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Zena und Alex führten ein idyllisches häusliches Leben. Deshalb wurde der Prinz von seinen Freunden gehänselt, die ihn an seine früheren Eskapaden erinnerten, und er protestierte erbost. Aber im Grunde war er sehr zufrieden. Andere Frauen reizten ihn nicht mehr.
Eines Abends, eine Woche nach der Heimkehr, besuchte er mit Zena eine kleine Dinnerparty bei seinem Freund Yuri. Desinteressiert inspizierte Alex die Gäste. Dann zog er sich in die Bibliothek zurück, während Zena im Spielsalon saß, von Yuris Tante zu einer Bridge-Partie überredet. Er hatte keine Lust, Karten zu spielen, und die Mazurka, die im Nebenraum erklang, konnte ihn nicht aufs Tanzparkett locken.
In der Bibliothek herrschte angenehme Stille, und Alex begann sich zu betrinken. Um so leichter würden ihm später die nichtssagenden Floskeln von der Zunge gehen, wenn er sich mit den Leuten unterhalten mußte.
Nach einer Viertelstunde wurde er von Yuri aufgespürt, der ihm gegenüber in einen tiefen Polstersessel sank und sich ebenfalls einen Cognac eingoß. »Die ganze Moskauer Gesellschaft spricht von deiner Heirat«, bemerkte er, und Alex schnitt eine Grimasse. »Möchtest du wissen, was man über den Bogenschützen munkelt?«
»Selbst wenn ich’s gar nicht hören will, wirst du mir’s zweifellos erzählen.«
Seufzend verdrehte Yuri die Augen. »Nun, man sagt: ›Möge der Allmächtige seiner armen Frau beistehen.‹«
»Amen«, murmelte der Prinz und leerte sein Glas.
»Übrigens – darf ich dir schon jetzt zu einem bevorstehenden freudigen Ereignis gratulieren? Wie ich erfahren habe, erwartet deine Gemahlin ein Baby.«
»Diese Tratschgeschichten verbreiten sich verdammt schnell. Erst seit einer Woche sind wir wieder hier. Und ich hab’s selber erst vor kurzem herausgefunden.«
»Nun, eine verschmähte Frau besitzt erstaunlich scharfe Augen. Gestern teilte mir unsere süße Amalie die Neuigkeit mit, die mittlerweile ganz Moskau in Atem hält. Und ich wette, in vierundzwanzig Stunden werden auch die Petersburger Klatschmäuler kein anderes Gesprächsthema kennen.«
»Wenn’s überhaupt so lange dauert …«, erwiderte Alex ironisch.
»Natürlich wird man die Wochen an den Fingern abzählen.«
»Kurze Schwangerschaften gehören zur Familientradition der Kuzans.«
»Um die nächsten Monate beneide ich dich. Wie ich aus Erfahrung weiß, sind die Frauen in diesem Zustand besonders leidenschaftlich.«
»Da kann ich nicht mitreden. Bisher habe ich meine Affären spätestens vierzehn Tage nach einer Empfängnis beendet.«
»Nun, dann wirst du angenehme neue Erkenntnisse gewinnen.«
Rasch verstrichen die Tage. Alex war wechselhaften Stimmungen unterworfen. Manchmal gefiel ihm das erzwungene Eheglück, und im nächsten Augenblick trauerte er wieder der verlorenen Freiheit nach.
Seiner Frau gelang es meistens, solche düsteren Gedanken zu verscheuchen, und die sanfte Wölbung ihres Bauchs erfüllte ihn mit männlichem Stolz. Unter ihrem Herzen wuchs sein Kind. Zum erstenmal in seinem Leben bereitete ihm eine Vaterschaft – eine Situation, die er bisher geflissentlich ignoriert hatte – große Freude.
Tapfer versuchte Zena, auf seine wechselhaften Launen einzugehen. Er behandelte sie nur ganz selten unfreundlich, aber sie litt unter dem Desinteresse, das er hin und wieder zeigte. In solchen Momenten schien er ihre Gegenwart gar nicht wahrzunehmen. Glücklicherweise verwöhnte er sie genauso oft mit seinem unwiderstehlichen Charme, und das entschädigte sie für alle Enttäuschungen.