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»Ich habe immer geahnt, dass du eine Schwäche für das feine Leben hast«, meinte Roa, während er mit Han aus dem Repulsortaxi stieg, das sie am Balkon der Solo-Residenz in luftiger Höhe abgesetzt hatte, in einem der exklusivsten Viertel des Verwaltungsbezirks.
»Mach dir keine falschen Vorstellungen«, erwiderte Han. »Drinnen ist es viel bescheidener, als es von außen aussieht.«
Roa trat an das Balkongeländer und blickte erst nach unten, dann nach oben. Obwohl das elegante Apartment eine gute Lage hatte, befanden sich darüber noch ebenso viele Stockwerke wie darunter. »Was denn, wir sind kaum dreihundert Meter von der Spitze entfernt. Praktisch das Penthouse.« Er lächelte Han mit Gaunermiene an. »Sei doch stolz auf das, was du erreicht hast. Mir fällt sonst kein anderer meiner Schüler ein, der es genauso weit gebracht hätte.«
»Das verdanke ich meiner Frau«, murmelte Han verlegen. »Mit ihrer Stellung sind eine Menge Vergünstigungen verbunden.«
»Ist schön, mal zu sehen, wofür man so seine Steuern zahlt.«
Die Tür erkannte Han und öffnete sich. Mit in die Hüfte gestemmten Armen und geneigtem Kopf stand C-3PO auf dem Kachelboden des Atriums.
»Ach, Master Solo, und dazu ein Gast. Herzlich Willkommen, Sir.« An Roa gerichtet fügte er hinzu: »Ich bin C-3PO, Roboter-Mensch-Kontakter.«
Roa betrat den Eingangsbereich mit der Kuppeldecke und pfiff leise. »Wie lange dauert es, bis ich hier mein Echo höre?«
»Hör jetzt auf, ja?«, sagte Han. »Außerdem hatten wir noch eine kleinere Wohnung im Orowood-Tower, aber als die Kinder flügge wurden…«
Doch Roa unterbrach ihn. »Meinetwegen brauchst du dich für den Luxus nicht zu schämen. Ich würde für alle Credits der Bank der Neuen Republik nicht auf Coruscant wohnen wollen, aber wenn man schon hier sein muss, dann wenigstens anständig.«
Han runzelte die Stirn und wandte sich C-3PO zu. »Wo ist Leia?«
»In der Mastersuite, Sir. Ich wollte ihr gerade dabei helfen zu packen, da schickte sie mich nach unten, um dies zu holen.« C-3PO hielt ein Tuch aus Schimmerseide in die Höhe, das Han ihr beim letzten Ausflug nach Bimmisaari geschenkt hatte.
»Packen? Wohin fährt sie denn?«
»Genauer betrachtet muss ich über das Ziel der Reise noch unterrichtet werden, Sir.«
»Das macht es sicherlich schwierig, die Garderobe auszuwählen«, merkte Roa an.
C-3PO wandte sich ihm zu. Wenn er dazu in der Lage gewesen wäre, hätte er vermutlich mit den hell erleuchteten Photorezeptoren geblinzelt. »Sir?«
Roa lächelte lediglich.
Han sah Roa an. »Am besten wartest du hier unten, während ich die Angelegenheit kläre.«
Nickend antwortete Roa: »Nichts dagegen einzuwenden.«
»Master Solo, Sir, offenbar soll ich Mistress Leia begleiten.«
»Ja, und?«, fragte Han, während er die Wendeltreppe hinaufstieg.
»Nun, Sir, da Sie meine Einstellung zu Raumflügen kennen, dachte ich, Sie könnten vielleicht ein Wort für mich einlegen.«
Han lachte kurz. »Ich kann es dir wirklich nachfühlen, C-3PO.«
C-3PO neigte angenehm überrascht den Kopf zur Seite. Hans Sarkasmus war ihm vollständig entgangen. »Nun, danke, Sir. Mitleid wird mich wohl kaum vor meinen Pflichten retten, aber es ist immerhin wohltuend, wenn sich wenigstens eine Person so mitfühlend äußert. Ich stehe schon seit langem auf dem Standpunkt, dass Sie der menschlichste aller Menschen sind. Tatsächlich habe ich erst letzte Woche gesagt…«
Das Geplapper des Droiden verfolgte Han den Weg bis zur Mastersuite hinauf, wo er Leia vorfand, die Kleidung auf dem Bett auslegte. Sie war barfuß und trug einen Morgenmantel aus Schimmerseide. Das Haar hatte sie hinter dem Kopf hoch gesteckt, doch einige Strähnen hatten sich gelöst und baumelten um ihre Wangen.
»Jedes Mal, wenn ich etwas später nach Hause komme, machst du dich gerade zur Abreise fertig. Vielleicht solltest du einfach immer eine Tasche gepackt bereitstehen haben.«
Sie erstarrte, als sie ihn sah. »Wo bist du gewesen? Ich habe den ganzen Morgen versucht, dich zu erreichen.«
Han rieb sich die Nase. »Ich habe meinen Erinnerungen nachgehangen. Gleichgültig, jedenfalls hatte ich mein Komlink ausgeschaltet.« Er deutete auf den offenen Koffer. »C-3PO hat mir verraten, dass ihr beide verreisen wollt.«
Leia setzte sich auf die Kante des großen Bettes und schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Ausgerechnet Ord Mantell. Das Flüchtlingsproblem lässt sich einfach nicht in den Griff bekommen, Han. Lebensmittelknappheit, Krankheiten, getrennte Familien… Und als würde das nicht genügen, misstraut man auch noch der Neuen Republik, was die Motive für unsere Hilfsbereitschaft angeht. Der Rat hat mich gebeten, mit den Staatsoberhäuptern verschiedener Welten im Mittleren und Inneren Rand mögliche Lösungen zu besprechen.«
»Misstrauen weswegen?«
»Viele Kritiker glauben, die Neue Republik werde in der Lage sein, hunderte von Welten und Systeme zu annektieren, nachdem wir die Yuuzhan Vong abgewehrt haben.«
»Nicht, wenn alles so weiter läuft wie bisher.«
»Ich weiß.« Leias Stimme klang besorgt.
Han blickte erneut auf den Koffer. »Wirst du diese Wohltätigkeitsreisen eigentlich nie leid?«
»Wohltätigkeit beginnt zu Hause«, mischte sich C-3PO ein und fuhr dann fort: »Nein, Augenblick, ich glaube, es heißt: ›Nächstenliebe beginnt zu Hause.‹ Huch, ich bin ganz durcheinander. Die Anstrengung, für eine Raumreise packen zu müssen…«
»3PO!«, sagte Han und richtete warnend den Zeigefinger auf ihn.
Da C-3P0 neben Millionen anderer Sprachen auch menschliche Körpersprache beherrschte, verstummte er augenblicklich.
Leia blickte von dem Droiden zu Han. »›Wohltätigkeitsreisen‹ sind eben das, womit ich mich beschäftigte. Ich versuche zu helfen, wo ich kann.«
Han nickte gleichgültig. »Eigentlich könnte es sich nicht besser treffen, weil ich selbst auch für eine Weile verschwinde.«
Leia starrte ihn an. »Verschwinden? Wohin?«
»Ich bin nicht ganz sicher.«
Leia zog die Augenbrauen hoch. »Du bist nicht sicher?«
»Das ist ein Fakt«, sagte Han und blickte hinunter in die Eingangshalle, wo Roa gerade eine Kristallstatue bewunderte, die Leia auf Vortex erstanden hatte.
Sie folgte seinem Blick. »Wer ist das?«
»Ein alter Freund.«
»Und hat er auch einen Namen?«
»Roa.«
»Das ist ja immerhin schon etwas«, sagte Leia gewollt witzig. »Ich weiß nicht, wohin du fliegst, aber wenigstens, mit wem – nur, falls ich dich erreichen will.« Sie zögerte. »Nimmst du den Falken?«
Han schüttelte den Kopf. »Dreh ruhig eine Runde mit ihm, wann immer du willst.«
Leia betrachtete ihn genau. »Han, was hat das zu bedeuten?«
»Wir wollen nur nach einem gemeinsamen Freund suchen.«
»Und deshalb müsst ihr so dringend aufbrechen?«
Han warf ihr einen kurzen Blick zu. »Jetzt oder nie, Leia. So einfach.« Er holte eine Reisetasche aus dem Schrank und begann, Kleidung hineinzustopfen.
Seine Frau beobachtete ihn einen Augenblick lang. »Kannst du nicht wenigstens bleiben, bis Anakin nach Hause kommt? Du bist ihm die ganze Woche aus dem Weg gegangen.«
»Bestell ihm schöne Grüße von mir.« Han hatte ihr den Rücken zugekehrt.
Leia schob sich in sein Blickfeld. »Ihr beide habt euch ja wohl ein bisschen mehr zu sagen als nur schöne Grüße. Er ist verwirrt, Han. Du sagst ihm, dass er sich nicht verantwortlich fühlen soll für das, was auf Sernpidal passiert ist, und gleichzeitig sprechen dein Schweigen und deine Wut eine ganz andere Sprache. Du musst ihm helfen, es durchzustehen.«
Han blickte sie an. »Wieso braucht er mich? Er hat doch die Macht.« Er kniff die Augen zusammen. »Wie hat Luke es ausgedrückt? Irgendwie so in der Art: Weil die Kinder Jedi sind, würde ich nicht mehr lange mit ihnen mithalten können. Nun, genau das ist geschehen. Sie sind über mich hinausgewachsen.«
»Luke hat es nicht so gemeint, wie du es ihm jetzt unterschiebst.« Leia trat zu ihm. »Han, hör mir zu. Wenn Anakin Chewie unbedingt rächen will, dann nicht nur, um sich selbst von der Schuld zu befreien, sondern auch, um dir einen Gefallen zu tun. Er brauchte dein Verständnis und deine Unterstützung. Und deine Liebe, Han. Die kann ihm auch die Macht nicht geben.«
Han blies in die Luft. »Wenn das ein Versuch sein sollte, mir Schuldgefühle einzureden, darfst du dir eine Medaille umhängen.«
»Ich will dir keine Schuldgefühle einreden. Ich möchte nur…« Sie unterbrach sich und ließ die Schultern sinken. »Was soll’s, Han. Weißt du was? Vielleicht ist es gut, wenn du für eine Weile verschwindest.«
Ohne Erwiderung ging Han zum Wandschrank und wühlte in einer seiner Schubladen herum. Einen Augenblick später hielt er seinen dreißig Jahre alten BlasTech DL-44 in der Hand. Er strich mit dem Daumen über den Knopf an der vorderen Sichtblende, dann schob er die Waffe in ihr Holster.
Leia beobachtete, wie er die Waffe in sein Handgepäck steckte. »Versprich mir, dass du keinen Wettbewerb im Schnellziehen mitmachst«, sagte sie besorgt.
Auf den ersten Blick erschien der Diplomatenkoffer, den der hellhäutige Mensch in der billigen Hose hielt, wie ein gewöhnliches Gepäckstück, etwas, an dem kein Taschendieb im Bagsho-Terminal auf Nim Drovis auch nur das geringste Interesse gezeigt hätte. Der feste Griff des Mannes deutete vielleicht darauf hin, dass sich etwas Wertvolleres darin befand, allerdings würde ein einziger Blick auf den Träger genügen, um selbst den verzweifeltsten Dieb zögern zu lassen. Sein Gang war zu selbstbewusst, die locker sitzende Jacke konnte die breiten Schultern kaum vollständig verbergen. Und wichtiger noch, er gab sich zu viel Mühe, unscheinbar zu wirken.
Ohne in irgendeiner Weise aufzufallen, erledigte der Mann die Einreiseformalitäten und folgte den Wegweisern zum Pubtransflitzer, der ihn zum Medizinischen Institut des Sektors bringen sollte.
Seit der Zeit, in der Ism Oolos Leiter des Instituts gewesen war, hatte sich Nim Drovis sehr verändert. Nachdem die Todessaatseuche während der Herrschaft von Seti Ashgad auf dem nahen Nam Chorios gewütet hatte, finanzierte die Neue Republik eine Wetterstation, um den täglichen Sturzregen zu regulieren, und die Jedi-Ritter hatten eine Vereinbarung zwischen den Drovianern und den Gopso’o-Stämmen vermittelt. Die infektiösen Schimmelpilze und Schwämme, die sich so fruchtbar vermehrt hatten, waren durch diese Maßnahmen unter Kontrolle gebracht worden, und sogar die Kanäle der Altstadt konnte man nicht mehr mit den stinkenden Sümpfen von einst vergleichen. Schneckenzucht war heutzutage das große Geschäft.
Der Mann mit dem Diplomatenkoffer erreichte das renovierte medizinische Zentrum und amüsierte sich im Stillen über die Schar der bewaffneten drovianischen Wachen, die hier Streife gingen und die Blastergewehre in den Tentakeln wiegten oder mit den Zangen hielten. Nach einem Routinecheck wurde ihm Zutritt zum weitläufigen Eingangsbereich gewährt, in dem sich Drovianer und Menschen tummelten – von denen manche noch direkte Nachfahren der ursprünglichen Kolonisten von Alderaan sein mochten.
Der Neuankömmling wandte sich an die drovianische Empfangsdame hinter ihrem Tresen. »Ich habe eine Verabredung mit Dr. Saychel.«
»Ihr Name?«, fragte sie, während sie weiter auf dem Priem Zwil in ihrer Wange kaute.
»CofYoly.«
Sie bat ihn mit einer Handbewegung, Platz zu nehmen. Augenblicke später winkte sie ihn wieder zum Tresen, wo aus dem Interkom eine menschliche Stimme sprach.
»Ich bin Dr. Saychel. Sie haben nach mir gefragt?«
»Ja. Ich glaube, ich habe mir auf Ampliquen Trichinen zugezogen.«
»Warum haben Sie es nicht dort behandeln lassen?«
»Das medizinische Zentrum hat meine Versicherung nicht akzeptiert.«
Saychel schwieg einen Moment lang. »Nehmen Sie die Tür links vom Tresen und folgen Sie den Hinweisen zum Labor.«
Die Markierungen führten ihn an Untersuchungszimmern und primitiven Operationssälen vorbei, in Holzgebäude hinein und wieder heraus, bis er schließlich durch ein Labyrinth düsterer Korridore ging, die an der Quarantänestation endeten, wo vor zwölf Jahren die Opfer der Todessaatseuche isoliert worden waren. Saychel, der Stationschef von Nim Drovis, trug einen teilweise versiegelten Schutzanzug und eine Schutzbrille mit Makrolinsen.
»Willkommen in Bagsho, Major Showolter«, sagte Saychel herzlich. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand von ihrem Format herkommen würde.«
»Also, um ehrlich zu sein, ich habe beim Münzenwurf gewonnen«, sagte Showolter.
»Ich schätze, mir ist das Interesse nicht unverständlich.«
Showolter und Saychel kannten sich von Coruscant, wo sie in einem Unterschlupf des Geheimdienstes in den Katakomben des Regierungsbezirkes zusammengearbeitet und gelegentlich auch Luke Skywalker, Han Solo und Lando Calrissian getroffen hatten. Saychels dichtes blondes Haar hatte sich seitdem zu einer gelbweißen Kappe entwickelt, und seine Wangen waren von geplatzten Kapillargefäßen gerötet.
»Ich bin überzeugt, dass Sie es sind«, sagte Saychel, »aber ich würde gern ganz sicher gehen.«
Showolter nickte und breitete die Arme für den Scanner aus, den Saychel aus der Tasche seines Schutzanzugs hervorkramte. »Dafür bezahlen wir Sie schließlich, Professor.«
Der Scanner fand rasch das Implantat, das Showolter im rechten Bizeps trug, und bestätigte seine Identität.
»So, wo sind unsere beiden Hübschen?«, fragte Showolter.
Saychel führte ihn durch eine Tür, die mit einem Retina-Scanner gesichert war, zu einem großen, nur in eine Richtung durchsichtigen Transparistahlfenster in der hinteren Wand des Labors. Die beiden angeblichen Überläufer trugen Krankenhauskleidung und saßen auf Pritschen in dem Raum hinter dem Fenster. Sie unterhielten sich leise, vermutlich, so dachte Showolter, in ihrer eigenen Sprache. In dem Raum waren außerdem ein Tisch, Stühle und eine bewegliche Hygieneeinheit vorhanden.
Als Showolter die weibliche Yuuzhan Vong sah, riss er die braunen Augen interessiert auf. »Ich hätte nicht gedacht, dass der Feind etwas so Attraktives hervorbringen kann.«
»Ja«, stimmte Saychel zu und spähte durch den Transparistahl, »sie ist ein hübsches Exemplar.«
»Und der andere ist was – Schmusetier oder Partner?«
»Ein bisschen von beiden, denke ich. Sie sind auf jeden Fall unzertrennlich. Und das ›Schmusetier‹ – ein besseres Wort ist mir auch noch nicht eingefallen – steht ihrem Frauchen in Nichts nach, was die Intelligenz betrifft.«
»Ihrem?«
»Unbestreitbar. Vielleicht handelt es sich um eine Spezies, die in der Galaxis der Yuuzhan Vong zu Hause ist, oder es stammt aus der Retorte – durch Gentechnologie erzeugt.«
»Gab es Probleme beim Transport?«
Saychel schüttelte den Kopf. »Fragen Sie mich nicht, woher sie den hatten, aber die Mannschaft der Soothfast brachte die zwei in einem Energiekäfig. Wir haben sie hierher verlegt, nachdem wir unsere ersten Untersuchungen abgeschlossen hatten.«
»Ich habe die Berichte gelesen. Irgendwelche überraschenden Befunde?«
»Keine nennenswerten.«
»Was ist mit der Rettungskapsel?«
»Ähnelt den Jägern der Yuuzhan Vong, nur fehlen die Waffen. Sie besteht aus einer schwarzen Korallenart und wird von einem Dovin Basal angetrieben – der unglücklicherweise tot war, als er bei uns ankam.« Saychel deutete auf einen Tisch in der Nähe, auf dem eine etwa einen Meter breite, mit blauen Stacheln bewehrte, herzförmige Masse in einem großen Gefäß mit Konservierungsmittel trieb.
»Interessanter jedenfalls als der Standard-Repulsorantrieb.«
»Ein wenig«, sagte Saychel humorlos.
Showolter richtete den Blick nun auf ein zweites, kleineres Gefäß, in dem eine braune Hülse von ungefähr der Größe eines menschlichen Kopfes enthalten war, die von einem knotigen Rand gekrönt wurde. »Was ist das für ein Ding?«
Saychel bewegte das Gefäß. »Der Beschreibung nach müsste es ein Villip sein – ein organischer Kommunikationsapparat.«
»Lebt er noch?«
»Scheint so.«
»Hat er… irgendetwas gesagt?«
»Nein. Allerdings habe ich ihm auch noch keine Fragen gestellt.«
Showolter runzelte die Stirn und massierte sich unbewusst den rechten Bizeps, dann wandte er sich um und beobachtete weiter die Gefangenen. »Haben sie etwas zu essen bekommen?«
»Regelmäßig. Der Kleinen scheint unsere Speisekarte sogar recht gut zu gefallen.«
»Vielleicht können wir den Krieg ja auf diese Weise gewinnen: mit Essen.«
»Ich habe schon dümmere Vorschläge gehört.«
»Konnten Sie sich mit ihnen unterhalten?«
»Mit der Yuuzhan-Vong-Frau – ihr Name lautet übrigens Elan; sie spricht Basic. Das habe sie, behauptet sie, in ihrer Ausbildung gelernt.«
»Ausbildung als was?«
Saychel grinste. »Halten Sie sich fest: Als Priesterin.«
Showolters dicke Augenbrauen schoben sich vor. »Sie scherzen.« Er blickte Elan an. »Ob die im Zölibat leben?«
»Die Frage habe ich zu stellen vergessen«, meinte Saychel. »Aber sie klang sehr eindeutig, was das politische Asyl betraf. Ich habe nur so zum Spaß eine Stimm-Stress-Analyse durchgeführt, und das Ergebnis hat meine These bestätigt.«
»Haben sie sonst um irgendetwas gebeten?«
»Sie wollen die Jedi treffen. Elan behauptet, sie habe Informationen über diese Sporenkrankheit, die die Yuuzhan Vong freigesetzt haben, ehe sie mit der Invasion begannen.«
Showolter kratzte sich am Kopf. »Dem Schmusetier schmeckt unser Essen; die Priesterin spricht Basic, weiß über die Jedi Bescheid und bittet um Asyl… Als Nächstes werden Sie mir erzählen, die beiden hätten Wetten auf das Smashball-Finale abgegeben.« Er seufzte tief. »Direktor Scaur wünscht für die ersten Verhöre ihre Verlegung nach Wayland. Diskret, versteht sich. Unsere Noghri-Agenten dort sind bereits informiert.«
»Werden Sie die Verlegung leiten?«
Showolter nickte.
»Offensichtlich ist es eine Falle«, meinte Saychel. »Diese beiden, meine ich.«
»Bestimmt. Aber es könnte unsere einzige Chance sein, uns mit einem von ihnen zu unterhalten, und diese Gelegenheit dürfen wir uns nicht entgehen lassen. Selbst wenn wir zu diesem Zweck ein Treffen mit den Jedi arrangieren müssen.«
»Willkommen an Bord«, sagte Roa, als er und Han das Ende der mit Teppich ausgelegten Passagierrampe des SoroSuub 3000 erreichten.
Nach einem kurzen Blick in die Runde war Han an der Reihe, seine Bewunderung durch einen Pfiff kundzutun. Selbst die Standardmodelle dieses schlanken, pfeilförmigen Schiffes galten schon als Luxusyachten, doch die Happy Dagger übertraf diese bei weitem. Von den Gängen bis zu den Schotten sah alles, was nicht aus Holz bestand, wenigstens täuschend echt danach aus, und in jeder Nische stand ein wertvolles Kunstwerk oder ein teures Hologramm. Eine Couch war mit Croshleder und Schimmerseide bezogen.
»Ist das Fijisi?«, fragte Han ungläubig und strich mit den Fingern über das Parkett.
»Eigentlich ist es Uwa«, erklärte Roa. »Habe es aus einem geborgenen alderaanischen Bordellschiff. Ansonsten hatten Piraten praktisch alles aus dem Wrack herausgeholt.«
Han wanderte ein wenig herum, betrachtete dies und jenes und schüttelte den Kopf. »Weißt du, wer früher mal mit einem von diesen Dingern geflogen ist? Lando Calrissian. Aber selbst sein Schiff konnte sich nicht mit deinem messen.«
»Wenn Lando sich nicht gewaltig verändert hat, hat er vermutlich mehr in Aufklärungsgeräte und Waffen gesteckt, als mich das ganze Schiff gekostet hat.«
»Kann sein, kann sein.« Han grinste Roa an und freute sich über die Gelegenheit, sich für den Spott zu revanchieren, den er zu Hause hatte schlucken müssen. »Was machst du also? Vermietest du Kabinen an reisende Jizz-Orchester?«
Roa lachte kurz. »Ich mache keinen Hehl daraus, dass die Jungs, die auf Bonadan in meinen Schmugglerdiensten standen, für meinen Reichtum verantwortlich waren. Doch jetzt habe ich nur noch dieses Schiff.«
Er klopfte Han auf die Schulter und schob ihn zum vorderen Hauptfrachtraum, wo ein polierter silberfarbener Protokolldroide aus einem Abteil kam und ihnen in den Weg trat. »Verzeihen Sie mir, Master Roa, aber dem Schiff nähert sich ein Fremder.«
»Han, darf ich dir Void vorstellen«, sagte Roa. »Er ist auf Rhommamool der Zerstörung durch die Antidroiden-Fanatiker entgangen, doch der Vorfall hat ihn so schwer mitgenommen, dass er sich einer Speicherlöschung unterziehen musste. Ich habe ihn praktisch umsonst bekommen, dafür hat es mich fünfhundert Coruscant-Credits gekostet, ihn wieder hinzukriegen.«
Roa instruierte Void, er solle ihm den Fremden zeigen, den die Sicherheitsscanner in der Andockbucht erfasst hatten. Sofort zeigte ein Konsolenbildschirm einen schlanken, braunhaarigen, blauäugigen Teenager in einem weißen, grob gewebten Hemd und einer braunen Hose.
»Kennst du den?«, fragte Roa.
Han kniff die Augen zusammen. »Mein jüngster Sohn.«
Anakin hatte bereits die Rampe der Happy Dagger erreicht, als Han im Eingang erschien. Die Scanner hatten die Aufregung des Jungen deutlich wiedergegeben. Jetzt verwandelte sich die Nervosität in Wachsamkeit. »Hey, Dad«, sagte er vorsichtig.
Han stürmte die Rampe hinunter und stemmte die Hände in die Hüften. »Wie hast du mich denn aufgetrieben?«
Anakin wich einen Schritt zurück. »Mom sagte, du wolltest mit einem Mann namens Roa verreisen, und zwar nicht mit dem Falken. Da war es nicht schwer, die richtige Andockbucht zu finden.«
Han setzte eine strenge Miene auf. »Hoffentlich hat sie dich nicht geschickt, um herauszubekommen, wo ich hinwill, denn es ist tatsächlich so, wie ich gesagt habe: Ich weiß es noch nicht.«
Anakin runzelte die Stirn. »Sie hat mich überhaupt nicht geschickt.«
»Ach«, sagte Han leise und verlegen. »Also…«
»Ich – ich habe etwas für dich.« Anakin nahm ein kleines Lederfutteral vom Gürtel, den er um sein Hemd geschlungen hatte. »Betrachte es als Abschiedsgeschenk.«
Der leichte Zylinder, den Han hervorholte, war kürzer als seine Hand und kaum vier Finger breit. Der Gegenstand war in Längsrichtung mit Kerben versehen und schien aus einer Memory-Legierung zu bestehen, die sich Formen merken konnte.
»Ich gebe auf«, sagte Han schließlich, nachdem er eine Weile über den Sinn des Objekts gerätselt hatte. »Was ist das?«
»Ein Notfallkit.« Anakins Miene hellte sich leicht auf, als er das Gerät zurücknahm und mit einigen Handgriffen eine Reihe kleiner Utensilien hervorbrachte, darunter Messerklingen, Schraubenschlüssel, ein Luma und Ähnliches. Sogar ein Makroschmelzer und ein Miniaturatemgerät gehörten zur Ausrüstung.
Einen Augenblick lang wusste Han nicht, was er sagen sollte. »Also, Junge, das ist ein hübsches Stück, aber für die nächste Zukunft habe ich keine längeren Wanderungen geplant.«
»Chewie hat es für mich gemacht«, erwiderte Anakin ruhig.
Han zog ein langes Gesicht. »Umso mehr ein Grund, dass ich es nicht annehmen kann, wenn er es für dich gemacht hat.«
Anakin drückte es Han nichtsdestotrotz in die Hand. »Ich möchte, dass du es behältst, Dad.« Er zuckte ein wenig nervös mit den Augen.
Erneut wollte Han protestieren, überlegte es sich jedoch anders. Das Notfallkit war ein Friedensangebot, und wenn er es ablehnte, würde er die Kluft, die seit Sernpidal zwischen ihnen bestand, noch vertiefen.
»Zuerst Chewies Bogenwerfer und seine Tasche, und jetzt dieses Mehrzweckwerkzeug. Normalerweise bekomme ich so viel nicht einmal zum Geburtstag.« Er lächelte angestrengt und drehte das Werkzeug in den Händen. »Wer weiß, vielleicht kann ich es irgendwann mal gebrauchen.«
»Hoffentlich«, murmelte Anakin.
Han zog eine Augenbraue hoch. »Wieso klingt das wie eine dieser kryptischen Äußerungen, die dein Onkel so liebt?«
»Ich habe nur gedacht, dass es Chewie bestimmt gefallen hätte, wenn du etwas benutzt, das er hergestellt hat.«
»Ja, das würde ihm bestimmt gefallen«, sagte Han und wich Anakins Blick aus. »Danke, Junge.«
Anakin wollte gerade etwas antworten, da rief Roa oben von der Rampe nach Han.
»Alles bereit zum Abheben.«
Han wandte sich an Anakin. »Zeit zu gehen.«
»Klar, Dad. Pass auf dich auf.«
Sie umarmten sich steif und kurz. Han machte sich zur Happy Dagger auf, blieb jedoch auf halbem Weg die Rampe hinauf stehen und drehte sich zu Anakin um. »Es wird schon alles wieder gut werden, weißt du.«
Anakin starrte ihn an und verkniff sich die Tränen. »Was denn – der Krieg, meine Schuldgefühle, was Chewie angeht, oder die Tatsache, dass du einfach verschwindest, ohne jemandem zu sagen, wohin?«