KAPITEL 15
Im finstersten Herzen der Pyramide, dort, wohin noch keiner von Weylands Forschern vorgedrungen war, erwachten teuflische Maschinen mit heiserem Grollen zum Leben. In einer großen Steinkammer, in der sich ein See aus kräuselndem, eiskaltem Dunst erstreckte, ertönte ein röchelndes Echo unter der nebligen Oberfläche.
Stachelige, rasiermesserscharfe Ketten baumelten aus engen Schlitzen in der hohen, gewölbten Decke und hingen bis tief in den wabernden, geisterhaften Nebel. Die Ketten klirrten und rasselten und wurden dann plötzlich strammgezogen, als unsichtbare Winden ein massives Objekt aus dem kochenden See hoben.
Zuerst kam ein langer, gebogener Knochenkamm hervor, mit gewellten und geriffelten Konturen, die an Korallen erinnerten. Der Knochenkamm war mit hauchdünnen Rissen übersät, ähnlich uraltem Elfenbein. Seine harten, gehörnten Ränder waren von spitzen Haken durchbohrt, an die Ketten geschweißt waren. Direkt unter dem Kamm ragte ein augenloser, verlängerter Kopf hervor.
Mit jeder Drehung der unsichtbaren Flaschenzüge wurde mehr von der Kreatur enthüllt. Der absonderlich geformte Kopf saß auf einem langen segmentierten Hals, um den herum eine knöcherne Schale wucherte, die mit maschinenähnlichen Leitungen überzogen war. Das knochige Rückgrat der Kreatur hatte ungefähr die Länge eines Blauwals und war mit scharfen, gebogenen Stacheln besetzt. Ihren Oberkörper schützte ein dicker Panzer, der sich zu der unglaublich schmalen Hüfte und dem beinahe skelettartigen Becken hin verjüngte.
Lange schwarze Röhren wuchsen zu beiden Seiten aus dem Rücken des Monsters und an den dünnen, drahtigen, insektenhaften Armen saßen sehnige Hände, die gespenstisch menschlich aussahen. Trotz der enormen Größe – die sogar die des legendären Tyrannosaurus Rex übertraf – schien sich die imposante Kreatur durch Stärke, Flinkheit und Beweglichkeit auszuzeichnen.
Offensichtlich war sie auch gefährlich. Zusätzlich zu den grausam wirkenden Halterungen, die durch den Haubenkamm gestochen waren, lagen die Arm- und Handgelenke der Bestie in stacheligen Ketten, ebenso ihre Rippen, Schulterbeine und Schulterblätter. Alles nur, um die Kreatur unbeweglich zu halten.
Und da war noch mehr.
Durch den Nebel konnte man eine riesige Maschine erkennen, die grotesk, ja beinahe organisch anmutete. Schläuche voller gefrorener Flüssigkeit, verdrehte Leitungen und Drähte, die an Innereien erinnerten, gingen von dieser Maschine aus und bohrten sich an hunderten Stellen in den Körper der Kreatur, wie eine brutale, mittelalterliche Foltervorrichtung. Viele der größeren Leitungen liefen am Unterleib des Monsters zusammen, dort, wo in einer bizarren biotechnologischen Symbiose direkt unter dem verjüngten Becken ein bauchiger, segmentierter und beinahe durchsichtiger Schwanz nahezu vollständig mit der Maschine verschmolz.
Während die Kreatur immer weiter aus dem wogenden Dunst gezogen wurde, kamen weitere Fesseln zum Vorschein – Halterungen waren an jeder Extremität angebracht. Die Ketten spannten sich weiter und die Arme des Aliens wurden mit Gewalt auseinandergezogen, bis sich der verlängerte Kopf zu einer merkwürdig königlichen Pose hob, in der der Kamm des Hinterkopfes wie eine abscheuliche Krone wirkte.
Mit einem letzten Klirren rasteten die Ketten ein. Die Alien-Königin schwebte bewegungslos ausgespreizt über dem Nebelmeer, wie ein im Flug gefangener Drache. Zapfen aus gefrorenem Geifer hingen von ihrem Kiefer und eine Schicht aus Frost bedeckte ihren schwarzen Hinterleib, sodass nur schwer zu erkennen war, wo das unmenschliche Fleisch aufhörte und die biomechanische Maschine begann.
Ein scharfes Krachen erklang, als das Eis um das Maul der Kreatur zerbarst. Eissplitter fielen ab, dann folgten größere Brocken, während sich der Riss zu einem Spalt ausdehnte und mehr und mehr Eis in den kräuselnden Dunst hinunterfiel.
Mit einem bestialischen Fauchen öffnete sich der sperrige Kiefer der Königin und gab ein zweites Maul darin frei. Knirschend schnappten die Fänge in der Luft. Die Alien-Königin steigerte sich in einen Tobsuchtsanfall und zerrte an den unzerbrechlichen Ketten, die sie hielten. Sie schlug um sich, fletschte mit den Zähnen und ließ die Ketten rasseln, während sie in einem vergeblichen Fluchtversuch den Kopf von einer Seite zur anderen warf.
Der Kampf währte mehrere Minuten und in alle Richtungen flogen Eis und heißer Geifer. Aber bald darauf ergab sich die Kreatur und sackte schlaff an ihren Ketten zusammen. Trotz ihrer immensen Größe und ihrer übernatürlichen Kraft musste die Alien-Königin einsehen, dass sie in dieser Kammer lediglich eine Gefangene und Sklavin war, die einem grausamen, noch nicht benannten Herrn diente.
Im Inneren des biomechanischen Apparates wurde Energie erzeugt und Pumpen sprangen an. Elektrische und chemische Impulse wurden durch die Unzahl von Schläuchen und Drähten geleitet, die tief in den Körper der Alien-Königin reichten, um dort ganz spezifische Funktionen in der Anatomie des Monsters anzusprechen.
Der Unterleib der Königin begann zu zittern. Roter Schleim begann unter der klaren Haut des Schwanzes zu brodeln und zu blubbern. Das gepanzerte Fleisch oberhalb des Beckens fing an zu zucken und klumpige, gallige Tropfen strömten auf die Metallrutsche, die den Apparat mit einem Förderband verband.
Die erste Geburt war schmerzhaft.
Die Königin zappelte und zerrte an ihren Ketten. Dann hob sie unter enormer Anstrengung den Kopf, stemmte sich gegen die Haken, die ihre Krone festhielten, und stieß einen hohen, kreischenden Schrei aus, während sich eine fleischige Falte an der Unterseite des Schwanzes öffnete und ein lederner Sack herausplumpste. Eingehüllt in Schleim rutschte das Ei die Schräge hinab und kam auf einem ausgehöhlten Stein zum Stehen.
Der Steinblock, der das Ei trug, glitt über eine Spur, die in einen Sims entlang der Wand gehauen war, bis er zu einer weiteren Maschine kam. Hier fuhren aus einer Spalte in der Wand Roboterarme, die eher an eine abstrakte Plastik als an funktionelle Maschinerie erinnerten.
Starkes Laserlicht strahlte auf das Ei, um seinen Inhalt sichtbar zu machen: eine bewegungslose Missbildung. Mit metallischem Summen ließ die Maschine das Ei los und es führte seine Reise entlang des Simses fort, bis es eine Steintür erreichte, die sich knirschend öffnete.
Hinter dieser Tür fauchte ein Hochofen, und die züngelnden Flammen erleuchteten die Kammer mit einem höllischen, unnatürlichen Glühen. Der Stein trug das Ei bis zur Schwelle des Ofens und kippte es hinein.
Als die Alien-Königin sah, wie ihr Ei zerstört wurde, begann sie von Neuem, um sich zu schlagen, und zerrte bei dem Versuch, ihren verlorenen Nachwuchs zu retten, an ihren Ketten. Minuten später rollte ein weiteres Ei auf das Band, nur um ebenfalls abgelehnt und verbrannt zu werden, ebenso wie ein drittes.
Aber als das vierte Ei gescannt wurde, reagierte die Gestalt, die darin trieb, indem sie ihren Schwanz peitschenartig herumwirbelte. Ein weiteres Paar Roboterarme schob sich aus einer Klapptür in der Wand, griff das fruchtbare Ei und trug es davon.
Noch einmal bäumte sich die Alien-Königin gegen ihre Ketten auf und ließ ihrem Zorn und ihrer Frustration freien Lauf, indem sie ein lautes Heulen ausstieß, das in der ganzen Pyramide widerhallte.