KAPITEL FÜNFZEHN
Anya saß in einem Krankenwagen, die Arme um ihren Molchkoffer geschlungen. Sparky thronte auf ihrer Schulter und leckte an einem Kratzer an ihrer Schläfe, den sie einem herumfliegenden Trümmerteil verdankte. Ihre Kleidung roch nach verbranntem Benzin. Trotz der liebevollen Fürsorge der Sanitäter und des Salamanders war Anya stinksauer.
Marsh begutachtete den Brandort: ein vollständig niedergebranntes Polizeifahrzeug und eine langsam verlöschende Karosserie eines Übertragungswagens. Die Straße war feucht vom Löschschaum, und die roten Warnleuchten der Feuerwehrwagen flackerten über die Wände der umstehenden Gebäude.
»Ein Polizist tot, einer schwer verletzt.« Marsh nahm Anya die Liste der beschlagnahmten Gegenstände ab. »Ein Nachrichtensprecher mit Brandverletzungen.«
Anya kniff die Augen zu. »Hören Sie, es ist nicht meine Schuld, dass Sarvos sich so viel Zeug ins Haar schmiert. Funkenflug und Stylingprodukte aus Spraydosen sind ein unheiliges Gespann.« Dennoch hatte sie ein schlechtes Gewissen. Wäre sie nicht gewesen, dann wäre der Reporter gar nicht hergekommen.
»Schätze, er kommt darüber hinweg, auch wenn er ab jetzt Dauerkunde im Hair Club werden wird«, grollte Marsh. »Und Ihre Verdächtige ist verschwunden.«
Anya stöhnte. »Sie saß auf dem Rücksitz, als der Wagen hochgegangen ist.«
»Da ist sie aber nicht mehr. Keine Knochen und auch keine anderen Spuren von ihr. Sehen Sie es sich ruhig selbst an.«
Anya schob sich hinaus auf die Straße und humpelte zu dem ausgebrannten Streifenwagen. Sie selbst war so weit entfernt gewesen, dass die Explosion sie lediglich aus der Gefahrenzone geschleudert hatte, womit sie es besser getroffen hatte als die meisten Polizisten. Als sie sich die Rückbank ansah, erblickte sie nur geschmolzenes Plastik, das verbeulte Gitter, das die Vordersitze vom Fond trennte, und das Funkeln eines Gurtverschlusses aus Metall.
Sparky, der immun gegen Feuer war, schlängelte sich in das Wrack. Er schnüffelte am Fahrersitz und legte eine Pfote auf die Hupe. Zu seiner Freude und zur Verwirrung der Rettungsleute gab diese einen schwachen, verzerrten Ton von sich, der an den Schrei einer Gans unter einem Rasenmäher erinnerte.
»Scheiße«, murmelte sie.
»›Scheiße‹ ist das richtige Wort. Sie haben sie entkommen lassen.« Marsh schüttelte den Kopf.
Anya verkniff sich eine Entgegnung. Sie war Minuten nach der Explosion zu sich gekommen, hatte neben dem Haus gelegen, und der Salamander hatte ihr Gesicht abgeleckt. Der Wagen hatte in Flammen gestanden. Jemand hatte ihr etwas zugerufen, und dann war ein Krankenwagen eingetroffen.
Doch insgeheim hatte sie gehofft, dass das Miststück so viel Anstand besessen hatte, sich durch den Anschlag selbst in Jenseits zu befördern.
Aber so viel Glück hatte sie nicht.
»Ich lasse Hope Solomon zur Fahndung ausschreiben«, blaffte Marsh. »Ich will, dass sie geschnappt wird, ehe noch mehr in Flammen aufgeht.«
Anya presste grimmig die Lippen zusammen. »Das verspreche ich, Sir.«
Ein Polizeifunkgerät knisterte im Hintergrund, und Anya spitzte die Ohren. »… zehn-dreiunddreißig, 5200 Woodward Avenue.«
Das war die Anschrift des Detroit Institute of Arts. Und eine 10-33 besagte, dass Alarm ausgelöst worden war.
Anya rannte zu ihrem Wagen.
Hope hatte all ihre Reliquienbehälter verloren, und sie war wild entschlossen, sich einen neuen zu beschaffen.
Zwei Stufen auf einmal nehmend rannte Anya zum DIA hinauf. Sparky hastete direkt hinter ihr her. Die Szenerie war ein einziges Durcheinander aus flackernden roten und blauen Warnleuchten und herumrennenden Leuten: Ersthelfer, Sanitäter, Feuerwehrleute, Polizisten und Museumsangestellte. Zwei Leute wurden auf Tragen fortgebracht. Ein zerknautschter Wagen stand seitlich auf der Woodward Avenue. Daneben sammelten sich Gaffer vor einem Absperrband.
Anya stürmte zur Tür hinein und raste durch die Große Halle. Sie nahm Brandgeruch wahr und betete, dass die Magie, die Katie auf dem Boden des Ausstellungsraums gewirkt hatte, stark genug gewesen war, um Hope abzuwehren.
An der Tür zur griechisch-römischen Ausstellung blieb Anya stehen. Die Vitrine, in der die Büchse der Pandora ausgestellt worden war, stand weit offen, und dort, wo der Pithos gewesen war, war nun ein leerer Platz. Sparky schlenderte zum Rand des Kreises, übertrat ihn aber nicht. Der Kreis schien immer noch intakt zu sein. Wie zum Teufel war Hope an das Artefakt rangekommen?
Sie zupfte am Ärmel eines Mannes in der Uniform eines Museumswächters. »Was ist mit dem Pithos passiert … mit der Büchse der Pandora?«
Die Augen des Wachmanns weiteten sich vor Angst. »Na ja, nach dem, was hier passiert ist … das Museum, dem sie gehört, hat sie zurückverlangt. Sie haben Archivare hergeschickt, um sie einzupacken, und die haben sie in einen Laster geladen.«
»Sie selbst haben die Vitrine geöffnet und sie aus dem Raum gebracht?« Anya schloss verzweifelt die Augen. Die Büchse der Pandora war sicher gewesen vor jeglichem spirituellen Zugriff … nicht jedoch vor der Dummheit der Menschen.
»Ja. Sie haben sie in eine Kiste gepackt, auf eine Sackkarre gestellt und zu ihrem Laster gebracht.«
»Zeigen Sie mir, wo der Laster stand.«
Der Wachmann führte sie wieder hinaus zum Bordstein und zeigte auf eine verbrannte Stelle im Straßenbelag. »Und dann … dann sind einer der Archivare und der Fahrer in Flammen aufgegangen. Es war schrecklich. Sie sind auf die Straße gerannt. Jemand hat einen Feuerlöscher geholt, aber …« Die Hand des Wachmanns zitterte. »Einer wurde von einem Wagen erfasst. Ich weiß nicht, wer von den beiden.«
»Wo ist der Laster?«
Der Wachmann blinzelte verständnislos.
»Der Laster mit der Büchse der Pandora. Wo ist er?«
Der Wachmann schaute sich um. »Er war genau hier …«
Anya ballte die Faust. »Hören Sie, Sie müssen Kontakt zu dem Museum aufnehmen, dem das Artefakt gehört. Sofort. Sagen Sie denen, sie sollen Ihnen die Autonummer, das Modell und das Baujahr nennen. Verstanden?«
Der Wachmann blinzelte wieder. Er stand immer noch unter Schock.
Anya rüttelte an seinem Arm. »Verstanden?«
»Autonummer, Modell und Baujahr des Lasters …« Der Wachmann wiederholte die Anweisung mechanisch und griff zu seinem Funkgerät. Wenige Augenblicke später war er mit der Telefonzentrale verbunden und erkundigte sich nach dem Museum, von dem die Leihgabe stammte.
»Was? Wozu wollen Sie das wissen?«, quäkte die Stimme am anderen Ende.
Anya wollte nicht, dass der arme Mann noch mehr schlechte Nachrichten überbringen musste, also notierte sie die Informationen und rannte zu der nächsten Gruppe Polizisten. Sie bahnte sich mit Ellbogen einen Weg, bis sie jemanden gefunden hatte, dessen Dienstnummer mit einem S anfing. Der verantwortliche Sergeant vor Ort bellte gerade einigen anderen Uniformierten zu, den Verkehr umzuleiten. Es war eine Frau, und sie war gut einen Kopf kleiner als alle anderen. Doch Anya machte sie hauptsächlich durch den Klang ihrer Stimme ausfindig, die so klar und tragend war wie die einer Gospelsängerin.
»Lieutenant Kalinczyk, DFD. Es hat einen Diebstahl im Museum gegeben«, erzählte Anya ihr atemlos.
Der Sergeant regelte die Lautstärke des quäkenden Funkgeräts an der Schulter herunter. »Wollen Sie mich verarschen? Wir haben einen Unfall mit Verletzten, zwei brennende Personen …«
»Ich glaube, das wurde inszeniert, um von dem Verschwinden eines Artefakts abzulenken. Die Büchse der Pandora.« Anya deutete mit den Händen die Höhe des Gefäßes an. »Ein großes Steingefäß. Verpackt in einer Kiste.«
Der Sergeant kniff die Augen zusammen. »Dem Ding werden ja wohl nicht einfach Beine zum Davonlaufen gewachsen sein.«
»Es ist in dem Laster, in den die Archivare es geladen hatten.« Anya reichte ihr den Zettel. »Wenn Sie diesen Laster zur Fahndung ausschreiben, können Sie es vielleicht zurückholen.«
»Haben Sie eine Beschreibung der Tatverdächtigen?«
»Ja. Eins achtundfünfzig, Anfang fünfzig, blond, blaue Augen, eine weiße Frau in einem hellblauen Hosenanzug. Hope Solomon alias Christina Modin. Sie ist vor einer Stunde aus DPD-Gewahrsam entkommen.«
Der Sergeant griff zu seinem Funkgerät und gab eine Fahndung nach Hope und dem Wagen heraus. Schließlich nickte die Frau Anya zu. »Ich halte Sie auf dem Laufenden. Danke für die Information.«
»Kein Problem.«
Der Sergeant erteilte seinen Untergebenen weitere Anordnungen; Anya zog sich in die Menge zurück und sah sich stirnrunzelnd zum Museum um.
Irgendetwas stimmte hier nicht. Sie hatte Magie außerhalb des Gebäudes gerochen.
Aber nicht in seinem Inneren.
Anya stieg erneut die Stufen hinauf und bahnte sich am Chaos vorbei einen Weg in das Museum. Männer in Anzügen waren aufgetaucht und wedelten mit Papieren herum. Anya nahm an, dass es sich um Manager des Museums handelte und ging ihnen aus dem Weg. Unauffällig schlüpfte sie in die Galerie zu der Sonderausstellung, wo sich die Geister rund um die Vitrine mit der Guillotine für gewöhnlich zu ihrer Party versammelten.
Das Licht war gedämpft worden, um Energie zu sparen. Anya schloss die Tür hinter sich. Draußen erklangen hastige Schritte, doch die Tür dämpfte sie so sehr, dass sie in den Umgebungsgeräuschen untergingen.
»Gallus«, rief sie. »Bist du da?«
Sie wartete, aber er antwortete nicht.
Sie trat tiefer in die Schatten des Raums. Licht perlte auf der Guillotine in der Mitte des Saals. »Pluto? Marie? Samurai?«
Keine Antwort.
»Mir ist klar, dass ihr Angst habt, aber … ich muss mit euch reden. Hope hat die Büchse der Pandora gestohlen. Ich muss wissen, was ihr gesehen habt.«
Stille. Sie tastete sich mit Hilfe des schwarzen Lochs in ihrer Brust vor, in der Hoffnung, sie könnte mit diesem hungrigen Sinn eine Spur von den Geistern entdecken, aber Wände und Artefakte fühlten sich verlassen an.
Anyas Blick fiel auf Sparky. »Sparky, kannst du herausfinden, wo sie sich verstecken?«
Der Salamander senkte den spatenförmigen Schädel zum Boden und schnüffelte. Seine Zunge schlängelte sich hinter seinen Zähnen hervor, und er huschte über den Boden. Anya folgte ihm, als er den Bereich um die Guillotine untersuchte und gleich darauf den Korridor hinunterlief. In dem Saal mit der griechisch-römischen Ausstellung hielt er vor Plutos Rüstung inne und drehte sich um. Dann watschelte er durch die Große Halle und schnüffelte an den Vitrinen mit den mittelalterlichen Rüstungen.
Mit wachsendem Schrecken sah Anya zu, wie Sparky aus dem Gebäude hinaustapste. Er glitt die Stufen hinab und durch die Menschenmenge. An der Brandspur am Bordstein hielt er inne, genau dort, wo der gestohlene Laster gestanden hatte.
Furcht ergriff Besitz von ihr.
»Sparky«, flüsterte sie auf der Suche nach der Bestätigung dessen, was ihre Sinne ihr bereits verraten hatten. »Sie sind weg, nicht wahr?«
Sparky hielt die Nase in die Luft, sah sich zu ihr um und winselte kläglich.
»Hope hat nicht nur die Büchse der Pandora gestohlen. Sie hat auch die Museumsgeister mitgenommen. Gallus, Pluto, Marie … einfach alle.«
Sparky legte sich auf den Bürgersteig und schob den Kopf zwischen die Vorderpfoten.
»Ich muss sie zurückholen.«
Anya ging im Devil’s Bathtub auf und ab und nagte an ihrer Lippe. Den Molchkoffer hatte sie in der Wanne voller Pennys abgestellt, und Sparky war mit hineingeklettert und beobachtete sie auf ihrer Wanderung. Der Molchkoffer wurde allmählich zu heiß, um ihn lange am Körper zu tragen. Anya wusste nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Einem von Katies Ofenthermometern zufolge köchelten sie mit etwa vierzig Grad vor sich hin. Sparky hängte den Kopf über den Rand der kühlen Wanne und sah zu, wie Anya hin und her tigerte.
»Ich weiß nicht, warum du dir darüber so den Kopf zerbrichst«, murrte Jules hinter dem Tresen. »Es sind nur Geister. Und alte, staubige Geister noch dazu.«
Anya wirbelte auf dem Absatz herum. »Das waren Menschen, Jules. Menschen wie du und ich. Und sie haben es nicht verdient, so behandelt zu werden.«
»Wären sie gute Menschen gewesen, dann wären sie im Himmel.«
Renee räusperte sich. Der Geist der Zwanziger-Jahre-Schönheit saß auf einem Barhocker, drehte eine Zigarettenspitze zwischen den Fingern und spielte mit seiner Perlenkette, und nun schlug Renee die Augen nieder.
»Anwesende ausgenommen. Ich meine das generell«, verbesserte sich Jules. »Für jede Regel gibt es eine Ausnahme.«
»Du kannst dir deine Regeln sonstwo hinstecken, Jules«, gab Anya zurück. »Hier gibt es so oder so niemanden, der sie befolgen würde.«
»Schluss jetzt, ihr beiden.« Ciro rollte herbei. So blechern seine Stimme auch klang, sie forderte doch Respekt ein. Der alte Mann bediente die Räder seines Rollstuhls mit zitternden Händen, bis Max die Handgriffe packte und ihn zu einem Tisch schob. »Es hat wenig Sinn, über philosophische Fragen zu streiten, während so viel auf dem Spiel steht.«
Jules warf sich ein Geschirrtuch über die Schulter und griff nach einem Glas. »Was soll hier auf dem Spiel stehen? Ein Museumsstück wurde gestohlen. Das ist bedauerlich, aber …«
»Menschen sterben, Jules«, sagte Anya angespannt. »Hope ist für mindestens sechs Todesfälle verantwortlich … für sechs Todesfälle, von denen wir wissen. Sie wird nicht einfach aufhören, nur weil sie ein hübsches neues Spielzeug für ihre Sammlung ergattert hat.«
»Das ist mehr als ein hübsches Spielzeug.« Ciro faltete die Hände, um das Zittern seiner Finger zu unterdrücken. »Ein Reliquienbehälter von der Größe der Büchse der Pandora fasst Tausende von Geistern. Mit so viel Macht in Händen ist es ein Kinderspiel, ein paar Menschen zu verbrennen.«
»Das Speichervolumen von diesem Ding muss gewaltig sein.« Brian platzte mit einem auf den Rücken geschnallten Computertower zur Hintertür herein. »Wahrscheinlich unterschätzen wir die Kapazität – ganz zu schweigen davon, wie viel Batteriestrom diese Kristalle speichern könnten.«
Er stellte den Tower auf den Boden und umarmte Anya. »Ich bin froh, dass es dir gutgeht«, flüsterte er nah an ihrem Ohr.
Anya erwiderte die Geste, wenn auch etwas steif. Sie sehnte sich nach dem warmen Gefühl von Brians Herzschlag an ihrer Wange, aber sie konnte das Klingeln ihres Gedächtnisses nicht abstellen, konnte nicht vergessen, was sie über ALANN herausgefunden hatte. Brian war ein Leichenräuber. Und Gott weiß was noch.
Aber dafür war jetzt keine Zeit. Anya löste sich aus der Umarmung und drehte sich zu den anderen um. »Ich bin in der Gerichtsmedizin einem Geist begegnet. Er hat mir erklärt, wie ich die astrale Ebene – das Jenseits – aufsuchen kann, um Hope aufzuspüren. So, wie ich es sehe, dürfte das unsere einzige Möglichkeit sein.«
Brian kniff die Augen zusammen. »Ein Geist in der Gerichtsmedizin? Und du bist sicher, dass du ihm trauen kannst?«
Im Moment bin ich in Bezug auf ihn sicherer als in Bezug auf dich, dachte Anya, doch sie biss sich auf die Zunge und sagte: »Er nennt sich Charon. Er sagt, seine Aufgabe sei es, die Toten ins Jenseits zu bringen.«
Ciro nickte. »Du bist einem Psychopomp begegnet.«
»Einem was?«
»Einem Geist, der die frisch Verstorbenen ins Jenseits geleitet. Solltest du je mit einem Jungianer sprechen, dann würde er den Psychopomp als den Vermittler zwischen dem bewussten und dem unbewussten Geist darstellen.« Ciros Augen glänzten. »In vielen Traditionen nennt man sie auch die ›Ammen‹ der Sterbenden.«
»Kann man ihnen trauen?«, fragte Brian.
»Sie sind keine Richter. Charon wird Anya nicht aus eigenem Antrieb in den Himmel oder die Hölle führen. Psychopomps sind so etwas wie U-Bahn-Fahrer. Er bringt dich an den Ort, auf den dein Ticket ausgestellt ist.«
»Und wie kommst du zurück?«, fragte Brian, der seine Finger fest in die ihren geschlungen hatte.
»Wenn die Lebenden die astralen Ebenen bereisen, sind sie durch ein ätherisches Band mit ihrem Körper verknüpft«, erklärte Ciro. Es reicht vom Nabel des astralen Doppelgängers zu dem des physischen Leibs. Es wird nicht von Zeit und Raum begrenzt und dehnt sich ewig.«
»Leslie hatte auch eines«, sagte Anya. Sie erwähnte nicht, dass es genauso funktioniert hatte, wie Ciro es beschrieben hatte, bis Hopes Strudel die Verbindung gekappt hatte.
»Im Notfall können wir dich zurückholen«, sagte Ciro. »Wir müssen dich nur kräftig zwicken oder schütteln, bis du wieder wach bist.«
»Was ist mit Sparky? Und mit dem Gelege?« Anyas Stirn legte sich in Falten, als sie Sparkys Kopf betrachtete, der aus der Badewanne herauslugte.
»Ich weiß nicht, wie sich das alles auf Vertraute auswirkt«, gestand Ciro. »Ich weiß, dass sie die astralen Ebenen nach Belieben durchstreifen, demnach sind sie in der Lage, sich auch dort zumindest teilweise ihren freien Willen zu bewahren.«
»Kann ich sie nicht hierlassen?« Anya wollte sie sicher im Schutz eines magischen Kreises wissen.
»Unwahrscheinlich. Du bist mit deinem Vertrauten verbunden. Viele Leute begegnen ihren Vertrauten sogar zuerst auf der astralen Ebene. Wenn du gehst, wird er dir folgen.«
Anya befreite sich von Brians Griff, ging zu der Badewanne mit den Klauenfüßen und setzte sich auf den Rand. Sie streichelte Sparky von der Nasenspitze bis zum Schwanzende und fühlte die Wärme seiner Haut. »Ich will dich da nicht mit hineinziehen, Sparky.«
Der Salamander richtete sich auf, sah sie aus seinen ernsten Kugelaugen an und leckte über die Seite ihres Gesichts. Unerwartet rannen ihr Tränen über die Wangen. Ganz gleich, welcher verrückte Mist in dieser oder einer anderen Welt geschah, auf Sparky konnte sie sich immer verlassen.
»Ich halte das nicht für eine gute Idee«, sagte Brian. »Es muss doch auch noch eine andere Möglichkeit geben.«
»Wenn Hope tatsächlich verschwunden ist, dann gibt es vielleicht keinen anderen Weg, sie aufzuspüren.« Katie schüttelte den Kopf. »Wenn die Polizei sie nicht findet, dann ist Charon vielleicht unsere einzige Hoffnung.«
»Zur Abwechslung bin ich Brians Meinung«, meldete sich Jules zu Wort. »Durch andere Welten zu streifen hat Leslie nichts Gutes eingebracht. Wir sollten diese Sache der Polizei überlassen.«
»Und wie viele Polizisten sollen noch bei dem Versuch verletzt werden, Hope zu schnappen?«
Der Disput ihrer Kollegen spülte über sie hinweg. Anya glitt in die Badewanne und rollte sich um das Gelege herum zusammen. Die Eier hatten die Münzen, auf denen sie lagen, erwärmt, und nun waren sie so angenehm temperiert wie Badewasser. Anyas Atem schlug sich auf dem Porzellan der Wanne nieder. Sparky schmiegte sich von der anderen Seite an das Nest und legte den Kopf an ihre Schulter.
Anya schob sich die Münze unter die Zunge und flüsterte: »Charon.«
Und die Welt wurde schwarz.