden. Ich erwarte meiner Fr. Mutter gewierige Antwort / und empfehle dieselbe der starken Obhuet Gottes / verbleibend / weil ich lebe / Euer GroßFürstl. Hocheit ganz ergebene gehorsame Tochter und Dienerin
Unter dem lesen lieffen ihr die FreudenTrähnen über die Wangen / und nachdem sie den Inhalt zum Ende gebracht / fing sie an: O du mein gewünschter Sohn! O meine auserkohrne Fr. Tochter! Wann werde ich an euer höchstbegehreten Gegenwart mich ergetzen? Das Fräulein hätte des Schreibens Inhalt gerne gewust / und wie sie ihrer Frau Mutter einige und liebe Tochter wahr / die nicht bald sündigen kunte /baht sie um Vergünstigung den Brief zulesen / welches ihr aber mit einem freundlichen lachen abgeschlagen ward / unter dem einwenden / ihr Herr Vater müste ihn zuvor sehen. Weil dann dessen Ankunfft ihr vermeldet ward / ging sie ihm entgegen / und befahl dem Fräulein / mit den Abgesanten zusprachen; Welche Gelegenheit Neklam nicht verabseumen wolte / und sie also anredete: Durchleuchtigstes Fräulein; die auch Durchleuchtigste GroßFürstin Fr. Valiska lässet Ihrer Gn. Schwesterlichen Gruß und Liebe durch mich Unwirdigen entbieten / hat mir auch ein hochvertrauliches Schreiben zugestellet / Euer Gn. untertähnigst und in gröster Geheim einzureichen /dafern dieselbe / wie sie gänzlich hoffet / es verborgen zuhalten sich versprechen würde. Das Fräulein fragete / vom wem dann der Brief aufgesetzet währe; und als er antwortete / die GroßFürstin selbst hätte ihn geschrieben / auch dabey angedeutet / er hielte eine Heimligkeit in sich / welche ihren Herr Bruder /GroßFürst Herkules anginge; erklärete sie sich; Ihre gebietende Fr. Schwester möchte wol versichert seyn /daß ihrem Herr Bruder Herkules zudienen / sie weder Mühe noch Gefahr scheuhen wolte / daher er ihr den Brief kühnlich möchte anvertrauen / nachdem Ihrer Fr. SchwesterWillen und Befehl zugeleben / sie bereit und schuldig währe; nam auch das Schreiben ohn weiteres bedenken zu sich / und steckete es biß auff bequeme Gelegenheit zulesen / in ihren Busem. Als die GroßFürstin ihren Gemahl auff dem Obergange antraf / und das offene Schreiben in der Hand trug /fragete er sie / was neuer Zeitung seine Fr. Schwester aus Böhme / oder ihr Herr Bruder aus Schweden ihr zugeschrieben hätte? aber sie antwortete: Meinet mein Gemahl / daß ich nirgend anders her Schreiben zugewarten habe? Nein trauen; meine herzallerliebste Fr. Tochter Valiska / meines teuresten Sohns Herkules Gemahl / lässet mich alhie ihre eigene Hand lesen /und durch dieselbe ihr ergebenes Tochterherz. Der GroßFürst verwunderte sich dieser Rede / und fragete; was neues sie dann schriebe. Welches er aber aus dem Briefe selbst lesen muste / da er nach dessen Endigung sagete: Verzeihet mir / ihr LandGötter / daß ich eine lautere Unmögligkeit bey mir befinde / einen solchen Sohn dergestalt zuhassen / wie ihrs durch die Pfaffen von mir fodert; O des grossen Unglüks / daß du der ganzen Welt ein Wunder wegen deiner Tugend und Manheit / und deinem Vaterlande / ja das abscheuhlich zusagen / deinen leiblichen Eltern ein Fluch uñ Gräuel seyn must! die doch ihr Leben vor deine Wolfahrt gerne zusetzeten. Davor behüten ihn die Götter / sagte sie; Er ist mir traue bißher noch in unverrücketer Liebe ein angenehmer Sohn und kein Gräuel gewesen. Und warumb solte ich mein Fleisch und Blut hassen / welches über alle der meinen und seinen Ehre steiget / und von aller Welt vor den vollkommensten und frömmesten gepriesen wird? Meynet mein Gemahl / daß ich den losen Pfaffen allerdinge Glauben gebe? Wer weiß / ob sie ihre schändliche Weissagungen nicht tichten / umb daß sie fürchten /der ehrliebende Herkules werde ihnen den Muhtwillen besalzen / wann er schier heut oder morgen wieder kommen solte; es hat ja noch kein Gott sich bey uns angemeldet / uñ eine solchen Fluch aus unserm Sohn gemacht; so findet sich auch kein Mensch / der Zeitung von ihm einbringet / daß er in abscheulichen Sunden leben solte. Ein verdächtiges werk ist es / dz die heillose Pfaffe von nichts als der GötterZorn plaudern; mein Sohn mus ja dessen warnehme / wie er sich auch davor nit dz allergeringste fürchtet; uñ wäre mein Raht / man gönnete ihm freien zutrit; haben dann die Götter auff ihn zusprechen / werden sie ja so mächtig seyn / und einem Jünglinge den Muht legen /wann nur wir selbst nicht durch boßhaffte verleitung uns an unserm Sohn versündigen / dessen Lob und Preiß schon in erster Blüte allen Ruhm seiner Vorfahren verächtlich machet; mein geliebter Gemahl wird von den Gesanten hören / wie man ihn in der Fremde ehret / und ihm grössere uñ reichere Fürstentümer anbeut und schenket / als sein ganzes väterliches Erbe /nur daß sie dieses Ebenbilde der Tugend bey sich behalten möchten; und wir grimmigen Wölffe verbannen ihn von uns / ehe wir ihn als beklageten gehöret! mich wundert / wie er noch an seine Eltern und Vaterland / ja an das undankbare Vaterland gedenken und es lieben kan. Solte auch wol meine Furcht nicht vergeblich seyn / daß etwa die Pfaffen und ädlen sich wieder ihn zusamen verschworen / aus furcht / er möchte den ehmahs empfangene Schimpf dereins rächen? Einmahl ist gewiß / daß sie die Köpffe vielfältig zusammen stecken / und ihre gröste bemühung ist / den einfältigen Untertahnen einzubilden / daß sie ja bey ihren alten Göttern bleiben / und keine neue sich auffdringen lassen sollen; welches unser Sohn wol nicht willens ist. Zwar ich habe nicht lust zu Krieg und Unfrieden; aber unterliesse ichs euretwegen nicht / ganz Schweden und Böhmen müsten ihm den Weg in Teutschland öfne / und ihm den GroßFürstlichen Stuel befestigen / welchen er doch vor seines lieben Vaters absterbe nicht begehret. Schweiget O schweiget mein geliebtes Gemahl / sagte der GroßFürst / und lasset ja solche Gedanken in eurem Herzen nimmermehr auffsteigen; ich werde nach diesem schon hierauff bedacht seyn / wie mein Herkules ohn Krieg und Auffruhr sein Erbe behalte; vordißmahl müssen wir uns wegen der vorgetragenen Heyraht besinnen / dann ich sehe / daß unsere liebe Tochter Valiska zum hefftigsten darauf dringet. Wir haben Zeit gnug / antwortete sie / eine Erklärung zu fassen / nachdem wir der Gesanten anbringen außführlicher werden vernommen haben. Gingen also miteinander auff das Gemach /woselbst das Fräulein mit Neklam sprachete. Ruprecht sahe ihn hinein treten / küssete ihm die Hand /und meldete Valisken Gruß an / da ihm der GroßFürst fragete: Wie gehets / mein Ruprecht / über Meer zu? gibts auch frische Stösse? Ja etwas gnädigster Herr /antwortete er / aber ungleich frischer Geld; wiewol unsere Völker dem Feinde / der sich über 450000 Mannstark schrieb / nebest andern Morgenländischen entgegen gingen / da aus befehl meiner gnädigsten GroßFürstin ich mit dieser Geselschaft so eilig fort muste / daß mein gnädigster Herr / GroßFürst Herkules dessen nicht eins berichtet ward. Darauff fing er an zuerzählen / wie bey ihrer ankunfft sie Frl. Valisken aus Gobares Händen loßgemacht / den Räuber gefangen / enthäuptet / und sein Fürstentuhm ihr geschenket währe / welches er mit sonderlicher freude hörete. Neklam brachte her nach eben denselben Gruß an / und lieferte dem GroßFürsten auch ein Schreiben / also lautend:
Großmächtiger Herr und Vater; wegen unsers zustandes / beruffe ich mich / teils auff mein an meine Gn. Fr. Mutter getahnes Schreiben / teils auff meiner Abgesanten mündliche Erzählung; hoffe ihrer Hocheit wolergehen zuerfahren / und die angenehme Antwort zuerhalten /daß mein Vortrag wegen der Heyraht zwischen meiner Herzgeliebeten Frl. Schwester / Frl. Klaren / und dem Durchleuchtigsten Medischen Fürsten Arbianes nicht unangenehm seyn werde / wie ich dann von grund meiner Seele nicht anders als darzu rahten kan; nicht allein / daß hochgedachtes Fürsten H. Vater / GroßFürst Phraortes /meines Herkules und meine eigene Wolfahrt nach höchstem vermögen gesucht und befodert / sondern der junge Fürst vor sich selbst wirdig gnug ist / des mächtigsten Königes Fräulein zu heyrahten; der dann meiner Frl. Schwester zur ersten anzeige seines dienstergebenen Herzen etliche Kleinot übersendet / welche Zeiger dieses Neklam einliefern wird. Vor die uns zugeschickete tapffere Völker bedanke ich mich untertähnig / welches auch euer Gn. ergebener Sohn Herkules nicht würde unterlassen haben / wann nicht meiner Abgesanten Reise ohn sein Vorwissen von mir angestellet währe. Schließlich empfele meinen gnädigsten Herr Vater dem geträuen Schuz Gottes zu allem GroßFürstlichen wolergehen / als untertähnigst-gehorsamste Tochter
Fräulein Klara merkete daß nichts ungenehmes in den Brieffen wahr / daher verlangete ihr immer heftiger / solches zu wissen / und erschrak nicht wenig /als Neklam / nachdem der GroßFürst sein Schreiben gelesen / zu ihr trat / und wie ihm befohlen wahr / die 16 köstliche Kleinot in einem zusammen gelegeten seidenen / mit den teuresten grossen Perlen reichlich besticketen Tüchlein / ihr also einreichete: Durchleuchtigstes Fräulein; eure Durchleuchtigkeit lässet der auch Durchleuchtigste GroßFürstliche junge Herr / Herr Arbianes einiger Erbe des Medischen Reichs durch mich unwirdigen freundlichst grüssen / und in ansehung der brüderlichen Vertrauligkeit / welche er mit GroßFürst Herkules hat / übersendet er euer Durchl. diese Kleinot / befihlet sich und sein GroßFürstentuhm deroselben guter Gewogenheit / bittet / das übergeschikte mit geneigetem Herzen und Händen auzunehmen / und sich zuversichern / daß /als lange er lebet / seyn und bleiben wolle euer Durchl. dienstergebener gehorsamster Knecht Arbianes; schlug hierauff das Tüchlein vonander / und ließ ihr die Kleinot sehen. Das liebe fromme Fräulein wahr nicht allein wegen des ihr bißher ungewöhnlichen anbringens / sondern auch des treflichen Glanzes der wichtigen Demanten fast nicht bey ihr selber /durffte auch das angebohtene nicht berühren / sondern gab zur Antwort: Guter Freund / ich kenne ja diesen gewaltigen Fürsten nicht / der so demühtige Worte und stolze Schenkungen mir vorbringen lässet / daß ich nit weiß / ob die Rede auff mich ziele / und mir /die fünkelnde Kleinot anzunehmen / geziemen wolle /ehe und bevor von meinen herzgeliebeten Eltern ich dessen erläubnis habe. Du hast wol geredet / sagte ihr Herr Vater; weil es aber dir zur Unhöfligkeit könte außgeleget werden / wann du diesem mächtigen Fürsten seine Schenkungen zurük sendetest / soltu sie mit gebührlicher Ehrerbietigkeit annehmen; vielleicht eräuget sich Gelegenheit / es in andere Wege zuersetzen. Also wegerte sie sich ferner nicht / nam die Kleinot zu sich / und ging hin / sie in ihr Lädichen einzuschliessen / woselbst sie die von Herkules ehmahl geschikte in eigener verwahrung hatte. Der Schein dieser kostbahren Sachen hielt sie eine gute weile auff in der Beschauung / biß sie des Schreibens in ihrem Busem sich erinnerte / welches sie ohn ferneres Nachdenken brach / und als sie noch eines darinnen beschlossen fand / auch mit den Fingern leicht fühlete /daß etwas in demselben verborgen wahr / öffnete sie auch dieses / sahe den köstlichen Ring / und steckete ihn an den Finger / des vorhabens / alsbald hinzugehen / und ihrer Fr. Mutter denselben zuzeigen / doch als sie auff dem umbkehren wahr / sagete sie zu sich selber; bin ich nicht einfältig / das geschikte zu zeigen / ehe ich den Brieff lese? fing also an / Valisken umbschlag durchzusehen / und nach verlesung etlicher Zeilen sagte sie; Ach ich armes Kind / daß ich mich von dem Abgesanten so listig habe hintergehen / und diese Brieffe mir beybringen lassen; Ach hätte ich sie nur nicht erbrochen / alsdann könte ich sie meinen Eltern ohn einigen Verdacht zustellen. Hierauff wahr sie willens / alle beyde ungelesen zuzerreissen; bald bedachte sie sich / es währe besser / sie den Eltern einzuhändigen; Und als ihr Valisken harte Vermahnung einfiel / daß alles in geheim solte gehalten werden /wolte ihr dieses auch nicht gefallen / damit sie ihre Fr. Schwägerin nicht erzürnete; doch muste sich Neklam abermahl rechtschaffen außschelten lassen. O du betrieglicher Fuchs / sagte sie / ist dirs so grosse Ehre /daß du mich dergestalt geäffet und hinter das Licht geführet hast? Aber / sagte sie bald darauff / vielleicht ist ihm des Brieffes Inhalt verborgen / uñ zürne unbillich auff ihn. In solchem zweiffelmuht wahr sie bey einer Viertelstunde begriffen / ehe sie sich erklären kunte / was sie tuhn wolte / biß ihr endlich der Muht wuchs / daß sie sich also anredete; vor wem fürchtestu dich mein Herz / daß du zweiffels nicht abkommen kanst? ist doch weder der Fürst selbsten noch meine Fr. Schwester gegenwärtig. Wendete damit die augen auff den Ring / und dauchte sie / nie so treflichen Stein gesehen haben / massen er nicht anders funkelte als ein klarer Stern / und doch zugleich an stat eines reinen Spiegels dienete. Ey so wil ich meiner Fr. Schwester Schreiben zu Ende lesen / sagte sie / demnach ich nicht gläuben kan / daß sie mir ichtwas unbilliches zumuhten solte; durchsahe alles mit guter bedachtsamkeit / und fand folgende Worte:
Durchleuchtigstes Fräulein / herzgeliebtes Schwesterchen; vor erst zweiffelt mir nicht / eure Liebe werde die Zuversicht zu mir tragen / daß derselben ich von ganzem Herzen wie mir selbst gewogen bin / wozu mich die gedoppelte nahe Anverwandschafft treibet / und sie daher ferner leicht schliessen kan / das ihr Glük und Wolfahrt zubefodern / ich mir äusserst werde lassen angelegen seyn. Wann dann nun der Durchleuchtigste Fürst Arbianes / GroßFürst und einiger Erbe des gewaltigen Medischen Reichs / ein Fürst von 20 Jahren / durch den blossen Anblik euer Liebe Brustbildichens (welches sie meiner Libussen geschenket) sich dermassen in ihre Schönheit verliebet hat. (Hier hielt sie ein / sich vor folgendes gar zu hart fürchtend / wagete es doch endlich / und lase weiter) daß er seine einige Lust und Freude auff die Beschauung ihres holdseligen abgemahleten Angesichtes gesetzet / und solches nicht anders als eine Göttin ehret / auch nichts mehr wünschet / als in ihrer Dienste zusterben. Als habe zu Abwendung seines äussersten Verderbens nicht umhin können / an Eure Liebe / und dero herzgeliebete Eltern zuschreiben / umb zuvernehmen / ob Euer Liebe Herr Vater und Frau Mutter in solche Heyraht gehehlen / auch sie selbst einem solchen wirdigen Fürsten ihr Herz gönnen / und in demselbe ihm die Wohnung einräumen köñen. Ich ruffe Gott zu Zeugen /dz ich nicht das allergeringste meines Eigennutzes hierunter suche / ohn was Euer Liebe Wolfahrt halber mir zustossen kan. Bitte demnach / mir unter Schwesterlicher Träue in geheim anzudeuten / ob Eure Liebe diesem herzinbrünstigen Ansuchen stat zugeben / und dem hochverliebeten Fürsten durch genehme Antwort seine bißher geführete Schwermühtigkeit zulindern sich bereden könne /wie dessen ich ungezweifelte Hoffnung trage / und sie dem gewaltigen Gott in seinem Schutz empfehlen wil /als die ich zeit meines Lebens verbleibe / Euer Liebe geträueste und ergebene Schwester
Ach ihr Götter / sagte sie bey sich selber; sol ich dann lieben / ehe ich unterrichtet bin / was lieben heisse? Libussa / Libussa! ich hätte mich dessen zu euch nicht versehen / daß ihr mit meinem unachtsamen Bildniß mir so grossen Kummer machen würdet. Jezt gedachte sie auff den andern Brief / aus welchem sie den Ring genommen / und sagte: Ey lieber / wer muß doch dieses geschrieben haben? Etwa mein herzallerliebster Herr Bruder / Herkules; oder mein geliebter Oheim und Bruder König Ladisla? deren einer mir ohn zweifel den köstlichen Ring wird zugeschicket haben. Dann des fremden Fürsten wegen sind mir schon so teurbare Sachen zugestellet. Sie kuckete zuunterst in den Brief / den untergezeichneten Namen zusehen / da sie diese Worte fand: Euer Durchl. unwirdigem / doch biß in den Tod bereitwilligstem Knechte Arbianes. O weh mir / sagte sie / daß dieser Brief geöffnet ist / welchen ich ja meiner Fr. Schwester unversehret hätte können zurük senden; woraus meine Jungfräuliche Zucht ihr wäre kund getahn. Aber du unbedachtsame Hand / sagete sie zu ihrer Rechten /hast mir diese Angst zugerichtet. Wie hefftig sie nun mit sich selbsten schalt / begunte doch dz auffrichtige Herz verlangen zutragen / ob er auch in seinem selbsteigenen Schreiben so verliebet währe / als Valiska ihn machete; begab sich in einen Winkel / um / sich vor sich selbst zu verbergen / und versuchete / ob ihre Schahm zugeben könte / eines Verliebeten Brief zulesen / dessen Inhalt in Lateinischer Sprache dieser wahr: Der / welcher die Vollkommenheit der trefflichsten Fräulein dieser Unterwelt anbehtet / straffet sich selbst der dumkühnen Verwägenheit / welche er durch Ansetzung seiner frevelmühtigen Feder begehet; würde auch nimmermehr so viel herzens haben / nur deren Bildniß anzuschauen / die fast höher scheinet / als daß sie unter das irdische solte gerechnet werden; wann er sich nicht gründete auff das Mitleiden / welches die volkommene Tugend allemahl mit den Unverständigen träget. Sonne der Teutschen Welt / wie hefftig brennen eure Strahlen die jenigen / die sich dürffen gelüsten lassen /mit ihren gar zu blöden Augen in dieses flamichte Licht hinein zuschauen; welches der geblendete Arbianes zwar bekennen muß / aber das wenige übrige seines fast erloschenen Gesichtes lieber zusetzen / als von diesem gar zu angenehmen Lust-Himmel abkehren wil. Verzeihet Durchleuchtigstes Fräulein Klara / eurem Knechte / (O wehe mir / sagte sie bey Verlesung ihres Nahmens / woher kommen mir Unwirdigen solche gar zu hohe Ehrenbenennungen / daß ich mich der Sonnen vergleichen lassen muß / und dem allerdunkelsten Sterne die Wage nicht halten kan; und was zeihet sich dieser grosse Fürst / daß er sich so unzimlich vor mir demühtiget? Doch lase sie diese Worte noch einmahl / umb den rechten Verstand zufassen) Verzeihet / Durchleuchtigstes Fräulein Klara eurem Knechte / welcher durch alle Liebesangst gepeiniget / und auff der Folter der hunderttausendfachen Begierden ausgedehnet / vor der grausamen Ansträngerin und Peinigerin (die Verzweifelung meynet er) seine Missetaht auszudeichten gedrungen wird / und durchaus keinen andern Richter leiden kan /als den Ausspruch Euer Durchleuchtigkeit / welche / da sie ihrer Wirdigkeit den Stab reichen wird / muß er freylich über meine Seele gebrochen werden; solte aber (O Glük!) das HochFürstliche Mitleiden sich auff den Richterstuel setzen wollen / würde mir verhoffentlich / so viel Gnade begegnen / daß einige Hoffnung annoch überbleiben könte / Euer Durch. unwirdigem / doch biß in den Tod bereitwilligstem Knechte Arbianes.
O daß dich ja kein Mensch mehr sehe / sagte sie zu dem Briefe / ich dörffte sonst meine Augen förder vor niemand auffschlagen; legte ihn wieder zusammen /und ging hin / ihn in das näheste Feur zuwerffen; aber da sie hinzu trat dauchte sie / es hätte sie jemand zurücke gezogen; ja sie meynete nicht anders / als läge ein kleines Bildichen (wie etwa dieser Fürst aussehen möchte) in der Gluht / welches mit betrübten Augen umb Hülffe ansuchete; zückete demnach / und wolte ihn in den Busem stecken / aber sie fürchtete sich /der klagende Arbianes sässe leibhafftig drinnen / und würde zugleich mit hinein fahren. O sagte sie / in was Angst bin ich! wo lasse ich doch dieses Schreiben /welches ich weder verbergen noch hinweg werffen kan? Als sie aber ihren Herr Vater von ferne daher kommen sahe / fuhr sie ohn weiteres bedenken damit zum Busem hinein / und nam sich durchaus keines Dinges an. Der GroßFürst hatte inzwischen seinem Marschalk befohlen / den Gesante gütlich zutuhn /und wahr mit seinem Gemahl hingangen / sich mit ihr zubereden / da er ihr offenbahrete / wo gestalt der Wendische Fürst vor dreyen Wochen an ihn geschrieben / und seines Sohns wegen umb eine Heyraht mit seiner Tochter angehalten; dem er zwar keine ausdrükliche Zusage / aber auch keine gar abschlägige Antwort erteilet / sondern seines lieben KindesJugend eingewand / und daß er mit seiner Fr. Schwester der Königin in Böhmen es zuvor bereden wolte. Das wil ich ja nimmermehr hoffen / antwortete sie / daß mein geliebtes Kind dem ErzRäuber zuteile werden solte; dann was höret man von Krito dem Wenden / und seinem Sohn Gotschalk anders / als daß sie zu Wasser und Lande die Wege unsicher machen / und die Kauffleute überfallen / so daß fast alle Handlung nidergeleget ist; Ich wil nit sagen / wie schändlich dieser junge Räuber sol zugerichtet seyn / daß er nicht allein am linken Arme lahm / und am rechten Beine hinkend / sondern darzu auch einäugig ist. Solches ist ihm nicht schimpflich vorzuwerffen / sagte der GroßFürst / dann er hats im Gefechte von seinen Feinden bekommen. Ja auf dem Straffenraube antwortete sie /da ihn die Kaufleute ertappet / und gebührlich abgestraffet haben; Wil demnach nimmermehr hoffen / dz mein Gemahl dergestalt unser Kind verrahten / und in die tiefste Unglükspfütze stürzen wolle / welche / ungeachtet ihrer frommen Einfalt / hierin nimmermehr gehehlen wird. Es ist noch weder ja noch nein gesprochen / sagte er; aber meynet ihr / daß der jetzige Vorschlag besser seyn werde / da wir unsere Tochter einen so fernen Weg über Meer in fremde Landschafften schicken müssen? Warumb nicht / antwortete sie; es ist besser tausend Meilen über Feld nach Ehren auszihen / als vor der Tühr in Schande leben; so wissen wir ohndas / daß wir unsere liebe Tochter nicht stets bey uns behalten können / und würde unsere Fr. Tochter Valiska uns hierzu nicht rahten / wann es uns irgend verweißlich seyn könte. Ich wil euch hierin eben so hart nicht zuwider seyn / sagte er / aber völlige Verheissung von mir zugeben / bin ich nicht willens; Ist es ihm dann Ernst / wird er auff eine ziemliche Hoffnung schon weiter anhalten; Sie ist noch jung / und etwa von 15 Jahren / auch der Freyer in dem Alter / da er billich noch nicht auff Heyraht gedenken solte; aber es ist ja leider jezt die zeit / daß Kinder freyen / wie uns dessen unser Herkules und sein Gemahl Beyspiels gnug sind. Jung gefreyet / antwortete sie / hat niemand gereuet / wann es nur wol getroffen ist; doch können sie es beyderseits noch eine zeitlang ansehen / weil weder dem jungen Herrn der Bart so bald ausfallen / noch unser Tochter das Häupt grauen wird. Auf diesen gemachten Schluß gingen sie vonander / dann es wahr schier Zeit / die Abendspeise einzunehmen; doch solte die Mutter ihrer Tochter Sinn ein wenig erforschen / welche sie zu sich fodern ließ /und zu ihr sagete: Allerliebstes Kind / wie gefallen dir die Kleinot / welche der treffliche GroßFürst aus Meden dir geschenket; ich halte gänzlich davor / er stehe in den Gedanken einer künfftigen Heyraht. Das liebe Fräulein erröhtete hierüber / und antwortete: Herzen Fr. Mutter; wie solte dieser Fürst dessen gesinnet seyn / nachdem er mich so gar nicht kennet /auch der Brauch nicht ist / daß die Fürsten aus den weitabgelegenen reichen Morgenländern ihre Gemahlen aus Teutschland hohlen; doch wie dem allen / so bin ich noch ein Kind / und habe etliche Jahr dahin /ehe ich auff solche Sachen gedenken muß. Es ist nichts neues / antwortete die Mutter / daß Fürst- und Königliche Fräulein in kindlichen Jahren / und wol in den Windeln verlobet werden / welcher Kindheit du schon entgangen bist; Wann aber dieser Fürst nach dir würde / und deine Eltern und Brüder / auch Fr. Schwester Valiska es vor gut ansähen / würdestu ja mit solchem Glük können friedlich seyn / nachdemmahl Fürstliche Fräulein nicht allemahl ihren Eltern in der nähe bleiben können. Die Tochter hörete sie wol gehen / scheuhete sich aber zubekennen / dz sie zimliche Neigung in ihrer Seele empfand / und gab zur Antwort: Sie verstünde dieses nicht / und liesse billich ihre liebe Eltern sorgen / was denen dermahleins gefallen würde / müste sie sich mit belieben lassen; doch hätte es ja keine Eile hiemit. Es möchte auch wol Eile haben / sagte sie; dann ich gebe dir in hohem Vertrauen zuwissen / daß der hinkende / lahme / einäugige / Wendische Gotschalk Anschläge auf dich machen darff. Davor behüten mich die Götter /antwortete sie / viel lieber wolte ich mich durch Räuberhände / wie meine Fr. Schwester / ans Ende der Welt schleppen / als diesem mich ehelich zuführen lassen. Der Meynung bin ich auch / antwortete die Mutter; und ist demnach am sichersten / daß du beyzeiten versprochen werdest / auf daß dieser und andere seines gleichen dich unbemühet lassen. Ich hoffe ja nicht / sagte das Fräulein / daß mich einiger Mensch wider meiner lieben Eltern Willen zum Gemahl fodern könte; so bin ich auch der Schönheit nicht / daß die jungen Fürsten sich um mich rauffen und schlagen werden / wiewol ich mich dannoch diesem Räuber Gotschalk viel zu schön und ädel schätze. Vor dem soltu nunmehr wol gesichert bleiben / sagte die Mutter / aber dem Medischen Fürsten muß billich etwas gewisses zur Antwort werden; dann aus des Abgesanten Rede erscheinet gnug / mit was Vorsaz er umgehe / welches auch Frau Valiska ausdrüklich schreibet. Hier schwieg das Fräulein stok stille / kunte kein Ja /und wolte kein Nein sagen / sondern blieb dabey / sie währe noch jung; wiewol sie endlich sich so weit heraus ließ / daß sie ihren Eltern allen Gehorsam schuldig währe. Bey der Abendmahlzeit (wobey der GroßFürst vorsezlich nicht erschien) fragete die GroßFürstin nach allerhand Begebnissen / und auff was weise Ihre Fr. Tochter von ihrem Sohn Herkules erlöset währe / biß sie auff die übergeschikten Kleinot zureden kam / da sie sagete: Es müste der Medische junge Fürst mit den ihren grosse Vertrauligkeit pflegen /daß er einem unbekanten Fräulein so köstliche Sachen überschickete. Neklam bekam alhier Gelegenheit /Fürst Arbianes zurühmen / wie ihm von der Groß-Fürstin Valiska befohlen war / zeigete an / wie freundlich und kühn er in dieser Jugend währe / daß er schon ein fliegendes Heer führete / und Leches zum Feldmarschalk hätte; seine Länder währen so groß /und mit Städten erfüllet / daß drey Fürsten sich damit zum grossen überfluß behelffen könten; und machete des rühmens / daran er gleichwol die Warheit nicht sparete / so viel / daß das Fräulein grosse Lust bekam / ihn schier zusehen / redete aber doch kein Wort darzu / sondern wuste sich zustellen / als ob sie die Sache nicht anginge; woraus die Mutter ihre Verschlagenheit wahrnam / deren sie sich zu ihr nicht versehen. Nach diesem fragete die GroßFürstin / ob ihr Sohn in den Ländern wegen seines neuen Glaubens angefochten würde / weil man vor gewiß sagete /es währe derselbe also beschaffen / daß er keine andere Götter neben sich leiden könte; welches Neklam beantwortete: Ihre GroßFürstliche Durchl. möchte wol versichert gläuben / daß der teure Fürst Herkules wegen seiner Gottesfurcht und Frömmigkeit dermassen von hohen und nidrigen gerühmet und geliebet würde / als einiger Mensch in der Welt. Von seinem Glauben wüste er keinen Bericht zugeben / aber einmahl währe gewiß / daß seine Glaubensgenossen anjezt hin und wieder geduldet würden / da man sie vorhin auffs äusserste verfolget hätte. Es fünde sich ein ansehnlicher alter Lehrer bey ihm / den er als einen Vater ehrete / und neben anderen Christen sich von ihm täglich unterrichten liesse; und hätte er mit Augen angesehen / daß derselbe GroßFürsten Herkules und das Königliche Fräulein (die man billich das Weltwunder nennete) nach Christlicher Art zusammen gegeben und vertrauet hätte. Es währe unleugbar / daß GroßFürst Herkules dieser Lehre festiglich anhinge /und ob gleich König Ladisla lange nit hätte können darzu gebracht werden / währe er doch anjezt fast eiferiger als Herkules selbst; die GroßFürstin Valiska aber freuete sich über nichts in der ganzen Welt so hoch / als daß sie zu dieses Glaubens Erkäntniß kommen; und hätte er angehöret / daß sie mit sonderliche Eifer gesprochen: Sie wolte sich ehe tausendmahl schinden / und hundert tausendmahl braten lassen als diesen ihren jetzigen Gott verleugnen / oder neben denselben einen andern Gott ehren / weil in höchster Warheit kein ander wahrer Gott währe / als bloß dieser nur allein / welcher Himmel / Erde / Meer / und alles was drinnen ist / durch seine Almacht erschaffen habe / und es in seinem Wesen erhalte; Was man aber von andern Göttern vorbringe / sey nichts als Menschengeticht und teuflische Lügen / dadurch die Menschen von der Seligkeit abgeführet / und in das ewige Verderben gestürzet werden. Ihr singen / damit sie Gott loben / fuhr Neklam fort / dringet durch Mark und Bein / dem der es anhöret / und wann sie behten /sehen sie als Engel Gottes aus / dann es scheinet / ob habe die Seele des Leibes vergessen / und steige hinauff durch die Wolken / mit GottSprache zuhalten. Ich vor mein Häupt schreibe ihnen alle ihre Glükseligkeit wegen dieses Glaubens zu / dañ es däucht mich unmöglich seyn / daß andere Leute ihnen im unsträflichen Wandel es nachtuhn können. Kein unnützes Wort gehet aus ihrem Munde; Unzucht / Mord /Dieberey / Fressen / Sauffen / Verleumdung / und dergleichen Laster darff vor ihnen nicht auffblicken / und wer ihr Diener seyn wil / muß der Mißhandelungen sich allerdinge enthalten. Mich verlanget / daß ich bald wieder bey ihnen anlangen möge / damit ich diesen köstlichen Glauben / welchen sie den Seligmachenden nennen auch sasse; dann ob sie gleich niemand / auch ihre Diener nicht / darzu nöhtigen / so nehmen sie doch ohn Unterscheid einen jeden an / der es nur begehret / mit der Verwarnung / man müsse nicht wähnen / ob wolte man bey diesem Glauben gute Tage in der Welt haben / sondern vielmehr müsse man sich schicken / ein Unglük über das ander anzunehmen / weil ihr Gott den Glauben und die Frömmigkeit nicht in diesem Lebe / sondern in dem zukünfftigen ewigen / mit unaussprechlicher Freude /Wollust und Herligkeit ersetzen wolle. O das muß wol ein mächtiger Gott seyn / sagte das Fräulein /welcher meiner Fr. Wasen und Schwester eine solche Kraft ins Herz drücken kan / daß weder durch Tod noch Pein sie sich von ihm gedenket scheiden zulassen. Sage dieses nit / mein Kind / antwortete ihre Fr. Mutter / daß es dein Herr Vater höre / sonst würdestu seiner Gnade wenig übrig behalten; viel weniger rede es / wann Pfaffen zugegen sind / dann sie würden dir ohn zweifel ein schlimmes Bad zurichten. Solten sie an meinem lieben Herr Bruder ihren Muht noch nicht gnug gekühlet haben? sagte das Fräulein; jedoch / wer weiß / wie ers ihnen dereins wieder eintränket / wañ er / geliebts Gott / frisch und gesund seinen eigene Grund und Bodem wieder betreten wird; einmahl ist gewiß / daß der Herr Abgesanter mir nicht geringen Lust gemacht / diesen seinen herlichen Gott anzunehmen. Mit solchen Gesprächen brachten sie den Abend zu / biß die Zeit der Ruhe kam / da Neklam sich zu dem Fräulein machete / und sehr inständig anhielt /ihr Antwort-Schreiben frühzeitig auffzusetzen / auch eben dasselbe bey ihren Eltern zu befodern / weil ihre Reise sehr eilig währe. Sie erboht sich / bey den Eltern solches zubestellen / ihre Antwort aber würde verhoffentlich wol mündlich können verrichtet werden. Nach Ihrer Gn. Willen / sagte er; aber das habe ich wol verstanden / daß meine Gnädigste GroßFürstin von Ihrer Durchl. gar unfehlbar der schrifftliche Antwort gewärtig ist; massen / da von derselben ich hinweg ritte / sie mir nachrief: Eriñert meine Frl. Schwester meines begehrens / daß sie mir / was wegen ihres Bruders meines Gemahls / ich an sie gelangen lassen / schrifftliche Antwort / und diese unter eigener Hand / zusende / dafern sie mich vor eine Schwester erkennet. Das ist eine hohe Erinnerung /antwortete sie / nach welcher ich mich billich richten /und meinen begierigen Gehorsam sehen lassen muß; stund auch des morgens früh auff / und schrieb folgende Antwort / auff welche sie diese Nacht über sich fleissig bedacht hatte:
Großmächtige Durchleuchtigste GroßFürstin / gnädige Frau Wase / Schwägerin und Schwester; Euer Liebe Schreiben ist mir von Rükbringern dieses wol eingehändiget; weil aber durch Lesung / wenig unvermuhtlicher Zeilen (deren Inhalts ich keinen Verstand habe) in gar zu grosse Scham gestürzet / ich das Herz nicht ergreiffen können / es ganz durchzulesen / vielweniger / das andere aus kindischer Unvorsichtigkeit erbrochene / weiter zu öfnen / die Kühnheit gehabt / ohn daß ein köstlicher Ring daraus gefallen / welchen ohn zweifel mein Herr Bruder Herkules mir geschenket; als gelebe ich der tröstlichen Zuversicht / Eure Liebe werden mir freundlichst verzeihen / das zu fernerer Antwort ich nicht gehorsame. Dem GroßFürstlichen Herrn Arbianes bitte ich / vor übergeschikte unverdienete Kleinot höchlich zudanken welches zuverrichten ich unvergessen seyn müste / wann dessen Liebde Angesicht dermahleins zusehen sich zutragen würde; Und wie ich nicht zweifele / Eure Liebe mir von herzen zugetahn seyn / also ist mein einiges Ansuchen /in solcher Gewogenheit unverrükt zuverharren; Dagegen ich mich erbiete / Zeit meines Lebens zu seyn und bleiben / Euer Liebe gehorsamste und auffwärtigste Dienerin
Dieses falzete sie artig zusammen / vermachte es mit einem durchzogenen Goldfadem / und versiegelte es mit festem Lak / stellete es Neklam in geheim zu /und befahl ihm / niemand / als der GroßFürstin selbst es einzuliefern. Es wahr schon des vorigen Abends ein Römischer Abgesandter von Köln ankommen /mit Bericht / Herr Julius Lupus / Käyserl. Stadthalter daselbst / hätte sich nach dem benanten Orte schon hinbegeben / und würde der Groß-Fürst nicht seumen / sich einzustellen / damit die schwebende Streitigkeiten in güte möchten beygelegt und verglichen werden. Aus diesen Ursachen hatte er sich gestriges Abends bey der Mahlzeit nicht finden lassen / sondern mit den vornehmsten verschriebenen Ständen seines Landes sich beredet / auff was masse / und wie weit man sich in Handelung mit den Römern einlassen wolte. Er brach diesen Morgen mit dem Tages-Liechte auff /und befahl seinem Gemahl das Antwort-Schreiben auffzusetzen / und seiner Nicht-Antwort Ursach zu melden. Neklam aber muste mit seiner Geselschaft das Früstük mit der Groß-Fürstin und dem Fräulein einnehmen / da die Mutter ihre Tochter fragete; was sie dem Medischen Fürsten zur Vergeltung schicken wolte; worauff sie antwortete; Ihr als einem Fräulein würde nicht anstehen / jungen / und zwar fremden Herren einige Verehrung überzumachen / hoffete / die Abgesandten würden die Mühe über sich nehmen /und jhre freundliche Dancksagung an gebührenden Orten verrichten; dessen Neklam / welcher den Brief schon von ihr empfangen / sich untertähnigst anerboht / und doch dabey meldete / wie angenehm seiner Gn. GroßFürstin ihrer Frl. Schwester eigenhändige Antwort seyn würde. Die Mutter antwortete / Sie wolte nicht allein vor sich schreiben / sondern dir wil gebühren / sagte sie zu dem Fräulein / daß du deiner Frau Schwester und Wasen die schuldige Ehr durch einen Brief erzeigest / in welchem du nähst gebührlicher Dancksagung wegen des überschikten / dich deroselben zu allem Gehorsam anerbieten / und das vor sechs Wochen dir von mir geschenkete Halsketchen jhr zusenden solt / mit Bitte / daß sie es in deinem Nahmen dem Medischen jungen GroßFürsten / als ein Zeichen gebührlicher Ehrerbietung und Dankes / einhändigen wolle. Dieses Ketchen war nun sehr zierlich gemacht / an welchem 28. Demant als Glöcklein hingen / und zu unterst ihr in Gold abgegossenes Brustbildichen / ganz eigen getroffen / und mit ähnlichen Farben gemahlet / an welchem ein grosser Rubin hing / in dem ein Stern gestochen wahr; die Umschrifft hieß: Klara / Frl. aus Teutschland. Sie erröhtete ganz über ihrer Fr. Mutter Rede / und wahr ihr leid / daß sie den ersten Brief schon von sich gegeben hatte / hoffete ihn doch wieder zu bekomen / und als ein gehorsames Kind / taht sie nach ihrer Fr. Mutter Befehl / da ihr dann recht liebe wahr / daß sie dem jungen Fürsten einiges Zeichen der Gewogenheit senden solte / weil sie in ihrem keuschen Herzen befand / daß die Furcht und Abscheu wegen des Wendischen Freiers die Liebe zu dem Medischen alle Stunden vermehrete; dessen sie sich in ihrem Schreiben gerne unter verdecketen Worten hätte vernehmen lassen / wann sie der Mutter Augen / die es zuvor lesen wolte / nicht gescheuet hätte; daher sie es dieser gestalt abfassete:
Durchleuchtigste GroßFürstin / Gn. Fr. Wase / Schwägerin und Schwester; wegen angebohtener grosser unverdieneter Hulde / auch übergeschikten Kleinoten von dem Durchl. Medischen GroßFürsten / Herrn Arbianes / bedanke mich untertähnig und freundligst; und auff außdrüklichen Befehl meiner Gn. Fr. Mutter übersende dessen Liebde zur anzeige eines dankwilligen Gemühts / beygefügtes Halßkatchen / unter der Hoffnung / hochgedachter Fürst werde das geringe aus gutem Herzen herrührend /von meiner Fr. Schwester Hand / meinetwegen anzunehmen sich nicht wegern; Uns hiemit allerseits dem Schuz des Himmels empfelend / bin und verbleibe euer Liebe gehorsamste und ergebene Dienerin
Die Mutter erinnerte sie bey der Verlesung / es hätte wol etwas zierlicher und außführlicher können gestellet werden / doch würde die eilfärtigkeit sie entschuldigen; vermachte das Ketchen in einem güldenen Schächtelchen / und gab dadurch dem Fräulein Gelegenheit mit Neklam zu reden / welchen sie ersuchete /ihr das vorige Schreiben wieder zuzustellen / weil an dem jezt auffgesetzeten es gnug seyn könte. Er aber gab demühtig zur Antwort: Nachdem von ihrer Gn. er bereit einen ernstlichen befehl erhalten solches niemand / als ihrer Fr. Schwester einzulieffern / hoffete er untertähnigst / es wurde dabey sein verbleiben haben / weil er mit zehn als einem Schreiben viel angenehmer seyn würde. Dessen das Fräulein lachete /und es geschehen ließ. Als die Mutter wieder kam /stellete sie Neklam alles zu / schenkete ihm und Ruprecht jedem eine güldene Kette dem Dolmetscher aber 150 Kronen zur Verehrung zu / nebest 800 Kronen zum Zehrgelde ingesamt auf den Rükweg / da sie dann nicht auffhöreten zu eilen / unter der Hoffnung in Persenland schier wieder anzulangen.
Fürst Baldrich / Herkules einiger Bruder / der nunmehr von 19 Jahren / wahr nicht einheimisch / dann sein Herr Vater hatte ihn mit 20000 Mann seinem Schwager dem Könige in Schweden / wieder die Reussen zu hülffe gesand / woselbst er die erste bewehrung seiner Ritterschafft ablegen solte. Dazumahl herschete in Schweden König Haron / König Ragwalds Enkel / König Amunds Sohn / dessen Sohn Fürst Siegward / ein Herr von 21 Jahren / mit nicht geringerer Liebe an Baldrichen hing / als Ladisla an Herkules / hatten sich auch vereiniget / nach geendigtem Kriege der Ritterschafft / wie ihr Bruder uñ Oheim / nach zusetzen / daher sie König Haron embsig bahten / mit der ganzen Macht auff den Feind loßzugehen / auff daß man den gewünscheten Frieden desto schleuniger wiederbringen könte; welches sie auch erhielten / und durch eine herbe Feldschlacht den Sieg erstritten / daß die Reussen gezwungen wurden /den Frieden mit schweren bedingungen einzugehen; worauff Baldrich und Siegward von dem Könige abscheid nahmen / vorgebend / nach Teutschland zu reisen; setzeten sich mit zwölff ädlen Rittern / teils Teutschen / teils Gothen zu Schiffe / und fuhren zu Lande / wo jezt die Stad Wißmar belegen / ritten auch mit ihrer Geselschafft durch Teutschland des nähesten auff Italien zu / da ihnen unterschiedliche Abenteur zustiessen / wodurch sie sich doch nicht auffhalten liessen. Unter andern traff an den Italiänischen Grenzen eine Pannonische Schaar von 20 Reutern auff sie /mit welchen sie ein herbes Treffen hielten / daß sie fast allemiteinander verwundet wurden / und doch keiner das Leben zusetzete / da hingegen ihre Feinde biß auff acht / ins Graß bissen / und diese durch die Flucht ihr Leben retteten. Den unsern kam es zu statten / daß sie eine ansehnliche Baarschaft und viel Kleinot bey den Erschlagenen funden / auch deren Pferde mit sich fortnahmen / weil sie stark und wol abgerichtet wahren.
Herkules und seine Geselschaft spareten ihren Weg auch nicht / biß sie die Stad Damaskus erreicheten /da Fabius mit 20 Römern voraus setzete / dem Stathalter / seinem nahen Anverwanten / Herrn Sulpitius ihre Gegenwart zu melden / welcher sich deren Ankunft hoch erfreuete / und ihnen auff eine Viertelmeile entgegen zog. Herkules kennete ihn von ferne / eilete auf ihn zu / und bedankete sich der vormahls erzeigete Ehre uñ Freundschaft / hätte zwar seine Rükreise etwas richtiger nehmen können / aber sein Versprechen zu halten / ihn wiederumb besuchen wollen. Sulpitius hieß ihn freundlich wilkommen / verwunderte sich des Königlichen Prachtes / der vielen Wagen /und köstlichen Pferde / und da die GroßFürstin mit dem Frauenzimmer ihm zu ehren von dem Elefanten flieg / entsetzete er sich fast über ihrem herlichen ansehen / und volkommener Schönheit / erzeigete sich ganz höflich gegen sie / und geleitete sie biß an ihre Gutsche / auff welche sie sich setzete / und ingesamt den Einzug in die Stad hielten / woselbst schon das Geschrey aus des Stathalters Hofe erschollen wahr /was vor grosse Fürsten verhanden währen / daher die Gassen allenthalben vol Menschen wahren / daß man kaum zwischen her kommen kunte. Sie wurden von dem Stathalter Fürstlich bewirtet / der sie / ungeachtet alles einwendens / des andern Tages noch nicht zihen lassen wolte; Herkules ließ den Bischoff daselbst /mit dem er auff der Hinreise Kundschafft gemacht / zu sich fodern / ihm und seinen Leuten eine Predigt über den 9 und 10 vers des 32 Cap. des ersten Buchs Mose zu halten / welche Fabius mit anhörete / der bißher des Christlichen Glauben sich wenig angenommen /wiewol ihm Ladisla schon offenbahret hatte / daß sein Gemahl Fr. Sophia / so bald sie seiner Bekehrung von Leches verständiget / sich zum Christlichen Glauben begeben / und durch ihre Frau Mutter auffs höchste erfreuet hätte; In dieser Predigt aber begunte der heilige Geist in ihm zu wirken / welches Herkules merkend / bey dem Bischoff anhielt / auff den Mittag eine Rede zum Beweißtuhm der Warheit unsers Christlichen Glaubens zu tuhn; welches er gerne bewilligte /und anfangs aus weltkündigen und vernunftmässigen Ursachen behäuptete / daß nohtwendig ein GOtt seyn müste / nach dem ja kein Mensch sagen dürffte / das dieses grosse Weltgebau keinen Auffseher hätte / sondern seine zierliche Ordnung und unwandelbahre Abwechselung der Zeiten / von einer unendlichen Almacht herfliessen und erhalten werden müste; dann daß etliche vorgäben / die innerliche Kraft dieser Welt währe GOtt / solches könte mit der gesunden Vernunft nicht zustimmen / weil mann offt solche Begebnissen sähe / welche von dieser innerlichen Kraft nicht herrühreten / sondern derselben ganz entgegen lieffen / oder doch anzeigeten / daß dieselbe mit deren Art / zeugung / und fortsetzung gar nichts zu schaffen hätte; bliebe also dieses fest das ein solches Almächtiges Wesen seyn müste / welches der Welt Herr und Erhalter währe. Hernach bewehrete er unser Seelen unsterbligkeit / und daß nach diesem zeitlichen Leben nohtwendig ein ander folgen müste / nachdem ja alhie die Gottlosen gemeiniglich das beste Glük hätten /und hingegen die frommen mannichem Elende unterworffen währen / welches die Gerechtigkeit Gottes nicht würde nachgeben können / dafern nicht inkünftig eine andere Zeit oder Ewigkeit verhanden währe /da die Bösen ihre gebührliche Straffe / die frommen aber / so nach Gottes Willen einhergingen / die Belohnung empfahen solten. Hierauff führete er starcken Beweißtuhm / daß Gott inbetrachtung seiner Güte /sich des Menschlichen Geschlechts / als seines allerädlesten leiblichen Geschöpffes nicht entschlagen könte / sondern stete Sorge vor ihnen trüge / weil er ja der allergeringsten Dinge sich annähme / daß sie müsten erhalten werden / und keine Art der Tihre unterginge. Sorgete nun GOtt vor die Menschen / wie nicht anders seyn könte / so würde er ja vor ihren ädlesten Teil / welches die Seele währe / nit weniger / als vor ihren Leib sorgen / insonderheit / weil diese unsterblich / und nach diesem Leben ungetödtet bliebe. Als er diesen festen unbewäglichen Grund gelegt hatte /fuhr er fort / uñ erzwang daher / Gott müste dem Menschen nohtwendig geoffenbahret haben / durch was mittel / und auff was Weise er in der Gnade Gottes verbleiben / und nach diesem zeitlichen Leben die Wolfahrt seiner Seele erlangen könte. Nun solte man alle Heidnische Bücher durchsuchen / da würde man vergebliche Arbeit anlegen / und hievon ausser etlichen wenigen eingepflanzeten Fünklein nichts gewisses antreffen / sondern mehrenteils kindische / ungöttliche / und wieder sich selbst streitende meynungen /die mit leichter mühe / auch aus der Vernunft könten wiederlegt werden. Besähe man der Heiden Gottesdienste unter dem ganzen Himmel / währen ja die närrische Possen handgreiflich / welche sie von den Göttern getichtet hätten; daß man also alle mühe vergeblich anwendete / wañ man bey ihnen nachfragete / wie der ewigen Seligkeit nachzustreben währe. Kehrete man sich aber zu dem Judichen Volk / so fünde sich vor erst diese Gewißheit / daß ihre Bücher die allerältesten / und ihre Schrifften den Heidnischen weit vorgingen / so daß Moses vor dem Castor, Æsculapius, Bacchus, Mercurius, Apollo, und vielen andern / die man nachgehends vor Götter außruffen dürffen / gelebet. In dieses Mose Büchern aber währe der Christliche Glaube fest gegründet / dann es hätte Mose von dem HErrn Christus geweissaget / anderhalb tausend Jahr zuvor / ehe er an diese Welt als ein Mensch gebohren worden. Also schloß nun dieser Lehrer / daß entweder der Judische heutige / oder aber der Christliche Glaube der Seligmachende seyn müste / oder es währe gar kein wahrer Glaube in der Welt. Nun währe aber dieses lezte vor unmöglich erwiesen / und könte gleichfals den Juden leicht dargelegt werden /daß ob sie zwar die Schrifften Mose uñ der Propheten annoch hätten / so mangelte ihnen doch der rechte Verstand / weil sie den darin versprochenen Heyland nicht erkeñen noch des Geistes deutung annehmen wolten / sondern alles auff das Irdische außlegeten /und ihnen eine weltliche Glükseligkeit traumen liessen / die ihnen nun und nimmermehr wiederfahren würde / angesehen / sie den gerechten Zorn Gottes durch hinrichtung des ihnen zugeschikten Heylands /sich über den Hals gezogen hätten / daß sie nunmehr kein geliebtes außerwähltes / sondern verstossenes Volk währen; müste demnach endlich nohtwendig folgen / daß die Christliche Lehre die wahre und Seligmachende währe. Nach diesem außführlichen Beweißtuhm erklärete er des Christlichen Glaubens heilige Volkommenheit / als welche überaus nichts ungöttliches in sich begriffe / viel weniger billichte /sondern die Menschen nur auff Gottes und des nähesten Liebe hinführete / auch wie man im Kreuz und Leiden geduldig seyn / und der von Gott gesetzeten Obrigkeit Gehorsam leisten müste / in alle dem / was nicht wieder Gottes Ehre und der Erbarkeit fleissige bewahrung stritte. Schließlich führete er des Menschen dreyschiedlichen Stand ein / wie er nehmlich anfangs von Gott gerecht / volkommen und heilig erschaffen / aber bald darauff durch den leidigen Satan verführet / sich und alle seine Nachkommen des treflichen Ebenbildes Gottes in geistlichen Sachen allerdinge beraubet / und ins zeitliche und ewige Verderben gestürzet / Gott aber sich ihrer wieder erbarmet /und seinen Sohn vor sie in den Tod dahin gegeben /auff das durch dessen Leiden und büssung die Gerechtigkeit Gottes vergnüget / und seiner Barmherzigkeit der freie Lauff geöffnet würde / deren alle diese zugeniessen hätten / die sich auff das verdienst des Sohns Gottes verlassend / in allen Christlichen Tugenden sich übeten / und da sie durch fleisches schwachheit in eine oder andere Sünde gerieten / sich bald wieder erhohleten / und durch wahre Busse zu Gott umbkehreten. Hiemit wolte der Christliche Lehrer seine Rede schliessen; aber Ladisla / welcher ihm den Beweißtuhm / daß die Christliche Lehre allein die wahre seligmachende Lehr währe / sehr wol gefallen ließ / hielt bey ihm freundlich an / er möchte ihm und anderen Anwesenden Christen zum besten / noch diesen Knoten aufflösen / und sie ingesamt unterrichten /wodurch man eigentlich und unstreitig behäupten könte / daß dieselben Christen allein die wahre Kirche Gottes währen / und die rechtgläubigen / die also lehreten und gläubeten / wie die Christen zu Rom / zu Padua / zu Korinth / zu Damaskus / und andere / so sich zu ihres Glaubens einigkeit bekenneten; hingegen aber dieselben den unrechten und falschen Glauben hätten / welche nicht mit ihnen übereinstimeten / sondern in vielen oder doch etlichen Stücken eine andere Meynung behäupteten. Der Lehrer lobete an Ladisla /daß er so gefliessen währe / den festen Grund der Warheit zuerkennen / und das Zeichen / durch welches alle Ketzer und falsche Lehrer sich selbst verrieten / daß sie irreten / und eine nichtige Lehre führeten; und fing darauff an diesen unterricht vorzutragen: Es ist wol zubeklagen / daß der abgesagte Feind der Warheit der leidige Teuffel / so grosse Macht und Gewalt hat / daß er auch in der Kirchen Gottes sich darffinden lassen / das schädliche Unkraut der verdamlichen Lehre daselbst außzustreuen; wiewol auch durch solches schädliche übel unser Gott etwas gutes wirket / nehmlich / daß die rechtschaffene Christen offenbaht werden / in dem sie solchen Irtuhmen sich eiferig wiedersetzen / und die reine Warheit zubehäupten / alle mögligkeit anwenden. Ich wil hieselbst nicht anführen / was gestalt die Phariseer und Sadduzeer unserm Heylande und dem Worte Gottes haben wiedersprechen dürffen; sondern meinem jetzigen Zuhörern und ihrem Christlichen begehren zufolge / nach vermögen einfältig melden / daß bald nach unsers lieben Erlösers Himmelfahrt / die falschen Brüder sich haben hervorgetahn / und ihre menschlichen Getichte unter dem Nahmen der Christlichen Lehre / hin und wieder außgebreitet / wodurch manniche gläubige Seele ist geärgert und in zweiffel und Irtuhm gestürzet worden. Halte auch gänzlich davor / es sey die obangeführte Frage mit bloß zu dem Ende zubeantworten aufferlegt / umb den eigentlichen Grund darzustellen / auff welchen ein gläubiger Mensch sicher bauen und trauen mag / so daß er kräftig bewehret sey und bleibe / die Lehre / welche er hat angenommen / sey die rechte auffrichtige und unbetriegliche Warheit. Dieses fest zustellen / müssen wir uns versichern / daß die Apostel und Jünger des HErrn den Menschen alle dieselbe Lehre haben vorgetragen und mitgeteilet / welche ihnen zur Seeligkeit zu wissen nöhtig ist / und Gott nach dieser ersten Lehrer abscheid / uns keine neue offenbahrungen wiederfahren lassen wolle / solche glaubens Stücke uns beyzubringen / von denen obgedachte Jünger des HErrn nichts geschrieben noch gelehret haben; wie solches der heilige Märterer Irenæus / des heiligen Polycarpus Schüeler in seinem vierdten Buche wieder die Ketzereien bestetiget / da er diese Worte führet: Der Jünger des HErrn ihre Lehre / welche biß auff uns gekommen / vor allen menschlichen Getichten behütet / und in der ganz vollen Abhandelung der Heilgen Schrifft verfasset ist / kan durchaus nicht leiden / daß man etwz hinzu tuhe oder davon nehme. Woraus dann dieses folget / daß alles / was ein Stük des wahren Christlichen Glaubens seyn sol /müsse richtig und klar erwiesen werden / daß es von des HErrn Jüngern gelehret sey. Welchem nach die reinen Lehrer aller ihrer Lehre Beweißtuhm aus der H. Schrifft Altes und Neuen Bundes nehmen / und dasselbe alles verwerffen / was darinnen nicht zufinden ist. Und zwar nicht allein dieses halten wir vor falsch / was gerade wider das Wort Gottes streitet /sondern auch / was ausser demselben Worte Gottes wil vorgebracht und ertichtet werden / als zur Seligkeit nöhtig. Nun findet sich aber insgemein dieses beydes bey den Ketzern und falschen Lehrern / daß sie neue GlaubensStücke schmieden / und daß sie der uhralten Lehre widersprechen. Wiewol sie dieses lezten nicht gerne sich wollen lassen beschuldigen / weil dadurch ihres Vorbringens Richtigkeit auffgedecket wird. Aber gleich wie der Wolff sich nicht verbergen kan / ob er gleich einen Schafspeltz anleget; noch die Schlange / ob sie gleich den Kopff unterm Steine verstecket; also verräht sich ein jeder Ketzer und falscher Lehrer durch sein Vorbringen / wie scheinbar er gleich seinen Irtuhm vorbringen mag; welches wir bald finden / wann wir ihn nur nach und aus dem Worte Gottes richten. Weil aber einem einfältigen Christen es nicht gegeben ist / daß er die Geister allemahl solte prüfen können / ob sie aus Gott sind; so haben zu deren Unterweisung ein und ander Lehrer /des Christlichen Glaubens nöhtige Stücke in kurze Auszüge verfasset / welche die Einfältigen mit leichter Mühe begreiffen / und sich deren als einer Richtschnuhr der Lehre gebrauchen / daß wann ihnen etwas neues vorgetragen wird / sie alsbald zumutmassen haben / es müsse solches zuvor wol überlegt werden / ehemans añimt. Und dieses ist das beste Mittel /wodurch die Unwissenden vor Ketzereyen und falsche Lehren können bewahret werden. Ladisla fragete weiter; ob dann die Ketzereyen und falschen Lehren unter den Christen so mannigfaltig währen. Welches der Lehrer beantwortete: Es wehren schon unterschiedliche Arten der Ketzereyen / und liesse sich ansehen /der listige Menschenfeind wurde nicht ruhen / deren je länger je mehr auszuhecken. Der erste Ketzer zeit des Neuen Bundes / sagte er / von welchem die andern alle als aus der allergifftigsten Wurzel scheinen entsprungen seyn / wahr Simon der ErzZäuberer / seines Herkommens ein Samariter / dessen in den Geschichten der Apostel / von Lucas auffgezeichnet / Meldung getahn wird / welcher auch endlich den Lohn der Boßheit empfing / als die beyden teuren Knechte Gottes / der Heilige Peter und Paul ihn zu Rom vor aller Welt zuschanden macheten; massen als derselbe vorgab / er wolte sichtbarer weise gen Himmel fahren /da behteten diese zu ihrem Gott und Heylande / welcher diesen ErzKetzer aus der Lufft herunter stürzete /daß er an seinen Gliedmassen zerschmettert ward. Dieser verwägene Bube durffte sich selbst vor den wahren Gott / ja vor Vater / Sohn / und Heiligen Geist zugleich ausgeben / und sein unzüchtiges Weib die Selenen oder Helenen vor eine Mutter aller Geschöpffe / von welcher auch die Engel gemacht währen / von denen nachgehends diese Welt erschaffen worden. Er versprach allen das ewige Leben / die an ihn und sein Weib würden gläuben / uñ gab ihnen Freyheit / nach allem Muhtwillen zuleben / welches ihnen an der Seligkeit durchaus nicht solte schädlich /sondern vielmehr befoderlich seyn. Nach seinem erschreklichen Tode warff sein Landsman der schnöde Menander sich vor das Haupt dieser schändlichen Rotte auff / und wahr ja so ein grosser Zäuberer / als sein Lehrmeister Simon. Wenig Zeit nach diesem Leutebescheisser entstunden die unflätigen Nicolaiten / deren in Johannes heimlicher Offenbahrung gedacht wird. Diese durfften sich auch vor Christen ausgeben / und waren doch ein abgeschäumeter Unflaht aller unverschämten Buben / weil sie allerhand Schande und Unstäterey betrieben / und ihre Weiber unter sich gemein hatten. Aus dieser frechen Geselschafft entstunden die alten Gnostici oder die Wissende und Erleuchtete genennet / welche in den Fleisches unzimlichen Werken noch mehr ersoffen wahren als die vorigen; dann sie gaben vor / daß durch solche Schandenbetreibung man eigentlich zur Seligkeit gelangete. Und damit auch diese möchten die reine Lehre von unserm Heylande zerrütten / gaben sie vor / derselbe währe nicht von Marien der Heilig hochgelobeten Jungfrauen gezeuget / sondern sie hätte denselben uns nur gezeiget oder gewiesen; es hätte derselbe auch nicht die wahre Menscheit angenommen / sondern nur eine Gestalt / derselben ähnlich. Der Nazareer / wie auch des Korinthus und Ebions Ketzerey trat auff die Bahn / ohn gefehr / da Jerusalem von Vespasian zerstöret ward. Diese lebeten zwar nit so gar unrein /aber die Heilige Lehre verfälscheten sie gewaltig; gaben vor / nicht Gott selbst hätte die Welt erschaffen / sondern eine andere Nebenkrafft / die nicht Gott sey. So währe auch der HErr JEsus nicht wahrer Gott /noch Gottes Sohn / sondern von Joseph und Marien gezeuget; doch währe er klüger und heiliger gewesen als andere Menschen. Ihr erster Ketzer-Meister Cerinthus tichtete; es währe JEsus von Marien gebohren /Christus aber währe in denselben JEsus komme / als er die Tauffe empfangen / und zwar in gestalt einer Taube / und durch diesen empfangenen Christ hätte JEsus Zeichen und Wunder getahn. Als nun JEsus gelitten / währe Christus wieder von ihm gewichen und gen Himmel gefloge / als welcher nicht hätte leiden können. Ebion aber hielt es in diesen Stücken nicht mit dem Cerinth / sondern gestund beydes / daß Gott selbst die Welt gemacht / und daß Jesus und Christ ein einziges Wesen oder eine Person wehre / nur steckete er in dem Irtuhm / daß derselbe nicht Gott / sondern ein blosser Mensch wehre; und eben dieses meyneten auch die Nazareer / welche nebest den beyden jeztgedachten vorgaben / es müsten die Christen so wol die Beschneidung und andere Judische Gesetz halten / als nach dem Evangelion leben. Es hat aber der Evangelist Johannes die wahre Gottheit unsers Heylandes wider diese Ketzer / in seinem Schrifften gewaltig verteidiget. Nachgehends / etwa vor hundert Jahren / ist des Simons und Menanders Schule groß worden / durch die teuflischen Ketzer / den Saturninus / Basilides und Karpokrates / welche zwar unter sich selbst nicht allerdinge einig waren / aber doch dergestalt mit einander leicheten / daß sie die Schöpfung der Welt nicht Gott selbsten / sondern den Engeln zulegten / und zugleich unsers Heylandes wahre Gottheit unverschämt leugneten; überdas auch die schändlichen Werke des Fleisches vor gut und wol zugelassen hielten / und hingegen den Heiligen Ehestand schändeten. Insonderheit enthielt sich des Saturninus Anhang alles Fleischessens / und betrogen durch solchen äusserlichen Schein viel einfältige Herzen. Diese miteinander verneuerten den ehmahls von andern gebrauchten Nahmen / und nenneten sich Gnosticos, die Erfahrnen und Hochverständigen / da sie doch von dem Satan am Verstande allerdinge verblendet wahren / daß sie das böse gut / uñ das gute böse neñeten. (Es hat der Leser von diesen Teufelskindern schon Nachricht im Andern Buche dieser Geschichte am 387 Blade.) Nach der Zeit erweckete der Satan zween schädliche Ketzer / den Valentin und Marcion. Des Valentihns Anhang gehörete mit unter die Zunfft der Gnosticorum oder vermeyneten Hochweisen / welche solche wunderliche Träume von Gott / von der WeltSchöpfung und andern Lehrstücken führen / daß sie des auszischens mehr wert sind / als Hesiodus mit seiner Götter Geburt / und Ovidius mit seinen Verwandelungen. Aus unserm Heylande machen sie weder einen GOtt noch einen Menschen / sondern einen geistlichen Leib / der vom Himmel kommen /und durch der Jungfrauen Marien Leib hindurch gelauffen sey / wie das Wasser durch eine Röhre / dessen Wesen es nicht an sich nimt; geben auch nicht zu / daß unsere Leiber die Aufferstehung von den Todten zuhoffen haben. Das menschliche Geschlecht teilen sie in dreyerley Arten aus / als die Irdische / Seelenmässige / und Geistliche. Die Irdische sollen ganz vergehen. Die Seelenmässige / da sie gutes tuhn / sollen an einem Mittelorte zur Ruhe kommen; Die Geistlichen aber (vor welche sie keine als sich selbst halten) bleiben ewig / kommen an den Ort der volkommenen Seligkeit / und werden mit den Engeln verheirahtet; Welchen Geistlichen dann frey stehe / nach allem Willen ihr Leben zuführen / so daß kein Laster / Unzucht noch Frecheit ihnen an der Seligkeit könne schädlich oder hinderlich seyn. Marcion aber nam des ehmahligen Zerdons Fantastereyen vor Warheit an; Es währen zween Götter / ein guter und böser. Der böse hette die Welt gemacht / und die GesetzesLehr gegeben / daher er das Alte Testament der Heiligen Schrifft verwarff; gab vor / der Menschen Leiber vergingen ewig. Den Ehestand verboht er / und hielt unsern Heyland vor einen solchen / der weder ein wahrer Mensch / noch jemahls gebohren / sondern nur ein Gespenst wäre / oder eine Erscheinung ohn Leib /daher er auch nicht gelitten hätte / noch leiden können. Den BruderMörder Kain / die Leute zu Sodom /und andere ungläubige Heyden preisete er vor selige; Den Abel / Enoch / Noah und andere Gottselige Altväter aber vor verdamt; Dann jene währen dem H. JEsus / da er hinunter zur Helle gestiegen / entgegen gangen / uñ hätten seiner Lehre gegläubet; Diese aber hätten ihm nicht gegläubet / daher sie in der Helle bliebe. Und ob gleich diese Ketzerey sehr ungereimt ist / und nirgends Grund hat / so findet sie doch hin und wieder Anhang / in der nähe und ferne. Bald nach diesen Schwärmern kahmen Hermogenes / Montanus und Tatianus angestiegen / und hatten ihre absonderliche falsche Lehren. Hermogenes gab vor / nicht allein Gott währe von Ewigkeit her / sondern auch das Zeug / aus welchem alle Dinge gemacht sind. Daß nun etliche Dinge böse sind / solches haben sie nicht von Gott (welches dann wahr ist) sondern von des Zeuges oder der Matery Mangel / daraus sie gemacht sind (welches falsch ist / weil ganz kein Ding seinem wesen nach böse ist). Der Montanus ist ein sehr schädlicher Ketzer gewesen uñ hat auch gelehrte Christen verführet; Seine Glaubensgenossen werden sonst Cataphryges genennet. Sich selbst hielt er vor den von unserm Heylande versprochenen Paracletum oder Vorsprach und Tröster. Zwey Weiber / die Priscilla und Maximilla hatte er bey sich / gab sie an vor sonderliche Weissagerinnern / deren Schrifften er die heiligen Bücher nennete. Den Ehestand verwarff er gar; welches auch der Tatian taht / und nam dieser grossen teils des Valentins Lehre an; Wein trinken und Fleisch essen hielt er vor eine grosse Sünde; Und hat auch dieser bey vielen unbedachtsamen Menschen Beyfall gefunden. Endlich hat vor etwa dreyssig Jahren sich ein neuer Schwärmer auffgeworffen / nahmens Praxeas / welcher gerichtet / Gott der Vater selbst währe JEsus Christ / welcher gestorben / gen Himmel gefahren / und zu seiner selbst eigenen Rechten sich gesetzet habe; Seine Glaubensgenosse werden Patropassiani genennet / weil sie / wie gesagt / vorgeben dürffen / GOtt der Vater selbst habe am Kreuz gelitten. Diese angeführete sind die vornehmsten Ketzer / welche inwendig diesen 193 Jahren nach unsers Heylandes Himelfahrt entstanden sind; und ob deren zwar mehr erzählet werden / so sind doch die übrigen der jeztgemeldeten ihre Schüler / und haben nach belieben einen Irtuhm von diesem / einen andern von jenem entlehnet und angenommen / und also vermischte Ketzereyen angerichtet. Daß ich aber nach dieser Erzählung zur Sache schreite / und die mir auffgetragene Frage aus dem Grunde beantworte /nehmlich / woher es zuerweisen sey / daß alle dieselben genanten Christen / falsche und nicht-recht-gläubige Christen sind / welche mit uns / die wir die algemeine oder Catholische Kirche sind und genennet werden / nicht übereinstimmen; so ist dieses der klare und grundfeste Beweißtuhm; weil solche Menschen /teils neue Lehre vorbringen / welche wir von den Jüngern oder Bohten des HErrn nicht empfangen haben; teils auch sich unterstehen dürffen / das Heilige uhralte Wort Gottes / in des Mose und der Propheten Schrifften verfasset / zu leugnen / auffzuheben / und eine ganz widerwertige Lehre vorzutragen / durch welche jenes Wort Gottes Lügen gestraffet und verworffen wird. Da wird nun kein verständiger / und aus Gottes Wort unterrichteter Mensch so unbedachtsam verfahren / daß er solchem blossen vorbringen der falschen Lehrer alsbald wolte Glauben beymässen / sondern da wird er nachfragen / woher er sein Vorbringen zubehaupten bedacht sey. Berufft er sich auf göttliche Offenbahrungen / so hat man ihm entgegen zustellen /daß der warhaffte Gott / welcher beständig ist in seinen Worten und Tahten / sich ja selbst nicht werde zum Lügner machen / noch seine eigene Warheit auffheben. Und wolte dann gleich ein solcher Schwärmer sich erbieten / sein Vorgeben durch Zeichen und Wunder zubestetigen / so müssen wir ihm doch nicht gläuben / sondern solche Wunder vor des Satans Werke halten / weil nicht allein unser Gott Zeit des Alten Bundes uns schon gewar schauet hat / daß wir auch den Wundertähtern nicht sollen gläuben / die wider GottesWort etwas vorbringen / sondern unser Heyland hat solche Warnung wiederhohlet / und uns angezeiget / daß viel falsche Propheten und Schwärmer werden auffstehen / und viel Zeichen und Wunder tuhn / durch des Satans Hülffe / ihre falsche Lehre damit zubekräfftigen / so daß nicht allein die einfältige sichere Herzen / sondern wol gar die auserwehlten Kinder Gottes / wanns möglich währe / dadurch möchten verführet werden. Derwegen so haben wir kein sicherer Mittel / die Geister zuprüfen / ob sie aus Gott sind / als wann wir ihre Lehre aus Gottes Wort richten / uñ zugleich nachfragen / ob dann die algemeine Kirche Gottes von Anfang her also gelehret habe; finden wir dann eines von diesen beyden nicht bey dieser Prüfung / so sollen wir getrost sagen: Teuffel du leugest / du bringest nicht die wahre Lehre GOttes / sondern deine schändliche Lügen hervor /die Menschen dadurch von Gott abzuführen / und sie durch Irtuhm ins Verderben zustürzen / derwegen so traue ich dir nicht / ob du dich gleich in einen Engel des Lichts verstellen / und von äusserlicher Scheinheiligkeit / wie die Sonne gleissen möchtest. Als nun der Lehrer hiemit seiner Rede die Endschafft gab / dankete ihm Ladisla vor solche Unterweisung / und sagte zu den anwesenden: Ich wundere mich nicht ein geringes / daß solche Rotten und Irrgeister von einigem Menschen beyfall erlangen können / da sie ihre eigene Tichtereyen vortragen / welche nohtwendig müssen Lügen seyn; Und würde ich trauen dem Hesiodus /Ovidius und andern viel ehe Glauben zustellen / als welche nicht ihre eigene Erfindungen vorbringen /sondern was sie von ihren Vorfahren gehöret haben. Dessen bin ich mit meinem Bruder eins / antwortete Valiska / möchte nur wünschen / einen solchen falschen Lehrer selbst zusprechen / umb zuvernehmen /wie er doch auff die unhintertreiblichen Gegenwürffe der Rechtgläubigen antworten wolte / deren einen einzigen umzustossen oder zweiffelhafftig zumachen ihm ja allerdinge unmöglich ist. Hernach hielt sie bey dem Lehrer freundlich an / er möchte sein jetziges vorbrigen etwas weitläufftiger auffsetzen / und ihr solches bey erster Botschafft auff Jerusalem nachschicken; Welches er dañ nit aus der acht ließ / und vor solche Mühe eine reiche Vergeltung bekam.
Fabius hatte diesem Lehrer und alle seinem Vorbringen mit sonderlichem fleisse zugehöret / worauff unsere Helden gute acht gaben / und die Hoffnung fasseten / er würde sich zum Christentuhm begeben. Dem Bischoff stellete Valiska sonsten vor dißmahl 100000 Kronen zu / unter den armen Christen in den Syrischen Städten außzuteilen. Fabius gab ihm derobehuef absonderlich / ohn der unsern wissen / 5000 Kronen / mit begehre / er möchte Gott vor ihn bitten /daß er in seinem angehenden Glauben zur Seligkeit gestärket würde; welches er ihm geträulich versprach / auch einen Catechißmus oder Glaubens-Büchlein verehrete / in welchem er fleissig lesen / und vor sich selbst Gott im Himmel anruffen solte / daß er ihn ferner erleuchtete. Herrn Sulpizius Gemahl / Fr. Justinen schenketen sie etliche kostbahre Kleinot / und begabeten alles sein Gesinde reichlich / nahmen auch den jungen Sulpizius seinen Sohn gerne mit sich in ihrer Geselschaft fort / der ein guter Ritter / seines alters von 24 Jahren wahr / und zu Rom seine versprochene Braut Frl. Benignen hatte / Herrn Klaudius Krispinus Tochter / die er besuchen wolte. Als sie nun des andern Tages nach ihrer ankunft von Damaskus hinweg zogen / und unsere Helden ingesamt mit dem Frauenzimmer auff dem Elefanten sassen / redete Ladisla seine Schwester also an; Ich erfreue mich von Herzen / daß ich den Jordan schier erreichen / und zu abwaschung meiner Sünde die heilige Tauffe empfangen werde / deßwegen ich dann gesonnen bin / mich durch wahre Busse und fasten darauff zuschicken / daß ich dieses selige Bad wirdig empfahen möge; zweifele auch nicht / die so eben dasselbe mit mir zunehmen willens sind / werden sich gleicher gestalt darzu bereiten. Valiska bedankete sich der brüderlichen Erinnerung / gab es Leches und seiner Geselschaft zuverstehen / und ordneten von dem Tage biß an ihre Tauffe eine Fasten unter sich / da sie des Tages nur einmahl gegen AbendSpeise nahmen / und dabey nichts als Wasser trunken / hielten auch täglich dreymahl Behtstunde / des morgens wañ sie auffbrachen / des Mittages wañ sie ruheten / und des Abends wann sie sich niderliessen; wobey Fabius sich immer mit finden ließ / der doch sein Vorhaben noch keinem Menschen offenbahret hatte. Wie sie an die Galileischen Grenzen kahmen / besuchten sie alle nahmhaffte örter / deren in heiliger Schrifft meldung geschihet / dañ diese hatte Valiska mit sonderlichem fleisse ausgezeichnet / und in ein Büchlein geschriebe. Erstlich besahen sie Kana / im Galileischen Lande belegen / und liessen sich das Haus zeigen / in welchem der HErr Christus Wasser hatte zu Wein gemacht. Von darab zogen sie gen Nazareth / besahen den Ort / wo der ErzEngel Gabriel der keuschen Jungfrauen Marien die fröliche Botschaft gebracht / daß sie den Heyland zur Welt gebehren solte / und zeigeten ihnen die Christen einen Brunnen / aus welchem das Kindlein JEsus seiner Mutter hatte pflegen Wasser zu hohlen / daher unsere andächtige Pilgrim Lust bekahmen / anfangs aus diesem Brunnen zu trinken / und nachgehends sich daraus zu waschen. Von dannen reiseten sie nach Kapernaum / da der HErr Christus sein meistes Wesen und Wohnung gehabt / und ward ihnen daselbst mannicher Ort gezeiget / an welchen er seine Wunderwerke verrichtet. Von dannen zogen sie über den Jordan /und besahen Chorazin; kehreten wieder zurük nach Bethsaida / und von darab nach den Bergen Tabor und Hermon / auch nach der lustigen Stad Naim / woselbst unser Heyland den Todten Jüngling im Sarge zum Leben aufferwecket hatte. Ferner reiseten sie nach Tyberias / und wieder Westwerz nach Sichem. Von Sichem nach Samaria / und endlich nach dem gewünscheten Ort Bethabara / da sie die heilige Tauffe empfangen wolten. In allen diesen Städten teilete Valiska unter den Christen so reichlich aus / daß sie damit über eine Tonne Schaz vertaht / und wo Christliche Schuelen wahren / gab sie auff 10 Jahr lang den Lehrern und Schülern reichen Unterhalt / worzu sie drey Tonnen Schaz anwendete. Fabius meldete erst zu Bethabara den unsern sein Vorhaben an / daß er von Damaskus her die Christliche Lehre zimlich gefasset hätte / auch willens währe / die heilige Tauffe anzunehmen; dessen sie höchlich erfreuet wurden / uñ Valiska ihm etliche Stunden lang die schweresten Glaubens Stücke einfältig erklärete. Herkules sendete seinen Gallus mit verstelletem Angesicht nach Jerusalem zu dem Bischoff / ließ ihn seine Ankunft vertraulich wissen / und daß etliche hohes Standes mit ihm kommen währen / die heilige Tauffe zu empfahen; möchte demnach die Mühe auff sich nehmen / und mit dem alten Lehrer / der ihn getauft hätte / auff dem geschikten Wagen hinaus kommen / daß der Stathalter dessen nicht inne würde / dem er sich zu rechter Zeit schon wolte zuerkennen geben. Der Bischoff freuete sich über Herkules ankunft / und daß ihm Gott glüklichen fortgang seines vorhabens verlihen / zog des folgenden morgens mit Gallus in aller frühe fort / uñ ward von den unsern sehr wol empfangen / denen er eine herliche erklärungs Predigt von der Einsetzung und nuzbarkeit der H. Tauffe hielt; hernach vor erst das Frauenzimmer / nachgehends die Mannesbilder verhörete / und sie dermassen gegründet befand / daß weitere unterweisung unnöhtig wahr; insonderheit verwunderte er sich des Christlichen Eifers / welchen er bey der GroßFürstin und ihrem Bruder / wie auch bey Leches spürete / vermahnete sie zur beharligkeit /und blieben fast den ganzen Tag im Gespräch vom ChristlichenGlauben / dan die unsern nahmen den Tag gar keine Speise zu sich / und die ganze Nacht über blieben sie im Gebeht. Des folgenden morgens gingen anfangs das Frauenzimmer mit dem Bischoff an den Jordan / und empfingen die heilige Tauffe /hielten ihr Danksagungsgebeht am Ufer eine Stunde lang / und wurden inzwischen Ladisla und Fabius; und nach ihnen Leches / Klodius / Markus / Neda und Prinsla; endlich Timokles und Mardus getauft. Nach verrichtetem andächtigen Gebeht / setzeten sie sich zu Tische / und hielten Mahlzeit in aller Gottesfurcht; da die GroßFürstin mit dem Bischoffe allerhand Christliche Gespräch führete / der ihr allernähest sitzen muste. Nun hatte aber Herr Pompejus die Zeitung zu Jerusalem schon bekommen / daß etliche vornehme Herrn mit einer grossen Anzahl Reuter und Wagen /auch einem sehr statlichen Elefanten zu Samarien (dann hieselbst musten ihre Leute liegen bleiben) ankommen währen / deßwegen er einen Reuter dahin schickete / um nachzufragen / was vor Leute sie währen / und von wannen sie kähmen. Herkules hatte sich dessen schon besorget / und dem jungen Sulpitius auffgetragen / was auff diesen Fall solte geantwortet werden / welcher demnach den Abgeschikten berichtete / es währen etliche vornehme Römische Herrn mit statlichen Käyserl. Geleitsbrieffen ankommen / diese Landschaft zubesehen / weil sie Christen währen /und sünden sich etliche des Herrn Stathalters nahe Anverwanten mit unter ihnen; währen ein wenig außgeritten / und würden ihren Weg (wohin / wüste er nicht) erstes Tages weiter fortsetzen. Unsere getauffete machten sich deßselben Tages wieder zurük nach Samarien / wurden dieser Nachfrage berichtet / brachen alsbald mit allen Völkern und Wagen auff nach Jerusalem / und nahmen die Nacht zu hülffe / daß sie des andern Tages früh morgens vor dem Tohr wahren / meineten auch ohn sonderbahre Nachfrage in die Stad gelassen zu werden / welches ihne doch fehlete /massen der Wachtmeister ihnen etliche entgegen lauffen ließ / und geboht / der Stad nicht zu nahen / biß ihnen solches vergönnet würde; sie aber zogen algemählig fort / einwendend / daß sie Römer / und des Stathalters Freunde währen / die ihn zubesuchen kähmen. Pompejus sendete ihnen bald darauff zehn Reuter entgegen / und ließ nachfragen / was vor Leute sie währen. Plautus wahr mit unter ihnen uñ ersahe Gallus / dessen er sich höchst erfreuete / nicht zweifelnd /Herr Herkules würde mit dabey seyn; aber Gallus redete ihn alsbald auff Medisch an / daß er sich keiner Kundschaft merken liesse / weil sein Herr unerkennet seyn wolte / biß er sich dem Stathalter selbst meldete. Diese außgeschikte bahten Herrn Fabius / (dann unsere Helden liessen sich nicht sehen) er möchte mit den seinen stille halten / biß einer hinritte / dem Stathalter seine Antwort zu melden; dann Fabius hatte gesagt /er kähme von Padua / seinen Herrn Vetter auff der Reise zu grüssen. Die unsern sahen / daß sie mit ihrem ganzen hauffen nicht würden ungemeldet eingelassen werden / daher Herkules / Ladisla und Arbianes sich in eine Gutsche; Valiska mit Libussen und Euphrosynen sich in eine andere setzeten / und Fabius mit Sulpitius / Leches und Gallus zu Rosse folgeten /denen dann der Einzug nicht gewegert ward / da ein Reuter kurz vor ihnen her ritte / uñ seinem Herrn dem Stathalter anzeigete / daß seine Verwanten / die sich durchaus nicht melden wolten / mit geringer Geselschaft seinem Hofe naheten / daher er seinem Gemahl und Tochter befahl / sich in Eile zuschmücken. Als sie noch einen zimlichen Weg von des Stathalters Wohnung wahren / stiegen sie ab / und gingen zu fusse hin. Herkules und Ladisla traten voraus / Arbianes und Fabius folgeten auff dem fusse / Leches und Gallus / welche Sulpizius begleiteten / traten hinten nach / allesamt in treflicher Kleidung nach standes Unterscheid / ohn einige Waffen / nur mit leichtem Seitengewehr. Die drey Fürsten und Fabius hatten sich auff eine Weise gekleidet / in einem glänzenden SilbernStücke mit Demanten besezt / und auff den Hüten grosse weisse Federbüsche. Kurz nach ihnen folgete GroßFürstin Valiska in gleicher Kleidung /und ihre genante Begleiteriñen hinter ihr. Das Burg-Tohr wahr verriegelt / und ehe dann es geöffnet ward /meldete sie zuvor ein Diener an / es begehreten etliche trefliche Herrn / eingelassen zu werden. Der Stathalter befahl alsbald auffzutuhn / ging ihnen entgegen / und ward im Vorplatze Herkules gewahr / dem er umb den Hals fiel / und ihn mit diesen Worten empfing: Ich rechne diesen Tag vor einen meiner glükseligsten /nachdem mein GOtt an demselben meinen hochgeliebten Herr Sohn mich frisch und gesund sehen lässet / und zwar / wie ich merke / nach glüklicher verrichtung seines vorhabens. Herkules bedankete sich der hohen Ehrerbietung / und antwortete: Ja mein hochgeliebter Herr Vater; der Almächtige Gott hat das geraubete Königl. Fräulein durch mich erlöset / und sie nur zum Gemahl bescheret / welche dort her komt / sich meinem Herr Vater als eine gehorsame Tochter darzustellen / auch grosses verlangen trägt / mit meiner Frl. Schwester Frl. Lukrezien Kundschaft zu machen. Meiner Zusage mich eriñernd habe ich auff der Rükreise nicht vorbey zihen / sondern meinem Herr Vater zusprechen sollen / da ich dann meine geliebte brüderlichen Freunde / Ladisla / Böhmischen König / Arbianes Medischen GroßFürsten / auch Herrn Fabius und Sulpizius mit mir führen wollen. Pompejus empfing dieselben nach Standes Wirdigkeit / sehr freundlich / und erzeigete Ladislaen so hohe Ehre / daß dieser sich dessen endlich beschwerete; Weil aber die GroßFürstin schon stund / und auf ihn wartete / hieß er sie sehr ehrerbietig wilkommen / und sagete: Durchleuchtigste GroßFürstin; meine schlechte Wohnung hat sich / als lange sie stehen wird / zu rühmen /daß ihre Vortreffligkeit nicht vorbey zihen / sondern bey ihrem bereitwilligsten Herberge nehmen wollen; und weil mein Gemahl und Tochter vorlängst gewünschet / Ihrer Durchl. auffzudienen / wolle dieselbe freundlichst gebehten seyn / unsere Geselschafft ihr gefallen zulassen / und mit einem bereit stehenden Willen vorlieb zu nehmen. Valiska neigete sich tieff gegen ihn bedankete sich der hohen unverdieneten Ehre / währe vor sich so kühn nicht gewesen / dem Hochmögenden Herrn Stathalter Ungelegenheit zumachen / sondern vorerst ihrem Gemahl zugehorsamen /dann auch Gelegenheit zusuchen / seiner Liebe vor die ihrem Gemahl erzeigete grosse Freundschafft zudanken / und mit dem trefflichen Fräulein schwesterliche Freund- und Kundschafft zumachen / deren hohe Tugend ihr Gemahl nicht gnug hätte rühmen können; bähte demnach sehr dienstfleissig / ihrer Kühnheit zuverzeihen / und mit überflüssiger Ehre sie hochgünstig zuverschonen. Pompejus wuste / daß die seinen verlangen trugen / die fremden Gäste zuerkennen / trat mit den Mannesbildern unter den gewölbeten Bogen /und sendete hin / sie ohn anmeldung der fremden herzufodern / denen die GroßFürstin mit ihren beyden Nachfolgerinnen entgegen trat / und jene sich wegen ihrer ausbündige Schönheit nicht gnug verwundern kunten / biß nach freundlicher umfahung Valiska also anfing. Durchl. Fr. Stathalterin / auch Hochgebohrnes vortreffliches Fräulein; meine Verwägenheit / dieselben unangemeldet zu überlauffen / habe ich durch nichts zuentschuldigen / nur daß auff die hohe Gunst ich mich verlasse / mit welcher sie meinem Gemahl Mütter- und Schwesterlich verwand und zugetahn sind / dessen kind- und brüderlichen Gruß anzumelde / ich unvergessen seyn wolte / wañ er solches nicht selbst zuverrichten willens währe. Ach Gott / antwortete das Fräulein / ist dann Eure Hocheit etwa meines höchstwerten Herrn Bruders / des Durchleuchtigsten GroßFürsten / Herrn Herkules Gemahl? welches ich daher muhtmassen muß / weil sonst keiner in der Welt sich meiner schwesterlichen Liebe rühmen kan. Valiska umfing sie mit einem inniglichen Kusse / und sagete: Eben dieser ist mein Gemahl / hochgeliebtes Fräulein / und bin ich so erböhtig als schuldig / Ihrer Liebe wegen der ihm geleisteten schwesterlichen Dienste / nach aller Mögligkeit dankbar zuseyn. Wann auch meine Hochwerte Freundinnen belieben tragen / ihren Sohn und Bruder zusprechen / sehen sie ihn dort her kommen. Das Fräulein erwartete ihrer Fr. Mutter Begleitung nicht / sondern ging ihm entgegen /und ward von ihm mit einem brüderlichen Kusse empfangen / da er zu ihr sagete: Hochwerte Frl. Schwester; wegen vertraulicher Freundschafft habe ich nicht unterlassen können / ihre Liebe zubegrüssen / und ihr mein Gemahl sehen zulassen / welche nichts höhers wünschet / als in ihre vertrauliche schwesterliche Freundschafft auffgenommen zuseyn. Ach wie angenehm / sagte sie / ist mir meines Durchl. Herrn Bruders Gesundheit und glükliches Wolergehen / möchte von herzen wünschen / daß seinem Königliche Gemahl ich der gebühr nach auffwarten könte / deren gleichen an Schönheit und anderen Volkommenheiten / ohn Zweifel in dieser Welt nicht ist. Meine Frl. Schwester / antwortete er / wird an ihr ein ergebenes Herz finden / und bitte sehr / sie wolle alle Gedanken solcher unzimlichen Demuht ablegen / dafern sie sonst mein Herz nicht betrüben wil. Sie hätte gerne geantwortet / aber wie sie berichtet ward / was vor welche die mit ihrem Vater herzunahende währen /ging sie ihnen entgegen / und empfing sie mit sonderlicher Höfligkeit / da sie gegen Ladisla sich des Wunsches gebrauchete / daß sein geliebtes Gemahl möchte zugegen seyn; Welches ihm keine schlechte Begierde nach ihr in seinem Herzen erweckete / insonderheit /weil das Fräulein ihr sehr ähnlich wahr. Inzwischen hatte Herkules sich zu der Stathalterin gemacht / von welcher er mütterlich gewilkommet ward. Valiska aber nahete sich wieder zu dem Fräulein / deren fröliche Bezeigungen ihr sehr wol gefielen / hielt manniche holdselige Unterredung mit ihr / und legten mit einander eine vertrauliche Liebe an / deren doch das Fräulein sich unwirdig schätzete / und sich zu allen dienst- und Auffwartungen erboht. Herr Pompejus ließ die Wagen auff einen grossen Plaz zusammen führen / da sie Tag und Nacht fleissig bewachet wurden; die Reit- und Wagenpferde aber auf die Dörffer verlegt / die 400 Reuter blieben in der Stad / und der Elefant ward auf die Burg geführet / da er gute Stallung fand. Es wahr allerseits grosse Freude / nicht anders / als währen Kinder und Eltern / Schwester und Brüder zusammen kommen / daß niemand wuste / mit wem er am liebsten reden wolte; welches allermeist an dem Fräulein erschien / massen sie bald mit Herkules ein Gespräch anfing / und mitten in demselben abbrechend / mit der GroßFürstin anlegete; bald ihren Oheim Fabius seines ergehens fragete. Das Mittagsmahl ward auf dem gewöhnliche Saal angerichtet /wobey Geminus der Bischoff sich einstellete / zu welchem der Stathalter sagete: Ihr habt sehr wol getahn /Ehrwürdiger Vater / daß ihr dieser Fürsten und Herren Ankunfft mir verhehlet / damit ich wegen schlechter Bewirtung mich desto besser zuentschuldigen hätte. Er merkete diesen Stich wol / gab zur Antwort /daß er zwar schuldig gewesen / Ihrer Gn. alles zeitig anzumelden; weil er aber selbst nicht gewust / was vor Herren ihn hinaus gefodert / er auch gleich jezt von Bethabara zu Hause angelanget währe / hoffete er / Ihre Gn. würden ihn wol entschuldiget halten. Es ward niemand als die Fürsten / nebest Fabius und Sulpizius an diesen Tisch gesezt / und muste Frl. Lukrezie mit Gewalt sich zwischen Herkules und Valisken setzen / der Bischoff aber blieb vornen an bey dem Stathalter. Nach geendigter Mahlzeit hätten sie die heiligen örter der Stad gerne besichtiget / aber diesen Tag kunte es ihnen nicht gegönnet werden / und wahr der Stathalter bedacht / auff den Abend einen Tanz anzustellen / welches Herkules hiemit abwendete / daß sie ingesamt willens währen / des folgenden Tages das Heilige Abendmahl zugebrauchen / uñ zugleich ein Dankfest zuhalten / daß ihr Heyland sie bißher so väterlich bewahret / und an diesen gewünschten Ort sicher gebracht hätte; welche er ihm wol gefallen ließ / und sich erboht / des wahren Leibes und Blutes des Sohns Gottes mit zugeniessen; dann er hatte mit seinem Gemahl und Tochter schon vorm halben Jahre sich täuffen lassen. Als nun solches des nähesten Tages von früh Morgens an biß auff den hohen Mittag verrichtet wahr / hielten sie das Mahl in Fröligkeit mit einander; nach dessen Endigung der Bischoff etliche mit Seitenspiel herzu foderte / die allerhand Christliche Gesänge erklingen liessen / und mit der Stimme darein sungen; da endlich Valiska die Laute foderte / etliche schöne Vorläufchen spielet / und bald darauff folgendes Lied / welches sie diese Nacht getichtet hatte darein sang:
Nun der Winter ist dahin /
Ja der Winter meiner Schmerzen /
Dem ich jezt entrissen bin /
Liegt mir nicht mehr auff dem Herzen;
Der mich vor so hart geplagt /
Und durch tieffen Schlam getrieben /
Ist / wie Artaban jezt klagt /
Hinter mir in Parthen blieben.
2
Du mein Heyland / du mein Schuz /
JEsus / hier vor mich gelitten /
Vor der Faust rein abgeschnitten;
So daß O HErr deine Gunst /
Mitten unter Unglüks wüten
Vor des frechen Tigers Brunst
Meiner gnädig wollen hüten.
3
Du mein JEsus bist mein Schild /
Der Verderben abgekehret /
O du Gottes Ebenbild /
Uber alles hochgeehret;
Was vor Dank sol deiner Macht
Ich Unwirdige doch singen?
Die mir Heil und Leben bracht /
Wie man ging / mich zuverschlingen.
4
HErr / ich trat daher ohn Licht /
Lag im finstern Todes-Grabe /
Kante deinen Namen nicht /
Den ich jezt im Herzen habe;
Darumb stieß des Unfals Wuht
Meine Seele leicht danider /
Weil ich nichts / als Fleisch und Blut
Suchte / das mir hülffe wieder.
5
Aber nun des Vaters Wort /
JEsus / sich mir offenbahret /
Hab ich einen starken Hort /
Der mir Leib und Seel bewahret /
Und der LiebeBrunst entzündet /
Daß kein Hellisches Geheur
Raum und Stelle bey mir findet.
6
O du Himmels-Gnade du!
O du Trost der schwachen Seelen!
O du hochgewünschte Ruh!
Nimmer kan es denen fehlen /
Die in deinem Schutze seyn.
Nun so hilff HErr / und vollende /
Daß ja deiner Güte Schein
Nimmermehr sich von uns wende.
7
Laß im Glauben uns bestehn /
Biß wir diesen Leib der Erden
Durch des Todes übergehn
Abzutuhn gezwungen werden /
Dann führ' unsre Seele hin
Zu der Ruhe deiner Gnaden /
Wie dein Bruder-Herz und Sinn
Uns dahin hat eingeladen.
8
O wie werd ich mich alsdann /
Höchstes Heil / an dich ergetzen!
Hier leid ich / so viel ich kan;
Dort wirstu die Pein ersetzen
Mit der Unaussprechligkeit.
JEsus / wann wird es geschehen /
In das Paradeiß sol gehen?
Alle anwesende höreten ihre geistlichen Andacht fleissig zu / und verwunderten sich über die Inbrunst /welche sie durch äusserliche Geberden scheinen ließ /daß auch die Freuden-Thränen ihnen sämtlich aus den Augen drungen / weil sie die ihren fliessen sahen; daher der Bischoff Gelegenheit nam / durch ein Christliches Gespräch sie zu stärcken / und sagte zu ihr: Durchleuchtigste Groß-Fürstin; das ist die durchdringendeste Hertzens-Freude / zu welcher wir von Gott erschaffen sind / wann wir an unserm Heylande alle unsere Seelenbelustigung haben; dann hiedurch empfinden wir auch noch in diesem Lebe den süssen Vorschmak jener unsäglichen Wollust / die unser Heyland durch sein Leiden und Tod uns in dieser Stad erworben hat. Ja Ehrwürdiger Vater / gab sie zur Antwort: Wolte GOtt / daß unser muhtwilliges Fleisch sich nur stets könte oder wolte zwingen lassen / dem irdischen abzusterben / und dem Geiste die himlische Betrachtung zugönnen; aber leider! ich empfinde mit dem teuren Apostel Paulus auch das Gesez der Sünden in meinen Gliedern / das da widerstreitet dem Gesez in meinem Gemühte / und nimt mich täglich gefangen / indem es mir bald dieses / bald jenes einwirfft / und offt mitten in der AndachtsGluht meine Gedanken mit der Angiessung des Weltwassers störet / daß sie der Betrachtung nicht gebührlich nach setzen / sondern in dem ich mein bekantes Gebeht mit den Munde spreche / der Siñ wol auff ein anders hingezogen wird / und die Zunge das ihre volführen lässet; Und wann ich mich bißweilen von dieser mir selbst widrigen Schwebung loßreisse / wil sie doch immer anhalten / und der Andacht den Lauff verhindern. Nichts neues / Durchl. GroßFürstin / nichts neues /sagete der Bischoff / sondern diß ist eben der Streit und Kampff / welchen die Gläubigen in dieser Irdischeit täglich erfahren müssen; dann wir dürffen unsern Feind nicht weit suchen / sondern tragen ihn in unserm Busem mit uns umher. Aber darüber sollen wir keinen Zweifelmuht an uns nehmen / sondern uns trösten / daß unser Alkräfftiger Verfechter JEsus / uns in diesem Kampfe nicht ohn hülffe lassen / sond'n mit seiner Gnugtuhung beyspringen wil / auff daß / wo unser schwaches Vermögen zukehret / seine Almacht gelten / und unsern Abgang reichlich ersetzen sol; fehlen wir dann bißweilen aus Fleisches Schwacheit /und sehen / daß der faule Esel nicht folgen wil / wie der Geist treibet / sondern durch Gegenwürffe des Gesichtes oder Gehörs / oder anderer Begierden abgeleitet wird / müssen wir uns doch an der Gnade Gottes genügen lassen / wann wir nur unser Gewissen rein behalten / oder da wir gestrauchelt / uns in der Zeit wieder auffrichten. Wer dann also streitet / dem wird der gerechte Richter an jenem Tage die EhrenKron nicht versagen. Aber wie schwer dieser Kampff zugehet / und wie wenig denselben recht antreten dürffen /sihet man an den Welt-ergebenen / die nicht allein den Irrungen der Andacht sich nicht entgegen setzen / sondern des unbendigen Fleischesbegierden nit eins wiederstehen wollen / weil sie nach ihrer Zärtligkeit dem Fleische nicht versagen können / was ihm sanffte tuht. Es ist wahr / antwortete die GroßFürstin / daß der ungezäumete Welthauffe den üppigkeiten sporenstreichs nachhänget / welches zwar die innerliche Boßheit in ihnen brütet / aber die Gewohnheit leget dessen bey ihnen noch den allerfestesten Fuß / daß man sie weder durch Vermahnung noch Zwang abhalten kan; daher muß der Geist bey ihnen nohtwendig erliege / wie stark man gleich / ihn loßzureissen / bemühet ist; und tuht hierzu der Unglaube nicht wenig / welcher der blinden Vernunfft die Gewißheit des zukünfftigen Gutes überal zweiffelhafftig machet / da sie den gegenwärtige Schatten wählet / damit sie nit um bey des betroge werde / weil sie doch das verborgene vor nichts hält. Ich bekeñe dz vor meiner Bekehrung ich mañichen unnützen Gedanke angewendet habe; ob die anreizung zur Tugend / nit nur allein um des gemeinen nutzen wille angesehe / denen aber / die dariñen sich übe / nur ein eingebildeter Wahn währe. Ja / gedachte ich / wz hat jener davon / dz er um eines anderen willen sich schlagen / verwunden und erwürgen lässet / und könte von seinem überflusse alle erdenkliche Wollust einnehmen? Bald fiel mir ein; was man mir von Göttern sagete / könte nit allerdinge errichtet seyn / und müste man denen zum schuldigen gehorsam die Tugend üben; aber der Zweifel wolte sich hiedurch noch nicht dämpfen lassen / sondern der verworrene Sinn rennete der vorigen Bahn wieder nach; wer hat jemahls einen Gott gesehen? vielleicht werden sie uns zum Schrecken eingebildet / auff daß wir durch solche Furcht eingehalten werden / unserer Wollust nachzuhängen / gleich wie man eine Klapper auff den Baum stellet / die Vogel abzuschüchtern /daß sie den Kirschen keinen Einfall tuhn; oder wie man einem Knechte den rauchen Pelz umbhänget / die schreien den Kinder damit zu stillen. Also wahr mein Herz in stetem Wankelmuht / welcher vielleicht wol andere mehr einnimt / und zu Frecheit antreibt / als lange ihnen das Licht der Warheit nicht scheinet / und ich daher über der Heiden Gottlosigkeit eben so hoch mich nicht verwundere; aber wann ich erleuchtete Christen sich in Sünden und Schanden wälzen sehe /solches gibt mir überaus grosse ärgernis / und verfluche diese unmenschliche Boßheit / daß sie wieder Wissen und Gewissen streben / nicht anders / als lieffe ein Verurteileter mutwillig ins Feur / da ihm doch der Richter Gnade und Lebensfristung anbeut / wann er nur seinem Frevel steuren / und des Feurs sich enthalten könte. Der Bischoff wolte ihr dieses beantworten; aber Libussa meldete ihr an / daß ihr eingesperretes Hündichen sie der gestern morgen stets getrauret /und keinen Bissen hätte essen wollen. Sie meinete aber ihren zahmen Löuen / den sie in einen Kasten gesezt hatte / welcher keinen Tag von ihr bleiben wolte /so heftig liebete er sie / und sie daher ihn ihr Schoßhündichen zu nennen pflegete. Sie hörete Libussen anbringen nicht gerne / und ging hin / ihn zubesehen. Als sie nun zu ihm trat / und die Tühr am Kasten öffnete / daß er hervor gehen kunte / sprang er frölich um sie her / daß die Diener sich verwunderten; sie aber ihn speisen ließ / und ihn mit sich auff den Saal führete / welches dem anheimischen Frauenzimmer und anderen mehr / nicht geringen Schrecken brachte / dessen sie doch bald benommen wurden / als sie sahen /wie gehorsam er sich gegen die Groß-Fürstin erzeigete / dann er stellete sich hinter ihr / und wartete nicht anders auff als ein Diener. Nach mittages gingen sie hin / alles denkwirdige zubesichtigen / an was Orte Pilatus Richthaus gestanden; auff welcher stäte der HErr JEsus gegeisselt / gekreuziget / und begraben werden; hernach fuhren sie ingesamt hin nach dem Oelberge / wo der Garte Gethsemane gelegen wahr /an welchem Platze Herkules den Juden bestritten /und die andern gekreuziget wahren / und brachten hiemit die Zeit zu biß an den Abend. Die damahl gebraucheten Kreuze stunden noch allesamt auffgerichtet /und solches den Juden zur Warnung und schrecken /doch sahe man an denselben / daß sie viel alte und neue Hiebe zeigeten / welche ihnen die Juden täglich gaben / damit sie bald niderfallen möchten. Gallus besahe die Kreuze gar genaue / und ward an denselben gewahr / daß viel Ehreisches daran gekritzelt stund /welches Plautus lesen und verdolmetschen muste / da sich dann befand / das erschrekliche grausame Verfluchungen über Herkules und den Stathalter von den Juden daran geschnitten wahren / wiewol mit sehr kleiner und übel leserlicher Schrifft / welches Herr Pompejus gerne alsbald geeifert hätte / aber auff Herkules Raht unterdrückete er seinen Zorn / und stellete etliche heimliche Schildwachten aus / welche zu Tag und Nachte fleissige acht geben solten / ob ein oder ander Jude bey solchen Kreuzen sich würde finden lassen; welches kaum vier Stunde anstund / massen 16 junge verwägene Juden hinzugingen / und nicht allein unterschiedliche neue Hiebe daran tahten / sondern noch schlimmere Flüche über Herkules / den Stathalter / und den Römischen Käyser selbst hinein schnitten. Die bestelleten Hüter nahmen dessen wahr /sendeten einen ihres mittels nach dem Stathalter und liessen ihm solches anmelden / welcher unter Gallus anführung 30 bewehrte Mann hinaus schickete /denen obgedachte Juden begegneten und von ihnen gefangen angenommen wurden; auch besichtigte Plautus die Kreuze fleissig / schrieb die neuen Buchstaben ab / und brachte sie dem Stathalter; welcher solches nicht unbillich empfand / die Tähter befragete / auch auff ihr freimuhtiges Bekäntnis sie geisseln / und als Auffrührer wieder die höchste Obrigkeit kreuzigen ließ; welches die gesamte Judischeit hoch empfand /und doch dawider nichts vornehmen durfte. Bey spätem Abend / da sie über Tische sassen / und die Stadthor schon verschlossen waren / kam der Wachtmeister und meldete an / es hielten drey Reuter haussen vorm Thore / begehreten eingelassen zu werden / uñ gäben vor / sie kähmen aus Teutschland / und währen von der GroßFürstin Valiska auff ihre Wiederkunft hieher bescheiden. Die GroßFürstin bejahete / daß es ihre Leute währen / daher sie alsbald eingelassen /und zu ihr auff ein absonderliches Gemach geführet wurden / da Neklam alle begebnissen erzählete / und nach gemeldetem Grusse die Schreiben einlieferte /welche sie brach / und der alten GroßFürstin Fr. Gertrud zu erst lase / also lautend:
Herzallerliebste Fr. Tochter; deren gewünschete Erlösung und Heyraht mit meinem lieben Sohn Herkules / hat meine Seele höchlich ergetzet / insonderheit / weil euer Liebe gute Gewogenheit zu meiner Fr. Tochter ich aus ihrem beliebten Schreiben überflüssig gesehen / welches mit Elter- und Schwesterlichem Herzen an unser Seite nach mögligkeit sol ersetzet werden; dafern auch der Durchl. Fürst aus Meden das vorgetragene weiter gebührlich suchen wird / wil ich äusserst mich bemühen / euer Liebe zu gefallen / es also zubefodern / daß andern Freiern sie versaget / und da es den Göttern also gefallen solte / diesem gefolget werde / weil unsere Zuversicht nicht zweiffeln kan / eure Liebe werde uns keinen unwirdigen vorschlagen. Vor übergeschikte Kleinot wird freundlich gedanket / und die Vergeltung versprochen; daß aber mein Gemahl selbst nicht geantwortet / wird Einbringer dieses / berichten können. Lebet wol herzgeliebete Fr. Tochter mit eurem Gemahl meinem allerliebsten Sohn /uñ nähst Mütterlicher begrüssung dessen / und eures Herrn Bruders / meines auch herzgeliebten Sohns Königes Ladisla / seid göttlicher Obhuet unter der Vermahnung befohlen / daß ihr ingesamt mit eurer hochgewünschten Gegenwart bald erfreuet / eure geträueste Mutter
Bald hierauff durchsahe sie auch der Fräulein beyde AntwortSchreiben / und ward der übergeschikten Halskette an Arbianes sehr froh / welche sie zu sich nam / wieder zur Geselschafft ging / und den dreyfachen Gruß an Herkules und Ladisla ablegete /welches Arbianes mit sonderlicher begierde anhörete /aber wol gedachte / daß sie ihm seyn Glük oder Unglük in geheim melden wolte; wie sie dann / da sie zu Bette gingen / zu ihm sagete: Geliebter HerrBruder /morgen wil ich eure Liebe auch erfreuen / weil sichs hinte nicht hat schicke wollen; welches er mit grosser Hoffnung annam / und daß er diese kurze Zeit gerne abwarten wolte. Diese Nacht begehrete die GroßFürstin Frl. Lukrezien zur Schlaffgesellin / welches ihr überaus lieb wahr / dann sie hatte sich dermassen in sie verliebet / daß ihr dauchte unmöglich seyn / sich wieder von ihr trennen zu lassen. Des morgens früh wartete Arbianes mit verlangen / was vor Zeitung ihn erfreuen oder betrüben würde / da die GroßFürstin ihn später als er wünschete / fodern ließ / und mit diesen Worten ihn empfing: Mein Herr Bruder / welcher gestalt eure Liebe ich allemahl zur beständigen Hoffnung angespornet / ist ihm nicht unwissend / und mag er sich wol versichern / daß ich nicht zweiffele / wir werden unser Vorhaben zum gewünscheten Ende ausführen / dessen ich dann in dem empfangenem Schreiben gnugsame Zeugnis habe. Es lässet aber der GroßFürst und sein Gemahl eure Liebe freundlich grüssen / und bedanket sich nicht allein meine Frl. Wase vor übergeschikte Kleinot / sondern übersendet zugleich euer Liebe dieses Halsketchen mit ihrem Brustbildichen / unter der Zuversicht / mein Herr Bruder werde es willig annehmen / und als ein Zeichen ihres dankwilligen Gemühts ihr zum steten Gedächtnis tragen. Arbianes wuste nicht / mit was Ehrerbietigkeit er dieses annehmen und beantworten solte / bedankete sich zum höchsten / daß sie seinen Wunsch schon so weit fortgesetzet / und erbot sich / nach ihren willen alles zurichten. Nachgehends taht Valiska ihrem Herkules alles kund / und daß sein Herr Vater sich keines Unwillen gegen die Abgesanten wieder jhn hätte vermerken lassen; sie begehrete auch von ihm / daß der Morgenländischen Fürsten Geschenke möchten abgeladen und besichtiget werden / damit dieselben es nicht vor eine Verachtung außlegeten / wann sie dereins von Arbianes solche Unterlassung vernehmen solten. Also wurden den ganzen Tag über alle Sachen von den 200 Wagen auff die Burg getragen / da sie eine so überaus grosse Menge an gemünzetem Golde / Kleinoten /ädlen Steinen / Perlen / und köstlichen Tüchern sahen / daß sie sich darüber entsetzeten und ganz unwillig wurden / daß sie sich gegen Arbianes vernehmen liessen / wann sie nicht fürchteten daß die vereinigte Fürsten es vor eine Beschimpfung auffnehmen würden /wolten sie ihnen alles wieder zurük senden / dann sie müsten sich schämen / so übermachte Schätze vor ihre geringe Dienste anzunehmen; welches aber Arbianes höchlich verbaht / und daneben beteurete / dz /da es geschehen würde / er seinem Herr Vater nicht dürffte unter die Augen komen. Weil auch angezeiget ward / daß etliche Juden die vergangene Nacht sich zwischen die Wagen verstecket / und dieselben zubestehlen vorgehabt / wurden auch die übrigen Wagen abgeladen / und die Tähter nach empfangenem Staupbesem des Landes auff 20 Meile von Jerusalem / verwiesen. Des folgenden Tages zogen die unsern samt dem Stathalter und den seinen auff dem geputzeten Elefanten aus nach Bethlehem und andere örter /allerhand denkwirdiges in Augenschein zu nehmen /und gelangeten des andern Tages umb den späten Abend wieder zu Jerusalem an / dann sie durfften nicht weiter gehen / weil die Groß-Fürstin ihrem Herkules zu wissen taht / daß sie die Geburtzeit heran nahen merkete; wie sie dann von Gott des folgenden morgens umb sechs Uhr ihrer weiblichen Bürden entbunden ward / und sie eines sehr wolgestalten Herrleins ohn sonderliche Schmerzen genase / wuste auch die Geburtswehe dergestalt zuverbergen / daß man gar geringe verenderungen an ihr spürete. Was nun vor grosse Freude nicht allein bey den lieben Eltern /sondern allen Anwesenden hierüber entstund / gaben sie alle an den Tag; und ließ Herkules dem Bischof behueff der Armen Christen im Judischen Lande /eine Tonne Goldes einreichen / auch vor die gnädige Entbindung eine öffentliche Danksagung in ihren Versamlungen anstellen. Es wahr der achte Tag des Wintermonats / des 226sten Jahrs / heutiger gemeinen Rechnung / nach der Geburt unsers Heylandes / da das Herrlein zur Welt gebohren ward / uñ hatte die liebe Mutter in wehrenden sechs Wochen allerhand bedienung von Fr. Terenzia / Frl. Lukrezien und ihrem eigenen Frauenzimmer / unter welcher Zeit unsere Helden dem Gejägte und andern Fürstlichen übungen oblagen / insonderheit aber den Löuen und andern grimmigen Tihren nachstelleten. So bald die sechs Wochen zum Ende gelauffen / ließ Herkules sein liebes Söhnlein durch die heilige Tauffe dem HErrn Christus zuführen; wobey als Gezeugen erbehten wahren Ladisla / Pompejus und Fabius / die ihn Herkuliskus nenneten / und hiemit der lieben Eltern Wunsch unvermuhtlich erfülleten. Nach verrichteter Tauffe stellete Herkules ein Fürstliches Mahl drey Tage lang an / wobey ein Ringelrennen gehalten ward; worauff das GedächtnißFest der Geburt unsers Heylandes einfiel / welches die unsern mit grosser Andacht hielten. Die GroßFürstin hatte zeit ihrer Sechs Wochen ein ReimGeticht auffgesetzet über die Rede des grossen Engels an die Hirten / und über den Lobgesang der himlischen Heerscharen / welches sie dem Bischoff zuverlesen gegeben / weil es in Lateinischer Sprache auff Pindarische art geschrieben war; derselbe ließ es von etlichen Christlichen Schülern auswendig lernen / welche es an diesem Feste auff des Stathalters grossem Saal / mit männigliches Vergnügung sungen / und allemahl das Seitenspiel mit einstimmete / so daß in den ersten fünff Satzen der grosse Engel / in den dreyen lezten aber die himlischen Heerschaaren den Anfang macheten / denen immerzu die Hirten antworteten / und darauff ein Häuflein an stat der Christlichen Kirche die andere Antwort gab /gleich wie die GroßFürstin es eingerichtet hatte / und hieselbst vorgestellet wird.
Weihnacht-Lied
Nach Pindarischer Weise eingerichtet.
Der Erste Saz.
Des grossen Engels Rede.
Ihr Hirten sollet Furcht und zagen1
Hinweg aus euren Hertzen jagen;
Den Schrecken leget von euch hin /
Der eure Seel hat überwogen;
Ich komme nicht mit Schwert und Bogen /
Ich der ich Gottes Boschtaft bin /
Euch grosses Wunder anzumelden
Nach welchem Väter und die Helden
So manches Seufzen und Geschrey
Zu Gott gen Himmel hingeschicket /
Damit sie würden frank und frey
Vom Tode der sie hart bestricket.
Das klare Licht / der helle Schein /
Damit ich gänzlich bin ümbgeben /
Sol euren Augen / eurem Leben
Zu diesem mahl unschädlich seyn.
Der Hirten Antwort.
O heller Glanz! der Seraphinen /
Die unserm Himmels-Fürsten dienen /
Der alle Wolken auffgedecket /
So daß man durchhin sehen kan.
Es zittern unser Herz und Glieder /
Doch stärkt dein Trost sie etwas wieder /
Nach dem du uns versichert hast /
Es sol uns keinen Schaden bringen.
Bistu gewißlich erster Man.
Dein klarer Bliz hat uns erschrecket /
So sez uns nun in Ruh und Rast /
Und mache kund vor allen dingen
Was Wunder du erzählen wilt.
Wir wollen unsern Sin herneigen /
Und uns dir dankbarlich erzeigen /
Wo unser Dank sonst bey dir gilt.
Der I NachSaz.
Christlicher Weynacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Sollen wir andere Völker der Erden
Unseren Schrecken nicht legen beyseit /
Welcher in dieser trübseligen Zeit
Täglich sich mehret durch Kriegesbeschwerden?
Sollen wir nimmer erlediget werden /
Klagen und sagen nur immer von Streit?
Leget sich einig derselbigen Leid /
Welche mit ihren bewolleten Heerden
Hecken und Wälder und Felder durchzihn?
Unser so lange geplageter Sinn /
Bleibet der immer in Furchten und Zagen?
Glänzender Engel die grosse Gefahr
Rücket und drücket die gläubige Schaar /
Welche den Schmerzen nicht länger kan tragen.
Der II Saz.
Des Engels Rede.
Ich bringe nach so schwerem Leide2
Euch Freud uñ Lust; nach Hunger / weide;
Nach harten Schlägen sanfte Ruh.
Die Schlange hat euch vor betrogen /
Und Gottes Gnaden-gunst entzogen /
Die führ ich euch jezt wieder zu.
Mein predigen ist Himmels-freude /
Wie Gott euch mit dem Ehren-Kleide
Nach diesem selber zieren wil.
Vernehmet doch das Wort der Gnaden /
Das allerbeste Lebensziel /
Worauff ich euch jezt muß einladen,
Hier ist der Satzen Donner nicht /
Der nichts als Schrecken kan erregen;
Mein Wort ist lauter Glük und Segen /
Das euch den Himmel selbst verspricht.
Der II GegenSaz
Was sind dann das vor grosse Gaben /
Die wir aus deiner Predigt haben?
O schöner Engel mach' es kund!
Sol etwa gute Zeit entstehen /
Da unsre Schaffe weiden gehen /
Daß weder Schäffer noch sein Hund
Die Dieb' und Wölfe darf abtreiben /
Die selten von den Hürden bleiben?
Wird etwan ein gewünschtes Jahr
Den Ställ- und Auen Segen bringen?
O reicher Gott / wird dieses wahr /
So wollen wir den Reihen singen;
Wir wollen den Schalmeien-Klang
Dir Gottes Engel zugefallen
Auf Berg- und Tahlen lassen schallen /
Und opfern dir ein Lamb zu Dank.
Der II NachSaz
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Lässet der Himmel uns Freude vortragen?
Predigt der Engel noch selber von ihr?
Lieber was leiden und fühlen dann wir
Immer und immer die blutigen Plagen?
Wissen Betrübte von Freude zu sagen?
Hersscher der Erden / ach höre doch schier!
Deine Geängsteten winseln vor dir /
Bitten du wollest auffhören zu schlagen.
Gönne nach langer erlittener Pein
Deinen Geliebten eins frölich zu sein.
Sollen die Straffen uns gänzlich auffreiben?
Würge den Würger / ertödte den Tod;
Treibe den Treiber / und zwinge die Noht /
Ferner aus deiner Behausung zu bleiben.
Der III Saz.
Des Engels Rede.
Vernehmets / O ihr blöde Hirten /3
Die ihr euch bey den grünen Myrthen
Den langen Tag zu halten pflegt.
Die Lust und Freude / die ich bringe /
Ist nicht so kindisch und geringe /
Als sie von euch wird außgelegt.
Es sol der ganze Kreiß der Erden
Der grossen Freude fähig werden;
Da wo die Sonne früh aufsteht;
Da wo sie alles schwarz anstreichet;
Da wo sie Abends untergeht /
Und da der Winter nimmer weichet /
Sol diese Freude lautbar seyn;
Der Menschen Seel und Herz erquicken /
Sie mit des Himmels Gunst anblicken /
Und nehmen ihre Sinnen ein.
Der III Gegen-Saz.
Der Hirten Antwort.
Das mag wol Freude seyn und heissen /
Die alle Welt sol zu sich reissen!
O lieber Engel / werden dann
Wir / die wir durch die Felder ziehen /
Und grosser Städte Wollust fliehen /
Auch dieser Lust seyn zugetahn?
Vielleicht wird sie nur denen bleiben /
Die Wunder mit dem Degen treiben?
Vielleicht wird der Gelehrten Schaar
Uns diese Freud' und Lust nicht gönnen?
Vielleicht wird / der die Gelder baar
Außzählt / sie an sich käuffen können?
Wo bleibet dann mein Korydon?
Was sol Menalkas dann beginnen /
Und Mops / der ohn das grober Sinnen?
Dann müssen wir ohn Trost davon.
Der III. NachSaz.
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Himlischer Bohte / du Fröligkeit-Bringer /
Deine Zeitungen sind Zucker und Wein;
Führen die grössesten Güter herein /
Welche durch Gottes Allmächtigen Finger
Leides und Neides- und Hellen-Bezwinger
Immer und ewig geordenet seyn.
Weiche von dannen du fressende Pein /
Mache das quälen nach diesem geringer;
Himlische Freude geht stärcker als du;
Machest du Schmerzen so machet sie Ruh.
Sollen die Grenzen der Erden beschmecken
Diese verkündigte Freude; so muß
(Welches ich hoffe) mein einiger Fuß
Ewig im Leide nicht bleiben bestecken.
Das IV Saz.
Des Engels Rede.
Ihr Hirten fürchtet euch vergebens;4
Der Fürst und Herzog eures Lebens /
Das Heil der Menschen ist gebohrn.
Euch armen Welt-geringen Leuten
Kömt Er / den Himmel zu erstreiten /
Den jhr aus Frevel habt verlohrn.
Des Degens Macht / das tieffe wissen /
Das blanke Geld trit er mit Füssen /
Es ist vor ihm nur Staub und Koht-
Er ist ein Heiland aller Armen /
Die ihr' Unwirdigkeit und Noht
Erkennen / läst er sich erbarmen.
So frischet nun Herz Sinn und Muht /
Geht / euren Heiland zu empfangen
Zu Bethlehem solt ihr erlangen
Das allergröste Himmels Gut.
Der IV GegenSaz.
Der Hirten Antwort.
O Werter Engel / dein erzählen
Vertreibet unser Sinnen quälen.
Ist unser Heiland in der Welt?
Ist er zu Bethlehem zu finden?
Verseumet dieses Glücke nicht.
Wir wollen die Sakpfeiffen stimmen /
Und spielen ihm ein Lobgeticht /
Das sol biß an die Wolken klimmen.
So wollen wir den leichten Winden
Gleich lauffen über Püsch und Feld /
Des Lebens Hertzog zu beschauen /
Auf / auf ihr Hirten / müst euch zauen
O sollen wir zum Fürsten gehn /
Vor welchem sich die Engel neigen /
Und alle Sklaven-Dienst erzeigen?
O Freude! sollen wir den sehn?
Der IV NachSaz.
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Gütiger Heiland / so bist du verhanden /
Welchen die Väter so heftig begehrt?
Werden wir heute des Glückes gewehrt /
Welches wir frölich vom Engel verstanden?
Lösest du heute die Ketten und Banden?
Werden uns himlische Güter beschehrt?
Werden die hellische Flammen verheert?
Machest du Teufel und Sünde zu schanden?
Gütiger Heiland / wir freuen uns dein.
Kehre bey deinen Geliebten ein /
Welche kein Bleiben auf Erden mehr finden.
Wende den Jammer und stille das Blut;
Sende den Frieden und dämpfe die Glut
Ehe wir unter den Straffen verschwinden.
Der V Saz.
Des Engels Rede.
Der Heiland / welcher euch vom Bösen5
Durch Kreuz und Marter wil erlösen /
Kömt nicht aus Mannes Samen her.
Er ist der grosse Schlangen-Treter /
Der grosse Gott und Wunder-Tähter /
Emanuel von hoher Ehr
Und starker Macht; Er ist bekleidet
Mit Fleisch und Blut / darin Er leidet /
Und ist doch Gott von Ewigkeit /
Der selbst den Himmel hat geründet /
Wird Mensch zu dieser letzten Zeit;
Der Meer und Erden hat gegründet;
Der mit dem hellen Blitze spielt;
Der Berge mit dem Donner splittert;
Vor welchem Hell' und Tod erzittert /
Wird von Marten heut gezielt.
Der V GegenSaz.
Der Hirten Antwort.
O Seht den wunder-schönen Knaben /
An dem wir unsre Wollust haben /
Der hier in dieser Krippen liegt!
Bist du das sehnliche Verlangen /
An dem die Väter stets gehangen?
Bist du / der uns das Heil zufügt?
O grosser GOtt und HErr der Erden /
Wie must du dann so elend werden?
Wo ist dein ReichsStab / Schwert und Krohn?
Wo ist die Königliche Wiegen?
O Himmels-Kind; O Jungfern Sohn!
Must du alhie so nacket liegen?
Was ist das vor Tapezerey?
Ein altes Tuch / ein dünnes Küssen /
Das dir kaum reichet biß zun Füssen;
Ein Bündlein Stroh / ein wenig Heu'!
Der V NachSaz.
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Mächtiger Schöpfer! was sol es bedeuten?
Sage / was treibet zu solchem dich an?
Welcher den Himmel ümkeuselen kan /
Monden und Sternen hat können bereiten;
Meeres Ziel setzen und Wasser ableiten /
Kömmet als währe schier übel getahn /
Mächtig zu bleiben. Was treibet dich dann /
Unter den Tihren dein Bette zu spreiten?
Herscher der Erden / wo bleibet dein Schein?
Wickelt man diesen in Windelen ein /
Welcher durch seine Macht alles muß tragen?
Wunder O Wunder / der ewige Gott
Leidet Gebrechen / Frost / Hunger und Noht;
Welches ich nährlich vor Wunder darf sagen.
Der VI Saz.
Der himlischen Heerscharen Lobgesang.
6Nun gebet Lob dem grossen HErren /
Was O dem schöpfet nah und ferren /
Und weißlich alle Welt außzieret /
Weil Er euch das selbständge Wort
Zum Heiland runter hat geschicket.
Steht vor ihm hurtig und gebücket /
Besinget seine hohe Macht.
Ihr seyd nun unserm Heilgen Orden /
Besinget diesen euren Hort /
Der seine Macht im Himmel führet /
Der euretwegen stetes wacht /
Von neuen einverleibet worden.
Drum preiset Gottes Gnaden-Raht /
Und last die Dankbarkeiten spüren /
Wie sich von rechte wil gebühren /
Weil er euch so geliebet hat.
Der VI GegenSaz.
Der Hirten Antwort.
O Grosser Gott / du HErr der Stärke;
Wie wunderlich sind deine Werke;
Wie prächtig gehet deine Macht.
Der du die Sonne früh ansteckest /
Und Abends spät den Monde weckest /
Machst Sommer / Winter / Tag und Nacht.
Und (das zum höchsten ist zu preisen)
Pflegst immer Gnade zu erweisen /
Uns die wir doch nur böse seyn.
Laß unser Opfer dir gefallen /
Und schau in unser Herz hinein /
Ob wir gleich wie die Kinder lallen /
Ist doch der Sinn und Wille gut.
O laß das bäuerische singen
Biß hin zu deinen Ohren dringen /
Und halt uns stets in Schuz und Huht.
Der VI NachSaz
Christlicher Weihnacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Gütiger Vater / was können wir geben?
Lieber / wie können wir danken der Gunst /
Welche nach deiner unmäßlichen Brunst /
Unsere Güter / Gemühter und Leben
Häget und pfleget. Wie heftig wir streben /
Finden wir leider nur Nebel und Dunst;
Wolten zwar gerne mit höhester Kunst
Deine hochrühmliche Tahten erheben.
Aber O Vater / das himlische Licht
Rühmet vor deinem Gesichte sich nicht /
Solte dann Erde dir können gefallen?
Vater ersetze / was mangelt annoch /
Tilge der Sünden beschwerliches Joch /
Frölich sol unser Getichte dann schallen.
Der VII Saz.
Der Himlischen Heerschaaren Lobgesang.
Nach diesem bleibt der grosse Frieden7
Von eurer Seelen ungeschieden /
Der Frieden welcher Gott gefält /
Der Herzens-Quahl und Unmuht stillet /
Der das Gewissen stets anbrüllet
Und wegen Schuld zu rede stellt.
Der Frieden / welcher Gottes Straffen /
Durch Christus Wunden abzuschaffen
Ihm lässet angelegen seyn.
Wer diesen Frieden bey sich träget /
Bleibt ewig frey von Hellen-Pein /
Die durch den Teufel wird erreget.
Er bleibet stets in Gottes Schuz.
Und ob ihm gleich der Hellen Rachen /
Und eigne Schuld angst wolten machen /
Beut er doch ihnen allen Truz.
Der VII GegenSaz.
Der Hirten Antwort.
Ist nun die liebe Zeit erschienen /
Da Fried in unserm Lande grünen /
Und allen Krieg vertreiben sol?
Da Wölffe bey den Lämmern liegen /8
Da Pardel sich zun Böcken fügen /
Und bleibet doch die Heerde vol?
Da Räuberische freche Löuen
Dem Kalb uñ Mastvieh nicht mehr dräuen;
Da Küh' und Bären friedlich gehn /
Und eine Weid in Ruh befressen /
Die Jungen bey einander stehn /
Und Löuen Ochsen-Futter essen.
Da Kinder an der Mutter Brust
Beim Otter-Loche werden spielen /
Des Basilisken Nest durchwühlen
Und haben an den Schlangen Lust.
Der VII NachSaz.
Christlicher Weinacht-Herzen andächtige Betrachtung.
Selig O selig / die Frieden bewohnen!
Selig O selig / des Acker und Land
Werden mit Pferden ohn Sattel berant!
Selig die ihrem Gesinde nur lohnen /
Dürffen nicht unter der Kriegeslast frohnen /
Sehen nie keine Feurspeiende Hand /
Keine Feld-Schlachten / kein Lager noch Brand /
Essen sie gleich nur gesalzene Bohnen.
Himlischer Vater; die die geistliche Ruh /
Sendestu heute den Deinigen zu.
Weltlicher Frieden / wann kömmestu wieder?