Spionagemesse
»Die ISS World MEA ist die wohl verschwiegenste Messe der Welt – veranstaltet in edlen Hotels, abgeschirmt von Publikumsverkehr und Journalisten.«
»Er hat jetzt nach der Rechnung gefragt«, lautet Svens letzte SMS, die gut zehn Minuten alt ist. Mir ist saukalt, weil ich seit rund zwei Stunden zwischen Marstall, Max-Planck-Gesellschaft, Hofgarten und dem Brenner hin und her laufe. Dort habe ich mich zwischendurch auch mal aufgewärmt, ein anderes Mal in Instituto Cervantes, dem Spanischen Kulturreferat, wo man mir gleich einen Spanischkurs verkaufen wollte. Ich habe ein paar Flyer für Sven eingesteckt, vielleicht hat er ja Lust, noch ein Vierteljahr in der Stadt zu bleiben.
»Sie gehen!«
Ich stehe spionagemäßig ideal bei ein paar Bäumen und kann den Eingang des Café Eisbach gut sehen. Jessi und Leo kommen heraus, wechseln ein paar Worte, dann gibt es ein Bussi und eine Umarmung. Das alles wirkt so freundschaftlich und sexuell unaufgeladen, dass es nur eins bedeuten kann: Fünf-Sterne-Jessi und Leo Lädt-alle-ein gehen getrennte Wege.
Und so kommt es auch. Leo läuft in meine Richtung los, Jessi in die andere. Sofort schicke ich Sven eine Nachricht: »Häng du dich an Jessi, ich folge ihm!«
Ich sende sie gerade ab, da läuft Leo schon an mir vorbei. Ich hätte Sven anrufen sollen, statt auf sein dämliches Getexte einzugehen. Fünf Schritte weiter bleibt Leo stehen und dreht sich um. Er hat mich erkannt.
»Jens?«
Ich drehe mich auch um. Warum werde ich beim Beschatten eigentlich immer erkannt?
»Ach, hi. Leo!«
»Ich war gerade mit Jessi im Café da. Hast du kurz Zeit?«
»Äh, joa.«
»Super. Wo kann man hier noch hin?«
»Musst du danach in dein Hotel?«
Nicken.
»Dann ins Barista. Fünf Höfe.«
»Stimmt. Gute Entscheidung.«
Wahrlich. Vor allem aber eine, bei der ich zu einem unschlagbaren Stück Kuchen mit Puddingcreme und einem Kaffee wieder auftauen kann. Heute ist Junkfoodtag. Den ganzen Weg dorthin fragt mich Leo über alles Mögliche aus. Entweder um mir vorzugaukeln, dass Jessi nicht über uns gesprochen hat, oder um meinen Gang zum Schafott kurzweiliger zu gestalten. Denn es kann auch sein, dass er mir gleich mitteilen muss, was Jessi mir nicht persönlich sagen möchte: dass sie mit ihm die Stadt verlassen wird, um im Jetset als Globetrotterin mit ihm sein Vermögen zu verprassen. Nach allem, was ich über Jessis Beziehungen vor mir weiß, wäre das ein Happy End für sie.
Andererseits wäre es absolut nicht ihre Art, mich einfach so aufzugeben. Ich habe Mist gebaut, baue gerade weiteren, aber das sollte doch alles irgendwie verzeihbar sein. Wir sind schließlich normale Menschen, keine Protagonisten einer romantischen Komödie, in der ein Ex von ihr eine ernst zu nehmende Bedrohung für unser Glück darstellt. Ich sollte eine Trennlinie zwischen fiktionalen Stoffen und meiner eigenen Wahrnehmung der Welt ziehen. Schließlich stünde ich im Fiktionsfall jetzt auch nicht mit Jessi kurz vor der Ehe, sondern mit Maren. Eine romantische Komödie, in der ich vom Frett gezwickt einer Frau hinterherlaufe, um mich am Ende für diejenige zu entscheiden, mit der sie mich verkuppeln wollte, würde in Hollywood nicht produziert werden.
Es hilft, dass ich mir selbst gut zurede, und so bin ich im Barista einigermaßen gespannt, was Leo mir mitzuteilen hat. Weltbewegend wird es nicht sein. Weltzerstörend erst recht nicht.
»Ich habe vor, in München ein neues Projekt aufzuziehen, und hätte Jessi gerne in meinem Team«, verrät er mir schließlich, nachdem wir vegetarische Pasta und zwei Apfelschorlen bestellt haben, den Lunch der sozialen Mitte.
Ich überlege einen Moment, wo der Haken an der Sache sein könnte, finde aber keinen. Wenn auf Jessi nach ihrer Babypause ein Job wartet, ist das großartig.
»Sie würde auch gerne, weiß aber nicht, wohin sich eure Beziehung gerade entwickelt. Gibt’s da Ärger?«
»Ja, kann man so sagen.«
»Tut mir leid, das zu hören. Ich kenne sie ja schon etwas länger und weiß, dass sie kompliziert sein kann.«
»Inwiefern?«
»Na, komm«, fordert Leo mich heraus, etwas Schlechtes über Jessi zu sagen. Mir fällt jedoch nichts ein. Was damit zusammenhängen kann, dass wir uns eben erst seit sechs Monaten kennen.
»Nee, ich bin gerade derjenige, der kompliziert ist.«
»Das hat sie auch gesagt. Aber du kriegst das doch hin, oder?«
»Ich hoff’s«, antworte ich und will mich gleich anschließend in den Hintern treten. Genau das will Leo doch hören.
»Wenn ich irgendwie helfen kann, dann sag Bescheid. Bei mir und meiner Frau war es auch ein höllisches Auf und Ab, bis wir endlich vor dem Altar gelandet sind. Aber anders lernt man sich auch nicht kennen.«
»Du bist verheiratet?«
»Seit sechs Jahren. Glücklich.«
»Kinder?«
»Drei«, lacht Leo. »Reicht dann auch. Obwohl, ich wollte immer eine Tochter. Vielleicht versuchen wir es noch mal.«
Das Leben scheint es gut mit mir und meinen Gegenspielern zu meinen. Denn so sehr ich sie zu hassen wünsche, machen sie mir das doch unmöglich. Erst Ralf, der zwar sehr dröge ist, gerade deswegen aber zu Maren passt, und nun Leo, der lebenslustige Millionär mit Sinn für Familie.
»Dann hat Jessi deshalb fünf Sterne in deinen Kontakten, weil sie die Topbesetzung für den Job ist?«, frage ich unverblümt. Leo hält inne, um sich zu wundern, woher ich die Kontakte seines Handys kenne.
»Als du es liegen gelassen hast, kam die SMS wegen dem Brunch heute.«
Er zählt eins und eins zusammen. »Dann war es kein Zufall, dass ich dir in die Arme gelaufen bin. Du hast gedacht, dass wir … Wow. Ihr habt wirklich ’ne Krise.«
Ich zucke mit den Schultern.
»Dir ist klar, dass sie echt fertig ist, oder? Sie hat sich ihre Zukunft mit dir ausgemalt, alles war ihrer Meinung nach perfekt – und da flippst du aus.«
»Ja. Leider.«
»Aber warum?«
Ich muss erst mal durchatmen. Sollte mir gerade mein rettender Engel gegenübersitzen, wäre es nun angebracht, die Hosen runterzulassen und alles auf den Tisch zu legen. Nicht ganz so unglücklich ausgedrückt: Ich sollte ihm einfach sagen, woran ich verzweifle, und hoffen, dass er mir helfen kann.
Fest steht nach zwei Stunden Barista, dass ich drei Dinge in meinem Leben nie wieder machen werde: Fremde vorschnell als Arschlöcher abstempeln, meinen Vorurteilen Glauben schenken und hohldrehen. Wenn mir das gelingt, ergibt sich der Rest von allein. Behauptet Leo, und der muss es wissen, denn er lebt so und ist glücklich. Okay, dass er sich nie mehr um Geld Sorgen machen muss, findet auch er diesbezüglich hilfreich, bestreitet aber, dass dies eine wesentliche Rolle spiele.
Nachdenklich stimmt mich, dass er mir denselben Vorschlag wie mein Vater gemacht hat: Ich soll eine Agentur für Messemoderatoren und Messehostessen aufmachen – für menschlichen Messebedarf, wenn man so will. Und ich habe zugegeben, dass die Idee zwar naheliegend ist, aber eben auch unangenehm. Vor allem, da ich bekannt dafür bin, Agenten und Makler zu verabscheuen, zu beschimpfen und sie anderen auszureden. Und weil Sven auch schon so eine Überlegung eingebracht hat. Gut, er meinte, dass immer Immobilienmakler gesucht werden, und die zu verachten werde ich mir auch beibehalten. Aber Agenten – da muss ich jetzt umdenken – sind nach neuster Definition wohl in Ordnung. Sie zocken nicht ab, sondern bringen eine Leistung. Wenn ich konsequent darauf bestehe, dass ich nur an Jobs mitverdiene, die ich für meine Klienten akquiriert habe, kann ich mich vermutlich damit anfreunden. Ich bräuchte auch erst mal kein Büro, sondern könnte von zu Hause aus beginnen. Mein ehemaliger Plan Y ist damit zu Plan B geworden. Nicht zu Plan A, schließlich ist meine Radiokarriere noch nicht komplett abgehakt. Zwei Chancen habe ich noch. Und es wäre lächerlich, jetzt schon aufzugeben. Sagt Leo.
Aufräumen. Das soll mein Thema für meine erste Sendung bei Hip FM sein. Ich stelle mir vor, dass Hörer anrufen können, die berichten sollen, was oder wo sie zuletzt aufgeräumt haben. Ich selbst erzähle vom Entrümpeln meiner Engstirnigkeit, das wird sensationell. Als Anrufer werde ich Sven und Leo einsetzen, es fehlen nur noch ein paar vorbereitete Moderationen, dann steht mein Abend.
Ich bin pervers gut gelaunt in meinem Zimmer bei Hondo, unter anderem, weil die Sachen meines Vaters nicht mehr hier sind. Er wird nach Hause gefahren sein, und ich hoffe sehr, dass er nicht ins Dachgeschoss abgewandert ist, sondern heute meine Mutter ausführt. Ich glaube nicht daran, stelle es mir aber wenigstens vor. Und der Gedanke macht mich ebenfalls glücklich.
Es fällt mir überraschend leicht, mich auf meine Probesendung zu konzentrieren, und so bin ich pünktlich um 19 Uhr perfekt vorbereitet. Ich habe sogar meine Moderationen schon ein paarmal mit dem Laptop aufgenommen, angehört und verbessert. Hoffentlich zieht Leo selbst auch nach München, jemand wie er hat in meinem Leben noch gefehlt. Einer, der mir Mut macht, von Mann zu Mann. Ich brauche auch bestimmt nicht oft mit ihm zu sprechen, nur alle paar Wochen mal, wenn ich den Fokus wieder verliere. Zu gerne würde ich jetzt Serkan anrufen und ihm von Leo vorschwärmen, bis er denkt, dass ich mich in ihn verliebt habe. Nur um ihn vollends zu verwirren.
Meine Sachen sind gepackt, ich habe genug Zeit, um entspannt zum Sender zu fahren. Wäre da nicht mein Schicksal, das dumme Schwein, das mir in Form von Ariel Abrahams in den Abend grätscht. Vor ein paar Minuten hat es an der Haustür geläutet, Aylin hat die Tür geöffnet, und jemanden hereingebeten. Man ist leise redend in die Küche gegangen, wo nun mit einem Mal laut herumgebrüllt wird. Ich kann Hondos Stimme erkennen, Aylins ebenfalls, die dritte ist mir unbekannt, es muss sich um den Besucher handeln.
Das Schlauste wäre, nun einfach aus der Wohnung zu schleichen, doch ich komme nur bis auf den Flur. Dort stürmt plötzlich der rüstige Rentner von oben an mir vorbei und brüllt: »Ich weiß, was ich gesehen habe, Aylin! Und ich verstehe es als meine Pflicht, dich vor diesem Sohn einer Hure zu warnen!«
Er schmeißt die Wohnungstür hinter sich zu, und aus der Küche schallt immer wieder Aylins lautes »Warum? Warum? Sag es mir! Warum?« bis zu mir.
»Er lügt. Der spinnt, Aylin. Echt! Ich schwöre!«
»Geh weg! Lass mich. Stirb einfach, du verlogener Dreckskerl!«
Das geht mir eine Spur zu weit, selbst für eine streitende Jüdin. Gut, meine Vorstellung vom schroffen interhebräischen Umgangston stammt vor allem aus der Serie »Curb your Enthusiasm«, die auf Deutsch aus unerklärlichen Gründen unter dem Titel »Lass es, Larry« kostenpflichtig über UMTS bei vodafone gesehen werden kann. Die DVDs aus England zu bestellen war unkomplizierter und sicherlich schneller. Ich will damit auch nur sagen, dass mein Bild stereotypisiert sein könnte. Doch selbst darüber schießt Aylins Wut gerade weit hinaus. Ich habe einen kleinen Zeitpuffer und bin Hondo gefühlt was schuldig. Also gehe ich zu den beiden in die Küche.
»Warum würd ich das machen? Und wie soll ich das schaffen?«, schreit Hondo, als ich die Küche betrete.
»Was weiß denn ich! Weil sie jung und bildhübsch ist?«
»Aber das ist deine Tochter, Aylin!«
Eins und eins kann auch ich ganz gut, nicht nur Leo. Der Nachbar hat Hondo und Malea erwischt. Musste ja früher oder später so kommen. Dass er das Aylin erzählt, ist jedoch hinterfotzig. Endlich bemerkt Hondo meine Anwesenheit.
»Hey, er kann’s bezeugen!«
»Ich kann was?«
»Du warst doch auch oben, vorgestern, wie der so laut gebumst hat.«
»Äh, ja, stimmt.«
»Jens dachte nämlich auch, dass ich mit Malea rumsexe, und ist dann gleich hochgekommen, weil Vater Abrahams so laut war.«
Aylin schaut zu mir, dann wieder zu Hondo. »Wenn selbst dein Freund glaubt, dass du mit meiner Tochter –«
»Das war dumm von mir, Aylin. Und ich würde mich dafür gerne entschuldigen. Bei dir, bei deiner Tochter und bei Hondo.«
Drauf geschissen, dass ich Malea nackt durch ihre Wohnung habe laufen sehen. Hondo wirkte definitiv nicht so, als wäre er gerade aus ihrem Bett gekrochen. Wobei, vielleicht war er auch auf dem Weg hinein.
»Ich hab ihr die Dusche repariert, weil das Scheißeteil in alle Richtungen gespritzt hat. Mehr nicht!«, löst Hondo ungefragt das Rätsel, warum ich eine nackte Malea sehen musste. Durfte. Konnte.
»Und ganz ehrlich, Aylin, würdest du Malea das zutrauen?«, werfe ich ein.
Die erste vernünftige Frage in diesem Streit, wage ich zu behaupten. Hondo nickt mir zustimmend zu, Aylin reagiert jedoch nicht sofort. Sie schweigt und denkt nach.
»Ihr bleibt hier«, sagt sie schließlich und verlässt die Wohnung.
»Ey, was geht mit dem alten Arsch? Ist der weich, oder was? Hat der altes Viagra geschluckt?«
Hondo ist empört, schockiert, außer sich. Ich hingegen bin angespannt und nervös. Er, weil ihm böswillig unterstellt wird, die Tochter seiner Freundin zu beglücken. Ich, weil ich es gleich nicht mehr pünktlich ins Studio schaffen werde.
»Setz dich«, sagt Hondo und kommt damit meinem Versuch zuvor, mich zu verabschieden. »Ich brauch jetzt ein Freund da. Erzähl, wie ist dein Deal mit Bülent gelaufen?«
Er hat mich Freund genannt, und damit fängt man mich. Vor allem, wenn man mir den Begriff so unbedarft wie Hondo an den Kopf wirft. Ich setze mich und erzähle ihm von meinem Kurzauftritt als Buchhalter. Hondo freut sich wie ein kleines Kind über meine bildhafte Schilderung der unangenehmen Begegnung mit Bart und Konsorten. Er hat den – wie ich erfahre – ukrainischen Geldboten auch schon kennengelernt, allerdings in einem anderen Etablissement, in dem die Abrechnungen ebenfalls danach schreien, mit Zuschüssen aus dunklen Quellen angereichert zu werden. Hondo war nämlich für ein paar Jahre Barkeeper in einem Bordell in Schwabing Nord, bis er sich in eins der Mädchen verliebt hat und ziemlich übel von Barts Bande zugerichtet wurde. Deswegen rät er mir auch, Bülent samt seiner Kohle abzuschreiben. Und er entschuldigt sich bei mir. Wenn er gewusst hätte, dass die Ukrainer in Bülents Café aufschlagen würden, hätte er mich dort sicher nicht hingeschickt.
Die Zeit rast nur so an uns vorbei, und es ist kurz vor acht, als Aylin in Begleitung von Malea zurückkehrt. Die beiden postieren sich vor Hondo und mir. Wir beide schweigen und warten ab, was sie zu sagen haben.
»Jens«, beginnt Aylin. »Stell dir vor, du wärst Hondo. Mit welcher von uns beiden würdest du lieber zusammen sein?«
»Was soll denn das bringen? Ich weiß, dass er dich will. Ende.«
»Das ist keine Antwort auf die Frage von meiner Mama. Du kannst ruhig zugeben, wenn du lieber mit mir schlafen würdest.«
»Nein, nein. Ich will mit keiner von euch beiden ins Bett. Ich bin verlobt. Und Hondo, ich meine, hey, er quält sich durch die ganzen Regeln des jüdischen Lebens, geht zum Rabbiner und in die Synagoge –«
»Psst«, psstet Hondo.
»Was denn? Ich finde es einen sehr großen Beweis deiner Liebe, dass du für Aylin Jude werden willst.«
»Was willst du?«, hakt Aylin ungläubig nach.
»Na ja, ich dachte, du findest das gut«, stammelt Hondo.
»Wie jetzt? Ich bin davon ausgegangen, dass sie dich nur heiratet, wenn du konvertierst.«
»Heiraten?«
Aylin scheint über Hondos Pläne für die gemeinsame Zukunft nicht besonders gut informiert zu sein. Und ich habe das komische Gefühl, dass sie von ihnen auch nicht durch mich hätte erfahren sollen. Da ich mich nun aber schon ins Zentrum der Aufmerksamkeit gespielt habe, nutze ich den Moment, um alles klar auszusprechen: »Ja. Malea ist in seinen Augen so was wie seine Tochter. Deswegen würde er auch nie einen schmutzigen Gedanken haben, in dem sie vorkommt.«
»Jetzt reicht’s, Jens«, mischt sich endlich Hondo ein.
»Stimmt das?«
»Ja, schon. Aber weil wir uns halt noch nicht so lange kennen, wollt ich damit noch warten. Weißt du, damit ich sicher sein kann, dass du das halt auch vielleicht willst. Und dass Malea mich halt kennenlernt, so wie dass ich bin. Und sich an mich gewöhnen tut.«
Es ist zu niedlich, wie ihm die Sprache entgleitet, wenn Hondo emotional wird. Doch Aylin geht es gerade nicht besser. Ihre Augen werden glasig, und sie bewegt sich, mit angemessener Theatralik, langsam auf Hondo zu.
»Aber bitte, dann frag mich. Und komm ja nicht auf die Idee, Jude zu werden. Nicht für mich.«
»Ja, aber …«
»Frag mich!«
»Okay. Willst du mich heiraten, wenn ich Jude bin?«
»Nein, ich will dich sofort. Und wenn du dich trotzdem meinem Glauben anschließen willst, dann mach das danach.«
»Echt?«
»Aber natürlich.«
Sie hat seine beiden Hände ergriffen, hält sie fest gedrückt und schaut Hondo tief in die Augen. Da löst er sich mit einer schnellen Bewegung aus ihrem Griff und wendet sich Malea zu.
»Was sagst du? Ich wär dann so was wie dein Vater, aber halt mehr Freund. So eine Mischung aus dem.«
»Cool«, lautet Maleas Segen, und dann reißt Aylin ihren frischen Verlobten wieder zu sich herum und küsst ihn leidenschaftlich. Malea verdreht die Augen und sieht dann zu mir.
»Ich glaube, wir sollten hier raus. Hast du was vor?«
»Nee, hatte ich. Aber dafür ist es nun zu spät.«
»Dann kannst du ja mit zu mir hoch. Film schauen oder so.«
Warum nicht. Sie ist bald die Tochter eines guten Freundes, da sollte es schon in Ordnung sein, ein paar Videos zusammen zu schauen.