VORWORT
»Der Tote in der Wäschetruhe« schildert Kriminalfälle hauptsächlich aus den 70er und 80er Jahren, die sich in der DDR, speziell im ehemaligen Bezirk Cottbus, zugetragen haben. Offiziell verlautete damals wenig über die Verbrechen, ihre Hintergründe, Motive und Konsequenzen - zumal es auch keine Boulevardpresse gab. So blieb es meist bei kargen »Mitteilungen der VP« in den Lokalausgaben der regionalen Tageszeitung. Umso mehr verbreiteten sich Informationen zu Straftaten vor Ort über den »Buschfunk«, was Gerüchten und Spekulationen viel Raum ließ.
Das vorliegende Buch hält sich an die Fakten. Die Verbrechen haben sich so ereignet, wie sie hier geschildert sind. Um dem Leser die detaillierten und umfänglichen Akten fasslich zu präsentieren, musste aus dem Material die Essenz destilliert werden. So sind aus Gründen der Zusammenfassung und im Interesse einer komprimierten Darstellung gelegentlich Ermittlungsschritte unerwähnt geblieben, die zur Aufklärung beigetragen haben. Die Kriminalisten der Cottbuser Morduntersuchungskommission (MUK) und die Staatsanwälte mögen es nachsehen.
Das Studium der zum Teil umfangreichen Unterlagen hat dem Autor bewusst gemacht, mit welcher Akribie und enormen Aufklärungsbereitschaft die Kriminalisten der MUK die Spur der Verbrecher aufgenommen und sie mit großem Einsatz, kriminalistischem Spürsinn und Fachwissen zur Strecke gebracht haben.
Im Abschnitt »Rätselhafte Kriminalfälle« werden drei Verbrechen geschildert, die bis heute nicht aufgeklärt sind beziehungsweise in denen die Strafverfolgung aus politischen Gründen vereitelt wurde. Diese Fälle lieferten dem Autor Stoff für eine Serie in der Tageszeitung »Lausitzer Rundschau« Mitte der 90er Jahre und sind für dieses Buch anhand neuer Recherchen ergänzt worden. Authentisch sind die Namen von Staatsanwalt Horst Helbig und dem inzwischen verstorbenen Gerichtspsychologen Prof. Dr. med. Ehrig Lange von der Medizinischen Akademie »Carl Gustav Carus« in Dresden. Diese beiden Männer haben mit ihren engagierten Auftritten in Cottbuser Gerichtssälen zu DDR-Zeiten, aber auch nach der Wende Geschichte geschrieben.
Alle anderen Namen von Tätern, Opfern und Zeugen sind aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes frei erfunden. Eventuelle Übereinstimmungen mit real existierenden Personen wären reiner Zufall.
Schwierig war es, etwas über den Verbleib der Täter nach Verbüßung der Strafe zu erfahren. Wo ein Hinweis fehlt, ist der Autor an die Grenzen der Möglichkeiten seiner Recherche gestoßen.
Dialoge im Buch, wenn sie nicht original aus den Akten entnommen wurden, sind möglichen Gesprächen nachempfunden. Passagen, die aus Anklageschriften, Urteilen, psychiatrischen Gutachten und Ermittlungsprotokollen zitiert werden, sind kursiv dargestellt.
Das Buch ist keine wissenschaftliche Abhandlung. Quellenangaben und Erläuterungen wurden in den Texten in aller Kürze vorgenommen.
Natürlich soll »Der Tote in der Wäschetruhe« die Interessenten kriminalistischer Sachliteratur spannend unterhalten - aber nicht nur das. Das Buch soll auch Anregungen geben für die Analyse des Vergangenen. In der Bundesrepublik kamen in den 80er Jahren 1,6 Morde auf 100000 Einwohner. Auch in der DDR gab es schwerste Straftaten, wurden Frauen und Mädchen vergewaltigt, gab es Morde aus niedrigsten Motiven. Die Statistik weist für die 80er Jahre einen Mordfall auf 100 000 Einwohner aus. Diese Diskrepanz ist keineswegs ausreichend untersucht.
Beim Aktenstudium fiel allerdings auf, dass aus den Unterlagen fast alles über die Täter, doch sehr wenig oder gar nichts über die Opfer und die Hinterbliebenen zu erfahren war. Damals wie heute ist das Strafrecht nahezu ausschließlich auf die Täter orientiert. Die Hinterbliebenen der Opfer von Verbrechen werden allzu oft allein gelassen, wie das Beispiel von Gerda und Werner Moritz aus Maukendorf bei Hoyerswerda zeigt. Über drei Jahrzehnte nach der Ermordung ihrer Tochter haben sie für dieses Buch ihr Leiden geschildert. So wird für den Leser ein Aspekt von Gewaltverbrechen beleuchtet, der noch immer viel zu oft im Dunkeln bleibt.
Ein Buch wie dieses ist nicht das Ergebnis der Arbeit eines Einzelnen. Matthias Warnke hat bei der Auswahl der Fälle seinen Anteil. Er war viele Jahre Mitglied der Morduntersuchungskommission in Cottbus, die er zuletzt bis zu seiner Pensionierung geleitet hat. Sehr hilfreich war die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Cottbus, die das Studium der Akten auf unbürokratische Art und Weise ermöglichte. Und nicht zuletzt danke ich meinem langjährigen Freund Berndt Fleischer, Polizeisprecher im Schutzbereich Cottbus/Spree-Neiße für seine kritischen Hinweise.