18
Es war kalt und feucht.
Das Pochen in Lenas Schädel war unerträglich.
Das Licht der Öllampe teilte die Dunkelheit des kargen, fensterlosen Raums in Licht und Schatten.
Auf dem kalten Steinboden sitzend, lehnte sie mit dem Rücken an der Mauer.
Ihre Hände waren auf dem Bauch gefesselt. Der Gestank von Schimmel klebte wie Patina an ihren Schleimhäuten. Ihr Magen pumpte ätzende Säure in ihre Kehle.
Wie lange war ich ohnmächtig? Minuten, Stunden?
Der hat mich niedergeschlagen, im Klosterarchiv neben der Kapelle, während ich darauf gewartet habe, dass David zurückkommt.
Sein Blick war dunkel, während er auf sie hinabschaute. Das Licht der Öllampe spielte mit seiner dunklen Kutte und dem großen silbernen Kreuz auf seiner Brust.
»Was soll das, Mann? Lassen Sie mich gehen.«
»Du hättest nicht zurückkehren dürfen, Lena.«
»Sie verwechseln mich mit jemandem, Pater.«
»O nein.« Er lächelte.
Ihre Dienstpistole in seiner rechten Hand schimmerte. Langsam hob er den Arm und richtete die Halbautomatik auf sie.
»Nein. Hören Sie.« Lena drückte sich hastig an der Mauer hoch, bis sie stand. »Sie verwechseln mich.«
Flackernd hüpfte das Licht über seine Wangen, während er näher kam. »Lena Meissner, die Nichte von Magda Wagner. So hast du dich mir im Klosterarchiv doch vorgestellt.«
»Lassen Sie mich gehen.«
»Du weißt, das geht nicht. Du weißt zu viel.«
»Was soll ich wissen?«
Etwas in seinem Blick ließ sie erschauern, während er ihr ganz nah kam. Sein Atem war warm.
»Du bist schön, Lena. Schön wie die Sünde. Aber das weißt du natürlich und benutzt es. Satan hat Weiber wie dich erschaffen, um Männer wie mich, die ihr Leben Gott dem Herrn widmen wollen, willenlos zu machen. Du weißt es doch selbst. Du bist eine Hure.«
»Hören Sie auf!« Lena verkrampfte sich. »Sind Sie verrückt?«
Es war abscheulich, als ob sie in ein Fass voll stinkender Scheiße getaucht würde, als er ihr die Pistole mit der rechten Hand gegen die Schläfe drückte und mit der linken Hand sanft über ihre Wange strich.
»Mm, du riechst gut.« Sein warmer Atem streichelte ihr Gesicht. Schweiß glitzerte auf seiner Stirn, als er die Pistolenmündung von ihrer Schläfe zu ihrer Kehle gleiten ließ.
Sie kämpfte gegen die aufsteigende Panik an.
»Hören Sie auf damit, Pater?«
»Wer mit dem Weibe aber verkehrt, der ist der Befleckung seines Geistes so ausgesetzt wie jener, der durchs Feuer geht, der Versengung seiner Sohlen. Ein weiser Mann hat das gesagt. Du bist Sünde, Lena. Die Femme fatale, die den Männern den Verstand raubt, wenn sie sich an deiner feuchten Fotze reiben. Einsamkeit kann die Seele zerfressen.«
»Niemand hat Sie gezwungen, Mönch zu werden. Hören Sie. Lassen Sie mich gehen und wir vergessen das Ganze.«
»Du weißt, das geht nicht. Du willst die Sache von damals wieder aufrollen. Sonst wärst du nicht hier. Und der Skandal für Gottes wahre Kirche wäre unermesslich. Tausende würden ihr den Rücken kehren.«
»Was reden Sie da?« Nur das kalte Metall an ihrer Kehle hinderte Lena daran, ihm ein Knie in die Genitalien zu rammen.
Die Eisentür gegenüber von ihr ächzte.
Sie hörte es und sah einen anderen Ordensbruder eintreten, ebenfalls in einer dunklen Kutte und mit einem großen silbernen Kreuz auf der Brust, gefolgt von einer jungen Frau in einem hellen Kleid, die eine verschlissene Puppe an sich drückte. Die Frau blieb in der Tür stehen. Ihre Augen waren weit aufgerissen.
Der Ordensbruder kam auf sie zu. »Was soll das, Nathan? Bist du verrückt? Hör auf damit!«
Die Mündung der Pistole löste sich von Lenas Kehle.
Jetzt!
Sie rammte diesem Irren, diesem Pater Nathan, wie der andere ihn bezeichnet hatte, ihr Knie in sein geschwollenes Glied und schlug ihm ihre gefesselten Hände ins Gesicht.
Stöhnend taumelte er rückwärts.
Die Pistole fiel zu Boden und fand sich sofort in den Händen des anderen Ordensbruders wieder.
Lena dachte nicht nach. Die Tür stand offen.
Raus hier.
Sie stieß die junge Frau in der Tür beiseite und rannte.