10
Eindrucksvoll, was Größe, Farbgebung und Haltung betraf, schritt Kommandant Tla am Fuße der Kommandoplattform im Herzen von Harrars Schiff auf und ab. Um die breiten Schultern lag der lange Kriegsmantel, der raschelte, als er jetzt herumfuhr und dem Priester und Nom Anor gegenübertrat.
»Das Nachwuchsschiff zu zerstören, war Verschwendung«, brüllte Tla. »Sie hätten eine anderen Möglichkeit finden müssen, ihnen Elan in die Hände zu spielen.«
»Auf lange Sicht hätte jede andere Kriegslist vermutlich einen höheren Preis gefordert«, sagte Harrar. »Wie dem auch sei, die Mannschaft des Nachwuchsschiffes ist bereitwillig in den Tod gegangen und fühlte sich durch die Wichtigkeit ihres Opfers geehrt.«
Tla warf seinem Taktiker einen wütenden Blick zu. Mit seinem neuen Rang, in den er nach Shedao Shais Tod auf Ithor befördert worden war, hatte er auch eine finstere Miene angenommen.
»Bei allem Respekt, Eminenz Harrar«, sagte Raff, »doch dieses Spiel kann man nicht durch Cleverness entscheiden. Wir riskieren einen heiligen Krieg.«
»Ach, jeder Krieg ist auf gewisse Weise ein Spiel. Wir mussten dafür sorgen, dass Elans Flucht glaubwürdig wirkte.«
Tla verzog spöttisch den Mund. »Sie sind noch neu in dieser Arena, Priester. Sie schätzen die Ungläubigen falsch ein. Sie werden das Opfer bald durchschauen.«
»Tatsächlich? Würde es Sie überraschen, wenn Elan bereits schon in Schutzhaft genommen worden wäre?«
Taktiker Raff warf Harrar einen unschlüssigen Blick zu. »Ich würde Ihnen raten, nicht zu viel hineinzulesen, Eminenz. Elan ist die Erste von uns, die sie lebend fangen konnten.«
»Natürlich. Immerhin weiß ich, wo sie ist und wo sie als Nächstes hingebracht wird.«
Tla wandte sich skeptisch an Nom Anor. »Haben Ihre Strohmänner und Agenten wieder die Finger dabei im Spiel, Exekutor?«
Nom Anor lächelte schwach, schüttelte jedoch den Kopf. »Unglücklicherweise nein, Kommandant.«
»Woher wissen Sie es also?«, wollte Tla wissen.
Harrar winkte einem seiner Gehilfen zu, der vorsichtig einen leicht abgeflachten hellbraunen Villip wie ein Neugeborenes herantrug. Ebenso sachte nahm Harrar den Villip in die Hände und wiegte ihn im linken Arm.
»Elans Aufpasser haben sich verleiten lassen, den Zwilling von diesem Kleinen bei Elan zu lassen. Gehorsam hat er uns Bericht erstattet.« Harrar strich dem Villip mit der dreifingrigen Hand über den Kamm. »Komm, Kleiner, wiederhole, was du mir erzählt hast.«
Neugierig kamen Kommandant Tla und der Taktiker näher.
Das faltige Gewebe an der Ecke des knotigen Kamms dehnte sich aus, und der Villip begann, sich von innen nach außen zu stülpen. Dann gab das Wesen sein Bestes, Elans hübsche Züge nachzuahmen.
»Way-land«, sagte der Villip. »Way-llland.«
Die Bremstriebwerke zündeten, und der zivile Shuttle Segue verlangsamte das Tempo über dem zerklüfteten Hochland im Nordwesten von Waylands Hauptkontinent. Dichter Wald bedeckte die Südhänge des nun stumpfen Mount Tantiss, im Osten jedoch lagen die riesigen Gebiete, die bei der erdbebenähnlichen Explosion von Imperator Palpatines unterirdischem Lager vor mehr als fünfzehn Jahren kahl geschlagen worden waren.
Einer der drei Passagiere in dem Shuttle, Belindi Kalenda, stellvertretende Einsatzleiterin des Geheimdienstes der Neuen Republik, drückte ihr Gesicht an die Scheibe und nahm die Aussicht in sich auf. Während der Shuttle den Sinkflug fortführte, tauchte eine kleine Stadt am Fuße des Berges auf.
»Ich bin schockiert«, sagte Kalenda zu ihrer Sitznachbarin. »New Nystao habe ich mir eher wie ein Dorf vorgestellt.« Sie war schlank und dunkelhäutig, hatte weit auseinander liegende Augen und eine rauchige Stimme. Erst seit zwölf Jahren war sie beim Geheimdienst der Neuen Republik, hatte jedoch erfolgreich eine gefährliche Verschwörung im corellianischen System aufgedeckt, was ihren raschen Aufstieg erklärte.
Die Xenobiologin Joi Eicroth beugte sich zum Fenster und schaute hinaus. »So hat es einmal angefangen. Jetzt wohnen fast zehntausend Einwohner in der Stadt und der näheren Umgebung. Myneyrshi, Psadaner und Menschen, dazu fünfhundert und ein paar Noghri, die den Ort gegründet haben.«
»Und die kommen alle miteinander aus?«
»Bislang.«
Kalenda lachte. »Die Noghri lehnen alles ab, was mit Palpatine zu tun hat, doch sie machen sich nichts daraus, auf einer Welt zu leben, der er den Namen gegeben hat.«
»Es gibt keine schriftlichen Unterlagen darüber, dass Wayland wirklich Palpatines Kodename für den Planeten war«, sagte Dr. Yintal vom Sitz hinter den beiden Frauen. »Ich möchte darauf hinweisen, dass menschliche Kolonisten der Welt längst einen Namen gegeben hatten, ehe der Imperator entschied, den Mount Tantiss als Schatzkammer zu nutzen.«
Yintal, ein kleiner, nachdenklicher Mann, war Statistiker beim Geheimdienst der Flotte, und angesichts seines plötzlichen Aufbrausens lächelten sich Kalenda und Eicroth verstohlen zu.
»Und wo sonst könnten die Noghri ihren Müll auf etwas abladen, das einmal Palpatine gehört hat, wenn nicht hier, Doc?«, fragte Eicroth über die Schulter.
»Das ist sicherlich ein Faktor, der zu ihrer Zufriedenheit mit den Umständen hier noch beiträgt«, bemerkte er kühl.
Der Shuttle drehte eine Runde und setzte dann auf einer Landerampe in der Mitte von New Nystao auf. Die drei Passagiere suchten ihr Gepäck zusammen und warteten darauf, dass die Luke geöffnet wurde. Wayland begrüßte sie mit strahlendem Licht und frischer Luft, in der ein süßer Duft lag.
Mit ihrem Durcheinander aus Flechtwerkhütten, Holzgebäuden und Steinvillen spiegelte die Stadt ihre multikulturelle Bevölkerung wider. Erstaunlich jedoch war die Häufung von Hotels und Restaurants für die verschiedenen Spezies um den Landeplatz herum. Kalenda wollte Eicroth gerade darüber ausfragen, als Major Showolter in einem SoroSuub-Corvair-Landgleiter auftauchte. Aus einem Passagierabteil, an dessen Eingang die Klapptrittstufe fehlte, stiegen zwei Noghri.
Showolter trug eine dunkle Fahrerbrille und einen Poncho, den er in der Stadt erstanden hatte. Er begrüßte Kalenda und schüttelte Eicroth und Yintal die Hände. Dann stellte er Mobvekhar und Khakraim vom Hakh’khar-Clan vor, die zum hiesigen Geheimdienstbüro gehörten.
Selbst der angenehme Sonnenschein milderte nicht den Eindruck, den ihre wilde Muskelkraft und ihre vampirhafte Scheußlichkeit weckten.
Kalenda spähte misstrauisch in das Passagierabteil des verbeulten Landgleiters. »Sollen wir alle in dieses Ding passen?«
»Ich dachte, wir könnten zu Fuß gehen«, antwortete Showolter und ließ es wie eine Frage klingen. »Es ist nicht weit.«
Daraufhin machte Kalenda eine scheuchende Geste. »Gehen Sie nur voran, Major.«
Die schmalen, festgetretenen Gehwege waren mit spindeldürren Myneyrshi, gepanzerten Psadanern, Menschen und Noghri bevölkert, dazwischen sah man auch kleine Gruppen von Bimms, Falleen, Bothans und anderen Spezies, die vor Hotels herumlungerten oder in Straßencafes an Drinks nippten.
Verwundert erkundigte sich Kalenda nach dem Grund.
»Eine glückliche Folge des Debble-Abkommens«, erklärte Showolter, während sie gingen. »In der Vereinbarung wird festgelegt, dass auf alle Kunstwerke, die am Mount Tantiss oder in seiner Umgebung gefunden werden, von jenen Kulturen Anspruch erhoben werden darf, die sie hergestellt haben – falls sie sich vormals im Besitz von Palpatine befanden. Seitdem sind Kuratoren und Galerieeinkäufer aus hunderten von Welten eingeflogen, um die Artefakte zurückzuholen, die die Explosion überlebt und im Zuge der Expansion von New Nystao entdeckt wurden. Reisende von anderen Welten brauchen natürlich Unterkunft und Verpflegung; daher sind Hotels und Restaurants wie Pilze aus dem Boden geschossen und trugen erheblich zum Wachstum der Stadt bei.«
»Und damit zur Entdeckung weiterer Kulturartefakte«, fügte Yintal hinzu.
Showolter nickte. »Schatzjäger sind hier so verbreitet wie Weinschlangen.«
Während sich das Geheimdienst-Team der Noghri-Sektion der Siedlung näherte, machten die primitiven Wohnstätten der Myneyrshi und die Steinfestungen der Psadaner mehr und mehr einfachen, doch gut konstruierten Hütten aus Stein und Holz Platz. Das Dorf war von Honoghr verlegt worden, nachdem die Schatzgräberei am Mount Tantiss offiziell eröffnet worden war.
Nach einem kurzen, steilen Hang erreichten sie ein unauffälliges Gebäude im Noghristil, das in den Berg gebaut war und von blühenden Bäumen beschattet wurde. Mobvekhar und Khakraim blieben draußen stehen, während Showolter die anderen in den karg möblierten, fensterlosen vorderen Raum führte.
»Die Hintertür geht zu einem der vielen Tunnel hinaus, die den Tantiss durchziehen«, erklärte der Major. »Einen härteren Ort werden Sie zwischen Wayland und Borleias kaum finden.« Er deutete auf die Tür zum Nebenzimmer. »Unsere Möchtegemüberläuferin ist dort drin. Die andere – das Schmusetier – haben wir unten untergebracht.«
»Stammt der Begriff von ihr oder von Ihnen?«, fragte Eicroth.
Showolter wandte sich ihr zu. »Sie hat es ›Intima‹ genannt.«
Die vier Agenten betraten das Nebenzimmer, in dem die Yuuzhan-Vong-Frau in nachdenklicher Haltung auf einem Kissen saß, das sie sich vom Bett geholt hatte. Anstelle des exotischen Gewands, welches Kalenda auf den 2-D-Abbildungen gesehen hatte, trug Elan nun eine Hose und ein T-Shirt mit Kapuze. Trotz ihrer fremdländischen Tätowierungen wirkte sie, wenn sie persönlich vor einem stand, schöner und stattlicher als auf den Fotos.
Ihre schräg stehenden Augen – in einem leuchtenden Blau – gingen auf, und sie blickte von einem Gesicht zum anderen.
»Elan, das sind Kollegen von mir«, sagte Showolter freundlich.
Sie starrte ihn finster an. »Wo ist Vergere?«
»Unten – sie isst, jedenfalls, als ich sie zum letzten Mal gesehen habe.«
»Sie haben uns absichtlich getrennt.«
»Was bedeutet Vergere Ihnen, Elan?«, fragte Eicroth, trat an das Bett und setzte sich.
»Sie ist meine Intima.«
Kalenda und Eicroth wechselten kurz einen Blick. »Wir verstehen wohl den Begriff, aber vielleicht in einem anderen Sinn. Meinen Sie damit, dass Vergere so etwas wie eine Gefährtin für Sie ist?«, hakte Kalenda nach.
»Das auch, ja.«
»Also eine Beraterin und eine Kameradin.«
»Keine Kameradin. Sie ist eine Intima.« Elan setzte sich auf dem Kissen zurecht. »Sind Sie gekommen, um mich weiteren Tests zu unterziehen?«
Kalenda setzte sich neben Eicroth. »Nur ein paar Fragen.«
»Fragen, die Ihre verachtenswerten Scanner und Analysegeräte nicht beantworten konnten?« Elan lächelte bösartig. »Wie kann man von einer Maschine erwarten, dass sie mit einem Lebewesen kommuniziert?«
Kalenda zwang sich zu lächeln. »Gehen wir einmal davon aus, dass wir es als Mittel betrachten, sich bekannt zu machen.«
»Wir Yuuzhan Vong haben keine solchen Protokolle. Wir wissen, wer der andere ist. Wir tragen offen zur Schau, wer wir sind.« Sie strich mit den Fingerspitzen über die Muster auf ihren Wangen. »Was Sie sehen, spiegelt wider, was sich im Inneren befindet. Sie sind Narren, wenn Sie glauben, ich könnte etwas anderes sein als das, was mein Gesicht und Körper zeigen. Warum wollen Sie mir kein politisches Asyl gewähren?«
»Würden die Yuuzhan Vong einen von uns bei sich aufnehmen, ohne Fragen zu stellen?«, konterte Yintal.
Elan sah ihn eindringlich an. »Wo es Zweifel oder Verdächtigungen gibt, haben wir das Brechen.«
»Was ist das Brechen?«, fragte Yintal offensichtlich neugierig.
»Ein zweckmäßiges Verfahren, zur Wahrheit zu gelangen.«
Eicroth wartete ab, ob Elan fortfuhr, doch die verstummte. »Sie sagten, bei Ihnen würde man äußerlich tragen, was man ist. Meinen Sie damit die Körperzeichnungen?«
»Zeichnungen?« Elan wiederholte das Wort mit unverhohlenem Abscheu. »Ich bin eine Priesterin von Yun-Harla.« Sie berührte ihre breite Stirn, dann das gespaltene Kinn. »Dies ist Yun-Harlas Stirn; dies ist ihr Kinn. Es sind keine Zeichnungen. Ich bin Elite.«
»Warum verlässt jemand aus der Elite sein Volk?«, wollte Yintal wissen.
Elan runzelte die Stirn und dachte nach. »Es gibt Streitigkeiten. Nicht alle Yuuzhan Vong glauben, dass es richtig war, die große Leere zu durchqueren und hierher zu kommen. Viele glauben auch, dass die Götter diesen Krieg nicht wünschen. Weil ich eine Priesterin der hohen Künste bin, möchte ich Sie das Licht auf andere Weise sehen lassen.«
»Sie unterstützen aber den Massenmord und die Opfer nicht, die Ihren Feldzug bisher begleitet haben?«, fragte Kalenda.
Elan wandte sich ihr zu. »Opfer sind lebenswichtig für die Existenz. Wir Yuuzhan Vong opfern uns selbst genauso wie Ungläubige. Ob nun Ihre Galaxis das auserwählte Land ist oder nicht, es muss gereinigt werden, ehe es bewohnbar ist.« Sie zögerte kurz. »Trotzdem wünschen wir nicht unbedingt Ihren Tod. Nur, dass Sie die Wahrheit akzeptieren.«
»Die Wahrheit, wie sie von Ihren Göttern verkündet wird«, sagte Eicroth.
»Den Göttern«, berichtigte Elan sie.
Yintal gab einen geringschätzigen Laut von sich. »Sie sind keine Priesterin. Sie sind eine Spionin. Das Schiff, aus dem Sie gerettet wurden, konnte viel zu leicht zerstört werden.«
Elans Augen blitzten auf. »Vergere und ich hatten uns bereits in der Rettungskapsel verborgen, als das Gefecht begann. Ob das Schiff zerstört werden würde, wussten wir nicht. Wir wurden zufällig abgeworfen.«
»Selbst wenn das stimmt, warum hätten Ihre militärischen Führer ein so kleines Kriegsschiff gegen uns schicken sollen, obwohl doch ein viel größeres Schiff in der Nähe war?«
Elan lächelte ihn höhnisch an. »Soll ich Sie ebenfalls nach der Größe beurteilen, kleiner Mann? Das kleinere Schiff war besser bewaffnet. Warum wäre das Größere sonst bei der Zerstörung seines Nachwuchses geflohen?«
Yintal sah Kalenda und Eicroth an. »Sie lügt.«
Elan seufzte müde. »Sie sind eine misstrauische Spezies. Ich bin gekommen, um Gutes zu tun.«
»Und zwar was, Elan?«, erkundigte sich Kalenda.
»Sie müssen mich zu den Jedi bringen. Ich habe Informationen über die Krankheit.«
Yintal trat näher an Elan heran und taxierte sie offen. »Was weiß eine Priesterin schon über Krankheiten?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist keine Krankheit, sondern eine Reaktion auf Coomb-Sporen. Die Jedi wissen es.«
»Warum können Sie es nicht einfach uns erzählen?«, fragte Kalenda. »Warum ist es so wichtig für Sie, die Jedi zu treffen?«
Elan starrte sie böse an. »Teilen Sie ihnen mit, was ich gesagt habe, und sie werden es schon verstehen.«
Yintal ging ein paar Schritte von ihr fort und fuhr dann herum. »Wir brauchen einen Beweis, dass Sie als Freund und nicht als Spionin gekommen sind.«
Elan breitete die Arme aus. »Sie sehen mich. Was kann ich sonst noch anbieten?«
Yintal presste die Lippen zusammen und hockte sich vor sie hin. »Militärisches Datenmaterial.«
Verblüfft verfinsterte sich Elans Gesicht. »Darauf sind Sie aus?«
»Geben Sie uns etwas, das wir unseren Vorgesetzten präsentieren können«, drängte Kalenda. »Wenn sich Ihre Informationen bestätigen, ist es sicherlich auch möglich, ein Treffen mit den Jedi zu arrangieren.«
Elan dachte einen Augenblick lang nach. »Mein Orden arbeitet eng mit den Kriegern zusammen, um sicherzustellen, dass die Prophezeiungen günstig ausfallen. Wir sehen voraus, welche Taktik angewandt werden soll…«
»Dann sagen Sie uns, wo Ihre Flotte als Nächstes zuschlagen wird«, verlangte Yintal. »Nennen Sie die betreffende Welt.«
Elan hatte den Mund schon zur Antwort geöffnet, da hörte man aus dem anderen Zimmer ein Krachen und gedämpfte Schreie in Basic und Honoghran.
Während Kalenda und Eicroth sich vom Bett erhoben, stürzte ein großer, kräftig gebauter Mann durch die Tür herein, stolperte und stürzte zu Boden, erhob sich jedoch sofort wieder. Er trug die Kleidung eines Raumfahrers. Blut floss aus Rissen in seinem Overall und aus Schnitten auf seinem Gesicht. Er hielt den Blick auf Elan gerichtet, schob den rechten Zeigefinger in die Falte neben seinem rechten Nasenloch und stieß einen Yuuzhan Vong-Schrei aus, der durch Mark und Bein ging.
»Do-ro’ik vorig pratte!«
Dann geschahen mehrere Dinge gleichzeitig.
Als habe sie einen eigenen Willen, schälte sich die Haut plötzlich vom Gesicht des Mannes und enthüllte eine makabre, unförmige Maske mit gewundenen Wellenlinien. Noch während er schrie, gab es unter seiner Kleidung reißende, knallende Geräusche; dann ergossen sich zwei Ströme einer gelatineartigen Masse aus den Hosenbeinen und flossen davon wie lebendiger Ölschlamm.
Elan sprang auf die Füße und drückte sich an die Wand, wobei sie den Eindringling anzischte und -fauchte und die langen Finger zu Klauen krümmte.
»Ein Attentäter!«, schrie sie durch die entblößten Zähne. »Sie haben mich gefunden!«
Yintal fuhr herum und trat dem Attentäter in den Weg, doch der versetzte ihm einen Schlag ins Gesicht, mit dem er Yintal das Genick wie einen Zweig brach. Der kleine Mann flog quer durchs Zimmer, prallte mit Showolter zusammen und riss ihn mit zu Boden.
Der Attentäter wollte sich auf Elan werfen, als er plötzlich von hinten angegriffen wurde, von Mobvekhar und Khakraim, die auch schon etliche Wunden und Schrammen davongetragen hatten. Die beiden Noghri stießen den Yuuzhan Vong nach vorn gegen die Seitenwand der Hütte. Elan, die dabei nur knapp verfehlt wurde, duckte sich im letzten Moment und rollte sich unter das Bett.
Der Yuuzhan Vong prallte mit derartiger Wucht gegen die Wand, dass ihm eigentlich alle Knochen im Leib hätten brechen müssen, und einen Augenblick lang schien es, als würde er sich den beiden Noghri ergeben. Plötzlich jedoch richtete er sich auf und schleuderte die beiden Geheimdienstler mit solcher Kraft durch den Raum, dass sie auf der anderen Seite gegen die Wand krachten und auf dem Boden zusammensackten.
Der Yuuzhan Vong fuhr blutspritzend herum und suchte den Raum ab. Er sprang zwischen Kalenda und Eicroth, die er wie Stoffpuppen auseinander stieß, packte mit einer Hand das Bett und riss es zur Seite, um dann mit der anderen nach Elan zu greifen. Seine Finger schlossen sich um den langen Hals der Priesterin, er hob sich von den Füßen und drückte sie an die Wand.
Im gleichen Moment erlangte Mobvekhar das Bewusstsein wieder. Mit einem Satz erhob er sich vom Boden, erwischte den Attentäter an der Hüfte und schlug dem Gegner die Zähne in den Rücken.
Der Yuuzhan Vong heulte auf. Er schob Elan zur Seite und hämmerte mit der freien Faust auf den Noghri ein, der ihn festhielt. Mobvekhar grunzte und stöhnte, als ihm die Luft aus den Lungen getrieben wurde, doch ließ er nicht locker.
Benommen erhob sich Kalenda auf die Beine, schüttelte einmal kurz den Kopf, stürzte sich dann auf den hämmernden Arm des Attentäters, der sie einfach fortschleuderte. Ihr Kopf krachte gegen etwas Hartes, und ihr wurde schwarz vor Augen. Helle Formen tauchten aus der momentanen Dunkelheit auf; dann sah sie Showolter, der sich den Poncho vom Hals riss, unter Yintal hervorkroch und einen kleinen Blaster aus einem Schulterholster zog.
Auf dem Bauch liegend feuerte der Major und gab sich Mühe, Mobvekhar nicht zu erwischen, der inzwischen auf dem Boden lag. Er traf den Yuuzhan Vong zwischen die Schulterblätter. Der Geruch von Ozon und verbranntem Fleisch vermischte sich in der Luft, aber der Attentäter zeigte kaum eine Reaktion. Showolter feuerte erneut und traf den Yuuzhan Vong ins Genick, wo er das Haar in Brand setzte.
Und noch einmal feuerte Showolter.
Der Attentäter erstarrte und sank als versengter Haufen auf dem Boden zusammen, doch seine linke Hand umklammerte weiterhin Elans Hals. Die Priesterin blutete aus Nase und Augen, bog die Finger ihres Gegners auf, rutschte an der Wand runter und schnappte nach Luft.
Nicht gerade anmutig wälzte sich Kalenda auf den Bauch und robbte voran, um Elan zu helfen, als die Hütte von einer mächtigen Explosion erschüttert wurde. Showolters Komlink klingelte, und er kramte es aus der Tasche.
»Yuuzhan-Vong-Korallenskipper«, berichtete jemand über das Link. »Vielleicht ein halbes Dutzend, die New Nystao beschießen. Die Soothfast wurde in Alarm versetzt. Sternjäger sind unterwegs.«
Showolter schloss die Hand um Kalendas Unterarm. »Bringen Sie sie in den Tunnel«, keuchte er und hustete Blut. »Sofort!«
Am kalten Rand des Sternsystems, in dem Wayland seine Kreise zog, lauerte ein einsames Kriegsschiff der Yuuzhan Vong. Auf der Brücke stand Nom Anor vor einem visuellen Feld, das von dem fernen Signal-Villip erzeugt wurde, und beobachtete das Gefecht der Korallenskipper und der Sternjäger der Neuen Republik am Himmel über New Nystao.
»Strengen Sie sich nicht zu sehr an«, sagte er laut zu den Piloten in den Korallenskippern. »Nur gerade genug, um glaubhaft zu wirken.«