10. Kapitel
Die Korridore mit cremefarbenen Wänden und beigen Teppichen vor den Appartements in Twilights erinnerten Phoebe an eine blitzblanke, unpersönliche Privatklinik. Es herrschte dieselbe nichtssagende Atmosphäre allumfassender, beängstigender Zweckmäßigkeit.
Phoebe war Lilith gefolgt und klopfte nun kurz an die Tür von Nummer neunzehn.
»Nur herein – ich bin in der Küche. Die Tür ist offen.«
War das richtig?, dachte Phoebe. Was, wenn …
Zögerlich drückte sie die Tür auf, eine Wolke würzigen Duftes wehte ihr entgegen, und sie konnte nur mit Mühe ihre Überraschung verbergen.
Sie hatte eine gebrechliche, zarte alte Dame in schlaffem Blumenkleid und ausgelatschten Pantoffeln erwartet und war bei Essies Anblick ganz verblüfft.
»Hallo Phoebe. Ich habe Sie erwartet. Lilith hat es also geschafft, Ihnen die Botschaft zu überbringen, ohne dass die enorme Joy etwas bemerkt hat? Gut, gut. Schön, Sie kennenzulernen. Frisch und sommerlich sehen Sie aus, so in Rosa und Weiß. Wie ein Kokoshäppchen. Kommen Sie herein, und setzen Sie sich, meine Liebe.«
Phoebe hoffte, dass sie diese große, schlanke und elegante Frau in weiten Leinenhosen und dunkelgrüner Spitzenbluse mit zitronengelbem Chiffontuch im Haar nicht allzu entgeistert anstarrte und setzte sich in den allgegenwärtigen beigen Polstersessel.
Wie hatte Rocky Lancaster nur diese aparte, zierliche, feine ältere Dame überfallen können? Wie abgrundtief verdorben musste er sein?
Essie lächelte ihr von der Kochnische her zu. »Ich habe ein schönes kleines Abendessen vorbereitet – eines von Liliths Rezepten. Sie essen doch mit mir, oder? Ich wette ein Pfund gegen einen Penny, dass die Tugwells Ihnen nicht mal einen trockenen Keks angeboten haben, stimmt’s?«
Da Phoebe sich nicht erinnern konnte, wann sie das letzte Mal gegessen hatte, und ihr Magen schon laut knurrte, nickte sie eifrig. »Das wäre wunderbar – wenn es für zwei reicht.«
»Mit Leichtigkeit«, erwiderte Essie vergnügt, öffnete den Kühlschrank und schloss die Mikrowelle. »In einer Minute ist es aufgewärmt – Lilith hat es bei einem ihrer karibischen Kochkurse zubereitet. Jerk-Chicken, eine Spezialität aus Jamaika.«
Phoebe beobachtete, wie Essie mit geschmeidigen sparsamen Bewegungen an der Küchenzeile hantierte. Liebe Güte, wie klein diese Wohneinheiten waren. Und bei der Hitze ließen sich die Fenster nur einen Spalt breit öffnen! Herrgott, es war ja fast wie im Gefängnis.
»Bitte schön.« Essie brachte in zwei Schalen würziges Hühnchen mit Reis ins Zimmer und stellte sie auf den niedrigen Beistelltisch. »Lassen Sie es sich schmecken! Entschuldigen Sie die Heimlichtuerei.« Essie schmunzelte, dann setzte sie sich Phoebe gegenüber und nahm ihre Schale und Gabel zur Hand. »Ist zurzeit ein wiederkehrendes Thema in meinem Leben, aber es gibt zahlreiche Gründe, warum die Tugwells nicht wollen, dass Sie mit mir sprechen. Wie ist die Astrologiesitzung denn verlaufen?«
»Ähm, recht gut, denke ich«, nuschelte Phoebe mit dem Mund voller scharfem Hühnchen. »Ach, wow, das schmeckt herrlich. Vielen herzlichen Dank. Ähm – allen schien es sehr zu gefallen, und Joy hat eingewilligt, eine regelmäßige Montagabendveranstaltung daraus zu machen.«
»Ach, tatsächlich? Gut. Und wie sind Sie vorgegangen?«
»Nun ja …« Phoebe zögerte. Sie wollte Essie nun wirklich nicht mit allzu vielen technischen Details verwirren. »Also, ich habe einfach alle nach ihren Sternzeichen gefragt und dann anhand der entsprechenden Planetenpositionen eine Vorhersage entworfen.«
Essie nickte. »So kann man nicht viel falsch machen. Wie ich außerdem gehört habe, haben Sie Bert die Tarotkarten gelegt, und er war hocherfreut?«
Phoebe hob die Augenbrauen. Essie war ja bestens informiert.
»Lilith hat mir alles brühwarm berichtet.« Essie stellte ihre Schale ab. »Möchten Sie etwas trinken, meine Liebe? Ich habe Pfefferminztee gekocht. Wunderbar erfrischend bei dieser Affenhitze, passt gut zum Huhn und hilft, einen klaren Kopf zu bewahren.«
»Oh ja, danke.« Phoebe lächelte und verkniff sich zu sagen, dass sie sich eigentlich nichts aus Kräutertee machte, weil er sie bestenfalls an Medizin und schlimmstenfalls an Pipi von Suggs erinnerte. »Ja, Bert war sehr angetan von den Tarotkarten, auch wenn die Legung recht kurz war. Ich hätte noch weiter ausholen können, aber …«
»Aber?«, fragte Essie schelmisch aus der winzigen Küche.
»Tja, Joy Tugwell hatte mir eingeschärft, nicht zu sehr in die Tiefe zu gehen, und die Tarotkarten aus beiden Decks enthielten dieselbe Botschaft. Oh, Entschuldigung. Sie wissen vielleicht nicht viel über Tarot.«
»Ein bisschen.« Essie war noch immer mit Löffeln, Tassen und der Teekanne beschäftigt und hatte ihr den Rücken zugewandt. »Welche Legart haben Sie bei Bert verwendet?«
Phoebe blinzelte. Was in aller Welt wusste Essie über die Anordnung von Tarotkarten? »Nun, die Basisauslegung, die ich immer verwende. Ich meine, es gibt schließlich nur eine, oder?«
»Wohl bekomm’s!« Essie kam mit zwei weißen duftigdampfenden Bechern zurück und stellte sie auf den Beistelltisch. »Bleiben Sie nur bei der einen Methode, wenn Sie damit am glücklichsten sind. Ich persönlich bevorzuge die Legart der Roma. Aber das ist ja naheliegend, bei meinen Vorfahren. Als ich ein Kind war, hat meine Tante Thirza gern Wäscheklammern als Orakel geworfen oder Zweige von weißem Heidekraut oder ein paar Karten gelegt. Und Tante Kizzy hat immer mit ihrer Kristallkugel leicht boshaft die Nachbarn geärgert. Ich fand das einfach nur lustig, aber schließlich hat meine Großmutter mir alles beigebracht, was sie wusste, und deshalb … Nein, nicht jetzt. Über sie und diese Dinge sprechen wir später.«
Beliebte Essie zu scherzen? Redete sie Unsinn? War sie alt und verwirrt? Oder alles zusammen?
»Äh, ja, die Tarotkarten – die Legart der Roma? Davon habe ich noch nie gehört.« Um ihre Verwirrung zu verbergen, griff Phoebe nach dem Pfefferminztee und jonglierte mit Teller und Tasse. »Ach, der schmeckt auch köstlich. Vielen Dank.«
»Noch eines von Liliths Rezepten«, sagte Essie und nahm wieder ihr Hühnchen zur Hand. »Viel besser als fertig gekaufter Tee, finde ich. Gut, wo waren wir? Ach ja, die Legart der Roma – nun, allzu kompliziert ist sie nicht. Es ist die Divination, die über Generationen hinweg von fahrenden Wahrsagern benutzt wurde. Man nimmt beide Decks, sieben Karten in drei Reihen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, und liest sie vertikal. Sehr zutreffend. Versuchen Sie das zur Abwechslung doch mal.«
Phoebe schaufelte hungrig ihr Jerk-Chicken in sich hinein und trank ihren Tee. Senil war Essie Rivers offenbar nicht.
»Mache ich – danke. Und ich muss Lilith nach diesem Rezept fragen. Schmeckt fantastisch. Tut mir leid, dass ich angenommen habe, Sie verstünden nichts von Tarot. Ich meine …«
»Kein Thema. Wie hätten Sie denn auch irgendetwas über mich wissen können? Wir haben uns ja gerade erst kennengelernt. Obwohl Prinzessin und Lilith Ihnen doch sicher schon erzählt haben, dass ich selbst ein Faible für Wahrsagerei habe.« Essie gluckste.
»Ja, haben sie, aber ehrlich gesagt dachte ich, sie meinten Kaffeesatzlesen oder so. Entschuldigen Sie diesen Gedanken und dass ich, na ja, tut mir leid. Sie wissen eindeutig viel mehr als ich.«
Essie lehnte sich in ihrem Sessel zurück. »Na dann, warum erzählen Sie mir nicht, was Sie wissen, und ich erzähle Ihnen, was ich weiß, so werden wir es ja sehen – was meinen Sie? Und dann erkläre ich Ihnen, was ich von Ihnen möchte. Einverstanden?«
Da Phoebe das Gefühl hatte, Essie verdiente irgendeine Art von Wiedergutmachung für das Schreckliche, das Rocky ihr angetan hatte, nickte sie. »Einverstanden.«
Und so schilderte Phoebe zwischen Schüsselauskratzen und Teetrinken ihre lebenslange Leidenschaft für Astrologie, und wie sie sich stets in allem und jedem an ihren Prognosen orientiert hatte, und dass sie sich nun wie eine Betrügerin vorkam, weil sie an all das nicht mehr glaubte.
»Ja, das wär’s eigentlich. Mit meiner Liebe zur Astrologie ist es ebenso aus und vorbei wie mit meiner Liebe zu Ben.«
»So eine traurige Geschichte aber auch.« Essie nickte mitfühlend. »Es tut mir schrecklich leid, dass Sie so Schlimmes durchgemacht haben – und immer noch durchmachen. Sie wissen zweifellos mehr als genug, um eine wirklich kompetente Amateurastrologin zu sein. Aber Sie sollten nicht die Sterne für Ihre Probleme verantwortlich machen.«
»Wieso nicht? Ich hatte alles anhand der Sterne geplant. Alle Positionen und Aspekte berücksichtigt. Alles deutete auf einen idealen Hochzeitstermin hin. Wie könnte ich noch länger daran glauben, wenn…?«
»Ach, mein armes Kind. Aber geben Sie nicht sich die Schuld und auch nicht Ihren Deutungen. Sehen Sie, es ist doch alles noch sehr viel tiefgründiger. Sie haben ja quasi nur an der obersten Schicht der Sterndeutung gekratzt. Darf ich Sie etwas fragen? Sie haben all Ihren Berechnungen Ihr und Bens Sonnenzeichen zugrundegelegt, nicht wahr?«
»Ja, schon, aber …«
»Und Ihre Sonnenzeichen harmonierten sicher miteinander?«
»Natürlich. Ich bin Jungfrau …«
»Klug, strukturiert, pingelig, wählerisch, eigensinnig. Und Ben?«
»Steinbock.«
»Materialistisch, machtbesessen, auf Geld fixiert, ehrgeizig und praktisch.«
Phoebe nickte. »Ja, aber da wir beide zu den Erdzeichen gehören …«
»Und Sie stimmen mir doch zu, dass dies nur die ganz grundlegenden und allgemeinen Charakteristika der Menschen sind, die unter Ihren Zeichen zur Welt kamen?«
»Nun ja, aber wir haben gut zusammengepasst, weil wir beide Erdzeichen waren. Das wusste ich schon, als wir noch zur Schule gingen. Wir waren ein ideales Paar. Der Hochzeitstermin war genau richtig. Zumindest den blöden Sternen nach. Ich komme mir jetzt so albern vor, dass ich daran geglaubt habe.«
Essie lächelte freundlich. »Gut, ich möchte Ihnen jetzt ein paar Fragen stellen, fünf Fragen, zu Ihnen und Ben, bitte versprechen Sie mir, ehrlich darauf zu antworten. Erst zu Ihnen und dann zu Ben. Es ist wichtig, Phoebe, Aufrichtigkeit ist unerlässlich, auch wenn es Sie aufwühlt, über Ihren Ben zu sprechen, okay?«
»Okay.«
Phoebe stellte ihre leere Schale und ihren leeren Becher neben Essies Geschirr auf den Tisch und lehnte sich in dem unbequemen Sessel zurück. Sie fand Essie faszinierend, fragte sich aber, wann sie das Thema wechseln und von Astrologie auf das wichtigere Thema, nämlich Rocky Lancasters Überfall, zu sprechen käme.
Essie schloss die Augen und schien in eine Art Trance zu fallen. Einen Moment lang glaubte Phoebe, sie sei eingeschlafen, doch dann stellte sie in ihrem weichen Berkshire-Singsang fünf sehr spezielle Fragen, die für Phoebes Begriffe mit Astrologie allerdings rein gar nichts zu tun hatten.
Zögernd, langsam, nach etwas mühsamem Kopfrechnen antwortete Phoebe schließlich, wobei sie sich reichlich albern vorkam.
»Danke.« Als Essie fertig war, öffnete sie allmählich die Augen und lächelte. »Nun, Phoebe, ich kann Ihnen sagen, dass der Irrtum nicht bei den Sternen lag. Und auch nicht bei Ihnen und Ihren astralen Berechnungen. Diese Ehe hätte nie zustande kommen können. Sie und Ben waren und sind füreinander ungeeignet. Es hätte nicht funktionieren können.«
»Was?«, fragte jetzt Phoebe verärgert. Das war ja wohl lächerlich. Was gab Essie, die sie beide gar nicht kannte, das Recht, eine so ungeheuerliche Behauptung aufzustellen, allein aufgrund mathematischer Scherzfragen?
Essie hob die schlanke Hand. »Ich weiß, was Sie sagen wollen, aber hören Sie mich bitte erst an. Ihr Geburtstag ist am neunten September, richtig?«
Phoebe sah sie verdutzt an. »Ja, aber woher …«
»Und Bens am zwölften Januar?«
»Unmöglich!« Phoebe schüttelte den Kopf. »Unmöglich können Sie das aus meinen Antworten auf diese Fragen gefolgert haben. Das müssen Sie vorher gewusst haben.«
»Ich versichere Ihnen, dass ich es nicht vorher gewusst habe. Wie sollte ich denn? Aber es freut mich wirklich, dass ich Recht habe. Es beweist vieles, woran ich schon lange glaube. Nun, sosehr Ihre allgemeinen Sternzeichen auch miteinander harmonieren mögen, Ihre Geburtsdaten tun es nicht. Hören Sie, Phoebe, wie viel wissen Sie über Charakterkunde? Oder über Numerologie?«
»Gar nichts. Nie davon gehört. Aber …«
»Gut, also, ich kann Ihnen alles darüber erzählen, was Sie wissen müssen, aber jetzt möchte ich erst noch etwas anderes sagen, über Ihr Geburtsdatum und über Bens. Ihre Geburtszahl ist die neun, und eine Jungfrau-Neun ist immer perfektionistisch und übermäßig kritisch gegenüber anderen, die ihren Erwartungen nicht entsprechen.«
Phoebe nickte. »Ja, aber das gilt allgemein für Jungfrauen. Ich wollte immer alles ganz perfekt haben. Ich habe immer Listen geführt. Habe alles gründlich geplant – und meine beste Freundin, die findet, ich hätte eine Eins in Zwangsneurotik, ist völlig chaotisch und treibt mich damit in den Wahnsinn.«
»Und Bens Geburtszahl ist die Drei. Steinbock-Dreier sind notorisch auf Sicherheit bedacht und übervorsichtig, vor allem, wenn es um ihr Privatleben geht. Dreier werden immer versuchen, Neuner unterzukriegen. Wollen immer der Boss sein. Keine Kompromisse. Diese beiden zusammen, das ist eine Katastrophe. Ernsthaft, meine Liebe, das war eine Verbindung, die numerologisch in der Hölle geschlossen wurde.«
»Aber …« Phoebe runzelte die Stirn. »Aber wie … ich meine, ich verstehe das nicht.«
Essie sah sie an. »Es stehen dem Amateurastrologen weit mehr Möglichkeiten zur Verfügung, als sich einfach nur an Planetenpositionen und Sonnenzeichen zu orientieren. Aber diese Kombination aus Numerologie, Charakterkunde und Astrologie, in Verbindung mit einer Prise Roma-Mystik, mit der ich zeitlebens schon vertraut bin, stellt alles in den Schatten – wenn Sie den Wortwitz gestatten -, das sonst irgendwo geschrieben steht. Die geheime Geburtstags-Magie kann …«
»Die was?«, unterbrach Phoebe, noch immer verblüfft über Essies unheimliches Wissen. »Was für eine geheime Geburtstagsmagie?«
»An diesem Punkt kommt meine Großmutter ins Spiel.« Essie beugte sich vor. »Ich kann Ihnen doch vertrauen, Phoebe, oder?«
Phoebe, immer noch weitgehend überzeugt, dass Essie Vorinformationen über ihren und Bens Geburtstag gehabt haben musste, war stärker fasziniert, als sie sich eingestehen mochte, und nickte.
»Gut. Also, Vorhersagen für die Sternzeichen sind allgemein, wie Sie ja wissen. Aber meine Großmutter hat mich gelehrt, dass wenn man die Gabe hat, und sowohl die Planeten berücksichtigt als auch die persönlichen Charaktermerkmale der, äh, Klienten, und dann die Fünf Fragen stellt – wie ich Ihnen eben -, die sich auf die Geburtstagszahlen beziehen – und man außerdem Zugang zur Astralebene findet, dann verhelfen einem die Antworten zu einer Formel, um die geheime Geburtstags-Magie zu erwecken. Sie ist der Schlüssel zum Glück. Der Schlüssel zur Harmonie. So kann man lebenslang glückliche Paare formen, Paare, die sich ihrer Gefühle zuvor vielleicht noch nicht bewusst waren, aber die sich durch den Geburtstagszauber leidenschaftlich ineinander verlieben. Ich habe die Gabe geerbt und bin nun sicher, dass ich mit meinem Geburtstagszauber die richtigen Paare zusammenführen und die falschen vor katastrophalen Fehlern bewahren kann.«
»Wie eine magische Sternenkupplerin?« Phoebe lachte. »Das ist ja total abgefahren. Tut mir leid, aber das glaube ich einfach nicht.«
»Nein, das habe ich auch nicht erwartet. Keinen Moment lang.« Essie seufzte. »Ist aber jammerschade, denn ich hatte gehofft, Sie würden meine Schülerin werden.«
»Ihre Schülerin?«
»Ach, nicht wie in der Schule, sondern eher ein Zauberlehrling, wenn Sie so wollen.« Essie lachte. »Oder finden Sie das zu albern?«
»Nicht albern, nein, vielleicht sogar faszinierend, aber es gibt da ein dickes Haar in der Suppe.«
»Ja? Nur zu. Sprechen Sie weiter, Phoebe, ich nehme es Ihnen nicht übel.«
»Also, Sie verwenden Ihre, ähm, Fünf Fragen, um herauszufinden, wann jemand Geburtstag hat. Dann verkünden Sie – trara! – das Datum wie bei einem Zaubertrick. Aber warum in aller Welt fragen Sie denn nicht einfach, wann jemand geboren wurde?«
Essie kicherte belustigt. »Ach, so eine Frage hätte ich eher von der enormen Joy und ihresgleichen erwartet. Ja, natürlich könnte ich fragen. Manchmal mache ich das auch. Dann begnüge ich mich einfach mit einer normalen Deutung anhand des zum Geburtstag passenden Sternzeichens. Kein Problem. Die Magie liegt in den Fragen – den Fünf Fragen -, die eine Verbindung herstellen und den Zauber in Gang setzen, sodass mir die Antworten wiederum die richtige Formel liefern. Ich habe das im Laufe meines Lebens schon viele Male ausprobiert, glauben Sie mir. Diejenigen, die mir ihre Geburtsdaten einfach gesagt haben, haben in mir gar nichts angeregt. Ich konnte ihnen eine normale Vorhersage machen, aber nicht ›sehen‹, ob sie zu der Person ihrer Wahl wirklich passen. Aber bei denjenigen, die meine Fünf Fragen beantwortet haben – nun, in allen, und ich meine in wirklich allen dieser Fälle war ich in der Lage, ganz genau vorauszusagen, ob sie in der Liebe glücklich werden oder nicht. Ohne diese Fünf Fragen funktioniert die Geburtstags-Magie einfach nicht.«
Phoebe schüttelte den Kopf. Das war alles zu viel für sie.
»Nun hören Sie mal, meine Liebe, wenn ich Ihnen erzähle, dass ich meinen Mann erst geheiratet habe, nachdem ich ihm die Fünf Fragen gestellt hatte, was würden Sie dazu sagen?«
»Dass Sie sich seiner nicht wirklich sicher waren.«
»Oh doch, das war ich. Und ich war sehr verliebt in ihn, aber ich wollte mich überzeugen, ob er der Richtige für mich ist. Und ich erhielt die nötigen Antworten – die richtigen Antworten. Und wenn ich Ihnen außerdem sage, dass ich nun, äh, mit einem Herrn ausgehe und auch an ihm die Fünf Fragen ausprobiert habe? Und zwar nicht, weil ich ihn heiraten wollte, sondern weil er eine ideale Versuchsperson war. Und wenn ich Ihnen sage, dass seine Antworten, sein Geburtstag und seine Geburtszahl genau dieselben waren wie bei meinem Ehemann? Was natürlich bedeutet, dass er …«
»Dass er der ideale zweite Ehemann wäre.«
»Falls ich nach einem suchen würde – was ich nicht tue. Aber ja, das beweist mir, dass S…, ich meine, mein Freund und ich eindeutig gut harmonieren. Und ausnahmsweise hat die Geburtstags-Magie für mich zweimal dieselbe Partie aufgeworfen. Sie sehen, meine Liebe, das ist Magie, da gibt es keine festgeschriebenen Regeln.«
Phoebe seufzte. Wie gern würde sie daran glauben – und nicht nur Essie zuliebe. Vor dem Sonnwendtag hätte sie jedes Wort davon geglaubt. Aber jetzt – war das alles nicht ganz schön weit hergeholt?
Essie reckte sich. »Hören Sie, es ehrt mich, dass Sie mir so viel von Ihrer Zeit gewidmet haben. Ich hatte gehofft, Sie wären an dem Geburtstagszauber höchst interessiert, aber das sind Sie offenbar nicht. Es freut mich, dass Sie mich besucht haben, es war mir ein Vergnügen Sie kennenzulernen. Natürlich wüsste ich es zu schätzen, wenn Sie den Tugwells von unserem Gespräch nichts erzählen. Und Ihre Montagstermine hier werden sicher auch ohne die Geburtstagsformel bestens laufen. Aber eines würde ich Ihnen gerne noch sagen. Geht das, meine Liebe, oder müssen Sie eilig nach Hause?«
»Nein.« Phoebe lächelte. »Ich habe es nicht eilig. Und es gibt da ohnehin noch etwas, worüber ich mit Ihnen sprechen wollte, bevor ich gehe. Aber das kann warten. Bitte – was wollten Sie noch sagen?«
»Nur, wenn Sie heiraten wollen – ach, Entschuldigung, dumme Wortwahl unter den gegebenen Umständen – ergeben all diese Aspekte zusammen immer die richtige Geburtstagsantwort. Sofern Sie glauben, was ich sage. Aber das tun Sie ja offenbar nicht. Kann ich Sie denn durch gar nichts irgendwie überzeugen?«
»Nein, wirklich nicht. Tut mir leid, ich bin eine frisch erwachte Skeptikerin.«
»Hm, wir werden ja sehen.« Essie kicherte. »Wie auch immer, machen Sie mir nur noch eine kleine Freude. Nennen Sie mir den Geburtstag Ihrer besten Freundin. Die so chaotisch ist.«
»Fünfzehnter Mai.«
»Und ist sie verheiratet? Verlobt? Verliebt?«
»Verheiratet. Sehr, sehr glücklich. Überschäumend glücklich sogar.«
»Gut – und wenn ich die Fünf Fragen auf sie und ihren Mann anwenden würde – und Sie darum bitte, darauf so gut zu antworten, wie es Ihnen möglich ist …«
Phoebe überlegte. »Ja, schön, das kann ich machen, auch wenn es in Bezug auf ihn vielleicht nicht ganz einfach ist. Ich versuche mein Bestes. Aber sie sind wirklich glücklich. Ein ideales Paar. Daran wird kein Geburtstagsunfug etwas ändern. Und meine Meinung werde ich auch nicht ändern.«
»Nein, natürlich nicht.« Essie gluckste vergnügt. »Aber lassen Sie es uns versuchen. Eigentlich funktioniert es nur, wenn die betreffenden Menschen anwesend sind und für sich selbst antworten, es könnte also durchaus schiefgehen, aber als Versuch, Sie zu überzeugen, will ich die Fragen trotzdem stellen. Antworten Sie erst für Ihre Freundin und dann für deren Mann.«
Essie schloss wieder die Augen und stellte die Fragen. Phoebe, die sich fragte, wie lange sie das eigentlich noch mitmachen wollte, antwortete für Clemmie und Guy, so gut sie konnte.
Schließlich öffnete Essie wieder die Augen. »Auch wenn Sie bei den Geburtsjahren der Eltern ein wenig unsicher waren, kommt für mich heraus, dass er am vierzehnten Februar geboren wurde.«
Phoebe lief ein Schauer über den Rücken. »Das kann doch nicht … Ich meine, das kann doch nicht sein. So geht das doch nicht!«
»Dann stimmt also der vierzehnte Februar? Gut. Eine ideale Verbindung, bei den Antworten, die Sie für Ihre Freundin gegeben haben. Die beiden werden ihr Leben lang glücklich sein und einander immer innig lieben.«
»Aber wie …?«
»Wie ich schon sagte, eine Kombination aus Nutzung aller Wahrsagekräfte mit einer sehr wichtigen Prise Roma-Magie.«
»Also, würde denn mit Ihrer Formel jeder, der an einem bestimmten Tag geboren ist, nur zu einer anderen Person passen, die am zahlenmäßig entsprechenden Tag Geburtstag hat? Zum Beispiel alle vom zweiten August nur zu solchen vom achtzehnten Dezember oder so?«
Essie runzelte die Stirn. »Um Himmels willen, meine Liebe, Sie machen es aber kompliziert. Natürlich nicht, denn sonst könnte ja jeder das ausrechnen. Dann müsste man ja nur die zusammengehörenden Verbindungen auswendig lernen wie einen Fahrplan. Oder müsste nur mit dem Finger eine Tabelle entlangfahren. So einfach ist es nicht! Die Fünf Fragen führen zu den Antworten. Die Geburtstage zeigen sich einem dann vor dem inneren Auge – wenn man die Gabe hat. Bei jedem Paar sieht das Ergebnis anders aus.«
Phoebe nickte. »Okay. Das ergibt mehr Sinn, finde ich, aber …«
»Um die Sache allerdings noch ein bisschen komplizierter zu machen, könnte ich Ihnen erzählen, dass die Fünf Fragen nur den ersten Teil der Geburtstags-Magie bilden, dass der Vorgang zweischichtig ist, aber das würde Sie zweifellos noch skeptischer machen, nicht wahr? Den zweiten Teil des Zaubers meiner Großmutter wollen Sie bestimmt gar nicht hören. Jammerschade.«
Phoebe lächelte. »Verspotten Sie mich nicht. Sie wissen, dass ich interessiert bin, fasziniert sogar, aber all das verstößt gegen meine neu gewonnenen Anti-Astrologie-Prinzipien.«
»Aber gegen ein bisschen Magie haben Sie doch sicher nichts einzuwenden? Wenn man schon in dieser Gegend hier lebt – schließlich weiß jeder, was Mitzi Blessing mit ihrer Kräuterküche bewirkt, und dass die gesamte Bevölkerung von Fiddlesticks ihr Leben nach dem Mond und den Sternen ausrichtet und …«
»Und meine Freundin Sukie hat ganz unerklärliche Resultate mit ihren hausgemachten Aromatherapie-Tinkturen erzielt, und Clemmie hat ein magisches Feuerwerk entwickelt, also ja, so verrückt es auch klingt, echte Magie könnte ich schon eher akzeptieren«, sagte Phoebe kichernd. »Mensch, wenn ich mich so reden höre! Ich klinge ja schon genauso übergeschnappt wie …«
»Wie ich, Liebes? Na, wir werden ja sehen. Also, Sie können die Fünf Fragen anwenden, um herauszufinden, ob ein Paar gut harmoniert, und es dabei belassen. Aber wenn Sie die beiden wirklich zusammenbringen wollen, dann kommt der zweite Teil des Roma-Zaubers ins Spiel. Soll ich fortfahren?«
»Oh ja, bitte, unbedingt. Ehrlich, ich bin gespannt.« »Gut, also, nachdem Sie die Fünf Fragen gestellt und die Geburtsdaten ermittelt haben und glauben, das Paar möchte zusammen sein, oder wenn einer der beiden dies wünscht, dann wird es Zeit für die – wie nennen Sie das? – magische Sternenkuppelei? Sie müssen die beiden nur dazu bringen, sich an den Händen zu halten, während Sie die Roma-Beschwörung des Geburtstagszaubers sprechen und dann …«
»Nein!« Phoebe kicherte. »Nie im Leben! Nicht dieser alte Kram mit Froschaugen und Krötenohren!«
»Anatomisch nicht ganz korrekt, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. David Attenborough würde einen Anfall bekommen. Und nein, nichts dergleichen. Es ist ganz einfach.« Essie schloss die Augen und atmete tief ein. »Aber ich muss Sie warnen, diese Beschwörung ist unbedingt mit allergrößter Vorsicht anzuwenden – und nur wenn man sicher ist, dass das Paar romantisch zusammenpasst. Wenn man nach den Fünf Fragen die kraftvolle Roma-Beschwörung erst einmal gesprochen hat, kann niemand die Vereinigung wieder lösen. Niemand.«
»Gut, ich nehme Sie ernst, Essie. Bitte sprechen Sie weiter.«
Essies Augen waren noch immer geschlossen. Ihre Stimme klang ganz entrückt. »Gut, meine Liebe. Man sagt einfach:
Geburtstagsglück für Chal und Chie,
Misto rommerin mein Geschenk.
Dukker dokker ruw nicht beng,
Misto kooshti rommer und rye.1
Das lernt sich so leicht wie ein Kinderreim.«
Phoebe bemühte sich, das Lachen zu verkneifen. »Und das ist alles? Und dann sind die beiden für immer zusammen – glücklich bis ans Ende ihrer Tage? Man faselt einfach ein Verslein und dann …«
»Das ist kein Verslein«, sagte Essie scharf. »Das ist ein Roma-Spruch. Eine magische Liebesbeschwörung, seit Generationen überliefert. Sehr, sehr machtvoll in Verbindung mit den Fünf Fragen. Und ob Sie es nun glauben oder nicht, Phoebe, er wirkt. Und zwar ausnahmslos – damit ist also absolut nicht zu spaßen.«
Phoebe schwirrte der Kopf. Was auch immer sie sich von der Begegnung mit Essie erwartet hatte, dies sicher nicht. Und dieser Geburtstagszauber – wenn Essie sich das nicht nur einbildete und wenn die Beispiele, die sie genannt hatte, nicht einfach nur Zufälle waren – war wirklich weitaus aufregender als alle Astrologie, mit der sie sich je beschäftigt hatte.
Sie spürte einen Funken der Begeisterung, ein Aufflackern ihrer alten Leidenschaft.
Essie lächelte sanft. »Ach wissen Sie, meine Liebe – lassen wir die Traditionen meiner Vorfahren mal beiseite und kommen wir auf den Punkt. Was ich Ihnen vorschlagen wollte, war eigentlich nur, bei Ihren Montagsterminen hier die Fünf Fragen zu stellen – ohne die Liebesbeschwörung. Nicht weil ich glaube, dass der Geburtstagszauber irgendeinem von uns hier etwas nützen würde, sondern einfach nur so zum Spaß. Wir Twilighter brauchen unbedingt ein bisschen Abwechslung. Und auch weil die enorme Joy es mir letztes Mal enorm streng verboten hat. Aber wenn Sie es an meiner Stelle tun, würde sie es ja nie erfahren, nicht wahr?«
»Warum in aller Welt hat sie es Ihnen denn verboten? Sie schien gar nichts dagegen zu haben, dass ich ein bisschen harmlose Wahrsagerei betreibe, sogar Tarotkarten lege – wenn sie also grundsätzlich etwas gegen Astrologie hätte, dann …«
»Tja.« Essie bemühte sich, nicht zu lachen. »Aber ich habe mich hinreißen lassen und bei einer meiner Sitzungen den Zauber mit allem Drum und Dran verwendet. Die Fünf Fragen und die Roma-Beschwörung. Mehrere Paare, die ein Auge aufeinander geworfen hatten, hatten mich gebeten, es an ihnen auszuprobieren, und das habe ich gemacht. Leider hat die enorme Joy dann einige von ihnen, äh, bei ihrer abendlichen Runde mit dem Schlummertrunk in ihren Appartements in flagranti erwischt.«
»In flagranti?« Phoebe quietschte vor Lachen. »Was? Sie meinen – alte Leute – wirklich voll in Aktion?«
»Wirklich. Hüllenlos und ohne Tabus. Alte Leute mögen diesbezüglich vielleicht ein bisschen langsamer sein als ihr Jungen, aber sie wissen immer noch, wie es geht, meine Liebe. Die enorme Joy wusste nicht, wohin mit ihren Augen – und dem Kakao. Es gab einen Riesen-Ärger, meine Liebe, das können Sie sich bestimmt vorstellen. Die fraglichen Paare standen dauerhaft unter dem Liebeszauber und konnten nicht mehr voneinander lassen.«
Phoebe kicherte erheitert. »Und was wurde aus ihnen?«
»Ach, schließlich wurden neue Heime für sie gefunden, wo sie in Doppelzimmern untergebracht werden konnten, und ich wurde verwarnt, nie wieder solchen Hokuspokus zu veranstalten. Und an dem Punkt kommen Sie nun ins Spiel. Natürlich nicht, um im Aufenthaltsraum für Sodom und Gomorrha zu sorgen, aber um mit einigen meiner, äh, interessanteren Methoden das Leben hier ein wenig aufzupeppen.«
Phoebe lachte immer noch. »Aber ich kann doch nicht … Ich meine … Ach, hören Sie, vielleicht glaube ich nicht an Ihren geheimen Geburtstagszauber, aber selbst wenn ich es täte – ich habe keine Roma-Vorfahren und auch nicht Ihre angeborenen Fähigkeiten. Ich bin eine schlichte Amateurastrologin, wie sollte ich so etwas echt Übersinnliches denn hinkriegen?«
»Ach, machen Sie sich da mal keine Sorgen, ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie eine angeborene magische Begabung haben, Phoebe, auch wenn Sie sich dessen vielleicht nicht bewusst sind. Und ich bringe Ihnen alles bei, was Sie wissen müssen, um die Antworten auf die Fünf Fragen so zu interpretieren, dass Sie die Geburtstagsglückszahlen erkennen. Was sagen Sie dazu?«
Was Phoebe in Wirklichkeit sagen wollte, war Danke, denn zum ersten Mal seit der Hochzeit-die-nie-stattfand spürte sie wieder ein Kribbeln der Begeisterung, ein Prickeln der Neugierde auf überhaupt irgendetwas.
Es war eine Offenbarung.
Essie beugte sich vor. »Schlafen Sie darüber, meine Liebe. Sie müssen sich nicht heute Abend entscheiden. Ach, aber ehe Sie gehen, kann ich Ihnen sagen, dass Ihr idealer Partner, Ihr Geburtstags-Glückspartner, am ersten April geboren wurde.«
Phoebe lachte. »Ja, ist gut. Der arme Kerl. Um sich mit mir einzulassen, müsste er ja auch wirklich ein Aprilscherzkeks sein. Hören Sie, ich danke Ihnen für das wunderbare Abendessen, und für all Ihr Vertrauen in diesen Dingen, und ich werde gewiss darüber nachdenken. Vielleicht könnte ich wieder zu Ihnen kommen, wenn ich nächstes Mal zum Friseurabend hier bin?«
»Ja, ja, tun Sie das, meine Liebe. Das wäre schön. Ich bin sicher, wir könnten wirklich gut zusammenarbeiten. Ach, hatten Sie mich nicht noch irgendetwas anderes fragen wollen?«
Sie wurden von einem lauten Klopfen an der Tür unterbrochen.
 
»Entschuldigen Sie.« Essie stand auf. »Wahrscheinlich Prinzessin oder Lilith oder vielleicht auch Bert. Die schauen meistens vor dem Schlafengehen noch einmal herein. Einen Moment bitte.«
Als Essie zur Tür ging, lehnte Phoebe sich in dem unbequemen Sessel zurück und lächelte versonnen. Warum eigentlich nicht? Es war natürlich total verrückt, aber auf eine so wunderbar nette Art – genau die richtige Art von Verrücktheit, die sie brauchte, um sich abzulenken. Mal etwas ganz anderes. Etwas Albernes und Überirdisches. Etwas, das den dumpfen Schmerz der Leere und Einsamkeit vertreiben könnte.
»… wie schön, Sie wiederzusehen, natürlich …«, hörte sie Essies Stimme von der Tür her. »Und ich freue mich sehr, dass unser kleiner Plan gelungen ist.« Sie lachte. »Wirklich? Hat sie das? Ach, ist ja wunderbar. Hören Sie, ich habe gerade Besuch, aber je voller, desto toller. Kommen Sie doch herein, mein Lieber, und wir besprechen das noch ausführlicher. Hier entlang.«
Phoebe, die gerade beschlossen hatte, auf Essies Frage zum Geburtstagszauber laut und deutlich Ja zu antworten, egal wie bescheuert es auch sein mochte, machte Anstalten aufzustehen.
Doch auf einmal war ihr, als finge das zweckmäßig beige eingerichtete Appartement an, sich um sie herum zu drehen.
Denn Essie winkte freudestrahlend Rocky Lancaster zur Tür herein.