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DIE WELT DREHT SICH…

 

 

»Fort mit dir!« Durga Besadii Tai rollte mit den Glubschaugen und bedeutete dem kleinwüchsigen ubesischen Glockenspieler, seinen Thronsaal sofort zu verlassen. »Genug!« Zwar waren ihm die hohen, disharmonischen Töne durchaus angenehm, sie halfen ihm jedoch nicht, die Kraft aufzubringen, die er brauchte, um zu tun, was er nun tun mußte.

Frustrierende Monate, Stunden ohne Entscheidungen… nichts, was er getan hatte, brachte ihn einer eindeutigen Antwort auf die Frage näher, wer den Mord an seinem geliebten Vater veranlaßt hatte. Durga war gegen eine Wand angerannt, die so glatt war wie die Metallschotts, die er in diesem Augenblick von oben herabsinken ließ, um den Raum gegen eventuelle Lauscher zu versiegeln. Er schlug auf seine Kom-Einheit und aktivierte gleichzeitig voller Ingrimm das Kraftfeld, das ihn von der Außenwelt isolierte. Er wollte nicht, daß irgend jemand erfuhr, was er vorhatte. Nicht Zier… oder Osman, sein Majordomus… niemand…

Trotz all seiner Bemühungen und Nachforschungen war es Durga nicht gelungen, auch nur die kleinste Verbindung zwischen Aruks Tod und Teroenza oder den Desilijic herzustellen, ebensowenig gab es irgendeinen Beweis für eine Absprache zwischen beiden Parteien.

Es war höchste Zeit. Das Sodbrennen in seinen Eingeweiden wurde stärker, und er wälzte sich ein Stück herum, um den Druck zu verringern. Sein Schwanz peitschte und zuckte – bei Hutts ein Zeichen für Nervosität, wie das hektische Hin-und-her-Laufen bei den Menschen. Ich kann es schaffen, meinen Kopf aus der Schlinge herauszuhalten, wenn ich einfach vorsichtig genug bin, redete er sich ein. Und selbst dann wird der Preis noch sehr, sehr hoch sein. Aber ich kann die Ungewißheit nicht länger ertragen…

Das Kraftfeld war jetzt etabliert, und die Mauern, die ihn umgaben, waren undurchlässig. Durga führte eine letzte Sicherheitsüberprüfung durch und fand kein Leck. Der Hutt-Lord schaltete das Komsystem ein und setzte über den sichersten Kanal das Signal ab. Vielleicht ist Xizor ja gar nicht da, dachte er und hoffte fast darauf. Doch so einfach war die Sache nicht. Der Hutt wurde von einem Untergebenen zum nächsten weitergeleitet – einer unterwürfiger als der andere. Als Durga gerade zu argwöhnen begann, das man ihn an der Nase herumführen wollte, bildete sich aus dem Flimmern der Übertragung das durchscheinende Abbild des Falleen-Prinzen.

Xizors dunkle grünliche Haut hellte sich ein wenig auf, als er den Anrufer erkannte. Er lächelte freundlich. Lag in diesem Lächeln etwa ein Anflug von Selbstgefälligkeit? Durga ermahnte sich, nicht paranoid zu sein…

Jetzt, da er sich auf diese Sache einmal eingelassen hatte, wollte der Hutt-Lord auch weitermachen. Er senkte den Kopf vor dem Führer der Schwarzen Sonne und begann: »Prinz Xizor… ich grüße Euch.«

Xizor lächelte, und seine Augen, die in dem Licht, das durch die holographische Darstellung schimmerte, sogar noch böser wirkten, bewegten sich hin und her, um den Hutt eingehend zu betrachten. »Ah, Lord Durga, mein lieber Freund. So viele Monate sind vergangen… über ein Standardjahr. Seid Ihr wohlauf? Ich begann mir bereits wieder Sorgen um Euch zu machen. Welchem Anlaß habe ich die Ehre dieser Unterredung zu verdanken?«

Durga wappnete sich. »Es geht mir gut, Euer Hoheit. Aber ich habe noch immer keinen eindeutigen Beweis für die Identität desjenigen gefunden, der meinen Vater umgebracht hat. Ich habe über Euer Angebot nachgedacht, mir bei der Entdeckung des Mörders zu helfen, und würde gerne darauf eingehen. Ich möchte, daß Ihr Euer Spionagenetzwerk und Eure Agenten einsetzt, um meinen Verdacht entweder zu erhärten oder ein für allemal zu zerstreuen.«

»Ich verstehe«, sagte Xizor. »Dieses Ansinnen kommt allerdings überaus unerwartet, Lord Durga. Ich dachte, Ihr hättet Euch Eurer Familie gegenüber verpflichtet, die Identität des Mörders allein zu ermitteln?«

»Das habe ich versucht«, gab Durga steif zu. Er haßte es, wie Xizor ihm auswich. »Euer Hoheit… Ihr habt mir die Unterstützung der Schwarzen Sonne angeboten. Ich möchte dieses Angebot jetzt annehmen… sofern der Preis stimmt«, fügte er rasch hinzu.

Xizor nickte und lächelte ermutigend. »Lord Durga… habt keine Furcht. Ich stehe Euch zu Diensten.«

»Ich muß wissen, wer Aruk getötet hat. Und ich werde Euren Preis bezahlen… in gewissen Grenzen.«

Xizors Lächeln verging, und er richtete sich auf. »Lord Durga, Ihr tut mir Unrecht. Ich erwarte keine Credits, nur Eure Freundschaft.«

Der Hutt sah das Holobild an und versuchte, hinter den verbalen Taschenspielertricks des Prinzen dessen wahre Botschaft auszumachen. »Vergebt mir, Euer Hoheit, aber ich nehme an, Ihr verlangt mehr als das.«

Xizor seufzte. »Ach, mein Freund, nichts ist jemals so einfach, wie wir es gerne hätten, nicht wahr? Ja, es gibt in der Tat etwas, das ich von Euch erbitte. Einen einfachen Akt der Freundschaft, als Kopf des Besadii-Clans seid Ihr in die planetaren Verteidigungseinrichtungen von Nal Hutta eingeweiht. Ich hätte gerne einen vollständigen Bericht über alle Waffen und Schilde, einschließlich genauer Angaben über deren Stärke und Standorte.« Der Falleen-Prinz lächelte wieder, und dieses Mal lag mehr als nur eine Andeutung von Hohn darin.

Durga zuckte zurück, doch dann zwang er sich, die plötzliche Furcht und Bestürzung zu beherrschen. Nal Huttas Verteidigungsanlagen? Was könnte er mit dieser Information wollen? Die Schwarze Sonne kann unmöglich einen Angriff planen… oder etwa doch?

Vielleicht war dies nur ein Test. Es schien wenig wahrscheinlich, daß Xizor etwas im Schilde führte… aber genau konnte man das natürlich nie wissen. Durga stellte sich die weiten, von Flüssen durchschnittenen Gebiete außerhalb seiner Residenz vor sowie die allgegenwärtige Sichel des silbrig schimmernden Mondes Nar Shaddaa am fernen Horizont. Im schlimmsten Fall konnten die Besadii durchaus auf Nal Hutta verzichten. Sein Clan würde ohne das vor so langer Zeit eroberte glorreiche Juwel zurechtkommen. Schließlich besaßen sie ja noch das ylesianische System. Und was die übrigen Clanmitglieder und die Bewohner von Nal Hutta anging, die nicht zu den Besadii zählten – nun, die würden ihm ohnehin schon bald feindlich gesinnt sein. Schließlich gab es da die Kleinigkeit der offiziellen Bestrafung und das Bußgeld von einer Million Credits…

Durga warf einen Blick auf das Bildnis des beleibten alten Aruk, das auf seinem Podium stand, dann blickte er wieder das Holobild an. »Die Informationen gehören Euch«, sagte er. »Aber ich muß alles erfahren!«

Xizor neigte den Kopf. »Sobald wir erhalten haben, was wir wollen, werden wir alles tun, was in unserer Macht steht, Euch zu Diensten zu sein, Lord Durga. Lebt wohl…«

Durga verneigte sich abermals, so verbindlich er es vermochte, dann unterbrach er die Verbindung. Sein Magen verkrampfte sich. Er hatte ein ganz schlechtes Gefühl bei dieser Sache…

Xizor wandte sich von der Komkonsole ab und sah Guri an; ein aufrichtiges Lächeln zog die Winkel seines wohlgeformten Mundes in die Höhe. »Das war wesentlich einfacher, als ich angenommen hatte. Der Haken sitzt jetzt tief im Fleisch, und Durga und die Besadii werden sich bald von den übrigen Hutts abspalten. Ich frage mich, was in Durgas schleimigen Herzen ihn dazu bewegt hat, allein um des Geschmacks der Rache willen seine gesamte Rasse zu verraten.«

Guri warf ihm einen ihrer üblichen gelassenen Blicke zu. »Mein Prinz, Eure Geduld mit diesen Hutts zeigt endlich Resultate. Welch glückliche Fügung, daß die Besadii von den übrigen Kajidics so hart bestraft worden sind.«

»Ja«, entgegnete der Falleen. Er faltete die Hände und ließ seine langen Fingernägel gegeneinanderklicken. »Durga ist an den anderen Hutts nichts mehr gelegen, wenn das überhaupt jemals der Fall war. Die Trauer und seine emotionale Anfälligkeit werden uns den Schlüssel zum Hutt-Raum in die Hände spielen. Das – und die Neigung der Desilijic, angesichts komplexer Probleme einfachen Lösungen den Vorzug zu geben. Du hast den Beweis, den Durga wünscht, Guri, nicht wahr?«

Das Gesicht der MRD zeigte keinerlei Veränderung. »Selbstverständlich, mein Prinz. Der Bürger Green war eine sehr große Hilfe bei seiner Beschaffung und der Ablenkung der Pathologen des Forensischen Instituts. Er ist wirklich ein überaus fähiger Mensch.«

Xizor nickte und schüttelte sich den langen Zopf von der Schulter. »Warte noch zweihundert Standardstunden, das ist lange genug, um es so aussehen zu lassen, als hätten wir wirklich eine Untersuchung eingeleitet. Danach wirst du Durga das Material persönlich übergeben«, sagte er. »Wenn Durga es sieht, wird er auf der Stelle gegen die Desilijic vorgehen wollen. Begleite ihn, Guri. Hilf ihm, falls nötig, seine Rache an Jiliac zu bekommen. Aber Jabba darf nichts geschehen. Jabba ist mir in der Vergangenheit von Nutzen gewesen, und ich erwarte von ihm, daß er mir auch in Zukunft noch von Nutzen sein wird. Und auch Teroenza kommt in unseren Plänen eine Rolle zu. Ihm sollte daher auch nichts zustoßen. Verstanden?«

»Verstanden«, nickte Guri. »Alles wird so geschehen, wie Ihr es wünscht, mein Prinz.« Dann verließ sie mit raschen geschmeidigen Bewegungen den Raum. Xizor blickte ihr mit bewundernden Blicken nach. Sie hatte ihn neun Millionen Credits gekostet, und sie war jeden Dezicred davon wert. Mit Guri an seiner Seite konnte Xizor die Hutts jederzeit herausfordern. Vielleicht würde er eines Tages sogar den Imperator selbst herausfordern…

 

Als Han Solo nach seinem Aufenthalt im Korporationssektor nach Hause zurückkam, wurde er von jedermann mit offenen Armen aufgenommen – mit Ausnahme von Lando und Salla Zend. Lando, so fand er bald heraus, war mit Drea Renthal zu einem romantischen Ausflug aufgebrochen und würde einige Tage unterwegs sein.

Und was Salla anbetraf… Han hatte eigentlich nicht erwartet, ihre Beziehung dort wieder aufnehmen zu können, wo er sie abgebrochen hatte, aber er hatte auch nicht erwartet, daß sie ihn vollständig schneiden würde. Er sah sie ein- oder zweimal aus der Ferne in Shugs Weltraumdepot, aber in dem Augenblick, da sie ihn oder Chewie entdeckte, drehte sich Salla Zend auf dem Absatz um und verließ das Gelände.

Als Han sich nach ihr erkundigte, versicherten ihm seine Freunde samt und sonders, daß es ihr während seiner Abwesenheit gut gegangen sei, daß sie sich sogar mit verschiedenen Männern getroffen habe, wenngleich keine dieser Beziehungen als ernst bezeichnet wurde. Sie hatte anscheinend eine Weile mit Lando gearbeitet, aber es gab keinen Hinweis darauf, daß Salla und Lando etwas anderes gewesen waren als Geschäftspartner.

Jarik hatte mit seinem Mädchen Schluß gemacht, war wieder er selbst geworden und freute sich, seine Freunde wiederzuhaben. Sogar ZeeZee schien froh darüber, endlich wieder die rechtmäßigen Besitzer ihrer gemeinsamen Wohnung um sich zu haben.

Als Han erfuhr, daß Lando zurückgekehrt sei, machte er sich unverzüglich auf den Weg zu dessen Bleibe, um seinem Freund einen Besuch abzustatten. Sie schüttelten einander die Hände, klopften sich gegenseitig auf den Rücken und umarmten sich kurz. Dann trat Lando einen Schritt zurück, um seinen Kumpel eingehend zu betrachten. »Du siehst gut aus«, meinte er. »Aber du brauchst einen Haarschnitt.«

»Ich brauche immer einen Haarschnitt«, versetzte Han trocken. »Das kommt daher, daß ich so viel Zeit mit Wookiees verbringe. Zottig ist für sie ein Kompliment.«

Lando lachte. »Immer derselbe alte Han. He, laß uns runter ins Goldene Auge gehen. Ich zahle!«

Ein paar Minuten später, nachdem sie in einer Nische Platz genommen und große Krüge vor sich stehen hatten, sagte Lando: »Also… erzähl doch mal. Wo hast du gesteckt, und woher hast du diese Narbe, Kumpel?«

Han ließ eine kurze Schilderung seiner Abenteuer im Korporationssektor vom Stapel. Trotzdem waren sie bereits bei der dritten Runde, als er zum Ende kam.

Lando schüttelte den Kopf. »Hört sich an wie manches, was mir in den Zentralregionen passiert ist. Ein übler Bursche nach dem anderen. Man macht ein Vermögen, man verliert ein Vermögen. Und… was macht mein Schiff?«

Han nahm einen Schluck alderaanisches Ale und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund. »Dein Schiff?« Er lachte und genoß das vertraute Gehabe. »Die ›Falcon‹ war noch nie besser in Schuß, mein Freund. Die Kiste fliegt jetzt anderthalbfache Lichtgeschwindigkeit.«

Landos dunkle Augen weiteten sich. »Du machst Witze!«

»Nein«, sagte Han. »Es gibt einen alten Kerl im Korporationssektor, der es schafft, jeden Hyperantrieb einen Purzelbaum schlagen zu lassen und dir dabei noch zwei Dezicreds rauszugeben. Doc ist ein wahrer Meister!«

»Du mußt mich mal auf eine Spritztour mitnehmen«, sagte Lando beeindruckt.

»Jetzt erzähl doch mal, wie es dir so ergangen ist«, bat Han.

Lando wappnete sich mit einem großen Schluck, dann erwiderte er: »Han, ich muß dir etwas sagen. Ich habe vor ein paar Wochen zufällig Bria kennengelernt.«

Han richtete sich kerzengerade auf. »Bria? Bria Tharen? Wie? Wieso?«

»Das ist eine lange Geschichte«, entgegnete Lando und grinste niederträchtig.

»Dann komm in die Gänge und fang an zu erzählen«, schnappte Han, dessen Miene sich sofort zusehends verfinsterte.

»Mann, das ist vielleicht eine reizende Partnerin, diese Dame«, sagte Lando und seufzte.

Han machte in einer einzigen fließenden Bewegung einen Satz nach vorne und packte Lando bei seinem bestickten Hemdkragen.

»Oh, Mann«, ächzte Lando. »Es ist nichts passiert! Wir haben bloß getanzt, das war alles!«

»Getanzt?« Han ließ ihn los, setzte sich wieder hin und schaute verlegen aus der Wäsche. »Oh.«

»Komm schon, Han, beruhige dich wieder«, sagte Lando. »Du hast diese Frau seit… wie vielen Jahren nicht mal gesehen?«

»Tut mir leid, Kumpel. Ich schätze, ich hab’ mich ein bißchen gehenlassen«, entgegnete Han. »Sie hat mir mal sehr viel bedeutet.«

Lando grinste wieder, war diesmal jedoch vorsichtiger. »Nun, ihr bedeutest du immer noch etwas. Sehr viel sogar.«

»Lando… deine Geschichte«, drängte Han. »Fang an!«

»Okay«, nickte Lando und schickte sich an, von seinen jüngsten Abenteuern an Bord der ›Königin des Imperiums‹ zu berichten. Als er zu der Konfrontation vor dem Shuttlehangar kam, beugte sich Han weit vor und klebte fortan an seinen Lippen.

Nachdem der Spieler seine Erzählung beendet hatte, lehnte sich Han zurück, schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck Ale. »Was für eine Geschichte«, rief er. »Lando, das war jetzt schon das zweite Mal, daß du dich mit Boba Fett angelegt hast. Das erfordert eine Menge Courage, Kumpel.«

Lando zuckte die Achseln, und dieses eine Mal war sein Gebaren absolut ernst. »Ich kann Kopfgeldjäger nicht leiden«, erklärte er. »Konnte ich noch nie. Ich würde meinen ärgsten Feind keinem Kopfgeldjäger ausliefern. Für mich stehen sie auf der gleichen Stufe wie Sklavenhändler.«

Han nickte, dann grinste er. »Wie gut, daß Drea was für dich übrig hat, Kumpel.«

»Was sie in dieser Situation ihre Meinung ändern ließ, war die Erinnerung daran, daß sie dir was schuldig war«, stellte Lando fest.

»Tja, dann muß ich sie wohl wissen lassen, daß ich jetzt bei ihr in der Kreide stehe«, meinte Han. »Ich hoffe bloß, du hast ihr die Zeit auf deinem kleinen Ausflug angenehm gemacht.«

»Na klar«, antwortete Lando. »Wenn es was gibt, was ich gut kann, dann ist es, einer Lady die Zeit angenehm zu machen.«

»Und… wann hat Bria dir gesagt, daß ich ihr noch was bedeute? Die ganze Zeit, als ihr bei Fett wart, hatte er euch doch befohlen, still zu sein«, fuhr Han fort und ließ Landos Darstellung der Ereignisse Revue passieren.

»Oh, ich habe sie hier auf Nar Shaddaa noch mal wiedergesehen«, erwiderte Lando.

Han starrte Lando böse an. »Ach, ja?«

»Ja, hab’ ich«, gab Lando zurück. »Würdest du dich bitte beruhigen, alter Freund? Ich habe sie lediglich zum Essen eingeladen. Sie hatte von Jiliac und Jabba eine Abfuhr bekommen. Es ging um einen Überfall auf Ylesia, den sie finanzieren sollten. Daher brauchte sie ein wenig Aufmunterung.« Lando seufzte. »Sie hat die ganze Zeit nur über dich geredet. Es war wirklich niederschmetternd.«

Han fühlte, wie sich ein Grinsen in sein Gesicht schlich. »Ah ja?« sagte er und versuchte gleichgültig zu klingen. »Hat sie das?«

Lando sah in spöttisch an. »Ja, hat sie. Xendor allein kennt den Grund, aber das hat sie!«

»Ich hatte schon daran gedacht, wieder Kontakt zu ihr aufzunehmen«, gestand Han. »Aber als ich sie damals bei Sarn Shild gesehen habe… tja, jetzt weiß ich ja, daß sie bloß in einer Mission für den Widerstand dort war. Ich nehme an, eine gute Agentin tut, was immer sie tun muß, um an Informationen heranzukommen…«

»Ich habe sie danach gefragt«, warf Lando ein. »Und sie hat mir gesagt, daß sie keineswegs Shilds Mätresse war, obwohl Shild jedermann glauben machen wollte, daß es so war. Und nach allem, was ich über den Typ gehört habe, hatte er, was die Auswahl seiner Techtelmechtel anging… einen ziemlich sonderbaren Geschmack.«

»Ah…«, machte Han und ließ sich das durch den Kopf gehen. »Du sagst, sie hat über mich gesprochen, ja? Daß ich ihr noch was bedeute?«

»So ist es«, versicherte ihm Lando. »Nur wenn du ein Myrmin an der Wand wärst, könntest du dich noch mehr aufplustern als jetzt gerade.« Lando ließ ein kurzes Lachen hören und kippte seinen Drink hinunter. »Aber ich habe dir ja schon gesagt, es war niederschmetternd, Kumpel.«

Han lächelte. »Nun… vielen Dank. Ich schulde dir was dafür, daß du sie gerettet hast, Lando.«

»Du solltest sie aufsuchen, vorausgesetzt, du weißt, wie du das anstellen mußt«, meinte Lando.

»Das sollte ich wohl«, nickte Han und wurde ernst. »Lando, ich fürchte, ich habe gestern eine schlechte Nachricht gehört.«

»Was?«

»Es geht um Mako Spince. Anscheinend ist er draußen im Ottega-System mit irgendwelchen NaQoit-Banditen in Streit geraten. Er wurde gefunden, kaum noch am Leben, und hierher zurückgebracht. Er ist jetzt in der Rehabilitationseinrichtung im corellianischen Sektor. Shug hat mir erzählt, daß er verkrüppelt ist und nie wieder laufen wird.«

Lando schüttelte mit düsterer Miene den Kopf. »Oh… he, das ist ja furchtbar! Ich wäre lieber tot als verkrüppelt, glaube ich.«

Han nickte grimmig. »Ich auch. Ich habe gedacht… ob du Lust hast, ihn morgen zu besuchen? Ich sollte auf jeden Fall gehen. Mako und ich, wir kennen uns schon ewig. Aber… ich würde lieber nicht allein hingehen, weiß du? Gemeinsam können wir ihn vielleicht ein bißchen aufheitern.«

Lando zuckte die Achseln. »Das hört sich angesichts der Umstände nach einem schweren Gang an«, sagte er. »Aber, klar… ich komme mit. Das ist das mindeste, was wir tun können. Mako ist schließlich einer von uns.«

»Danke.«

 

Am nächsten Tag machten sich die beiden Freunde auf den Weg in das Rehazentrum. Han war noch nicht oft in einer solchen Einrichtung gewesen und stellte fest, daß er sich extrem unwohl fühlte. Nachdem sie sich bei dem Empfangsdroiden an der Anmeldung erkundigt hatten, wurden sie zum richtigen Zimmer geschickt. Han und Lando blieben unsicher zögernd davor stehen.

»Lando… ich bin nicht sicher, ob ich das schaffe«, gestand Han mit gesenkter Stimme. »Ich würde lieber die Kessel-Route mit den Imperialen im Genick fliegen…«

»Geht mir genauso«, pflichtete Lando ihm bei. »Aber ich schätze, ich würde mich noch mieser fühlen, wenn ich wieder nach Hause ginge, ohne ihn besucht zu haben.«

Han nickte. »Ich auch.« Er atmete tief durch und betrat das Zimmer.

Mako Spince lag in einem speziellen Behandlungsbett. Ein Hauch von Bacta lag in der Luft, und die Blessuren in Makos Gesicht waren beinahe verheilt, doch Han konnte immer noch erkennen, daß sein alter Freund übel zugerichtet war. Die NaQoit-Banditen waren nicht eben für ihre Gutmütigkeit bekannt…

Makos schulterlange Haare waren über das weiße Kissen ausgebreitet. Als Han in das letzte Mal gesehen hatte, war sein Haar noch schwarz gewesen, durchmischt mit grauen Strähnen. Nun hatte es die Farbe von Eisen und wirkte stumpf und kraftlos. Die hellen Augen, deren Farbe an Eis erinnerte, waren geschlossen, doch Han wußte irgendwie, daß er wach war.

Der Corellianer zögerte, dann faßte er sich ein Herz. »He, Mako!« rief er forsch. »Ich bin’s, Han! Frisch zurück aus dem Korporationssektor. Lando ist auch hier.«

Makos schlug die hellen, kalten Augen auf und blickte seine Freunde ausdruckslos an. Er sprach nicht, obwohl er es, wie Han wußte, gekonnt hätte. Makos rechter Arm war zerschmettert, und er würde seine Beine nicht mehr gebrauchen können, aber mit seinem Verstand und der Stimme war alles in Ordnung.

»He, Mako«, stimmte Lando ein. »Es ist gut, daß du am Leben bist. Es tut mir leid, daß die Dinge draußen im Ottega-System so übel gelaufen sind… äh…«

Als Lando die Worte fehlten, sprang Han sofort ein. Alles war besser, als der Widerhall des Schweigens. »Ja, diese NaQoit sind Abschaum. Äh… tja, es hat dich schlimm erwischt, klar, aber, he… mach dir bloß keinen Kopf darum. Ich und die anderen, wir haben gesammelt, weißt du? Es ist genug da, um dich mit einem Repulsorstuhl auszustatten. Diese Dinger gehen ganz schön ab… du bist in Null komma nichts wieder auf den Beinen, heißt es.«

Schließlich verschlug es auch Han die Sprache. Er drehte sich zu Lando um und sah in flehentlich an. Mako hatte sich immer noch nicht bewegt oder auch nur ein Wort gesprochen.

»Äh, ja…«, begann Lando, der sich tapfer bemühte, seinen Teil zu leisten. »Hör zu, Mako, brauchst du irgendwas? Du mußt nur fragen, wir besorgen dir alles. Stimmt’s, Han?«

»Klar«, nickte Han. Er rang verzweifelt nach Worten, doch die Sprache versagte ihm vollends den Dienst. »Äh… Mako«, stammelte er. »He, Kumpel…«

Makos Gesichtsausdruck blieb unverändert. Doch schließlich wandte er sich langsam von seinen Freunden ab. Die unausgesprochene Botschaft war nicht zu mißdeutet: Laßt mich allein!

Han seufzte, zuckte die Achseln und sah schließlich Lando an. Leise gingen sie aus dem Zimmer und ließen Mako Spince mit seinem Schweigen allein.

 

Von Jabba dem Hutt wurde Han weitaus freundlicher willkommen geheißen. Er suchte den Desilijic-Führer in der Hauptniederlassung des Kajidic auf Nar Shaddaa auf.

Jiliacs Majordomus auf dem Schmugglermond, eine menschliche Frau namens Dielo, blickte auf, als er hereinkam, und lächelte einladend. »Captain Solo! Willkommen zurück! Jabba hat mich angewiesen, Sie unverzüglich zu ihm zu bringen.«

Da Han sich längst damit abgefunden hatte, daß man ihn warten ließ, wenn er sich mit Jabba traf, war dies eine ermutigende Neuigkeit. Als er in den riesigen kahlen Audienzsaal marschierte, fand er Jabba allein. Der Hutt-Lord schlängelte sich mit weit ausgebreiteten Stummelärmchen auf ihn zu. »Han, mein Junge! Wunderbar, Sie zu sehen! Sie waren viel zu lange fort!«

Eine schreckliche Sekunde lang dachte Han, daß Jabba ihn allen Ernstes umarmen wollte. Der Corellianer trat eilig einen Schritt zurück und versuchte, nicht die Nase zu rümpfen. Er würde sich an den Geruch der Hutts erst wieder gewöhnen müssen…

»He, Jabba… Euer Exzellenz«, begann er. »Schön zu wissen, daß man mich vermißt hat.«

»Nichts mehr von ›Euer Exzellenz‹ ab jetzt, Han«, dröhnte Jabba, der wie üblich Huttisch sprach, da er wußte, daß Han ihn gut verstand. »Wir sind alte Freunde und bedürfen keiner Formalitäten!« Der Desilijic-Lord schwitzte die Kameraderie praktisch aus allen Poren.

Han unterdrückte ein Grinsen. Die Geschäfte müssen schlecht stehen, dachte er. Nichts ist besser, als gebraucht zu werden, schätze ich… »Sicher, Jabba«, sagte er dann. »Und wie laufen die Geschäfte?«

»Die Geschäfte… die Geschäfte liefen ein bißchen zäh«, erwiderte Jabba. »Die Besadii, verflucht sollen sie sein, versuchen eine eigene Flotte aufzubauen, um die Desilijic herauszufordern. Und die Imperialen waren in letzter Zeit unglücklicherweise viel zu umtriebig. Das Gewürzgeschäft wird zwischen den Imperialen und den Piraten förmlich zerrieben.«

»Die Besadii waren also so lästig wie immer, wie?«

Jabba stimmte als Antwort auf Hans geistreiche Bemerkung ein schallendes Gelächter an, aber das Lachen klang sogar in Hans Ohren ein wenig hohl. »Han, wir müssen uns um die Besadii kümmern. Ich weiß bloß noch nicht genau, wie.«

Han sah den Hutt-Lord fest an. »Ich habe gehört, der corellianische Widerstand hat vorgeschlagen, daß die Desilijic die Rebellen bei einem Überfall auf Ylesia unterstützen.«

Jabba schien nicht überrascht, daß Han über seine eigenen Informationsquellen verfügte. Er wiegte bejahend den gewaltigen Schädel. »Wir wurden von einer Ihrer Bekannten kontaktiert… Bria Tharen.«

»Ich habe sie seit zehn Jahren nicht gesehen«, entgegnete Han. »Aber ich weiß, daß sie mittlerweile eine Rebellenführerin ist.«

»Das ist sie«, versicherte Jabba. »Und ich war an ihrem Angebot sehr interessiert. Aber wie dem auch sein mag, da meine Tante sich geweigert hat, den corellianischen Widerstand zu unterstützen, suche ich nach anderen Möglichkeiten, die Besadii zu ruinieren. Wir müssen etwas unternehmen. Sie horten die besten Gewürze und halten sie zurück, um die Preise in die Höhe zu treiben. Unsere Quellen haben uns zu verstehen gegeben, daß ihre Lager aus allen Nähten platzen und daß sie bereits neue bauen, die den Überschuß aufnehmen sollen.«

Han schüttelte den Kopf. »Das ist nicht gut. Und Jiliac? Wie geht es ihr und dem Baby?«

Jabba verzog das Gesicht. »Meiner Tante geht es gut. Das Baby ist gesund.«

»Und warum dann der gequälte Gesichtsausdruck?«

»Die Anteilnahme, die sie ihrer Mutterrolle angedeihen läßt, ist vermutlich bewundernswert, Han«, sagte Jabba, »dennoch hat sie mir damit eine Menge mehr Arbeit aufgehalst. Ich habe meine geschäftlichen Interessen auf Tatooine vernachlässigt, und es ist äußerst schwierig geworden, sämtliche Angelegenheiten der Desilijic im Auge zu behalten.« Der Hutt-Lord seufzte. »Han, es wird jeden Tag schwerer und schwerer, die Zeit aufzubringen, die nötig wäre, um wirklich alles zu erledigen.«

»Ja, ich weiß, wie das ist, Jabba«, erwiderte Han. Er trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen.

Der Hutt, der in außergewöhnlich aufgeschlossener Stimmung war, bemerkte die Unruhe des Corellianers. »Was ist los, Han?«

Han zuckte die Schultern. »Ich bin okay, obwohl ich mir manchmal wünsche, Ihr hättet einen für Menschen gemachten Stuhl in diesem Empfangssaal. Während einer Unterhaltung die ganze Zeit auf den Beinen zu bleiben, geht ganz schön auf die Knochen.« Er hielt einen Moment inne. »Was dagegen, wenn ich mein Hinterteil auf dem Boden parke, während wir plaudern?«

»Ho-Ho!« lachte Jabba. »Ich habe schon oft gefunden, daß Beine viel zu unpraktisch sind, um auf sie zu bauen. Han, mein Junge. Ich habe etwas besseres als den Boden.« Jabba ringelte mit weit größerer Beweglichkeit, als Han ihm zugetraut hätte, seinen Schwanz nach vorne und klopfte damit einladend auf den Boden. »Hier, nimm Platz, Freund!«

Han begriff sehr wohl, daß Jabba ihm eine große Ehre erwies, und ermahnte seine aufbegehrende Nase im stillen, sich zusammenzunehmen. Dann machte er ein paar Schritte und ließ sich auf dem Schwanz des Hutt nieder, als hätte er es mit einem Baumstamm zu tun. Er lächelte, obwohl der Gestank aus dieser Nähe grauenhaft war. »Meine Beine danken Euch, Jabba«, sagte er.

Jabbas Gelächter war auf diese Distanz so laut, daß es Hans Trommelfelle erschütterte. »Ho-Ho-Ho! Han, Sie amüsieren mich fast so sehr wie meine Tänzerinnen.«

»Danke«, brachte Han heraus und fragte sich, wann er endlich aufstehen und verschwinden könnte. Jabba hatte sich so gedreht, daß er fast von Angesicht zu Angesicht mit Han sprechen konnte.

»Also«, sagte Han. »Wie hat Euch Commander Tharen gefallen?«

»Für eine menschliche Frau scheint sie recht intelligent und kompetent zu sein«, antwortete Jabba. »Jiliac hat ihr Angebot zurückgewiesen, ich jedoch fand es interessant.«

»Wie ich schon sagte, ich habe sie seit Jahren nicht gesehen«, warf Han ein. »Wie sah sie denn aus?«

Jabba gluckste und leckte sich die Lippen. »Ich würde sie jederzeit einstellen, um sie für mich tanzen zu lassen, mein Junge.«

Han verzog das Gesicht, achtete indes darauf, daß Jabba es nicht sah. »Äh, ja… na ja, da müßte sie wohl auch noch ein Wörtchen mitreden. Schließlich wird man nicht nur wegen des guten Aussehens Commander.«

Jabba wurde wieder ernst. »Ich war sehr beeindruckt von ihr. Und ich bin überzeugt, daß ihr Vorschlag durchführbar wäre.«

»Was genau hat sie denn vorgeschlagen?« erkundigte Han sich.

Jabba skizzierte die Grundzüge des Planes, den der corellianische Widerstand entworfen hatte. Han hob die Schultern. »Da brauchen sie aber ein paar wirklich gute Piloten, um es durch die Atmosphäre zu schaffen«, stellte er fest. »Ich frage mich, wie Bria das bewerkstelligen will.«

»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Jabba. »Sagen Sie, Han, wie viele Wächter gab es ungefähr für jede Kolonie auf Ylesia, als Sie dort waren?«

»Oh, das reichte von vielleicht hundert bis zu einigen hundert pro Kolonie, je nach dem wie viele Sklaven jeweils in den Fabriken arbeiteten«, erklärte Han. »Jede Menge Gamorreaner, Jabba. Ich weiß, daß die Hutts sie mögen, weil sie stark sind und Befehle befolgen, aber, seien wir mal ehrlich, als moderne Streitmacht sind sie ziemlich mitleiderregend. Die meisten Männchen sind besessen davon, ihre antiken Waffen gegeneinander einzusetzen. Und ihre Stammesfehden wirken sich auf ihre Arbeit aus. Die Weibchen sind besser, klüger, sie denken klarer, aber sie stellen sich auch nicht als Söldner zur Verfügung.«

»Sie glauben also, eine moderne Rebellenstreitmacht könnte diese Kolonien problemlos einnehmen?«

Han wiegte den Kopf. »Es wäre ein Kinderspiel, Jabba.«

Der Hutt-Lord blinzelte mit den vorstehenden Augen. »Hmmm, Han, mein Junge, Sie sind mir wie üblich von Nutzen gewesen. Ich habe eine Ladung Gewürze, die verschifft werden muß. Sind Sie und Ihr Schiff bereit, wieder an die Arbeit zu gehen?«

Han, der die unterschwellige Aufforderung zum Aufbruch verstand, erhob sich. Er konnte die öligen Rückstände von Jabbas Haut auf seinem Hosenboden spüren. Na großartig, ich schätze, diese Hose kann ich abschreiben, dachte er. Den Gestank kriege ich nie wieder raus…

»Natürlich sind wir das«, entgegnete er. »Chewie und ich sind startklar, und die ›Falcon‹ ist schneller als je zuvor.«

»Gut, gut, mein Junge«, dröhnte Jabba. »Ich werde jemanden veranlassen, Sie heute abend wegen der Übernahme der Fracht zu kontaktieren. Han… es ist gut, daß Sie wieder bei uns sind.«

Han lächelte. »Es ist schön, wieder hier zu sein, Jabba.«

 

Kibbick der Hutt sah das Holobild seines Cousins bestürzt an. »Was soll das heißen, die T’landa Til haben ihre Gefährtinnen hergebracht?« fragte er. »Niemand hat mir etwas davon gesagt!«

Durga, der Führer der Besadii, starrte zurück. »Kibbick, du würdest es nicht einmal mitbekommen, wenn dir eine weibliche T’landa Til auf den Schwanz treten würde! Sie haben ihre Spuren gut verwischt, und es hat beinahe eine Woche gedauert, bis ich gemerkt habe, daß sie von hier verschwunden sind! Ist dir klar, was das bedeutet?«

Kibbick dachte angestrengt nach. »Daß die t’landa-Til-Priester glücklicher und zufriedener sein werden?« wagte er schließlich zu äußern.

Durga wedelte frustriert mit den kleinen Ärmchen und stöhnte laut auf. »Natürlich werden sie glücklicher sein!« rief er. »Aber was heißt das für uns? Für die Besadii? Denke ein einziges Mal in deinem Leben nach, Kibbick!«

Kibbick wälzte in seinem Schädel die Gedanken hin und her. »Das bedeutet, daß wir mehr Essen für sie heranschaffen müssen«, vermutete er dann.

»Nein, Kibbick, du Schwachkopf.« Durga war dermaßen aufgebracht, daß Klumpen grünen Schleims auf das holographische Aufnahmegerät spritzten. In seinem dreidimensionalen Abbild erschienen daraufhin ›Löcher‹. »Das bedeutet, daß wir unser wichtigstes Druckmittel auf die T’landa Til eingebüßt haben, mein werter zurückgebliebener Cousin! Da ihre Gefährtinnen fortan nicht mehr hier auf Nal Hutta unter unserer Obhut leben, könnten Teroenza und seine Priester ohne weiteres alle Brücken zu den Besadii und Nal Hutta abbrechen. Das bedeutet es!«

Kibbick richtete sich steil auf. »Onkel Aruk hat niemals so mit mir gesprochen«, rief er schwer beleidigt. »Er war stets höflich. Er war ein besserer Führer, als du jemals sein wirst, Cousin!«

Durga schaffte es unter Mühen, sich zusammenzureißen. »Vergib mir meine unbesonnenen Worte, Cousin«, sagte er mit spürbarer Anstrengung. »Ich bin zur Zeit ein wenig… überarbeitet. Ich erwarte wichtige Neuigkeiten über das Hinscheiden meines Vaters.«

»Oh.« Kibbick dachte daran, die Sache damit nicht einfach auf sich beruhen zu lassen, aber da Durga nicht mehr schrie, war er so erleichtert, daß er lieber darauf verzichtete. »Nun, Cousin, ich sehe, warum das möglicherweise schlecht für uns ist. Was sollen wir tun?«

»Du wirst alle T’landa-Til-Frauen nach Kolonie Eins bringen und zurück nach Nal Hutta verfrachten lassen«, antwortete Durga. »Und kümmere dich persönlich darum, Kibbick. Ich will, daß du in der Lage bist, mir zu melden, daß du mit eigenen Augen gesehen hast, wie sie an Bord eines Raumschiffs gegangen und abgeflogen sind. Ich will, daß du deinen besten und vertrauenswürdigsten Piloten für diese Aufgabe auswählst. Schicke ein Kontingent Wachen mit auf die Reise, damit es mit den Frauen unterwegs keinen Ärger gibt.«

Kibbick dachte einen Moment darüber nach. »Aber… Teroenza wird das gar nicht gefallen. Und den anderen auch nicht.«

»Das weiß ich«, sagte Durga. »Aber die T’landa Til arbeiten für uns, Kibbick. Wir sind ihre Herren.«

»Das stimmt«, gab Kibbick zu. Er war, seit er das huttische Alter der vollen Bewußtseinsreife erreicht hatte, in der festen Überzeugung erzogen worden, daß die Hutts die am weitesten entwickelte Spezies der Galaxis waren. Aber die Vorstellung, Teroenza Befehle zu erteilen, bot ihm trotzdem keine verlockende Aussicht. Teroenza war gerissen und trickreich. Er war derjenige, der den Wächtern Anweisungen gab. Alles, was Kibbick tun mußte, wenn er etwas erledigt haben wollte, war, Teroenza seinen Wunsch mitzuteilen, und der Hohepriester kam seinem Begehren stets prompt und mit durchschlagendem Erfolg nach.

Aber was, wenn er diesmal nicht gehorchte? Kibbick konnte sich ausmalen, daß er sich weigern würde, seine eigene Gefährtin zurück nach Nal Hutta zu schicken. Und was konnte er, Kibbick, dann unternehmen?

»Aber, Cousin… was, wenn er nein sagt?« erkundigte sich Kibbick wehleidig.

»Dann wirst du wohl die Wachen rufen und ihn abführen und einsperren lassen müssen, bis ich mich mit ihm beschäftigen kann«, entgegnete Durga. »Die Wachen werden dir gehorchen, Kibbick… oder etwa nicht?«

»Natürlich werden sie das«, versicherte Kibbick empört, obwohl er sich insgeheim fragte, ob das tatsächlich für alle Wächter galt.

»Gut, schon besser«, sagte Durga. »Und vergiß nicht… du bist ein Hutt! Ein Gebieter des Universums von Natur aus. Richtig?«

»Selbstredend«, rief Kibbick, diesmal mit etwas festerer Stimme. Er richtete sich auf. »Ich in ebenso ein Hutt wie du.«

Durga verzog das Gesicht. »Das ist der rechte Geist«, ermutigte er Kibbick. »Es ist an der Zeit, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Wenn du den Dingen ihren Lauf läßt, wird sich die Lage nur verschlimmern. Es ist gut möglich, daß Teroenza längst eine Revolte gegen die Besadii im Schild führt. Hast du darüber mal nachgedacht?«

Hatte er nicht. Kibbick blinzelte. »Eine Revolte? Du meinst… eine richtige Revolte? Mit Truppen und Schießereien?«

»Genau das meine ich«, nickte Durga. »Und wer ist bei einer Revolte der erste, der abdanken muß?«

»Der Führer«, antwortete Kibbick. Seine Gedanken überschlugen sich.

»Richtig. Sehr gut. Siehst du nun, warum du die Kontrolle an dich reißen mußt, ehe Teroenza seine Pläne in die Tat umsetzen kann? Solange du noch die Oberhand hast?«

Kibbick empfand jetzt deutlich die Bedrohung, und das gefiel ihm nicht. Ihm wurde klar, daß Durgas Rat zu befolgen und die Kontrolle von den Hohepriestern zurückzugewinnen, mit Sicherheit der beste Weg war, den er einschlagen konnte. »Ich werde es tun«, verkündete er entschlossen. »Ich sage ihm, was er zu tun hat, und sorge dafür, daß er mir gehorcht. Wenn er sich weigert, veranlasse ich die Wachen, sich um ihn zu kümmern.«

»So ist es richtig!« rief Durga beifällig. »Gut. Jetzt hörst du dich wie ein echter Besadii an! Verständige mich, sobald die weiblichen T’landa Til auf dem Heimweg sind.«

»Das werde ich, Cousin«, versprach Kibbick und unterbrach die Verbindung.

Kibbick nahm sich vor, sich der Angelegenheit unverzüglich anzunehmen, ehe er das künstlich aufgeblasene Gefühl für die natürliche Überlegenheit der Hutts wieder verlor. Der Hutt-Lord hielt sich gar nicht erst mit seiner Repulsorsänfte auf, sondern schlängelte sich aus eigener Kraft durch das Verwaltungsgebäude von Kolonie Eins, bis er Teroenzas Büro erreichte. Ebenso verzichtete er darauf, das Türsignal zu betätigen, sondern platzte einfach herein.

Teroenza lag in der Arbeitsmatte vor seinem Datenblock und blickte überrascht auf, als der Hutt in sein Büro gekrochen kam. »Kibbick!« rief er aus. »Was liegt an?«

»Lord Kibbick für Sie, Hoherpriester!« gab Kibbick zurück. »Wir müssen reden! Ich habe soeben mit meinem Cousin Durga gesprochen, und er hat mir mitgeteilt, daß Sie insgeheim Ihre T’landa-Til-Frauen hergebracht haben. Durga ist äußerst ungehalten!«

»Die T’landa-Til-Frauen?« Teroenza blinzelte, als hätte er nicht die geringste Ahnung, wovon Kibbick sprach. »Wie kommt er denn darauf, Euer Exzellenz?«

»Versuchen Sie das gar nicht erst mit mir«, warf Kibbick ein. »Sie sind hier, und Durga weiß es. Er hat mich angewiesen, Ihnen auszurichten, daß sie mit dem nächsten Schiff nach Nal Hutta zurückkehren müssen. Verständigen Sie die Wachen und lassen Sie Ihre Gefährtinnen hierher in die Kolonie Eins bringen, um sie auf ein Schiff zu verfrachten, daß Ylesia verläßt. Und zwar sofort.«

Teroenza ließ sich mit nachdenklicher Miene in die Hängematte zurücksinken. Aber abgesehen davon rührte der Hohepriester sich nicht.

»Haben Sie mich gehört, Hoherpriester?« Kibbick fühlte sich geradezu durchdrungen von gerechtem Zorn. Er bäumte sich auf. »Gehorchen Sie, oder ich rufe die Wachen!«

Der Hohepriester wühlte sich langsam aus der Hängematte. Kibbick atmete innerlich erleichtert auf. Doch Teroenza unternahm keinen Schritt in Richtung Kom-Einheit.

»Beeilen Sie sich!« tobte der Hutt-Lord. »Oder ich rufe die Wachen und lasse sie abführen. Und dann werde ich mich selbst um die Frauen kümmern!«

»Nein.« Teroenzas Stimme war ausdruckslos und leise.

»Nein… was?« Kibbick konnte es nicht fassen. Niemand hatte, so lange er lebte, jemals den direkten Befehl eines Hutt-Overlords verweigert.

»Nein, das werde ich nicht tun«, gab Teroenza zurück. »Ich bin es leid, von einem Schwachkopf Befehle entgegenzunehmen. Lebt wohl, Kibbick.«

»Wie können Sie es wagen? Ich lasse Sie hinrichten! Lebt wohl?« Kibbick war vollkommen durcheinander. »Soll daß heißen, Sie geben auf? Gehen fort?«

»Nein, ich gehe nicht fort«, antwortete Teroenza mit derselben leisen Stimme. »Ihr geht.«

Die mächtigen Hinterläufe zuckten, der dünne, an eine Peitsche erinnernde Schweif fuhr durch die Luft, und plötzlich senkte er den Kopf und stürzte sich mit wütendem Gebrüll auf Kibbick.

Der Hutt-Lord war so verblüfft, daß er nicht einmal genug Zeit fand, sich zu ducken. Teroenzas Horn fuhr mit voller Wucht in Kibbicks Brust. Das Horn war nicht besonders scharf, doch die Wucht des Aufpralls war so gewaltig, daß es fast mit seiner ganzen Länge von einem Meter eindrang.

Der Schmerz war schrecklich! Kibbick brüllte in einer Mischung aus Entsetzen und Pein und schlug mit den kleinen Händen nach Teroenza. Er versuchte, mit seinem Schwanz auszuholen, um ihn mit einem tödlichen Hieb zu zerschmettern, doch der Raum war dazu zu eng.

Kibbick nahm verschwommen wahr, daß Teroenzas Hände hart gegen die Mauer aus Fleisch drückten, die seine breite Brust war, dann kam das mit Hutt-Blut und Gekröse besudelte Horn des Hohepriester mit einem Ruck frei. Teroenza wich absichtlich langsam zurück.

Keuchend, hustend, versuchte auch Kibbick, nach hinten auszuweichen, doch sein Hinterteil stieß gegen die Wand. Er versuchte sich umzudrehen und zu fliehen. Und wieder rammte Teroenza seine Brust. Und wieder…

…und wieder.

Kibbick vergoß nun Ströme von Blut aus zahlreichen Wunden. Keine davon war für sich alleine lebensbedrohend. Die wichtigen Organe der Hutts lagen zu tief in ihren Leibern, um so leicht durchbohrt werden zu können. Das war mit eine Ursache für die alte Legende von der Immunität der Hutts gegen Blasterfeuer. Immun waren sie keineswegs… aber ein Blasterblitz, der die meisten anderen Lebewesen auf der Stelle braten würde, mochte bei einem Hutt mitunter keinen lebenswichtigen Körperteil treffen, so daß dieser noch dazu in der Lage war, den Angreifer zu zerschmettern, bevor der einen zweiten Schuß auf ihn abgeben konnte.

Kibbick versuchte, um Hilfe zu schreien, aber alles, was herauskam, war ein ersticktes Gurgeln. Einer der Hornstöße hatte einen Atemsack angestochen. Er unternahm verzweifelte Anstrengungen, die Kom-Einheit zu erreichen, um Beistand zu rufen.

Teroenza rammte ihn noch einmal. Dieses Mal ließen die Wucht, mit welcher der T’landa Til ihn attackierte, sowie die zunehmende Schwäche Kibbicks den Hutt-Lord hilflos auf die Seite kippen. Kibbicks Blick umwölkte sich, aber er sah noch genug, um zu erkennen, was Teroenza jetzt aus einer Schublade seines Schreibtischs zog. Einen Blaster.

Der Hutt-Lord versuchte noch einmal, sich aufzurichten, um zurückzuschlagen oder Hilfe zu holen, aber er war bereits zu schwach und der Schmerz zu groß. Dunkelheit umfing ihn und nahm ihm den Blick. Kibbick wehrte sich dagegen, aber die Finsternis schlug über ihm zusammen wie schwarzes Wasser um Mitternacht…

Teroenza legte mit kalter Präzision den Blaster an und benutzte die Waffe, um die Wunden am Körper des sterbenden Kibbick zu vergrößern und damit deren wahre Natur zu verschleiern. Er schoß wieder und wieder, bis der mächtige Leib nur noch ein verbranntes Schreckensbild war und die letzten Zuckungen und Konvulsionen längst vorüber waren.

Schließlich hörte er auf. Er atmete schwer. »Idiot…«, murmelte er in seiner Muttersprache und ging, um sein Horn abzuwaschen.

Während er sich reinigte, dachte der T’landa Til darüber nach, wie er weiter vorgehen sollte, und kam zu einer Entscheidung. Ein Angriff von Terroristen, natürlich. Er würde sagen, daß Bria Tharen und ihre Truppe dies getan hatten. Niemand würde es wagen, sein Wort anzufechten. Er würde die Wachhabenden hinrichten lassen und behaupten, sie seien abgeworben worden und hätten sich an dem Anschlag beteiligt…

Erst gestern hatte er den Handel abgeschlossen, der ihm einen Turbolaser einbrachte. Er würde den angeblichen Zwischenfall als Entschuldigung benutzen, um das Geschütz im Hof seiner Residenz aufstellen zu können. Er wußte, er würde noch mehr Wachen brauchen und noch mehr Waffen. Sollte er Jiliac verständigen?

Nein! Teroenza schüttelte das mächtige Haupt. Wassertropfen sprühten von seinem Horn. Er hatte genug von den Hutts – er war fertig mit ihnen! Er, Teroenza, war jetzt der Herr von Ylesia! Und schon bald… bald… würde es jeder wissen. Nur noch ein paar Wochen, um seine Macht auszubauen. Er würde den Besadii keinen Tribut mehr entrichten und für die eingesparten Credits Waffen kaufen.

Zufrieden mit seinem Plan, ließ Teroenza, der Hohepriester von Ylesia, sein Büro und den gewaltigen toten Hutt hinter sich und sah sich nach Wächtern um, die er exekutieren konnte…