7.1 Sikhismus – Zentrale Glaubenslehren

Die bisherig vorgestellten Weltreligionen wurzelten alle in der so genannten Achsenzeit des ersten Jahrtausends vor Christus und verkörperten die Suche nach neuen Antworten auf das Zerbrechen des bronzezeitlichen Kosmos. Selbst der schon sehr viel ältere Hinduismus veränderte sich damals tiefgreifend.

Mit dem Sikhismus betreten wir religionsgeschichtliches Neuland, da er im 15. Jahrhundert aus dem Zusammenfluss zweier dieser gewaltiger Ströme – des Hinduismus und des Islam, mit einigen christlichen Zutaten – entstand. Aus dem monotheistischen Glauben an den Einen Gott der abrahamischen Religionen floss das Ideal der Gleichwertigkeit aller Menschen einschließlich der Abschaffung des Kastensystems in die Lehre ein. Aus hinduistischen Traditionen stammten Ideale der ekstatischen Gottesliebe (Bhakti), des religiös-spirituellen Lehrers (Guru), wobei Gott selbst der höchste Guru sei, des Kreislaufes der Wiedergeburten mit der Hoffnung auf Erlösung, strikten Speisegeboten bis zum Vegetarismus und meditativen Übungen des Yoga.

In der Eröffnung des Adi Granth, der ersten Heiligen Schrift der Sikhs, heißt es im Mul-mantra, dem für das Morgengebet empfohlenen Glaubensbekenntnis:

„Ein Gott
Sein Name ist Wahrheit
Er ist der Schöpfer
Er ist die Höchste Wesenheit
Bei ihm ist keine Feindschaft
Seine Gestalt ist zeitlos
Er stammt aus keinem Schoss
Er ist aus sich selbst -
Durch des Gurus Gnade wird er erkannt.“
- Adi Granth, S.1

Trotz seiner wechselvollen Geschichte mit manchen Konflikten und Verfolgungen gehören heute über 15 Millionen Menschen dem Sikhismus an, womit etwa die zahlenmäßige Größe des Judentums erreicht ist.