Kapitel 22
HALLO, JOSIE. WIE schön, dich zu sehen. Vermutlich erinnerst du dich nicht mehr an mich?«
Ich lächelte. »Natürlich erinnere ich mich. Hallo, Mrs Titoi.« Bonnie Titoi war eine rundliche, charmante Maori, die in der Stadt lebte; Tante Rose hatte ihr geholfen, mindestens drei ihrer Kinder auf die Welt zu bringen. Ich ließ meine Tasche auf den Küchentisch fallen und trat zu Rose, küsste sie auf die Wange und gab ihr ihre Post. Sie war der einzige mir bekannte Mensch, der noch handschriftlich verfasste Briefe statt nur Rechnungen oder Benachrichtigungen vom Time-Magazin bekam, dass sie irgendein wertvolles Geschenk gewonnen hatte.
»Hast du die Zeitung mitgebracht, Kindchen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Hab sie nicht gesehen. Ich dachte, jemand anders hätte sie schon reingeholt.«
»Ich glaube, David zielt absichtlich auf den Graben«, mutmaßte sie. »Na ja, ist schließlich nicht so wichtig.«
»Ich gehe gleich und suche sie«, sagte ich. »Percy kann mitkommen, er braucht Bewegung. Wie geht es Ihnen, Mrs Titoi?«
»Sehr gut, danke, meine Liebe. Hat sie sich nicht prächtig herausgemacht, Rose?«
»Sie ist nicht übel, finde ich«, stimmte Rose zu.
Ich goss mir ein Glas Wasser ein und setzte mich damit auf den Küchentisch. Ich hatte mich am Nachmittag eine halbe Stunde mit Dallas Taipas Füßen befasst und eine weitere mit dem Versuch verbracht, Keith Taylor zu erklären, dass seine kürzlich gerichtete Schulter unwiderruflich steif bleiben würde, wenn er nicht aufhörte, sie auf seinem Quad zu malträtieren. Ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht auf mich hören und das die nächsten dreißig Jahre lang bereuen würde.
»Josie, meine Liebe«, sagte Bonnie.
»Mm?«
»Komm bitte von dem Tisch herunter – das ist tapu. Unser Hinterteil gehört nicht dahin, wo wir unser Essen hinstellen, hmm?«
Ich glitt vom Tisch. »Sorry. Tante Rose, ich gehe schnell und hole die Zeitung.«
»Du musst nicht beleidigt sein, Liebes.«
»Natürlich nicht«, murmelte ich, obwohl ich insgeheim der Ansicht war, dass der Tisch nicht Mrs Titoi gehörte und es an meiner Körperhygiene nichts auszusetzen gab.
Draußen auf der Veranda nahm ich eine von Roses alten Öljacken vom Haken und zog sie vorsichtig an, falls sich ungebetene Bewohner darin eingenistet hatten – es ist äußerst unangenehm, wenn einem ein großes, stacheliges Insekt über die zarte Haut hinter dem Ohr krabbelt. Dann rief ich mein aus Hunden und Schwein bestehendes Gefolge und ging durch den Obstgarten zum Briefkasten hinunter.
Ich hatte die Times gerade aus einem Brombeergebüsch gefischt, gut zehn Meter entfernt von dem kleinen Schild, auf das der Zeitungsbote zielen sollte, als Hazels weißes Auto die Straße hinunterkam und neben mir einbog. Die Fahrerin trat hart auf die Bremse und kam einen halben Meter vor Percy zum Stehen, der mitten auf der Straße saß und sich mit dem Hinterfuß das linke Ohr kratzte.
»Dusseliges Vieh!«, schimpfte Kim, als sie das Fenster auf der Fahrerseite herunterkurbelte. »Was tut er im Dunkeln mitten auf der Straße?«
Der Boxermischling Trevor schob die Schnauze durch das Fenster, und sie streichelte ihn vorsichtig – man konnte nie wissen, worin sich dieser Hund kurz zuvor gewälzt hatte.
»Sorry.« Ich kletterte aus dem Brombeergestrüpp. »Willst du zum Haus hoch?«
»Ich nehme dich mit.«
»Ich laufe erst noch ein Stück.«
»Im Dunkeln?«
»Mir ist nach frischer Luft zumute, und die Hunde brauchen Auslauf.« In der letzten Zeit war ich nie weiter als bis zur Wäscheleine gekommen, und ich befürchtete allmählich, meine Beine könnten mangels Bewegung verkümmern. Außerdem erschien es mir nicht richtig, Tante Rose, die schon genug Probleme hatte, unter meiner momentanen schlechten Laune leiden zu lassen.
»Na schön, wenn du meinst«, erwiderte Kim skeptisch. Sie hatte nichts gegen Gottes freie Natur, zog es aber vor, selbige aus der Bequemlichkeit und Sicherheit eines klimatisierten Autos heraus zu bewundern. Und Bewegung zählte nur, wenn man ein enges Nike-Top trug und auf einem Laufband joggte.
Es war eine unheimliche, windige Nacht, und die Böen bliesen Minitornados aus Blättern über den Lehmpfad, der von Roses hinterer Koppel durch das Buschwerk zu der trigonometrischen Station der Vermessungsbehörde hoch oben auf den Hügel führte. Percy gab auf halber Strecke auf und lief nach Hause, aber die Hunde blieben bei mir, trotteten vor mir her und verschwanden ab und an im Farndickicht. Die Luft roch angenehm – kalt und frisch, nach zertretenem Farn und dem pilzartigen Duft von Laub. Ein Fasan kreischte erschrocken auf, brach zwei Schritte vor mir aus seiner Deckung und flatterte flügelschlagend hoch. Ich schrie vor Schreck leise auf. Ich hasste es, wenn sie das taten, obwohl es eine bewundernswerte Fluchtstrategie war; das Tier, das sich auf eine leckere Fasanenmahlzeit gefreut hatte, war zu sehr damit beschäftigt, sich von seiner Schockstarre zu erholen, um an eine Verfolgung seines Opfers zu denken.
Als ich mit den Hunden eine Dreiviertelstunde später durch das kleine verrostete Tor neben dem Walnussbaum trat, war Bonnie Titoi gegangen. Ich sah Kim am Küchenfenster stehen; sie runzelte konzentriert die Stirn, während sie etwas umrührte.
»Polenta und geröstetes Gemüse«, erklärte sie, als ich die Tür öffnete.
Ich fischte die Zeitung aus einer meiner riesigen Manteltaschen und legte sie auf den Tisch, an dem Rose saß und Kürbisstücke schälte. »Das klingt gut.«
»Wird es auch«, sagte Kim.
»Zu so einem Gericht würde karamellisierter Zwiebeljus gut passen«, bemerkte Rose. »Ist Jus noch der letzte Schrei in der modernen Küche, Josephine? Ich habe meine Kochzeitschrift letztes Jahr abbestellt.«
»Nein, nein«, entgegnete ich. »Das ist so was von out. Wenn du willst, dass die Leute dich wenigstens ansatzweise ernst nehmen, brauchst du reduzierten Granatapfelessig. Obwohl ich auch nicht auf dem neuesten Stand bin, wenn ich es recht bedenke – vielleicht reduziert man in der feinen Küche ja heute auch gar nicht mehr.«
»Hey, Josie«, fragte Kim beiläufig, während sie ihre Polenta würzte. »Hast du zufällig die Handynummer von deinem Freund Andy?«
Ich wechselte einen Blick mit Rose, die belustigt den Kopf schüttelte. »Ungefähr eine Woche, hat Matthew geschätzt, nicht wahr?«, murmelte sie. »Und wie lange ist das her – zehn Tage?«
»Es war schön, solange es gedauert hat«, bemerkte ich. »Kimmy, er ist um einiges älter als du.«
»Ich bin doch gar nicht an ihm interessiert!«, entrüstete sich Kim.
»Mich dünkt, sie streitet zu viel ab«, teilte Tante Rose mit Blick zur Decke mit.
»Ach, hört doch auf«, giftete Kim. »Ich will mich nur bei ihm bedanken. Und mir war in seinem Auto ziemlich schlecht. Ich dachte, zur Entschuldigung sollte ich ihm Schokolade oder so etwas besorgen.«
»Er mag Müsliriegel«, sagte ich zu ihr. »Soll ich ihr die Nummer geben, Tante Rose?«
»Ist er ein netter Junge?«
»Ziemlich nett.«
»Und er würde sie nicht ermutigen, sich wie ein Mitglied von Kiss anzuziehen?«
»Das glaube ich nicht.«
»Oder sie schwängern?«
»Wir müssten ihn fragen.«
»Mach dir eine Notiz, Josephine, und ich rufe ihn morgen an.«
»Ihr seid beide nicht halb so witzig, wie ihr glaubt«, sagte Kim eingeschnappt.
Als ich nachts in meiner Schlafmontur aus Pyjama, Wollpullover und zwei Paar Socken von der Toilette kam, hörte ich in der Küche ein Geräusch, das nach leisem Donnergrollen klang. Ich knipste das Licht im Flur an und öffnete die Tür.
Der alte Spud, den in diesen windigen Winternächten seine Arthritis plagte, hatte die letzte Woche auf seiner Spiderman-Decke vor dem Ofen geschlafen. Jetzt lag er nicht wie üblich mit eng um die Ohren geschlungenem Schwanz darauf, sondern stand mit gesträubten Nackenhaaren steifbeinig vor der Tür nach draußen und knurrte tief in seiner Kehle. Es war ein alarmierendes Geräusch, und ich spürte ein eisiges Prickeln im Nacken.
In Horrorfilmen öffnet die Heldin an dieser Stelle die Tür und fragt mit zitternder Stimme: »Ist da jemand?« Dann macht sie drei zögernde Schritte, bevor sie von einer vorbeihuschenden Katze erschreckt wird. Sie schnappt nach Luft, lacht unsicher und bückt sich, um Mieze zu streicheln – und erst in diesem Moment holt der irrsinnige Axtmörder/Serienkiller/Spinnenmutant zum tödlichen Schlag aus. Während meiner fünf Jahre mit Graeme Sunderland, dem Thriller-Fan, hatte ich mehr Horrorfilme gesehen, als mir lieb war, und ich hatte nicht die Absicht, hinauszugehen und nachzusehen, was den Hund so beunruhigte.
»Spud«, sagte ich leise. »Hey, Kumpel, was ist denn los?«
Spud wandte den Kopf zu mir und winselte, bevor er wieder die Tür fixierte. Ich schlich auf Zehenspitzen durch die schwach erleuchtete Küche, kniete mich auf die Chaiselongue und schob den Vorhang zur Seite, um hinauszuspähen. Eine reine Zeitverschwendung, denn die Nacht war mondlos und stockfinster. Ich konnte noch nicht einmal die Umrisse des Holzschuppens erkennen. Spud trottete durch den Raum, lehnte sich gegen mein Bein und sah mich erwartungsvoll an.
»Spud«, sagte ich laut, »es ist entweder ein Herumtreiber oder ein Poltergeist oder ein Opossum. Wir könnten Matt anrufen und ihn bitten, zu verscheuchen, was immer es auch sein mag. Gegen einen Poltergeist kann er allerdings nichts ausrichten, und er wird sauer sein, wenn ich ihn in der Kälbersaison wegen eines Opossums aus dem Bett hole. Vermutlich ist Cilla bei ihm, und sie wird denken, ich versuche, ihn zu verführen, wenn ich ihn mitten in der Nacht anrufe. Nicht dass ich für einen Verführungsversuch passend angezogen wäre, aber trotzdem. Und die Auffahrt ist auch niemand hochgekommen, denn dazu hätte er am Hundezwinger vorbeigemusst, und deine Kollegen würden alle bellen. Außerdem würde sich ein Landstreicher nicht gerade ein Haus aussuchen, das zehn Kilometer von der Stadt entfernt auf einem hohen Hügel liegt. Also gehen wir beide wieder schlafen, okay?«
Spud drehte sich um, blickte erneut zur Tür und bellte heiser.
»Ich gehe da nicht hinaus«, beharrte ich. »Tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss. Ab ins Bett, Alter!«
Spud warf mir einen Ich-habe-versucht-dich-zu-warnen-Blick zu, gähnte und ließ sich wieder auf seiner Decke nieder. Ich überprüfte die Tür und vergewisserte mich, dass sie noch immer abgeschlossen war, und ging wieder zu Bett. Ein Opossum, redete ich mir energisch ein, als ich mich in die Bettdecke wickelte, um den kalten Luftzug und den Poltergeist fernzuhalten. Eindeutig ein Opossum. Ich würde morgen unter dem Zitronenbaum eine Falle aufstellen.
Am nächsten Abend blickte ich im Supermarkt nachdenklich in meinen Einkaufswagen und versuchte mich daran zu erinnern, was sonst noch auf der Liste gestanden hatte, die ich bei der Arbeit vergessen hatte. Rose hatte verkündet, sie werde am Samstagabend für Stu und mich ein Gourmetmenü zubereiten, und mir die strikte Anweisung erteilt, nicht ohne Kapern, sonnengetrocknete Tomaten und Paranüsse nach Hause zu kommen. Sie hatte auch Oliven haben wollen, aber da würde ich zu einer Lüge greifen und behaupten, sie wären ausverkauft gewesen.
Ich fand die diversen Delikatessen und dachte an die Batterien für die Wanduhr und die drei Mausefallen, wurde aber das Gefühl nicht los, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Sicher war es nichts, ohne das wir bis morgen nicht leben konnten. Ich warf zwei Brotlaibe in den Wagen und machte mich auf den Weg zur Kasse.
Als ich das Ende des Ganges mit Snacks und Limonaden erreichte, stieß jemand einen schrillen, atemlosen Schrei aus. Es war meine energiesparwütige ehemalige Mitbewohnerin Sara, aber sie hatte mich glücklicherweise nicht gesehen. Ihre Augen waren geschlossen, und ein ungepflegt wirkender junger Mann vergrub den Kopf zwischen ihren Brüsten, während sie sich gegen das Regal mit den Knabbereien lehnte. Ich zuckte zusammen – schön, dass sie jemanden gefunden hatte, und sie genoss offensichtlich jede Sekunde, aber wie unangenehm für uns restliche glücklose Supermarktbesucher, ihr Vorspiel mit ansehen zu müssen, wenn wir ein paar Snacks einkaufen wollten.
Halb Waimanu schien an diesem Abend Einkäufe zu erledigen. Ich traf meine alte Englischlehrerin Mrs Palmer beim Tiefkühlgemüse und Brett in der Schlange an der Kasse.
»Was macht deine Wunde?«, fragte ich ihn.
»Ich habe ein paar interessante Hämatome«, erwiderte er. »Wenn du willst, zeige ich sie dir – wir treffen uns auf dem Parkplatz.«
»Verlockendes Angebot«, sagte ich. »Aber deine Frau würde mich ausweiden.«
Er grinste breit. »Niemals. Sie würde dein berufliches Interesse verstehen.«
»Möglich, aber es wäre schwierig, Passanten zu erklären, warum du einer anderen Frau deine Kronjuwelen zeigst. Vielleicht solltest du mir ein Bild mailen.«
»Entschuldigung, Sir, könnten Sie zu mir herüberkommen?«, rief eine Frau von der Nachbarkasse, und er gehorchte. Ich betrachtete das Titelbild einer Fernsehzeitung für die folgende Woche und hoffte insgeheim, dass ich nicht wirklich ein Foto von Bretts Vasektomienarben bekommen würde, als Farmer-Barbie mit einer Zeitschrift und einer Flasche Wasser hinter mir auftauchte.
Ich hatte Cilla seit dem Abend, an dem sie mir unterstellt hatte, ihr Matt abspenstig machen zu wollen, nicht mehr gesehen und legte auch jetzt keinen Wert auf eine Begegnung. Ihr ging es vermutlich genauso, aber es waren nur drei Kassen geöffnet, und in den anderen beiden Schlangen hatten sich gerade Familien mit genug Lebensmitteln für einen Monat eingereiht.
»Hi«, murmelte ich, als das Schweigen immer unbehaglicher wurde.
»Hi«, erwiderte Cilla, wandte sich halb ab und ließ ihr Haar wie einen Vorhang zwischen uns fallen.
Nicht Freundlichkeit, sondern allein der Wunsch, fünf Minuten gestelzter Konversation zu entfliehen, bewog mich, sie aufzufordern: »Geh du vor, du hast ja nur ein paar Sachen.«
»Danke«, murmelte sie, schob sich vor mich und legte ihre Einkäufe aufs Band. Eine Flasche Wasser mit Mandarinengeschmack und eine Ausgabe des Hochzeitsmagazins Bride and Groom.
Wahrscheinlich spielt sie für irgendjemanden die Brautjungfer, dachte ich, als ich begann, meinen Einkaufswagen aufs Band zu legen. Dennoch verschwamm einen Moment lang alles vor meinen Augen, und ich fürchtete voller Entsetzen, an der Supermarktkasse in Tränen auszubrechen.
Es war kein guter Abend: Tante Rose hatte starke Schmerzen, und Hazel kam vorbei, um ihr einen Heilkristall zu bringen und uns von dem unhöflichen Benehmen einer Frau aus ihrem Pilateskurs zu erzählen. »Ich konnte es einfach nicht fassen, dass sie so mit mir spricht. Warum war sie nur so – so feindselig?«
»Hm.« Rose verlagerte mit schmerzlich verzogenem Gesicht ihr Gewicht auf der Chaiselongue. Das Buch, das neben ihr lag, fiel zu Boden, und ihre Schwester bückte sich, um es aufzuheben.
»Sieh an«, sagte sie, als sie es zwischen den Händen drehte. »Ich hatte keine Ahnung, wo das abgeblieben ist. Ich vermisse es schon seit Jahren.« Und sie verstaute es in ihrer Handtasche.
»Ich lese das gerade«, bemerkte Rose milde.
Hazel lachte hell auf. »Entschuldige, Rosie, Liebling. Natürlich kannst du es lesen. Es ist nur so …« Hier brach sie ab und blickte einen Moment lang so gefühlvoll drein wie Percy, wenn er um unsere Toastkrusten bettelte. »Es gehörte Pat, Gott hab ihn selig. Sein Lieblingsbuch, weiß Gott, warum. Ich konnte ihn nie für andere Lyrik begeistern.«
»Das ist meine Ausgabe«, sagte Rose. »Ich hab sie vor einigen Jahren bei einem Ausverkauf des Rotarierclubs erstanden. Danke.« Sie streckte die Hand nach dem Buch aus und schob es mit Nachdruck zwischen ihre Hüfte und die Rückenlehne der Chaiselongue.
Als ich kurz vor dem Zubettgehen die Türen abschloss und Holz für die Nacht nachlegte, fand ich das Buch und hob es auf. Es war eine Ausgabe von The Songs of a Sentimental Bloke von C. J. Dennis – ich hatte es vor Jahren einmal gelesen. Mir gefällt es gut; es ist eine hübsche Liebesgeschichte in Versform, verfasst im Cockneyslang, der vor hundert Jahren in den Slums von Sydney gesprochen wurde.
Das Buch war alt und abgegriffen, hatte einen verblassten orangefarbenen Einband und die Seiten waren voller Eselsohren. Ich blätterte es schläfrig durch, las hier und da eine Zeile und studierte dann die Innenseite des Einbands, um festzustellen, wann es zuerst veröffentlicht worden war. Es war tatsächlich Roses Ausgabe, aber sie hatte sie nicht beim Ausverkauf des Rotarierclubs erworben. In eine Ecke der Titelseite hatte jemand mit Füllfederhalter in gestochener Handschrift ›Für Rosie‹ geschrieben. Ich kannte die Handschrift – als Kind hatte ich manchmal am Zwanzigsten des Monats mit Matt und seinem Vater in die Stadt fahren dürfen, um Rechnungen zu bezahlen, und daher hatte ich Pat King zahlreiche Schecks ausstellen sehen. Ich klappte das Buch wieder zu und schob es unter ein Kissen.