5

Nachdem sie Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hatten – die Mühlen der französischen Bürokratie mahlten unglaublich langsam –, heirateten sie in der prachtvollen Cathédrale Orthodoxe Russe St. Nicolas.

Zena schrieb einen Brief an Alistair und bat ihn, ihr den Kummer zu verzeihen, den sie ihm bereitet habe. Freundlich und verständnisvoll wie eh und je, antwortete er, selbstverständlich würde er sich über ihre Versöhnung mit Prinz Kuzan freuen und ihr alles Gute wünschen.

Auch Alex erhielt einen Brief des Earls, was er Zena gegenüber nicht erwähnte.

Im Gegensatz zu seiner Behauptung hatte er tatsächlich ein Dutzend ›ruhige, zurückhaltende‹ Mädchen zu seinem Rivalen geschickt. Es war ihm schwergefallen, solche Damen in seinem Bekanntenkreis aufzuspüren, weil er sich normalerweise nicht mit diesem Frauentyp befaßte.

Das ›Geschenk‹ traf in zwei Kutschen vor Alistairs Haus ein, begleitet von einem Brief, in dem der Prinz seiner Hoffnung Ausdruck gab, der Earl möge unter den Damen einen Ersatz für Zena finden. Im Postskriptum betonte Alex, er erwarte kein Dankschreiben, da seine Gemahlin nichts von der Aktion erfahren solle.

Trotzdem antwortete Alistair und schickte seinen Kammerdiener Ridgely in den maurischen Palast, mit dem Auftrag, den Brief nur dem Prinzen persönlich auszuhändigen. Der Earl gratulierte Alex zu dessen erlesenem Geschmack, was Frauen betraf. Natürlich sei Zena unersetzlich, aber er habe die Gesellschaft der zwölf schönen, hochgebildeten Damen sehr genossen.

Grinsend warf Alex den Brief ins Kaminfeuer.

Wegen der körperlichen Behinderungen der Braut und des Bräutigams verbrachten sie eine geruhsame zweite Hochzeitsnacht im maurischen Palast. Sie hatten der Familie und den Freunden Telegramme geschickt, um sie über die Versöhnung und die neuerliche Heirat zu informieren. Am nächsten Morgen wollten sie auf der Yacht Southern Star eine Kreuzfahrt nach Biskra unternehmen. Zwei Wochen später, kurz vor der Geburt des Babys, würden sie nach Nizza zurückkehren.

Als sie in dieser Nacht nebeneinanderlagen, bemerkte Alex die gedrückte Stimmung seiner Frau. »Woran denkst du?«

»Würdest du’s undankbar und kindisch finden, wenn ich auch mal was anderes sein möchte als Ehefrau und Mutter?«

»Was meiner maman gut genug war, müßte auch meiner Gemahlin genügen«, erwiderte er melodramatisch.

»Mach dich nicht lustig über mich. Ich mein’s ernst.«

»Ah, der kleine Blaustrumpf … Schon gut, Liebling.

Wenn du Stroh im Kopf hättest, wie die meisten Damen meines Bekanntenkreises, würdest du mir nicht gefallen. Meinetwegen kannst du dich für die Frauenbewegung engagieren oder studieren. Wenn du willst, baue ich dir eine Universität. Oder ich klettere mit dir in die kaukasischen Berge und helfe dir, die Forschungen deines Vaters fortzusetzen. Trommeln wir eine Karawane zusammen! Soll ich schon mal zu packen anfangen?« Er wandte sich ab, als wollte er aus dem Bett steigen.

Erbost hielt sie ihn fest. »Hör auf, mich zu verspotten!«

»Das tu ich ja gar nicht!« protestierte Alex. »Ich bin ein sehr verständnisvoller Ehemann und erfülle alle deine Wünsche. Einen Gefallen solltest du mir allerdings erweisen. Treten wir die Reise in den Kaukasus erst nach deiner Niederkunft an. Ich fände es etwas unpassend, wenn mein Erbe in einer einsamen Felsenhöhle zur Welt käme.« Natürlich neckte er sie. Aber im Grunde meinte er es ernst. Er wollte sich nach besten Kräften bemühen, Zena glücklich zu machen. »Danach brechen wir auf. Womit soll ich mich denn sonst beschäftigen? Dieses ewige Einerlei – die Jagd im Winter, die militärischen Manöver im Sommer, die Gesellschaftssaison in Paris und Petersburg – das alles langweilt mich. Wenn du mir hin und wieder weitere Kinder schenkst, können wir die Zwischenzeit auf Forschungsreisen verbringen, meine kleine Suffragette.«

»Würde dich das wirklich nicht stören, Sasha?«

»Kein bißchen.«

»Aber – mit einem Baby …«

»Wir nehmen Sänften und Kinderfrauen für Bobby und das Kleine mit. Wohin du auch gehen willst, ich begleite dich. Nie wieder lasse ich dich aus den Augen«, versicherte er und umarmte Zena. »Noch eine qualvolle Trennung würde ich nicht ertragen. Du wirst mir doch kein zweites Mal davonlaufen?«

Heiße Freude erfüllte ihr Herz. »Nie mehr.«

Sie genossen zehn wundervolle Tage auf der Yacht im Mittelmeer und kehrten gerade noch rechtzeitig nach Nizza zurück. Zenas Wehen begannen bereits, bevor sie den Hafen erreichten. Während sie die letzten Seemeilen zurücklegten, liefen die Schiffsmotoren auf Hochtouren. Alex trug seine Frau zur wartenden Kutsche.

So schnell wie möglich fuhren sie zum maurischen Palast hinauf. Dort warteten die besten Ärzte und Hebammen von Nizza.

Alex saß am Bett seiner Gemahlin, die sich in heftigen Schmerzen wand, versuchte sie zu trösten und wurde von schrecklichen Schuldgefühlen geplagt. O Gott, was hatte er ihr angetan? Mußten das alle werdende Mütter durchmachen? »Können Sie denn nichts tun?« herrschte er die Ärzte an.

»Madame kommt sehr gut voran, Prinz Alexander«, entgegnete der Sprecher des schwarzgekleideten Kollegiums. »Normalerweise ziehen es die Ehemänner vor, draußen auszuharren …« Ein vernichtender Blick brachte ihn zum Schweigen.

Da Alex dem Doktor mißtraute, wandte er sich besorgt an die Hebammen. »Ist wirklich alles in Ordnung?«

»Nur noch ein paar Minuten, Monsieur, dann hat sie’s überstanden«, antwortete eine mitfühlende alte Frau.

Inständig hoffte Alex, sie würde recht behalten, und umklammerte Zenas schlaffe Hand. Es dauerte tatsächlich nicht mehr allzulange, bis ihm die alte Hebamme ein schreiendes, in weißes Leinen gehülltes Bündel in den Arm legte.

»Ein Prachtbursche, Monsieur.«

Erleichtert hielt er das Baby fest. Zena lächelte schwach. »Ist es vorbei?«

»O ja, mein Liebling, und ich danke dir für einen schönen, starken Sohn.«

»Ein Junge – wie du …«, flüsterte sie, schloß die Augen und schlief erschöpft ein.

Nicht wie ich, dachte er, während er das Baby neben seine Frau legte.

Bestürzt musterte er das helle Haar, die blauen Augen. In der Familie Kuzan waren noch nie blonde, blauäugige Kinder geboren worden.

Als Yuri das Telegramm aus Nizza erhielt, saß Amalie gerade in seinem Salon und trank mit ihm Tee. Lässig warf er seiner neugierigen Freundin das Papier zu, nachdem er die wenigen Zeilen überflogen hatte.

»Verdammt!« fluchte sie.

»Jetzt ist er dir wohl endgültig durch die Lappen gegangen, ma chérie.«

Mit seelenvollen lavendelblauen Augen schaute sie ihn an. »Diesmal scheint die Ehe gültig zu sein.« Von neuer Hoffnung erfüllt, fragte sie: »Glaubst du, er hat nur wegen des Kindes auf einer rechtskräftigen Heirat bestanden?«

»Sei nicht albern, Amalie. Er wollte Zena zurückgewinnen. Endlich hat er erkannt, wie sehr er sie liebt. Natürlich denkt er auch an die Zukunft seines Kindes. Aber dieses Problem hätte er mit seinem Geld lösen können. Du kannst nicht alle Männer haben, die dich reizen, meine Liebe.«

»Bisher ist mir das immer gelungen.«

»Sasha ist nun mal anders.«

»Das weiß ich«, seufzte sie unglücklich. »Was soll ich nur machen? Jetzt bin ich schon zweiundzwanzig.«

»Hör mal, du redest nicht mit deinem derzeitigen Liebhaber, sondern mit einem alten Freund. Vierundzwanzig. Also im besten Alter.«

Mit ihren trüben Gedanken beschäftigt, ignorierte sie seinen ungalanten Einwand. »Die Männer mögen nur junge Mädchen. Ich will keine verblühte Schönheit werden, die auf die Jagd nach neuen Liebhabern geht. O Yuri, das wäre eine schreckliche Demütigung!« Tränen glänzten in ihren Augen.

Noch nie hatte er sie weinen sehen. Nicht einmal das fünfzehnjährige Mädchen, das nach dreitägigen schmerzhaften Wehen die kleine Betsy geboren hatte, war in Tränen ausgebrochen. Schon in ihrer Jugend hatte sie sehr stark sein müssen, um für ihren schwachen Vater zu sorgen.

»Auch ich habe Gefühle, Yuri«, klagte sie. »Oh, ich bin so verzweifelt!«

Er betrachtete ihr ebenmäßiges Gesicht, die klassischen Züge, die hohen Wangenknochen, die ausdrucksvollen Augen, den sinnlichen Mund, das dichte, goldblonde Haar. »Weine nicht, Liebes. So schlimm sieht die Zukunft gewiß nicht aus. Mit deinen vierundzwanzig Jahren bist du keineswegs alt, und deine Schönheit wird noch lange nicht vergehen.« Wehmütig erinnerte er sich an das bezaubernde Mädchen, das sich auf einer blumenübersäten Sommerwiese in seine Arme geworfen und die süße Leidenschaft der ersten Liebe genossen hatte. Jetzt war Amalie eine betörende Frau, der es gefiel, immer wieder ihre Wirkung auf Männer zu erproben. Mit Alex hatte sie ihre erste Niederlage erlitten. Die makellose Schönheit war ihre wichtigste Waffe, die ihre Erfolge sicherte –, der sie ihre Ehe mit einem steinreichen Mann verdankte und die so viele Männer bewog, sich vor ihre Füße zu werfen. Nun mußte sie jedoch weitere Niederlagen befürchten.

»O Yuri, ich habe solche Angst …«

Da setzte er sich zu ihr aufs Sofa und nahm sie in die Arme. Der Duft ihrer seidigen Haare stieg ihm in die Nase. Zu seiner eigenen Verblüffung hörte er sich in väterlichem Ton sagen: »Zum Teufel, Amalie, du haßt Boris, und Alex kannst du nicht kriegen. Und nachdem Zena für mich unerreichbar ist, würde ich mich gern mit dir begnügen.«

»Zena?« Verstört rückte sie ein wenig von ihm ab und starrte ihn an. »Du auch?«

»Eine bemerkenswerte Frau, ma chérie. Das wäre sogar dir aufgefallen, wenn du dich bemüht hättest, sie etwas besser kennenzulemen. Tapfer und stark wie du, schön und klug.«

Zunächst fühlte sie sich etwas gekränkt, weil sie für die zweitbeste Lösung gehalten wurde. Doch dann kam das warmherzige Mädchen vom Land zum Vorschein, das sich hinter der Fassade der Gesellschaftslöwin verbarg. »Wir beide, Yuri? Ach, ich weiß nicht recht …«

»Ich wollte dich schon vor zehn Jahren heiraten.«

»Dafür hattest du zuwenig Geld.«

»Jetzt ist dein Vater tot, und du mußt seine Spielsucht nicht mehr finanzieren.«

»Ja, das stimmt.«

»In vierzehn Tagen würde ich deine Scheidung arrangieren. Und dann können wir endlich wunderschöne goldblonde Kinder zeugen.«

»Soll ich meine Figur ruinieren?« schmollte sie spielerisch.

»Ist dir das wirklich so wichtig?« flüsterte er und zog sie an sich.

»Wenn du keinen Wert darauf legst …«

»Für mich bleibst du ewig schön, mit oder ohne Figur. Wir werden auf unserer Veranda daheim in der Ukraine sitzen und zusehen, wie unsere Kinderschar heranwächst.«

Lächelnd stellte sie sich diese idyllische Szene vor. Sie hatte sich schon immer Kinder gewünscht und damals zutiefst bedauert, daß sie die kleine Betsy nicht selbst aufziehen durfte. In ihrer Ehe hatte sie alles getan, um eine Schwangerschaft zu verhindern, weil sie fürchtete, Boris’ Kind könnte seine Grausamkeit und andere unangenehme Wesenszüge erben.

»Und wenn du nach unserem fünften Kind dick und fett bist, liebe ich dich noch mehr«, wisperte Yuri zärtlich und begann, ihr Kleid aufzuknöpfen.

Freudestrahlend schlang sie die Arme um seinen Hals und streichelte sein goldblondes Nackenhaar. »Bring mich nach Hause, Yuri.«

»Bald. Und ich lasse dich nie wieder gehen, meine Liebste.«

Am nächsten Morgen traf ein Telegramm von Yuri in Nizza ein. Alex und Zena saßen auf der Terrasse über dem Meer. In einem bequemen Korbsessel zurückgelehnt, hielt die junge Mutter ihr schlafendes Baby im Arm, und Bobby fuhr auf seinem Dreirad über den Marmorboden.

»Stell dir vor, Yuri und Amalie heiraten«, verkündete Alex. »Und er fügt hinzu, sie würde sich entschuldigen, weil sie dich so unhöflich behandelt hat.« Skeptisch hob er die Brauen. »Kaum zu glauben, daß dieses Biest die Krallen einzieht …«

»Jedenfalls freue ich mich für die beiden.« In ihrem eigenen Glück wünschte Zena allen Menschen auf dieser Welt nur das Beste.

»Trotzdem – eine seltsame Ehe …«

»Nicht unbedingt. Amalie und Yuri wuchsen auf aneinandergrenzenden Ländereien in der Ukraine heran und genossen gemeinsam ihr erstes Liebeserlebnis. Als sie schwanger wurde, wollte er sie heiraten. Aber sie mußte wegen der Spielschulden ihres Vaters eine reiche Partie machen. Deshalb nahm Yuri die kleine Betsy zu sich. Übrigens, er telegrafiert mir, ich soll mich in neun Monaten bereithalten, um die Patenschaft für seinen Erben zu übernehmen. Die beiden kehren in die Ukraine zurück.«

»Sicher bekommen sie wunderschöne Kinder.«

Alex warf einen Blick auf das blonde Baby »Wenn ich’s nicht besser wüßte, würde ich behaupten, Yuri hätte auch deinen Sohn gezeugt.«

»Wie kannst du so etwas sagen!«

»Nun, er war oft in deiner Nähe.«

»So wie du!«

»Weiß ich denn, was passiert ist, während ich betrunken war? Und was Yuris Charakter betrifft, mache ich mir keine Illusionen.«

»Und was hältst du von meinem Charakter?« fragte sie beleidigt.

»Immerhin habe ich dich auf der Straße aufgelesen. In derselben Nacht wurdest du meine Geliebte, und danach quartierte ich dich in meiner Datscha ein – wogegen du nichts einzuwenden hattest. So benimmt sich keine tugendhafte Frau.«

»Glaubst du mir, wenn ich dir versichere, daß ich mich keinem anderen Mann außer dir hingegeben habe?« Was sie in der Gewalt des grausamen Türken empfunden hatte, konnte man wohl kaum als Hingabe bezeichnen.

»Natürlich glaube ich dir«, beteuerte er. Aber die Zweifel ließen sich nicht zerstreuen. Wie auch immer, er würde das blonde, blauäugige Baby lieben, weil es Zenas Kind war. Und daß er sie zurückerobert hatte, erschien ihm wichtiger als alles andere.

»Mein Vater war blond und hatte blaue Augen«, erklärte sie.

»Gewiß, du hast recht.«

Noch nie hatte er eine Frau geliebt. Nichts durfte sein Glück mit Zena zerstören. Deshalb biß er die Zähne zusammen und beschloß, die verdächtige Haarfarbe seines Sohnes und die Augenfarbe nie mehr zu erwähnen.

Am späteren Abend, während die Kinder bereits schliefen, trafen zwei weitere Telegramme ein.

»Großer Gott!« rief Alexander und nahm die beiden Kuverts vom Silbertablett des Butlers. »Findet man denn nirgendwo Ruhe und Frieden?« Er riß das erste Telegramm auf, und fluchte mehrmals, bevor er es seiner Frau wortlos überreichte.

Erschrocken las sie die Warnung ihrer Schwägerin. Katelinas Mann war wieder einmal aus Europa zurückgekehrt und wütend über ihre enge Freundschaft mit Wolf gewesen. Unmißverständlich hatte er gedroht, er würde ihr die Kinder wegnehmen. Und Wolf drohte, er würde Katelina und die Kinder entführen und Stefan töten. Von diesem schrecklichen Plan hatte sie ihn abgebracht und Alex nur sicherheitshalber über die Ereignisse informiert, falls Wolf ihn um Hilfe bitten sollte. In seinem wilden Zorn war der Kaukasier abgereist, und niemand wußte, wo er steckte.

»Was für eine interessante Familie …«, bemerkte Zena lächelnd.

»Keine Bange, Papa wird alles in Ordnung bringen, so wie immer. Übrigens, Stefan ist ein Widerling, und ich teile Wolfs Meinung – eine Kugel wäre die beste Lösung des Problems. Willst du das zweite Telegramm lesen?«

Es stammte von Nikki. »Herzlichen Glückwunsch«, hatte er geschrieben. »Deine Mutter will ihr neues Enkelkind sehen. In einer Woche sind wir bei Euch.«

»Verschwinden wir!« stieß Alex hervor. Er wagte sich nicht vorzustellen, wie seine Eltern reagieren würden, wenn sie seinen blonden, blauäugigen Sohn sahen.

»Das wäre sehr unhöflich, Sasha.«

»Ja, allerdings. Unternehmen wir wenigstens eine kleine Kreuzfahrt. Vor der Ankunft meiner Eltern sind wir wieder in Nizza.« Irgendwann mußten sie das Baby sehen. Am besten, er brachte die Konfrontation möglichst schnell hinter sich. Welch eine Ironie! Überall liefen seine schwarzhaarigen unehelichen Kinder herum, und ausgerechnet der legitime Erbe sah nicht wie ein echter Kuzan aus.

Ein paar Tage später lagen sie an Bord der Southern Star unter einer schattenspendenden Markise, von einer sanften Meeresbrise erfrischt. Zena stillte das Baby. Dann stand sie auf, um in ein dünneres Kleid zu schlüpfen. Inzwischen war es ziemlich heiß geworden. »Sasha, würdest du Apollo halten, während ich mich umziehe?«

Das Kind hieß nicht Apollo, weil Alex diesen Namen einmal scherzhaft erwähnt hatte, sondern weil Zena fand, er würde zu ihrem Sohn passen. Schön und blond – wie der Sonnengott Apollo … »Leg ihn ins Körbchen, Liebling.«

Schon vor einiger Zeit hatte sie bestürzt festgestellt, wie wenig sich Sasha für seinen Erben interessierte. Er gönnte Apollo kaum einen Blick und vermied es geflissentlich, ihn zu berühren.

Mit dieser Beobachtung hatte sie völlig recht. Obwohl er sich zusammenriß, konnte er in seine morbiden Eifersucht die Nähe des Kindes kaum ertragen, und er schaute es tatsächlich niemals an. Sonst hätte er die schräg gestellten Kuzan-Augen längst bemerkt.

Nun saß das Baby plötzlich auf seinem Schoß. Höchste Zeit, daß du dich endlich einmal um deinen Sohn kümmerst, dachte Zena. Diesmal kommst du mir nicht so leicht davon. Ehe er protestieren konnte, eilte sie zur Kajüttreppe. Zum erstenmal seit der Niederkunft fühlte sich Alex gezwungen, seinen Erben genauer zu betrachten, der unschuldig zu ihm aufschaute und leise gluckste.

Alex’ Atem stockte. Ungläubig starrte er die goldbraunen Katzenaugen an, seit Jahrhunderten das unverwechselbare Kennzeichen des Kuzan-Bluts. »Zena!« schrie er. »Apollo hat goldbraune Augen!«

Lächelnd blieb sie auf der obersten Stufe stehen und drehte sich um. Diese Veränderung hatte sie schon seit einigen Tagen bemerkt. Nach der Geburt waren Apollos Augen blau gewesen, wie bei allen Babies. Dann hatten sich allmählich goldene Flecken darin gebildet. Als sie zu ihrem Mann zurückkehrte, flüsterte er tiefbewegt: »Ganz eindeutig – ein Kuzan!« Voller Stolz drückte er seinen Sohn an sich.

»Hast du jemals daran gezweifelt?«

»Keine Sekunde lang!« log er.