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Wir ritten nach Magdag hinein, Duhrra der Tage und ich. Magdag, die Stadt der Megalithen, die Hauptstadt der Grodnim, jener ergebenen Anhänger Grodno des Grünen, widerte uns an, uns, die wir Gefolgsleute des wahren Glaubens von Zair waren.
»Eine üble Kloake«, sagte Duhrra verächtlich. »Sie sollte zerschmettert werden wie meine Hand und ausgebrannt wie mein Armstumpf.«
»Da stimme ich dir bei, Duhrra. Du weißt, daß ich hier an Bord eines Schiffes nach Vallia gehen will. Du bist herzlich eingeladen, mich zu begleiten. Willst du aber zuvor noch Magdag zerschmettern und niederbrennen, laß mich erst an Bord gehen und abreisen!«
Er starrte mich mit schwitzendem Mondgesicht an, den törichten Mund aufklaffend. »Ah – du bist ein harter Mann, Dak.«
»Aye – aber jetzt mach deine Klappe wieder zu. Da kommen magdagsche Teufel.«
Wir saßen lässig in unseren Sätteln, schlossen die Augen und senkten den Kopf, als wir an einer Abteilung magdagscher Sectrixreiter vorbeikamen, die in Richtung Westen ritt. Ich gönnte den Männern keinen Blick. Vor uns lag die Festungsstadt Magdag, ein Ort großer Macht, ein Ort des Bösen. Mein einziger Wunsch war, schleunigst an Bord einer Galleone aus Vallia zu gehen und mich von ihrem Kapitän nach Valka bringen zu lassen – nach Hause, wo Delia und die Zwillinge auf mich warteten.
Die staubige Straße führte geradewegs zum Westtor, einem eindrucksvollen und wehrhaften Bauwerk mit zahlreichen Schießscharten, Zinnen und Fallgattern. Die Straße selbst war sehr belebt, denn als große und blühende Stadt forderte Magdag die Geschäftigkeit vieler Menschen. Hier an der Nordküste des Binnenmeeres, wo die Grünen herrschten, wurde die Arbeit überwiegend von Sklaven geleistet.
Die Schatten des Tors umgaben uns, der Gestank wurde noch schlimmer. Ich wollte mit niemandem sprechen, sondern mich direkt zum Hafen begeben – dem nächsten der zahlreichen magdagschen Häfen – und mich nach dem erstbesten Schiff nach Vallia erkundigen; ja, das war mein Plan. Die Zwillingssonne von Scorpio ließ ihr vermischtes Licht auf die Mauern und Zinnen der Stadt fallen und verlieh dem bösen Ort eine düstere Pracht. Doch selbst das Licht und die Farben zweier Sonnen vermochten das Böse nicht zu verbergen. Davon war ich damals überzeugt und bin es, bei Zair, noch heute!
Die dummen Sectrixes mit ihren sechs Beinen und den flachen, sturen Köpfen ahnten das Ende ihrer Mühen und fielen in einen behäbigen Trott. Vielleicht waren sie gar nicht so dumm. So erreichten wir unter den harten Blicken der magdagschen Soldaten, zumeist Söldner, das eigentliche Stadtgebiet und bogen sofort nach rechts zum Hafen ab. Das ewige Lärmen und Treiben einer großen Stadt umgab uns, und ihr Gestank.
»Denk daran, Duhrra, hier trägst du die grüne Farbe. Denke wie ein Grodnim. Sieh aus wie ein Grodnim. Verhalte dich wie ein Grodnim!«
»Aye, Dak, mein Herr.« Duhrra schwenkte den rechten Armstumpf und stopfte seine Kleidung fester, unter der er den Haken versteckt hatte.
Unser Ziel war eine bestimmte Seemannstaverne, in der wir die gewünschten Informationen erhalten konnten. Die Schatten wurden länger.
Einige Tagesritte zurück lagen im Westen die Leichen von etwa sechs Teufeln aus Magdag. Die Gold- und Silberruder, die zuvor in ihren Börsen geklimpert hatten, ließen ihre Musik nun in unseren Beuteln erklingen. Geld schert sich nicht um seine Besitzer. Ich nahm eine Handvoll Kupfer-Obs zur Hand und warf sie Bettlern am Wegrand zu, die mir überschwenglich dankten.
Im Heiligen Sanurkazz, der Hauptstadt der Zairer an der Südküste des Binnenmeeres, war der Anblick verstümmelter und blinder Männer, die ihren Lebensunterhalt erbetteln mußten, praktisch unbekannt. Dafür sorgten schon die verschiedenen Orden Zairs. Es war eine ihrer wesentlichen Aufgaben – neben der Hauptfunktion, ihrer heiligen Pflicht, alle Grünen Elemente zu vernichten, alle Anhänger Grodnos am Auge der Welt. Der Gedanke daran bereitete mir Schmerzen. Eine lange Zeit war ich Krozair von Zy gewesen, Mitglied des hochangesehenen Krozairordens. Ich war in Schande aus dieser erlauchten Gruppe hinausgeworfen worden. Man hatte mich zum Apushniad erklärt und mein Langschwert zerbrochen. Von all den Titeln, die ich auf Kregen trug, hatte mir die Mitgliedschaft im Orden von Zy am meisten bedeutet. Jetzt mußte ich alle Gedanken an die Krzy von mir weisen. Ich befand mich auf dem Weg nach Hause, nach Vallia.
Aber auch in Djanduin hatte ich meine Wurzeln, in Strombor, Valka, ja, und in Felteraz, hier am Auge der Welt, wo ich Mayfwy, die Witwe meines Ruderkameraden Zorg, grausam behandelt hatte.
Plötzlich zog ich instinktiv die Zügel an. Die nervöse Sectrix ging langsamer. Duhrra zügelte sein Tier neben mir.
»Ich bin hier, um ein Schiff zu finden und weiterzufahren. An einem Kampf liegt mir nicht«, sagte ich leise. Meine rechte Hand bewegte sich vor dem Körper vorbei und legte sich um den Griff des Langschwerts an meiner Hüfte. »Aber wenn ein Cramph mir Ärger macht, soll er seinen Spaß haben!«
Duhrra atmete zischend aus. Sein breites Gesicht schimmerte im unsicheren Licht einer fernen Fackel. »Wußte ich's doch, daß es im üblen Magdag nur Scherereien geben würde. Bei Zair! Ich werde mich glücklich schätzen ...«
»Du nimmst die Rasts auf der linken Seite, Duhrra!«
»Aye, Herr.«
Duhrra vermochte sein Langschwert mit der Linken zu führen.
Wir legten einige Meter zurück; ein hohes spitzes Tor erhob sich über uns, es stützte eine Querstraße oder ein Haus. Die Schatten verschluckten die Umrisse der wartenden Männer. Ich nahm nicht an, daß es sich um Stikitches – berufsmäßige Mörder – handelte, vermutlich waren es Verzweifelte, die um des Geldes willen töten wollten. Solche Männer finden sich überall, wo es große Menschenansammlungen gibt.
Ich wußte, daß die Männer mich sehen konnten, verzichtete aber darauf, mein Schwert zu ziehen.
Die Überraschung ist eine nützliche Waffe. Das gleiche gilt für ein Langschwert – selbst das Schwert, das ich bei mir hatte, die Klinge jenes Grodnim-Jiktar, der auf dem Damm der Tage verhindern wollte, daß ich die Schwimmkästen öffnete und auf diese Weise einen Konvoi feindlicher Schiffe vernichtete. Ich umfaßte den Griff, der beinahe wie der eines echten Krozair-Langschwerts geformt war. Auf der Klinge war ein Lairgodont eingraviert, ein äußerst wilder fleischfressender Risslaca, darüber eine Sonne mit vielen Strahlen. Es war das Zeichen einer Grünen Bruderschaft die sich dem Dienst an Grodno verschrieben hatte. Das Schwert hatte mir während des Rittes vom Damm der Tage schon gute Dienste geleistet. Jetzt mochte es mir wieder beistehen.
Die Schatten gerieten in Bewegung. Die Räuber begingen den Fehler zu brüllen. Sicher wollten sie uns damit erschrecken. Sie griffen an und brüllten »Gashil! Gashil! Nach Sicce mit euch!«
Duhrra stieß einen einfallsreichen Fluch aus, sein Schwert zuckte auf und ab. Meine Klinge bohrte sich in den Hals des ersten Angreifers. Taumelnd wich er zurück, schwarzes Blut spritzte, er versuchte vergeblich zu schreien. Noch zweimal schlug ich zu, den Angriff zweier Gossen-Leems abwehrend. Der erste Bandit zuckte geblendet zusammen. Der andere, ein Rapa, vermochte meinen Hieb abzuwehren, so daß meine Klinge lediglich den Kamm über seinem grauen Geiergesicht traf. Er hörte auf, Gashil anzurufen, den legendären Schutzherrn der Räuber und Wegelagerer, und wechselte zu einer Kette von Rapaflüchen über. Dann griff er wieder an. Ich beugte mich vor, hob das Schwert und spaltete ihm den Schädel. Rapas sind gefährliche Gegner und haben sich den Titel Krieger wahrhaft verdient. Trotzdem ist es für einen Apim wie mich nicht einfach, sich an das Aussehen und den Geruch eines solchen Vogelwesens zu gewöhnen.
Duhrras Sectrix wich zurück und stieß gegen mein Tier. Ich blickte hastig zur Seite. Das Schwert des Einhändigen wirbelte in der Luft; in der Klinge spiegelte sich funkelnd das rosagoldene Mondlicht. Hinter Duhrras Sectrix setzte die schlanke geschmeidige Gestalt eines Numim zum Todesstoß an.
»Vorsicht!« brüllte ich und versuchte, mein Tier anzutreiben und in den Kampf einzugreifen. Aber es sah so aus, als würde ich zu spät kommen.
Der Numim, dessen goldenes Löwengesicht eine einzige Fratze wilden Vergnügens war, sprang mit erhobenem Langschwert auf Duhrra los. Mein Begleiter schien verloren. Ich drehte meine Klinge um, wollte sie werfen und ...
Eine Stahlklinge blitzte im Mondlicht auf. Sie zuckte geradewegs auf den Numim zu. Der Sprung des Löwenmenschen endete mit einem gurgelnden Schrei. Das Wesen sackte zu Boden. Es versuchte, sich aufzurichten und zu fliehen, dann brach es zusammen und blieb stöhnend und fluchend liegen.
Duhrra wandte sein breites Gesicht in meine Richtung. Mehr denn je sah er wie ein Idiot aus.
»Rasts!« sagte er und hob den rechten Arm.
Wo er normalerweise seinen Haken trug, ein Instrument, das ihm die Ärzte des Akhram am Großen Kanal angepaßt hatten, schimmerte schwarzgolden eine Stahlklinge. Warum er seinen Armstumpf unter Tüchern versteckte, war mir klar; es sollte nicht bekannt werden, daß ein einhändiger Mann in der Stadt war. Doch in diesem Augenblick ging mir auf, daß er damit mehr als einen Haken versteckte.
Er schwenkte die Klinge vor meiner Nase hin und her; in Leder gebettet, eine Holzhalterung über dem Stumpf, und das dümmliche Gesicht zeigte Freude wie über ein neues Spielzeug.
»Damit haben sie nicht gerechnet, Dak. Und gefallen hat es ihnen auch nicht.«
Er hob ein Bein über den Sattel und sprang zu Boden. Ich starrte nervös in die Schatten ringsum, in die Winkel des spitzen Durchgangs, in dem der Überfall stattgefunden hatte. Weiter hinten war es vergleichsweise hell, da inzwischen die Frau der Schleier am Himmel stand. Man mochte uns beobachten; aber dagegen konnte ich nichts tun.
Der verwundete Numim lag keuchend am Boden. Er hatte sich auf den Rücken gerollt und starrte zornig zu uns empor. Blut befleckte seine goldene Mähne.
»Du Rast«, sagte Duhrra der Tage, »erhältst nun deinen verdienten Lohn. Du darfst dich mit Gashil herumtreiben, du darfst im Glanz von Genodras zur Rechten Grodnos sitzen. Aber gerade das ist dein Verderben, Cramph, denn Grodno ist der Teufel.«
Und Duhrra stach zu. Dann richtete er sich auf und sah mich an. »Er hatte meinen Haken gesehen. Oder die Klinge. Er hätte darüber geredet. Und das wäre mir nicht recht gewesen, Dak, mein Herr.«
»Nein«, sagte ich. Mehr brachte ich nicht heraus.
Methodisch reinigte Duhrra die Klinge und den Haken, die am Stumpfschutz befestigt waren, während wir zügig weiterritten, denn wir hatten wenig Lust, in einer Straße voller Leichen angetroffen zu werden. Magdag verfügte über eine Söldnerstreitmacht, die auch gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt wurde. Diese Streitmacht stellte eine Nachtwache, die sich einen Spaß daraus machte, Diebe und Nichtstuer zu fangen, gab es doch für jeden neuen Sklaven eine saftige Prämie zu kassieren.
Nachdem Duhrra seinen Armstumpf wieder in der Kleidung verborgen hatte, bemerkte er: »Du scheinst dieses Teufelsnest recht gut zu kennen, Herr.«
»Aye, ich habe hier eine Zeitlang gelebt – in guter und in schlechter Zeit. Und muß ich dir ewig sagen, daß du mich nicht Herr nennen sollst?«
»Nein, Herr.«
»Was ist denn das?«
Aus einer Schänke kam eine Gruppe von Leuten, Männer und Frauen verschiedener Rassen, ausnahmslos in schmutzige grüne Kleidung gehüllt; Sklaven mit Fackeln gingen voraus. Wie eine Flut strömten sie an unseren Sectrixes vorbei. Ich drehte mich in dem breiten Holzsattel um und starrte hinter ihnen her. Die Flammen der Fackeln ließen rote und orangerote Spiegelungen aufzucken. Die Schatten wurden dunkler, stumm und mit leise scharrenden Sandalen zogen die Menschen an uns vorbei.
»Sind das Gespenster?« Duhrras Gesicht zeigte kein Entsetzen, doch ich sah, daß sich der Stoff über seinem Armstumpf bewegte.
»Nein, du Fambly! Das sind Arbeiter, die ihren Abendtrunk beendet haben und jetzt in ihre primitiven Wohnungen zurückkehren. Sie gehen in Gruppen mit einer Fackel voran, weil ...«
»Na, eine kleine Gruppe wird sie heute Nacht nicht stören, bei Za...«
»Onker!« brüllte ich.
Mehr brauchte ich nicht zu sagen. Aber Duhrra verstand sich ebenfalls auf dieses Spielchen.
»Bei Grodno dem Grünen!« sagte er laut. »Du hast mich Onker genannt, Herr.«
Ich starrte ihn aufgebracht an, ohne über meinen Fehler zu lächeln. Ich schüttelte meine Zügel, und wir ritten an der Schänke vorbei, deren Schild zerbrochen war – sicher hatten sich hier Kinder ausgetobt. Kurze Zeit später bogen wir in die Gasse der Gewichte ein, die uns zum Ausländerhafen führen würde. Die Gasse war nicht erleuchtet, doch vom Wasser klangen Gesang und Musik herüber, vermengt mit lautem Lachen und wildem Geschrei. Ich nahm nicht an, daß wir in unmittelbarer Nähe der zahlreichen Hafentavernen noch einmal überfallen werden würden; trotzdem hatten wir für alle Fälle die Klingen blankgezogen. Außerdem war am Hafen nicht soviel los, wie ich angenommen hatte – vielleicht war es dazu noch zu früh.
Die Frau der Schleier stand hoch über den Dächern, und als wir die Gasse der Gewichte verließen und vor uns das dunkle Wasser sahen, erstreckte sich darüber ein gezackter Streifen rosagoldenen Lichts, als wolle uns das Meer willkommen heißen. In den Tavernen und Bierhäusern brannte Licht; Seeleute sind berüchtigt wegen ihres Durstes. Trotzdem fand ich den Hafen nicht sonderlich belebt. Die Taverne, auf die ich zusteuerte, war dafür bekannt, daß sie von den vallianischen Seeleuten bevorzugt wurde, die den anstrengenden weiten Weg über die Äußeren Ozeane hinter sich hatten. Sie hieß Das Netz und der Dreizack. Ich wußte nur wenig darüber, da ich bei meinen früheren Besuchen in Magdag in den Sklavengehegen und später im Smaragdpalast gewohnt hatte.
Damals hatte ich mich mit dem Auge eines Krozairs von Zy in Magdag umgesehen, hatte mir die Schwächen der Verteidigung gemerkt für den Tag, da der Ruf erging und die Zairer gegen die verhaßten Grodno-Anhänger kämpften.
Nun, dieser Ruf war ertönt, der Azhurad, und ich war ihm nicht gefolgt und war daraufhin ausgestoßen worden, ich war kein Krzy mehr. Im entscheidenden Moment hatte ich mich auf der Erde aufgehalten, einundzwanzig qualvolle Jahre lang; doch wie sollte ich das einem Kreger erklären?
Einige Betrunkene taumelten an uns vorbei. Ich trieb meine Sectrix an, um das Tier daran zu erinnern, daß die Arbeit noch nicht getan war. Die dritte Sectrix mit unseren Vorräten folgte an einer Leine.
Im Hafen lagen verdammt wenige Schiffe. Ich sah einen Argenter, ein breites dickbauchiges Schiff, vermutlich aus Menaham; Flaggen waren nicht sichtbar. Dahinter lagen drei breite Schiffe des Binnenmeeres, die neben dem Argenter winzig wirkten. Beide Schiffstypen so dicht nebeneinander zu sehen, vermittelte mir einen Eindruck von der Größe der Schiffe der Äußeren Ozeane. Die kleinen Handelsschiffe des Auges der Welt hatten keine Chance gegen die tobenden Elemente außerhalb des Binnenmeeres.
Eine Galleone aus Vallia lag nicht im Hafen.
Ich sah mich aufmerksam um, während wir unsere Tiere vor dem Netz und Dreizack anbanden. Nein. Nein, ich hatte mich nicht getäuscht. Es war kein einziges vallianisches Schiff zu sehen.
Nun, das ärgerte mich. Es bedeutete, daß ich warten mußte, bis ein Schiff aus den Äußeren Ozeanen kam, bis es den Großen Kanal durchfahren und Magdag erreicht hatte. Ich mußte eben warten. Etwas anderes blieb mir gar nicht übrig.
Wir banden die Tiere an, betraten die Taverne und blieben einen Augenblick lang auf der Stelle stehen, um uns an Hitze, Licht und Lärm zu gewöhnen.
Der Schankraum war nicht sonderlich voll, und die Gäste waren vorwiegend Seeleute des Binnenmeeres, da und dort saß auch ein Söldner, und ein Tisch unter dem vorspringenden Obergeschoß war von Männern besetzt, die kleine Kaufleute sein mochten.
Serviermädchen bewegten sich zwischen den Tischen und Bänken. Wir traten vor und ließen die Tür hinter uns zufallen, meine rechte Hand griffbereit. Das Sägemehl auf dem Boden war alt und hätte längst erneuert werden müssen. Es roch nach altem und verbranntem Fett und saurem Wein.
Ich deutete mit einer Kopfbewegung auf einen Ecktisch, wo uns niemand von hinten angreifen konnte, und Duhrra folgte mir. Wir setzten uns und blickten in die Runde, zwei hungrige und durstige Reisende.
Ein Mädchen eilte zu uns und zwang sich dabei zu einem Lächeln. Sie war eine Apim und mit ihrem Los sichtlich unzufrieden. Sie schien bereits müde zu sein, obwohl der Abend kaum begonnen hatte.
Duhrra begann mit ihr über den Wein zu diskutieren und wagte sich ziemlich weit vor, als er fragte, ob es hier erbeuteten zairischen Wein zu trinken gebe. Doch sie warf müde den Kopf in den Nacken und antwortete, daß wir uns mit dem hiesigen Blut des Dag zufriedengeben müßten. Auf Duhrras Gesicht war kein Widerwillen zu erkennen, doch er machte schon wieder den Mund auf.
»Ausgezeichnet!« warf ich laut ein. »Und zwei Portionen Vosk mit ein paar Loloo-Eiern. Und danach Auflauf – am besten Malsidge, da wir eine lange Seereise vor uns haben.«
»Malsidge haben wir nicht mehr«, sagte das Mädchen und fuhr sich über den Mund. »Heute abend nur Huliper-Auflauf.«
»Na schön.« Ich legte meine Hand auf eine der Taschen meiner Robe unter dem Staubmantel. Ich hatte es mir zur Angewohnheit gemacht, mein Geld an mehreren Stellen zu tragen. Ich ließ es zwischen meinen Fingern silbern aufblitzen. Die braunen Augen des Mädchens richteten sich starr auf das Silber, so wie ein Ponsho einen angreifenden Risslaca fixieren mochte.
»Sag mir eins, Doma, wie steht es mit vallianischen Schiffen in Magdag?«
Ich zählte darauf, daß sie den ganzen Klatsch kannte. Ob es ihr gefiel oder nicht, ihr Leben spielte sich nun einmal bei den Männern des Binnenmeeres und ihren Schiffen ab. Sie mußte viele Gespräche mitbekommen.
»Vallia, Gernu?«
Seit sie die Münze gesehen hatte, war sie merklich munterer.
»Schiffe aus Vallia kommen in den Ausländerhafen. Wann trifft das nächste ein? Hat es schon Signal gegeben?«
Sie schüttelte den Kopf. Sie schien sich zu fürchten. Trotzdem nahm sie den Blick nicht von dem Silber.
»Nein, Gernu. Seit langer Zeit ist kein Schiff mehr gekommen. Schiffe aus Vallia kommen nicht mehr nach Magdag.«