DREIZEHN 

 

 

In dem Moment, in dem sie die Tür aufstieß, wusste Remy: sie hatte einen Fehler gemacht. 

Aber sie reagierte zu langsam, gelähmt von zu wenig zu essen und Schlafmangel. Ian Marck – zuerst wollte sie ihren Augen nicht trauen, aber es war tatsächlich er – hatte sie schon gesehen. Ihre Blicke kreuzten sich quer durch den trüben Raum und er sprang sofort auf. 

Wie hatte das nur passieren können? Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit? 

Bevor sie die Situation richtig erfasst hatte und wieder rausgehen konnte, war Ian schon da, packte die Tür, die sie hatte schließen wollen. Hinter ihm sah Remy die Frau, die er dort auf dem Barhocker sitzen gelassen hatte, die ihm jetzt vom Tresen aus giftig nachschaute. Und dann fiel ihr an der Schulter der Frau das Leuchten des Kristalls auf. Stolz und hell. 

Unglaublich. Mitten ins Wespennest. 

„Sag jetzt nichts“, befahl Ian ihr leise, wie er da im Türrahmen stand zwischen ihr und dem Rest der Barbesucher. „Mach, wie ich es vorgebe. Oder du bist gleich Futter für die Würmer.“ 

„Du machst wohl Witze“, sagte sie, ihr Herz klopfte wild, ihre Handflächen waren feucht. Als ob sie Ian Marck trauen würde in ihrem besten Interesse zu handeln. „Ich gehe jetzt.“ Dantés saß unter einem Baum, wo sie es ihm befohlen hatte, und sie blickte hinüber zu dem Hund, dessen Ohren sich da aufrichteten. 

„Wenn du jetzt gehst, wird man dir folgen.“ In seinen blaugrauen Augen lag der gleiche kalte Blick wie immer. Außer bei dem einen Mal, wo er sie geküsst hatte. Da waren sie dann ausdruckslos und wütend gewesen, als er sich von ihr gelöst hatte. 

Remy fühlte, wie die Aufmerksamkeit all der Augen hier deutlich und viel zu schwer auf ihr lastete. „Das macht mir eher weniger Sorgen. Dantés wird sich darum kümmern“, erwiderte sie. 

Ian schüttelte den Kopf. „Gegen eine Kugel kann er nicht antreten.“ 

„Lass mich einfach in Ruhe.“ Remy drehte sich um und wäre dann davongeschritten, wenn er sie nicht am Arm gepackt hätte. 

Er tat ihr nicht weh, aber er packte fest zu. „Ich kann dich leichter beschützen, wenn du reinkommst und tust, als wäre nichts geschehen.“ 

Sie hätte ihm direkt ins Gesicht gelacht, wenn sie nicht so erschöpft und so hungrig gewesen wäre. Stattdessen fragte sie, „und wer wird mich vor dir beschützen?“ 

Sein Mund wurde schmal. „Das hast du in der jüngsten Vergangenheit schon ganz gut selbst hingekriegt.“ 

Hier runzelte sie die Stirn. Warum hatte sie ihm in jener Nacht, als sie entflohen war, nicht mehr Schaden zugefügt? Sie wusste, sie hatte ihn damals nicht kampfunfähig gemacht – mit einen Ellbogen-Stoß und dem Tritt auf den Fuß. Aber er war zu Boden gegangen, als hätte er Schmerzen. Hatte ihr ermöglicht zu fliehen. 

Und das zu wissen machte sie etwas nervös. Ian Marck spielte mit verdeckten Karten und er war sogar noch skrupelloser als sein Vater. 

Ian blickte kurz hinter sich und drehte sich dann wieder zu ihr, „die Gelegenheit wird sich in etwa zehn Sekunden von alleine erledigen. Entweder du kommst rein und spielst mit, wie ich vorgebe, oder du steckst dann bis zum Hals drin.“ 

„Ist das Essen hier genießbar?“, fragte sie und gab einfach den primitiven Bedürfnissen Vorrang vor allem anderen. 

„Nein, aber es wird reichen und sie schenkt den Whisky großzügig ein.“ 

Sie musste etwas essen oder sie würde eh die Kraft eines nassen Waschlappens haben. Niemand hier kannte ihr Geheimnis. Sie hatte nichts zu befürchten. 

Außer Ian Marck. 

Der sich jetzt gerade freiwillig meldete ihr Beschützer zu sein. 

Was zum Teufel wollte er als Gegenleistung? 

 

.   .   .

 

Nachdem sie die Waffe dagelassen hatte, dachte Quent, Zoë würde am Tag danach irgendwann auftauchen. Aber nach drei Nächten ohne das geringste Anzeichen von ihr fing er an sich zu wundern. 

Er überlegte hin und her, ob er ihr Versteck noch einmal aufsuchen sollte, aber was, wenn er sie wieder verpasste? Ohne irgendeine Form der Kommunikation könnte dieses Spiel wochenlang so gehen. Und als er ihrem Zuhause das letzte Mal einen Besuch abgestattet hatte, hatte er kein Zeichen davon für sie hinterlassen, was im Rückblick dämlich gewesen war. 

Sie würde nicht einmal wissen, dass er dort gewesen war. 

Nichtsdestotrotz waren Quents Tage trotz dieser Nächte, in denen er nur so halb schlief, weil er auf einen nächtlichen Besucher hoffte, recht voll. Vollgestopft mit der Planung und dem Ausarbeiten von Strategien; auch mit dem Training mit seinem Elite-Killer, bzw. dem Elker, wie Fence die Waffe eines Abends nach zu vielen Bieren getauft hatte. Und der Entschluss, sich von Fielding dann auch noch lebend zu verabschieden, wurde in Quent immer stärker – und den Kristall von dem Mann mitzunehmen. 

Theo, Lou und Jade hatten mit Marley zusammengearbeitet, um herauszufinden, wo Mekka lag, indem sie die markanten Punkte benutzten, sowie Quents Hilfe, was seine Fahrtrouten betraf. Er hätte sich gewünscht da Zoë dabei zu haben, denn sie war genauso weit gereist, wie sie alle hier. 

Schließlich waren sie ganz zuversichtlich die Position korrekt bestimmt zu haben. Und mit Marleys Beschreibung – von dem gesamten Gelände, von den Wachtposten und der Schilderung ihrer Flucht – hatte Quent sich einen Plan zurechtgelegt. 

„Ich war noch nie in den Privaträumen von Fielding“, warnte ihn Marley. „Nur in seinem öffentlichen Empfangsraum und im Speisesaal. Ich habe keine Ahnung, wie es dort genau aussieht oder was du da vorfinden wirst.“ 

Quent wischte ihre Einwände weg. „Er hält mich seit fünfzig Jahren für tot. Ich bin schon allein deswegen im Vorteil. Und warum sollte ich ihm etwas antun wollen?“ Lass mich all die Arten und Weisen zählen, wie. 

Er konnte schon fühlen, wie der Elker sich in Fleisch bohrte; die Genugtuung ihn in diesen Körper zu rammen und dort umzudrehen und zu beobachten, wie sich das Gesicht des Mannes in Todesschmerzen verzerrte. Wenn Quent die Waffe rausriss. Quent schloss die Augen und stellte sich ... Freiheit vor. 

Frei von Bedauern. Vom Hass. Von der Schuld. 

Davon, sich zu fragen, wo er steckte, davon über ihn nachzudenken. Wie dieser Mann, den er hasste, seine Gedanken derart beherrschte, seine Handlungen antrieb. 

„Es ist die Flucht danach, die mir die meiste Sorge bereitet“, sagte Marley. „Als ob sie dich je einfach so weggehen lassen, nachdem du Fielding den Kristall rausgeschnitten hast.“ 

„Wer zum Teufel weiß das schon? Vielleicht versetzt sie das in Partylaune“, entgegnete Quent übermütig. Es war ihm egal. Er wollte es nur hinter sich bringen – so oder so. Er würde als glücklicher Mann sterben, wenn er wüsste, sein Vater war auf dem Weg in die Hölle. 

Aber was war mit Zoë? 

Quent lief im Mondlicht seinen üblichen Weg zwischen den wuchtigen Häusern und ihren Überresten lang und hoffte, sie würde ihn in seiner letzten Nacht hier finden kommen. Wo war sie? Warum kam sie nicht her? 

Aber sie kam nicht. 

Fence und Theo waren mit dabei als seine Begleitung und endlich waren sie so weit aufzubrechen. Bewaffnet mit den von Theo und Fence selbstgebauten Schockpistolen – aus alten elektrischen Rasierern und dann noch mit einer ganzen Reihe anderer Dinge ausstaffiert – entschieden sie sich für eine Reise zu Pferd anstatt mit dem Humvee. 

„Wir schlafen heute Nacht draußen“, sagte Fence, der in jener Höhle bei Sedona vor all den Jahren ihr Führer gewesen war. „Und morgen sollten wir noch früh genug ankommen, um ausreichend Tageslicht zu haben.“ 

Obwohl es Quent schwerfiel, noch einen weiteren Tag abzuwarten, bevor er Fielding endlich von Angesicht zu Angesicht gegenübertrat, war er auf genug Expeditionen dabei gewesen, um zu wissen, wie wichtig das Timing war. Aus diesem Grund hatte er die Planung für die Reise Fence überlassen, denn er selbst hätte sicherlich die Vernunft seinem Eifer untergeordnet, um möglichst schnell dorthin zu gelangen und den Kampf hinter sich zu bringen. 

„Marley und ich sind uns gestern ein bisschen näher gekommen“, warf Theo in die Runde, als sie in südwestlicher Richtung ritten. „Stört dich das, Quent?“ 

„Marley und ich? Hieß nicht ein Film so?“, fragte Fence. Die Sonne hätte auf seinem Kopf geglänzt, wenn er ihn nicht mit einem Taschentuch bedeckt hätte. „War Marley nicht der Hund?“ Er lachte. Ein erfrischender, dröhnender Klang. 

„Stört mich nicht“, sagte Quent zu Theo. „Aber Marley ist eher der unabhängige Typ.“ Er wusste, dass der andere hier immer noch ein leicht angestauchtes Herz hatte, weil Sage und Simon ein Paar geworden waren, und er nahm an, Theo brauchte jetzt nicht unbedingt noch mehr Liebeskummer, wenn er sich bis vor kurzem jahrelang Sage erträumt hatte. Dass er hier unbedingt mit dabei sein wollte, lag sicherlich auch daran. Der Computerraum war in den letzten Wochen verdammt fühlbar geschrumpft. 

„Marley steht auf dich“, sagte Theo. „Aber das gibt ihr und mir dann eine ganze Menge gemeinsamen Gesprächsstoff.“ 

„Du stehst auch auf Quent?“, erwiderte Fence. „Verdammt, Bruder, Muss ich mir für heute Nacht einen anderen Platz zum Schlafen suchen?“ 

Theo musst wider Willen grinsen. „Solange wir die Extradecke kriegen.“ 

„Scheiß drauf“, erwiderte Fence. „Ihr werdet euch gegenseitig warm halten müssen. Und was meinst du damit, du hast dann eine ganze Menge Gesprächsstoff? Was zum Teufel macht ihr denn miteinander, reden? Die Frau hat den saftigsten Arsch. Du solltest dir lieber davon was holen, anstatt zu reden.“ 

„Wenn wir heute Abend irgendwelche Ganga sehen“, sagte Quent, der sich gerade Marleys Reaktion darauf ausmalte, als „saftiger Arsch“ bezeichnet zu werden, „will ich probieren, einen davon lebend zu kriegen. Nein: ich will damit wirklich Ernst machen.“ 

„Hey, was ist denn mit dir los? Die Dinger riechen wie ... Teufel, ich kann es nicht mal beschreiben. Tod. Verrottet. Ein Scheißplumpsklo. Und wenn du zu nah rangehst, wird dir von dem Geruch schlecht zum kackohnmächtig werden.“ 

„Warum willst du einen von ihnen lebend?“, fragte Theo, der immer noch über die dramatische Darbietung von Fence lächelte. 

„Ich will mit meinem Elker trainieren.“ Um die Wahrheit zu sagen, konnte Quent den Namen der Waffe kaum aussprechen, ohne lachen zu müssen, es klang so schwachsinnig lächerlich. Aber es war immerhin besser als ‚die lange Metallwaffe‘ oder den ‚Kristallgreifer‘ zu sagen. „Am lebenden Objekt.“ 

„Meinst du nicht eher am nicht-lebenden Objekt?“, erwiderte Fence. „Oder am Unlebenden? Oder Untoten?“ Er schaute Theo an, den unbestrittenen Zeitgeist-Guru. „Wie sagt man das politisch korrekt?“ 

„Ich glaube, sie werden am liebsten untot genannt.“ 

„Was hast du denn genau vor? Es zu fesseln und dann immer wieder drauf einstechen? Shit! Wird das eklig – mit all dem stinkenden, verrotteten Fleisch in Klumpen verstreut. Du willst da ein Stück nach dem anderen rauspfriemeln? Guter Mann, in meinem Handbuch nennt man das Folter. Sowohl was das Tier als auch was mich betrifft. Es wird buchstäblich zum Himmel stinken.“ 

„Da ihre Haut sowieso ständig in Klumpen abfällt, glaube ich nicht, dass es ihm was ausmachen wird“, antwortete Quent trocken. 

Aber Fence schüttelte immer noch den Kopf. „Ich weiß nicht. Du bist besser auf der Hut oder LEUZ will dann deinen hübschen, britischen Arsch.“ 

„Leute?“, fragte Theo, der offensichtlich auf die Pointe wartete. Er kannte Fence und wusste daher, dass eine Pointe fällig war. „Wie in Menschen und Personen?“ 

„Du hast noch nie von LEUZ gehört? Liga für den Ethischen Umgang mit Zombies“, antwortete ihm der große Kerl grinsend. „Die werden dann rund um Envy Demos veranstalten und Unterschriftensammlungen durchführen, wenn Quent nicht aufpasst.“ 

Alle lachten, selbst Quent. 

Und so verging der Tag gewürzt mit den urkomischen Kommentaren von Fence, als sie schnell die Marschroute langritten, die er vorgesehen hatte. Quent störte diese Art von Ablenkung nicht, die sein Freund veranstaltete, und er vermutete, dass es Theo ebenso ging. 

Sie fanden wie geplant einen sicheren Platz, um dort die Nacht zu verbringen: im zweiten Stock eines großen Hauses. Die Decken waren sehr hoch, was den zweiten Stock dann vor Ganga-Zugriff sicher machte, nachdem sie die untere Hälfte der ausladenden Treppe demoliert hatten. Da sie das in den vergangenen sieben Monaten schon sehr oft getan hatten, als sie auf der Suche nach Envy herumreisten, waren die drei Männer schnell fertig mit den unteren zehn Stufen der Treppe und benutzten dann eine Strickleiter, um hochzuklettern. 

„Und hier haben wir das geräumige Loft“, sagte Fence mit einer einladenden Geste seines muskulösen Arms. „Komplett ausgestattet mit kaputten Dachluken, schmutzigen Fensterscheiben – von denen manche sogar ganz geblieben sind – und es bietet sogar die Gastfreundschaft von ein paar Nagetieren. Die drei Sofas, die gerade von einer Reihe von Geschöpfen bewohnt werden, muss man ein bisschen bearbeiten. Aber ein bisschen Farbe hier und Scheuerseife dort, und schon könnte dieses Loft so gemütlich wie ein kleiner Bungalow sein.“ Er grinste. „Meine Mama ist Immobilienmaklerin.“ 

Quent bot freiwillig an die erste Nachtschicht zu übernehmen, aber nach einer kleinen Diskussion beschlossen sie, eine Nachtwache war unnötig. Die Ganga konnten sich hier nicht anschleichen, denn selbst wenn es denen gelang ihr Versteck zu finden, würde ihr Stöhnen ihre Anwesenheit früh genug verraten. Eine ganze Batterie von Flaschenbomben würde sie rasch genug verjagen, sollten sie nahe genug herankommen. Und Raubtiere kamen weder durch die geschlossene Vordertür noch durch die Fenster im Erdgeschoss, die alle ganz geblieben waren. 

Nichtsdestotrotz streckte sich Quent auf seiner Matte neben einem der Fenster aus, die bis zum Boden gingen, wo er auch im Liegen noch Ausschau halten konnte. Obwohl er sich vorgenommen hatte wach zu bleiben, musste er eingedöst sein, denn plötzlich weckte ihn etwas. 

Nicht dieses ruckartige Aufwachen ins volle Bewusstsein, sondern ein sanftes, langsames Erwachen. Eine Spinnwebe strich ihm über das Gesicht oder irgendein Insekt und er wischte es weg. Und berührte etwas Warmes, Festes. 

Er griff nach der Schockpistole unter seinem Kopfkissen und seine Augen öffneten sich rasch. Genau in dem Moment, als er Zimt einatmete. Und er hielt abrupt inne, das Herz schlug ihm plötzlich wild. 

„Träume ich gerade?“, murmelte er, als er den Arm nach ihr ausstreckte und die Augen wieder schloss. „Wenn das der Fall ist, weck mich bitte nicht auf.“ 

Sie glitt sachte auf ihn, ihr Körper jetzt in einer Linie mit seinem. Ein Bein glitt zwischen seine, streichelte die Innenseite seines Oberschenkels, während sie sein Gesicht in ihren Händen festhielt, ihren Körper über seinem wölbte. Ihr Haar strich ihm über das Gesicht, ihr Gewicht lag tief unten an seinem Bauch auf ihm. Ihre Münder fanden sich. Zuerst heiß und wild und gingen dann in einen langen, genussvollen Kuss über. 

Lust rollte über ihn, wie ein volles Fass den Berg runterrollt, schnell und unkontrollierbar. Sein Atem verlor sich irgendwo zwischen dem Ansturm ihrer weichen Lippen und dem feuchten Knäuel aus langen Zungen, dem sanften Klicken von Zähnen aneinander und dem ersehnten Gefühl ihre warmen Kurven an seinen zu spüren. 

Seine Augen schlossen sich und er konzentrierte sich auf den Geschmack von ihr, die Länge ihrer Hüften und ihrer Taille, die Kurve von ihrem Hintern, als er seine Hand an ihrer Hose hochwandern ließ und sie auf seinem Schwanz zu liegen brachte, der wild gegen die dünne Decke pochte. Und dann fiel ihm auf einmal wieder ein, wo er war. 

Und dass nur ein paar Meter entfernt Fence und Theo in der Dunkelheit schliefen. 

Quent erstarrte, seine Augen öffneten sich ruckartig und er zog seinen von Zoës köstlichem Mund weg. „Warte“, schaffte er noch ihr ins Ohr zu hauchen, selbst dann noch, als er die warme Haut unter ihrem Ohrläppchen kostete. Aber sie wand sich und ihre Möse rieb an seinem Schwanz und er musste ganz, ganz tief Luft holen, als sein eigener Körper reagierte – mit einem riesigen Wen Scheiße nochmal kümmert’s? 

Ihre Hände waren jetzt unter dem Hemd angelangt, das er trug. Schmal und voller Schwielen und selbstbewusst und ihr Mund knabberte unten an seinem Kiefer bis hinunter zu seinem Hals. Er verfügte nicht über genug Willenskraft ihre Hüften loszulassen und sie von sich runter zu schieben, wo sie hingehörte ... der Druck, dieser unablässige Druck, fühlte sich einfach zu scheißgut an. 

Stattdessen konzentrierte er sich darauf, leise zu sein, den rauen Atem unter Kontrolle zu halten, dieses Stöhnen aus den Lust-Tiefen, als sie ihre Hand zwischen sie schob und seine Shorts halb über seine Schenkel nach unten zerrte. Sein Schwanz richtete sich frei und bereit auf und ehe er sich’s versah, schob sie sich schon ihre Hose runter. Ab. 

Oh, Süße. Er war noch geistesgegenwärtig genug einen Blick Richtung auf die zwei Brocken dort zu werfen, die Theo und Fence waren. Hoffentlich schlafend. 

Aber zu dem Zeitpunkt war ihm alles ums Verrecken egal, ganz besonders, als er spürte, wie Zoë sich hochhob und ihr nasser, heißer Kanal auf ihn runterglitt. Ja. Quent schloss die Augen und biss die Zähne zusammen und schaffte es gerade noch, nicht auf der Stelle loszuballern, selbst dann nicht, als sie sich an ihn drängte, Oberkörper an Oberkörper, und ihre Hüften sich in Bewegung setzten. Langsam. Seinen Schwanz in ganz entzückender Weise folterten. 

Berauscht von Lust griff er blind nach der Decke, die sie weggeworfen hatte, und schaffte es, sie über sie beide zu ziehen. Nur für den Fall, dass jemand bei diesen raschelnden Geräuschen neugierig wurde. 

Und dann zerrte er sie zu sich runter. Für einen tiefen, echten Kuss. Sie bewegte langsam die Hüften und er fühlte, wie sie da an seinem Mund lächelte, als er versuchte die Dinge zu beschleunigen. Zoë schüttelte den Kopf an seinem und murmelte ihm da ins Ohr, „nicht so schnell, Einstein“, und lehnte sich dann wieder gegen ihn, hielt ihn da fest, während er darum kämpfte, seinen Verstand irgendwie zu bewahren. Aber er konnte nichts mehr klar sehen oder denken und alles, was er wusste, war: die Wärme ihrer Haut an seiner, verschwitzt und heiß, und die geschmeidigen Bewegungen ihrer Hüften über ihm. Rauf, runter. 

Sie zwang ihn zu warten, indem sie den Rhythmus mit langen Stößen gemächlich hielt, mit langen Pausen dazwischen, wann immer sie spürte, er war jetzt gleich soweit. Und dann mit einem plötzlichen, schnellen Stoß hinunter, hart. Der ihn überrumpelte und ihm fast ein Stöhnen der Verzweiflung entrang. Er sah die sanfte Kurve ihrer Wange – das Weibsstück lächelte, während sie hier schweigend mit ihm kämpfte; machte, dass ihm die Augäpfel in den Höhlen nach hinten rollten, wenn er versuchte leise still zu halten und gleichzeitig loszulassen ... und gerade als er dachte, er würde es alles aufgeben und sie einfach auf ihren Rücken knallen, schlafende Reisebegleiter hin oder her, gab sie nach. Die langen, sicheren Stöße kamen schneller, wurden tiefer, enger, und er war in der Lage mit ihr hochzukommen, ihr entgegenzukommen, wie er es dringend brauchte ... weiter und weiter, bis er nicht mehr wusste, wo er war. 

Zoë ließ ein leises Stöhnen ertönen. An seinem Ohr, tief und lustvoll, und als sie an ihm erschauerte, war das die letzte Barriere. Quents Selbstbeherrschung zerschellte und er stieß wild ein letztes Mal in sie hinein, hielt ihre Hüften genau da, sein Körper völlig angespannt in dieser Erleichterung. 

Sie sackte über ihm, auf ihm zusammen, ihre Körper halb entkleidet, feucht und warm, ineinander verschlungen. Keuchend lächelte Zoë an seinem Hals, streichelte mit einer Hand seine Brust und seinen zitternden Bauch, als würde er ihr gehören. 

Und so war es. Oh, so war es. 

„Was zum Teufel hat dich so lange davon abgehalten, aufzubrechen?“, flüsterte sie leise fragend in sein Ohr. 

„Aufzubrechen?“ Quent musste seine in alle Himmelsrichtungen versprengten Gedanken einsammeln. Einen Arm noch um Zoë gelegt, der andere erschöpft über seinem Kopf von sich gestreckt. Verflixt und zugenäht. Er war immer noch im Rausch, konnte nichts klar sehen, sein Körper völlig leer und gelöst. „Was?“ 

„Von Envy aufzubrechen“, sagte sie, ihre Lippen streiften seine Ohrmuschel. „Ich habe eine verdammte Woche Ausschau gehalten. Hab drauf gewartet, dass du deinen Arsch in Bewegung setzt.“ 

„Warum?“, murmelte er zurück, glitt mit seiner Hand über ihren Rücken, hinauf zu ihren runden Schultern, dann wieder runter über diesen ganz vorzüglichen Hintern. 

Ihr Schulterzucken wanderte an ihm entlang. „Ich dachte, du teilst dir ein Zimmer mit Marley.“ 

Er versteifte sich. Und nicht auf die gute Art. „Ich vögele Marley nicht.“ 

„Was du nicht sagst“, sagte sie bissig. „Aber in deinem Zimmer versteckst du sie schon. Du hast versprochen für ihre Sicherheit zu sorgen, weißt du noch? Ich hatte keine Lust auf ein Scheißpublikum.“ 

Quent schloss die Augen. „Aber das habe ich nicht. Also hast du mich eine Woche lang auf die Folter gespannt, indem du weggeblieben bist, weil du gedacht hast, sie ist in meinem Zimmer?“ 

„Folter?“ Dieses Weibsstück. Sie klang viel zu fröhlich. 

„Nein, du hast Recht“, sagte er und küsste die weiche Haut vor ihrem Ohr. „Das war keine Folter. Heute Nacht ... das war Folter. Mit einem guten Ende.“ Außer dass ... zur Hölle nochmal. Er hatte wieder einmal den absolut basalen Verhütungsschutz vergessen. Scheiße. 

Er schaute noch einmal zu den menschlichen Klumpen dort drüben, deren Umrisse im Mondlicht sanft schimmerten. Entweder schliefen sie noch oder waren ausgesucht höflich. Da einer von den beiden Fence war, der keinen einzigen taktvollen Knochen im Leib hatte, ging Quent von ersterem aus. 

Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Zoë zu. „Du könntest schwanger sein.“ 

„Bin ich nicht“, sagte sie. Sie löste sich und strich ihr Trägerhemd glatt, zog es runter und versteckte damit diese kleinen, festen Titten. Und dann begann sie ihre Cargo-Hose wieder zuzuknöpfen. 

„Nach dem hier heute Nacht könnte es sein. Was würdest du tun?“ 

Sie schaute ihn an. „Ich würde es dir sagen.“ 

Trotz der Tatsache, dass sie sich gerade wieder anzog, sich von ihm entfernte, waren ihre Worte wie Balsam. Er glaubte ihr. „Ich würde es wissen wollen.“ 

„Das weiß ich.“ Sie hielt seinen Blick einen Moment lang fest – in diesem dämmrigen Licht – und er glaubte ihr. Ein Baby? Mit Zoë von dem dreckigen Mundwerk? Sein Mund kippte da in ein kleines Lächeln um. 

„Danke für die Waffe“, sagte Quent und setzte sich auf. Die Decke fiel von seiner Brust runter und ihm fiel auf, dass ihre Aufmerksamkeit auf einmal an seinen nackten Schultern hängengeblieben war. „Die ist verdammt großartig.“ 

Er konnte im Dunkeln die Kurve von ihrem Lächeln erkennen. „Scheißrichtig.“ 

Er streckte den Arm aus, um ihren zu berühren, und als seine Finger sie streiften, zuckte sie zusammen. Und er spürte etwas Raues und Klebriges. „Was ist das?“, sagte er und vergaß fast leise zu sprechen. „Bist du verletzt?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, zerrte er sie an sich, wo das Mondlicht auf dem Boden einen kleinen Kegel bildete. 

Obwohl es recht trübe war, konnte er an ihrem Bizeps ganz klar einen großen, dunklen Fleck erkennen. „Was ist passiert?“ Das But war getrocknet, aber immer noch verkrustet, und die Art, wie sie die Luft anhielt, als er sie sanft untersuchte, verriet ihm, dass die Wunde recht frisch war. 

„Hatte eine kleine Prügelei mit einem Kopfgeldjäger“, sagte sie. „Alles in Ordnung.“ 

„Was ist denn bei dieser kleinen Prügelei genau passiert?“ 

„Sei still, du weckst die noch auf“, flüsterte sie. 

„Scheiß drauf. Was für ein Kopfgeldjäger? Marck?“ Er hatte ihren Arm nicht losgelassen, obwohl sie daran zog. 

„Ein Typ mit dem Namen Seattle. Er dachte, er würde mich fangen, aber ich bin ihm entwischt.“ 

„Da ist ein Kopfgeldjäger hinter dir her?“ Quents Herz hämmerte. Soweit er wusste, hatten die Marcks nie Jagd auf Zoë gemacht. Soweit er wusste. Aber natürlich wusste er eigentlich einen Dreck über sie, nicht wahr? „Wie lange ist er schon hinter dir her?“ 

„Das weiß ich Scheiße nochmal nicht. Ich hab nicht danach gefragt“, sagte sie und für sie war das Thema damit offensichtlich beendet. Aber das hieß nicht, dass er damit fertig war. 

„Du bleibst bei mir“, sagte er ihr. Eiskalte Furcht packte ihn. Ganga waren eine Sache, aber von gerissenen, mit Pistolen ausgestatteten, bei Tageslicht reisenden Kopfgeldjägern gejagt zu werden, war eine andere. „Es ist zu gefährlich.“ 

Zoë gab einen verärgerten Laut von sich und zerrte an ihrem Arm. Aber er ließ nicht los. „Lass los.“ Sie klang misstrauisch und ihre Stimme war zu laut. 

„Du bleibst bei mir.“ 

„Was zum Teufel? Hältst du dich für meinen Scheißvater?“ 

„Nein, ich bin dein Geliebter. Oder ist dir das nicht aufgefallen?“ Er sprach mit zusammengebissenen Zähnen. Auf der anderen Seite des Zimmers rührte sich jemand, aber es war ihm egal. Kapierte sie denn rein gar nichts, verflucht? Es war gefährlich. Diese Welt war gottverdammt gefährlich und jeden Moment könnte sie in eine Falle laufen oder gefangengenommen werden oder in Stücke gerissen werden. 

Natürlich kapierte sie es nicht. Sie hatte ihm eine Scheißsonderanfertigung von Waffe gemacht, für ihn bei seiner Mission seinen Vater zu töten – ein Gute-Reise-Geschenk für eine Mission, die wahrscheinlich mit seinem eigenen Dahinscheiden endete. Viel Glück, Einstein. Viel Spaß beim Erstürmen der Burg! 

Kälte legte sich wie ein Hauch um ihn. Machte sie sich denn keine Sorgen um ihn? Empfand sie nichts? Warum flehte sie ihn nicht an nicht zu gehen? 

Oder war das alles hier nur ein Haufen heißer Sex? Scharf gewürzt mit ein bisschen Spannung? Ihre heimlichen Besuche und ihr Verschwinden. Lag der Reiz darin? Weil es gefährlich war? 

„Zoë“, setzte er noch einmal an und wusste in dem Augenblick mit einer fast übersinnlich klaren Gewissheit, dass er verloren war, wenn er sie nie wieder sah. „Ich will nur, dass dir nichts–“ 

„Wenn du mich jetzt nicht scheißsofort loslässt, schreie ich.“ 

Was zum Teufel war schon der Sinn davon? Er ließ los und verspürte einen kleinen bösartigen Stich der Genugtuung, als sie sich wieder einfangen musste, weil sie so an ihm gezerrt hatte. 

„Nette Art ein absolut perfektes Nachspiel zu versauen“, sagte sie und verschränkte die Arme vor sich, wobei sie unauffällig an dem Arm rieb, den er gepackt hatte. 

Quent traute sich nicht zu etwas zu sagen, denn er wusste, wie auch immer er es sagte, es würde ... falsch rauskommen. Um das gottverdammt Mindeste zu sagen. „Wohin willst du denn jetzt losziehen?“, schaffte er sich zwischen den tauben Lippen durch zu pressen. 

Sie schien sich wieder in der Gewalt zu haben. „Wer weiß.“ 

Wer zum Scheiß nochmal auch immer. 

Er spürte, wie ihre Augen schwer auf ihm lasteten und sich dann rasch losrissen. Er rang um Worte. Etwas, was richtig klingen würde – nicht zu hochtrabend, nicht zu bevormundend. Aber diesmal ließen ihn die Worte im Stich, ebenso Taktgefühl und Diplomatie. 

Es war, als wäre sie wieder aufs Neue aus seinem Zimmer geschlichen – das gleiche leere Gefühl. Das Gefühl grub sich tiefer ein, nistete in seinen Eingeweiden, zerfraß ihm diese, während sie auf die Füße kam. 

„Viel Glück, Quent.“ 

Ebenso gut hätte sie Ciao sagen können. Er kämpfte den Drang nieder sie wieder runter zu sich zu zerren. Er weigerte sich, sich hier noch weiter zu erniedrigen. Und warum etwas haben wollen, was wahrscheinlich eh vergebens war? 

Er schätzte seine Chancen nie wieder aus Mekka rauszukommen auf etwa achtzig Prozent. Also sagte er nur, „Pass gut auf dich auf, Zoë. Halt dich von den Kopfgeldjägern fern. Die sind nicht so nett wie ich.“ Er zwang sich ein kleines Lachen raus und schaute zu, wie sie sich aufrichtete und sich entfernte. Mit den Schatten verschmolz. 

Gerade als sie verschwand, blickte er aus dem Fenster und sah, dass die Sonne soeben den Himmel hell färbte. 

Und so begann sein Tag der Abrechnung. 

 

.   .   .

 

Das lief gut, dachte Zoë bei sich, als sie leise die Strickleiter runterkletterte. Ihre Lippen, die nur kurz zuvor vor Küssen ganz angeschwollen gewesen waren, fühlten sich jetzt verkniffen und hart an. Ihr Bauch war ein Knoten und sie versuchte die Erinnerung an Quents Gesichtsausdruck zu unterdrücken. 

Am Ende würde er ihr danken. 

Sie spielte hier nicht einen verdammten, melodramatischen Märtyrer. Darum ging es hier nicht. Quent zu seinem eigenen Besten einfach zu verlassen, so was in der Art. Zoë hatte zwei Bücher gelesen, in denen der Mann das tat, und es hatte damit geendet, dass sie beide Bücher gegen die Wand knallte – und sie dann Fang gab. Zum Draufrumkauen. 

So war das hier nicht. 

Sie war nicht dabei Quent zu verlassen, genauso wenig wie sie das in der Vergangenheit getan hatte. Sie war nie mit ihm zusammen gewesen und wenn die Dinge vielleicht anders gewesen wären, hätten sie beide sich vielleicht ein Zuhause aufbauen können wie das, in dem sie aufgewachsen war. Ein leiser Schmerz in ihrem Magen wurde plötzlich ganz akut. 

Aber was sie tun konnte, war ihm das Geschenk der Freiheit zu machen. Und des Lebens. 

Denn genau das hatte sie vor. Ihrs war sowieso schon zerstört. Seins musste nicht auch noch dran glauben. 

Ihr Pferd war dort, wo sie es gelassen hatte. Ein namenloser, schwarzgefleckter Mustang, der wie ein Pfeil über das Gelände schoss. Schnell und ohne zu straucheln. Er würde sie mit viel Vorsprung zu dem Treffpunkt bringen.