{46}Schauspieler, Zionisten, wilde Menschen

Ich kann doch nicht in meiner Nähe jemanden haben, der scheitert. Schon aus Geschäftsinteressen nicht.
Ignaz Hennetmair über Thomas Bernhard

Es ist gegen Mitternacht, als in einem Nebenraum des schäbigen Café Savoy die Darbietungen einer kleinen, ostjüdischen Theatertruppe zu Ende gehen. Ein buntes Programm, wie stets: Rezitationen, Gesang mit Klavierbegleitung, komische Soloauftritte, schließlich SULAMITH, ein »orientalisches, musikalisches Melodram in 4 Acten«, verfasst von Abraham Goldfaden, dem legendären Begründer des jiddischen Theaters.

Man wartet noch auf die Ankündigung für den nächsten Abend, die einer der Schauspieler vortragen wird. Die Zuschauer sitzen an Kaffeehaustischen, auf denen geleerte Tassen und Gläser stehen, Küchengeräusche dringen durch die Tür, einige Gäste wandern nach hinten zu den Toiletten. Auffallend lange bleibt der Vorhang vor der winzigen Bühne geschlossen, man bemerkt, dass Hände ihn von innen festhalten, er öffnet sich einen Spaltbreit, schließt sich erneut. Endlich wird er oben auseinandergezogen, doch weil die beiden Stoffbahnen auf halber Höhe durch einen Knopf zusammengehalten werden, ist von dem Schauspieler Jizchak Löwy, der jetzt einen Schritt nach vorn tut, nur der Oberkörper zu sehen. Er hält sich merkwürdig gekrümmt, scheint abgelenkt durch eine von unten kommende Belästigung, die er mit beiden Händen abzuwehren sucht. Offenbar zerrt jemand an seinen Beinen, um ihn am Sprechen zu hindern, der Kampf wird heftiger, schließlich verliert Löwy die Balance, er hält sich am Vorhang fest und reißt ihn samt der Drahtbefestigung von der Decke. Jetzt ist die Bühne offen, der Ringkampf setzt sich vor aller Augen fort, man sieht einen zweiten Schauspieler, der, noch immer gebückt, Löwy umfasst und ihn endlich von der Bühne stößt.

Erschrockene Rufe, man läuft in der Ecke des Saals zusammen. Der {47}Wirt eilt herbei, redet beruhigend auf den Staatsbeamten ein, der sich hier Abend für Abend langweilt und der jetzt womöglich weitere Vorstellungen unterbinden wird. Nein, wegen dieses galizischen Gesindels, das sich auf offener Bühne prügelt, will man die Konzession nicht riskieren. Das begreift sogar der Oberkellner Roubitschek, der den Schauspieler Löwy jetzt zur Tür stößt, um ihn hinauszuwerfen, während seine Kollegen auf Tische und Stühle klettern, um den Vorhang neu zu befestigen. Auch der Verein jüdischer Kanzleidiener, der die Truppe in sein Kulturprogramm aufgenommen hatte, ist empört und beschließt noch für dieselbe Nacht eine außerordentliche Generalversammlung. Endlich vernimmt man durch den mittlerweile wieder hochgezogenen Vorhang die Stimme einer Schauspielerin: »Da wollen wir von der Bühne dem Publikum Moral predigen … «

Eine gründlich misslungene Predigt, die der Augenzeuge Franz Kafka der Nachwelt überliefert hat. [29]  Mit mühsam unterdrücktem Zorn. Denn er fühlte, dass sich in den Reaktionen des Wirts, des Kellners und der Kanzleidiener genau jenes Ressentiment wiederum Geltung verschaffte, das den Schauspielern beinahe überall entgegenschlug und das gar nicht ihrer Kunst, sondern ihrer Herkunft, ihrem Aussehen und ihrer Sprache galt.


In Prag hatten sie sich anderes erhofft. Hier lebten etwa 30 000 Menschen ›mosaischer Religion‹, davon mehr als die Hälfte deutsch sprechend, also auch dem Jiddischen prinzipiell zugänglich: eine kleine Minderheit innerhalb der Grenzen Prags, doch quantitativ die Bevölkerung einer Kleinstadt, die Abend für Abend in die Theater, in Konzertsäle und Vereinshäuser strömte, die Vorträge, Kurse, Lesungen besuchte. Und dieser kulturelle Furor, der sich auf Unterhaltung und Bildung gleichermaßen richtete, pflanzte sich fort bis in die unteren Schichten des Kleinbürgertums. Warum sollte es nicht möglich sein, einige hundert von ihnen für die jüdische Volkskultur Russlands und Galiziens zu gewinnen? Doch der Festsaal des Hotel Central, einer der schönsten Veranstaltungsorte, den Prag zu bieten hatte, blieb leer, und so musste die ›Original-Polnisch-jüdische Gesellschaft aus Lemberg‹ bereits nach zwei Vorstellungen ins Café Savoy übersiedeln, wo der Türsteher ein Zuhälter war und wo man sich auf einer Bühne von zehn Quadratmetern auf die Zehen trat. [30]  Und dabei blieb es. Bis Mitte Januar 1912, als das Repertoire der Truppe erschöpft war, spielte {48}man vor einigen Dutzend Stammgästen, zu denen von Anbeginn auch Kafka zählte, und wenn sich die Schauspieler nach der Vorstellung an die Tische der Zuschauer setzten und sich dort vor aller Ohren stritten und wieder versöhnten, dann war es, als träfe sich eine große jüdische Familie.

Das gebildete Prager Publikum freilich machte einen Bogen um das Café Savoy, und bereits die Sprache, in der hier deklamiert und gesungen wurde, lieferte dafür Gründe genug. Denn selbst denjenigen, die fähig gewesen wären, den Texten zu folgen, bedeutete das Jiddische, der ›Jargon‹, eine sprachliche Schwundform, die vom kanonisierten Deutsch weit überragt wurde. Die akkulturierten Juden – und das war die überwältigende Mehrheit – identifizierten sich mit der deutschen Hochkultur und wollten mit ihr identifiziert werden, und umso weniger war man geneigt, sich in die Gesellschaft von Menschen zu begeben, deren ›mauschelnde‹, ständig zwischen Deutsch und Jiddisch schwankende Sprechweise den schlimmsten antisemitischen Zerrbildern entsprach. Wahrscheinlich war es den meisten Juden noch nicht einmal bewusst, dass in jiddischer Sprache verfasste Bühnenwerke existierten.

Und was waren das auch für Werke, wo konnte man sie studieren, wo etwas erfahren? In der Schule hatte man nie davon gehört, und höchst selten nur berichteten die Feuilletons der großen Tageszeitungen – wobei nie versäumt wurde, auf das sonderbar distanzlose, den ›neutralen‹ Beobachter ausgrenzende Verhalten des jüdischen Publikums zu verweisen und damit zu bekunden, dass es sich eigentlich nicht um Kunst handele, sondern um Schaustellerei und Klamauk. [31]  Gedruckt lagen die Stücke ausschließlich in hebräischer Schrift vor und waren natürlich nur in jüdischen Buchhandlungen zu haben. Und selbst wer diese zweifache Barriere aus Sprache und Schrift überwand, fand sich enttäuscht. Denn jiddisches Theater, auch die viel gespielten Stücke ›klassischer‹ Autoren wie Abraham Goldfaden und Jakob Gordin, ist sprachlich karg und bietet in Schriftform nur einen äußerst schwachen Eindruck von der Dynamik der Aufführung, die sich aus der Improvisation speist, aus den forcierten Rhythmuswechseln von Sprache, Tanz und Musik. Eher kürzte man ein Stück um einen ganzen Akt, als dass man Abstriche gemacht hätte am »Peitschen, Wegreißen, Schlagen, Achselnbeklopfen, Ohnmächtigwerden, Halsabschneiden, Hinken, Tanzen in russischen Stulpenstiefeln, Tanzen mit {49}gehobenen Frauenröcken Wälzen auf dem Kanapee«. [32]  Und darum erfuhr Kafka auch nicht, dass DER WILDE MENSCH von Gordin, in dem er all dies beobachtet hatte, nicht mit einem Mord, sondern mit allgemeiner Versöhnung endet.

Kafka, der bereits im Jahr zuvor eine jiddische Aufführung gesehen hatte, wusste sehr wohl, dass es hier nicht auf sprachliche oder formale Finessen ankam, sondern auf die Überzeugungskraft der Geste. Auch er musste sich sagen, dass die Lemberger Truppe Schmierentheater bot, gemessen an den Standards europäischer Schauspielkunst. Die Ausstattung war erbärmlich, der Thron war ein Küchenstuhl, die Synagoge ein gotischer Bogen aus Pappe, und die Feinde waren ein persisches Heer von drei Männern, das über die Bühne stampfte. Es wurden Einsätze verpasst, man trat aufs eigene Kostüm, hielt sich bei Umarmungen gegenseitig die Perücken fest, und fielen Schauspieler aus, so wurden sie durch Statisten vertreten, denen man einsagen musste und die während der Sterbeszene kicherten. Zu schweigen von den fragwürdigen Couplets, die von sogenannten ›Natursängern‹ dargeboten wurden, unter regelmäßiger Mitwirkung des Publikums. Auch Kafka, angefeuert von der Bühne, sang des Öfteren mit und kannte die Texte bald auswendig.

Er hatte das Gefühl, vor einem Wunder an menschlicher Authentizität zu stehen, und dieses Wunder verblasste auch dann nicht, als er den Schauspielern näher kam. Es waren arme, wenig gebildete Menschen, die sich seit Jahren mehr schlecht als recht durchschlugen und denen man ansah, dass sie auch den Hunger kannten. Ihre privaten Verhältnisse waren desolat; erstaunt notiert Kafka, dass die ›Herrenimitatorin‹ Flora Klug und ihr Ehemann nur deshalb Prag verließen, weil sie seit achtzehn Monaten ihre Kinder nicht gesehen hatten. Auch Jizchak Löwy, der in Warschau geboren, also russischer Staatsbürger war, besaß kaum mehr als die Kostüme, die ihm den kargen Lebensunterhalt sicherten. Immerhin gehörte Löwy zu den wenigen, die auch schon ›westliches‹ Theater gesehen hatten, und darum wusste er, gegen welche Vorbilder er anzukämpfen hatte. Die Literatur kannte er gut, und hin und wieder bestritt er ganze Abende allein als Rezitator und Sänger. Seine Orthographie allerdings war die eines Achtjährigen. Doch was wollte das besagen – Kafka lernte auch eine Analphabetin kennen, die sich ihren Text so lange vorsprechen ließ, bis sie ihn beherrschte.

Diese Leute hatten eine Mission, an der sie mit einer Naivität und Begeisterung festhielten, die schlechterdings entwaffnend war. Sie trugen ihre Habe ins Pfandhaus, und dann stritten sie darüber, wer ihr bedeutendster Autor sei. Jüdische Volkskultur wollten sie vermitteln, dem Publikum die eigene Geschichte, die eigenen Wurzeln vergegenwärtigen, und das war nur möglich, indem sie an die treuherzige, legendenhafte Wiederholung historischer Ereignisse anknüpften, die den Juden aus ihrem Festzyklus schon vertraut war. Wer niemals Purim gefeiert, wer niemals mit Lachen und Weinen die biblischen Szenen verfolgt hatte, die an jüdischen Festtagen von Laiendarstellern zelebriert werden, dem musste die scheinbar besinnungslose Erregung, mit der die Zuschauer zweitausend Jahre zurückliegende Ereignisse verfolgten, als geradezu einfältig erscheinen. Doch die Schauspieler arbeiteten mit dem mächtigen Werkzeug der Identifikation, und wie von einem Energiestoß wurde das wunde Bewusstsein der Juden ergriffen, wenn sie in diese symbolische Welt eintauchten, die ihnen allein gehörte. Selbst Kafka, der im Tagebuch immer wieder um Distanz zu diesen Erlebnissen kämpfte, musste sich eingestehen, dass er in der heißen Zone der Identität kaum weniger empfänglich war als das übrige, weitgehend illiterate Publikum, das stets knapp davor war, sich in das Geschehen auf der Bühne einzumischen. »Bei manchen Liedern, der Aussprache ›jüdische Kinderloch‹, manchem Anblick dieser Frau, die auf dem Podium, weil sie Jüdin ist uns Zuhörer weil wir Juden sind an sich zieht, ohne Verlangen oder Neugier nach Christen, gieng mir ein Zittern über die Wangen.« [33]  

Auf Dutzenden von Seiten versuchte Kafka, dem Geheimnis dieser Wirkung auf den Grund zu kommen. Er skizzierte den Handlungsverlauf von Stücken, die er gesehen hatte (denn er konnte hebräische Schrift noch nicht lesen und brauchte eine Gedächtnisstütze), er analysierte handgeschriebene Theaterzettel, notierte Aussprüche der Schauspieler und beobachtete, wie die Kostüme sie veränderten. Vor allem aber waren es Mimik und Gestik, die ihn mitrissen, eine ostjüdische, expressive, mit dem ganzen Körper arbeitende Zeichensprache, die er förmlich inventarisierte und die er aufs genaueste verglich mit den Alltagsgesichtern, die er nach der Vorstellung an seinem Tisch sah. Kafka freundete sich mit den Schauspielern an, ließ sich erzählen und vorlesen, gab Ratschläge und wahrscheinlich auch Geld, und gegenüber der 30-jährigen Mania Tschissik, die mit ihrem Mann und einer {51}kleinen Tochter bei der Truppe war, entwickelte er allmählich eine erotisch getönte, wenngleich schüchterne Schwärmerei, die er für Liebe hielt. Beinahe gierig beobachtete er ihre Auftritte, er setzte sich, so oft es nur ging, neben sie, schlich ihr auf der Straße nach und ließ ihr einmal sogar Blumen auf die Bühne reichen, eine Geste des großen Theaters, die im Hinterzimmer des ›Savoy‹ beträchtliches Aufsehen erregte. Aber alles blieb Spiel, und natürlich war er auch weiterhin ›der Herr Doktor‹, dem man Dank schuldete und der offenbar ein Idealist war. Im wirklichen Leben aber hatten die Tschissiks andere Sorgen.

Konkreter und dauerhafter war Kafkas Freundschaft mit dem vier Jahre jüngeren Jizchak Löwy: offenbar der Einzige unter den Schauspielern, der mit den eigenen Leistungen unzufrieden war und der von einem jüdischen Theater ganz anderen Formats träumte. Löwy (der als Jizchak Meir Lewi geboren wurde und sich später Jacques Levi nannte) war schon als 17-jähriger dem streng orthodoxen und darum theaterfeindlichen Elternhaus entflohen und strandete schließlich in Paris, wo er sich autodidaktisch zum Schauspieler ausbildete. Stundenlang konnte Kafka zuhören, wenn Löwy von seinem entbehrungsund anekdotenreichen Leben erzählte: vom Studium des Talmuds in einer Warschauer Jeschiwa, von den religiösen Feiern der Chassidim, von der Fabrikarbeit in Paris, von seinen Auftritten in Basel, Zürich, Berlin und Wien. Erzählen »kann er besser als alles Vorlesen Recitieren und Singen«, fand Kafka, »da schlägt sein Feuer wirklich zu einem herüber«; und er bescheinigte dem Freund die Vitalität, die er selbst entbehrte: »ein, wenn man ihn gewähren lässt, geradezu ununterbrochen begeisterter Mensch, ein ›heisser Jude‹, wie man im Osten sagt«. [34]  

Auch Löwy scheint Kafka anfangs idealisiert zu haben. Wahrscheinlich lernte er ihn zunächst als Gefährten Max Brods kennen, Brod aber war ein bekannter Autor – es beeindruckte und erregte Löwy, dass sich hier erstmals in seiner Laufbahn leibhaftige Dichter vor seiner Bühne tummelten, Abgesandte einer höheren Sphäre, die ihm jede Anstrengung und jede Demütigung wert schien. Auch mit Oskar Baum, Franz Werfel und der Familie Weltsch machten sie ihn bekannt, und noch Jahrzehnte später schwärmte Löwy von der »Plejade Prager Dichter«, die ihn »mit ihren sonnigen Strahlen« erwärmt hatten. [35]  

Beinahe an jedem späten Nachmittag ging nun Löwy vor dem Mietshaus Niklasstraße 36 auf und ab und wartete darauf, dass sein {52}neuer Freund herunterkäme – entweder, um einen längeren Spaziergang zu machen, bei dem Kafka nicht ohne Stolz die Sehenswürdigkeiten Prags vorführte, oder um in einem Kaffeehaus ein wenig vorzulesen, was Kafka selbst nicht lesen konnte. Bisweilen schlossen sich Brod oder Weltsch an, manchmal auch Ottla. Doch Kafka war ihm von allen der Nächste, und wohl ihm allein hat er anvertraut, wie schmerzhaft genau er die schäbige Wirklichkeit des jiddischen Theaters sah, verglichen mit allem, was im Westen als Kunst gelten durfte. »Sie waren doch«, schrieb er zwei Jahre später aus Wien, »der Einziger was war so gutt zu mir … der einzige was hat zu meiner Seele gesprochen, der einzige was hat mich halbe Wegs verstanden.« [36]  

Halbe Wegs? Zweifellos fühlte auch Löwy sehr bald den Widerstand, den Kafkas durchdringender Blick jeder menschlichen Annäherung entgegensetzte. Identifikation aus der Entfernung war wohltuend und erwärmte den Körper; aus der Nähe aber verbrannte man sich daran, und tatsächlich musste Kafka bald erfahren, dass sich seine vorbehaltlose Bewunderung bei wachem Verstand nicht aufrechterhalten ließ. Löwy war keineswegs die geistig und kulturell unabhängige Figur und noch viel weniger das Musterexemplar authentischen Judentums, das Kafka und Brod gern in ihm gesehen hätten. In Wahrheit quälte Löwy das schlechte Gewissen, wenn er an den zurückgelassenen heimatlichen Clan dachte, dessen Engstirnigkeit er doch vollkommen durchschaute. Ebenso wenig aber vermochte er sich abzufinden mit der Durchmischung von Geschäft und Kultur, die charakteristisch war für den aufgeklärten Westen, und so musste man fürchten, dass er, würde ihm nicht ein überraschender Befreiungsschlag glücken, vom Wohlwollen einiger jüdischer Nostalgiker abhängig bliebe bis ans Ende seiner Tage. Er war stecken geblieben, auf halber Strecke.

Wohin also? Nach Amerika? Nach Palästina? Zurück nach Russland? Löwy konnte sich nicht entschließen. Noch ein weiteres Jahr reiste er mit der Lemberger Truppe, dann gründete er ein eigenes Ensemble, das ebenso erfolglos blieb wie das alte und für das er sich in kürzester Frist finanziell ruinierte. Kafka hatte dringend abgeraten; er hatte mittlerweile begriffen, »dass alles, was Löwy tut, in der Absicht ebenso gut wie in der Ausführung kindlich und unsinnig ist«, und das war noch maßvoll formuliert. [37]  Löwy brachte es fertig, in Berlin und in Leipzig gleichzeitig Verpflichtungen einzugehen, sodass die Schauspieler beinahe jede Nacht im Zug verbrachten und vor Müdigkeit fast {53}von der Bühne sanken, und er machte sich lächerlich mit einem Plakat, auf dem Mania Tschissik als »Primadonna« und er selbst als »Dramatist« annonciert waren. Die Kommentare der Berliner Passanten kann man sich vorstellen. Gewiss, für einen Abend ließ man sich die exotische Sentimentalität dieses singenden, zappelnden, mauschelnden Haufens gerne gefallen, und propagandistisch geschickt hatte sich eine andere Truppe, die hier vor Jahren gastierte, als ›Budapester Orientalische Operetten-Gesellschaft‹ bezeichnet – sie spekulierten auf den aktuellen Orient-Spleen der Bildungsbürger. Doch auf Dauer blieben nur die Gleichgesinnten aus dem ›Scheunenviertel‹, dem jüdischen Ghetto, und selbst die Berliner Polizei und ihre Zensoren hatten wenig Neigung, mit diesem Volk sich herumzuschlagen: »Mit Rücksicht auf den beschränkten Personenkreis für den dieser Schmarren bestimmt ist (russisch-polnische Juden des Arbeiterstandes) sind gegen die Aufführung m. E. Bedenken nicht zu erheben.« Ja, um Primadonnen zu sehen, ging man in andere Häuser. [38]  


Wie rasch hier Kafka Feuer fing, mit welcher Überzeugung er jene Wahrhaftigkeit, nach der er im Akt des Schreibens verzweifelt sich streckte, in einer Gruppe exaltierter Schauspieler erblickte – dies alles wird verständlich allein vor dem Hintergrund der zionistischen Debatten, die im Prag der Vorkriegsjahre, in Kafkas nächster Umgebung, ihren Siedepunkt erreichten. Unmittelbarer Auslöser waren drei Auftritte Martin Bubers vor dem ›Bar-Kochba‹ gewesen, dem ›Verein jüdischer Hochschüler in Prag‹, der unter der Führung von Kafkas Klassenkamerad Hugo Bergmann einer strikt zionistischen Linie folgte. Hier hatte Buber mit äußerst wolkiger, jedoch suggestiver Rhetorik den Begriff des Zionismus neu definiert und damit die nachrückende Generation gebildeter Juden in einen Taumel versetzt.

Der Gedanke Theodor Herzls, die Juden auf einem eigenen Territorium zu versammeln und dadurch der Leidensgeschichte dieses ewigen ›Gastvolks‹ ein Ende zu setzen, war zunächst nicht mehr gewesen als eine politische Idee, über deren Verwirklichung Parlamente und Regierungen entschieden und die er demzufolge mit den traditionellen Mitteln des politischen Lobbyismus zu fördern suchte: durch Petitionen, Geheimdiplomatie und öffentlichen Druck. Es war ein radikaler Gedanke, der vielen utopisch erschien und der doch unverkennbar defensive Züge trug: Herzl hielt alle weiteren Versuche der {54}Assimilation für sinnlos und empfahl daher den Rückzug. Die Frage nach dem Wohin war demgegenüber zweitrangig, und Herzl selbst hätte wohl jedes Siedlungsgebiet akzeptiert, das auf absehbare Zeit politisch sicher war. Für diesen pragmatischen, ›politischen Zionismus‹ kam die Stunde der Wahrheit im Jahr 1903, beim Sechsten Zionistischen Kongress in Basel. Herzl trug dort das überraschende Angebot der britischen Regierung vor, in Uganda ein Protektorat zur jüdischen Besiedlung zu errichten, und er bat seine Anhänger um wohlwollende Prüfung dieser Chance. Doch die Delegierten aus Osteuropa waren empört. Wenn sie schon aus ihren Heimstätten vertrieben wurden – und in ebendiesem Jahr hatte die antisemitische Gewalt in Russland einen neuerlichen Höhepunkt erreicht –, dann kam nur das Land der Väter in Frage, die Heimat, Erez Israel. Und dorthin steuerten die Flüchtlingsströme auch weiterhin, ob dem Zionistischen Weltverband das nun gefiel oder nicht.

Herzl war kein kalter Taktiker, doch die identitätsstiftende Macht jüdischer Überlieferung und Religiosität hatte er unterschätzt. Ebenso entging ihm, dass die junge jüdische Intelligenz Deutschlands und Österreichs, die zwischen westlichen Denktraditionen und einem äußerst löchrigen Wissen über die jüdische Geschichte nach Orientierung suchte, durch eine abstrakte politische Idee nicht dauerhaft zu begeistern war. Gewiss, der ›eigene Staat‹, den Herzls Anhänger versprachen, war eine erhebende Idee, weil er einen neuen, verjüngten Körper versprach, der die Nabelschnur zu den altersstarren Monarchien Europas eines Tages durchtrennen würde. Doch wo war der neue Geist, der zu diesem Körper gehörte? Welche Sprache würde dieser Geist sprechen, welche kulturellen Formen würde er aus sich hervortreiben, welcher Traditionen sich bemächtigen? Kurz, was eigentlich war Judentum an sich, ohne die Welt der Nichtjuden, »ohne Verlangen oder Neugier nach Christen«?

Es ging um Identität, um nichts weniger, und Martin Buber war einer der Ersten, die diese Frage zum Kernproblem der Bewegung erklärten. Die politischen Redner der zionistischen Kongresse vermochte er damit nicht zu beeindrucken, und seine Stimme blieb dort völlig ungehört. Die studentischen Zuhörer hingegen folgten ihm mit Staunen und atemloser Erregung. Keinen Exodus versprach er, sondern einen Aufbruch nach innen, eine jüdische Renaissance, die hier und jetzt beginnen sollte. Blutsgemeinschaft statt Gesellschaft, Einheit {55}des Ichs, jüdische Nation, völkisches Denken, Mythus und Ekstase – so lauteten die (heute nur schwer erträglichen) Schlagworte des ›Kulturzionismus‹, der die Nähe zu antisemitischen Denkmustern weniger scheute als die wohlgeordnete, aber blutarme Verstandeswelt des aufgeklärten Bürgertums. Vor allem die Innerlichkeit und Intensität des Chassidismus deutete Buber als eine Art energetischer Reserve, die es für eine künftige nationale Kultur des Judentums nutzbar zu machen galt.

Auf Brod wirkten diese Ideen wie ein Befreiungsschlag; ihm war, als sei ihm plötzlich die Aufgabe gewiesen, die ihn aus dem Brackwasser einer jahrelangen, fatalistischen Indifferenz herausführen würde, und dieses Erweckungserlebnis bildete er sogleich literarisch ab: in seinem Roman ARNOLD BEER (1912), dessen Titelheld durch die Begegnung mit seiner Großmutter, einer jüdischen Urgestalt, zum wahren Lebenszweck findet. Kafka beeindruckte dieses rasche und entschlossene Umschwenken, und die beinahe fanatische Beharrlichkeit, mit der jetzt Brod für den Zionismus zu werben begann – ohne Rücksicht darauf, wie viele Anhänger ihn dies kosten würde im Umfeld des frühen Expressionismus –, kontrastierte scharf mit der Entschlussschwäche, die Kafka an sich selbst beobachtete.

Freilich wäre er, selbst unter äußerlich besten Voraussetzungen, zu einer Programmdichtung nach dem Muster Brods ganz außerstande gewesen. Er wollte nicht überzeugen, nichts beweisen, sondern in reiner Form darstellen, was sich aufdrängte. Und so sehr ihm die Umtriebigkeit der jungen Prager Zionisten gefiel, in deren familiär übersichtliche Zirkel er durch Brod allmählich eingeführt wurde, so wenig konnte er anfangen mit den vagen Begriffen, die sie sich zuwarfen. Buber selbst fand er sympathisch und im Gespräch anregend, seine Auftritte aber langweilten ihn, und seine Schriften empfand er als »lauwarme Sachen« [39]  – vor allem wohl wegen des bedenkenlosen Eklektizismus, mit dem Buber sämtliche Bildungs- und Kulturgüter ansaugte und dem Kulturzionismus dienstbar zu machen suchte, von Meister Eckhart bis zu Nietzsche, von der deutschen Romantik bis zur chassidischen Mystik.

Zweideutig war Bubers Versprechen einer jüdischen Erneuerung vor allem im Hinblick auf das real existierende Judentum, und das Auftauchen der ostjüdischen Schauspieler in Prag machte diese Schwäche offensichtlich. Die unzivilisierten Ostjuden waren – das {56}räumte auch Buber ein – in gewissem Sinne authentischer, ›jüdischer‹ als die westjüdischen, liberalen Bildungsbürger. Doch das qualifizierte sie noch längst nicht zu Vorbildern, allenfalls zu dem vielleicht geeigneteren ›Material‹ einer künftigen jüdischen Nation. Weder Buber noch seine Prager Anhänger bemerkten offenbar, dass sie damit in eine hermeneutische Falle liefen: Denn wiederum vom ›Westen‹ her definierten sie das Niveau, auf das die Ostjuden erst noch zu ›heben‹ waren, und in Konkurrenz zu den westlichen Hochkulturen definierten sie auch die Sprache, welche die historische Selbstvergewisserung und damit jüdische Identität allein zu garantieren vermochte: das Hebräische. Gemessen an diesen Maßstäben war es natürlich nicht jüdische Kunst, was Löwy und seine Truppe zu bieten hatten, sondern deren trauriges Zerrbild, also Schund, präsentiert in jener schäbigen Mameloschn (Muttersprache), welche die Brandmale von Armut und Verfolgung trug: die Sprache des Schtetl. Noch Jahrzehnte später und trotz weiterer, vielfacher Erfahrungen mit Ostjuden vermochte Brod diesen Zwiespalt nicht zu überwinden und sprach von »Schmierenkomödianten« und einem »ausgearteten und halbverkommenen, aber echt volkstümlichen Kunsttreiben«. »Es war alles falsch und elend, was da gezeigt wurde, aber überall blickte das Richtige durch … « [40]  

Das konnte man auch anders sehen. »Die Ostjuden sind ganze, lebensfrohe und lebenskräftige Menschen, mit einem starken und ursprünglichen Humor.« Dies verkündete Nathan Birnbaum, Erfinder des Begriffs ›Zionismus‹ und Gegenspieler Herzls, am 18.Januar 1912 auf einem ›Volksliederabend‹ des Prager Bar- Kochba. [41]  Einen Auftritt der Schauspieler im Café Savoy hat sich der berühmte (und heute vergessene) Kulturzionist gewiss nicht entgehen lassen, Kafka wiederum hörte Birnbaums Vortrag mit größter Spannung. Denn die neuen Freundschaften, die er geschlossen hatte, waren nur schwer in Einklang zu bringen mit der erzieherischen Haltung, die Buber und schließlich auch Brod forderten. War es denn wirklich denkbar und verantwortbar, diesen Menschen zu sagen, was für sie ›das Richtige‹ sei? Ein für Birnbaum völlig abwegiger Gedanke; denn wenn man die ostjüdische Kultur als lebendiges und wirkungsmächtiges Medium anerkannte, dann war es geradezu weltfremd, auf rein geistiger Grundlage eine jüdische Nation begründen zu wollen: Diese Nation gab es ja schon, und keineswegs nur als »Gleichnis«, wie Brod meinte [42]  , sondern als geschichtliche Tatsache. Und das Fundament dieser Nation war die jiddische Sprache.

»Beispiel zu sein, oder überhaupt nicht zu sein«, lautete Birnbaums Devise, und das hieß, nicht Worte, nicht Ideen, sondern das Leben selbst in die Waagschale zu werfen. Es lässt sich aus Kafkas Notizen nicht belegen – wie so häufig konzentrierte er sich auch beim ›Volksliederabend‹ auf die Beobachtung von Gesichtern und Gesten –, doch es ist mehr als wahrscheinlich, dass Birnbaums Haltung seinem unmittelbaren Erleben viel näher kam als die akademischen Diskussionen, die im Verein Bar-Kochba geführt wurden. Und es ist durchaus kein Widerspruch und schon gar kein ›Schwanken‹ Kafkas, dass er den organisierten Zionismus zeitweilig abstoßend fand, sich andererseits aber begeistert den neuen Erfahrungen und Identifikationen öffnete, die ein neu definiertes Judentum erschloss. Geradezu hungrig warf er sich auf die greifbaren Standardwerke zur Geschichte der Juden [43]  , er ließ sich von jüdischen Sitten und Ritualen erzählen und notierte, was er hörte. Doch in die weltanschaulichen Debatten, die in der zionistischen Hauszeitschrift Selbstwehr geführt wurden, mischte er sich niemals ein – obgleich er deren Herausgeber und Beiträger allesamt persönlich kannte –, und auch in den zahlreichen Briefen, die Kafka hinterlassen hat, umgeht er die theoretischen Fragen des Zionismus mit Desinteresse und Schweigen. ›Das Richtige‹ suchte er woanders, das Richtige war der unmittelbare, authentische, unverstellte Ausdruck, im Schreiben, auf der Bühne und im Leben; ja, sogar etwas Falsches konnte im richtigen Kontext ›das Richtige‹ sein.

Als Jahre später Jizchak Löwy auf Anregung Kafkas versuchte, für die Zeitschrift Der Jude den eigenen Lebensweg zu skizzieren, bat er um redaktionelle Hilfe: Noch immer war sein Deutsch grammatisch unbeholfen und durchbrochen von zahllosen Jargon-Begriffen. Kafka, sein Freund, würde das richtig stellen, denn Kafka war ein Dichter. Doch der wandte sich wiederum hilfesuchend an Brod. Den Stil Löwys zu verbessern erfordere eine »unmöglich zarte Hand«, schrieb er und lieferte auch gleich den Beweis: »Im Publikum des polnischen Teaters sieht er zum Unterschied von jenem des jüdischen Teaters: frakierte Herren und neglegierte Damen. Ausgezeichneter lässt sich das nicht sagen, aber die deutsche Sprache weigert sich.« [44]  

Dass Kafka über Energien verfügte, die kaum jemand ihm zutraute, hatten seine Freunde schon häufig erfahren. Nun sollte auch der Kreis um die Selbstwehr und Bar-Kochba die Beharrlichkeit kennen lernen, die Kafka jedem Gruppendruck, jeder Belehrung entgegenzusetzen wusste, sobald er von Sinn und Wahrhaftigkeit dessen, was er tat, einmal überzeugt war. Was die Prager Zionisten von der Schmiere im Café Savoy hielten, wusste er. »Die Schauspieler«, schrieb etwa Hans Kohn in der Selbstwehr vom 29.September 1911, »die mit Ausnahme der Träger der humoristischen Dienerrollen, nicht allzuviel Routine verrieten, und deren Bemühungen, hochdeutsch zu sprechen, dem Pathos des Stückes nicht gerade zuträglich waren, wurden oft auf offener Szene, besonders nach dem Vortrage des ›Kol-Nidre‹, das nicht schlecht gelungen war, mit Beifall überschüttet.« Distanzierter hätten wohl auch die Vertreter der jüdischen Gemeinde nicht geurteilt. Da hatte es einen Studenten, der tagsüber seinen Hebräischstudien oblag, am Abend unter die Vertreter der jüdischen Nation verschlagen, und dort hatte er fast vier Stunden lang ausharren müssen.

Kafka kümmerten derartige Urteile nicht. Er war jetzt entschlossen, tätig zu werden, denn die Zielstrebigkeit, mit der Löwys Truppe schon ihre nächsten Misserfolge plante, noch dazu vor den Ohren ihres Publikums, war aus der Position des stillen Beobachters kaum mehr zu ertragen. Diese Leute brachten es fertig, ihre Spielorte nach Reisekosten, Fahrplänen oder sogar durch Losentscheid zu bestimmen, und trotz der niederschmetternden Erfahrungen, die sie in Prag gemacht hatten, zog es sie immer wieder in die großen Städte, mit deren Kulturprogramm sie nicht konkurrieren konnten. Ob es denn nicht sinnvoller sei, fragte Kafka, stattdessen eine Reihe kürzerer Gastspiele in der böhmischen Provinz zu absolvieren? In Pilsen, in Teplitz? Ja, gewiss. Aber wie organisiert man so etwas? Sehr einfach: mit Hilfe der Zionisten.

Und so verfasste Kafka ungerührt ein Rundschreiben an die zionistischen Ortsgruppen Böhmens, und er ließ dieses Schreiben auf eigene Kosten vervielfältigen. Der Widerstand der Prager Zionisten, vor allem der Studenten vom Bar-Kochba, muss beträchtlich gewesen sein; er habe, notiert Kafka, die Versendung dieses Rundschreibens »durchgesetzt« – ein Begriff, der mit seinem defensiven Selbstbild eigentlich unvereinbar war. Doch Kafka setzte noch mehr durch: »Da die Truppe vorzügliche Kräfte besitzt«, lasen die erstaunten Abonnenten {59}der Selbstwehr, »und höchst interessante Stücke gibt, so dass ein Gastspiel ein wirklich wertvolles Bild des ostjüdischen Lebens in sehr unterhaltender Form vermittelt, wäre die Veranstaltung von einem oder zwei Theaterabenden (wobei eine besondere Bühne nicht nötig ist) den jüdischen Vereinen […] auf das wärmste zu empfehlen.« [45]  Auf das wärmste, und vorzügliche Kräfte: Da stand es schwarz auf weiß.


»Wer sich mit Hunden zu Bett legt, steht mit Wanzen auf.« So der knappe, schlagkräftige Kommentar von Hermann Kafka. Einen sonderbaren Kerl hatte sein Sohn mit in die Wohnung gebracht, zum zweiten Mal schon. Einen angeblichen Schauspieler, doch in schäbiger Kleidung und mit einem Deutsch, vor dem man besser die Ohren verschloss. Und mit welchem Trotz, mit welcher Entrüstung sich Franz vor diesen Menschen stellte. Selbst der Vater wich für einen Augenblick überrascht zurück und senkte die Stimme. »Du weisst dass ich mich nicht aufregen darf und geschont werden muss. Komm mir also noch mit solchen Sachen. Ich habe der Aufregungen gerade genug, vollständig genug. Also lass mich mit solchen Reden.« Das hörte Kafka nicht zum ersten Mal. »Ich strenge mich an, mich zurückzuhalten«, erwiderte er kühl und behielt, selten genug, das letzte Wort. Doch er hielt sich keineswegs zurück. Wenige Wochen später, zur Beschneidungszeremonie seines Neffen Felix in der Synagoge, vor zahlreichen Verwandten und Bekannten, brachte Kafka wiederum seinen Freund Jizchak Löwy mit, einen Freund, der ihm, wie er jetzt glaubte, »unentbehrlich« geworden war. [46]  

Kafka hat diese Konfrontation lange im Gedächtnis behalten, und im BRIEF AN DEN VATER, jener großen Abrechnung, die er mehr als zehn Jahre später zu Papier brachte, erinnerte er ihn ausdrücklich daran. [47]  Empört war Kafka vor allem deshalb, weil er in Löwy einen zutraulichen, offenherzigen, im emphatischen Sinne unschuldigen Menschen sah, der solchen grundlosen Aggressionen wehrlos ausgeliefert war. Löwy war ja in einer viel schwächeren Position als beispielsweise Werfel, der ebenso kindlich, ebenso begeistert, doch zugleich narzisstisch und verwöhnt war. Werfel war immun, und niemand wollte ihm Böses – da kostete es wenig, die Menschheit zu umarmen. Löwy hingegen hatte schon häufig Prügel einstecken müssen, auch in Prag, doch immer wieder stand er auf, ohne sich von seinem menschenfreundlichen {60}Optimismus etwas abhandeln zu lassen. Es war schändlich, einen solchen Menschen mit Ungeziefer zu vergleichen.

Woher also dieser Hass? Ostjuden galten als unrein, vor allem in den Augen von Westjuden, und selbst Kafka, der den Freund ins tschechische Nationaltheater einlud, musste während der Vorstellung an die Läuse denken, die von Löwys Kopf möglicherweise auf seinen eigenen übersprangen. Und geschlechtskrank war Löwy überdies, wie er jetzt erfuhr. Nun, dann rückte man eben ein paar Zentimeter ab.

War es Löwys Armut? Dass Hermann Kafka sich immer wieder nach ›unten‹ abgrenzen musste, um sich zu vergewissern, dass er der eigenen armseligen Herkunft auf Dauer entronnen war, dass er die Erfolglosen verachtete und niemanden gelten ließ als die Gewinner – seine Familie hatte es längst durchschaut, und selbst das Dienstpersonal ahnte wahrscheinlich, dass die periodisch wiederkehrenden Grobheiten des Chefs vor allem der Selbstbestärkung dienten: das Schlagen des Gorillas an die eigene Brust. Aber war das wirklich notwendig gegenüber einem hergelaufenen Schauspieler, der schon demütig genug war?

Gewiss nicht. Doch Kafka unterschätzte und verdrängte den Kontext, die »Aufregungen«, die sich eben jetzt vor seinem Vater auftürmten und an denen er selbst nicht ganz unbeteiligt war: im Geschäft die überraschende Kündigung mehrerer Angestellter, die dann Vater und Sohn in Einzelgesprächen zurückzugewinnen suchten; die Verhandlungen mit einer Heiratsvermittlerin, die nach einem Bräutigam für Valli Ausschau hielt, ohne dass der Bruder eine dezidierte Meinung äußerte; vor allem aber die Gründung der Asbestfabrik, der gegenüber Kafka von Anbeginn ein schockierendes Desinteresse zeigte. Und im selben Monat das unvermittelte Auftauchen dieser Schauspieler, deren Schicksal – so drängte es sich Hermann Kafka auf, und nicht zu Unrecht – Franz weitaus mehr bewegte als das der eigenen Familie. Kein Tag verging, an dem er nicht diese Leute traf, und selbst Ottla zog er noch mit hinein. Ja, diese Schauspieler waren schuld, und noch ehe er einen von ihnen leibhaftig gesehen hatte, stand für ihn fest, dass dies Unruhestifter waren, störende Elemente, Gesindel. Und nun auch noch in der eigenen Wohnung …


Kafka lag schlaflos im Bett, zusammengekrümmt, erhitzt. Er hatte Lampenfieber. Nur noch wenige Tage waren es bis zu einem Soloabend {61}Löwys im Festsaal des jüdischen Rathauses. Dort würde ganz anderes Publikum erscheinen als im Café Savoy, gewöhnliche Bürger, Mitglieder der jüdischen Gemeinde, die Löwy anstarren würden wie ein fremdartiges Tier. Unmöglich, ihn dort allein zu lassen, unmöglich, diese Leute unvorbereitet mit dem Lärm des Jargons zu konfrontieren, dem sie allenfalls aus Neugierde sich aussetzten. Jemand musste die ›Conférence‹ übernehmen, einige einleitende Sätze sagen. Oskar Baum war dazu bereit gewesen, er sprach kein Jiddisch, verstand aber etwas von Volksmusik; doch er zog seine Zusage zurück, ließ sich von Kafka erneut überreden und sagte am nächsten Tag endgültig ab. Kafka zitterten die Knie, jetzt würde er selbst einspringen müssen, doch tagelang fiel ihm nichts ein. » … ich werde den Vortrag nicht halten können, retten Sie mich!«, schrieb er an Löwy [48]  , der in der böhmischen Provinz unterwegs war, doch der wusste wohl, dass das nicht ernst zu nehmen war. Seit Wochen verschlang Kafka die einschlägige Literatur; er war gebildet, sprachgewandt. Warum sollte er da nicht ein wenig moderieren können?

Es war nicht der Vortrag allein. Mühsam hatte Kafka die Leitung des Bar-Kochba dazu überredet, die Schirmherrschaft der Veranstaltung zu übernehmen, doch weiter engagieren wollte man sich dort nicht, ja, man riet sogar ab. Zu schweigen von der Kultusgemeinde, die den Saal nur gegen die übliche Miete zur Verfügung stellte – 60 Kronen, sehr viel Geld für Löwy –, ohne sich an der Organisation zu beteiligen. Einer aber musste die praktische Arbeit erledigen, und diese Aufgabe blieb nun fast gänzlich in der Hand Kafkas. Zusammenstellung des Programms. Druck der Eintrittskarten. Anmieten des Festsaals. Nummerierung der Plätze. Verpflichtung eines Pianisten und Beschaffung des Klavierschlüssels. Bereitstellen eines Podiums. Organisation des Kartenverkaufs. Einholen der Genehmigungen von Polizei und Gemeinde. Formulieren von Zeitungsnotizen. Einsammeln von Spenden. Und nicht zuletzt die Verpflichtung eines Kenners, der zu den einzelnen Programmnummern kleine Verständnishilfen bot.

Wenn er nur wollte, dann konnte er auch. Mit Bitterkeit beobachteten die Eltern, welche Tatkraft er für die fremdesten Menschen entfesselte, dieselbe Tatkraft, die er der ›eigenen‹ Fabrik, ja selbst der eigenen Familie vorenthielt. Akribisch, und mit hörbarem Stolz, zählt Kafka im Tagebuch die vielen Menschen auf, mit denen er innerhalb {62}weniger Tage zu verhandeln hatte: Mehr als zwanzig waren es, und einige davon suchte er mehrmals auf. Dazu Besprechungen mit Brods Eltern, den einzigen älteren Juden weit und breit, die willens waren, Hand anzulegen. Und am Abend vorbereitende Lektüre. Und verzweifeltes Nachdenken über das, was hier zu sagen war.

Endlich, vierundzwanzig Stunden vor seinem Auftritt, kamen die entscheidenden Einfälle. Er hatte, gemeinsam mit Löwy, einige Glanzlichter der jiddischen Literatur ausgewählt: Gedichte, Lieder und dramatische Szenen. Da das wesentliche Hindernis die Sprache war, musste man einiges über den Ursprung des Jiddischen sagen – da war es sicherlich geraten, nicht die geringsten Kenntnisse vorauszusetzen, und Kafka nutzte die Gelegenheit, en passant einige Wortformen des Jargon anzuführen, die dem Mittelhochdeutschen näher waren als sogar das Hochdeutsche (ein Argument, das sich kein Verfechter des Jiddischen entgehen ließ). Doch derartige Belehrungen blieben notwendig abstrakt, solange nicht die emotionale Distanz überwunden war, in der die Zuhörer aller Erfahrung nach verharrten. Furcht vor dem Fremden, Überheblichkeit gegenüber dem kulturell Minderen: Kafka kannte diese Dialektik nur allzu gut, die zionistischen Freunde und die eigenen Eltern unterschieden sich darin nicht im Geringsten. Und darum entschloss er sich, diese doppelte Abwehr frontal anzugehen.

»Vor den ersten Versen der ostjüdischen Dichter möchte ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren noch sagen, wie viel mehr Jargon Sie verstehen als Sie glauben.
Ich habe nicht eigentlich Sorge um die Wirkung, die für jeden von Ihnen in dem heutigen Abend vorbereitet ist, aber ich will, daß sie gleich frei werde, wenn sie es verdient. Dies kann aber nicht geschehen, solange manche unter Ihnen eine solche Angst vor dem Jargon haben, daß man es fast auf Ihren Gesichtern sieht. Von denen, welche gegen den Jargon hochmütig sind, rede ich gar nicht. Aber Angst vor dem Jargon, Angst mit einem gewissen Widerwillen auf dem Grunde ist schließlich verständlich wenn man will.«

Das war starker Tobak, und wer den Vortrag des Dr.Kafka nicht von vornherein humoristisch nahm, musste sich sagen, dass es eigentlich eine Frechheit war, zahlendem Publikum zu versichern, ihm stünde die Angst im Gesicht.

Doch es kam noch besser. Nachdem man hatte hören müssen, dass der Jargon keine Grammatik besitze, nur aus Fremdwörtern bestehe {63}und im Grunde ein Konglomerat von Dialekten sei, fuhr Kafka fort: »Mit all dem denke ich die Meisten von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, vorläufig überzeugt zu haben, dass Sie kein Wort des Jargon verstehen werden.« Gewiss, die einzelnen Werke könne man erläutern, doch was wäre damit gewonnen? »Eingenäht in diese Erklärungen werden Sie dann bei dem Vortrage das suchen, was Sie schon wissen und das, was wirklich da sein wird, werden Sie nicht sehen.« Wäre es dann nicht ratsam, wenigstens mit Übersetzungen auszuhelfen? Nein, auch das nicht. Denn Jargon kann in alle möglichen Sprachen übertragen werden, doch »durch Übersetzung ins Deutsche wird er vernichtet«.

Spätestens an dieser Stelle drängte sich wohl manchem die Frage auf, wozu er gekommen war. Wie eigentlich sollte man hier Zugang gewinnen? Einzig, erklärte Kafka weiter, indem man vom Plateau der deutschen Hochsprache herabsteige und an die »vertrauliche Verkehrssprache der deutschen Juden« denke, die noch genügend »Abtönungen« des Jargon enthalte. Und noch ehe die Zuhörer Zeit hatten, darüber nachzudenken, dass diese Behauptung doch eher zum Arsenal der Antisemiten gehörte, fuhr Kafka fort:

»Ganz nahe kommen Sie schon an den Jargon, wenn Sie bedenken, daß in Ihnen außer Kenntnissen auch noch Kräfte tätig sind und Anknüpfungen von Kräften, welche Sie befähigen, Jargon fühlend zu verstehen. Erst hier kann der Erklärer helfen, der Sie beruhigt, so daß Sie sich nicht mehr ausgeschlossen fühlen, und auch einsehen, daß Sie nicht mehr darüber klagen dürfen, daß Sie Jargon nicht verstehen. Das ist das Wichtigste, denn mit jeder Klage entweicht das Verständnis. Bleiben Sie aber still, dann sind Sie plötzlich mitten im Jargon. Wenn Sie aber einmal Jargon ergriffen hat – und Jargon ist alles, Wort, chassidische Melodie und das Wesen dieses ostjüdischen Schauspielers selbst, – dann werden Sie Ihre frühere Ruhe nicht mehr wiedererkennen. Dann werden Sie die wahre Einheit des Jargon zu spüren bekommen, so stark, daß Sie sich fürchten werden, aber nicht mehr vor dem Jargon, sondern vor sich.« [49]  

Es war ein Drahtseilakt, den Kafka hier vollführte, und beinahe der Bruch eines Tabus. Denn auf den Verdacht, in ihnen stecke noch genügend Jiddischkait, reagierten assimilierte Juden höchst empfindlich, und die Behauptung, sie seien die Ausgeschlossenen und nicht etwa die armen Ostjuden, war die geradezu kränkende Umkehrung einer Werteordnung, für die doch jeder Einzelne schon genügend Opfer gebracht hatte. Lampenfieber durfte man nicht haben, um solche Provokationen {64}vorzutragen, doch Kafka empfand an der Seite Löwys einen unvermittelten und überraschenden Zustrom von Kräften: »Freude an L. und Vertrauen zu ihm, überirdisches Bewusstsein während meines Vortrages (Kälte gegen das Publikum, nur der Mangel an Übung hindert mich an der Freiheit der begeisterten Bewegung) starke Stimme, müheloses Gedächtnis … « [50]  

Kafka wusste, dass weder dieser Zustand von Dauer sein konnte noch die ersten Regungen von Empathie, die er in einigen der Zuhörer vielleicht doch geweckt hatte. Liebe zur Kultur der Ostjuden war ohne Trauer nicht zu haben, denn eine Rückkehr dorthin war unmöglich – selbst für Löwy. Gefühlte Nähe aber, die nicht gelebt werden kann, verfliegt, ja, sie löst neue Abwehr aus, denn nutzlos trauern will niemand. Und so wird Kafka wohl kaum überrascht gewesen sein, als er die Besprechung las, welche die Selbstwehr dem von ihm organisierten Abend widmete. »Fein« und »liebenswürdig« wurde sein Vortrag dort genannt – ein höflicher Unsinn. Über die Darbietungen Löwys aber hieß es:

»Es war sehr interessant, diese oft jüdischen Gedichte und Lieder, die zum Teil in Prag schon bekannt waren, nicht nur von einem Ostjuden, sondern auch ohne westliche Schulung zu hören. Es fiel dabei manches von den künstlerischen Reizen, dafür gewann alles an gewissermaßen historischem, dokumentarischem Werte. […] Das Publikum, zuerst ein wenig fremdartig berührt durch die ungewohnte Sprache, kam dann doch in die richtige Stimmung und das erwünschte Verständnis hinein … «

Ganz im Gegensatz zu dem anonymen Rezensenten, möchte man ergänzen. [51]  


Die Schauspieler verliefen sich. Mania Tschissik sah Kafka niemals mehr, Löwy traf er noch einige Male, riet ihm vergeblich zur Auswanderung nach Palästina, empfing zahllose Briefe von ihm, schließlich auch Vorwürfe, die nach enttäuschter Freundschaft klangen. Das initiale Erlebnis hingegen bewahrte Kafka auf bis ans Ende seines Lebens. Die schamlos singenden und tanzenden Hunde, denen er in seinen FORSCHUNGEN EINES HUNDES breiten Raum widmet, bieten ein vielfach gespiegeltes, der eigenen Psyche schon eingewobenes und dennoch sinnliches Bild. Und einige Gesten und Figuren, die als besonders ›kafkaesk‹ gelten, entstammen der jiddischen Bühne und dem Hinterzimmer des Café Savoy.

Kafkas Vortrag über die jiddische Sprache ist weniger bekannt, gilt als beiläufiges, singuläres Ereignis. Dabei zeigt dieser erstaunliche Auftritt, als eine Art ›Handeln auf Probe‹, was aus einem anderen, öffentlicheren Kafka hätte werden können. Er belehrte seine Zuhörer nicht, wie Brod dies gerne tat, er blendete sie nicht wie Karl Kraus mit seinen semantischen Feuerwerken, und er langweilte sie auch nicht mit unverbindlicher Radikalität, wie es den frühen Expressionisten häufig unterlief. Kafka ergriff seine Zuhörer gleichsam hinterrücks, und das aggressive Spiel mit ihren Erwartungen, die er bestätigt, nur um sie zu zerschlagen, ist von einer modernen, reflektierten Intensität, für die man unter seinen Zeitgenossen schwerlich Vorbilder finden wird. Immer wieder wird Kafka Pläne schmieden, Prag zu verlassen und nach Berlin zu übersiedeln, ins Zentrum der Literatur, um der Literatur zu leben. Er wäre dort einer wacheren Kritik begegnet, der diese verborgene Seite des Mondes nicht entgangen wäre, das ist gewiss.

Doch im entscheidenden Moment blickte Kafka zurück. »Überirdisches Bewusstsein« genügte ihm nicht. Und darum endet seine stolze Notiz über den gelungenen Abend mit den Worten: »Meine Eltern waren nicht dort.«

Kafka: Die Jahre der Entscheidungen
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