Es ist die alte Frage nach der Henne und dem Ei. Was war zuerst da: das Playhouse oder die Huntington Library? Egal, der geografische Zufall brachte ihn in unmittelbare Nähe zu Elsie, die in guter Verfassung war. Sie war beschäftigt, hatte Leute um sich und keinerlei Ambitionen, auf Herbert herumzuhacken. Außerdem hatte sie das richtige Mädchen für Marshall gefunden. Sie hieß Corinne Keller Lewis, war Absolventin der Texas Christian University und ein Jahr jünger als Marshall. Corinne hatte als Schauspiellehrerin in Fort Worth gearbeitet und war eine aufstrebende Schauspielerin am Pasadena Playhouse. Name und Geld ihrer vornehmen Südstaaten-Familie stammten aus einer Kinderwagen-Manufaktur.
Corinne war eine allseits beliebte Frau, im selben Maße einnehmend und warmherzig wie Marshall selbstvergessen und unterkühlt war. Nachdem Elsie sie einander vorgestellt hatte, durchlebten die beiden einen bilderbuchartigen Schnelldurchlauf aufblühender Liebe in Los Angeles, fuhren nach Santa Catalina und wanderten unter blauem Himmel durch die anliegenden Hügel.
Als es Zeit war, nach St. Louis zurückzukehren, flippte der verliebte Marshall aus, um es mal so zu sagen. Seine Gefühle für Corinne waren etwas anderes als die auf gegenseitigem Einverständnis beruhende Fast-Beziehung zu der Medizinstudentin Marjorie. Marshall und Corinne schrieben sich täglich Briefe (heute wären es E-Mails). Marshalls Briefe waren sehr ernst und hätten (in Corinnes Augen) ein bisschen romantischer sein können. Ihre Familie reichte bis in die Zeit der Plantagen zurück und war nicht gerade froh, als Marshall in das Bild platzte, das sie sich von Corinnes Zukunft gemacht hatten. Marshall war Katholik, unbekannter Abstammung, nicht reich – und leicht seltsam. Zwischen seiner Welt und ihrer gab es keine Überschneidungen. In den Weihnachtsferien 1938 mietete Marshall sich in einem Hotel in Fort Worth ein, um in Corinnes Nähe sein zu können. Seine zukünftige Schwiegermutter gab widerwillig eine kleine Cocktailparty und beließ es dabei. Völlig fertig und mit einem Liebeskummer wie nie zuvor fuhr Marshall zurück nach St. Louis.
Im Juni 1939 besuchte er Corinne in Texas und stellte ihr ein inzwischen legendäres Ultimatum, von dem sie noch häufig sprach: Er wolle im Herbst nach Cambridge fahren, um an seiner Doktorarbeit zu arbeiten, und wenn sie sich nicht sofort bereit erklärte, ihn zu heiraten, sei die Beziehung vorbei. Noch vor Ende August sagte sie ja. Sie kratzte die Aussteuer zusammen und fuhr nach St. Louis, wo sie Marshall in einer katholischen Kirche heiratete. Kurz darauf bestiegen sie einen Ozeandampfer nach England. Ihr Timing war beachtenswert. Sie legten am 2. September 1939 an, einen Tag nach dem deutschen Überfall auf Polen und einen Tag vor dem Kriegseintritt Englands und Kanadas. Aber für Marshall war das Jahr in Cambridge mit Corinne zauberhaft – sie hatten sich, sie hatten die Kultur und sie hatten ein tolles Leben.
Marshall war außerdem in seine Dissertation über Thomas Nashe vertieft. Diese Arbeit erforderte ein umfangreiches Studium der Rhetorik, von den Griechen bis zur Renaissance. Während dieser Zeit entwickelte er ein Interesse dafür, wie unterschiedliche Formen von schriftlicher und mündlicher Rede das Leben in den verschiedenen Zivilisationen beeinflusst haben. Dieses Interesse ging später in ein breiter gefächertes über: wie die unterschiedlichsten Kommunikationsmedien Einfluss auf das Bewusstsein des Einzelnen nehmen, und wie diese individuellen Veränderungen einen Wandel in der ganzen Gesellschaft bewirken.