Fünf
Nach der Frühbesprechung war Penny gleich wieder zum Stadtarchiv gefahren. Sie hatte sich einen Tisch am Fenster gesucht und sich weitere Unterlagen vorgenommen. Schließlich stützte sie ihren Kopf in ihre Hände und sah auf die Straße hinaus.
Konnten die beiden männlichen Toten wirklich verletzte Frontsoldaten gewesen sein, die, als am 26. September die Bomben fielen, im Klever Krankenhaus gelegen hatten?
Aber wie passten sie dann zu den toten Frauen und Kindern? Frontsoldaten waren Helden gewesen – kein «unwertes Leben». Der Begriff ließ sie wieder schaudern.
Vielleicht war Peters Überlegung nicht so falsch: Die beiden konnten Schanzarbeiter gewesen sein – einer von ihnen war doch Slawe gewesen, hatte Arend gesagt –, die bei einem Tieffliegerangriff verletzt worden waren. Dann hätten sie während des ersten Bombardements im Antonius-Hospital gelegen.
Der Stadtarchivar brachte ihr einen zweiten Stapel Unterlagen über das Krankenhaus, Fotos aus der Zeit vor dem Krieg und Aufnahmen vom ausgebombten Gebäude. Penny betrachtete die Fotos, ordnete sie chronologisch und begann dann, wieder zu lesen.
Seit das ehemalige Minoritenkloster als Krankenhaus genutzt worden war, war es immer wieder baulich erweitert worden, es hatte eine Infektionsstation gegeben, eine Wäscherei, eine Großküche. Die Krankenpflege hatte, obwohl es auch einige weltliche Angestellte gab, fest in den Händen der Nonnen gelegen, die auch als ambulante Krankenschwestern in der Stadtpflege tätig waren.
Beim Großangriff im September hatte das Hospital mehrere Volltreffer abbekommen. Das Isolierhaus war zur Hälfte zerstört worden, das Leichenhaus völlig in Schutt und Asche gelegt. Alle Kranken konnten rechtzeitig in den Schutzkeller gebracht werden. Nach dem Angriff wurden sie in Begleitung von zehn Nonnen und ein paar weltlichen Schwestern nach Bedburg transportiert.
«Ich muss Sie leider schon wieder stören.» Der Archivar legte ihr leise die Hand auf die Schulter. «Das hier könnte von Interesse für Sie sein. Es sind Augenzeugenberichte vom Angriff auf die Unterstadt.»
Penny lächelte ihn an. «Danke.»
Die Schrift auf den Kopien war blass, und sie hatte ein wenig Mühe, alles zu entziffern: Eine Nonne brachte alle Kleinen von der Kinderstation in der Bäderabteilung in Sicherheit. Nach dem Angriff fuhr sie mit ihnen in die Klinik nach Bedburg, wo man auf Säuglinge und Kleinkinder nicht eingerichtet war. Es gab keine Babynahrung, keine Windeln. Die Kinder litten, bis irgendjemand sich am nächsten Tag nach Kleve durchschlagen und das dringend Benötigte aus den Trümmern des Antonius-Hospitals holen konnte. Die Säuglingsfläschchen waren kaputt, man behalf sich mit leeren Bierflaschen und bastelte Sauger aus Gummihandschuhen.
Die Nonnen und Angestellten verließen das Krankenhaus nach dem Angriff nicht. Sie lebten im Keller, räumten im noch intakten Teil des Gebäudes Schutt weg und schafften so Platz für die schwerverletzten Bombenopfer aus der Stadt, die gebracht wurden.
Chefarzt Dr. Zirkel operierte unverdrossen, rettete Leben, sein Oberarzt Reiter organisierte die Bergung von Möbeln, OP-Tischen, Instrumenten, Pflegeartikeln und Medikamenten, überwachte auch den Abtransport der Kranken nach Bedburg.
Einige Nonnen kämpften sich durch den Schutt auf den Straßen und versorgten die Leichtverletzten und Kranken in den Häusern, die noch standen, brachten Lebensmittel.
Überall in der Stadt tobten Brände, es gab Hunderte von Verschütteten, die manchmal zwölf Stunden und länger bis zu ihrer Rettung ausharren mussten. Für einige kam jede Hilfe zu spät, sie erstickten qualvoll.
Die Schilderungen der Krankenschwester waren so plastisch, dass Penny unwillkürlich schauderte. Sie lehnte sich zurück. Ersticken, dachte sie. Was, wenn man die Menschen, deren Skelette sie gefunden hatten, irgendwo zusammengepfercht hatte, wo sie verschüttet wurden und erstickten? Keine Spur von äußerer Gewaltanwendung. Lebensunwertes Leben …
Sie schaute sich noch einmal die Fotos von der Unterstadt nach dem Bombenangriff an. Die Herzogbrücke hatte ein riesiges Loch, die «Neue Brücke», wie sie damals noch hieß, hing halb im Wasser, die Gebäude an ihrem Kopf waren völlig zerstört, der Opschlag ein einziger großer Bombentrichter.
Penny schob ihre Notizen zusammen und ging hinüber zum Pult in der Ecke, wo der Archivar in einem Folianten blätterte.
«Ich habe die Namen von zwei Ärzten gefunden, die während des Krieges im Hospital gearbeitet haben.»
«Da haben Sie Glück gehabt», sagte er. «Alle Unterlagen des alten Krankenhauses, Patientenakten, Personallisten, sind beim zweiten Angriff auf die Stadt verbrannt.» Er überlegte. «Die Namen haben Sie aus dem Bericht der jungen Nonne, nicht wahr? Möglich, dass es da noch mehr gibt. Das Archiv der Clemensschwestern ist in Münster. Wenn Sie dort Einsicht nehmen wollen, kann ich gern den Kontakt herstellen.»
Cox kam endlich dazu, eine Ermittlungsakte zusammenzustellen.
Er ordnete und archivierte Arends bisherige Ergebnisse und legte für alles, was van Gemmern und seine Kriminaltechniker in der Baugrube gefunden hatten und immer noch ins Labor brachten, Akten an.
Selbst das Fundstück Nr. 214, eine blau-silberne Blechdose, die einmal ein isotonisches Getränk enthalten hatte, bekam mit genauer Beschreibung ihrer auf das Raster bezogenen Lage einen eigenen Aktendeckel. Auch sie könnte ja etwas mit den Toten zu tun haben. Was auf den ersten Blick natürlich Schwachsinn war. Es sei denn, jemand hatte vor fünfzehn Jahren oder später acht alte Skelette von irgendwoher zum Opschlag gebracht, sie dort verbuddelt und sich dabei einen trendy Drink gegönnt.
Dieser vermaledeite Bagger!
Er wählte van Gemmerns Handynummer. «Wo steckst du gerade?»
«Im Labor.»
«Dann komme ich mal eben rüber.»
Van Gemmern gab ein Knurren von sich. «Das brauchst du nicht. Ich habe nichts Neues.»
«Gar nichts?»
«Spuren von Arsenik im Erdreich», rang van Gemmern sich ab.
«Aber das ist doch was», rief Cox. «Wenn man die Menschen mit Arsen vergiftet hat, dann wäre das Gift nach ihrem Tod doch sicher noch in den inneren Organen und in der Haut gewesen.»
«Und beim Verwesungsprozess in die Erde gelangt», vollendete van Gemmern. «Das Problem ist nur, die Konzentration ist nicht hoch genug. Spuren von Arsen finden sich häufig im Boden, das ist nichts Besonderes. Aber ich fahre gleich nach Emmerich. Marie ist gerade dabei, die Erde zu untersuchen, die sie abgekratzt und asserviert haben, bevor die Knochen abgespült wurden. Mal schauen, wie das da mit der Konzentration aussieht.»
«Na gut, viel Glück dann.»
Cox schob alle Gedanken beiseite und nahm seine Arbeit wieder auf: eine Akte für einen verrosteten Fahrradlenker mit neongelben Handgriffen. Ein Ruderblatt aus Eiche – «das Holz fast schwarz und hart wie Beton, sicher zwei- bis dreihundert Jahre alt, die C-14-Methode wird Aufschluss geben», hatte van Gemmern notiert. Eine Plastiktüte mit Tierknochen – «Katze vermutlich». Das Blatt von einem Spaten – «von Rost überzogen, im Kern noch solide, könnte vom Alter her hinkommen (C-14)».
Normalerweise machte Cox das ein wenig eintönige Archivieren nichts aus, er tat es sogar ganz gern, aber heute hatte er Hummeln im Hintern.
Er rief in der Pathologie an.
«Ganz schlechtes Timing, Peter», meinte Bonhoeffer.
«Ich dachte nur, ich rufe mal an, Klaus hat etwas von Arsen gesagt.»
«Mit Arsen sind sie nicht vergiftet worden, das ist sicher. Weißt du, das Problem ist, nur ganz wenige Gifte lassen sich in Haaren, Zähnen und Knochen nachweisen, wenn sie nur ein einziges Mal verabreicht wurden. Und anderes Gewebe steht uns ja nicht zur Verfügung.»
«Aha.»
«Jetzt sei nicht eingeschnappt.» Man hörte das Lächeln in Bonhoeffers Stimme. «Mit schlechtem Timing meinte ich nur, du bist einfach ein kleines bisschen zu früh dran. Wir haben gerade eine erste Knochenprobe vom Skelett des kleinen Mädchens genommen und sind noch dabei, sie zu untersuchen.»
Cox hörte eine Frauenstimme im Hintergrund, dann legte Bonhoeffer offenbar die Hand auf die Muschel.
«Marie hat Spuren von Barium entdeckt», meldete er sich dann wieder.
«Barium?», fragte Cox. «Das sagt mir gar nichts.»
«Bariumsulfat zum Beispiel benutzt man als Kontrastmittel bei Röntgenaufnahmen, und Bariumcarbonat wurde früher als Rattengift eingesetzt», erklärte Bonhoeffer und fügte ziemlich streng hinzu: «Keine voreiligen Schlüsse, bitte. Das ist die erste Probe vom ersten Skelett und bedeutet zunächst einmal gar nichts.»
Der Staatsanwalt Dr. Müller war neu in der Stadt, recht jung noch und ein bisschen schnöselig, aber er verstand es ganz gut, sich vor der Presse in Szene zu setzen.
«Selbstverständlich ist mir bekannt, dass in einem Fall wie diesem die Ermittlungsgruppe ‹Nationalsozialistische Gewaltverbrechen› vom Landeskriminalamt hinzugezogen werden muss», beantwortete er die Frage eines Journalisten. «Das habe ich natürlich sofort in die Wege geleitet. Aber wie man mir von jener Seite mitteilte, ist es zunächst vorrangig, dass sich Lokalhistoriker mit unserem Fall befassen. Und darum kümmert sich Hauptkommissar van Appeldorn mit seinem Team bereits sehr erfolgreich.» Er nickte Norbert ermunternd zu.
Und das aus dem Munde eines Mannes, der sich noch mit keiner Silbe nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen erkundigt hatte, dachte van Appeldorn und wollte eben anfangen zu sprechen, als Dr. Müller es sich noch einmal anders überlegte.
«Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass Dr. Bonhoeffer die forensischen Untersuchungen leitet. Dr. Arend Bonhoeffer ist, wie Sie wissen, einer der führenden und erfahrensten Forensiker unseres Landes. Und er wird in diesem besonderen Fall von einer Kollegin der Universität Bologna unterstützt.»
Bernie Schnittges beugte sich zu van Appeldorn herüber. «Du hast gar nicht erzählt, was der für ein Windei ist.»
«Sollte eine Überraschung sein», raunte Norbert zurück.
«Selbstverständlich habe ich Dr. Bonhoeffer und Frau Dr. Beauchamp zu dieser Konferenz eingeladen, aber beide möchten keine Zeit verlieren, sondern ihre Untersuchungen zügig zu einem Ergebnis bringen», schloss der Staatsanwalt endlich.
Van Appeldorn zog das Mikrophon näher heran. «Sie haben alle eine Pressemappe bekommen», begann er. «Wie Sie ihr entnehmen können, handelt es sich bei dem Fund um acht Skelette, die vor etwa fünfundsechzig Jahren begraben wurden, zwei Männer, drei Frauen und drei Kinder.»
«Ja», rief einer der Reporter, «und es sind alles … alles Behinderte. Da springt einem der Begriff ‹unwertes Leben› doch geradezu ins Gesicht.»
Van Appeldorn schluckte kurz an der Formulierung, nickte dann aber. «Das ist richtig. Im Augenblick gibt es allerdings keinerlei Hinweise auf eine gewaltsame Tötung, bei keinem der Menschen.»
«Was ist mit Vergasen? Könnte man das heute überhaupt noch feststellen?»
«Es gibt in der Geschichte nirgendwo einen Hinweis auf eine Tötungsanstalt in unserer Region.»
«Und wie sieht es mit Gift aus?»
«Die toxikologischen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.»
Schnittges meldete sich. «Wir brauchen Ihre Hilfe. Es ist wichtig, dass Sie die einzelnen Opfer möglichst detailliert beschreiben. Vielleicht gibt es Leute in der Stadt, die sich an diese Menschen erinnern und uns sagen können, wer sie waren.»
«Nach fünfundsechzig Jahren?», höhnte jemand, und Bernie wunderte sich wieder einmal, dass es in einer solchen Gruppe immer ein oder zwei Reporter gab, die davon überzeugt waren, dass die Polizei dämlich war.
«Es gibt Familienfotos», antwortete er ruhig, «und Familiengeschichten, die weitergegeben werden. In ein paar Tagen können wir Ihnen höchstwahrscheinlich Rekonstruktionen der Gesichter liefern, dann wird es noch einfacher.»
Auf dem Rückweg zum Büro gestand sich van Appeldorn zähneknirschend ein, dass kein Weg mehr daran vorbeiführte: Er würde sich mit seinem Onkel in Verbindung setzen müssen.
Van Appeldorn und sein holländischer Kollege hatten hin und her überlegt, wo das Fußballspiel stattfinden sollte, und sich schließlich auf das Gelände des SV Siegfried Materborn geeinigt. Die Plätze waren gut, die Flutlichtanlage neu, vor allem aber kannte van Appeldorn die Verantwortlichen dort. Er hatte selbst bei dem Verein gespielt und war später noch lange Jugendtrainer gewesen.
Der Vereinsvorstand hatte darauf bestanden, Schirmherr der Veranstaltung zu sein, und so musste van Appeldorn, bevor das erste Training beginnen konnte, an einer «erweiterten Vorstandssitzung» teilnehmen.
Heinz Winkels saß an der Stirnseite des Tisches im kleinen Saal der Vereinskneipe.
«Hiermit eröffne ich in meiner Funktion als Erster Vorsitzender die außerordentliche Vorstandssitzung, zu der fristgerecht eingeladen wurde. Als Gast begrüßen wir unseren Sportsfreund Norbert van Appeldorn. Franz, schreibst du mit?»
Der Schriftführer nickte lässig.
«Gut. Also, Norbert, wie hast du dir das denn so vorgestellt?»
«Am allerwichtigsten ist, dass wir diese und nächste Woche jeweils dreimal trainieren können. Das Spiel ist dann am 1. November, nachmittags um drei, aber das hatten wir ja schon abgesprochen, Heinz. Für den Platzwart ist das auch okay.»
«Ja, an Allerheiligen, das ist gebongt», bestätigte der Vorsitzende. «Und mit dem Training … lass mich mal auf den Plan gucken. Für heute hattest du dich ja eingetragen, zwei Stunden, geht klar. Wie wäre es dann donnerstags zwischen D-Jugendtraining und A-Jugend, also von 18 bis 20 Uhr? Und würde dir Samstag passen ab 16.30 Uhr? Da müsstet ihr dann wohl auf den kleinen Platz, der große muss für die Erste Mannschaft am Sonntag tipptopp sein.»
«Das hört sich prima an», antwortete van Appeldorn. «Ich bin ja froh, dass ihr uns überhaupt unterbringen könnt.»
Heinz Winkels lächelte breit. «Tut man doch gern für einen alten Kameraden. Ist ja auch ein Renommee für den Verein, das musst du auch mal so sehen. Franz hat die Presse schon bestellt. So, und wie sieht das denn jetzt mit dem Ablauf aus?»
«Ablauf?» Van Appeldorn schmunzelte. «Ich würde sagen, wir gehen auf den Platz und spielen.»
Winkels riss die Augen auf. «Das meinst du doch wohl nicht ernst! Nee, nee, da hängt doch ein bisschen mehr dran. Erst mal muss die gegnerische Mannschaft angemessen begrüßt werden, damit fängt es schon mal an. Herbert, hast du dich schon um die Mikros gekümmert?»
Der Angesprochene hob die Hand. «Hab ich, kein Problem, geht klar.»
Winkels schaute van Appeldorn an. «Ich habe mir gedacht, dass ich als Vorsitzender die offizielle Begrüßung übernehme. Es sei denn, du willst das selber übernehmen, Norbert.»
«Bloß nicht!», gab van Appeldorn zurück und malte sich im Stillen aus, wie die deutsche Vereinsseligkeit wohl bei den niederländischen Kollegen ankommen mochte.
«Dann ist ja gut. Franz, zum weiteren Verlauf wolltest du dir Gedanken machen.»
Der Schriftführer erhob sich. «Ich finde, eine internationale Veranstaltung muss vom Bürgermeister eröffnet werden. Die Anfrage hab ich schon abgeschickt. Und bei Pastor Giskens habe ich auch schon mal vorgefühlt, der sagt auch gern ein paar segnende Worte. Und nach dem Spiel, das Preisgeld von der Euregio muss angemessen überreicht werden, also feierlich. Da dachte ich wieder an den Bürgermeister. Sonst kann Heinz das übernehmen als Erster Vorsitzender. Aber nach meiner Meinung sollte jeder Spieler auch noch eine besondere Erinnerung an das Ereignis mit nach Hause nehmen, und zwar in Form einer Urkunde. Herbert, hast du schon bei der Druckerei gefragt wegen dem Preis? Wenn das zu teuer wird, wir haben noch ein paar hundert Blanko-Urkunden.»
Van Appeldorn blickte zur Vereinsvitrine hinüber, in der einige Urkunden präsentiert wurden. Bei allen prangte fett gedruckt gleich unter dem Vereinslogo: «Dem Volke dient’s, wenn wir zu spielen scheinen».
«Großartig, ganz großartig», dachte er und hatte das «Heil Hitler» der holländischen Freunde bereits im Ohr. Es würde schon schwierig genug werden, sie an dem Eingangsschild vorbeizulotsen: «Siegfried Kampfbahn».
«Keine Urkunden», beschied er. «Ist nett gemeint, aber das Preisgeld reicht vollkommen.»
Winkels schaute säuerlich. «Du musst es ja wissen. Gut, dann kommen wir jetzt zum Thema Verpflegung. Unser Vereinswirt hat – so kennen wir ihn ja – sich bereit erklärt, für das leibliche Wohl zu sorgen. Franz, du hast dir das doch notiert.»
Der Schriftführer hatte sich noch nicht wieder hingesetzt. «Von den ‹Siegfried Open› sind noch ein paar Rollen Biermarken übrig. Wir stellen uns vor, dass jeder aktive Teilnehmer zwei Biermarken gratis erhält, das heißt, die Kosten würde die Vereinskasse tragen. Wobei eine Biermarke für ein Getränk gilt, also auch Cola und Wasser. Aber zwei Marken hätten auch den Gegenwert von einmal Pommes rot-weiß.»
«Und was ist, wenn die ihre Frauen mitbringen?», wollte Herbert wissen. «Kriegen die auch zwei Gratismarken?»
Franz fasste sich ans Ohr. «Bist du taub? Ich sagte aktive Teilnehmer, nicht Zuschauer!»
«Nach meiner Meinung sieht das aber ganz schön geizig aus, bloß zwei Biermarken. Da kann man das besser gleich seinlassen.»
Van Appeldorn schob seinen Stuhl zurück. «Ich muss dann los. Meine Spieler kommen. Ihr könnt mir dann ja am Donnerstag Bescheid sagen. Vielen Dank erst mal.»
Auf dem Parkplatz standen ein paar Männer mit ihren Sporttaschen ziemlich verloren da.
Neunzehn Kollegen hatten sich in van Appeldorns Liste eingetragen, kein Einziger von der Kripo. Ackermann wäre ganz bestimmt dabei gewesen. Der hatte noch lange aktiv gespielt, war das Wiesel im Angriff der Kranenburger Mannschaft gewesen, gefürchtet wegen seiner unorthodoxen Spielweise, zu Deutsch: wegen seiner gemeinen Tricks. So einen könnte er gut gebrauchen.
Neben Schuster entdeckte er Look und freute sich. Der war mal Torwart bei Victoria Goch gewesen, eine Bank, ein absoluter Elfmeterkiller. Er hatte oft gegen ihn gespielt und oft verloren.
Look kam auf ihn zu. «Na, dann mal los, Chef. Dass du uns aber jetzt nicht anfängst mit erst mal zwanzig Runden laufen von wegen Fitness.»
Van Appeldorn grinste. «Keine Sorge, ein bisschen Stretching, und dann geht’s gleich los. Du kannst mir helfen, Bälle und Hütchen zu holen.» Dann stutzte er. «Kommt da nicht Heuvens von der Kriminaltechnik? Der hat sich gar nicht in die Liste eingetragen.»
Auch Look wunderte sich. «Hat der nicht Zucker? Darf der überhaupt Sport machen?»