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Unser Heer kam auf seinem Weg durch das Land noch langsamer voran als zuvor, da wir die dummen, störrischen und widerspenstigen Rinder treiben mußten, die immer wieder durcheinanderliefen. Meine Männer wurden verständlicherweise unwillig, denn ich machte einige der Krieger praktisch zu einer Eskorte und zu Viehhütern. Deshalb legte ich unterwegs eine Marschpause ein, um ihnen Gelegenheit zum Blutvergießen, zum Plündern und Vergewaltigen zu geben. Das war im ehemals größten Dorf der Otomi. Inzwischen war es zu einer Stadt von beachtlicher Größe geworden, in der beinahe ausschließlich Spanier und ihr üblicher Anhang von Dienstboten und Sklaven lebten. Den alten Namen N’t Tahi hatte man durch Zelalla ersetzt.
Als wir abzogen, war der Ort verbrannt, zerstört und dem Erdboden gleichgemacht wie zuvor Tonalá. Auch das war hauptsächlich das Werk der Granaten unserer Purémpe-Frauen. Wir hinterließen den Ort abgesehen von den Leichen – dank der Yaki waren es haarlose Leichen – völlig entvölkert.
Ich kann mit Genugtuung berichten, daß meine Krieger Zelalla sehr viel würdevoller und sehr viel weniger herausgeputzt verließen als Tonalá. Das heißt, sie hatten sich nicht mit spanischen Röcken, Hauben, Mantillas und ähnlichem bekleidet und geschmückt. In Wirklichkeit schämten sich seit einiger Zeit selbst die Frauen und die dummen Moros all dieser unnützen Dinge. Sie machten sich lustig über den geschmacklosen Schmuck und sogar über die stählernen Brustharnische. Abgesehen davon, daß ihnen diese unkriegerische Aufmachung zunehmend peinlich war, stellten sie fest, daß die Kleidungsstücke sie beim Kampf gefährlich behinderten und besonders wenn es regnete, auf dem Marsch unangenehm schwer waren. Daher hatten sie die Kleidung und den Schmuck der Weißen Stück für Stück wieder abgelegt. Inzwischen sahen alle wieder aus wie wirkliche Indio-Krieger, die wir ja auch waren. Nur die warmen Wollsachen, die sich als Decken und Mäntel verwenden ließen, hatten wir behalten.
Nach einiger Zeit, einer qualvoll langen Zeit, erreichten wir die Berge ›Wo die Berglöwen lauern‹. Das Land war genau so, wie Ritter Pixqui es beschrieben hatte. Mit ihm als Führer wanderten wir durch ein Labyrinth enger Schluchten, von denen manche gerade breit genug waren, um einem Reiter – oder einem Rind – das Durchkommen zu ermöglichen. Schließlich gelangten wir in ein nicht breites, aber ziemlich langgestrecktes Tal. Es bot genug Platz, damit wir alle bequem lagern konnten. Es gab reichlich Wasser und Weidegras für unsere Tiere. Nachdem wir uns niedergelassen und zwei oder drei Tage ausgeruht hatten, ließ ich den lyac Pozonáli und meine reizende Schreiberin Verónica zu mir rufen und sagte zu ihnen: »Ich habe einen Auftrag für euch beide. Ich glaube nicht, daß er gefährlich ist, aber er verlangt eine mühsame Reise. Allerdings habe ich das Gefühl«, ich lächelte, »daß ihr nichts gegen eine lange gemeinsame Reise einzuwenden habt.«
Du bist rot geworden, Verónica, und Pozónali ebenfalls. Ich fuhr fort: »Es besteht kein Zweifel daran, daß in der Stadt Mexico, vom Vizekönig Mendoza bis hinunter zum niedrigsten Marktsklaven, jeder von unserer Rebellion und unseren Überfällen weiß. Aber ich möchte in Erfahrung bringen, wieviel die Spanier über uns wissen, welche Maßnahmen sie möglicherweise ergreifen, um die Stadt gegen uns zu verteidigen, oder ob sie ausziehen, uns aufspüren und in einer offenen Schlacht gegen uns kämpfen wollen. Ihr sollt folgendes tun: Reitet so schnell und so weit ihr könnt in Richtung Südosten. Haltet erst an, wenn ihr feststellt, daß ihr euch in gefährlicher Nähe spanischer Vorposten befindet. Meines Wissens wird das vermutlich irgendwo im Osten von Michihuácan sein, wo es an das Land der Mexica grenzt. Dort laßt ihr die Pferde bei einem gastfreundlichen Mann zurück, der sie versorgen kann. Ihr zieht einfache und unauffällige Bauernkleider an und setzt euren Weg zu Fuß fort. Nehmt Säcke mit irgendwelchen verkäuflichen Dingen mit – Früchte, Gemüse, was immer ihr auftreiben könnt. Ihr werdet vielleicht feststellen, daß die Stadt von einem Ring stählerner Waffen umgeben ist, aber man muß Lebensmittel und Waren hinein- und herauslassen. Und ich glaube, die Wachposten werden bei einem jungen Bauern und seiner …«, ich lächelte wieder, »sollen wir sagen seiner kleinen Cousine …?« Da hast du bezaubernd und verschämt die Augen niedergeschlagen, liebste Verónica. »Also, bei einem jungen Bauern und seiner Cousine, die auf dem Weg zum Markt sind, kaum Verdacht schöpfen.«
Ihr seid beide sehr verlegen geworden, aber ich tat, als bemerke ich es nicht, und fuhr fort: »Du darfst auf keinen Fall Spanisch sprechen, Verónica. Sprich überhaupt nicht. Pozonáli, ich bin sicher, dir gelingt es mit Náhuatl, mit den wenigen spanischen Worten, die du kennst, und mit unbeholfenen Gesten, wie sie ein Bauer machen würde, an allen Wachposten und jedem, der euch anruft, vorbeizukommen.«
»Wir kommen in die Stadt hinein, Tenamáxtzin. Darauf küsse ich die Erde«, erwiderte er. »Habt Ihr bestimmte Befehle für uns, wenn wir dort sind?«
»Ihr sollt beide vor allem Augen und Ohren offenhalten, lyac, du hast dich als fähiger Soldat erwiesen. Es dürfte dir nicht schwerfallen zu erkennen, welche Verteidigungsmaßnahmen die Stadt trifft oder welche Vorbereitungen für einen Angriff auf uns getroffen werden. Geht durch die Straßen und über die Märkte und verwickelt die einfachen Leute in Gespräche. Ich will mehr über ihre Stimmung, ihre Gefühle und ihre Meinung von unserer Rebellion erfahren, denn ich weiß aus Erfahrung, daß manche, vielleicht sogar viele mit den Spaniern gemeinsame Sache machen werden, von denen sie inzwischen abhängig sind.«
Ihr wolltet es beide nicht glauben, aber später seid ihr eines Besseren belehrt worden. Es gab unter den Menschen unseres Volkes viele Verräter. Ich gab euch noch einen Auftrag. »Hört zu«, sagte ich ernst. »Es gibt einen Aztécatl, einen älteren Mann, den ihr besuchen sollt. Er ist Goldschmied.« Ich erklärte dem lyac, wo Pochotl zu finden sein würde. »Er war mein erster Verbündeter auf diesem Feldzug, deshalb möchte ich ihn wissen lassen, daß wir kommen. Er wird vielleicht sein Gold verstecken oder sogar die Stadt damit verlassen wollen. Richte ihm viele liebe Grüße von mir aus.«
»Es wird alles geschehen, wie Ihr es wollt, Tenamáxtzin«, antwortete Pozonáli und fragte dann beinahe schüchtern: »Und Verónica? Soll ich bei ihr bleiben, um sie zu beschützen?«
»Ich glaube, das wird nicht nötig sein. Verónica, du bist ein äußerst intelligentes Mädchen. Ich möchte nur, daß du dich in Hörweite möglichst vieler Spanier begibst, die sich auf der Straße, auf den Märkten oder wo auch immer, zu zweit oder zu mehreren unterhalten. Belausche sie, besonders dann, wenn sie in Uniform sind oder wie bedeutende Persönlichkeiten aussehen. Sie werden kaum vermuten, daß du sie verstehst. Möglicherweise erfährst du auf diese Weise sogar mehr über die beabsichtigten Reaktionen der Spanier auf unsere Überfälle als der lyac Pozonáli.«
»Ja, Herr.«
»Ich habe auch für dich eine besondere Aufgabe. In der Stadt gibt es einen Weißen, dem ich die gleiche Warnung schulde, die Pozonáli dem Goldschmied überbringt. Er heißt Alonso de Molina. Vergiß den Namen nicht! Er ist ein hoher Würdenträger der Kathedrale.«
»Ich weiß, wo das ist, Herr.«
»Geh nicht direkt zu ihm, um ihn zu warnen. Er ist schließlich ein Spanier. Er könnte dich möglicherweise als Geisel festhalten.« Ich lachte, und es war mir bewußt, daß es bitter klang. »Er würde es mit Sicherheit tun, wenn er auch nur den leisesten Verdacht hätte, daß du meine … meine persönliche Schreiberin bist. Also übermittelst du ihm die Warnung auf einem Blatt Papier. Du faltest es, versiehst es mit Alonsos Namen und gibst es einem niedrigen Kirchenmann, der sich in der Kathedrale aufhält. Sag kein Wort, sondern benutze nur Gesten. Dann verschwindest du so schnell du kannst. Danach wagst du dich nicht mehr in die Nähe der Kathedrale.«
»Jawohl, Herr. Sonst noch etwas?«
»Nur das eine, aber es ist die wichtigste Anweisung, die ich euch beiden geben kann. Sobald ihr glaubt, alles in Erfahrung gebracht zu haben, was euch möglich war, verlaßt ihr so schnell wie möglich die Stadt, holt eure Pferde ab und kommt heil und gesund hierher zurück – und zwar zusammen. Wenn du, lyac, es wagen solltest, ohne Verónica … dann …«
»Wir werden heil und gesund zurückkommen, Tenamáxtzin. Ich küsse die Erde darauf. Falls uns etwas Unvorhergesehenes zustößt und nur einer wiederkommt, dann wird es Verónica sein. Darauf küsse ich die Erde vierhundertmal!«
Nachdem sie sich auf den Weg gemacht hatten, erfreuten wir anderen uns alle an der neuen Umgebung und genossen das Leben in vollen Zügen. Wir lebten unbestreitbar sehr gut. Natürlich gab es mehr als genug Rindfleisch, doch unsere Jäger streiften trotzdem durch das Tal, um mit Hirschen und Kaninchen, Wachteln, Enten und anderem Wild für Abwechslung bei den Mahlzeiten zu sorgen. Sie erlegten sogar zwei oder drei der Berglöwen, nach denen die Berge benannt waren, obwohl das Berglöwenfleisch zäh und nicht besonders schmackhaft ist.
Unsere Fischer stellten fest, daß in den Bergbächen große Mengen eines Fischs lebten, dessen Namen ich nicht kenne. Diese Fische waren eine Köstlichkeit und eine willkommene Ergänzung zu den vielen Fleischmahlzeiten. Die Sammler fanden alle möglichen Früchte, Gemüse, Wurzeln und eine Vielzahl uns unbekannter, aber wohlschmeckender Pflanzen. Die erbeuteten Krüge mit Octli, Chápari und spanischem Wein blieben mir und meinen Rittern vorbehalten, doch wir tranken nur wenig davon. Es fehlte eigentlich nur etwas wirklich Süßes wie die Kokosnüsse meiner Heimat.
Ich glaube, viele der Menschen, vor allem die zahlreichen Sklavenfamilien, die wir befreit und mitgebracht hatten, wären zufrieden gewesen, den Rest ihres Lebens in diesem Tal zu verbringen. Wahrscheinlich hätten sie das auch unbelästigt, ja sogar ohne Kenntnis der Weißen bis in alle Ewigkeit tun können.
Ich will damit nicht sagen, daß wir die Zeit nur mit Nichtstun verbrachten und gedankenlos in den Tag hinein lebten. Obwohl ich nachts zwischen den seidenen spanischen Laken unter einer warmen spanischen Wolldecke schlief und mir wie ein spanischer Marqués oder Vizekönig vorkam, war ich den ganzen Tag beschäftigt. Ich schickte meine Kundschafter in das Land hinter den Bergen und nahm ihre Berichte entgegen. Ich ging als eine Art Oberaufseher durch das Tal, denn ich hatte Nochéztli und den anderen Rittern befohlen, eine möglichst große Zahl unserer Männer im Reiten der vielen erbeuteten Pferde und im richtigen Gebrauch der vielen neuen Arkebusen zu unterrichten. Als einer meiner Späher zurückkam und meldete, nicht weit im Westen von uns befinde sich an einem Kreuzweg eine ähnliche spanische Handelsstation wie die, welche wir früher überfallen hatten, entschloß ich mich zu einem Überfall. Ich stellte einen mittelgroßen Trupp Krieger der Sobáipuri zusammen. Sie hatten noch nicht das Vergnügen gehabt, an einer unserer Schlachten teilzunehmen, aber sie waren inzwischen sehr geschickte Reiter und Arkebusen-Schützen. Zusammen mit Ritter Pixqui ritten wir nach Westen.
Ich hatte keinen wirklichen Überfall im Sinn, sondern nur einen Scheinangriff. Wir galoppierten unter Geschrei und Gebrüll aus dem Wald und über das offene Gelände vor den mit Palisaden befestigten Ort und feuerten unsere Arkebusen ab. Wie zuvor spien Donnerrohre aus den Öffnungen in der Palisade einen Schauer tödlicher Splitter und Scherben, doch ich achtete darauf, daß wir uns außerhalb ihrer Reichweite hielten. Deshalb wurde nur einer unserer Männer leicht an der Schulter verletzt. Wir ritten in gebührendem Abstand hin und her, stießen unser markerschütterndes Kriegsgeschrei aus und gestikulierten wild, bis sich das Tor öffnete, und ein Trupp berittener Soldaten auftauchte. Wir verhielten uns, als bekämen wir es mit der Angst zu tun, wendeten und galoppierten auf dem Weg zurück, den wir gekommen waren. Die Soldaten verfolgten uns. Ich stellte sicher, daß wir in ausreichender Entfernung vor ihnen, aber immer in Sichtweite blieben. Auf diese Weise brachten wir sie dazu, uns bis zu der Schlucht zu folgen, durch die wir unser Tal verlassen hatten. Ich achtete darauf, daß uns die Soldaten auch in dem Felslabyrinth nicht aus den Augen verloren. So lockten wir sie durch die enge Stelle, wo auf meinen Befehl bereits Männer mit Arkebusen auf den Felsen warteten. Wie Ritter Pixqui vorausgesagt hatte, fielen unter der ersten Salve genug Soldaten und Pferde, um den Nachfolgenden den Durchgang zu versperren. Sie ritten in ihrer Aufregung ziellos hin und her und starben sehr bald im Hagel der Speere, Pfeile und Steine anderer Krieger, die auf beiden Seiten der Schlucht postiert waren. Meine Sobáipuri nahmen natürlich mit Freuden die Waffen und die überlebenden Pferde der Spanier an sich. Ich freute mich hauptsächlich über den erbrachten Beweis, daß unser Versteck uneinnehmbar war. Notfalls konnten wir uns bis in alle Ewigkeit gegen jede Streitmacht behaupten, die versuchen sollte, uns hier in den Bergen anzugreifen.
Eines Tages berichteten mir mehrere Späher glücklich, sie hätten ein neues und lohnendes Angriffsziel entdeckt.
»Etwa drei Tage im Osten von hier, Tenamáxtzin, liegt eine Stadt. Es ist beinahe eine Großstadt. Wir hätten nie etwas davon gemerkt, wenn wir nicht einem berittenen spanischen Soldaten gefolgt wären. Einer von uns, der ein wenig Spanisch spricht, hat sich in die Stadt geschlichen und festgestellt, daß sie schön gebaut und reich ist. Die Weißen nennen sie Aguascalientes.«
»Heiße Quellen …«, sagte ich und nickte. »Ja, Herr. Es ist offenbar ein Ort, an den die spanischen Männer und Frauen kommen, um Heilbäder zu nehmen und sich zu erholen. Reiche Spanier, meine ich. Ihr könnt Euch vorstellen, welche Beute wir machen werden, ganz abgesehen davon, daß die weißen Frauen dort zur Abwechslung einmal sauber sind. Ich muß allerdings melden, daß die Stadt stark befestigt, bemannt und schwer bewaffnet ist. Wir können sie unmöglich einnehmen, ohne alle unsere Krieger einzusetzen.« Ich ließ Nochéztli rufen und wiederholte den Bericht. »Bereite alles vor. Wir werden in zwei Tagen losmarschieren. Ich will, daß diesmal alle dabei sind. Auch die Ticiltin, Wickler und Garausmacher sollen mitkommen. Wir werden sie bestimmt brauchen. Das wird der ehrgeizigste, tollkühnste Angriff, den wir bislang unternommen haben. Er ist die ideale Vorbereitung für den späteren Sturm auf die Stadt Mexico.«
Glücklicherweise kehrten lyac Pozonáli und Verónica schon am nächsten Tag gesund und wohlbehalten wieder zurück. Obwohl sie von dem langen, beschwerlichen Ritt sehr erschöpft waren, kamen sie sofort, um Bericht zu erstatten.
Sie waren so aufgeregt, daß sie gleichzeitig in ihren verschiedenen Sprachen – Náhuatl und Spanisch – zu reden anfingen.
»Der Goldschmied bedankt sich für Eure Warnung, Tenamáxtzin, und läßt Euch herzlich grüßen …«
»Ihr seid in der Stadt Mexico bereits berühmt, Herr. Ich sollte sagen berühmt und berüchtigt …«
»Wartet, wartet«, unterbrach ich sie lachend. »Verónica, du zuerst.«
»Ich bringe die guten Neuigkeiten, Herr. Ich will meinen Bericht damit beginnen, daß ich mit Eurer Nachricht zur Kathedrale ging. Eure Vermutung war richtig. Bald nachdem Euer Freund Alonso die Warnung bekommen hatte, durchkämmten Trupps von Soldaten die ganze Stadt auf der Suche nach der Überbringerin. Aber die konnten sie natürlich nicht finden, da ich von den vielen anderen Mädchen meiner Art nicht zu unterscheiden bin. Wie Ihr mir aufgetragen hattet, habe ich viele Gespräche belauscht. Ich weiß nicht wieso, aber den Spaniern ist bereits bekannt, daß unser gesamtes Heer hier in den Mixtóapan-Bergen Stellung bezogen hat. Sie nennen unsere Rebellion aus diesem Grund den ›Mixton-Krieg‹. Ich freue mich, melden zu können, daß er einen großen Teil von Neuspanien in Angst und Schrecken versetzt. Ganze Familien aus den verschiedensten Städten und Siedlungen der Weißen drängen sich in Vera Cruz, Tampico, Campeche und anderen Häfen. Sie wollen um jeden Preis auf den auslaufendenen Schiffen, auf Galeonen, Karavellen, ja sogar auf Versorgungsschiffen nach Spanien zurückkehren. Viele sagen voll Angst, die Rückeroberung der EINEN WELT stehe bevor. Es sieht so aus, Herr, als würdet Ihr Euer Ziel erreichen und zumindest die weißen Eindringlinge aus unserem Land vertreiben.«
»Aber nicht alle«, erklärte lyac Pozónali finster. »Obwohl Coronado auf seinem Zug nach Norden so viele Soldaten mitgenommen hat, ist dem Vizekönig Mendoza in der Stadt Mexico eine beachtliche Streitmacht geblieben. Es sind einige hundert Fußsoldaten und Berittene. Mendoza hat selbst den Oberbefehl übernommen. Und wir Ihr erwartet hattet, Tenamáxtzin, haben sich seine gezähmten Mexica in großer Zahl anwerben lassen, um für ihn zu kämpfen. Das gilt auch für viele der anderen verräterischen Völker, wie die Totonáca, die Tezcaltéca und die Acolhua, die vor langer Zeit dem Eroberer Cortés geholfen haben, Motecuzóma, den Verehrten Sprecher der EINEN WELT, zu stürzen. Zum allerersten Mal hat Mendoza diesen ihm treu ergebenen Indios Pferde gegeben und sie mit Donnerstöcken bewaffnet. Er ist gerade dabei, sie auszubilden.«
»Menschen unseres Volkes«, sagte ich traurig, »treten gegen uns an.«
»Die Stadt unterhält ausreichend starke, mit Donnerrohren ausgerüstete Verteidigungskräfte«, fuhr Pozonali fort. »Aber nach allem, was ich erfahren habe, vermute ich, daß der Vizekönig Mendoza einen Angriff plant, um uns aus unserem Versteck zu vertreiben und zu vernichten, bevor wir auch nur in die Nähe der Stadt Mexico kommen.«
»Dann wünsche ich Mendoza viel Glück«, sagte ich abschätzig. »Wie viele Männer er auch schickt und wie gut bewaffnet sie auch sein mögen, sie werden tot sein, bevor sie unser Lager erreichen. Ich habe einen Versuch unternommen und mich davon überzeugt, daß der Ritter Pixqui recht hatte, als er sagte, diese Berge seien uneinnehmbar.« In der Überzeugung unserer Unbesiegbarkeit rief ich: »Aber bevor die Spanier kommen, werde ich dem Vizekönig einen weiteren Beweis unserer Stärke und Entschlossenheit liefern. Wir marschieren morgen nach Osten … jeder Krieger, jeder Reiter, jeder Arkebusenschütze, jede Granatenwerferin, jeder, der eine Waffe benutzen kann, wird dabeisein. Wir marschieren gegen eine Stadt, die ›Heiße Quellen‹ heißt. Nachdem wir sie eingenommen haben werden, mag der Vizekönig Mendoza vielleicht beschließen, sich in der Stadt Mexico zu verstecken. Ihr beiden geht jetzt, besorgt euch etwas zu essen und ruht euch aus. Ich weiß, du, lyac, willst dort sein, wo der Kampf am heißesten tobt. Und dich möchte ich in meiner Nähe haben, Verónica, damit du den Bericht über unsere bislang heldenhafteste Schlacht niederschreibst.«