15. Kapitel
Steht zu eurem Wort, und die Welt wird ein freundlicherer Ort für euch sein, als wenn ihr es nicht tut.
So sprach die alte Heilerin Nora von Loch Lomond in einer kalten Nacht zu ihren drei Enkelinnen.
Als Caitlyn an diesem Abend zum Dinner ging, beschäftigten sie mehrere Dinge - vor allem natürlich ihre bevorstehende Aufgabe, aber sie musste auch an Alexander MacLean denken.
Sie war überrascht gewesen, dass er beim Rasenbillard mitgemacht hatte. Bis MacLean aufgetaucht war, hatte sie gewonnen und allen gezeigt, wie man dieses Spiel zu spielen hatte. Dann war Alexander mit tödlicher Präzision an ihr und Sally vorbeigezogen und hatte während des restlichen Spiels mehrere Male Dervishtons und Falklands Kugeln in die Büsche geschlagen, bis beide Männer heftig protestierten. Ihre bass erstaunten Gesichter waren sehr amüsant gewesen, und Caitlyn konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt so herzhaft gelacht hatte. Sie hatte zudem eine Seite von MacLean gesehen, von der sie geglaubt hatte, sie würde sie nie kennenlernen. Bisher hatte sie sich nicht vorstellen können, dass er Freude am Spielen hatte, doch er glänzte beim Rasenbillard mit einem Sinn für schwarzen Humor, der sogar Sally dazu brachte, ihn bewundernd anzusehen.
Die anderen Mitspieler hatten nicht so viel Glück gehabt. Am Ende des Spiels war Dervishton äußerst schlechter Laune, während Falkland offiziell Protest bei Caithness einlegte, der sich, nachdem seine Kugel in den Fluss geschlagen worden war, schließlich als Schiedsrichter angeboten hatte.
Eigentlich hatte Caitlyn spielen wollen, um auf diese Weise von Dervishton mehr Informationen über Lord Dingwalls momentane Situation zu erfahren. Sie fand jedoch rasch heraus, dass der junge Lord nichts weiter wusste; seine Familie lebte schon zu lange nicht mehr hier auf dem Land, um noch von irgendwelchem Nutzen für Caitlyn zu sein. Sie hatte sich jedoch von ihrer Enttäuschung nicht den Nachmittag verderben lassen.
Einzig die Tatsache, dass MacLean von der Terrasse aus zuschaute, wo die Duchess in einem Stuhl neben ihm ruhte, schmälerte ihr Vergnügen. Obwohl Caitlyn den Gesichtsausdruck der Duchess nicht erkennen konnte, hatte sie das ungute Gefühl, dass man über sie herzog. In letzter Zeit schien die Duchess kaum einen Satz von sich geben zu können, ohne deutlich darauf hinzuweisen, dass Caitlyn von ihrer Herkunft her nicht zum Rest der Gesellschaft passte. Schlimmer noch, die ältere Frau gebärdete sich gegenüber MacLean immer besitzergreifender.
Nun, da sie bereit war, zum Dinner in den Speisesaal zu gehen, blieb Caitlyn am Fuß der breiten Treppe stehen, zog ihre langen Handschuhe zurecht und schaute dabei in die großen Spiegel an den Wänden der Halle, um sich zu überzeugen, dass ihr rosaweißes Kleid richtig saß. Die Duchess mochte über viele Dinge spotten, aber an Caitlyns Garderobe gab es nichts zu kritisieren.
Als sie oben an der Treppe ein Geräusch hörte, wandte Caitlyn sich um und sah den Marquess of Treymont und seine reizende Frau die Stufen herabsteigen. Honorias rote Haare waren zu einem Dutt aus anmutigen Locken hochgesteckt. Als sie die Halle erreichte, lächelte Honoria freundlich. „Caitlyn! Guten Abend!“ Caitlyn machte einen Knicks. „Mylady. Mylord.“
„Sie haben heute etwas Sonne abbekommen“, stellte Treymont fest.
„Ich werde wohl nie einen modisch blassen Teint haben“, erklärte Caitlyn mit einem reumütigen Lächeln. „Dafür halte ich mich viel zu gern im Freien auf.“
Honoria zog eine Grimasse. „Mir geht es genauso, allerdings werde ich immer gleich rot wie ein Hummer. Ich bringe es einfach nicht über mich, das Reiten aufzugeben.“
„Ich sehe zwei wunderschöne Frauen vor mir.“ Der Marquess lächelte strahlend, und seine blauen Augen bildeten einen ungewöhnlichen Kontrast zu seinen schwarzen Haaren.
„Das haben Sie sehr schön gesagt, Mylord“, bemerkte Caitlyn leise lachend.
„Eine brillante Feststellung“, stimmte Honoria zu und musterte ihren Ehemann mit einem liebevollen, fröhlichen Blick. „Ich bin beeindruckt.“
„Das solltest du auch sein“, erwiderte er prompt. „Wie war das Rasenbillard, Miss Hurst? Wir hatten eigentlich vor, mitzuspielen, beschlossen dann aber doch, bei dem schönen Wetter einen Ausritt zum See zu machen.“
„Sie haben ein hartes Match versäumt.“
„Haben alle mitgemacht?“
„Oh nein. Lady Elizabeth hatte Kopfschmerzen, Lord Dalfour wollte unbedingt ein Nickerchen machen, und der Duke war indisponiert ... “
„Was bedeutet, dass er in seinem Lieblingssessel in der Bibliothek geschlafen hat“, folgerte Treymont lächelnd.
„Genau. Lady Kinloss war überhaupt nicht begeistert von der Idee zu spielen und hielt sich fern, ebenso wie ihre Gnaden.“ „Ihre Gnaden“, wiederholte Honoria mit einem leisen Schnauben.
Caitlyn zog die Brauen hoch.
„Honoria“, sagte ihr Mann in warnendem Ton.
„Es tut mir leid, aber es ist unfair, wie diese Frau den armen Dingwall behandelt!“
„Sie kennen Lord Dingwall?“, erkundigte sich Caitlyn.
„Er ist ein entfernter Cousin meiner Frau“, erklärte Treymont. „Deshalb neigt sie dazu, sich auf seine Seite zu schlagen, ganz gleich, ob er es verdient oder nicht.“
Honoria seufzte. „Der arme Mann leidet.“
„Ich fühle wegen der Tragödie mit ihm, aber deshalb musste er nicht die Hunde auf uns hetzen.“ Treymont schüttelte den Kopf. „Er ist ein komischer alter Kauz.“
„Er hat die Hunde auf Sie gehetzt?“, erkundigte Caitlyn sich entsetzt.
„Ja, vier von diesen bösartigen Geschöpfen“, bestätigte Honoria. „Ich kann mich nur an ein einziges Mal erinnern, es liegt schon Jahre zurück, dass Dingwall freundlich zu uns war.“
„Ich weiß es auch noch. Zufällig ritt im gleichen Moment, in dem wir mit Dingwall sprachen, die Duchess durch die Stadt.“ Der Marquess verzog das Gesicht. „Ich hatte kurz vorher eine Unterhaltung mit ihr geführt, die mich ziemlich wütend gemacht hat, und ich sagte ... “
„Etwas, das er nicht hätte sagen sollen.“ Honoria warf ihrem Mann einen warnenden Blick zu. „Dingwall fing sofort an zu strahlen und machte Treymont sogar ein Kompliment zu seinem Mantel. Das war das erste und einzige Mal, dass er ein freundliches Wort zu einem von uns gesagt hat. Es war, als fühlte er sich mit uns gegen den gemeinsamen Feind verbunden.“
Das verstand Caitlyn. Auch sie fühlte sich bereits mit der Marchioness verbunden.
Honoria lächelte Caitlyn an. „Warum interessieren Sie sich für Dingwall?“
„Nur aus Neugier und Langeweile. Sollen wir uns den anderen anschließen?“
Die drei traten gemeinsam ins Speisezimmer.
Dort hörte Caitlyn amüsiert zu, wie Sally ununterbrochen Caithness wegen seiner verlorenen Billardkugeln neckte und der gebratenen Ente kaum Aufmerksamkeit schenkte. Doch einige Gänge später wurde Sallys Interesse umso mehr geweckt, als man ihr ein Schokoladentrifle auf Sahne servierte.
Das cremige, gehaltvolle Biskuitdessert beruhigte Caitlyns angespannte Nerven. Mit einem versonnenen Lächeln schloss sie die Lippen um den Löffel und die Süßigkeit schmolz auf ihrer Zunge. Die köstliche Creme ließ sie zufrieden aufseufzen. Sie hob gerade erneut den Löffel zum Mund, als sie Lord Dervishton dabei ertappte, wie er sie anstarrte. Der Blick des Mannes hing an ihren Lippen, sein Gesichtsausdruck zeigte eine Mischung aus Sinnlichkeit und Gier.
Caitlyns Wangen fingen an, zu glühen, und sie wandte sich von Dervishton ab und aß rasch ihr Dessert auf.
Dabei blickte sie automatisch zu MacLean hinüber. Er schaute sie an und zog die Brauen hoch, dann sah er zu Dervishton, und seine Augen leuchteten spöttisch. Caitlyn erwiderte MacLeans Lächeln, und ohne Worte waren sie sich an den beiden Enden der langen Tafel einig, dass Lord Dervishton ein Dummkopf war.
Dann ließ Georgiana mit lauter Stimme eine Bemerkung fallen, die MacLeans Antwort erforderte, und er wandte sich nur widerwillig von Caitlyn ab. Die Duchess war an diesem Abend ganz besonders schön. Sie hatte ihre roten Haare zu einer komplizierten Frisur hochgesteckt und mit einer smaragdgrünen Schleife geschmückt, die ihre blauen Augen zum Leuchten brachte. Dazu trug sie ein hübsches gelbes Seidenkleid mit Flügelärmeln, das auf jeder Schulter ebenfalls mit einer grünen Schleife versehen war, was ihm besondere Eleganz und Anmut verlieh.
Diese verdammte Frau!
Während Caitlyn zu ihr hinüberschaute, beugte Georgiana sich vor und legte ihre Hand über die von MacLean, die neben seinem Teller ruhte. Dann blickte sie mit einem überlegenen Lächeln zu Caitlyn und flüsterte MacLean etwas zu.
Rasch schaute er ebenfalls in Caitlyns Richtung und zog die Brauen zusammen, als er feststellte, dass sie ihn ansah. Verlegen senkte Caitlyn den Blick auf ihren Teller, doch zuvor sah sie noch, wie Georgiana mit leiser Stimme etwas sagte, das MacLean ein boshaftes Lächeln entlockte.
Die Duchess machte sich über sie lustig, und MacLean stimmte ihr zu. Caitlyn kämpfte den Wunsch nieder, ihr Wasserglas über dem hübschen Kleid der Duchess zu leeren. Ein solches Benehmen würde ihr und ihrer Familie mehr Leid zufügen als der Duchess.
Verdammt, das Leben war ungerecht! Es würde besser sein, wenn ...
Etwas erregte Caitlyns Aufmerksamkeit. Mrs Pruitt stand im Flur vor der Tür zum Speisezimmer und staubte energisch eine Vase auf einem Tischchen ab.
Caitlyn runzelte die Stirn. Mrs Pruitt war eine Haushälterin, die viele Dienstboten unter sich hatte. Solche Haushälterinnen wischten nicht Staub, schon gar nicht in einem Korridor vor einer geöffneten Tür, hinter der die Gesellschaft beim Dinner saß. Irgendetwas stimmte da nicht! Was hatte die Haushälterin vor?
Caitlyn musste nicht lange warten, um es herauszufinden. Ein livrierter Diener trat in den Flur. Er schaute sich um, und nachdem er niemanden außer Mrs Pruitt entdeckte, schlenderte er wie zufällig auf sie zu. Als er auf einer Höhe mit ihr war, ließ er, ohne sie anzusehen, etwas auf den Boden fallen und ging lässig weiter.
Mrs Pruitt wartete nicht einmal so lange, bis der junge Mann nicht mehr zu sehen war, bevor sie sich auf die zusammengefaltete Nachricht stürzte und sie in die Tasche steckte. Als sie sich dem Dienstbotentrakt zuwandte, bemerkte sie Caitlyns Blick.
Nachdem Mrs Pruitt sich erst nach rechts und dann nach links umgesehen hatte, holte sie den gefalteten Zettel aus der Tasche, wedelte damit bedeutungsvoll und formte dabei mit den Lippen unverständliche Worte. Caitlyn runzelte die Stirn. Mrs Pruitt führte erneut ihre Pantomime auf, dieses Mal mit noch übertriebeneren Gesten, was die Sache noch unverständlicher machte.
Caitlyn schüttelte fast unmerklich den Kopf, und Mrs Pruitt zog die Schultern hoch und deutete auf die Treppe. Das verstand Caitlyn, und sie nickte. Mrs Pruitt lächelte strahlend und verschwand die Stufen hinauf.
Caitlyn starb fast vor Neugierde. Was wohl auf dem Zettel stand? Hatte es mit Lord Dingwall zu tun?
„Das ist aber seltsam“, hörte sie MacLeans volltönende Stimme.
Caitlyn hielt die Luft an. Hatte er etwas bemerkt?
„Was ist seltsam?“, erkundigte sich Georgiana.
MacLean schaute Caitlyn direkt ins Gesicht, obwohl er mit Georgiana sprach. „Ich dachte, ich hätte etwas im Korridor gesehen.“
Als Georgiana den Kopf wandte, um durch die Tür zu schauen, zuckte er mit den Schultern und erklärte: „Was auch immer es war, es ist fort.“
Caitlyn zwang sich, langsam bis zehn zu zählen, damit sie MacLean nicht unverblümt sagte, was sie von ihm hielt, ganz besonders weil er immer noch grinste, als würde ihn etwas unglaublich amüsieren.
Sie wartete auf eine Pause im allgemeinen Geplauder und erklärte dann: „Ich fürchte, ich habe Kopfschmerzen. Entschuldigen Sie mich bitte, wenn ich mich auf mein Zimmer zurückziehe?“ Sally führte das Durcheinander aus Genesungswünschen an, und Dervishton bot an, sie bis zu ihrer Zimmertür zu begleiten. Caitlyn hielt ihn davon ab, indem sie verkündete, dass nicht nur ihr Kopf, sondern auch ihr Bauch schmerzte.
Daraufhin erlosch das Leuchten in seinen Augen, und es gelang ihr, den Raum ohne Begleitung zu verlassen. Im selben Augenblick, in dem sie außer Sichtweite war, raffte sie ihre Röcke und rannte die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer.
„Es wird Ihnen nich gefallen, was wir herausgefunden haben“, erklärte Muiren und schaute betrübt drein.
„Genau“, stimmte Mrs Pruitt ihr zu und schnalzte mit der Zunge. „Es sind keine guten Nachrichten.“
„Sehr schlechte Nachrichten“, fügte Mrs Sterling düster hinzu. Erstaunt hatte Caitlyn festgestellt, dass die Näherin zusammen mit Muiren und Mrs Pruitt in ihrem Zimmer auf sie wartete.
Mrs Pruitts Worten zufolge würde die ältere Frau äußerst hilfreich sein. Ungewöhnlich groß und hager, mit breiten Schultern und einer großen Hakennase, das borstige graue Haar zu einem strengen Knoten zusammengefasst, war Mrs Sterling eine beeindruckende Frau.
„Was haben Sie herausgefunden?“, erkundigte sich Caitlyn. „Wenn Sie wie ein normaler Gast einfach zur Vordertür gehen, kommen Sie nie und nimmer hinein. Sein Butler hat den Auftrag, jeden auf die Straße zu werfen, der an die Tür klopft. Darüber müssten Sie sich eigentlich keine Gedanken machen, aber wenn Sie erst einmal die Eisenspitzen auf dem Zaun gesehen haben und das Distelfeld und ... “
„Zäune und Disteln?“ Caitlyn rieb sich die Stirn, hinter der Bilder von einschüchternden Butlern und Distelfeldern auf sie einstürzten. „Du liebe Güte, das wird schwierig.“
„Genau“, stimmte Muiren ihr zu. „Deshalb haben wir Ihnen Mrs Sterling mitgebracht.“
„Sie kann uns helfen“, fügte Mrs Pruitt hinzu.
„Kennt sie einen Schleichweg ins Haus?“
Muiren strahlte. „Oh nein, es iss noch viel besser: Lord Dingwalls Butler iss ihr Sohn.“
Mrs Sterling plusterte sich auf. „Ja, Miss, mein Angus iss der Butler vom alten Dingwall. Ich geh mit Ihnen hin und sorg dafür, dass er Sie reinlässt. Er lässt seine eigene Mutter nich vor der Tür stehen.“
„Da ist noch was, Miss“, erklärte Mrs Pruitt stolz. „Mrs Sterling weiß auch, was seine Lordschaft gern isst. Die Köchin hat einen Korb für Sie hergerichtet, den Sie morgen Vormittag mitnehmen können.“
„Das ist so nett von ihr! Ich werde in der Küche Vorbeigehen und ihr danken.“
„Ach, Miss, wir sind alle auf Ihrer Seite“, sagte Mrs Pruitt, und Mrs Sterling nickte dazu. „Die Hausmädchen, die Wäscherinnen, alle Frauen im Haus halten zu Ihnen.“
„Und Sean auch“, fügte Muiren ernsthaft hinzu und wurde rot, als Mrs Pruitt ihr einen strafenden Blick zuwarf. „Nun, so isses. Er hat Ihnen eine Karte vom Dingwall-Haus mitgebracht.“ Steif erklärte Mrs Pruitt: „Muirens Sean hat die Schwester von der Frau von seinem Cousin eine Karte malen lassen, wie Sie zu Dingwalls Haus kommen ...“
„... und“, fuhr Muiren fort, ,,’ne Zeichnung vom Haus, wie es ungefähr von innen iss, falls Sie so was brauchen.“
„Das ist so freundlich von ihm!“
„Stimmt wohl“, bemerkte auch Mrs Pruitt und sah Muiren finster an, während sie fortfuhr: „Nicht dass du denkst, nur weil wir einen Notfall haben, würdest du damit durchkommen, die Regeln hier im Haus zu brechen, wenn du mit einem Diener herumpoussierst.“
Muiren sah aus, als hätte sie nur zu gern widersprochen, aber Mrs Sterling hob ihre hagere Hand. „Ach, hab keine Angst, Muiren. Ich kenn Brianna Pruitt jetzt schon an die vierzig Jahre, und sie hat ’n weiches Herz, wenn es um Romanzen geht, ganz besonders um ihre eigenen.“
Mrs Pruitt errötete. „Ich habe keine Ahnung, wovon Sie da reden.“
„Ach? Was war denn mit dem Diener, als Sie beim Duke of Carlyle Hausmädchen waren?“
„Das war keine ...“
„Und Lord Coldburgs Kammerdiener? Und der Stallbursche von ...“
„Alyce Fia Sterling! Es reicht jetzt, danke sehr!“ Mit glühenden Wangen wandte Mrs Pruitt sich wieder Caitlyn zu. „Wie ich schon gesagt habe, bevor all dieser Blödsinn zur Sprache kam: Wir wollen Sie gut vorbereitet in die Schlacht schicken.“
Muiren nickte. „Sie brauchen Waffen, wenn Sie den Drachen Dingwall töten wollen.“
Über diese Bemerkung musste Caitlyn lächeln. „Nach allem, was ich über ihn gehört habe, würde ihm diese Beschreibung gefallen.“
„Er hat den Namen verdient, denn er speit Feuer in die Welt hinaus. Das tut er“, beharrte Muiren.
Mrs Pruitt zog die Nachricht aus der Tasche, die Caitlyn schon vorher gesehen hatte. „Für Sie, Miss - die Karte, wie Sie zum Haus kommen.“
„Das ist mir eine große Hilfe. Ich konnte das Haus vom Rasen aus nicht sehen, sodass ich nicht einmal sicher war, in welche Richtung ich gehen muss.“
„Jetzt werden Sie es leicht finden. Aber zusammen mit den guten Nachrichten gibt es auch schlechte: Lord Dingwall hatte eine Meute bissiger Hunde, die alles jagen, worauf er mit seinem knochigen Finger zeigt.“
„Ich habe von seinen Hunden gehört.“
„Ach, man spricht hier in der Gegend überall von ihnen.“
Mrs Sterling räusperte sich. „Aber die Hunde sind nich das Schlimmste. Am schlimmsten iss das bissige Pferd.“
Verwirrt riss Caitlyn die Augen auf. „Das ... Haben Sie gesagt bissiges Pferd?“
„Genau. Dingwall hat ’nen Zaun um ’n Feld ganz vorn auf seinem Besitz gezogen und da rein ’ne riesige bösartige Stute gestellt.
Sie würde ’n Stück so groß wie Ihre Hand aus Ihnen herausbeißen. Sie iss ’n altes Pferd und so gemein, wie die dann eben werden.“ Caitlyn ließ die Schultern nach vorn fallen. „Ich dachte, der schwierigste Teil dieser Aufgabe würde sein, Lord Dingwall zu überzeugen, das Haus der Duchess zu betreten. Jetzt glaube ich, das ist das Einfachste von allem! Da gibt es ein bissiges Pferd, Wachhunde, einen Mann, der niemanden durch die Tür lässt -weiß der Himmel, was noch alles kommt!“
„Es wird ’n richtiges Abenteuer, ja, das wird’s“, stellte Mrs Sterling grinsend fest. „Aber Sie haben Waffen, ’ne Karte und mich als Führer. Nun brauchen Sie nur noch ’n tapferes Herz.“
Angesichts des ermutigenden Lächelns der Frau spürte Caitlyn leise Hoffnung in sich aufsteigen. „Ich bin bereit, wenn Sie es sind.“