Bewunderung a la Jossele

Jossele hatte seinen Espresso ausgetrunken und blätterte in der Zeitung.

»6:1 gegen Zypern«, brummte er verächtlich. »Auch schon was.«

»Immerhin«, widersprach ich. »6:1 bleibt 6:1.«

»Kann sein. Aber wenn man die Zeitungen liest, könnte man glauben, unsere Fußballspieler wären ein persönliches Geschenk Gottes an das Volk Israel. Mir kommt die Galle hoch.«

»Sie haben dir doch nichts getan, Jossele.«

»Nicht? Ich sage dir: es beleidigt mich, wie man diese Idioten, die nichts anderes können als in einen Lederball hineintreten, zur Blüte der Nation hochjubelt.« »Schon im alten Griechenland wurden die Sieger -«

»Lass den Unsinn. Oder hat dich vielleicht noch nie der Teufel geholt, wenn du so einen Trottel Autogramme an die Menge verteilen siehst, die ihn ehrfürchtig umringt und umraunt: >Das ist der Mann, der gegen Zypern drei Tore erzielt hat, zwei davon mit dem Kopf!< Ich möchte seinen Kopf so lange beuteln, bis das Stroh herausfällt!«

In diesem Augenblick betrat ein kräftiger, etwas ungeschlachter Kerl das Kaffeehaus. Es war Pomeranz, der große Pomeranz, Sturmspitze und Spielmacher unserer Nationalmannschaft beim 6:1

gegen Zypern. »Da hast du dein Idol«, fauchte Jossele. »Platzt vor Arroganz. Glaubt, dass ihm die Welt gehört. Dem verpass' ich jetzt einen Denkzettel!«

»Lass dich nicht aufhalten«, ermunterte ich meinen kampflustigen Freund.

Jossele erhob sich.

»He, Pomeranz!« brüllte er. »Komm her, du Bastard!«

Das Blut gefror mir in den Adern. Pomeranz war zwei Köpfe größer als wir beide. Ein Faustschlag oder ein Fußtritt von ihm würde genügen, uns dem Erdboden gleichzumachen.

»Auf was wartest du, Pomeranz?!« Josseles Stimmvolumen steigerte sich. »Hast du nicht gehört?

Du sollst herüberkommen!«

Pomeranz glotzte und setzte sich langsam in Bewegung. Das ganze Kaffeehaus folgte seinen Schritten mit angehaltenem Atem.

Jossele empfing ihn mit einem derben Schlag auf die Schulter:

»Du Halunke! Wie hast du das fertiggebracht, dieses 6:1 gegen Zypern?«

Ein breites Grinsen erschien auf Pomeranzens grobgeschnittenem Antlitz, während ihm Jossele bei den nun folgenden Worten immer aufs neue die Faust in den Magen rammte:

»Das warst doch du?! Was? Wie?« Jetzt drosch er ihn so heftig auf den Rücken, dass Pomeranz zu husten begann. »Man glaubt es nicht! Ein Stück Rindvieh wie du trifft aus 25 Metern ins Tor! Wie machst du das?«

Pomeranz trat ein wenig zur Seite, um den wuchtigen Hieben Josseles zu entgehen, und stotterte sichtlich geschmeichelt:

»Na ja . . . ich . . . das war ... ich hab' sehr gute Passbälle bekommen . . .«

»Halt den Mund!« herrschte ihn Jossele an. »Passbälle! Du weißt ja gar nicht, was ein Passball ist.

Dazu bist du viel zu dumm. Aber die Zyprioten zu Hackfleisch verarbeiten - das kannst du, du alter Tepp!«

In seiner Verlegenheit wusste sich Pomeranz nicht anders zu helfen, als Jossele zu umarmen.

Dann sah er sich stolz im Lokal um, ob auch alle das Lob gehört hätten, mit dem er da überschüttet wurde.

»Glaubst du, dass er jemals Fußballspielen gelernt hat?« wandte sich Jossele an mich, wobei er Pomeranz mit einem Tritt gegen das Schienbein bedachte. »Glaubst du, dass er überhaupt etwas gelernt hat? Keine Spur. Er ist ein kompletter Analphabet. Was, Pommi? Dein Verstand steckt eben in den Füßen. Stimmt's?«

Mit einem neuerlichen Tritt beendete Jossele seine Lobhudelei. Pomeranz strahlte vor Glück.

»Nein, nein«, gluckste er. »Wir haben scharf trainiert. Alle. Auch ich.«

»Wenn du nur dein ungewaschenes Maul halten wolltest! Was heißt da Training? Es ist ein Wunder der Natur, dass sie einen solchen Vollkretin hervorgebracht hat -«

Fast schien es, als wäre Jossele zu weit gegangen, denn Pomeranz wich mit gerunzelten Brauen ein wenig zurück und fragte drohend: »Was hat die Natur?«

»Sie hat dich mit einem Bombenschuss ausgestattet!« jauchzte Jossele, packte Pomeranz an beiden Schultern, schnalzte ihm einen Kuss auf die Wange und drängte ihn zum Ausgang: »Geh mir aus den Augen! Womit haben wir so etwas wie dich verdient? Drei Tore gegen Zypern - und schon bist du ein Nationalheld! Man muss sich ja schämen! Hinaus mit dir!«

Und der Nationalheld bekam einen Stoß in den Rücken, dass er draußen beinahe hingefallen wäre. Aber noch im Straucheln wandte er sich um und winkte selig lächelnd zurück. Es freute ihn, bewundert zu werden.

Kleine Spende - Großer Dank

Jossele ließ unverkennbare Anzeichen von Nervosität erkennen, und das geschieht selten.

Allerdings hatte er bisher auch nur selten Gelegenheit, eine neue Wohnung einzuweihen, noch dazu seine eigene.

Es war also wirklich ein feierlicher Anlass.

Der Hauseigentümer durchschnitt das blau-weiße Band am Treppenansatz, zwei strahlende Vertreter des Wohnungsamtes applaudierten, und während ein Nachbar auf seiner Ziehharmonika eine muntere Weise mit dem passenden Text »Machen wir's den Schwalben nach, bau'n wir uns ein Nest« erklingen ließ, strömten die 78 Spender aus aller Welt durch die Eingangstür.

Eine beleibte Dame in einem breitkrempigen Strohhut blieb an der Schwelle stehen und betrachtete liebevoll die Metallplatte, die den linken Türflügel zierte: »Diese Türe ist ein Geschenk von Mrs. Sylvia R. Weinreb, Boston, Mass.« Neben ihr war ein älteres Ehepaar damit beschäftigt, ein Messingschild auf Hochglanz zu polieren: »Die Türklinke spendeten Samuel und Matilda Ginsberg, San Francisco, Calif., zur Erinnerung an die Geburt ihres zweiten Enkelkindes Susan Veronica, Schwesterchen von Douglas Michael, mögen sie beide leben und gedeihen.«

Jossele offerierte auf einem Tablett belegte Brötchen und prostete von Zeit zu Zeit einem seiner Wohltäter zu. Als er einmal kurz bei mir anhielt, zitterte seine Stimme vor Rührung:

»Schau dir all die hochherzigen Menschen an! Ohne sie hätte ich mir niemals ein Heim schaffen können. Dabei kennen sie mich nur brieflich. Es ist überwältigend . . .« Der Text des vervielfältigten Briefs, den Jossele in einigen hundert Exemplaren hauptsächlich nach Amerika verschickt hatte, lautete:

»Liebe Brüder und Schwestern in der Diaspora! Ungeachtet unserer wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der ständig steigenden Ölpreise soll es nunmehr auch dem einfachen Mann ermöglicht werden, jenes unveräußerliche Recht auszuüben, das jedem guten Juden zusteht: durch eine einmalige, begrenzte Geste der Generosität seinen Namen in Israel zu verewigen. Bisher ist dieser Vorzug nur den oberen Zehntausend zuteil geworden, die reich genug sind, um mit Geld prunkvolle öffentliche Bauten, Museen und Talmudschulen errichten zu lassen. Das ändert sich jetzt.

Zu meiner aufrichtigen Freude darf ich Ihnen mitteilen, dass Sie ab sofort für die Aktion >Kleine Spende - großer Dank< registrieren können, die darauf abzielt, auch geringe Beweise von Gebefreudigkeit mit eindrucksvollen Anerkennungszeichen zu belohnen . . .«

Die Wirkung seines Rundschreibens war über Josseles kühnste Erwartungen weit hinausgegangen. Er hatte, wie er mir gestand, eine sorgfältige Auswahl unter den Bewerbern treffen müssen, um von ihrer Anzahl nicht erdrückt zu werden.

Plötzlich erklangen lautstarke Rufe der Empörung aus der »Sonnenschein-Halle«, wie das Badezimmer hieß; einer der Gäste deutete zornroten Gesichts auf eine Metallplatte: »Dieses Badezimmer wurde dank der Generosität von James B. Sonnenschein, Buffalo, N. Y., mit Kacheln ausgelegt«, sagte die Inschrift.

»Es ist ein Skandal!« tobte Herr Sonnenschein. »Unser Vertrag hat eine künstlerische Bronzeplatte vorgesehen, 18 X 25, an auffälliger, gut beleuchteter Stelle anzubringen. Und das?!«

Herrn Sonnenscheins Empörung war keineswegs unbegründet. Sie richtete sich gegen eine direkt über der Badewanne prangende Marmortafel, die seine Bronzeplatte pompös überschattete: »Für alle Zeiten trage diese Wanne den Namen des Ehepaars Max und Bella Kaminsky, Chicago, 111.«

Jossele krümmte sich vor Verlegenheit:

»Bitte, bedenken Sie die Platzschwierigkeiten, mit denen ich zu kämpfen habe. Ich muss in einer verhältnismäßig kleinen Wohnung achtundsiebzig Tafeln unterbringen . . .«

Glücklicherweise rottete sich in diesem Augenblick die Philadelphia-Gruppe zusammen, um auf das Dach hinaufzusteigen und zu fotografieren. Ihr geistiger Führer, Rabbi Menachem Suk, nahm in stolzer Haltung seinen Platz vor der massiven Kupferplakette ein, deren Goldumrahmung in der Sonne glitzerte:

»Die Fernseh-Antenne, die sich hier erhebt, dankt ihr Vorhandensein der brüderlichen Liebe einiger Bewohner der Stadt Philadelphia, Pa., namentlich den Damen Ruth Bialazurkevits und Martha Taubmann, den Herren M. J. Krupskind und I. T. Seligson sowie dem Ehepaar Berl und Golda Rosenbloom samt ihren Kindern John, Franklin, Evelyn, Harry und Daisy-May.« Allmählich ging die Feier zu Ende, es gab keine Brötchen mehr, der Harmonikaspieler musste einer anderen Verpflichtung nachkommen, und Jossele klopfte ans Glas. In einer kurzen, herzlichen Ansprache dankte er allen Spendern, würdigte die Opferbereitschaft, mit der sie auf eigene Kosten angereist waren, um sich davon zu überzeugen, dass sie in Israel symbolisch Fuß gefasst hatten, und verabschiedete sich von jedem einzelnen mit Handschlag.

»Ich hätte sie alle küssen mögen«, sagte ich hernach. »Alle. Bis auf einen.«

Und er führte mich in sein Schlafzimmer, wo sich meinem erstaunten Blick eine Messingtafel mit folgender Inschrift darbot:

»Diese Messingtafel stiftete Mr. Norman B. Goldberg, Bronx, N. Y.«

Ehrlich, aber nicht offen

Wir saßen, wie üblich, im Kaffeehaus. Uns gegenüber kauerte unser alter Freund Stockler, Besitzer eines gutgehenden Parfümerieladens und eines weithin sichtbaren Nervenzusammenbruchs.

»Jedes Jahr dasselbe«, stöhnte er. »Im Juli werde ich zum Wrack.«

Jossele nickte verständnisvoll:

»Ich weiß. Die Einkommensteuererklärung. Schwindeln Sie, Herr Stockler?«

»Leider nicht. Ich muss gestehen, dass ich ein erbärmlicher Feigling bin. Und was mich am meisten deprimiert: es hilft mir nichts. Meine Bücher sind korrekt geführt, jeder einzelne Posten ist nachprüfbar richtig - und jedes Jahr werden meine Aufstellungen zurückgewiesen, weil sie angeblich falsch, unvollständig und frisiert sind. Was soll ich machen?«

Jossele schüttelte ungläubig den Kopf, und seine Stimme klang vorwurfsvoll:

»Sagen Sie, Herr Stockler: sind Sie ein kleines Kind? Oder sind Sie vom Mond heruntergefallen?

Sie nehmen Ihre Bücher, legen Sie dem Steuerprüfer vor - und erwarten allen Ernstes, dass er Ihnen glaubt? Sie tun mir wirklich leid.«

Stockler schluchzte leise vor sich hin.

Seine Tränen rührten nach einer Weile Josseles Herz:

»Haben Sie Betttücher zu Hause, Herr Stockler? . . .«

Nicht lange danach, an einem regnerischen Vormittag, begab sich Stockler auf sein zuständiges Finanzamt, betrat das Zimmer seines zuständigen Steuerreferenten, nahm auf dessen Aufforderung hin Platz und senkte den Kopf.

»Herr Referent«, sagte er, »ich muss Ihnen ein Geständnis machen. Ich habe im abgelaufenen Steuerjahr keine Bücher geführt.«

»Stehlen Sie mir nicht meine Zeit mit dummen Witzen«, erwiderte der Beamte missmutig. »Was wünschen Sie?«

»Es sind keine Witze. Es ist die Wahrheit. Ich habe keine Bücher geführt.«

»Einen Augenblick. Sie wollen doch nicht sagen, dass Sie keine Bücher geführt haben?«

»Doch. Genau das will ich sagen. Das heißt: ich habe sie geführt, aber ich habe sie nicht.«

Jetzt war es mit der Selbstbeherrschung des Beamten zu Ende.

Sein bisher ruhiger Bass überschlug sich zu jähem Falsett:

»Was heißt das: ich habe sie - ich habe sie nicht?! Wieso haben Sie sie nicht?!«

»Ich habe sie verloren.«

»Verloren?! Wieso? Wie? Wann? Wo?«

»Ja, wenn ich das wüsste. Eines Tages konnte ich sie nicht mehr finden. Sie waren weg. Vielleicht verbrannt, ohne dass ich es bemerkt hätte. Oder gestohlen. Jedenfalls sind sie verschwunden. Es tut mir leid, aber so ist es. Vielleicht könnte ich mein Einkommen ausnahmsweise aus dem Gedächtnis angeben, das wäre am einfachsten. Es war ohnehin ein sehr schwaches Jahr. Ich habe praktisch so gut wie nichts verdient . . . Warten Sie . . .«

Der Steuerbeamte klappte ein paarmal den Mund auf und zu. Ein unartikuliertes Krächzen entrang sich seiner Kehle und ging erst nach mehreren Versuchen in verständliche Worte über:

»Entfernen Sie sich, Herr Stockler. Sie hören noch von uns . . .«

Die Leute von der Steuerfahndung erschienen am frühen Morgen, wiesen einen Hausdurchsuchungsbefehl vor, verteilten sich auf die einzelnen Zimmer und begannen ihr Werk. Nach ungefähr einer Stunde drang aus dem Schlafzimmer ein heiserer Jubelschrei:

»Da sind sie!«

Einer der Fahnder, ein Dünner mit randloser Brille, stand vor dem Wäscheschrank und hielt triumphierend drei umfangreiche Faszikel hoch . . .

Die Verhandlung näherte sich dem Ende. Mit ungewöhnlich scharfen Worten resümierte der Anwalt der Steuerbehörde:

»Hier, hohes Gericht, liegen die versteckten Bilanzen des Parfümeurs Stockler. Herr Stockler hatte sich Hoffnungen gemacht, dass wir eine >aus dem Gedächtnis< abgegebene Steuererklärung akzeptieren und keine Nachschau nach seinen Büchern halten würden. Es war ein Irrtum. Hohes Gericht, die Steuerbehörde verlangt, dass das Einkommen des Beklagten auf Grund der von uns aufgefundenen Bücher bewertet wird. Aus ihnen, und nur aus ihnen, geht sein wahres Einkommen hervor . . .«

Auf der Anklagebank saß ein bleicher, glücklicher Stockler und murmelte ein übers andere Mal vor sich hin: »Sie glauben mir . . . endlich glauben sie mir . . .«

Dankbar umarmte er Jossele auf der Kaffeehausterrasse:

»Und nächstes Jahr fatiere ich nur noch mein halbes Einkommen. Ich habe auch schon ein herrliches Versteck. Unter der Matratze . . .«

Gottes Hand und Josseles Fuß

Gestern bekam ich Nachricht von Jossele. Es war ein Anruf aus dem Krankenhaus: er ließ mich bitten, ihn zu besuchen. Überflüssig zu sagen, dass ich mich sofort auf den Weg machte.

Ich fand Jossele im Garten des Spitals, bleich und niedergedrückt in einem Rollstuhl sitzend, ein Bild des Jammers. Und was mich am meisten erschütterte: er hielt ein Gebetbuch in der Hand.

»Jossele!« rief ich beklommen. »Was ist los mit dir? Ein Herzanfall? Oder sonst etwas Lebensgefährliches?« »Nein, nichts davon.« Er schüttelte müde den Kopf, seine Stimme klang tonlos.

»Aber was mir am Montag passiert ist, hat mich davon überzeugt, dass es eine göttliche Gerechtigkeit gibt.«

»Bitte, erklär dich genauer«, sagte ich und setzte mich neben ihn.

Jossele holte tief Atem.

»Mein Wagen war in einer Reparaturwerkstatt, und das Schicksal ereilte mich in einem städtischen Autobus«, begann er. »Linie 33. Montag. Zur Stoßzeit. Und wahrlich, ich habe gestoßen. Mit Händen, Füßen und Ellbogen habe ich mir einen Sitz erkämpft. Und kaum dass ich saß, pflanzte sich irgendein alter Idiot vor mir auf und begann sich völlig ungefragt über meine Person zu äußern. Er äußerte sich abfällig. Es sei ein Skandal und eine Schande, ein junger, gesunder Mensch wie ich bleibt sitzen, und ein alter, kränklicher Mann wie er muss stehen. Ich reagierte nicht. Die Leute sollten mich für einen Neueinwanderer halten, der die Landessprache noch nicht versteht. Der Alte schimpfte weiter, erging sich in immer heftigeren Missfallenskundgebungen über die heutige Jugend im allgemeinen und mich im Besonderen. Ich blieb ungerührt. Es fiel mir gar nicht ein, meinen bequemen Sitz gegen einen Stehplatz im Gedränge einzutauschen. Unterdessen hatten die Hetzreden des Alten den ganzen Bus gegen mich aufgebracht. Plötzlich packte er mich am Kragen, riss mich hoch und setzte sich unter dem Jubel der Menge auf meinen Platz. Jetzt war der Augenblick gekommen, ihm und seiner verhetzten Gefolgschaft eine Lektion zu erteilen. Ich schwankte, hielt mich nur mühsam aufrecht und bahnte mir stöhnend den Weg zum Ausgang, wobei ich mit schmerzverzerrtem Gesicht das rechte Bein nachschleppte. Über den Bus fiel verlegenes Schweigen, das von beschämtem Geflüster abgelöst wurde. >Der arme Kerl<, flüsterte es ringsum. >Ist gelähmt . . . hat ein krankes Bein . . . kann sich kaum bewegen . . . und dieser alte Trottel verjagt ihn von seinem Sitz. Ein Egoist! Ein Unmensch!

Pfui!< Es fehlte nicht viel, und sie wären über ihn hergefallen. Einige standen auf, um mir ihren Sitz anzubieten. Ich winkte mit müder Märtyrergeste ab. Und da ich sowieso am Ziel war, bereitete ich mich unter neuerlichem Stöhnen zum Aussteigen vor.«

»Gut gemacht!« Ich nickte anerkennend. »Und dann?« »Dann«, sagte Jossele, »bin ich auf dem Trittbrett ausgerutscht und hab' mir das Bein gebrochen.«

Damit wandte er sich wieder seinem Gebetbuch zu.