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»Da bist du ja!«

Sam Baker sagte es laut in dem ansonsten leeren Wagen, als er das Clayton-Baby sichtete. Für einen kurzen unangenehmen Moment hatte er geglaubt, er hätte sie verloren.

Er lehnte sich im Fahrersitz zurück und lockerte den Griff um das Lenkrad. Seine Schultern schmerzten. Er hatte gar nicht bemerkt, wie angespannt er gewesen war, seit der Polizist ihm befohlen hatte, weiterzufahren.

Entspann dich, sagte er sich. Wir sind wieder im Rennen.

Er war ihr vom Aids-Center zur Upper West Side gefolgt und hatte beobachtet, wie sie in dieser Spelunke namens Julio’s verschwunden war. Er hatte einen Platz gefunden, von wo aus er einen ungehinderten Blick auf den Eingang hatte, und es sich bequem gemacht und auf eine längere Wartezeit eingerichtet.

Nun, er hatte nur ein paar Minuten dort gesessen und gerade angefangen, sich die Nummernschilder der in seiner Nähe parkenden Autos einzuprägen, als dieser Cop auftauchte. Es schien, als befände sich in nächster Nähe von Bakers Aussichtspunkt auch ein Feuerhydrant. Und obgleich Baker versucht hatte zu erklären, daß er lediglich auf jemanden wartete und den Motor laufen lassen würde, ließ der Cop sich nicht erweichen.

»Entweder Sie fahren weiter, oder ich lasse Sie abschleppen.«

Er hatte keine Wahl gehabt.

So hatte er seinen Standplatz verlassen und war die Straße hinuntergerollt auf der Suche nach einem freien Parkplatz. Keine Chance. Am liebsten hätte er der Bar ja ebenfalls einen kurzen Besuch abgestattet, ein schnelles Bier getrunken und sich darüber informiert, wen sie dort traf, aber er konnte es nicht riskieren, tatsächlich abgeschleppt zu werden. Daher war er in Bewegung geblieben, hatte ständig den Block umkreist und darauf gewartet, daß sie wieder herauskam.

Doch als er sie endlich durch die Tür treten sah, war er schon ein Stück an der Bar vorbeigefahren. Und als er anhielt und die Straße versperrte, hatte irgendein Taxi angefangen zu hupen, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Baker fuhr diesen gemieteten weißen Plymouth nun schon seit zwei Tagen. Nachdem er am Freitag beobachtet hatte, wie diese Clayton-Schnalle ihn angestarrt hatte, war ihm klargeworden, daß sie den grauen Buick wiedererkannt hatte. Er wollte jetzt nicht auch noch ihre Aufmerksamkeit auf diesen Wagen lenken, daher hatte er erneut den Block umrunden wollen, diesmal ein wenig schneller, aber auch jetzt wurde es eine quälende Kriecherei.

Aber nun war alles wieder in Butter. Er wußte zwar nicht, was sie in der Zeit, in der er sie nicht beobachten konnte, getan hatte, aber wen interessierte das schon? Im Augenblick war sie genau dort, wo er sie zurückgelassen hatte.

Das Mobiltelefon piepte. Baker konnte sich ausrechnen, wer am anderen Ende war – der Araber saß ihm ziemlich lästig im Nacken, seitdem der Anwalt der Kleinen in die Luft geflogen war.

»Ja?«

»Sind Sie an der Frau dran?«

»Wie der Gestank an einem Stück Scheiße.«

»Wie bitte?«

»Sie ist in der Stadt unterwegs und hält in diesem Moment ein Taxi an.«

»Wo war sie? Bei einem anderen Anwalt?«

»Nein, in einer Bar.«

»In einer Bar? Wirkt sie alkoholisiert?«

»Sie meinen besoffen?« Ziemlich seltsam, wie dieser Knabe sich ausdrückte. Durch und durch Araber, aber er sprach Englisch wie ein Scheiß-Brite. »Nein. Und um ganz ehrlich zu sein, ich glaube kaum, daß es etwas mit dem zu tun hatte, woran wir interessiert sind. Wahrscheinlich hat sie sich nur mit einem Freund getroffen oder so.«

»Sie hat keinen Freund.«

Baker beobachtete, wie der lose sitzende Rock der Clayton sich über ihrem Gesäß spannte, während sie sich bückte und ins Taxi stieg. Ein hübscher Hintern.

Schwer zu glauben, daß sie völlig unbemannt war. Sie sah nicht übel aus. Zumindest das, was er bisher von ihr zu Gesicht bekommen hatte. Ein wenig Make-up, ein enger Rock, und schon würde sie die reinste Granate sein. Statt dessen …

Vielleicht war sie eine Lesbe. Das wäre auch nicht schlimm. Er fuhr auch auf Lesben ab. Er dachte, deren einziges Problem bestünde nur darin, daß sie noch nicht den richtigen Mann getroffen hatten.

»Wenn Sie das sagen.«

»Und Sie haben keine Ahnung, mit wem sie sich getroffen hat?«

»Ich hatte nicht die Gelegenheit, das rauszufinden. Aber ich glaube nicht, daß sie in diesem Schuppen mit einem Anwalt verabredet war.« Baker hätte fast hinzugefügt: Aber man weiß ja nie, unterließ es jedoch lieber.

Er hoffte inständig, daß er sich nicht irrte.

»Sie werden nicht fürs Denken bezahlt. Mir gefällt überhaupt nicht, was geschieht, wenn Sie zu denken versuchen.«

Jetzt geht das schon wieder los, sagte er sich. Aber der Araber schenkte sich weitere Bemerkungen.

»Wohin fährt sie?« fragte Mulhallal.

»Zurück in die Innenstadt. Ich bin dicht hinter ihr.«

»Gut. Folgen Sie ihr und tun Sie sonst nichts.«

Baker unterbrach die Verbindung und schlug mit der Hand aufs Lenkrad. Er dachte an den Batzen Geld, der als Entlohnung auf ihn wartete, und behielt ihn im Gedächtnis, während er fuhr. Ein üppiger warmer Regen, und er verdiente jeden einzelnen Penny für all den Scheiß, den er sich gefallen lassen mußte.

Handyman Jack 02 - Der Spezialist
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