13
Ein großer Teil der Armee zog zur Parade auf, um den König zu begrüßen, Genod Gannius, das kriegführende Genie.
In meiner Eigenschaft als Adjutant des befehlshabenden Generals wartete ich respektvoll im Kreis der anderen Adjutanten und Offiziere.
Trompeten schmetterten, Flaggen flatterten, die Doppelsonne warf ihr gemischtes Licht, Sectrixes schnaubten, und die waffenstarrenden Reihen standen reglos da, die Lanzen einheitlich geneigt, Lichtreflexe auf den Helmen.
Zwei Voller trafen ein.
Der eine war der kleine zweisitzige Flieger, den ich schon über dem Großen Kanal gesehen hatte, ehe ich die große Flut auslöste.
Der andere Voller war größer und höher und hatte drei Decks und Varterstellungen und bot achtzig Mann Besatzung Platz – eine Pastang. Beim Landen wurde mir noch einmal bewußt, mit welcher Überlegenheit ein solches Fluggebilde gegen erdgebundene Kämpfer vorgehen konnte.
Die Gerüchte waren in einem Punkt allerdings klar: Dies waren die beiden einzigen Voller, die Genod besaß. Ich war stolz darauf, daß ich die Lieferung der ganzen Vollerschwadron aus Hamal verhindert hatte; meine Erleichterung wurde aber durch die Erkenntnis aufgehoben, daß die beiden Boote allein schon fürchterlich unter den Zairern wüten konnten, die ja auf so etwas nicht gefaßt waren.
Der Empfang verlief leider glatt, und im Klang der Marschmusik, umrahmt von marschierenden Swods, suchte der König das Lager auf.
Er begrüßte Gafard und seinen Stab freundschaftlich, es gab zahlreiche Verbeugungen und Salute, Trompeten erklangen im Schatten grüner Flaggen, die sich vor dem Himmel bewegten. Ein leichter Wind war aufgekommen und verlieh der ganzen Szene etwas Frisches – eine Art symbolischer erster Windstoß vor dem Sturm der Vernichtung, welcher die Grünen zum Sieg über die Roten führen würde.
Der König und Gafard und zahlreiche Offiziere und andere Gefolgsleute verschwanden in dem großen Zelt, das für den König errichtet worden war. Viel Geld wurde hier ausgegeben – doch bei diesem genialen Herrscher, diesem Supermenschen mit Yrium, wurde so etwas nicht nur erwartet, es gehörte einfach zu seinem Lebensstil.
Eine dichte Pachakwache umringte die beiden Flugboote, und die neugierigen Swods wurden auf Abstand gehalten. Ich stand in der Menge und hatte mir nach Art vieler Soldaten ein Stück weiße Seide um den unteren Teil des Gesichts gelegt; auf diese Weise war ich vor dem Sand geschützt, den der Wind aufwirbelte.
Bei den Vollern schien es sich um erstklassige Exemplare zu handeln. Hamal hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, ausländischen Kunden minderwertige Flugboote zu verkaufen. Dies hatte zu einem Krieg geführt, der im Augenblick zwar ruhte, der aber noch lange nicht ausgestanden war. Die Hamaler hatten diese beiden Flugboote als Muster zur Verfügung gestellt, und die Größe der Bestellung hing allein davon ab, wie sich die Boote im Einsatz bewährten; andererseits gab es wohl keine Nation ohne eigenen Vollerbau, die sich nicht auch mit geringwertigen Vollern aus Hamal zufriedengegeben hätte.
In Begleitung Duhrras entfernte ich mich von den Flugbooten. Ich hatte von der Unterbringung der Flugboote genug gesehen. Es gefiel mir allerdings nicht, daß sie von Pachaks bewacht wurden. Das machte mein Vorhaben komplizierter.
In knapp einer Bur war ich wieder im Dienst, doch kurz bevor Duhrra und ich Kettenhemd und grüne Uniform anlegen mußten, trat ein weiteres Ereignis ein. Zwei Ruderer landeten, in ihrer Mitte ein eroberter zairischer Ruderer.
Wir eilten zum Strand hinab, um zuzuschauen und zu jubeln und die zairischen Gefangenen mit unflätigen Ausdrücken zu beschimpfen.
Die beiden Ruderer kamen aus Gansk, einer mächtigen Festungsstadt der Grodnim, an der Nordküste direkt gegenüber Zy gelegen. Der Zairer stammte aus Zandikar, einer Festungsstadt nordwestlich von Zamu.
»Zandikar!« sagte Duhrra und spuckte aus. »Ich bin selbst dort gewesen. Ich habe Kämpfe gewonnen und zwei Zo-Stücke eingesteckt. Die haben sich bestimmt gut gewehrt.«
Der Anblick der angeketteten Gefangenen betrübte mich. Zandikar, die Stadt der Zehn Dikars, war zwar bei weitem nicht so mächtig oder reich wie ihr Nachbar Zamu, doch ihre kleine Flotte galt als sehr schlagkräftig.
Der Kampf mußte in der Tat sehr blutig gewesen sein, denn es wurde weit weniger als eine ganze Rudermannschaft an Bord gebracht. Die Rudersklaven wurden sofort auseinander sortiert – die Grünen durften sich in Freiheit erholen, die anderen mußten gleich auf Grodnim-Ruderer überwechseln.
Nach diesem Zwischenspiel mußten Duhrra und ich uns schleunigst zum Dienst melden. An diesem Nachmittag gab es mehr Befehle und Nachrichten als in den ganzen letzten drei Tagen. Der König hatte frischen Wind ins Lager getragen, obwohl ich nicht den Eindruck gehabt hatte, daß Gafard etwa die Zügel schleifen ließ. Kundschaftertrupps hatten sich bereits im Osten und Westen umgesehen, einige kleine Abteilungen waren nach Süden vorgestoßen, um herauszufinden, ob die Zairer bereits in die Dörfer von Inzidia zurückkehrten, die beim ersten Angriff der Grodnim evakuiert worden waren. Die nach Osten ziehenden Kundschafter, das wußte ich, würden ein gutes Stück vor Pynzalu halten müssen, denn dort war das Lager, in dem ich Duhrra kennengelernt und wo er seine Hand verloren hatte.
Aus den Nachrichten, die ich überbrachte, ging klar hervor, daß der König mit Gafard einer Meinung war. Danach sollte Pynzalu in schnellem Vorstoß erobert werden, als Konsolidierung der Ausgangsposition, dann wollte Grodno mit einem chavontähnlichen Sprung nach Westen vorstoßen. Das war im Grunde auch meine Ansicht ...
Als die Sonne im Westen im Meer versank, rief mich Gafard in sein Kommandozelt. Ich salutierte und stellte fest, daß er erregt wirkte. Er schritt im Sprechen unruhig auf dem kostbaren Teppich hin und her. Irgend etwas schien ihn sehr zu freuen.
Das eindrucksvolle Zelt seiner Frau war lange vor der Ankunft des Königs abgebaut worden und samt der Dame und einer starken Pachakabteilung verschwunden. Der Crebent des Königs war später erbost im Lager herumgelaufen; auf diesen Grodnim zumindest hätten wir jetzt verzichten können.
»Eine großartige Nachricht, Gadak!« begrüßte mich Gafard. »Es geht los. Der König ist damit einverstanden – aber solche Dinge sind nichts für einen Adjutanten. Der König hat mir eine Information übermittelt, die ihn sehr interessiert, und mich noch viel mehr!« Er war in redseliger Laune, so hatte ich ihn noch nicht erlebt.
»Ja, Gernu?«
»Du hast mich einmal gefragt, ob es feststehe, daß der große Krozair Pur Dray wirklich tot sei. Ich antwortete dir, es gebe daran keinen Zweifel. Also, Gadak ...« Er blieb stehen und wandte sich triumphierend zu mir um. »Eine große Nachricht, wahrlich! Die Spione des Königs haben es festgestellt, es gibt keinen Zweifel mehr. Pur Dray ist an das Binnenmeer zurückgekehrt – woher, das weiß niemand. Er lebt!«
»Damit vertraust du mir ein großes Geheimnis an ...«, begann ich, doch er brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Das ist keine vertrauliche Nachricht. Es wird sich bald herumsprechen. Je wichtiger die Neuigkeit, um so schneller ist sie herum. Aber, das ist noch nicht alles, Gadak ... Pur Dray ist von den Krozairs von Zy verstoßen worden! Er ist ein Apushniad!« Gafard schüttelte verwundert den Kopf. »Ich begreife so eine Handlungsweise nicht – es ist die Tat von Dummköpfen, idiotischen Onkern; aber die Tatsache steht fest.«
»Wenn er ein Apushniad ist«, begann ich langsam, »dann könnte er vielleicht ...«
»Aye, das meine ich ja! Zwischen uns steht etwas. Ich muß ihn kennenlernen. Daß er noch lebt, erfüllt mich mit großer Freude!«
Wie groß war doch sein Wunsch, den Ruf des Krozairs von Zy zu überbieten, eines Mannes, der bis jetzt tot gewesen war und der sich plötzlich als lebendig entpuppte!
»Du möchtest ihm im Zweikampf gegenüberstehen?« fragte ich. »Du möchtest ihn töten, um als ein größerer Ghittawrer dazustehen, als der Krozair gewesen ist?«
Er musterte mich, als sei ich ein sinnlos plapperndes Kleinkind. Er öffnete den Mund, doch in diesem Augenblick wurde der Zelteingang aufgerissen, und sein Stellvertreter Grogor trat ein. »Gernu! Der König! Er ruft nach dir – sofort, Gernu!«
Gafard schloß den Mund. Er ergriff seinen grünen Umhang und warf ihn sich über die Schulter. Sein Langschwert prallte klirrend gegen den Tisch. »Versieh deinen Dienst, Gadak. Diene mir gut, dann sollst du deinen Lohn bekommen.«
»Wie du befiehlst, so gehorche ich, Gernu!« erwiderte ich.
Die letzte Minute hatte mir einiges über die Situation zwischen König Genod und seinem Kämpfer Gafard enthüllt. Obwohl ich von Gehirn und Hand, von Genie und Vollstrecker gesprochen habe, war es doch noch immer Gafard, der zu parieren hatte, wenn der König auch nur den geringsten Befehl äußerte.
Dann stutzte ich: parierte ich nicht meinerseits, wenn Gafard einen Befehl gab? Die Antwort auf diese Frage ließ sich noch in dieser Nacht finden.
Als die Sonne untergegangen war und die Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln den Himmel zu erklimmen begann, fing ich Duhrra ab, der mit dem Gedanken an neuen Dopa zur Infanterie aufbrechen wollte, und erzählte ihm von meinem Vorhaben.
Auf seinem dummen breiten Gesicht erschien ein gedehntes Grinsen. »Das wird auch Zeit, Herr! Ja – da mache ich mit, bei Zantristar der Gnädigen!«
»Wir nehmen beide Flugboote, dann ist es leichter. Das kleine steht dabei auf dem Deck des großen.«
Wir suchten Rüstung und Waffen zusammen, wie wir sie normalerweise für den Dienst brauchten, ließen im Zelt Schlafseide und Ersatzkleidung herumliegen, als wären wir nur vorübergehend fort. Ich wollte mir einen Ausweg lassen, falls der verdammte Voller doch noch Mucken zeigte.
Die Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln war Kregens größter Mond und spendete mehr Licht, als wir eigentlich brauchten. Aber warten durfte ich nicht. Morgen schon konnte der König abfliegen. Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. Unbedachtheit und Tollkühnheit – das sind die Kennzeichen meiner eigenen Dummheit, ich gebe es zu.
Wir marschierten in aller Ruhe durch die Mondschatten zur Klippe hoch über dem Strand. In einem der abgetrennten Strandabschnitte waren die zairischen Gefangenen untergebracht.
Sie waren sicher an Pflöcken angekettet, die tief in den Sand geschlagen worden waren. Darin lag eine Chance: der Sand war lockerer als normale Erde. Ich hatte mir aus den Vorräten der Techniker vorsichtshalber ein Stück Eisen mitgebracht. Doch wir hatten Glück. Einer der Rapawächter, den Duhrra mit einem Schlag auf den Kopf ausschaltete, trug Schlüssel an einem großen Bronzering. Die Gefangenen zur Ruhe mahnend, ließen wir sie nacheinander frei. Sie umringten mich in den rosagoldenen Schatten und konnten es kaum fassen, daß sie frei waren.
»Ihr kommt aus Zandikar. Ich grüße euch. Jetzt vollbringen wir ein Jikai für Zair, und zwar in absoluter Stille.«
»Ich bin Ornol ti Zab, Ley-Hikdar, Dritter Offizier der Wersting Zinna.« Der Mann war untersetzt und wirkte abgebrüht, ein echter Seemann. »Wir folgen dir auf der Flucht. Aber – du und der Riese mit einer Hand tragt das Grün.«
»Aye, Hikdar, das stimmt«, sagte ich, »doch wenn es hier etwas Rotes gäbe, würden wir es gern anlegen! Bei Zair, ja!«
Es lagen Tote in den Dünen. Roter Stoff war vorhanden. Ich wand mir einen roten Streifen um die Hüfte, über das Grün, drapierte ein Ende über die grüne Tunika. Für mehr reichte die Zeit nicht. Lautlos schlichen wir durch den Sand. Der Hikdar ließ halten, als ich ihm die Hand auf die Schulter legte.
»Nicht dort entlang, Hikdar!«
»Aber dort liegt unser Ruderer, die Wersting Zinna«, gab er flüsternd zurück.
»Heute abend geht es um ein größeres Jikai. Hast du nicht die Flugboote landen sehen?«
Ihm stockte der Atem. »Aye – aye, das wäre ein großes Jikai in der Tat!«
Und so setzten wir unseren Weg in anderer Richtung fort.
Die Nachtwache an den beiden Vollern war gewechselt worden; jetzt waren Fristles im Dienst. Meine Meeres-Leems aus Zair kümmerten sich um die Fristles; die katzengesichtigen Diffs waren schnell ausgeschaltet, das Rot ergoß sich über das Grün.
Der Mond schimmerte auf den kunstvollen Verzierungen an der Reling des Heckganges. Der Schiffsrumpf wölbte sich machtvoll. Ja, dies war ein vorzügliches Flugboot, eine enorme Kampfmaschine der Lüfte. Wir schwärmten wie die Ameisen darüber hin, erstiegen die Decks und überraschten die Rest der Wache im Schlaf.
Bei diesem Kampf bewiesen die Männer aus Zandikar, was in ihnen steckte. Während der Auseinandersetzung mit den beiden Ruderern aus Gansk waren in ihren Reihen der Kapitän und der Schiffs-Hikdar ums Leben gekommen. Viele andere Kameraden waren mit den beiden aufgestiegen, um im Glanze Zims zur Rechten Zairs zu sitzen. Jetzt schickten sie mitleidlos etliche Grodnim zu den Eisgletschern Sicces.
Ein Geräusch hallte durch die Nacht. Das war bedauerlich, ließ sich aber anscheinend nicht vermeiden. Ich hastete zum Kontrolldeck und rief Duhrra zu, er solle sich überzeugen, daß alle an Bord seien. Die Kontrollen waren mir bekannt. Ich bewegte die Hebel, und wir stiegen in einer glatten, schnellen Bewegung empor. Der kleinere Voller war nicht an seinem Landeplatz; anscheinend hatte König Genod weitere Nachrichten ausgeschickt. Mir lief ein Schauder über den Rücken.
Wenn er nun den Voller selbst genommen hatte! Aber nein – nein, Zair würde mir keinen solchen Streich spielen! Ich folgte meinem ursprünglichen Plan und landete den Voller an der ersten Stelle, die mir aus der Luft geeignet erschien. Ich kannte die Gegend von meiner Arbeit als Bote und hatte mir einige kleine tiefe Schluchten ausgesucht, in denen der Voller vor fremden Blicken verborgen war. Im Fluge suchte ich mir noch schnell die beste Stelle aus und war überzeugt, daß das Schiff selbst von Bord des zweisitzigen Flugbootes aus nicht mehr gesehen werden konnte.
Hikdar Ornol ti Zab ließ von seinen Männern Äste und Gras herbeiholen und zur weiteren Tarnung über das Deck verteilen. Ihm gefiel mein Plan, sogar so sehr, daß er mich begleiten wollte. Doch ich wies ihn wie auch Duhrra zurück.
Die beiden maulten, obwohl sie natürlich wußten, daß ich allein mehr ausrichten konnte. Der Voller mußte geholt werden. Aber jetzt kam das Problem.
Ich wollte mich schon auf den Weg machen, als Hikdar Ornol zu mir sagte: »In meiner Gruppe gibt es einen, der behauptet, er habe schon mal ein Flugboot gesehen. Er sagt sogar, er kann so ein Ding fliegen.«
Da ich es eilig hatte, widmete ich dieser Information, die eigentlich erstaunlich war, nicht die nötige Aufmerksamkeit. Der Hikdar fuhr fort: »Wenn du zwei Stunden vor Morgendämmerung nicht zurück bist, werden wir ...«
Ich wußte, was er sagen wollte, und unterbrach ihn.
»Ihr laßt euch von dem jungen Burschen wegfliegen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.«
»Aye«, sagte er mürrisch; eigentlich hatte er seine Männer in den Kampf führen wollen, um mich herauszuhauen. »Da hast du recht. Aber das täten wir nur sehr ungern.«
»Ich sage nicht Remberee.«
»Hai Jikai«, sagte er zu mir, und ich marschierte zum Lager zurück – zu König Genod und Gafard, dem Kämpfer des Königs, dem Meeres-Zhantil.
Natürlich herrschte hier helle Aufregung wegen des gestohlenen Vollers. Wachoffiziere liefen brüllend durcheinander, Fackeln warfen zuckendes Licht. Um so besser. Ich hätte beinahe vergessen, das rote Tuch abzureißen, ich stopfte es hastig unter meine grüne Tunika.
»Das waren die Cramphs aus Zair!« brüllte jemand.
In der Verwirrung müßte es mir ein leichtes sein, Genod und Gafard gefangenzunehmen. Ich stimmte in das Brüllen der anderen ein und ging durch die Menge langsam zum Zelt des Königs.
Doch der Mensch denkt, und Zair lenkt! Oder Opaz oder Djan. Was für ein Onker ich doch war! Ich konnte nur an den Jikai denken, an den Augenblick, da ich dem Ersten Abt der Krozairs nicht nur ein Flugboot aus Magdag mitbrachte, sondern auch Gafard, den bekanntesten Ghittawrer am Auge der Welt, und dazu dessen König, König Genod, das Genie aus dem bösen Magdag!
Das Zelt des Königs war hell erleuchtet. Ordonnanzen und Sectrixreiter warteten nervös davor. Ich marschierte zum Zelt, als würde ich erwartet.
Ich dachte – nun, das hieße jetzt zuviel sagen. Es mag genügen, daß ich ehrlich der Meinung war, ich könnte das mir gesteckte Ziel erreichen. Vielleicht wäre es ja wirklich möglich gewesen, hatte ich so etwas doch schon mehrmals geschafft.
Aber vielleicht hatten die Herren der Sterne wieder einmal ihre Hände im Spiel! Ich wußte es nicht. Ich weiß nur, daß eine Reihe unmöglicher erscheinender Ereignisse eintrat, nachdem ich mich an den ersten Wachen vorbeigeblufft und das Vorzelt betreten hatte.
Hier standen mehr Männer, als sich durch den Verlust des Vollers allein erklären ließ, Männer, die eigentlich auf der Suche nach dem Flugboot des Königs hätten sein sollen.
Ich hörte einen Mann rufen: »Ich sage dir, es ist die Wahrheit! Ich habe ihn gesehen. Ich habe gesehen, wie er die Flanke des Flugboots erklomm! Der Mond schien ihm ins Gesicht. Er trug das Rot. Dieses Teufelsgesicht würde ich überall wiedererkennen, hat er mir nicht vor vielen, vielen Jahren diese Narbe verpaßt?«
Ich erstarrte in der Menge, unfähig, weiter vorzudringen.
»Es war der berüchtigte Krozair! Pur Dray! Der Lord von Strombor! Er ist von den Toten zurückgekehrt!«
Andere Männer fragten lautstark, wie Golitas davon so überzeugt sein könne, und Golitas gab unwirsch zurück, er kenne doch, bei Goyt, den bekanntesten Krozair am Auge der Welt, wenn er ihn sähe!
Diese Entwicklung erschwerte meine Lage. Golitas mußte zusammen mit dem König eingetroffen sein, denn er hatte nicht zur Lagerbesatzung gehört. Es war jetzt ratsam, mir das weiße Tuch vor das Gesicht zu binden, doch meine tastenden Finger fanden nichts. Natürlich – ich hatte das verdammte Ding irgendwo verloren.
Das war schlimm genug. Doch im nächsten Augenblick – und ich schwöre, ich war so wütend, daß ich beinahe etwas getan hätte, was ich die mir zugedachten tausend Jahre lang bedauert hätte – im nächsten Moment hörte ich zwei Stimmen. Ich traute meinen Ohren nicht, ich glaubte nicht richtig zu hören, denn sie gehörten in ein andere Leben und an einen anderen Ort, den Problemen des Binnenmeeres um viele Dwaburs entrückt.
Die erste Stimme erhob sich zum Gebell eines Numim: »Was für ein Haufen Onker, bei Krun! Die Kerle können nicht mal einen Voller bewachen, den die Herrscherin Thyllis in freundschaftlicher Verbundenheit ausgeliehen hat!«
Und die andere Stimme erhob sich zu einem vertrauten Singsang: »Ein hübsches Leemsnest, Rees! Wir können doch nicht die ganze Strecke nach Hause zu Fuß zurücklegen, oder, mein Freund?«