2. Kapitel

Ach, ihr Mädchen, vertraut niemals einem Mann, der behauptet, er könne ein Geheimnis für sich behalten.

So sprach die alte Heilerin Nora von Loch Lomond in einer kalten Nacht zu ihren drei Enkelinnen.

Drei Tage später löste Caitlyn die Ösen des Ledervorhangs vor dem Kutschenfenster. Umgehend strömte eisige Luft ins Wageninnere. Sie erschauderte, kuschelte sich tiefer in ihren warmen Wollmantel und stopfte die Decken um ihre Beine fest. Dank der dicken Wolldecken und des Fußwärmers waren nur ihre Wangen und ihre Nase kalt.

Sie war noch nie so luxuriös gereist, doch die Fahrt zog sich ermüdend lange hin. Dass man nur langsam vorankam, war der Preis für die Reise in einer so komfortablen Kutsche.

Viele Menschen hätten den Luxus, den die Kutsche bot, als Entschädigung für den zusätzlichen Reisetag betrachtet, doch Caitlyn ertappte sich dabei, wie sie im Geiste versuchte, die Kutsche anzutreiben. Doch der Wagen schaukelte dahin und suchte sich seinen Weg auf der holprigen Straße mit den vielen Schlaglöchern. Sie schienen an jedem Gasthaus zu halten. Obwohl sie beeindruckt war von den angebotenen warmen Getränken, dem Käse und dem knusprigen Brot und es genoss, dass die Diener bei jeder Pause den Fußwärmer mit heißen Kohlen füllten, war sie des Sitzens nur noch überdrüssig. Sie wollte endlich ankommen!

Caitlyn wandte sich an ihre Begleiterin, eine Zofe, die die Duchess ihr als Anstandsdame geschickt hatte. „Wie lange dauert es noch, bis wir Balloch Castle erreichen, Muiren?“

Muiren, eine dünne, knochige Frau, die die traditionelle schwarze Tracht der Zofen trug und in einen dicken Mantel gewickelt war, öffnete die Augen und blinzelte verschlafen aus dem Fenster. „Wir sind schon fast da, Miss. Noch ’ne Stunde, vielleicht auch zwei.“

„Oh, hoffentlich!“ Caitlyn rieb sich die Hüfte. „Ich kann kaum noch sitzen.“

„Sie sind sicher müde, aber Sie werden froh sein, dass wir uns Zeit genommen haben. Wär’s nich so gewesen, würden Sie blau und grün sein, wenn wir Bailoch Castle erreichen, hungrig wie ’n Wolf und kalt wie ’n Eiszapfen.“

Es gelang Caitlyn, zu lächeln. „Du hast natürlich recht. Ich bin nur ungeduldig.“

Muiren lehnte sich in ihrer Ecke zurück. „Machen Sie ’n Nickerchen, Miss. Dann werden Sie sich besser fühlen, wenn wir ankommen.“ Sie schloss die Augen und fing wenige Minuten später an, zu schnarchen.

Die Gelassenheit der Zofe besänftigte Caitlyn nicht, und sie schaute weiter sehnsüchtig aus dem Fenster. Der Weg führte nun direkt nach Norden, es wurde immer kälter, und die Landschaft wurde immer wilder und schöner, je weiter sie fuhren. Sie erschauderte und wünschte sich, sie hätte im letzten Gasthof nicht schon ihren moderneren Mantel und die Stiefeletten für die Ankunft angezogen.

Nach einer Stunde begann die Straße steiler anzusteigen, während sie sich durch die grünbraunen Hügel wand und schließlich an das Ufer eines wunderschönen Sees führte, der von silbrig glänzenden grauen Steinen umgeben war. Das Wasser schimmerte tiefgrün, auf den felsigen Hügeln zu beiden Seiten wuchs Heidekraut. Zwischen zwei kleineren Hügeln erhob sich ein zerklüfteter Berg mit verschneitem Gipfel, der sich im See widerspiegelte.

Caitlyn lächelte, als sie spürte, dass sich in ihr tiefer Frieden ausbreitete. Dieses Gefühl überraschte sie; es war fast, als würde sie nach Hause kommen. Was vielleicht gar nicht so erstaunlich war, denn ihre Großmutter lebte nur einen halben Tagesritt von hier entfernt auf der anderen Seite des Sees. Als Kind hatte Caitlyn viele Tage damit verbracht, durch eine Hügellandschaft wie diese zu wandern, während sie und Triona sich gemeinsam Geschichten über die sagenhaften MacLeans ausdachten.

Ihre Großmutter, die von allen nur Mam genannt wurde, war von den MacLeans fasziniert, was zum Teil daher rührte, dass sie von ihrem Haus die Burg der MacLeans sehen konnte. Aber auch Neugierde wegen des auf den MacLeans lastenden Fluchs spielte eine Rolle. Caitlyn war ebenfalls neugierig - vielmehr sie war es früher gewesen, wie sie sich jetzt energisch einredete. Es war an der Zeit, derartige Torheiten zu vergessen. Sie würde den gefährlichen und verruchten Alexander MacLean nie Wiedersehen, und das war gut so.

Muiren regte und streckte sich und beugte sich vor, während sie ein Gähnen unterdrückte. Sie schaute über Caitlyns Schulter hinaus in die Landschaft. „Ah, wir sind fast da.“

„Wunderbar! Ich war noch nie auf einer echten Burg.“

„Es ist keine richtige Burg. Ihre Gnaden sagt, es iss ’n ,burgartiges Herrenhaus, und das heißt, es iss ’n Herrenhaus, das mit Mauerwerk und so als Burg verkleidet iss.“ Muiren schüttelte den Kopf. „Was werden sich die Herrschaften als Nächstes ausdenken?“

„Meine Großmutter wohnt ganz in der Nähe“, erklärte Caitlyn und deutete auf den Berg in der Ferne. „In einem Dorf auf der anderen Seite des Tals, gegenüber von MacLean Castle. Sie kümmert sich dort um die Kranken.“

Eine Hand umklammerte unvermittelt Caitlyns Arm. Erstaunt starrte sie in Muirens plötzlich strahlendes Gesicht. „Sagen Sie nich, dass Ihre Granny die Heilerin Nora iss, Miss!“

„Doch, das ist meine Großmutter.“

Muiren klatschte in die Hände. „Ihre Granny hat meiner Schwester das Leben gerettet, als sie das Fieber hatte! Wir dachten, sie würd sterben, doch Ihre Granny kam und brachte sie dazu, einen schrecklichen Trunk zu nehmen.“ Die Zofe kräuselte angewidert die Nase. „Meine Schwester hat gesagt, wie der Tod hätt der Trunk gerochen, so war’s wohl, aber er hat sie zurück ins Leben geholt, und seit diesem Tag iss sie nie wieder krank gewesen.“

„Mam besitzt eine besondere Gabe“, erklärte Caitlyn und nickte.

„Das tut sie, ganz gewiss! Man sagt, Ihre Mam macht ihre Zaubertränke aus dem reinen, eiskalten Wasser aus diesem See, und deshalb wirken sie so gut.“

Caitlyn lächelte hinunter zu dem wunderschönen blauen See, der still dalag und fast gläsern wirkte, während weiße Wattewölkchen über ihn dahinglitten. „Ich muss unbedingt meine Großmutter besuchen, während ich hier bin.“

„Wenn Sie das tun, wär ich sehr glücklich, wenn ich mit Ihnen kommen könnt.“ Die Kutsche schwankte, als sie eine scharfe Kurve nahm und von der Straße abbog. „Ah, nun sind wir auf dem Weg zur Burg! “

„Endlich!“ Caitlyn schaute Muiren an und bemerkte in gleichmütigem Tonfall: „Ich habe gehört, die Duchess soll sehr modebewusst sein.“

Muiren blies die Backen auf. „Das könnt man wohl sagen. Ihr wird das Kleid gefallen, das Sie anhaben. Mir isses heute Morgen schon beim Frühstück aufgefallen.“

„Vielen Dank. Ich habe es nach einem Kleid entworfen, das ich in London gesehen habe.“

Muiren blinzelte erstaunt. „Sie haben es selbst genäht? Eine Dame von Stand wie Sie?“

Caitlyn lachte leise in sich hinein. „Ich bin die Tochter eines Pfarrers, und ich habe fast alles selbst genäht, was ich bei mir habe. Die meisten Sachen sind nach Schnittmustern aus Ackermann’s Ladies’ Journal angefertigt.“

Muiren betrachtete sie aufmerksam. „Wenn ich das sagen darf, Miss - Sie sind anders als die andern Gäste ihrer Gnaden. Es iss sonst nich die Art ihrer Gnaden, Damen einzuladen, die jünger und hübscher sind als sie selber.“

Nun lachte Caitlyn laut auf. „Ich bin ihrer Gnaden noch nie begegnet. Meine Mutter hat sie bei einem Dinner kennengelernt, und während der darauffolgenden Wochen haben sie sich angefreundet. Ihre Gnaden bestand darauf, dass Mutter mich für ein paar Wochen zu ihr schickt, wenn sie eine Hausparty gibt. Und hier bin ich.“ Muiren zog die Brauen zusammen. „Ihre Gnaden hat Sie einfach so eingeladen ? Das klingt nich wie was, was sie sonst täte ..."

Die Zofe stockte und verzog den Mund zu einem verwunderten Lächeln. „Es iss natürlich ganz egal, was ich denke! Ich glaub ganz bestimmt, sie wird froh sein, Sie im Haus zu haben, Miss.“

Caitlyns Neugier war erwacht. Es war unverkennbar, dass die Duchess nicht zu spontanen großzügigen Gesten neigte. Warum hatte die Duchess sie dann aber eingeladen? Es war eine so wunderbare Überraschung gewesen, nachdem Caitlyn monatelang zu Hause eingesperrt gewesen war, dass sie sich nicht mit unnötigen Fragen aufgehalten hatte. Doch nun begann sie, sich zu wundern. Mutter ahnte vielleicht nicht, wie egoistisch die Damen der Gesellschaft waren, doch Caitlyn, die während ihres Aufenthalts in London zwei herrliche Monate bei ihrer Tante verbracht hatte, wusste ganz genau Bescheid. Vielleicht hatte die Dame eine Tochter in Caitlyns Alter, oder sie legte größten Wert auf eine gerade Anzahl von Gästen?

Normalerweise lud eine Gastgeberin ebenso viele Männer wie Frauen ein, um beim Dinner Paare am Tisch zu bilden. Auf diese Weise wurden auch gesellschaftlich tiefer stehende Damen trotz der sozialen Unterschiede eingeladen. Vielleicht gab es in der Umgebung der Duchess keine Dame, die für einen Ausgleich an der Dinnertafel zur Verfügung gestanden hatte.

Nun, was auch immer der Grund sein mochte, Caitlyn war entschlossen, die Gelegenheit zu nutzen.

Muiren drehte den Kopf in Richtung Fenster. „Das hier iss die letzte Kurve vorm Haus, Miss, falls Sie es aus der Ferne betrachten wollen.“

Caitlyn beugte sich vor. Zuerst sah sie nichts als eine Wand aus dicht belaubten Bäumen, doch dann, als würde die Sonne durch die Wolken brechen, lichtete sich der Wald, und Balloch Castle tauchte vor ihnen auf.

„Es iss schön, nich wahr, Miss?“

Caitlyn konnte nur stumm nicken. Ein graues Steinhaus, mit mehreren Türmen im Stil einer Burg gebaut, thronte auf einem Hügel. Trotz des eisigen Windes schien die späte Nachmittagssonne warm auf das imposante Gebäude.

„Es iss neu, obwohl’s alt aussieht. Ihre Gnaden hat es nach ihren Wünschen bauen lassen. Es iss ’n prächtiges Haus, und die Küche iss eine der besten in ganz Schottland. Es gibt sogar ’n eigenes Wasserklosett für jedes der Gästezimmer im Ostflügel, wo Sie wohnen werden, Miss.“

„Wie modern! Trotzdem sieht es altertümlich und romantisch aus“, stellte Caitlyn lächelnd fest. „Ich erwarte jeden Moment, kleine Elfen aus den Türen tanzen zu sehen, die das Gepäck ins Haus tragen!“

Muiren schnaubte verächtlich. „Die einzigen Elfen, die Sie sehen werden, sind die Diener, und es wird Ihnen schwerfallen, einen fauleren Haufen zu finden, obwohl sie alle aussehen wie aus dem Ei gepellt. Ihre Gnaden iss da sehr streng. Sie besteht drauf, dass wir so fein aussehen, als wär das hier ein Haus in London, da kennt sie kein Pardon.“

„Sie ist sich ihres Standes sehr bewusst, nicht wahr? Wenn ich eine Duchess wäre, würde ich genauso sein.“

Erstaunt schaute Muiren sie an. „Wirklich, Miss?“

„Oh ja! Sie würden mich nicht ausstehen können. Ich würde von vorne bis hinten bedient werden wollen, und alles müsste vom Allerfeinsten sein. Natürlich würde das nur Spaß machen, wenn meine Geschwister mich sehen könnten.“

Die Zofe grinste. „Sie müssten sie einfach nur hierher einladen, dann könnten sie sehen, wie Sie in der Burg die Dame spielen ...“ Die Kutsche rumpelte über Kopfsteinpflaster und hielt schließlich vor dem Tor.

„So, wir sind da.“ Muiren sammelte ihre Habseligkeiten ein. Verunsichert strich Caitlyn ihre Röcke glatt und vergewisserte sich, dass ihre Handschuhe zugeknöpft waren. Sie kannte hier keine Menschenseele, war sich aber sicher, dass sie sich mit einigen der anderen Damen angefreundet haben würde, bevor die erste Woche vorüber war. Sie reckte das Kinn. Und falls sie keine Freundinnen fand, würde sie einfach die Umgebung genießen. Es machte bestimmt Spaß, die Landschaft rings um den wunderschönen See zu erkunden.

Die Tür der Kutsche schwang auf, die Stufen wurden heruntergeklappt, und ein Diener streckte ihr seine behandschuhte Rechte entgegen. Innerhalb kürzester Zeit stand Caitlyn in der prachtvollsten Empfangshalle, die sie je gesehen hatte. Der schimmernde Parkettboden erstreckte sich bis zu einer Reihe hoher Flügeltüren. Ein langer, weiß lackierter Tisch mit Goldverzierungen und ein riesiger Spiegel im Goldrahmen, der zwischen zwei schweren vergoldeten Stühlen stand, bildeten einen auffälligen Kontrast zum warmen Holzton des Bodens. An der Decke hing ein kunstvoll verschnörkelter glänzender Leuchter aus Gold und Messing, dessen Kerzen bereits hell leuchteten, obwohl die Dämmerung erst in einer Stunde anbrechen würde.

Am anderen Ende der Halle wurde eine Tür geöffnet und geschäftiges Treiben setzte ein. Diener eilten durch den Raum. Sie trugen Kerzenhalter in den Händen und zusammengefaltete Leinentücher über den Armen. Ein Hausmädchen erschien mit einem Korb voll frisch geschnittener Blumen und unter ihrem Arm klemmte eine leere Vase.

Ein vornehm aussehender Butler kam herbei, blieb vor Caitlyn stehen und verbeugte sich. „Miss ...?“

„Hurst.“ Caitlyn knöpfte ihre Handschuhe und ihren Mantel auf, zog beides aus und reichte es einem wartenden Diener.

„Ah, Miss Hurst. Wir erwarten Sie bereits.“

Ein Bursche trat mit Caitlyns Koffer und ihrer Reisetasche ein. Muiren war ihm dicht auf den Fersen.

Der Butler warf Muiren einen flüchtigen Blick zu. „Ihre Gnaden und einige ihrer Gäste befinden sich im Rosa Salon. Ich werde Miss Hurst dorthin führen, bevor ich ihr ihr Schlafzimmer zeige.“ „Danke, Mr Hay. “ Muiren wandte sich an Caitlyn und knickste vor ihr. „Wünschen Sie vor dem Abendessen ein Bad, Miss? Das hilft ’n bisschen gegen die Steifheit von der ganzen Reiserei.“ „Oh ja, bitte.“

„Ich werd eins für Sie herrichten lassen. Und ich sorg dafür, dass Ihre Koffer ausgepackt werden, und dass ’n bisschen Tee nach oben gebracht wird.“

Caitlyns Magen knurrte bereits, und von ihren Erfahrungen in London her wusste sie, dass es bis zum Dinner noch Stunden dauern würde. „Vielen Dank, Muiren. Das klingt wunderbar.“

Die Zofe knickste und verschwand zusammen mit einem der Diener, den sie angewiesen hatte, Caitlyns Koffer und ihre Reisetasche nach oben zu tragen.

Mit einem Räuspern rief der Butler sich in Erinnerung. „Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Miss Hurst. Ich führe Sie zu ihrer Gnaden. Sie ist mit einigen der Gäste soeben von einem Ausritt zurückgekehrt. Nun sind alle im Salon und besprechen Pläne für Vergnügungen am morgigen Tag.“

„Sehr gerne.“

Der Butler brachte sie zu einer großen Flügeltür, stieß sie auf und kündigte Caitlyn mit monotoner Stimme an: „Euer Gnaden, Miss Hurst ist eingetroffen.“ Mit einer Verbeugung machte er Caitlyn den Weg ins Zimmer frei.

Im Salon schimmerten unzählige Spiegel und andere Gegenstände aus Glas. Der Raum war mindestens drei Mal so lang wie breit und mit Möbeln aus der Zeit des Ancien Régime eingerichtet. In zwei Wände waren riesige Fenster eingelassen, durch die Licht hereinströmte. Rechts und links der Scheiben bauschten sich prächtige bronzefarbene Seidenvorhänge mit Fransen. Die gegenüberliegenden Wände wiesen verschlungene Muster in zartem Rosa, Braun und Weiß auf und waren von Spiegeln geschmückt, die vom Boden bis zur Decke reichten. Vor zwei der drei lodernden Kamine, die den Raum heizten, standen große lachsfarbene Kanapees, und ein dicker Teppich in Lachsrosa, Rot und Braun bedeckte den Boden. Drei vergoldete Kronleuchter, ein jeder so ausladend wie eines der Sofas, zeugten von ungeheuerlichem Luxus.

Caitlyn zwang sich, nicht mit offenem Mund zu gaffen, und richtete den Blick auf die kleine Menschengruppe, die sich auf zwei Sofas in der Nähe der Tür zusammengefunden hatte. Eine auffällige rothaarige Frau maß sie mit einem neugierigen, aber kühlen Blick. Sie trug ein saphirblaues Kleid, das ihre statuengleiche Figur betonte, und ihr Haar war hochgesteckt. Ein kleiner blauer Hut saß verwegen schief auf ihrem Kopf. Neben diesem prachtvollen Geschöpf lehnte ein hochgewachsener, gut aussehender Mann mit erstaunlich blauen Augen, der Caitlyn kühn von oben bis unten musterte. Diesem Paar gegenüber saßen zwei Damen, eine jüngere mit braunem Haar und freundlichen blauen Augen, die ältere mit scharf geschnittenen Gesichtszügen und einer großen Nase.

Die Rothaarige musterte Caitlyn ausgiebig. „Aha“, stellte sie schließlich in gedehntem Ton fest, als spräche sie mit sich selbst. „Ich hätte es wissen sollen.“

Caitlyn, die im Begriff war, auf die Gruppe zuzugehen, hielt inne. „Entschuldigen Sie bitte?“

Die Miene der Frau wurde verschlossen, und sie verzog den Mund zu einem schmallippigen Lächeln. „Ich freue mich sehr, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind, Miss Hurst.“

Das ist also die Duchess. Sie ist wunderschön. Caitlyn blieb vor dem Sofa stehen und machte einen Knicks. „Euer Gnaden, es war sehr freundlich von Ihnen, mich einzuladen.“

Der Mann neben der Duchess war aufgestanden. Nun verbeugte er sich, während er sie gleichzeitig mit seinen Blicken verschlang. „Ich denke, du solltest uns vorstellen, Georgiana.“

Die Lippen der Duchess wurden noch schmaler, doch sie lächelte tapfer weiter. „Natürlich. Miss Hurst, das ist Lord Dervishton. Ich muss Sie vor ihm warnen, er ist ein ungezogener Mann mit manchmal schlechten Manieren.“

„Georgiana, also wirklich!“ Dervishtons blaue Augen funkelten amüsiert, während er Caitlyns Hand nahm und einen Kuss darauf hauchte. „Es ist mir eine Freude, Miss Hurst. Hören Sie nicht auf Georgiana. Sie ist nur wütend, weil ich sie beim Wettreiten auf dem Weg zurück zum Haus besiegt habe.“

„Du hast gemogelt“, behauptete die Duchess träge.

Caitlyn entzog dem Mann ihre Hand und knickste. „Auch mir ist es ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Lord Dervishton.“ Die Duchess deutete auf die beiden anderen Frauen, die sich ebenfalls erhoben hatten. „Ich möchte Ihnen die Viscountess Kinloss vorstellen, eine sehr liebe Freundin von mir.“

Die Frau mit den scharfen Gesichtszügen kicherte. „Oh Georgiana! Was du für Dinge sagst!“ Auch sie machte einen knappen Knicks. Dabei sprang ein kleiner Hund unter ihren Röcken hervor. An einem Haarbüschel zwischen seinen großen spitzen Ohren war eine rosa Schleife befestigt.

„Ein Hund! Darf ich Caitlyn streckte freundlich die Hand aus, aber das Tier knurrte und schnappte nach ihr und fletschte die Zähne. Wäre Lord Dervishton nicht geistesgegenwärtig zwischen Caitlyn und den Hund getreten, hätte er sie gebissen.

Lady Kinloss schloss den Hund in ihre Arme. „Ruhig, ganz ruhig, Muffin!“ Der Hund zitterte, während er den Blick aus seinen hervorquellenden Augen auf Caitlyn gerichtet hielt.

„Es tut mir leid, wenn ich ihn erschreckt habe.“

Lady Kinloss rümpfte die Nase. „Er mag keine Fremden.“ Sie küsste ihren Hund auf den knochigen Kopf und säuselte: „Ist es nicht so, Muffin?“

Die Duchess lachte in sich hinein. Es war ein leiser, wohlklingender Ton. „Wie Sie sehen, Miss Hurst, führt hier auf Balloch Castle ein wilder Hund das Kommando. Ich hoffe, das stört Sie nicht allzu sehr.“

Das schlecht gelaunte Hündchen berührte Caitlyn weniger als die kritischen Blicke der Duchess. Als sie das perfekt sitzende Reitkostüm der Hausherrin betrachtete, fühlte Caitlyn sich plötzlich zerknittert und zerzaust von der Reise. Sie bedauerte, dass sie sich nicht umgezogen hatte, bevor sie sich vorstellte. Außerdem ärgerte sie sich darüber, dass sie ganz offensichtlich unsicher wirkte. In London hatte sie gelernt, dass jedes Anzeichen von Schwäche einen für die anderen zur Zielscheibe machte.

Caitlyn warf der jüngeren Frau, die stumm dastand, einen fragenden Blick zu.

Die Duchess runzelte die Stirn. „Ach ja. Das hier ist Miss ... Oddwell.“

„Miss Hurst, ich bin Miss Ogilvie“, erklärte die junge Frau lächelnd.

„Von mir aus: Miss Ogilvie“, sagte die Duchess achselzuckend.

Caitlyn schenkte der Frau ein freundliches Lächeln, das diese gleich erwiderte. Mindestens eine potenzielle Verbündete schien es hier zu geben, und das entspannte Caitlyn. Sie ging auf Miss Ogilvie zu.

Lady Kinloss küsste Muffin und setzte ihn wieder auf den Boden, wo er sich unter ihre Röcke verzog, jedoch von dort aus seinen Kopf hervorreckte und Caitlyn weiterhin anknurrte. „Ruhig, kleiner Muffin. Sei brav.“ Die Viscountess schaute zur Tür. „Ich frage mich, wo die anderen bleiben. Sie wollten nur den Weg zur Burgruine entlangspazieren. Eigentlich hatte ich gedacht, sie würden vor uns zurück sein.“

Die Duchess zuckte mit den Schultern, eine elegante Bewegung, die ihren zarten Nacken zur Geltung kommen ließ. „Ich nehme an, sie haben unterwegs innegehalten, um sich den Garten anzuschauen. Die Marchioness of Treymont hat die lästige Neigung entwickelt, ohne Unterlass über Rosen zu reden.“

Caitlyn runzelte die Stirn. Wie hatte ihre Mutter, die normalerweise eine unfehlbare Menschenkenntnis besaß, so viel Vertrauen zu einer so seltsam harten Frau fassen können? Doch möglicherweise war sie, Caitlyn, voreilig in ihrem Urteil; schließlich hatte sie die Duchess ja gerade erst kennengelernt.

Inzwischen hatte diese sich wieder auf die Polster des Kanapees sinken lassen und forderte die anderen mit einer Handbewegung auf, es ihr gleichzutun.

„Wenn Sie mich bitte entschuldigen“, bat Caitlyn. „Ich würde mich vor dem Dinner gern noch ein wenig ausruhen.“

Die Duchess nickte. „Um neun Uhr wird serviert. Das muss schrecklich spät für Sie sein.“ Sie verzog ihre vollen Lippen zu einem selbstgefälligen Lächeln und schaute Lady Kinloss an. „Du musst wissen, Miss Hurst stammt aus einer grauenvoll ländlichen Gegend. Ich war dort vor knapp einem Monat und befürchtete, ich müsse vor Langeweile sterben.“

Wie konnte diese Frau es wagen! Caitlyn wollte gerade scharfzüngig etwas erwidern, zwang sich aber im letzten Moment, die Worte hinunterzuschlucken. Ich habe Mutter versprochen, mich nicht ungebührlich aufzuführen - aber oh, oh!

Lady Kinloss kicherte und flüsterte zwar hinter vorgehaltener Hand, aber dennoch so laut, dass Caitlyn es hören musste: „Vielleicht möchte Miss Hurst lieber etwas Brot und Käse um sechs als Hammel und Hummer um neun.“

Jetzt reicht’s! Caitlyn verzog den Mund zu einem falschen Lächeln. „Oh, es ist mir ganz egal, wann das Dinner serviert wird; ich möchte es nur nicht verpassen. Grundsätzlich lasse ich mir nie eine Gelegenheit entgehen, eine gute Mahlzeit zu bekommen, Nettigkeiten mit meinen Mitmenschen auszutauschen oder mitzuerleben, wie ein Dummkopf sich lächerlich macht.“

Während Lady Kinloss’ Lächeln erstarb, lachte Lord Dervishton auf. „Bravo, Miss Hurst! Eine gute Retourkutsche! Nun bleibt es Lady Kinloss überlassen, darüber nachzudenken, wen Sie meinen.“

Die Duchess kniff die Augen zusammen. „Wirklich, Dervishton, ermutigen Sie die Kleine nicht auch noch! Es ist bekannt, dass sie zu unüberlegten Handlungen und Worten neigt. Ihre Mutter hat mich davor gewarnt.“

Caitlyn musste sich auf die Zunge beißen, um nicht die ganze Bande mit einer scharfen Bemerkung in die Schranken zu weisen. „Ich handele nicht im Mindesten unüberlegt, Euer Gnaden.“ Offensichtlich amüsiert, lachte Lord Dervishton in sich hinein. „Diejenigen von uns, die den Nachmittag im Sattel verbracht haben oder“, er beugte den Kopf in Caitlyns Richtung, „auf den staubigen Straßen unterwegs waren, werden um neun Uhr unglaublich hungrig sein.“

„So ist es“, warf Miss Ogilvie in sanftem Ton ein. „Nichts macht mich hungriger als das Reisen.“ Sie lächelte Caitlyn an. „Ich war acht Stunden nach Balloch unterwegs, und wäre ich nicht zur Teezeit hier angekommen, hätte ich wahrscheinlich eine von den Lederlaschen der Kutsche angeknabbert!“

Dankbar erwiderte Caitlyn das Lächeln der jungen Frau. „Ich bin froh, dass Ihnen das erspart geblieben ist.“

„Ich auch.“ Miss Ogilvies freundliche blaue Augen blitzten auf. „Ich dachte, ich ...“

Die Tür öffnete sich, und zwei weitere Paare traten ein. Muffin empfing sie knurrend und zähnefletschend. Lord Dervishton stellte Lady Elizabeth vor, die Tochter des Duke of Argyll. Bei ihrem Begleiter handelte es sich um Lord Dalfour of Burleigh. Beide waren auffallend modisch gekleidet und begrüßten Caitlyn liebenswürdig. Ihnen auf den Fersen folgten der Marquess und die Marchioness of Treymont, ein gut aussehendes Paar. Es hieß Caitlyn höflich willkommen, unterhielt sich jedoch gleich darauf angeregt über die Pläne für einen neuen Garten auf seinem Besitz.

Die Duchess und Lady Kinloss reagierten auf die Neuankömmlinge mit wesentlich mehr Begeisterung, als sie Caitlyn hatten zukommen lassen. Es machte ihr jedoch nichts aus. Alles, was sie jetzt wollte, war, ihr Schlafzimmer aufzusuchen und das dort auf sie wartende Bad zu genießen. Sehnsüchtig schaute sie hinüber zur Tür.

„Ich begleite Sie, wenn Sie möchten.“

Als Caitlyn sich umwandte, stellte sie fest, dass Miss Ogilvie mit einem scheuen Lächeln auf den Lippen neben ihr stand. „Wenn es Ihnen nichts ausmacht. Das wäre reizend von Ihnen“, erwiderte Caitlyn dankbar.

Miss Ogilvie hakte sich bei Caitlyn ein. „Ich bin müde und möchte mich vor dem Dinner ebenfalls ein bisschen ausruhen.“

Mit einem erleichterten Seufzer ging Caitlyn neben der jungen Frau auf die große Tür zu. „Ich danke Ihnen sehr. Ich weiß noch gar nicht richtig, wo ich hingehen muss; das Haus ist so groß.“

„Und wunderschön. Warten Sie nur, bis Sie die Schlafzimmer sehen! Sie sind in den herrlichsten Farben ausgestattet. Meines ist smaragdgrün mit braunen Vorhangquasten und einem braunen Betthimmel. Das müssen Sie mit eigenen Augen sehen! Lord Dervishton sagte mir, dass jedes Zimmer über sein eigenes Wasserklosett verfügt, was erstaunlich ist.“

Sie hatten die Tür schon fast erreicht, als diese sich öffnete und ein großer dunkelhaariger Mann eintrat. Seine Gesichtszüge wirkten energisch und dennoch sinnlich, sein Mund war wohlgeformt, seine Augen so grün wie die moosüberwachsenen Steine am Grunde eines eisigen Flusses.

Caitlyn kannte dieses Gesicht - es verfolgte sie seit drei Monaten bis in ihre Träume, und seit drei Monaten löste die Erinnerung an seine Züge Bedauern in ihr aus. „Alexander MacLean“, wisperte sie so leise, dass ihre Stimme in der allgemeinen Begrüßung der Duchess und ihrer Gäste unterging.

MacLean lächelte die anderen Gäste an, doch während er auf die Gruppe zuging, warf er Caitlyn einen Blick zu, der sie nicht mehr losließ. Kribbelnde, ja siedende Hitze stieg in ihr auf. In diesem Moment erinnerte sie sich an jeden einzelnen der geraubten Küsse, jede sinnliche Berührung, jeden verbotenen Augenblick, den sie während jener herrlichen drei Wochen miteinander verbracht hatten, bevor seine Arroganz und ihr unbeugsamer Stolz beinahe zum Niedergang ihrer Familie geführt hatten.

Sofort erwachte ihr Leib lustvoll aufgeregt und sehr lebendig. Verdammt, ich sollte darüber hinweg sein!

Er senkte die Lider, doch nur für einen Moment, dann ging er weiter auf die Gruppe am anderen Ende des Zimmers zu, so als wäre Caitlyn absolut unwichtig.

„Das war sehr unhöflich!“, stellte Miss Ogilvie fest. „Er hatte für keine von uns ein Wort übrig.“

Dennoch hatte er ihr etwas mitgeteilt. Mit seinem kühlen, ruhigen Blick hatte er Caitlyn wissen lassen, dass er absolut nichts für sie empfand, selbst wenn seine Gegenwart auf sie immer noch eine große Wirkung hatte.

Während er über den dicken Teppich schritt, konnte sie ihren Blick nicht von ihm losreißen. Er trug einen maßgeschneiderten Reitanzug und seine schwarzen Stiefel glänzten, während die perfekt geschnittene Jacke seine kräftigen Muskeln betonte.

Miss Ogilvie neigte sich zu Caitlyn und bemerkte in vertraulichem Ton: „So unhöflich er auch sein mag - ich muss zugeben, dass Laird MacLean ein unglaublich gut aussehender Mann ist.“ Sie hat ja keine Ahnung, wie gut aussehend!

Miss Ogilvie betrachtete eingehend das Profil von Laird MacLean, während er mit der Duchess sprach. „Der einzige Grund, warum mein Vater wollte, dass ich der Einladung der Duchess folge, war die Hoffnung, ich könnte die Aufmerksamkeit von Laird MacLean erregen.“

„Und? Ist es Ihnen gelungen?“

„Himmel, nein! Er ist viel zu beschäftigt damit, seine Blicke ... “ Miss Ogilvie errötete und schaute Caitlyn um Entschuldigung bittend an. „Ich sollte nicht tratschen.“

Nein, bitte! Tratschen Sie doch noch ein bisschen! Miss Ogilvie jedoch hatte ihre ausdrucksvollen Lippen zu einer entschlossenen Linie zusammengepresst, und ihre weiteren Worte galten dem wunderbaren Essen, das hier stets zum Dinner gereicht wurde. Sie erzählte, sie habe nie zuvor Schildkrötensuppe gegessen und hoffe, diese köstliche Suppe würde demnächst wieder einmal serviert werden.

Caitlyn hörte ihr nur mit halbem Ohr zu, während ihr Blick wie magisch von MacLean angezogen wurde, der sich nun mit Lord Dervishton unterhielt. Seltsamerweise hatte MacLean kein bisschen erstaunt gewirkt, sie hier zu sehen. Vielleicht hatte die Duchess ihm gegenüber erwähnt, dass sie sie eingeladen hatte. Oder vielleicht...

„Finden Sie nicht“, unterbrach Miss Ogilvie ihre Gedanken, „dass Laird MacLean aussieht wie Lord Byron?“

„Ich nehme an, Sie sind Lord Byron noch nie begegnet.“ „Nein, aber ich habe ein Gemälde gesehen, und er wirkte darauf dunkel und gefährlich und ...“ Miss Ogilvie erschauderte.

Caitlyn zwang sich zu einem Lächeln. „Byron ist ein aufgeblasener weißer Wurm, der in seinen eigenen Schleim verliebt ist.“ Erst riss Miss Ogilvie die Augen weit auf, dann kicherte sie. „Wirklich?“

„Während meines kurzen Aufenthalts in London ist er mir mehrere Male über den Weg gelaufen. Um ehrlich zu sein, ist er ziemlich dick und blass, und er lispelt.“

„Er lispelt? “, wiederholte Miss Ogilvie in entrüstetem Ton. „Ich habe ihn mir vollkommen anders vorgestellt! Caro Lamb muss verrückt sein, nach dem Ende ihrer Affäre mit ihm immer noch so besessen von Byron zu sein.“

„Sie sind beide verrückt. Und unhöflich. Und vulgär. Sozusagen eine Verbindung zweier Würmer, die aus dem Dreck gekrochen sind.“

Miss Ogilvies Lippen zitterten. „Sie sind ziemlich offen, was Ihre Ausdrucksweise betrifft.“

„Oh, es tut mir leid, ich ...“

„Nein, nein! Ich finde es sehr erfrischend. Bitte hüten Sie meinetwegen nicht Ihre Zunge. Ich bin jetzt seit einer Woche hier, und das ist die ehrlichste Bemerkung, die ich in dieser Zeit gehört habe.“

„Meine scharfe Zunge ist gleichzeitig meine Begabung und mein Fluch“, stellte Caitlyn lächelnd fest. „Es wird eine große Erleichterung für mich sein, wenigstens mit einer Person offen reden zu können.“ Über Miss Ogilvies Schulter hinweg beobachtete Caitlyn, dass MacLean sich von Lord Dervishton abgewandt hatte und jetzt wieder mit der Duchess sprach.

Die rothaarige Schönheit hielt MacLean ihre Hand kraftlos zum Kuss hin. Er beugte sich darüber, und die dunklen Haare fielen ihm in die Stirn, als er seine Gastgeberin anlächelte.

Bei diesem Anblick zog sich Caitlyns Magen schmerzhaft zusammen. Dieser Mann war eine wandelnde Gefahr für das Wohlbefinden einer Frau.

Miss Ogilvie hatte bemerkt, wohin Caitlyns Blicke gewandert waren, und schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Man würde niemals darauf kommen, dass ihre Gnaden verheiratet ist, wenn man sieht, wie sie mit den Männern kokettiert. Sie hat schon den ganzen Nachmittag über Dervishton ermutigt, äußerst frivole Bemerkungen zu machen. Ich hoffe, Laird MacLean ist vorsichtig.“

„Machen Sie sich keine Sorgen um MacLean; er kann selbst ziemlich unaufrichtig sein.“ Er ist in der Lage, eine Frau glauben zu machen - wenn auch nur für drei kurze, erstaunliche Wochen -, dass sie für ihn die einzige Frau auf Erden ist. „Wollen wir uns zurückziehen? Ich bin wirklich ziemlich müde.“

„Oh, sicher! Nach der langen Reise werden Sie vor dem Dinner noch ausruhen wollen.“ Miss Ogilvie nahm Caitlyns Arm, und sie gingen nun endgültig zur Tür.

Caitlyn spürte, dass MacLean sich umgedreht hatte und ihr nachsah. Sie wusste, dass sein Blick an ihr haftete, als sie mit Miss Ogilvie in die Halle trat.

Ein Diener führte sie zu ihren Schlafzimmern, die nur drei Türen auseinanderlagen. Miss Ogilvie schlug vor, dass sie sich um acht Uhr dreißig auf dem Treppenabsatz treffen sollten, sodass sie gemeinsam zum Dinner nach unten gehen konnten. „Wir werden mindestens eine halbe Stunde brauchen, um den Speisesaal zu finden.“

Caitlyn stimmte zu und verabschiedete sich, dann betrat sie ihr Zimmer, wo Muiren soeben die Reisetasche und den Koffer auspackte. Vergnügt führte die Zofe Caitlyn zum Kamin, wo Tee und Kekse auf sie warteten. Außerdem versprach Muiren, dass das heiße Wasser für das Bad in Kürze gebracht werden würde.

Während Caitlyn vor dem knisternden Feuer saß, Tee trank und Kekse aß, um ihren ersten Hunger zu stillen, und während die Zofe im Hintergrund sie mit freundlichem Geplauder unterhielt, grübelte Caitlyn über MacLeans Anwesenheit nach. Das war zweifellos eine unwillkommene Begleiterscheinung dieser Einladung bei der Duchess. Wenn es auf Erden einen Menschen gab, der wusste, wie man Caitlyn dazu bringen konnte, Dinge zu tun und zu sagen, die eine Dame besser lassen sollte, so war es dieser Mann.

Sie kaute heftig auf einem der Kekse herum. Verdammt noch mal, sie weigerte sich, zuzulassen, dass er ihren Seelenfrieden störte oder ihr den Spaß verdarb! Sollte er doch tun, was er wollte, und sagen, was ihm einfiel; dieses Mal würde sie seinen Sticheleien und seinem Spott widerstehen. Dieses Mal würde sie bestimmen, was und wie es lief, und nicht ihr verräterisches Herz. Und kein gut aussehender, scharfzüngiger, dunkler schottischer Laird würde etwas daran ändern.