16. Kapitel
Am Abend kam Josh völlig erschöpft in seiner Wohnung an und setzte sich auf sein Sofa. Sein Kopf sank schwer in seine Hände und er stöhnte laut auf.
Sylvester war noch nicht wieder zur Besinnung gekommen. Er hatte ihn wieder fesseln lassen und in den Kerker sperren müssen. In diesem Zustand war er eine zu große Gefahr für alle.
Was hatte ihm diese Frau bedeutet? Maya.
Sylvester hatte in den ganzen Jahren viele menschliche Geliebte
gehabt, aber so hat er noch nie auf den Tod einer von ihnen
reagiert. Was sollte er nun tun? Er konnte ihn doch nicht ewig
eingesperrt lassen. Er war nach ihm der Erbe des Rudels. Wie gern
hätte er sich mit jemanden darüber unterhalten. Erik glänzte mit
Abwesenheit und Emily war mit Sylvesters Trauer überfordert. Er
hatte es einfach nicht mehr im Herrenhaus ausgehalten. Deshalb war
er nun hier.Plötzlich hörte er aus dem Schlafzimmer Geräusche. Als er aufstand, um nachzusehen, kam Cassandra aus der Tür und sah ihn verführerisch an. Josh schluckte. Sie hatte ein dunkelrotes Negligé an und nur einen leichten weißen Morgenrock darüber.
"Was..." Ihm blieben seine Worte im Hals stecken, als sie den Morgenrock öffnete und zu Boden gleiten ließ.
"Also wenn das deine Art ist, dich von mir fern zu halten und mich mit Verachtung zu strafen, werde ich dich öfter an mein Bett ketten und dein Handy durchsuchen." Sie nahm schmunzelnd zwei Rotweingläser von der Anrichte und reichte ihm eins. Sein Blick fiel auf Ihre bandagierten Handgelenke. Trotz der Blutvergiftung war sie wieder recht gut auf den Beinen.
Lag es daran, dass sie zum Teil ein Wolf war?
Hieß das eigentlich, dass sie unsterblich war wie er?
Er malte sich bereits eine Zukunft mit ihr aus. Er würde seinem
Rudel so schnell wie möglich seine Entscheidung mitteilen und Cass
dann heiraten. Egal was sein Rudel davon hielt. Wenn sie ihn dafür
verstoßen würden, käme Erik als Stellvertreter an die Rudelführung.
Zumindest so lange, bis Sylvester wieder klar denken konnte. Es war
alles geregelt. Er konnte auf volles Risiko gehen. Sie lieben. Sie
beschützen. Vielleicht sogar Kinder mit ihr bekommen.Sie umkreiste ihn wie ein Löwe seine Beute und strich ihm mit dem Zeigefinger über den Oberkörper.
"Ich werde mich entsprechend revanchieren, Liebster." Sie konnte sehen, wie überrascht er von ihrer Wandlung zu heute morgen war und leerte sein Glas in einem Zug. Musste er sich etwa Mut antrinken? Oder wollte er nur die Hände frei haben?
"Darauf freue ich mich schon." Er umfasste ihren Nacken mit seinen großen, schwieligen Händen und zog sie zu seinem Mund. Zuerst war der Kuss zart, doch als Cass das Weinglas fallen ließ und ihm die Arme um den Hals legte, wurde der Kuss leidenschaftlich und verzehrend. Er drückte sie gegen die Anrichte und fegte diese leer um Cassandra darauf abzusetzen und ihre Schenkel mit seinem Körper zu spreizen. Ihre flinken Finger zogen sein Jackett und das Hemd aus und ihre Zunge wanderte von seinem Mund, zu seinem Ohr und dann weiter zu seinem Hals. Sie versuchte sich alles genau einzuprägen. Seinen Duft, seinen Geschmack, die Muskeln seines Oberkörpers... Gerade als er ihr Höschen zur Seite schieben und sie mit seinen Fingern liebkosen wollte, drückte sie ihn sanft von sich und flüsterte in sein Ohr: "Ich habe im Schlafzimmer etwas vorbereitet, Schatz. Lass uns die Leidenschaft zwischen deinen Laken genießen." Mit einer schnellen Bewegung und einem schelmischen Lachen, hatte Josh sie hoch gehoben und trug sie ins Schlafzimmer. Als er den Raum betrat, blieb er wie angewurzelt stehen. Sie hatte die Gardinen zugezogen und überall im Zimmer brannten Kerzen. In der Luft lag ein entspannender Lavendelduft und das Bett war mit Rosenblüten bedeckt. Am Kopfende des Bettes waren bereits Handschellen vorbereitet. Er grinste sie an.
"Ist das deine Rache?" Cass sah ihm direkt in die Augen und nickte.
"Hab ich es mit der Deko übertrieben?" Er wirkte amüsiert.
"Ganz und gar nicht. In dir steckt halt doch eine kleine Romantikerin." Damit warf er sie wieder einmal auf das Bett und begann ihr das Negligé auszuziehen. Sie spürte seine warmen Hände und sah nach oben in den Spiegel. Bei jeder Bewegung spannten sich die Muskeln in seinem Rücken an und bewegten sich fast wie von selbst unter der Haut. Sie fuhr mit ihren Händen darüber und hinterließ rote Striemen mit ihren Fingernägeln. Mit heiserer und etwas unbeherrschter Stimme, raunte er an ihrem Ohr: "Wenn du wüsstest, wie sehr mich das anmacht!"
Wenn du wüsstest, wie sehr mir das fehlen wird.
Es ist mein letztes Zeichen. Das Letzte, das ich dir hinterlassen
werde.
Sie wand sich unter ihm hervor und drängte seine Arme nach oben,
damit sie die Handschellen um seine Handgelenke schließen konnte.
Er wehrte sich nicht und legte sich freiwillig auf den Rücken. In
seinen Augen lag nur Liebe und Leidenschaft.
Nicht weinen!
Sie küsste seinen ganzen Körper und begann, seine Muskeln zu
massieren. Sie prägte sich alles ein. Sie brauchte diese
Erinnerung, um über die nächste Zeit zu kommen, ohne verrückt zu
werden und ihren Plan aufzugeben. Sie bemerkte, dass die Pfeilwunde
schon fast komplett verheilt war.
Kein Wunder, er war ja auch ein Wolf. Nicht so
ein Mischmasch wie sie selbst. Ich werde stark sein. Ich muss stark
sein!
Ihre Aufmerksamkeit richtete sich jetzt auf tiefere Gefilde und sie
begann einen Blowjob, den er nie wieder vergessen sollte."Cass... Nicht, ich komme gleich!" Sie spürte wie er sich verkrampfte, zog sich aber nicht zurück. Sie wollte ihn verwöhnen.
Komplett.
Wenn sie mit ihm geschlafen hätte, könnte sie nicht stark bleiben und gehen. Es würde alles aus ihr heraus brechen und er würde sie nicht gehen lassen. Nach ein paar weiteren Augenblicken stöhnte er lustvoll und ejakulierte in ihren heißen, feuchten Mund.
"Cass. Ich will in dir sein! Setz dich auf mich!" Sie sah kurz nach oben und schüttelte den Kopf.
"Ich sagte doch, dass ich mich rächen werde. Heute gibt es keinen Sex. Egal was du versuchst." Sie griff neben das Bett und schüttete sich etwas Öl in die Hände. Dann begann sie, seinen ganzen Körper einzuölen.
Es dauerte nicht lange und er war wieder steif. Dieses Mal ließ sie sich mehr Zeit und saugte nur leicht an seiner Eichel, was trotzdem köstliche Schauer durch seinen Körper schickte. Es gefiel ihr, dass er alles hilflos ertragen musste. Sonst war er der beherrschende Part des Aktes und sie war nicht in der Lage, das Spielchen zu übernehmen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit sah Josh sie erschöpft an.
"Befreist du mich, mein Schatz? Ich glaube nicht, dass ich noch ein weiteres Mal durchhalte ohne Ohnmächtig zu werden. Außerdem werden meine Hände langsam taub." Cassandra sah ihm tief in die Augen und plötzlich rannen ihr Tränen über die Wangen.
"Was hast du? Was hab ich nun schon wieder falsch gemacht?" Ohne jede Vorwarnung gab sie ihm einen Kuss, der sowohl leidenschaftlich als auch verzweifelt war.
Ein Abschiedskuss.
"Ich will nicht, dass du für mich dein Rudel aufgibst. Das Rudel ist deine Zukunft. Dein Ein und Alles." Verdutzt sah er sie an.
"Du bist meine Zukunft. Ich ..." Sie legte ihm einen Finger auf den Mund und sah ihm tief in die Augen.
"Ich wollte dich noch ein letztes Mal schmecken und fühlen, bevor ich verschwinde. Bitte lass mich einfach gehen und kehre in dein altes Leben zurück." Es wurden immer mehr Tränen und seine Herz zog sich schmerzend zusammen.
"Ich kann ohne dich nicht sein. Das Rudel interessiert mich nicht, wenn du nicht bei mir bist. Und ich werde nicht aufgeben. Du wirst..." Wieder ein Kuss. Ein verzweifelter Kuss. Ihre Hände fuhren zärtlich über seine Brust. Als sie den Kuss beendete, sah sie zur Seite.
"Ich werde nicht mehr hier sein, wenn du dich befreien kannst." Sein Atem stockte.
"Nicht mehr hier? Was soll das heißen?" Eine eisige Kälte durchfuhr seinen Körper. Sie stand auf und zog sich an, ohne ihm noch einmal in die Augen zu sehen.
"Ich habe meine Wohnung und meinen Job gekündigt. Mein Schwager denkt, ich habe eine neue Stelle in einem anderen Bundesstaat. Ich... Ich werde nicht zurück kommen..." Josh wehrte sich gegen die Handschellen, bemerkte aber, dass er vollkommen kraftlos war. Dann erfasste er sie Situation und was sie getan hatte.
"Der Wein! Du hast etwas hinein geschüttet." Als sie an der Tür war, drehte sie sich ein letztes Mal um, ohne ihm ins Gesicht zu sehen.
"Ein Beruhigungsmittel. Es lässt in etwa vier Stunden langsam nach. Bis dahin sitze ich bereits im Flieger." Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: "Ich hätte unsere gemeinsame Zeit besser nutzen sollen. Du bedeutest mir mittlerweile sehr viel. Zu viel, um zuzulassen, das du dein Rudel verlässt... für einen Bastard." Mit diesen Worten und einem geräuschvollem Schluchzen, drehte sie sich um und verließ seine Wohnung. Er war vollkommen geschockt.
"Cass! Cassandra! Bitte geh nicht. Komm sofort wieder her!" Doch es war still geworden.
Sie ist weg.
Die Zeit schien nicht vergehen zu wollen und Josh versuchte immer wieder die Handschellen zu lösen, aber es gelang ihm nicht. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit kamen seine Kräfte langsam zurück und die Handschellen wurden entzwei gerissen. Er erhob sich vom Bett und zog sich hastig an. Dann verließ er seine Wohnhaus und fuhr zu Cassandras Wohnung. Die Tür war nicht verschlossen, also stürmte er einfach hinein. Doch bis auf eine leere Kiste war die Wohnung leer.
Nein!
Er sank auf die Knie und schlug wütend mit den Fäusten auf den
Boden. Plötzlich sprang er auf und verließ die Wohnung wieder.
Der Flughafen.
Vielleicht erwischte er sie noch, bevor sie ins Flugzeug steigen
konnte. Aber als er am Flughafen ankam, war Cass schon längst weg.
Die Servicekraft am Schalter durfte ihm nicht sagen, in welcher
Maschine sie gesessen hatte, aber sie konnte ihm sagen, dass sie
auf jeden Fall geflogen war.Wie in Trance ging Josh zurück zu seinem Wagen. Sie hat es ernst gemeint. Sie würde nicht wieder zurück kommen und er hatte keine Möglichkeit, sie zu finden. Er wusste, dass sie ihn liebte, das hatte sie mehr als nur einmal bewiesen. Trotzdem war sie gegangen. Um seine Zukunft nicht zu zerstören. Um sein Leben wieder in eine geregelte Bahn zu lenken. Aber sie hatte es gerade zerstört. Sie hatte ihn zerstört. Unbewusst. Ungewollt. Er lehnte sich nach vorn und schlug mit seinem Kopf immer wieder gegen das Lenkrad und dann schrie er aus voller Kehle ihren Namen.