16

Es wurde kalt. Nicht nur frostig, sondern richtig kalt. Zeke und die Männer hatten gerade fast alle nötigen Wartungsarbeiten erledigt; noch eine Woche, und sie wären damit fertig, und er hatte die Zahl der Angestellten für die Winterzeit reduziert. Darby und Bo würden in den Süden ziehen, um an der Rodeo-Saison teilzunehmen, Patrick und Eli würden weiter südlich nach Arbeit suchen, die sie bis zum nächsten Frühjahr über Wasser hielt – vielleicht aber auch nicht, er wusste nie genau, ob sie zurückkommen würden oder nicht, obwohl es in den letzten beiden Jahren so gewesen war. Kenneth und Micah würden hierbleiben; als verheiratete Männer blieben sie an Ort und Stelle und standen zur Verfügung, wenn er sie den Winter über brauchte. Walt war festes Inventar, und Spencer war auf dem besten Weg dahin, obwohl der Junge sich im Winter eine Zeit lang freinehmen würde, um seine Familie zu besuchen.

Der Beschäftigungsplan war den Männern kein Geheimnis. Die Arbeit auf einer Ranch war saisonal bedingt. Als sie die Reparatur an einer Pumpe beendeten, richtete Darby sich auf und rollte seine Schultern. »Das wär’s dann wohl, Boss?«

»Sieht ganz so aus. Noch eine Woche, vielleicht.«

»Schätze mal, Sie kommen ohne mich klar? In Tuscon findet ein Rodeo statt, bei dem ich gern aufschlagen würde, bevor ich weiter nach Texas fahre.«

»Klar, wir schaffen den Rest schon.«

»Haben Sie was dagegen, wenn ich früher zur Baracke zurückgehe, um mein Zeug zusammenzupacken? Ich habe vor, morgen schon früh aufzubrechen.«

Zeke warf Walt einen Blick zu, um stillschweigend zu fragen, ob Walt etwas auf dem Plan hatte, wofür er Darbys Hilfe brauchte. Walt zuckte nur mit den Schultern.

»Dann geh, wir kommen hier zurecht.«

»Danke.« Darby sammelte sein Werkzeug ein, lud alles in einen der Pick-ups und zog los. Sie hatten vier Pick-ups hier, daher würden die restlichen drei für die anderen Männer reichen.

Darby war zehn Minuten fort, als Zeke ein ungutes Gefühl beschlich. Erstens hätte Darby am Abend reichlich Zeit zum Packen gehabt; schließlich brauchte er keinen Umzugswagen. Zweitens war Carlin dort allein, und obwohl sie noch immer gewissenhaft die Tür abschloss, war dies auch die Tageszeit, in der für gewöhnlich alle Männer unterwegs waren und sie in der Baracke und in Walts Hütte ein wenig sauber machte.

Schon möglich, dass es nichts war. Soweit er wusste, hatte Darby sich seine erste Warnung zu Herzen genommen und Carlin in keiner Weise belästigt. Außerdem kannte er nicht unbedingt ihren Hausreinigungsplan, es sei denn, er war zufällig einmal zurückgegangen, um ein benötigtes Werkzeug zu holen, und hatte festgestellt, dass sie aus der Baracke kam oder hinüberging. Das war eine Strecke. Aber … ob Darby wusste, wie fanatisch sie die Türen verschlossen hielt, während sie im Haus war? Ihr Erlass über Schlösser hatte sich nicht auf die Baracke ausgeweitet, denn dort war sie nicht allzu oft. Sie wischte Staub, putzte die Böden, und der Rest war den Rancharbeitern überlassen, die ihren Bereich sauber halten mussten.

Soweit er wusste, waren die abgeschlossenen Türen bei den Männern nie ein Thema gewesen. Er wusste von den Schlössern, Spencer wusste davon. Aber er hatte es nie erwähnt und glaubte auch nicht, dass Spencer darüber gesprochen hatte, es sei denn nachts in der Baracke.

Er machte sich Sorgen um nichts.

Andererseits war ihm wie allen anderen aufgefallen, wie betont kühl sie Darby behandelte. Das hatte viele Witze zu Lasten des Rancharbeiters nach sich gezogen, was Darby nicht gut aufgenommen hatte. Er besaß ein übergroßes Ego, vielleicht durch die Rodeo-Fans, womöglich war es einfach seine Art. Er hatte bereits mit einer Haushälterin Probleme gemacht, obwohl es nicht nur Darby war, sondern auch noch zwei andere damit zu tun hatten.

Aber würde er einen Groll gegen Carlin hegen? Oh, Scheiße, ja.

Zeke ließ sein Bauchgefühl noch eine Weile unbeachtet, richtete sich dann auf und zog die Handschuhe aus. »Ich gehe zurück zum Haus«, sagte er abrupt. »Ich traue Darby nicht.«

Walt straffte sich auch und dachte eine Weile darüber nach. »Gute Idee. Wir kommen mit.«

Alle stiegen in die restlichen Pick-ups. Die Arbeit würde heute nicht fertig werden, dachte Zeke, na und? Sich zu vergewissern, dass es Carlin gut ging, war wichtiger.

Er trat fester auf das Gaspedal als sonst üblich, und der Wagen holperte hart über den kalten, unebenen Boden der Weide. Der Weg, über den sie normalerweise gefahren wären, war glatter, aber ihm ging es eher um Schnelligkeit als um Bequemlichkeit oder die Federung des Wagens. Die beiden anderen Pick-ups folgten ihm.

Spencer hielt sich auf dem Beifahrersitz mit seinem gesunden Arm fest. Ausnahmsweise lächelte er nicht. »Ich glaube nicht, dass Darby Miss Carly verletzen würde«, sagte er, offensichtlich in Sorge. »Aber er könnte sie irgendwie anmachen und sie aus der Fassung bringen.«

Zeke knurrte. Er war nicht bereit, ein Risiko für ihre Sicherheit einzugehen, basta. Wenn er sich damit zum Narren machte, dass er ihr zu Hilfe eilte, wenn keine Rettung erforderlich war, wenn Darby in der Baracke war und seine Sachen packte, wie er es gesagt hatte, und Carlin in der Küche das Abendessen kochte, dann sollte es ihm recht sein. Doch dass selbst Spencer, der für gewöhnlich von allen nur das Beste annahm, der Meinung war, Darby könnte etwas bei Carlin probieren, brachte ihn dazu, noch schneller zu fahren. Darby hatte einen Vorsprung von zehn Minuten, aber wenn er die Weide in dem Tempo hinter sich brachte, könnte er das meiste davon aufholen.

Die Jungs hielten die Baracke einigermaßen sauber. Wenigstens kümmerten sie sich um ihre Wäsche und ließen ihren Müll nicht im Gemeinschaftsraum herumliegen. Carlin betrat nicht ihre Zimmer, allerdings ging sie jeden Tag durch den Gemeinschaftsraum und schaffte rasch Ordnung; insgesamt verbrachte sie ungefähr eine halbe bis Dreiviertelstunde in der Baracke, und wenn Walt sie gebeten hatte, auch in seiner Hütte nach dem Rechten zu sehen, unterzog sie diese ebenfalls einer schnellen Reinigung, aber das nahm nur selten mehr als fünfzehn Minuten in Anspruch. Sie musste auch nicht alles auf einmal machen. Sie konnte sich ihre Zeit selbst einteilen, je nachdem, was sonst noch zu tun war. Sie wischte auf, ging dann wieder ins Haus und setzte eine Ladung Wäsche auf, oder fing mit der nächsten Mahlzeit an, bevor sie die Arbeit dort zu Ende brachte.

Sie wischte gerade Staub und war mit der Baracke fast fertig, als sie einen Pick-up vorfahren hörte. Sie war inzwischen an den Rhythmus und die Routine der Ranch gewöhnt und registrierte sofort, dass der Wagen von hinten statt über die Straße gekommen war, die zum Haus führte, und das hieß, es war einer der Ranchlaster. Die Männer gingen alle dringenden Reparaturarbeiten draußen nach, daher hatte Zeke wahrscheinlich jemanden zurückgeschickt, um ein Werkzeug oder ein Gerät zu holen, das sie brauchten. Sie fuhr in ihrer Tätigkeit fort und dachte sich nichts weiter, obwohl sie mit halbem Ohr hinhörte, ob der Wagen wieder abfuhr.

Da die Tür wegen der kalten Witterung geschlossen war, vernahm sie keine Schritte, die sich der Barackentür näherten. Abrupt wurde die Tür aufgerissen, und die Umrisse eines muskulösen, untersetzten Mannes zeichneten sich vor dem Sonnenlicht ab. Erschrocken fuhr Carlin zusammen. Der Mann im Türrahmen blieb auch kurz stehen, ging dann weiter in die Baracke hinein und schloss die Tür hinter sich.

»Sieh mal einer an, wen wir da haben«, sagte Darby schleppend, sein Blick wanderte an ihr herunter.

»Ich bin gerade fertig«, sagte sie ohne Betonung und begab sich in den Küchenbereich. Der Gemeinschaftsraum war offen, Küche, Esszimmer und Wohnzimmer in einem. Sie wollte nicht nur ein paar Möbel zwischen sich und Darby bringen, sondern auch näher an den Messerblock auf der Arbeitsplatte kommen.

»Wegen mir brauchen Sie sich nicht zu beeilen.« Er lehnte sich mit der Schulter an den Türrahmen und sah ihr mit verschleiertem Blick zu. In seinen Augen schimmerte Verärgerung, die in seiner Bemerkung offen zutage trat. »Ich bin hergekommen, um meine Sachen zu packen. Ich breche morgen auf.«

Gott sei Dank, lag ihr auf der Zunge, aber sie sagte nichts, sondern nickte knapp.

Der Schimmer in seinen Augen veränderte sich. »Sie könnten mir ein Lächeln zum Abschied schenken, verstehen Sie.«

Angst legte sich wie eine kalte Hand um ihren Magen. Sie war hier mit ihm allein; vorher war immer noch jemand draußen in Hörweite gewesen, falls sie schreien sollte. Heute könnte sie sich die Lunge aus dem Hals schreien, und niemand würde es mitbekommen. Aber sie würde sich hüten zu zeigen, wie verängstigt sie war. Sehr überlegt streckte sie den Arm aus, zog das größte Messer aus dem Block und drehte die Klinge so, dass sie das Licht einfing.

Sie sagte nichts, sondern stand einfach da mit dem Messer in der Hand. Ihr Herz hämmerte stark, und sie war erstaunt, dass er es nicht hörte, aber sie würde sich ums Verrecken nicht anmerken lassen, wie groß ihre Angst war. Darby war nicht besonders groß, aber ein Muskelpaket, und wenn er sie in die Finger bekam, wusste sie nicht, ob sie sich befreien könnte. Wenn er glaubte, er könnte zu Schaden kommen, würde er sich vielleicht zurückziehen. Vielleicht.

Stattdessen wurde sein Blick immer niederträchtiger. Er trat einen Schritt auf sie zu.

»Zurück«, sagte Carlin, rührte sich nicht von der Stelle und schaffte es, einen unbeteiligten Tonfall beizubehalten.

»Sonst was?«, schnaubte er verächtlich. »Sie werden mit dem Messer da auf mich losgehen? Das glaube ich nicht.« Er trat noch einen Schritt vor.

»Überlegen Sie es sich gut.« Rasch packte sie ein weiteres Messer aus dem Block und hielt beide gegen ihn gerichtet. Er konnte einen Arm packen und verdrehen, damit sie das Messer fallen ließ, aber dafür würde er beide Hände gebrauchen, und sie konnte unterdessen tun, was getan werden musste. Darby war ebenso wenig Selbstverteidigungskünstler, wie sie eine Kämpferin war; sie musste ihm eine Verletzung zufügen, und so wie es in seiner Miene aufflackerte, war er zu derselben Erkenntnis gekommen.

Er veränderte die Taktik, hielt beide Hände hoch, als wäre er völlig unschuldig, und lächelte sie an. »Hey, du willst doch keine Dummheit begehen. Ich versuche doch nur, freundlich zu sein. Du musst doch nicht gleich ausrasten. Ich schlage doch nur vor, dass wir ein bisschen Spaß miteinander haben, bevor ich abreise. Ich kann dir einen guten Ritt versprechen, aber ohne die Acht-Sekunden-Stoppuhr für mich, wenn du weißt, was ich meine.«

»Nicht so richtig«, entgegnete sie kühl, obwohl sie natürlich wusste, da sie in Texas lebte, dass der Ritt auf einem Bullen acht Sekunden dauerte – falls der Reiter so lange oben blieb.

Er trat noch einen Schritt vor. »Spiel nicht die Unschuldige. Ich kann mir vorstellen, dass du dem Boss jede Nacht alles gibst, was er braucht, sobald die Lichter ausgehen. Das macht mir nichts – und ihn macht nicht heiß, was er nicht weiß.«

»Wenn Sie noch einen Schritt weiter gehen, dann werde ich bestimmt dafür sorgen, dass er es erfährt.« Sie spürte, wie sie anfing zu zittern, was sie zu verbergen versuchte. Er sollte auf keinen Fall merken, wie ängstlich sie war, denn das würde seinen Mut nur anstacheln. Eiskalte Schauer liefen ihr über den Rücken, Grauen setzte sich in ihrem Magen fest.

»Sei doch nicht so, Süße. Du hast einen hübschen Mund, weißt du? Wir müssen ja nicht ficken. Du kannst mir ja auch einen blasen. Du siehst aus, als könntest du den Chrom von einer Stoßstange saugen …«

Die Tür hinter ihm flog auf, Darby zögerte und drehte sich halb zu dem Neuankömmling um. Zeke füllte den Türrahmen aus. Carlins Knie gaben nach, ein Röcheln drang aus ihrer Kehle, als sie ihn sah.

Zeke schaute kurz zu Darby, dann zu Carlin hinüber. Sein Blick fiel auf die beiden Messer, die sie in Händen hielt, wanderte zurück in ihr kreidebleiches Gesicht und nahm dann wieder Darby aufs Korn. Die Tragweite der Szene war eindeutig, die Anspannung, oder der Grund, warum sie mit zwei Messern in Abwehrhaltung dort stand. Noch nie hatte sie ihn so gesehen, unter seiner Sonnenbräune erblasst, die Augen wie grünes Eis.

»Boss, ich …«, hob Darby an. Zeke trat einen großen Schritt vor und schlug zu, ein mächtiger Kinnhaken, nach dem Darby rückwärts auf einen Fernsehsessel krachte. Der Sessel kippte nach hinten und nahm einen Tisch und eine Lampe mit. Die Lampe zerbrach, Keramiksplitter flogen umher. Zeke stürzte sich auf den Mann wie ein Panther auf seine Beute, packte ihn am Gürtel und schleuderte ihn buchstäblich zur Tür. »Halt! Nichts …«, konnte Darby gerade noch schreien, bevor Zeke wieder bei ihm war und ihn diesmal vollends zur Tür hinauswarf.

Carlin rührte sich nicht. Sie konnte es nicht, jetzt nicht. Sie atmete schwer und hatte das Gefühl, ohnmächtig zu werden. Tränen brannten in ihren Augen, und sie blinzelte, um sie zu unterdrücken. Sie hielt sich noch immer an den Messern fest, warf gerade rechtzeitig einen Blick aus dem Küchenfenster, um zu sehen, wie Zeke mit einer Hand Darby am Hemd packte und mit der anderen großen Faust auf Darbys Gesicht einschlug. Blut und Rotz flogen umher.

Zwei Männer kamen eilig in die Baracke. Blinzelnd erkannte sie Walt und Spencer. Die beiden kamen schlitternd zum Stehen und starrten auf die Messer. Carlin schaute auf ihre Hände. Ein Messer war ein großes Kochmesser, das andere ein gezacktes Brotmesser. Wie Zeke war auch ihnen sofort klar, warum sie die in den Händen hielt.

Ganz vorsichtig drehte sie sich um und ließ die Messer wieder in die entsprechenden Schlitze des Holzblocks gleiten.

»Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Miss Carly?«, fragte Walt in rumpelndem, behutsamem Tonfall.

Sie holte tief Luft, versuchte ihre Stimme in den Griff zu bekommen, damit sie lauter als ein Piepen war. »Ja. Er hat nichts gemacht. Er hat einfach nur Quatsch geredet und sich hineingesteigert, aber – noch nicht.« Sie klang mickrig, selbst in ihren eigenen Ohren, aber wenigstens weinte sie nicht.

»Gut so.«

Sie schaute wieder aus dem Fenster. Darby hatte sich gefangen und landete selbst ein paar Hiebe. Sie zuckte zusammen und wandte den Kopf ab. Vage beschlich sie das Gefühl, etwas unternehmen zu müssen, damit der Kampf aufhörte – machten Frauen das nicht immer? –, aber sie hatte nicht die Kraft. Im Übrigen gefiel es einer primitiven Seite in ihr, zuzusehen, wie Darby zusammengeschlagen wurde. Obwohl sie nicht mochte, dass Zeke auch ein paar Hiebe einsteckte.

»Sollten … sollten wir Zeke nicht aufhalten?«, fragte sie.

Spencer schaute zur Tür hinaus und stülpte die Lippen vor, als er die Szene betrachtete. Faustschläge, Flüche und schlurfende Schritte waren laut und deutlich zu hören. »Noch nicht. Soll der Boss ruhig noch ein paar Treffer landen.«

Carlin zog einen Stuhl hervor und setzte sich. Ihre Knie waren butterweich, und wie es aussah, würde es noch eine Weile dauern.

Sie irrte sich. Nach ein paar hastigen Faustschlägen sagte jemand – sie glaubte, es war Micah: »Das reicht, Boss. Er muss noch in so gutem Zustand sein, dass er fahren kann.«

»Da ist was dran«, knurrte Zeke nach ein paar schweren Atemzügen. »Steh auf, Arschloch. Pack deine Sachen und verschwinde, und komm nicht auf die Idee, im Frühjahr wieder hier aufzutauchen.«

»Als ob ich in diesem Scheißloch mitten im Niemandsland arbeiten wollte«, brummte Darby mit belegter Stimme zurück. Carlin hörte, wie er ausspuckte. »Ich werde Strafanzeige gegen Sie wegen Körperverletzung stellen.«

»Körperverletzung, dass ich nicht lache«, sagte ein anderer verächtlich. Eli. »Ich habe gesehen, wie du aus deinem eigenen verdammten Laster gefallen bist.«

»Jaah. Und ich kann mich daran erinnern, wie du vor uns allen damit angegeben hast, dass du einen Unfall inszenieren und den Boss beschuldigen willst.«

Das war Bo.

»Ihr dreckigen Lügner!«

»Ich habe keine einzige Lüge aus ihrem Mund gehört«, warf Spencer von der Tür her ein, sein unschuldiges Gesicht jungfräulich wie das einer Nonne.

»Ich helfe dir beim Packen.« Das war Kenneth. »Bleib einfach hier draußen stehen und ich werfe dir deinen Scheiß zur Tür hinaus. Du kannst ihn dann aufheben. Ich wette, du kannst in zehn Minuten verschwunden sein.«

Carlin war zum Heulen zumute. Diese Männer waren ihr in echter Western-Manier zu Hilfe gekommen. Zeke hatte sich ihretwegen auf einen Kampf eingelassen – nein, nicht ihretwegen, sondern weil Darby ein idiotisches Arschloch war. Egal, ihr zuliebe hatte er eine Schlägerei angefangen. Am liebsten hätte sie ihn geküsst. Sie alle. Und sie würde alles daransetzen, nicht zu weinen, denn das würde die Männer bloß in Verlegenheit bringen.

»Ich hätte nichts getan, was sie nicht wollte«, sagte Darby mürrisch, und vor Empörung sprang sie auf, vergessen waren die weichen Knie.

Walt warf ihr einen alarmierten Blick zu und stellte sich in die Tür, womit er sie praktisch versperrte. »Jaah«, sagte er verächtlich zu Darby. »Deshalb hatte sie zwei Messer in der Hand, was?«

Sie vernahm wütendes Raunen von den anderen Männern und etwas Abwehrendes von Darby, konnte jedoch nicht genau verstehen, was er sagte, was wahrscheinlich auch besser war.

Auf einmal war sie sehr müde und wollte nichts lieber, als wieder ins Haus zurück gehen. Schon bald müsste sie Darby nie wiedersehen, aber sie würde nicht zur Hintertür hinauslaufen, als hätte sie etwas getan, dessen sie sich schämen müsste. »Schon gut«, sagte sie und trat hinter Walt. »Er ist ein Idiot, aber mit mir ist alles in Ordnung, und ich möchte einfach nur rüber ins Haus und mit dem Abendessen anfangen.«

Walt schaute über seine Schulter und beäugte sie skeptisch, als wollte er ihren Zustand selbst beurteilen, und nickte zustimmend. »Na schön«, sagte er und trat beiseite.

Carlin sammelte ihr Putzzeug ein und ging zur Tür hinaus, schaute jedem einzelnen Mann in die Augen und bedankte sich leise. Zwei Männer standen vor Zeke, vermutlich weil sie sich nicht sicher waren, ob er nicht wieder auf Darby losgehen würde. Dennoch konnte sie sein Gesicht gut sehen; der Schaden sah nicht allzu schlimm aus, eine Wange war gerötet und könnte anschwellen, aber das war auch schon alles. Darby war nicht annähernd so gut weggekommen, aber egal. Sie scherte sich nicht die Bohne darum, in welchem Zustand er war, was etwas über sie als Person aussagen mochte, aber in diesem Augenblick war ihr das auch vollkommen schnuppe.

Dann blieb sie stehen und nahm Zeke kritisch in Augenschein. Was jetzt nur eine rote Stelle war, könnte sich zu einer schlimmen Prellung auswachsen, wenn es nicht sofort gekühlt wurde.

»Sie müssen auch mit ins Haus kommen«, sagte sie forsch. »Etwas Eis aufs Gesicht legen.«

»Seine Hände brauchen es noch dringender.« Spencer passte sich ihren Schritten an und nahm den Eimer mit Putzzeug in die gesunde Hand.

Das klang sinnvoll. Zeke hatte sich nicht gerührt, also blieb sie stehen, schenkte ihm einen vernichtenden Blick und zog die Augenbrauen hoch. Mehr wollte sie vor den Männern nicht sagen. Obwohl es ihr einen Mordsspaß machte, ihn abzukanzeln, wenn niemand zuhörte, verhielt sie sich im Beisein der Männer wenigstens so wie eine normale Angestellte.

»Spencer hat recht«, sagte Walt. »Wenn Sie Ihre Hände nicht kühlen, dann sind die morgen zu wund, um zupacken zu können.«

Dieses vernünftige Argument funktionierte, wenn Zeke auch aus Starrköpfigkeit so lange geblieben wäre, bis Darby gepackt und aufgebrochen war. Er war nicht mehr so blass wie zuvor, aber sein Kiefer wirkte wie Granit, seine Lippen waren ein dünner Strich, und Carlin spürte, dass nicht viel nötig war, um ihn wieder auf hundertachtzig zu bringen. Ihn abzukühlen war gut, in mehr als einer Hinsicht.

»Kommen Sie«, sagte sie, und er folgte ihr und Spencer zum Haus.

Carlin konnte nicht schlafen. Der Wind heulte und brachte kälteres Wetter mit, aber es war nicht nur der Wind, der sie wach hielt. Das Abendessen war eigenartig gewesen, mit einer unterschwelligen Anspannung, trotz Darbys Abwesenheit. Ihr Gruppengefühl war erschüttert worden, und obwohl Darby mit keinem von ihnen eng befreundet gewesen war, hatten sie im Allgemeinen sein Nörgeln hingenommen und waren mit ihm ausgekommen. Niemand riss Witze, wie sonst üblich. Andererseits schien er niemandem besonders zu fehlen, daher entschied Carlin für sich, dass alle ein wenig Zeit brauchten, um zur Ruhe zu kommen.

Die Knöchel an Zekes Händen waren aufgeschürft und blau angelaufen, obwohl die Schwellungen minimal waren, dank der Anwendungen von Eiswasser. Er konnte beide Hände bewegen und zu Fäusten ballen, also waren keine Knochen gebrochen. Sein linker Wangenknochen war geschwollen, aber auch hier hatten Eispackungen wahre Wunder gewirkt.

Der Gedanke, dass Zeke sich für sie auf eine Schlägerei eingelassen hatte – der machte ihr zu schaffen. Nach Brad war sie einfach nicht versucht gewesen, auf eine wie auch immer geartete Beziehung einzugehen, aber Zeke war so etwas wie ein Gegengift für Brad. Brad bedrohte sie, Zeke beschützte sie. Unter denselben Umständen dachte sie, wäre er für jede Frau eingetreten, nicht nur für sie, und das an sich tat schon weh, weil es für die Art Mann sprach, der er war.

Aber es war nicht nur das. Zwischen ihnen funkte es so stark, dass sie es immer weniger ignorieren konnte. Viel leichter wäre es, wenn sie ihn nicht hin und wieder dabei erwischte, wie er sie in einer Weise ansah, die zu viel verriet, mit einer verhüllten Eindringlichkeit, die ihr den Atem raubte. Wenn sie manche Männer dabei ertappte, sie im Geist auszuziehen, war sie wütend, als griffen sie auf ihre Privatsphäre über, auch wenn sie nichts sagten. Wenn Zeke sie mit dem Röntgenblick ansah, ging es ihr unter die Haut, und sie wurde unruhig.

Seitdem er sie in seinem Schlafzimmer erschreckt, sie auf einmal unter ihm gelegen und sich gewünscht hatte, was sie nicht haben konnte, aber gespürt hatte, dass er dasselbe wollte, war die Versuchung noch größer geworden.

Sie hätte diesen Ort vor Wochen verlassen sollen.

Sie könnte jetzt gehen. Heute Abend.

Aber sie wollte nicht. Sie war in einem Balanceakt gefangen: hier war sie vor Brad in Sicherheit, sie sackte Geld ein, und ihre Tätigkeit machte ihr sehr viel Spaß. Die andere Seite der Medaille war der emotionale Preis, den sie zu zahlen hatte, wenn sie hierblieb, und dieser Preis wurde mit der Zeit immer höher. Es musste einen Scheitelpunkt geben, aber sie konnte nur darauf bauen, dass sie wüsste, wann dieser Zeitpunkt gekommen war, wann sie das Gefühl hatte, dass der Preis für ihr Bleiben die Vorteile überwog. Dann müsste sie das Kapitel beenden.

Aber gerade jetzt musste sie sich um ihre Schlaflosigkeit kümmern. Ganz gleich, was heute geschehen war, morgen musste sie dennoch zur selben unchristlichen Zeit aufstehen und mit dem Frühstück anfangen. Sie musste sich entspannen, innerlich zur Ruhe kommen.

Sie warf die Bettdecke zurück und schlüpfte in die warmen Pantoffeln, die neben ihrem Bett standen, nahm den Bademantel, der über dem Fußende hing, und ging zielstrebig zur Tür. Ein Stück Apfelkuchen war noch übrig. Das und ein Glas Milch würden ihr beim Einschlafen helfen. Und wenn nicht, dann wäre sie immerhin schlaflos und glücklich statt schlaflos und verdrießlich. Die Gewinnchance war zwar nicht hundertprozentig, aber sie bestand.

Im Flur brannte ein Nachtlicht, ein weiteres in der Küche. Das Haus war still, bis auf das Geräusch des böigen Windes. Zeke war Frühaufsteher, was bedeutete, dass er auch früh zu Bett ging. Wahrscheinlich schlief er schon seit ein paar Stunden. Dass er sie von seinem Schlafzimmer oben hören konnte, war unwahrscheinlich, aber trotzdem gab sie sich Mühe, leise zu sein, während sie den Kühlschrank durchforstete.

Sie setzte sich mit dem letzten Stück Apple Pie an den kleinen Küchentisch, mit einer Gabel und einem kleinen Glas Milch. Die einfache Aufgabe, sich ihr Mitternachtshäppchen zusammenzusuchen, hatte ihre wirren Gedanken nicht beruhigt, und auf keinen Fall hatte sich der Wind dadurch gelegt, aber dennoch … Apfelkuchen würde alles besser machen.

Sie hörte ihn nicht kommen, hatte keine Ahnung, aber er war da, ohne Vorwarnung, ragte im Türrahmen zwischen Esszimmer und Küche auf, füllte den Raum und lud die Luft mit der Elektrizität, die Teil seiner Ausstrahlung war. Wenn er einen Raum betrat, nahm er ihn irgendwie in Beseitz.

Er blieb im Türrahmen stehen, Überraschung huschte ihm über das Gesicht. Natürlich war er überrascht; hätte er damit gerechnet, dass sie in der Küche war, wäre er wahrscheinlich nicht nur mit einer Jeans bekleidet heruntergekommen, was ihr zeigte, dass er nicht im Pyjama schlief – andererseits wusste sie das schon, denn sie versorgte seine Wäsche, und darunter war nicht einmal eine Schlafanzughose gewesen. Ob er nun nackt oder in seinen Boxershorts schlief, wusste sie nicht, und verflixt, sie wünschte, ihre Gedanken wären nicht in die Richtung gegangen, denn er sah verdammt gut aus. Keine Schuhe, kein Hemd. Groß und schlank und fest. Für diese Muskeln war er nicht im Fitnessstudio gewesen, er hatte sie auf altmodische Art erworben, mit harter Arbeit. Die nackte Haut seiner Schultern schimmerte, seine Arme waren kräftig und muskulös, seine großen Hände voller Schwielen, die Knöchel aufgeschunden von der Schlägerei am Nachmittag …

Diesmal brach sie nicht in Panik aus, denn an Panik war gar nicht zu denken. Sie schaute ihn an und musste schlucken, denn sie wusste, wie sich diese Muskeln anfühlten, wusste, wie seine Haut roch, wie warm, wie schwer er war – oh, dem Herrn sei Dank für den Kuchen, denn der gab ihr einen Vorwand, erneut schlucken zu müssen. Ihr lief buchstäblich das Wasser im Mund zusammen.

»Entschuldigung«, sagte er, wandte sich um und wollte schon wieder zurückgehen.

»Halt.« Sie wusste, das hätte sie nicht sagen sollen. Keine gute Idee. Das Klügste wäre, wenn er wieder zu Bett ginge. Vielleicht konnte sie vergessen, wie er aussah, barfuß und ohne Hemd. Vielleicht könnte sie vergessen, wie er roch. Jaah, und vielleicht würde sie einen Zauberstab unter ihrem Bett finden, den sie schwenken könnte, und all ihre Sorgen wären vorbei.

Aber das hier war schließlich sein Haus, und sie hätte ihn wirklich nicht aus seiner Küche vertreiben sollen, auch wenn sie diese Küche vorübergehend für ihre eigene hielt.

Er blieb stehen und drehte sich um. Das Licht an der Stelle, an der er jetzt stand, lieferte keinen so verlockenden Anblick, was auch gut war. »Was brauchen Sie?«

Er atmete kurz und scharf aus, fast wie ein Schnauben. »Ich bin wegen des letzten Stücks Apple Pie hier. Sie sind mir zuvorgekommen, offen und ehrlich.« Sie vernahm den leichten Humor in seiner Stimme. Der Biss fehlte, den sie so oft hörte, wenn er ihr das Leben schwer machte.

»Das Stück ist groß. Ich teile gern.« Bevor er protestieren konnte, stand sie auf und holte einen zusätzlichen Teller aus dem Schrank. Ebenso eine zweite Gabel und ein Messer, um den Kuchen durchzuschneiden. »Milch?«, fragte sie. Er war kein großer Milchtrinker, aber Kaffee war nicht da.

»Ich hole sie mir.«

Er schenkte sich ein Glas ein, während sie wieder an den Tisch ging, das Kuchenstück in zwei Hälften teilte und die größere Hälfte auf die andere Seite des Tisches schob. Zeke setzte sich, schaute abschätzend zwischen ihren beiden Kuchenstücken hin und her, zwinkerte ihr zu und begann zu essen. Carlin stellte fest, dass sie mit ihrem Kuchen spielte, einen kleinen Bissen nahm und die Kruste mit einem Zinken ihrer Gabel abschälte. Gute Güte, er hatte ihr zugezwinkert. Kein Flirt! Den konnte sie nicht zulassen.

Der Wind nahm zu, eine Bö, die heulend wie ein Wolf um das Haus fegte. »Der Wind ist anders«, sagte sie.

»Kaltfront«, erwiderte er.

»Das dachte ich mir schon.«

»Soll gegen Ende der Woche schneien.«

Du lieber Himmel, sie saß um Mitternacht in der schwach beleuchteten Küche mit einem halb nackten Mann, der sie vergessen ließ, dass sie eigentlich weiterziehen sollte, der ihr den Mund wässrig machte, der sie auf unzählige Arten verrückt machte, und sie sprachen über das Wetter. Wie erbärmlich war das denn? Noch erbärmlicher war ihre Dankbarkeit dafür, dass sie nur über das Wetter sprachen.

»Ich habe noch nie viel Schnee gesehen.« Es sei denn, man ließ leichtes Schneegestöber gelten – noch dazu seltenes. Sie konnte noch immer nicht glauben, dass sie, die Sonne und Strände liebte, freiwillig einen Winter in Wyoming verbringen wollte.

Er gab einen Laut von sich, der halbwegs nach Lachen klang. »Das wird sich ändern.« Er hob den Blick, harte grüne Laserstrahlen durchbohrten sie. »Sie wollen nicht weglaufen, oder?«

Wie kam er darauf, dass sie von Tag zu Tag stärker hin und her gerissen war? Sie wollte so gern hierbleiben, dass sie immer mehr Angst davor hatte. Sie versuchte, einen lockeren Tonfall anzuschlagen. »Ich dachte, Sie wollten mich nicht mehr hier haben. Spencer wird in ein paar Tagen seine Schlinge los, und er kann immer …«

»Versprechen Sie mir einfach, dass Sie nicht weglaufen.«

Carlin stocherte an ihrem Kuchen herum, nahm einen kleinen Bissen und spülte ihn mit Milch herunter. Sie spürte, dass Zeke sie anschaute. Spürte, dass er wartete. »Nein«, antwortete sie schließlich. »Ich verspreche es nicht. Aber ich gebe mir die größte Mühe, bis zum Frühjahr zu bleiben.« Das kam einem Versprechen, und einer Warnung, so nahe, wie es ihr möglich war.

Sie aß ihr Kuchenstück auf und trank ihre Milch, brachte Teller, Gabel und Glas zur Spüle, ließ Wasser darüber laufen und ließ alles stehen, bis sie nach dem Frühstück den Geschirrspüler anwerfen würde. Das nur zu einem schönen, entspannenden Stück Kuchen. Das nur zum baldigen Einschlafen. Der Mann, für den sie arbeitete, hatte es ihr angetan, und das gefiel ihr. Verdammt noch mal!

Und dann war er da, ging leise auf bloßen Füßen, stellte sein Geschirr auch ins Spülbecken. Er war so nah, dass sie seine Körperwärme spürte, und sie hätte schwören können, dass ihre sämtlichen Körperhaare aufrecht standen. Als würde Strom durch ihre Adern fließen, als wären ihre Innereien zu Feuer und Eis geworden. Sie wartete darauf, dass er sich entfernte, aber das geschah nicht. Er stand einfach nur da, ganz nah, warm, eine Versuchung.

Sie drehte den Kopf um und schaute hoch. Sie wusste nicht warum, aber sie konnte nicht anders. Wie das dumme Mädchen, das in den Horrorfilmen hinunter in den dunklen Keller geht. Da war er, die nackte Brust war direkt vor ihrer Nase. Sie musste sich nur ein paar Zentimeter nach vorn beugen und den Mund auf ihn legen, ihn schmecken … Sie zuckte zusammen, rückte aber nicht von ihm ab, nicht einmal, als Zekes Kopf näher kam, auf ihren Mund zu, seine Absicht so deutlich, dass sie jede Menge Zeit hatte, zurückzuweichen, ihm zu sagen, er solle aufhören … aber sie machte es nicht.

Er küsste sie. Kuss war ein viel zu simples Wort für das, was geschah, viel zu klein für die mächtige Verbindung, die sie bis ins Mark erschütterte. Sie spürte diesen Kuss in ihren Zehen, in den Haarspitzen, durch ihren ganzen Körper. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich lebendig, richtig lebendig. Mit seinem Mund auf ihrem dachte sie nicht ans Weglaufen, den heulenden Wind, den bevorstehenden Schnee oder an Brad oder Jina oder schmerzhafte Reue. Sie dachte überhaupt nicht. Sie spürte nur.

Langsam löste er den Mund von ihrem, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, als schmeckte er sie noch. Vielleicht war der grobe Laut, den er von sich gab, ein Schimpfwort; sie war sich nicht sicher. Sie wusste nur, dass der Kuss wunderbar gewesen war – mehr als das –, aber das musste hier ein Ende haben, sonst müsste sie weggehen.

Das war auch ihm allem Anschein nach klar. Er kam nicht wieder auf sie zu, legte die Arme nicht um sie. Sie hätte es so gern, aber, mein Gott, die Nummer eins auf der langen Liste der schlechten Ideen.

»Lass dir von mir helfen.«

Sie schüttelte den Kopf und wusste genau, was er meinte. »Nein, ich will dich nicht mit hineinziehen.«

»Du ziehst mich nirgendwohin. Ich möchte helfen.«

»Bring mir das Boxen bei. Das wird helfen.« Sie brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Dann muss ich vielleicht nicht mehr nach den Küchenmessern greifen.«

»Und schießen«, fügte er hinzu.

»Vielleicht.«

Er legte eine Hand unter ihr Kinn und stupste es hoch. Mit dem Daumen fuhr er ihr über den Kiefer. »Weißt du auch, dass du nie meinen Namen benutzt«, murmelte er.

»Tut mir leid, Mr. Decker.« Er hatte recht. Sie konnte nicht sagen warum, es sei denn, es war ein instinktiver – wenn auch vergeblicher – Versuch, ihn auf Abstand zu halten. Sie bemühte sich um eine ruhige Stimme, aber den Kampf verlor sie.

»In echt?« Sein Mund verzog sich belustigt. »Mr. Decker?«

»Dann eben nur Decker. Oder Boss.«

»Nein«, sagte er mit leiser Stimme. »Sag es, nur ein Mal.« Sein Daumen rieb über ihr Kinn. »Komm schon, Carlin, das ist doch nicht so schwer, oder?«

Sie sollte ihm zeigen, dass es nur ein Name war, nicht anders als die der anderen Männer. Aber es war anders, weil es sein Name war. Ihr Herz pochte.

»Gute Nacht, Zeke«, flüsterte sie.

Er lächelte. »Gute Nacht, Carlin.«

Dir bleibt nur Angst
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