23

Ich werde nie mehr an Damien zweifeln.

Um halb sieben bin ich abmarschbereit. Um sieben bin ich dermaßen angeturnt, dass ich mich frage, ob dieses Höschen überhaupt legal ist. Praktisch ist es jedenfalls nicht. Ich hole mir ein Glas Mineralwasser und setze mich zum Lesen aufs Sofa. Ich muss mir ständig das kalte Glas an die Haut drücken, weil mich die Perlen so heiß machen. Wenn ich nicht aufpasse, schmelze ich noch dahin, bevor Damien mich abholt!

Oder aber ich muss gegen eine der Regeln verstoßen.

Ich brauche ja nur zu atmen und werde schon ganz verrückt. Ich stelle mir vor, wie Damien mir ins Ohr flüstert, wie er mir sagt, wie geil ich bin, dass er weiß, wie sehr er mich auf die Folter spannt, wie feucht ich für ihn sein werde und dass ich nichts, aber auch rein gar nichts tun kann, um mir Linderung zu verschaffen.

Ach, er kann mich mal!

Ich trage schwarze Strapse und schwarze Strümpfe, lehne mich zurück und fahre mir über die Schenkel. Wenn ich mir vorstelle, dass das Damiens Hand ist, habe ich doch höchstens ein bisschen geschummelt, oder? Außerdem braucht er es ja nicht zu erfahren …

Meine Finger gleiten über die Perlen, aber ich berühre mich nicht. Ich berühre nur die Schnur. Sie bewegt sich, genau wie bei jedem Schritt: ein unglaubliches Gefühl, fast gehe ich hoch wie eine Rakete. Ich bin so feucht, dass ich es kaum noch aushalte, und stelle mir vor, dass Damiens Hände auf meinen Schenkeln liegen, seine Lippen mein Bein hinaufwandern und mich seine Zunge sanft berührt.

Ich stöhne leise – und springe schuldbewusst auf, als es laut an der Tür klopft.

»Ich komme gleich!«, rufe ich, wobei mir die Doppelbedeutung meiner Worte durchaus bewusst ist.

Ich streiche den Rock glatt, hole tief Luft, um mich abzukühlen, mein Geheimnis zu verbergen, und eile dann zur Tür.

Als ich sie aufmache, steht Damien vor mir. Er sieht so sexy in seinem Smoking aus, dass ich fast schon komme, ohne dass es Perlen, Finger oder sonst was dazu braucht: Der Anblick dieses Mannes genügt völlig.

»Du siehst fantastisch aus«, sagt er und beschreibt einen Kreis mit seinem Finger. Ich gehorche, wirbele einmal um meine eigene Achse, sodass mein dunkelviolettes Cocktailkleid aufflattert. Es ist ein Vintage-Kleid, das ich schon seit Jahren gerne trage, mit einer schmalen Taille und einem tiefen Dekolleté. Sexy, aber auch stilvoll und könnte glatt aus Grace Kellys Schrank stammen. Darin fühle ich mich atemberaubend, und so fällt es mir leicht, zu lächeln und das Kompliment anzunehmen.

»Du siehst aber auch nicht schlecht aus«, erwidere ich, als er sich vorbeugt und seine Lippen mich streifen – ein Kuss, den er mit einem gar nicht so sanften Kniff in den Po abrundet.

»Vorsicht!«, sage ich. »Noch so was, und wir werden die Wohnung gar nicht erst verlassen.«

»Ach ja? Warum denn das?«, fragt er unschuldig.

Ich lächle zuckersüß und greife dann nach meiner Handtasche. Ich lege eine Hand auf seine Schulter und stelle mich auf die Zehenspitzen, um meinen Mund direkt an sein Ohr zu bringen. »Weil dein kleines Geschenk mich so geil macht, dass ich es nicht erwarten kann, bis du mich hart rannimmst.«

Ich lehne mich wieder zurück, das liebreizende Lächeln nach wie vor auf den Lippen. Jetzt sieht er nicht mehr so unschuldig aus. Hochzufrieden schlüpfe ich an ihm vorbei aus der Tür. »Kommst du?«, frage ich von der Schwelle aus.

»Noch nicht«, brummt er und folgt mir.

Er ist mit der Limousine gekommen. Beim Anblick des vertrauten Rücksitzes muss ich schlucken. Ich wollte eigentlich cool bleiben, doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht.

Ich nicke Edward zu, der uns den Wagenschlag aufhält, und steige dann ein, während sich die Perlen mit mir bewegen. Ich kann ein leises Stöhnen nicht unterdrücken, lasse mich aber ansonsten ungerührt auf meinen Platz fallen.

Damien rutscht neben mich und legt die Hand auf mein Knie. »Haben Sie etwas gesagt, Miss Fairchild?«

»Nein, nichts.« Ich räuspere mich. Auf einmal ist es sehr warm im Wagen. »Wohin fahren wir?«

»Zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung«, sagt er.

»Hm.« Darauf habe ich wenig Lust, denn ich bin wirklich wahnsinnig erregt. Die keusche Jungfrau zu spielen kann Spaß machen, aber so langsam wird das zur Folter. »Was ist das für eine Wohltätigkeitsveranstaltung?«, frage ich. »Kannst du nicht einfach einen dicken Scheck ausstellen, und wir fahren zu deinem Haus? Oder zu deiner Wohnung? Oder aber wir bleiben einfach hier. Das ist doch gar keine so schlechte Idee!«

Das breite Grinsen auf Damiens perfekten Lippen hat sich jetzt in ein verschmitztes Lächeln verwandelt. Er drückt den Knopf auf der Mittelkonsole, der die Trennwand hochfahren lässt. »Das ist tatsächlich eine ausgezeichnete Idee.«

Oh, Gott sei Dank …

»Ich glaube nämlich, Sie müssen mir etwas beichten, Miss Fairchild.« Sein Blick ist tiefschwarz vor Verlangen.

Ich rutsche ein Stück von ihm weg, was angesichts der Perlen keine gute Idee ist. Er bemerkt meine Reaktion, und seine Mundwinkel zucken hämisch. Der Mistkerl genießt es, mich zappeln zu lassen!

»Und? Ich höre.«

»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«

Er rutscht näher und nimmt meine Hand. Er legt sie auf meinen Schenkel und schiebt den Rock so weit nach oben, dass man den Saum meiner Strümpfe erkennen kann. »Du glühst, wenn du erregt bist«, sagt er. »Und wie ich dir bereits sagte, macht mich das unheimlich an.«

»Oh«, hauche ich.

»Hast du das hier getan, Baby?«, fragt er und zieht meine Hand weiter nach oben. Er fährt über meine Narben und findet die weiche, zarte Stelle zwischen meinen Beinen. »Hast du dich berührt, bevor ich gekommen bin?« Er streicht über meine Klitoris. Ich bin vor Verlangen ganz feucht. Er nimmt meine Hand, legt sie auf die Perlen und schließt dann meine Finger darum, sodass ich sie streichle, während er meine Hand auf und ab, auf und ab bewegt. »Hast du mit deiner Klitoris gespielt? Hast du dabei an mich gedacht?«

»Ja«, flüstere ich, während seine Hand nach wie vor meine Finger lenkt.

»Hast du meine Karte gelesen?«

»Ja.« Ich winde mich, während unsere Hände damit fortfahren, mich zu stimulieren. Ich bin so geil, dass ich es kaum noch aushalte.

»Ja was?«

Ich zwinge mich, nicht zu grinsen, und keuche stattdessen: »Ja, Sir.«

»Was stand darauf?«

»Dass ich mich nicht berühren darf.« Ich drehe den Kopf und schaue ihm direkt in die Augen. Meine Haut brennt, das Kleid klebt an meinem schweißnassen Körper. Das habe ich nur ihm zu verdanken. »Das ist allein dir vorbehalten.«

»Ganz genau.« Langsam steckt er zwei Finger in mich hinein. Ich beiße mir auf die Lippen, um nicht laut aufzuschreien, und flehe ihn insgeheim an, mich gefälligst jetzt und auf der Stelle zu ficken.

Aber das tut er nicht. Stattdessen zieht er seine Hand unter meinem Rock hervor. Ich wimmere. »Sie haben gegen die Regeln verstoßen, Miss Fairchild. Und was passiert mit bösen Mädchen, die gegen die Regeln verstoßen?«

Ich rutsche auf dem Sitz herum, sorge dafür, dass die Perlen fortführen, was unsere Hände begonnen haben. »Sie werden bestraft.«

Er schaut auf meinen Schritt. »Ich glaube, Sie sollten lieber stillhalten, Miss Fairchild.«

»Damien«, flehe ich ihn an.

Er beugt sich vor und schiebt seine Hände unter das Oberteil meines Kleides. Seine Finger finden meine erigierten, hochempfindlichen Brustwarzen und kneifen hinein. Nicht so fest, dass es wehtut – nur ein bisschen. Ich ringe nach Luft, während mich eine neue Lustwelle überrollt.

»Gefällt Ihnen das?«

»O ja!«

Er lässt eine Hand auf meiner Brust liegen. Mit der anderen zieht er das lackierte Essstäbchen aus meiner Hochsteckfrisur. Die Haare fallen mir in Wellen auf die Schultern. Er fährt mit den Fingern hindurch und atmet den Duft meines Shampoos.

»Ich bin verrückt nach deinem Haar!«, sagt er, nimmt eine Strähne und zieht daran, sodass ich gezwungen bin, zu ihm aufzuschauen. Sein Mund streift meine Lippen. Ich öffne sie, warte auf seinen Kuss, aber er neckt mich nur. Foltert mich.

»Wie grausam du bist!«, sage ich.

»Von wegen!«, sagt er, während seine Lippen meine Wange und Schläfe streifen. »Sagen Sie, Miss Fairchild, wie soll Ihre Bestrafung aussehen? Was soll ich mit einem bösen Mädchen machen, das sich verbotenerweise berührt?«

Ich denke an das, was er mir ins Ohr geflüstert hat, als ich das letzte Mal in seiner Limousine saß. Dass er mich vielleicht bestrafen müsse. Das war nur ein Scherz, aber mir war die unverhohlene Begierde in seiner Stimme nicht entgangen, die mich noch feuchter gemacht hat als ohnehin schon.

Ich fahre mir mit der Zunge über die Lippen, wende mich ihm zu und sehe ihn direkt an. »Vielleicht solltest du mir eine Tracht Prügel verpassen.«

Seine Augen werden so dunkel, dass ich darin versinken könnte. »Meine Güte, Nikki!«

Ich erhebe mich von der Rückbank und lege mich bäuchlings auf seinen Schoß. Langsam ziehe ich meinen Rock hoch. Die Perlen des Tanga sitzen genau zwischen meinen Hinterbacken, und die Spitze der Strapse ragt knapp über meinen Strümpfen auf. Ansonsten ist mein Po völlig nackt.

»Mach schon!«, flüstere ich. »Bestraf mich.«

Ich bin jetzt noch feuchter, meine Vagina zuckt vor Vorfreude. Ich kann kaum glauben, was ich da tue!

Seine Hand streicht über meinen Hintern, und ich schließe die Augen. Seine Berührung fühlt sich paradiesisch an.

»Nikki«, sagt er. »Brauchst du das wirklich?«

Ich öffne die Augen und sehe einen Hauch von Besorgnis hinter der Begierde. Ich denke an meine Narben. An mein Versprechen, keinen Schmerz mehr zu verlangen.

»Nein«, sage ich. »Aber ich will es.«

Ich sehe, wie sich seine Besorgnis in pure Leidenschaft verwandelt. »Sie waren ein böses Mädchen, Miss Fairchild«, sagt er, und ein Schauer läuft mir den Rücken hinunter.

»Ja, Sir, Mr. Stark.«

Er streicht mir über den Po, dann spüre ich einen kühlen Luftzug, bevor seine Hand auf meinen Hintern niedersaust. Ich schreie auf – eher aus Überraschung als aus Schmerz. Er streichelt mich erneut, seine Finger gleiten zwischen meine Pobacken, dorthin, wo ich ihn heiß und feucht erwarte. Ich höre, wie er stöhnt, als sich meine Vagina um ihn herum zusammenzieht, nachdem er zwei Finger in mich hineingerammt hat. »Oh, Baby!«, sagt er und zieht seine Hand zurück, versetzt mir einen weiteren Klaps auf den Hintern.

Diesmal zucke ich nicht zusammen, stattdessen atme ich scharf ein. Ich lasse die Augen geschlossen, stelle mir vor, wie sich mein weißer Po rosa verfärbt.

»Gefällt Ihnen das?«

»Ja«, gestehe ich.

»Dann dürfte es kaum eine Bestrafung sein.« Klatsch! »Aber mir gefällt es auch.« Klatsch, klatsch.

Jetzt bekomme ich ernsthaft Probleme: Nicht, weil es so wehtut, sondern, weil ich dermaßen erregt bin, dass ich noch wahnsinnig werde, wenn Damien mich nicht gleich nimmt.

Noch ein Klaps, und ich schreie, dass er aufhören soll. Er zögert, wartet offensichtlich ab, ob ich das Safeword aussprechen werde. Ich nutze die Pause, um meine Position zu ändern: Jetzt sitze ich rittlings auf ihm, und meine Finger greifen nach dem Verschluss seiner Smokinghose. »Fick mich!«, fordere ich. »Fick mich jetzt sofort, sonst wirst du mich nie wieder ficken!«

Er lacht, zieht mich dann an sich und küsst mich leidenschaftlich. Ich hole seinen Schwanz hervor, schiebe die Perlen zur Seite und warte nicht auf ihn, denn inzwischen bin ich völlig hemmungslos. Ich setze mich auf ihn, nehme ihn, stemme die Hände gegen das Wagendach, damit ich ihn fester, tiefer in mich hineinstoßen kann. Er umklammert meine Taille, und ich reite ihn. Alles um mich herum verschwimmt, und ich empfinde nichts als Lust, spüre Damiens Schwanz, der mich ganz ausfüllt, und meinen wunden Po, der sich am Stoff seiner Smokinghose reibt.

»O Gott, Nikki, diese Perlen!«, sagt er, und ich muss noch in meinem Liebesrausch lachen. Sie verschaffen also auch ihm interessante Streicheleinheiten. Verzückt explodiere ich, meine Muskeln ziehen sich zusammen und melken ihn, sodass er ebenfalls kommt. Schließlich sinke ich vornüber und lege ihm die Arme um die Schultern. Gemeinsam keuchen wir erschöpft und befriedigt.

»Das hast du jetzt davon«, flüstere ich, und Damien, der langsam in mir erschlafft, lacht.

Damien betätigt die Gegensprechanlage und befiehlt Edward, so lange um den Block zu fahren, bis er eine neue Anweisung erhält. Anscheinend haben wir unser Ziel erreicht.

Seltsam, dass ich gar nichts davon bemerkt habe …

Nachdem wir unsere Kleidung wieder in Ordnung gebracht haben und auch sonst versuchen, so auszusehen, als hätten wir nicht gerade eben Sex im Fond einer Limousine gehabt, gibt Damien den Befehl zum Anhalten.

»Dein Lippenstift ist verschmiert«, sagt er belustigt.

»Na so was! Warum wohl?« Ich habe Puder und Lippenstift dabei und benutze ein paar Servietten aus der Bar, um mir die Reste abzuwischen, bevor ich neuen auftrage. Ich will mir gerade wieder die Haare hochstecken, als Damien mich am Handgelenk packt.

»Lass sie so!«, sagt er. »Es ist unglaublich sexy, wenn sie dir so auf die Schultern fallen.«

Ich werfe das Essstäbchen weg und bringe meine Haare in Form. Dann schaue ich aus dem Fenster und sehe das todschicke Beverly Hills Hotel, in dem die Veranstaltung stattfindet.

»Wir können uns also nicht davor drücken?«

»Ich fürchte nein.«

Ein Hotelpage öffnet den Wagenschlag. Damien lässt es sich nicht nehmen, mir aus dem Auto zu helfen. Er legt seine Hand auf meinen Rücken und schiebt mich ins Gebäude.

Das Hotel ist atemberaubend. Es liegt versteckt in den Hügeln und ist so exklusiv, dass ich noch nie etwas davon gehört habe. Die Rezeption befindet sich in einem eigenen Gebäudetrakt, und wir gehen über Saltillo-Fliesen auf die Terrassentüren zu, die zum hinteren Teil des Hotels führen. Ein festlich geschmücktes Golfcart wartet schon auf uns. Wir steigen ein und werden zum Veranstaltungsort gebracht. Während der Fahrt bestaune ich die Umgebung: Die Privatbungalows liegen weitab vom Schuss, aber in Laufweite zum Pool, den weitläufigen Spazierwegen oder zu einem der Fünf-Sterne-Restaurants auf dem Hotelgelände.

Der stuckverzierte Veranstaltungssaal liegt neben einem Tennisplatz. Er ist von Strelitzien und Palmen umgeben und sieht aus wie ein typisches kalifornisches Gebäude aus den Zwanzigern. Innen ist es weniger kalifornisch, sondern sieht eher nach Beverly-Hills-Geld aus: Die Wände sind aus hellem Holz, der Boden ist aus poliertem Marmor. Die einladende Bar nimmt eine ganze Wand ein, in die anderen sind deckenhohe Fenster eingelassen, die zu einem steinernen Innenhof führen, in dem sich eine riesige Feuerstelle befindet. Große Tische füllen den Raum, an denen Roulette, Blackjack und Würfelspiele gespielt werden.

Kellner bahnen sich mit Tabletts voller Finger Food und Drinks einen Weg durch die Menge. In jeder Ecke stehen Leute zusammen, die lachen, sich unterhalten, spielen und sich einfach nur amüsieren. Auf einem Transparent über dem Eingang steht: S.E.F. – FÜNF JAHRE, FÜNF MILLIONEN KINDER. UND ES WERDEN TÄGLICH MEHR!

»Was ist S.E.F.?«, frage ich Damien, aber er ist schon vorangegangen und hat mich nicht gehört.

»Möchtest du spielen?«, fragt er und hält eine Frau im Las-Vegas-Look auf, die Geld gegen Chips eintauscht.

»Gern. Wie funktioniert das?«

»Wir kaufen Chips und spielen um Preise. Das ganze Geld kommt einer Bildungseinrichtung zugute.«

Ich sehe zu ihm auf – ich glaube, ich weiß jetzt, wofür die Abkürzung steht. »Der Stark Educational Foundation etwa?«

»Sie sind sehr intelligent, Miss Fairchild.« Er gibt der jungen Frau zweihundert Dollar, die sie gegen Chips tauscht.

»Ich habe zwanzig Dollar dabei.«

»Wenn du sie eintauschen willst, habe ich nichts dagegen. Es ist für eine gute Sache. Aber zuerst setzen wir die hier.« Er gibt mir die Hälfte der Chips. »Und wohin jetzt?«

Da ich Blackjack kaum beherrsche und keine Ahnung von Würfelspielen habe, gehe ich zum Roulettetisch.

»Die Lady hier hat eine Glückssträhne!«, sagt Damien zur Croupière, einer zierlichen Rothaarigen, die aussieht wie höchstens sechzehn.

»An Ihrer Seite? Zweifellos, Mr. Stark.«

Wie sich herausstellt, hat Damien die Glückssträhne: Nach einer halben Stunde hat er unseren Einsatz vervierfacht, obwohl ich ständig Geld verliere. »Ich geb’s auf!«, sage ich und nehme einer vorbeikommenden Kellnerin einen Drink ab. »Wollen wir uns ein bisschen unter die Leute mischen?«

»Natürlich.« Er nimmt meinen Arm, und wir verlassen den Tisch, gesellen uns zu den anderen Gästen.

»Ich glaube, unsere Croupière … sagt man das so?«

»Ja«, sagt Damien. »Das ist die weibliche Form von Croupier. Was ist mit ihr?«

»Ich glaube, dass sie ein bisschen in dich verknallt ist.«

Er bleibt stehen und sieht mich an. »Tatsächlich? Wie kommst du denn darauf?«

»Sie hat dich die ganze Zeit angestarrt. Aber komm ja nicht auf dumme Gedanken! Sie ist viel zu jung für dich.«

»Ehrlich gesagt ist sie älter, als sie aussieht.«

Ich sehe überrascht zu ihm auf. »Du kennst sie?«

»Und ob! Sie ist eine unserer erfolgreichsten Stipendiatinnen«, sagt er. »Sie ist in einem furchtbaren Kaff in Nevada aufgewachsen, bei einer Mutter, die das Kindergeld sofort in Meth umgesetzt hat. Heute studiert Debbie im ersten Jahr Chemie an der University of California.«

»Das ist ja großartig! Was genau macht die Stiftung?«

»Wir halten nach naturwissenschaftlich begabten jungen Leuten Ausschau, die aus unterschiedlichen Gründen keine Bildungschancen haben. Die meisten haben einen ähnlichen familiären Hintergrund wie Debbie, aber es gibt auch welche mit Behinderungen: Ein junger Stipendiat zum Beispiel ist vom Hals abwärts gelähmt. Nach seinem Unfall dachte er, er müsse sich sein Studium abschminken. Und jetzt macht er am MIT seinen Doktor.«

Ich spüre, wie mir die Tränen kommen, und beuge mich vor, um ihn auf die Wange zu küssen. »Bitte entschuldige mich kurz.« Ich gehe zu einem der Mädchen im Las-Vegas-Look und tausche meine zwanzig Dollar ein. Viel ist es nicht, aber jeder Cent zählt.

Damien strahlt, als ich zurückkomme. Er sagt nichts, nimmt aber meine Hand und drückt sie.

Wir mischen uns unter die Gäste, doch dann bleibt er abrupt stehen. »Da ist jemand, mit dem ich mich gern unterhalten würde. Kann ich dich kurz allein lassen?«

»Ja, das überlebe ich schon.« Er küsst mich flüchtig und lässt mich dann stehen. Es macht mir nichts aus, auch wenn ich hier niemanden kenne. Ich schaue mich gerade nach einem bekannten Gesicht um, als ich doch tatsächlich eines entdecke: Ollie! Ich will auf ihn zugehen und sehe, dass Damien ihn beiseitenimmt.

Mein Magen krampft sich zusammen. Warum um alles in der Welt will Damien mit Ollie reden? Mir fällt kein einziger Grund ein – außer dass Ollie mir wiederholt gesagt hat, Damien wäre nicht gut für mich, außerdem hätte er Leichen im Keller. Aber Damien gegenüber habe ich das nie erwähnt.

Auf einmal habe ich eine Riesenangst, ich könnte im Schlaf gesprochen haben.

Ich überlege schon dazuzustoßen, aber das wäre einfach zu neurotisch. Also zwinge ich mich, mich abzuwenden. Zum Glück entdecke ich ein weiteres vertrautes Gesicht: Blaine. Er hat mich ebenfalls gesehen und breitet die Arme aus. Ich lasse mich hineinfallen und freue mich über seine überschwängliche Umarmung.

»Da ist ja mein Lieblingsmodell.«

»Sie haben gar nicht erwähnt, dass Sie auch kommen.« Ich schaue mich suchend um. »Ist Evelyn auch hier? Haben Sie deshalb so komisch getan, als ich vorgeschlagen habe, uns heute zu treffen?«

»Ertappt!«, sagt er. Er hebt die Hand und winkt, kurz darauf stößt Evelyn zu uns.

»Ich sehe sie ohnehin ständig«, sagt Blaine und zwinkert mir zu. »Und zwar so, wie Gott sie schuf. Unterhaltet euch ruhig unter vier Augen!« Er gibt Evelyn einen leidenschaftlichen Kuss, und so wie sie aufkreischt, muss er sie auch irgendwo angefasst haben. Dann tänzelt er davon, und Evelyn sieht ihm nach.

Ich will etwas sagen, aber Evelyn hebt beschwörend die Hand. »Warten Sie, Texas! Ich möchte die Aussicht genießen.« Bald darauf ist sein frackbedeckter Hintern in der Menge verschwunden, und sie dreht sich seufzend zu mir um. »Ich bin jetzt fast sechzig und genieße erst jetzt den besten Sex meines Lebens. Das ist einfach nicht fair!«

»Andererseits ist es ein Geschenk des Himmels«, sage ich, und sie muss lachen.

»Nun, bei Ihnen ist das Glas wohl immer halb voll, was? Sie haben recht, Texas, die Einstellung gefällt mir.«

Ich habe mich nie als Optimistin gesehen, aber vielleicht bin ich doch eine. Ich mag diese Frau wirklich sehr.

»Ich höre nur Gutes von Ihnen«, sagt sie. »Und es scheint eine romantische Komödie zu werden. Oder ist es doch ein nicht jugendfreier Film?«

Ich spüre, wie meine Wangen brennen. »Gut möglich«, gestehe ich.

»Wie schön für Sie! Wie schön für Sie beide! Dieser Junge …« Sie schüttelt fast großmütterlich den Kopf.

»Was?« Am liebsten würde ich mich mit ihr zusammensetzen und sie auffordern, mir alles zu verraten, was sie über Damien weiß. Leider ist so etwas ziemlich uncool.

»Ich habe gesehen, wie er Sie vorhin geküsst hat. Ganz sanft, aber gleichzeitig hat er Sie angesehen, als wollte er Sie auffressen.«

Ihre Worte gehen mir runter wie Öl.

»Normalerweise ist er wahnsinnig zurückhaltend. Es tut gut zu sehen, dass er sich Ihnen gegenüber so öffnet.«

»Ja«, sage ich, obwohl ich völlig ahnungslos und unglaublich neugierig bin. Er öffnet sich mir? Das wohl kaum! Anscheinend ist Damien noch zugeknöpfter, als ich gedacht hätte. Wenn man bedenkt, wie viel ich ihm von mir offenbart habe, macht mir das Magenschmerzen. Aber ich lasse mir nichts anmerken. Nikki, die Gesellschaftsdame, ist heute Abend in Hochform. »Er hat so viel durchgemacht«, füge ich hinzu und hoffe, dass sie etwas Licht ins Dunkel seiner Vergangenheit bringt.

»Jetzt wissen Sie auch, was ich mit undurchschaubar gemeint habe.« Evelyn seufzt. »Es spielt keine Rolle, dass er das alles unter den Teppich gekehrt hat: So etwas verfolgt einen sein Leben lang. Wie sollte es auch anders sein?«

»Ich weiß«, lüge ich. Was hat er bloß unter den Teppich gekehrt?

»Sehen Sie! Deshalb glaube ich, dass Sie ihm guttun. Meine Güte, noch vor einem Jahr hätte man ihn mit Gewalt zu seiner eigenen Spendengala schleifen müssen. Und heute spaziert er hier mit Ihnen herum, als würde ihm die ganze Welt gehören.«

»Nun ja, ist dem nicht auch so?«, wende ich ein.

»Stimmt. Puh, ich bin noch längst nicht betrunken genug. Sehen wir uns nach einer von diesen dürren Schlampen mit den Getränken um.«

Ich begleite sie, weil ich unser Gespräch fortsetzen, noch mehr erfahren will. Aber schon bald werden wir von der Menge und der lauten Geräuschkulisse verschluckt.

Als Damien zehn Minuten später zu mir stößt, habe ich Evelyn aus den Augen verloren und rede mit einem Typen, der aussieht wie zwölf, aber beteuert, ein hipper Horrorfilm-Regisseur zu sein, über Humphrey Bogart.

Zum Glück eilt Damien zu meiner Rettung.

»Alles okay zwischen dir und Ollie?«

Er mustert mich durchdringend, nickt aber. Dann fährt er mir mit dem Daumen über die Unterlippe, die längst zu einer meiner erogenen Zonen geworden ist. »Ich muss dich schmecken«, sagt er und zieht an meinen Haaren, zwingt mich, zu ihm aufzuschauen. Wir werden jedoch von einem großen dünnen Mann mit grau melierten Haaren gestört.

»Charles«, sagt Damien kühl, und das bestimmt nicht nur, weil er uns unterbrochen hat.

»Wir müssen reden!«, sagt der Mann und wendet sich dann an mich: »Charles Maynard, bitte verzeihen Sie die Störung.«

»Oh, das geht schon in Ordnung.« Was soll ich auch sonst sagen?

Maynard nimmt Damien beiseite, und gleich darauf leistet mir Ollie Gesellschaft. »Hallo, ich will schon die ganze Zeit mit dir reden.«

»Und ich bin schon den ganzen Abend hier.« Ich höre, wie eisig meine Stimme klingt, kann aber einfach nicht anders.

»Ich wollte nur sagen, dass es mir leidtut. Das mit Jamie meine ich. Es war dumm und …«

Ich hebe abwehrend die Hand. »Ihr seid beide erwachsen. Aber ihr seid auch meine Freunde. Und du bist verlobt.« Ich ergreife seine Hände. »Ich will nicht, dass du dir alles kaputt machst. Und ich möchte auf keinen Fall in diese Sache hineingezogen werden.«

»Ich weiß, ich weiß«, sagt er. »Das war ein einmaliger Ausrutscher. Es war dumm, aber es ist vorbei.«

Ich weiß nicht, ob ich ihm glauben soll, aber ich will auch nicht mehr darüber reden. Also nicke ich nur und wechsle das Thema. »Was wollte Damien von dir?«

»Ach so, das!« Er entzieht mir seine Hände und steckt sie in die Hosentaschen. »Er hat sich bei mir bedankt. Dafür, dass – na, du weißt schon. Dass ich nach der Sache mit Kurt für dich da war.«

Ich spüre, wie meine Wangen glühen. »Das hat mir viel bedeutet.«

Er mustert mich kopfschüttelnd. »Fang du nicht auch noch damit an. Du weißt, dass ich alles für dich tun würde.«

Ich schaue mich im Raum um und entdecke Damiens Hinterkopf. »Er ist in Ordnung, Ollie«, sage ich. »Hast du das jetzt auch begriffen?«

»Klar«, sagt er, klingt aber wenig überzeugend.

»Was ist?«, frage ich. »Was stört dich so an Damien Stark? Liegt es an diesem Mist, den Sara Padgetts Bruder in die Welt setzt?«

Er atmet hörbar aus, und ich weiß, dass ich ins Schwarze getroffen habe. »Meine Güte, Nik. Stark ist ein Promi. Mit seinem Konterfei wird zwar keine Reklame gemacht, trotzdem ist er eine Berühmtheit. Eric Padgett ist einfach nur ein weiterer Scheißkerl, der mit Dreck um sich wirft und schaut, was hängen bleibt.«

Ich starre ihn an. »Das ist alles? Das hat dich so beunruhigt?«

Ollie zieht seine Krawatte gerade, ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er mir etwas verheimlicht. »Ja. Hör mal, da hinten steht eine Mandantin von mir. Ich gehe kurz zu ihr, einverstanden?«

Ich packe sein Handgelenk. »Warte! Was verheimlichst du mir?«

»Nichts.«

»Meine Güte, Ollie, ich bin’s! Was verheimlichst du mir?«

»Ich – na gut, ganz wie du willst.« Er fährt sich mit den Fingern durchs Haar, packt mich am Arm und zieht mich in eine ruhige Ecke. »Ehrlich gesagt war ich mir nicht sicher, ob ich dir das überhaupt sagen soll. Vielleicht ist ja auch gar nichts dran an der Sache.«

Ich zwinge mich, ruhig zu bleiben und abzuwarten.

»Er scheint ja wirklich ganz nett zu sein.«

»Das ist er auch. Und jetzt mach endlich den Mund auf!«

Ollie nickt. »Das musst du aber für dich behalten, verstanden? Das ist hochvertraulich. Ich könnte deswegen gefeuert werden, ja sogar meine Zulassung verlieren.«

Ich nicke und bin auf einmal hochnervös. »Einverstanden.«

»Nun, ich arbeite zwar nicht direkt für Stark, bekomme aber so einiges mit. Gerüchte. Getuschel. Du weißt schon.«

»Nein«, sage ich. »Ich weiß gar nichts.«

»Meine Güte, Nikki! Ich habe genug über den Kerl gehört, dass ich mir ernsthaft Sorgen um dich mache. Daher habe ich etwas herumgeschnüffelt, als ich die Möglichkeit dazu hatte.«

»Herumgeschnüffelt? Was soll denn das heißen?«

»Jamie hat mir erzählt, was er dir auf Evelyns Party gesagt hat: Dass du sowohl dem MIT als auch der Cal Tech eine Absage erteilt hast.«

»Ja und?«

»Woher weiß er das? Diese Angebote hast du erst bekommen, als du mit dem Studium fertig warst. Das hast du ja bestimmt nicht in deinen Stipendiumsantrag geschrieben.«

Ich runzle die Stirn. Damit hat er nicht ganz unrecht. »Und weiter?«

»Die Stark-Akten befinden sich mehrere Stockwerke über meinem Büro in einem abgeschlossenen Archiv. Nur wenige haben Zugang dazu. Maynard brauchte auf die Schnelle eine Akte – nicht über Stark, sondern über einen anderen Mandanten, dessen Unterlagen im selben Raum aufbewahrt werden. Er hat mich gebeten, sie zu holen, und ich habe die Situation ausgenutzt.«

»Was hast du getan?«

»Die Kanzlei verwaltet die Stipendien, die Antragsformulare lagern also auch bei uns. Ich habe deines gefunden und einen Blick hineingeworfen.«

»Ja und?«

»Vom MIT oder von der Cal Tech war darin nichts zu lesen.«

Ich lache. »Das ist wirklich unglaublich süß von dir, dass du deine Karriere aufs Spiel setzt, nur weil du dir Sorgen um mich machst. Aber das hätte ich dir auch so sagen können! Ich habe eine Kopie von meinem Antragsformular behalten.«

»Aber dann hättest du nie erfahren, dass deine Unterlagen markiert sind.«

»Markiert?«

Er nickt. »Und zwar nur deine. Ich habe das genauestens überprüft.«

»Was hat das zu bedeuten?«

Er schüttelt den Kopf. »Keine Ahnung. Aber aus irgendeinem Grund hat er dich herausgepickt.«

Ich lege den Kopf schief. »Jetzt mach aber mal einen Punkt, Ollie! Schade, dass du Damien nicht leiden kannst, aber das kann doch nicht dein Ernst sein! Meine Unterlagen wurden also markiert. Na und? Vielleicht, weil ich gegen Penicillin allergisch bin? Oder weil ich die fotogenste Stipendiatin bin und er Werbung mit mir machen wollte? Vielleicht auch, weil ich als Einzige nach Los Angeles gezogen bin und er mich deshalb auf irgendeinen lokalen E-Mail-Verteiler setzen wollte. Woher willst du überhaupt wissen, dass Stark meine Unterlagen markiert hat? Vielleicht war es ja auch dein Chef. Oder irgendein Rechtsreferendar, der eine Schwäche für die frühere Miss Dallas-Fort Worth hat.«

Er geht sofort in die Defensive. »Ich weiß, ich weiß. Deshalb wollte ich es dir ja auch erst gar nicht erzählen. Aber findest du das nicht etwas seltsam? Nicht nur deine Unterlagen sind markiert – er weiß auch alle möglichen privaten Details aus deinem Leben!«

Ich schüttle den Kopf. »Private Details? Dass ich ein Aufbaustudium angeboten bekommen habe, ist schließlich kein Staatsgeheimnis! Krieg dich wieder ein, Ollie!«

Gleichzeitig muss ich daran denken, dass Damien meine Adresse und meine Telefonnummer kannte, ganz zu schweigen von meinen Make-up-Vorlieben. Aber für das alles hatte er eine glaubwürdige Erklärung.

»Denk drüber nach!«, sagt Ollie, winkt jemandem zu und sucht dann erneut meinen Blick. »Versprochen?«

Ich schweige. Er seufzt und verschwindet in der Menge. Ich bleibe in der Ecke stehen und versuche, mir über meine Gefühle klar zu werden. Ich bin auf jeden Fall verwirrt. Und ich werde gerade ziemlich wütend. Aber ob sich diese Wut gegen Damien oder Ollie richtet, weiß ich noch nicht.

Nervös gehe ich nach draußen. Ein gepflasterter Weg führt um das Gebäude herum, und ich folge ihm bis zu den Tennisplätzen. Dort bleibe ich stehen, betrachte die Anlage und stelle mir vor, dass der junge Damien hier gespielt hat, glücklich und übermütig den Bällen nachgejagt ist. Eine schöne Fantasie, die jede Angst vertreibt. Soll Ollie sich doch Sorgen machen: Ich weiß es besser!

Ich spüre Damien hinter mir, noch bevor ich ihn höre. Ich drehe mich um und merke, dass er mich beobachtet. Kurz befürchte ich, er könnte böse auf mich sein – schließlich hat er mir ein für alle Mal klargemacht, dass er mit dem Tennis abgeschlossen hat, und trotzdem stehe ich hier. Aber er sieht glücklich und zufrieden aus, und als er auf mich zukommt, küsst er mich auf die Stirn und legt seine Hand auf meinen Hintern. »Pass bloß auf, Freundchen!«, sage ich drohend, und er muss lachen.

»Versteckst du dich?«

»Ja. Ich denke nach.«

»Worüber?«

»Über dich«, gestehe ich. Ich zeige mit dem Kinn auf die Anlage. »Ich habe mir vorgestellt, dass du hier spielst.« Ich halte die Luft an, hoffe, dass ihn mein Geständnis nicht verärgert.

»Ich nehme an, dass ich in deiner Vorstellung auch gewinne?«, entgegnet er trocken.

Ich lache. »Natürlich. So wie immer.«

»Braves Mädchen.« Er ergreift von meinem Mund Besitz, und sein Kuss ist leidenschaftlich und intensiv. Er berührt mich zwar nicht an einer intimen Stelle – seine Hand liegt jetzt auf meinem Rücken und die andere auf meinem Arm –, trotzdem habe ich das Gefühl, er wäre in mir, würde mich ganz ausfüllen.

Als er sich wieder zurückzieht, stöhne ich aus Protest auf.

Er macht einen Schritt rückwärts. »Wir sehen uns drinnen, Miss Fairchild.«

Ich hebe die Brauen. »Du bist bloß hergekommen, um mich zu necken?«

»Und um dir zu sagen, dass ich in etwa einer Viertelstunde eine Rede halten werde. Wenn du Lust hast, kannst du mir dabei Gesellschaft leisten.«

»Eine Rede? Die möchte ich natürlich auf keinen Fall verpassen.« Ich werfe einen letzten Blick auf die Tennisanlage und den weiten Nachthimmel. »Ich komme gleich nach. Ich möchte mir nur noch kurz die Sterne anschauen.«

Er drückt meine Hand und geht, verschwindet hinter dem Gebäude. Seufzend merke ich, dass ich im Moment einfach nur glücklich bin. Ollies Ängste sind meilenweit entfernt.

Ich genieße das Gefühl und will ebenfalls hineingehen, als mir ein großer Mann mit einem dicken Schnauzer und einem verknitterten Anzug entgegenkommt. Ich denke mir nichts dabei, aber als er mich erreicht hat, zucke ich bei seinen Worten zusammen. »Sind Sie diejenige, die mit Stark ins Bett geht?«

Ich bleibe stehen. Da habe ich mich wohl verhört. »Wie bitte?«

»Haben Sie Geld? Dann seien Sie vorsichtig. Er wird Sie ficken, Sie benutzen, und wenn er mit Ihnen fertig ist, wird er wieder ein gutes Stück reicher sein.«

Ich habe einen ganz trockenen Mund und weiche Knie. Ich spüre, wie meine Hände feucht werden. Ich weiß nicht, wer dieser Mann ist, nur, dass er gefährlich ist und dass ich schleunigst verschwinden sollte. Ich sehe mich hektisch um und entdecke auf der anderen Seite des Weges ein von der Vegetation fast überwuchertes Schild, das den Weg zu den Toiletten weist.

»Ich – ich muss jetzt gehen.« Ich mache auf dem Absatz kehrt und renne darauf zu.

»Ich kenne die Geheimnisse dieses Mistkerls!«, ruft der Mann mir hinterher. »Ich weiß alles über die Leichen in seinem Keller. Glauben Sie etwa, dass meine Schwester die Einzige ist, die er auf dem Gewissen hat?«

Eric Padgett. Das muss Eric Padgett sein.

Mit klopfendem Herzen reiße ich die Tür zur Damentoilette auf. Das Licht geht automatisch an, und ich husche hinein. Die Außentür hat einen Riegel, und ich schiebe ihn sofort vor. Kaum habe ich das getan, geht das Licht wieder aus.

Ich ringe nach Luft, versuche die aufsteigende Panik zurückzudrängen. Beruhige dich, Nikki, beruhige dich! Das Licht ist ausgegangen, als du den Riegel vorgeschoben hast. Wahrscheinlich ist das beabsichtigt, damit es nicht die ganze Nacht brennt, wenn der Hausmeister irgendwann abschließt. Also schieb den Riegel einfach wieder auf.

Ich versuche es mit zitternden Fingern. Hier im Dunkeln bin ich auf jeden Fall vor Eric Padgett in Sicherheit. Aber ich muss hier raus. Ich muss die Tür aufkriegen.

Der Riegel rührt sich nicht von der Stelle.

Nein, nein, nein.

Okay. Okay. Gar kein Problem. Der Riegel schaltet das Licht aus, aber hier drin muss es doch auch irgendwo einen Schalter geben, damit nicht jemand versehentlich im Dunklen eingeschlossen wird und Todesängste ausstehen muss. So jemand wie ich zum Beispiel. Ich taste die Wand neben der Tür ab. Nichts. Mein Atem geht jetzt schneller und flacher. Hör auf damit. Denk nach.

Genau. Nachdenken.

O Mist, ich habe offensichtlich ganz vergessen, wie das geht.

Ich atme. Das kann ich gerade noch. Ich bin immer noch schweißnass vor Angst, würde am liebsten laut gegen die Tür hämmern und schreien. Aber Eric Padgett ist da draußen, und vor ihm habe ich noch mehr Angst als vor der Dunkelheit.

Oder?

Ich hämmere gegen die Tür. »Hallo! Hallo, ist da jemand? Hallo!«

Nichts.

Ich hämmere erneut dagegen. Und noch einmal und noch einmal und …

»Nikki?«

»Damien?«

»O Baby, verdammt, alles in Ordnung?«

Nichts ist in Ordnung.

»Alles in Ordnung«, bringe ich mühsam heraus.

»Die Tür geht nicht auf. Kannst du den Riegel zurückschieben?«

»Nein. Er klemmt.« Noch während ich das sage, packe ich ihn, und er öffnet sich wie geschmiert. Sobald das Klicken ertönt, drückt Damien die Tür auf. Ich weiß nicht, ob ich auf ihn zustürze oder er auf mich. Ich weiß nur, dass ich in seinen Armen liege, nach Luft schnappe und mich immer wieder entschuldige.

Er wartet, bis ich mich wieder beruhigt habe, und nimmt dann mein Gesicht in beide Hände. »Du musst dich nicht entschuldigen.«

»Ich bin so froh, dass du nach mir gesehen hast. Warum bist du zurückgekommen?«

Er gibt mir einen Fünfzig-Dollar-Chip. »Ich dachte, du willst vielleicht vor meiner Rede noch ein bisschen spielen.«

Aus irgendeinem Grund steigen mir die Tränen in die Augen. Ich schmiege mich an ihn. »Es war Padgett«, sage ich.

»Was?« Überraschung und Wut schwingen in seiner Stimme mit.

»Er hat sich zwar nicht vorgestellt, aber es muss Padgett gewesen sein.« Ich beschreibe ihm den Mann und wiederhole seine Worte.

Damiens Züge verhärten sich. So habe ich ihn noch nie gesehen. Er stellt mich vor sich hin und lässt die Hände über mich gleiten. »Er hat dir doch nichts getan?«

»Nein«, sage ich, während sich meine Angst angesichts von Damiens ungebremster Wut und Sorge in Luft auflöst. »Nein, er hat mich nicht mal bedroht. Aber er hat mir trotzdem einen Riesenschreck eingejagt, und deshalb bin ich davongerannt.«

»Wenn du ihn noch einmal siehst – auch wenn er sich drei Häuserblocks weiter befindet und du dir nicht sicher bist –, dann sagst du mir Bescheid, verstanden?«

Ich nicke. »Natürlich.«

Er nimmt meine Hand. »Komm! Ich halte jetzt meine Rede, und anschließend bringe ich dich nach Hause.«

Ich folge ihm und stehe vor dem Podium, als eine elegante Frau in Chanel sich bei uns allen für die Unterstützung der Stark Educational Foundation bedankt und Mr. Damien Stark persönlich ankündigt.

Alle, auch ich, applaudieren. Dann sehe ich zu, wie der Mann, der inzwischen meine Tage und Nächte erfüllt, das Podium betritt. Ich lausche seiner kraftvollen, selbstbewussten Stimme, während er erzählt, wie man Kindern helfen kann, die Unterstützung brauchen. Wie man sie aus dem Sumpf zieht und ihnen die Chance gibt, sich zu beweisen.

Seine wohlgewählten Worte verscheuchen auch noch den letzten Rest Panik. Meine Augen schwimmen, weil ich so stolz auf ihn bin. Gut möglich, dass dieser Mann Geheimnisse und Leichen im Keller hat. Aber im Moment sehe ich direkt in sein Herz. Und was ich da sehe, gefällt mir.