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Yoshio ertappte sich dabei, wie er schallend lachte, während er das Geschehen von seinem Auto aus verfolgte.
Heute abend war es besonders schön gewesen. Als im Haus Schüsse gefallen waren, hatte er mit dem Schlimmsten gerechnet: nämlich damit, daß Mulhallal und seine Mietlinge den ronin der Clayton-Frau getötet hatten. Aber als Yoshio gesehen hatte, wie Gestalten aus dem Haus stürmten und hinter dem defekten Truck im Vorgarten in Deckung gegangen waren, hatte er damit gerechnet, daß nun eine Schießerei stattfinden würde.
Aber wie hätte es zu einer Schießerei kommen sollen, wenn Alicia Clayton und der ronin auf der anderen Seite der Straße in ihren Wagen stiegen?
Die Explosion hatte schließlich für Klarheit gesorgt. Eine kleine Explosion – oder die Tatsache, daß eine größere Explosion drohte – hatte alle aus dem Haus ins Freie getrieben, wo sie sich in Sicherheit wähnten. Und welcher Platz wäre besser gewesen, um sich vor herumfliegenden Trümmern zu schützen, als hinter dem so günstig und einladend aufgestellten Truck, der im Vorgarten vor sich hin rostete?
Aber nicht das Haus war präpariert worden, um in die Luft zu fliegen. Warum sollte man ein schönes Haus zerstören, wenn man Eindringlinge mit einer falschen Bombe hinausscheuchen und sie dazu bringen konnte, sich um die eigentliche Bombe zu versammeln?
Und während die Trümmer von dem nunmehr endgültig zerstörten Truck durch die Luft wirbelten, hatte der weiße Wagen des ronins sich in Bewegung gesetzt und war mit gelöschten Scheinwerfern die Straße hinuntergerollt. Und hatte sich im Schutz der Nacht davongeschlichen.
Yoshio klatschte in die Hände. So einfach. So elegant. Bravo, ronin-san!
Glücklicherweise hatte Mulhallal überlebt. Yoshio wollte, daß der Araber am Leben blieb. Er war außer dem Clayton-Bruder der einzige, der wußte, weshalb das Clayton-Haus so wertvoll war.
Er beobachtete, wie Baker seine Wut in die Nacht hinausbrüllte, während der übriggebliebene Mann, den er zur Bewachung, hinter das Haus geschickt hatte, im Vorgarten auftauchte. Yoshio drehte sein Fenster nach unten, um hören zu können, was Baker brüllte.
»Wer ist dieser Bursche? Ich will ihn zwischen die Finger kriegen! So schnell wie möglich! Wer bist du, Scheißkerl? Zeig dich! Laß es uns austragen! Du und ich! Ganz allein! Keine Tricks! Nur wir beide!« Bakers Stimme steigerte sich zu einem Kreischen. »Wer zum Teufel bist du?«
Gute Frage, dachte Yoshio. Wer ist dieser ronin?
Offensichtlich war er mehr als nur ein ordinärer Miet-Gorilla. Er war jemand, der mit allen möglichen Formen der Gewalt vertraut war, sie aber gezielt und sparsam einsetzte – und vor allem stilvoll. Er war jemand, der in diesem Gewerbe enorme Erfahrung zu haben schien und offenbar noch lange dabeibleiben wollte – wie das sorgfältig präparierte Haus erkennen ließ. Das Haus verriet Yoshio, daß der ronin weit im voraus plante und auf nahezu jede Eventualität vorbereitet zu sein schien.
Was wiederum bedeutete, daß Yoshio hinsichtlich seines nächsten Schritts überaus vorsichtig sein mußte.
Denn Yoshio hatte sich entschlossen, sich an den ronin heranzumachen, ehe Mulhallal und Baker ihm durch einen blinden Zufall über den Weg liefen und ihn spontan töteten. Yoshio war ganz sicher, daß der ronin etwas wußte oder daß er in dem Haus irgend etwas erfahren hatte.
Er widerstand dem Impuls, den Motor seines Automobils anzulassen und ihm zu folgen. Er überdachte seine Risiken und gelangte zu dem Schluß, daß es ganz einfach unklug wäre, in diesem Moment an dem Haus vorbeizufahren. Baker oder einer seiner Ganoven könnte auf die Idee verfallen, ihn mit einer oder zwei Salven aus ihren Sturmgewehren zu beharken. Mit ihrer Treffsicherheit war es zwar nicht weit her, wie Yoshio hatte feststellen können, aber ein glücklicher Zufallstreffer oder ein Querschläger konnte seinen Benzintank oder – was noch schlimmer wäre – ihn selbst erwischen.
Nein, er würde sich in Manhattan wieder an ihre Fersen heften.
Dann würde er endlich erfahren, was die beiden im Clayton-Haus entdeckt hatten.