42. Kapitel

Ella hatte noch nie solche Angst gehabt. Noch nie so dringend gewinnen wollen. Sich noch nie im Leben so vor dem Verlieren gefürchtet.

»Komm schon.« Ash nahm sie bei der Hand. »Jetzt nicht schwächeln. Du hast dich bisher ganz großartig gehalten. Wir hatten jede Menge Spaß, und nicht einmal Trixie mit ihren eingebildeten Elfen hat heute Abend irgendwelche Schwierigkeiten gemacht. Und es gab auch keine Sondernachrichten, dass Londoner Hotels in Schutt und Asche gelegt worden wären – und bald haben wir alles hinter uns.«

»Aber wenn wir nicht gewinnen?«

»Dann hat sich insgesamt nicht viel geändert, oder? Es wäre eine Enttäuschung, aber über Enttäuschungen kommt man hinweg. Und wir haben uns amüsiert, haben viel gelernt und neue Erfahrungen gemacht. Umsonst war das alles nicht.«

Sie sah hinab auf seine Hand, die ihre umfasst hielt, und wünschte, so würde es immer bleiben. Sie streichelte seine Finger. »Ash …«

»Ist schon gut«, sagte er und löste seine Hand behutsam aus ihrer. »Wir unterhalten uns später.«

Dann scheuchte der Aufnahmeleiter sie alle auf die Bühne zurück, und unter stürmischem Applaus traten sie wieder hinter ihre inzwischen blitzsauberen Arbeitsplatten.

So ein Mist aber auch, dachte Ella zerknirscht. Jetzt habe ich mich wirklich restlos zum Trottel gemacht … Ach, was soll’s, Ella, reiß dich zusammen und lächle!

»Da sind wir wieder!« Gabby, nun in glitzerndem Silberkleid, tänzelte auf die Bühne und winkte dem Publikum zu. »Nun kommen wir zum wichtigsten und aufregendsten Teil unserer Show. Der Höhepunkt nach Wochen voller Reisen durchs Land, Besuchen in Ihren Häusern, Kochen und Experimentieren! Und ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass alle abgegebenen Stimmen ausgezählt sind, die Telefonleitungen sind geschlossen, und wir haben einen eindeutigen Dewberry’s Dinners-Gewinner ermittelt!«

Das Publikum klatschte und johlte und jubelte.

»Aber« – Tom streckte beide Hände aus – »vor der Siegerehrung haben Gabby und ich Ihnen noch etwas zu sagen. Nicht wahr, Gabby?«

»So ist es.« Gabby hörte auf zu lächeln. »Leider war dies das letzte Jahr für Dewberry’s Dinners. Heute Abend krönen wir die letzten Dewberry’s Dinners-Gewinner aller Zeiten.«

Das Publikum japste nach Luft und stöhnte auf.

»Ja, aber es gibt nicht nur schlechte Nachrichten«, fuhr Gabby fort. »Vom nächsten Jahr an heißt die Live-Kochshow aus Ihrem Zuhause Gabbys Gourmets. Das Format wird ganz ähnlich sein wie die jetzige Sendung, die glücklichen Gewinner bekommen denselben schönen Scheck und die gleiche Unterstützung bei der Eröffnung eines Restaurants, nur dass ich künftig solo arbeite.« Sie warf ihrem Mann einen vernichtenden Blick zu. »Tom brennt darauf, abseits des Bildschirms eine eigene Karriere zu verfolgen.«

Das Publikum war wie vor den Kopf geschlagen. Schluss mit Gabby und Tom? Das war ja wie die Trennung des Komikerduos Ant und Dec.

»Wir fanden es nur richtig, Ihnen das heute Abend mitzuteilen, bevor es in den Zeitungen steht«, sagte Tom. »Und vor allem, bevor wir die Gewinner des heutigen Abends vorstellen. Denn diese Nacht gehört ihnen – und wir wollen ihnen nicht die Schau stehlen.«

»Sooo.« Gabby strahlte wieder professionell. »Damit wären unsere Neuigkeiten vom Tisch – und jetzt kommen wir zu den wirklich wichtigen Dingen des heutigen Abends! Der Verkündigung der diesjährigen, letztmaligen – Dewberry’s Dinners-Gewinner!«

Das Publikum jubelte noch lauter.

»Wie Sie wissen«, sagte Tom, »nehmen die Gewinner einen schönen Scheck mit nach Hause, und unsere Leute – oder künftig vielmehr Gabbys Leute – greifen ihnen unter die Arme bei Gründung, Anfangsfinanzierung und Betrieb ihres höchsteigenen Restaurants!«

Das Publikum tobte vor Begeisterung.

Ella sah zu den anderen hin. Sie waren sehr blass. Die Bekanntgabe des Abschieds von Dewberry’s Dinners konnte dem Ergebnis des heutigen Wettbewerbs bei Weitem nicht das Wasser reichen.

»Wir wollen Sie nun nicht länger auf die Folter spannen«, sagte Gabby und zog die Sache noch weiter in die Länge. »Den Umschlag mit der Anzahl der abgegebenen Stimmen habe ich hier.«

Das Studio wurde in Zwielicht getaucht. Schwenkende Scheinwerfer schweiften kreuz und quer über Gabby mit dem Umschlag, über Tom und die Kandidaten.

»Der heutige Gewinner«, sagte Tom mit ernster, tiefer Stimme, »ist …«

Ein Trommelwirbel erklang. Dann Stille.

Oooh, stöhnte Ella innerlich, nicht wieder diese blöde Masche, um Zeit zu schinden und die Spannung zu steigern.

Die Stille dauerte länger und länger.

Gabby trat vor und riss den Umschlag auf.

Noch mehr Stille.

Ellas Magen hatte sich total verknotet, und sie hätte am liebsten angefangen zu schreien.

Gabby sah auf den Umschlag hinab und lächelte. »Hideaway Farm! Herzlichen Glückwunsch an Poll, Billy, Ella und Ash, den heißesten Eismann des Universums!«

Gabby schnappte sich Ash und umarmte ihn. Tom umarmte jeden Einzelnen.

Auf einmal war das Studio voll von tanzenden goldenen Lichtern und Sternschnuppen und lauter werdender Musik. Das Publikum war auf den Beinen und klatschte und jubelte.

Dann wurde Ella von Ash umarmt, dann von Poll, dann von Billy. Gabby und Tom schüttelten nun allen die Hände und plauderten dies und das, doch von dem, was sie sagten, verstand Ella kein Wort.

Iris Freckles und ihre Mädels gratulierten ihnen ebenfalls herzlich. Dann überreichte Tom Poll den Scheck, und Gabby überreichte Ash den Pokal, und jeder küsste jeden auf die Wange.

Poll schluchzte hemmungslos in Billys Armen.

Und das Publikum jubelte immer noch.

Sie hatten gewonnen. Ella ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen. Sie hatten tatsächlich und wahrhaftig gewonnen.

Sie wusste wirklich nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, und tat schließlich beides ein bisschen, als Ash und sie einander über den riesigen Kristallpokal hinweg einfältig angrinsten.

»Du kriegst ein Restaurant«, sagte sie. »Du bekommst tatsächlich dein eigenes Restaurant.«

Er nickte. »Ich weiß … Nein, stimmt nicht. Ich kann das alles noch gar nicht glauben.«

»Pressetermin ist morgen«, sagte Gabby sehr laut über den ganzen Lärm hinweg und quetschte sich zwischen sie, während scheinbar Hunderte von Leuten auf die Bühne drängten und unter der Decke massenhaft Glitzerkram explodierte und Champagnerkorken mit den Blitzlichtern um die Wette knallten. »Bei euch. In Berkshire. Sie wollen euch vor Ort. Alles organisiert. Fünf-Sterne-Festessen auf Kosten der Programm-Macher heute Abend – Denise und Anthony haben die Details, dann zurück ins Hotel und noch mehr Schampus für alle.«

»Gut gemacht«, sagte Tom, mehr denn je wie ein wild verstrubbelter Heathcliff, mit tiefer Stimme zu Ella. »Ich bin so froh, dass ihr gewonnen habt.«

»Danke.« Ella blinzelte die Tränen weg. »Ich kann es noch gar nicht fassen.« Sie sah in den Zuschauerraum hinaus und zu den Massen des Publikums, die nun lautstark ihre After-Show-Geschenketüten mit Tom-und-Gabby-Kochbüchern und hübsch eingepacktem Schnickschnack aufmachten, als sähen sie das alles zum ersten Mal. »Ich kann gar nicht fassen, dass wir es tatsächlich geschafft haben. Tausend Dank, dass Sie unser Leben verändert haben.«

»Ich habe zu danken, dass Sie meines verändert haben«, sagte Tom, schüttelte ihr feierlich die Hand und trieb dann durch die weiter anschwellende Menge davon.

Ella sah ihm nach. Warum in aller Welt hatte er das gesagt? War er betrunken? War er über die berufliche Trennung der Dewberrys genauso bestürzt wie alle anderen? Armer, armer Tom.

Und jetzt konnte sie Ash überhaupt nicht mehr sehen. Die lärmende lachende Menge hatte ihn verschluckt. Im Grunde konnte sie überhaupt niemanden mehr sehen, den sie kannte.

Dann blinzelte sie erstaunt. Das war doch nicht etwa …?

Das war doch nicht etwa Onyx, die da in den Kulissen stand?

Ella kniff die Augen zusammen und bahnte sich einen Weg durch die Massen.

»Onyx? Onyx! Aber Ash hat gesagt, du kannst nicht kommen und …«

»Ella! Ach, ich freu mich ja so für euch!« Onyx, in hautengen Jeans und einem sehr knappen Top, auf ihren Killer-Heels noch größer als sonst, beugte sich herab und umarmte sie. »Ist das nicht einfach herrlich? Herzlichen Glückwunsch! Ihr wart absolut großartig! Oh mein Gott, ich bin ja so froh für euch alle! Jetzt wird alles – rundherum alles – einfach ganz wunderbar, stimmt’s?«

Tja, nein, nicht ganz alles, dachte Ella, lächelte jedoch weiter.

»Ja. Ash kriegt sein Restaurant, Poll kriegt das Geld, das sie braucht, um ihr zweites Zuhause für Heimatlose zu erweitern – auch wenn sie sagt, wir müssten auch jeder einen Anteil bekommen, was wirklich nett ist –, und Billy und sie können mit der Heimlichtuerei aufhören und offen zeigen, wie verliebt sie sind.«

Zu sagen: »Und Ash und du könnt glücklich sein bis ans Ende eurer Tage«, brachte sie dann doch nicht ganz über die Lippen.

Das ging einfach nicht.

»Ash ist irgendwo da drüben, er redet mit Gabby und tausend anderen Leuten, soll ich versuchen, ihn zu finden, und ihm sagen, dass du hier bist?«

»Nein, das weiß er.«

Natürlich weiß er es, dachte Ella. Ich Dummchen. Er hatte ja eigens den Green Room verlassen, um jemanden anzurufen!

»Außerdem bin ich nicht wegen Ash hier.«

»Tja, nein, du bist ja hoffentlich unser aller Freundin, aber Ash willst du doch sicher am dringendsten sehen? Gerade heute Abend?«

»Ach ja, Ash gratuliere ich später.« Onyx lächelte versonnen. »Aber eigentlich bin ich seinetwegen hier.«

Ella drehte sich um und schaute über die Schulter. Da war kein Mann zu sehen. Nun ja, außer Tom, der sich gerade mit Iris Freckles unterhielt. Den konnte Onyx doch wohl nicht meinen, oder etwa doch?

»Wen meinst du?«

»Tom«, seufzte Onyx schwärmerisch.

»TOM?« Ella schrie den Namen geradezu heraus. »TOM! Äh, entschuldige, hab ich da irgendwas nicht mitgekriegt? Du – und Tom

»Ich und Tom.« Onyx’ große Augen bekamen einen ganz verträumten Blick. »Lust und Liebe auf den ersten Blick. Gegenseitige Lust und Liebe auf den ersten Blick.«

Onyx und Tom? Ella runzelte die Stirn. Unmöglich! Das gab’s doch gar nicht …

Es war, als hätte jemand aus einem Buch, das sie las, die mittleren Seiten herausgerissen und die Geschichte hätte auf einmal mit der vom Anfang überhaupt nichts mehr zu tun.

Ella schüttelte den Kopf. »Nein, das kann nicht sein. Nein, entschuldige, das stimmt doch hinten und vorne nicht. Willst du sagen, du hast eine Affäre mit Tom? Und dass du sogar heute Abend, wo du doch wirklich bei Ash sein solltest, weil es der wichtigste Abend seines ganzen Lebens ist, vorhast, mit Tom abzuziehen? Entschuldige, Onyx, aber …«

»Ich habe keine Affäre mit Tom. Und warum in aller Welt sollte das Ash etwas ausmachen? Und …«

»Aber du und Ash? Ihr seid doch seit Jahren ein Paar. Und …«

»Halt!« Onyx hob die Hände hoch. »Wie kommst du denn auf die Idee? Ja, Ash und ich sind seit der Uni beste Freunde und haben vieles gemeinsam. Aber doch nicht so. Nie im Leben sind wir jemals ein Paar gewesen. Ja, er ist unheimlich attraktiv, aber er ist genauso wenig mein Typ wie ich seiner. Wir stehen nicht im Mindesten aufeinander. Wir sind Freunde. Wirklich nur gute Freunde. Meine Güte, der Gedanke, mit Ash zu schlafen, käme mir genauso inzestuös vor wie die Vorstellung, mit meinem Bruder Jett ins Bett zu gehen.«

Ella schwirrte der Kopf, sie stieß die Luft aus. »Wirklich? Nein, ich verstehe … Ähm … Okay, gut, da habe ich wohl etwas missverstanden … Wahrscheinlich habe ich da so einiges irgendwie ein bisschen falsch aufgefasst.«

»Ein bisschen?« Onyx kreischte vor Lachen. »So etwa zweihundertneunzig Prozent!«

»Aber Tom

»Tom Dewberry ist ein liebenswerter Mann. Ein sehr liebenswerter, sehr unglücklicher Mann.« Onyx lächelte zart. »Und ist genau mein Typ. Wir sind uns damals in Hideaway zum ersten Mal begegnet und haben uns unterhalten und danach SMS ausgetauscht und uns dann ein paarmal heimlich getroffen und noch mehr Gespräche geführt und uns ineinander verliebt. Ende.«

»Anfang!«, korrigierte Ella, noch immer ganz verdattert. »Du hast gesagt, ihr hättet keine Affäre.«

»Haben wir auch nicht. Du kannst mich altmodisch nennen, aber mir wurden von meinen Eltern strenge Moralvorstellungen eingeimpft. Sosehr ich Tom auch liebe und begehre, geschlafen habe ich nicht mit ihm. Ich würde mich nie auf eine Beziehung mit einem verheirateten Mann einlassen. Genauso wenig könnte ich Tom ein Ultimatum stellen. Ich meine, er und Gabby mögen eine kreuzunglückliche Ehe führen, aber die beiden sind ja durch weitaus mehr als ihr Eheversprechen aneinander gebunden. Sie sind riesig im Geschäft. Ich hätte ihn niemals gebeten, das eine oder das andere für mich aufzugeben.«

»Aber das hat er jetzt getan?«

»Aus freien Stücken, ja«, sagte Onyx nahezu überschäumend vor Glück. »Was Gabby heute Abend nicht gesagt hat – aber die Presse morgen verkünden wird –, ist, dass die Dewberrys sich geschäftlich und privat voneinander trennen. Sie lassen sich scheiden. Er lässt sich von ihr scheiden. Und er hat ihr von mir erzählt.«

»Wirklich?« Ella blieb der Mund offen stehen. »Ogottogottogott – und sie hat nicht vor, dich zu ermorden?«

»Juckt sie nicht im Geringsten, wie es aussieht. Gabby ist nicht nur eine Zicke mit Haaren auf den Zähnen, sie ist auch eine Serien-Fremdgeherin. Sie hat jede Menge Ersatzmänner für Tom auf der Wartebank.«

Oh Gott, dachte Ella, Ash gehörte eindeutig auch dazu …

Onyx seufzte. »Sie betrügt ihn schon seit Jahren. Aber Tom ist ein anständiger Mann – und hat sie immer wieder zurückgenommen.«

»Aber jetzt nicht mehr? Und jetzt trennt er sich auch geschäftlich von ihr?«

Onyx nickte. »Ich hätte ihn darum nicht gebeten, das hätte ich weder gekonnt noch gewollt. Er musste das tun, weil er es wollte, nicht weil ich Forderungen stelle. Mir lag daran, dass er es seinem eigenen zukünftigen Glück zuliebe tut, nicht nur meinetwegen.«

Mannomann. Ella schüttelte erneut den Kopf. Das war alles viel zu heftig, als dass sie es hätte fassen können. Dann grinste sie auf einmal. »Also wolltest du mit diesem Küchenlatein, nach dem du mich gefragt hast, Tom beeindrucken?«

»Ganz genau. Wir hatten uns über Gott und die Welt unterhalten«, sagte Onyx und nickte. »Aber ich kam mir so ignorant vor, dass ich so gar nichts über sein Metier wusste, und wollte ihm aber doch auf allen Bereichen eine ebenbürtige Gesprächspartnerin sein. Ich meine, ich habe jahrelang mit Ash abgehangen und fand immer toll, was er kocht, wusste aber nichts über die Vorgänge hinter den Kulissen, bevor das Essen auf den Teller kommt. Und Ash hätte ich nicht danach fragen können, weil zu dem Zeitpunkt kein Mensch von Tom und mir wusste, und weil Ash mich so gut kennt, hätte er es ganz sicher erraten.«

»Wow! Und was wird jetzt? Nun wird wohl doch nichts aus dem Bauchtanz-Kurs im Gemeindesaal von Hazy Hassocks? Nun wirst du dich wohl mit Tom in irgendeinem schicken Londoner Penthouse niederlassen?«

»Zweimal falsch geraten!« Onyx schmunzelte. »Tom ist im Herzen ein Junge vom Dorf. Ist auf einer Farm aufgewachsen. Liebt das Leben auf dem Land. Wir suchen uns etwas in der näheren Umgebung – in einem der Dörfer. Ich mache weiter mit Tanzen, bis ich das Gefühl habe, dass es wirklich Zeit wird, aufs Unterrichten umzusatteln, und er nimmt sich eine Auszeit, um noch ein paar Kochbücher zu schreiben und in unserem kleinen Garten zu werkeln und alles Mögliche anzubauen und sich vom Promidasein zu erholen, das er ganz scheußlich fand, der arme Schatz. Und vielleicht, eines Tages, wenn sich der Wirbel gelegt hat, könnten Ash und er sich in Sachen Gastronomie zusammentun – wer weiß …«

In der Tat, wer weiß? Ella atmete tief durch. Das war alles zu viel auf einmal. Plötzlich fühlte sie sich völlig ausgelaugt. Unter gar keinen Umständen würde sie sich ins städtische Nachtleben stürzen und bis in die frühen Morgenstunden feiern können. Sie wollte eigentlich nur noch nach Hause.

»Aber jetzt weiß Ash Bescheid? Über dich und Tom?«

»Oh ja. Ich hab ihm heute Abend eine SMS geschickt. Als ich wusste, dass Tom und Gabby ihre Trennung öffentlich machen, war klar, dass auch ich jetzt damit rausrücken kann. Er hat sich unheimlich für mich gefreut.« Ihr Lächeln wurde breiter und sanfter, als Tom zu ihnen trat. »Hi!«

Tom sah ihr tief in die Augen. »Hallo, meine Schöne. Hast du es Ella erzählt?«

Onyx nickte.

»Ähm, herzlichen Glückwunsch«, murmelte Ella. »Ich finde es wundervoll. Ich freu mich unheimlich für euch beide und hoffe ehrlich, dass ihr sehr glücklich miteinander werdet.«

»Oh, ganz bestimmt!«, sagte Tom sanft und nahm Onyx diskret an der Hand. »Das werden wir.«

Er ist ein liebenswerter Mann, dachte Ella, und Onyx war offenbar genauso verliebt wie er. Aber welche Frau mit halbwegs klarem Verstand fände den großen, strubbeligen, mittelalten Tom allen Ernstes attraktiver als den göttlichen und bezaubernden und ach so begehrenswerten Ash?

Die Liebe war doch ein seltsames Spiel …

Sie verkniff sich ein Kichern. »Eigentlich wollte ich fragen, ob Sie mir einen Gefallen tun könnten.«

Tom nickte. »Ich will es gern versuchen.«

Ella nickte zur Mitte des Studios hin, wo Poll, Billy und Ash mit Champagner abgefüllt und von einer riesigen lärmenden Menge umringt wurden. »Ob es Ihnen wohl möglich wäre, mich bei allen zu entschuldigen und Poll und den anderen zu erklären, dass ich heute Abend wirklich einfach nicht mehr kann, auch nicht im Hotel übernachten oder sonst irgendwas? Bitte!«

»Aber natürlich kann ich das. Ich verabscheue ja selbst diesen ganzen After-Show-Firlefanz. Aber warum wollen Sie denn gehen? Fühlen Sie sich nicht wohl?«

»Offen gestanden, weiß ich überhaupt nicht, wie ich mich fühle. Ich glaube, ich brauche einfach ein bisschen Ruhe und Frieden, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. War alles ganz schön überwältigend.«

»Stark untertrieben«, sagte Onyx. »Aber ich kann mir gar nicht vorstellen, dass du dir die Chance auf eine durchfeierte Nacht entgehen lässt, nachdem du so lange auf dem Land gehockt hast, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.«

»Normalerweise wäre das nicht meine Art. Wahrscheinlich werde ich allmählich alt. Nenn mich ruhig eine Spaßbremse – mal wieder.« Ella lächelte. »Aber ich will wirklich nach Hause aufs Land, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. So schnell wie möglich.« Sie sah Tom wieder an. »Und könnten Sie mir sagen, wie ich hier herausfinde, um mir ein Taxi nach Paddington zu nehmen?«

Tom lächelte freundlich. »Ein Taxi zu nehmen ist gar nicht nötig. Ich sorge dafür, dass einer unserer Fahrer Sie direkt nach Hideaway heimbringt, wenn es das ist, was Sie wollen.«

»Ja«, sagte Ella dankbar. »Vielen herzlichen Dank. Im Moment wünsche ich mir das mehr als alles andere auf der Welt. Beinahe jedenfalls.«