50

Laurie wollte endlich ins Bett, als sie unter der Zimmertür ihres Vaters noch Licht bemerkte. Leise klopfte sie an und öffnete sie einen Spaltbreit.

Er lag schon im Bett und las eine Sports Illustrated.

»Entschuldigung, ich hab noch Licht gesehen.«

Er legte die Zeitschrift zur Seite und winkte sie herein. »Du kommst mit allem zurande, meine Kleine?«

Ihre Befürchtungen, an einem solchen Tag um zehn Jahre gealtert zu sein, wurden von seiner Frage ganz schnell aus dem Weg geräumt. Sie ließ sich am Fußende aufs Bett fallen und legte den Kopf auf seine Schienbeine unter der Decke. Im Moment konnte sie sich nichts Bequemeres vorstellen. »Früher hab ich es gehasst, wenn du mich ›meine Kleine‹ genannt hast. Aber irgendwann war es plötzlich Musik in meinen Ohren.«

»Manchmal wissen Väter eben doch, was am besten ist.«

»Nicht immer. Weißt du noch, wie du mir Peter Vandermon aufdrängen wolltest?«

»Ich weiß nicht, ob ich mit deiner Wortwahl einverstanden bin. Aber ich gebe zu, dass meine Kuppelei voll daneben war, wie es Timmy ausdrücken würde.«

»Petey war schlimm.« Laurie musste lachen. »Du hast mich überredet, mit ihm auf Long Island zu diesem blöden Vergnügungspark zu gehen. In einem Spiegellabyrinth hat er es mit der Angst zu tun bekommen und ist schreiend davongelaufen. Und ich durfte dann zwanzig Minuten im Labyrinth herumirren, bis ich den Ausgang gefunden habe.«

Leo gluckste. »Du bist damals ins Wohnzimmer gestürmt und hast gedroht, kein Wort mehr mit mir zu reden, wenn ich dich noch mal mit irgendjemanden verkuppeln wollte. Und am Abend vor dem Schlafengehen hat mir dann noch deine Mutter die Leviten gelesen.«

»Du hast es ja nur gut gemeint.«

»Wenn ich mich recht erinnere, sollte dich Petey von diesem Scott – wie hieß er noch? – ablenken.«

»Mr. Präsident in spe. Assistent eines Kongressabgeordneten. Hat auf der Highschool immer seinen Aktenkoffer im Unterricht dabeigehabt.«

»Den hab ich nicht gemocht. Er hatte was … Verschlagenes an sich.«

»Ich glaube, ich hab es dir nie erzählt. Aber er ist Anwalt geworden, und später hat man ihn rechtskräftig verurteilt, weil er Mandantengelder veruntreut hat.«

Mit einem Ruck warf ihr Vater die Decke zurück. »Siehst du? Dein Daddy weiß es am besten.«

»Manchmal habe ich den Eindruck, keiner weiß es am besten. Schau dir bloß an, wie ich Greg kennengelernt habe.« Von Kennenlernen zu reden war eine gelinde Übertreibung, da sie zu diesem Zeitpunkt bewusstlos gewesen war. Sie war in der Park Avenue von einem Taxi angefahren worden, und Greg war der zuständige Arzt in der Notaufnahme. Lauries Eltern – und später natürlich auch Laurie – waren ihm dankbar für die Behandlung. Keine drei Monate später war sie mit ihm verlobt. Und ein Jahr darauf war ihre Mutter gestorben, und Greg war für sie alle da gewesen.

Ihr Vater setzte sich auf und strich ihr über die Haare. »An solche Dinge erinnerst du dich nur, wenn dich etwas beunruhigt. Ich weiß, du machst dir Sorgen um Jerry. Er wird wieder gesund, keine Bange.«

Laurie atmete tief durch. Sie konnte doch nicht schon wieder weinen. »Ich hab gerade noch mit Brett telefoniert. Ich schwöre, dieser Mann ist ein Vampir – er schläft nie. Erst musste ich mit Engelszungen an ihn hinreden, damit die Sendung über den Cinderella-Mord überhaupt gemacht wird, und jetzt, nachdem wir anscheinend jemanden aufgescheucht haben, weigert er sich, sie abzublasen. Ich bin erleichtert, dass ich diese Entscheidung nicht treffen muss, aber er ist strikt gegen jede Verzögerung bei der Produktion. Jerry würde nichts anderes wollen, als die Sache fortzuführen – das wollte er mir doch allen Ernstes weismachen. Aber ich weiß, es geht ihm nur um die Kosten.«

»Haben die Kosten auch etwas damit zu tun, dass du in diesem Haus bleiben willst? Wenn nämlich das der Fall ist, erwürge ich ihn eigenhändig.«

»Es sind nur noch ein paar Tage, Dad, und wir sind alle in höchster Alarmbereitschaft. Außerdem hast du doch gehört, was Detective Reilly gesagt hat – die Polizei will regelmäßig einen Streifenwagen vorbeischicken.«

»Laurie, mach, was du für richtig hältst. Du weißt, dass ich immer auf dich aufpasse.«

»Danke, Dad. Es ist schon okay. Wenn der Überfall auf Jerry etwas bewirkt hat, dann, dass ich jetzt davon überzeugt bin, dass sich Susans Mörder unter den Teilnehmern befindet. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir mit der Sendung weitermachen.«

»Ich habe bei der Polizei im Alameda County angerufen. Sie wollen mir die Aufnahmen von den Überwachungskameras in der Nähe von Rosemarys Haus schicken. Ich werde die Autos durchgehen, die zum Zeitpunkt des Mordes an ihrer Nachbarin zu sehen sind. Vielleicht stoßen wir ja auf etwas.«

»Du klingst nicht sehr zuversichtlich.«

Sein Schulterzucken war Antwort genug. Sie erhob sich und umarmte ihn. »Ich gehe dann mal lieber. Es ist schon spät, und morgen steht das Treffen mit Frank Parker an.«

»Morgen? Es war also ernst gemeint, dass Brett am Zeitplan festhalten will?«

»Na, wir haben uns das Gespräch mit dem großen Star bis zuletzt aufgehoben. Dann kommt nur noch das Gipfeltreffen, und dann geht es nach Hause, nach New York.«

»Du weißt, du kannst dich nicht auf einen so strikten Zeitplan versteifen. Mach dir keine allzu großen Hoffnungen, dass du diesen Fall lösen kannst. Im Moment will ich nur, dass alle in Sicherheit sind. Und gib nicht dir die Schuld dafür, was Jerry zugestoßen ist – denk noch nicht mal daran.«

»Natürlich denke ich daran. Ich kann nicht anders.«

»Wenn jemand daran schuld ist, dann ich. Du warst mit den anderen schon fort, um dich mit Madison zu treffen, als wir festgestellt haben, dass es nicht genügend Schlüssel für alle gibt. Jerry hat mir den letzten gegeben. Er hat gemeint, es sei nicht so schlimm, wenn er mal für ein paar Minuten wegmuss und die Tür nicht abgeschlossen ist.«

»Dad …«

»Ich will damit nur sagen, du kannst dich in den Wahnsinn treiben, wenn du immer nur daran denkst, was gewesen wäre, wenn du dich für a oder b oder x, y, oder z entschieden hättest.«

Mehr musste er nicht sagen. Wie oft hatten sie sich beide die Frage gestellt, was sie hätten machen können, damit Greg nicht ermordet worden wäre? Sie wünschte ihrem Vater eine gute Nacht, verließ sein Zimmer und sah im Flur, wie das Licht unter der Tür ausging. Dabei wusste sie, dass sie beide kaum sofort einschlafen würden.

So still in meinen Armen
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