St. Louis, Missouri

In St. Louis arbeitete Marshall an seiner Doktorarbeit über das Werk von Thomas Nashe, einem unbekannten englischen Autor aus dem 16. Jahrhundert, mit der er in Cambridge promovieren wollte. Die Vorstellung, dass Marshall der wurde, der er war, indem er sich mit einem englischen Satiriker, Rhetoriker und Kritiker aus dem 16. Jahrhundert beschäftigte, ist ähnlich verrückt, als hätte er sich mit den Osterriten im mittelalterlichen Frankreich befasst und wäre danach Raketentechniker geworden.

Sein Unterrichtspensum war enorm, aber er konnte froh sein, im Amerika der Weltwirtschaftskrise überhaupt einen Job zu haben, außerdem zwang ihn die Bandbreite der Themen, ständig Neues zu lesen und extrem schnell zu verarbeiten, häufig direkt vor dem Unterricht. Das war Gehirnakrobatik erster Klasse – den Dendriten und Axonen seines so gut wie fertig vernetzten Gehirns wurden massenweise Gedanken hingeworfen, die dazu beitrugen, es mit einer Höchstzahl von infraneuralen Verbindungen auszustatten. Wäre er bei den Ingenieuren an der University of Manitoba geblieben, hätte sein Gehirn ganz anders ausgesehen. Deswegen brauchen wir gute Schulen und müssen unsere Kinder mit geistiger Nahrung versorgen. Marshall wusste das.

An der St. Louis University fand Marshall heraus, dass er Publikum mochte und dass das Publikum ihn mochte. Seine Kurse waren voll und oft von Gasthörern besucht, die seine unverkennbare Fähigkeit bewunderten, mit elf Gedanken gleichzeitig zu jonglieren. Jegliche Zweifel an seiner Zukunft als Lehrer waren bald aus dem Weg geräumt. Wie schon immer übertrieb Marshall es auch hier mit der Recherche auf seinem Forschungsgebiet. Neben der für den Unterricht notwendigen Lektüre las er Bücher über die Sprache, Gedankenwelt und Literatur des Shakespeareschen Englands, die ihm William McCabe empfahl, um Nashe besser verstehen zu können. In Marshalls Kopf muss es ausgesehen haben wie bei einem Feuerwerk.

Er studierte die Geistesgeschichte des Mittelalters und der Renaissance und sprach mit vielen verschiedenen Menschen immer wieder über Gott. Er begann darüber nachzudenken, wie der Körper Informationen aufnimmt und wie das Gehirn Wörter und Geräusche erkennt und interpretiert. Er schrieb Artikel, in denen er gottlose Autoritätsformen wie Marxismus, Kapitalismus, den modernen Staat und die Werbung angriff.

Während sein Kopf vor lauter Arbeit rauchte, begann auch er selbst ein wenig aufzutauen und ein kleines bisschen weniger hochnäsig und dafür ein bisschen freundlicher zu werden. Ein gutes Jahr lang freute er sich des Lebens, und doch war diese Freude mit einem Anflug von Tristesse verbunden, denn er erlebte sie allein. Es war an der Zeit, die künftige Mrs. McLuhan kennenzulernen.

An dieser Stelle kommt Elsie ins Spiel, die 1938 in Kalifornien am Pasadena Playhouse studierte, ganz in der Nähe der Huntington-Bibliothek in San Marino, wo es wichtiges Material über das Leben von Thomas Nashe gab.