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DIE ATHENA-GRUPPE hatte der Aufnahme aus dem Aufenthaltsraum gebannt gelauscht. Der Ton war schlecht gewesen, dumpf und von lautem Rascheln gestört.
»Wird sich das die ganze Zeit so anhören?«, fragt Pollock.
»Sie hat das Mikrofon noch nicht installiert. Vielleicht trägt sie es in der Tasche«, antwortet Johan Jönson.
»Hoffentlich gibt es keine Leibesvisitation.«
Sie hören sich die Aufnahme ein weiteres Mal an. Sagas Hosenbund raschelt, und man hört ihre Atemzüge begleitet von dem dumpfen Pochen des Laufbands und dem Ton des Fernsehers. Wie Blinde werden die Ermittler nur mit Hilfe ihres Gehörs in die Welt der geschlossenen Abteilung geführt.
»Obrahiim« hört man plötzlich eine schlaffe Stimme sagen.
Die ganze Gruppe konzentriert sich schlagartig.
Johan Jönson stellt etwas lauter und schaltet einen Filter ein, um das Rascheln zu unterdrücken.
»Da ist er«, fährt der Mann fort. »Ich würde ihn zu meinem Sklaven machen, meinem Skelettsklaven.«
»Im ersten Moment habe ich gedacht, das wäre Jurek Walter«, sagt Corinne lächelnd.
»Oh, verdammt«, fährt die Stimme fort. »Guck dir die Lippen an … ich würde …«
Schweigend lauschen sie dem aggressiven Sprachstrom des anderen Patienten und hören, dass das Personal schließlich eingreift. Danach ist es kurz still. Anschließend befragt der Patient Saga eingehend und misstrauisch über Karsudden.
»Das macht sie gut«, sagt Nathan Pollock verbissen.
Schließlich hören sie, dass Saga den Aufenthaltsraum verlässt, ohne das Mikrofon platziert zu haben.
Sie flucht leise vor sich hin.
Dann herrscht Stille, bis das elektrische Schloss der Tür surrt.
»Eins steht jedenfalls fest, die Technik funktioniert«, meint Pollock.
»Die arme Saga«, flüstert Corinne.
»Sie hätte das Mikrofon installieren sollen«, meckert Johan Jönson.
»Das ging anscheinend nicht.«
»Aber wenn sie erwischt wird, dann ist es …«
»Das wird sie schon nicht«, unterbricht Corinne ihn.
Sie lächelt und breitet ihre Arme aus, so dass sich der angenehme Duft ihres Parfüms im Raum verbreitet.
»Bisher kein Jurek Walter«, stellt Nathan Pollock fest und wirft Joona einen kurzen Blick zu.
»Was ist, wenn er vollkommen isoliert wird, dann ist das alles hier umsonst«, seufzt Jönson.
Joona sagt nichts, aber er denkt darüber nach, dass bei der Aufnahme etwas vermittelt wurde. Minutenlang hatte er das Gefühl, die Präsenz Jurek Walters fast körperlich zu spüren. Als halte Jurek Walter sich im Aufenthaltsraum auf, auch wenn er nichts sagte.
»Wir hören es uns noch einmal an«, sagt er und schaut auf die Uhr.
»Musst du weg?«, erkundigt sich Corinne und hebt ihre dichten schwarzen Augenbrauen.
»Ich bin verabredet«, sagt Joona und erwidert ihr Lächeln.
»Endlich ein bisschen Romantik …«