Eine Schildkröte — Salz — Ein Lama

Je höher die Sonne am Himmelsrund emporkletterte, desto unerträglicher wurde die Tageshitze. Robinson mußte früh aufstehen, um die kühlen Morgenstunden und den Abend für seine Arbeiten zu benutzen. Noch vor Sonnenaufgang erhob er sich, legte neues Holz aufs Feuer und nahm zum Frühstück eine halbe Kokosnuß zu sich. Betrübt stellte er fest, daß der Rest seines Lamabratens ungenießbar geworden War. Die drückende Hitze hatte ihn verdorben.

Als er den Platz aufsuchte, an dem seine Backsteine lagen, spürte er beim Griff in seine Tasche die Knollen, die er vom Jagdausflug heimgebracht hatte. In rohem Zustand hatten sie bitter geschmeckt, aber vielleicht, dachte er, könnte man sie rösten. So legte er sie in die glühende Asche.

Mehrere Stunden lang arbeitete er fleißig an den Backsteinen, und bis zur Mittagsstunde hatte er so viele aus dem Ton ausgestochen, daß sie sicherlich für die Mauer seiner Küche reichen würden. Er hoffte nun, am Strand Muscheln zu finden, doch leider fand er nur wenige. Dafür aber machte er einen Fund, der ihm vielmehr wert war als die Schalentiere.

Die Beute, auf die Robinson Hort stieß, war eine Schildkröte, die träge im Sand lag. Er hatte ihr Fleisch vorher noch nie gekostet, doch wußte er von Berichten, daß es wohlschmeckend und außerdem sehr nahrhaft sei.

Schnell trat Robinson vor das Tier, um ihm den Fluchtweg abzuschneiden, doch dann ließ er lächelnd davon ab, denn das schwerfällige‘ Wesen dachte nicht daran, sich davonzumachen. Es war gewaltig groß und wog sicherlich an die hundert Pfund. Mit Mühe nur schaffte er es die Beute auf seine Schultern zu wuchten. Langsam schleppte er die schwere Last zu seiner Behausung. Unendliche Mühe kostete es ihn, das vorhefflich gepanzerte Tier zu erlegem Das Fleisch, das er mit seinem Steinbeil abtrennte, steckte er an den Bratspieß. Die Arbeit hatte ihn hungrig gemacht, und so konnte er es kaum erwarten, bis das Fleisch gar war. Während er ungeduldig den Bratspieß drehte, dachte er unwillkürlich an sein verdorbenes Lamafleisch. Wie konnte er das wertvolle Fleisch der Schildkröte frisch halten? Um es vor Fäulnis zu schützen, brauchte er Salz und dazu einen Behälter, in den er das Fleisch legen konnte. Aber beides fehlte ihm.

Betrübt blickte er auf das saftige Schildkrötenfleisch, das ihm sicherlich für zwei Wochen oder mehr eine kräftige und wohlschmeckende Nahrung geben könnte, aber bei der Tageshitze würde es sicher schnell verderben. Plötzlich kam ihm eine Idee. Würde der Panzer der Schildkröte nicht ein großartiges Gefäß abgeben? Im selben Augenblick schwand auch seine Sorge um das Salz, das er zum Einpökeln benötigte. Hatte er nicht Salzwasser in Hülle und Fülle? Beruhigt machte er sich an seinen leckeren Braten.

So herrlich er ihm schmeckte, so vermißte Robinson doch ein Stückchen Brot dazu. Was hätte er jetzt um eine Scheibe trockenes Brot gegeben, und wäre es nur das schwarze Kleiebrot, das man daheim für den Hofhund gebacken hatte.

Nun fielen ihm die Knollen ein, die er vor seinem Aufbruch am Morgen in die Asche gelegt hatte. Neugierig holte er eine hervor. Sie waren in der Aschenglut weich geworden und dufteten so verlockend, daß er keinen Augenblick zauderte, hineinzubeiß‘en, und sie schmecten ihm so gut, daß sie ein willkonmnener Ersatz für das Brot waren, das er sich als Beigabe zum Braten so sehr gewünscht hatte.

Zufrieden legte er sich nach dem herrlichen Essen auf sein Lager, um Mittagsruhe zu halten. Die Sonnenhitze war inzwischen so stark, daß er keine Lust verspürte, an seine Arbeit zu gehen.

Aber er kam nicht zur Ruhe. So sehr hatte er sich schon den Gegebenheiten seines Schicksals angepaßt, daß er nur danach strebte, seine Lebensverhältnisse zu verbessern.

Während die Tonerde sich in der Sonne zu Backsteinen erhärtete, mußte er für weitere Nahrung sorgen. Er plante, auf die Jagd zu gehen, um wieder einige Lamas zu erlegen. Allerdings hatte er die Sorge daß er seine Beute bei der starken Hitze tagsüber nicht vor Verderben schützen konnte. Wie sollte er, da es ihm doch außer dem Schildkrötendeckel an Gefäßen fehlte, eine größere Menge Fleisch vor dem Verfaulen bewahren? Da kam ihm plötzlich der Gedanke, seine Küche so einzurichten, daß er darin räuchern könnte. Eifrig trat er vor den Herd und stellte fest, daß diese Einrichtung recht gut durchführbar sei. Er brauchte nur in die beiden Seitenmauem, die er aus den Backsteinen bauen konnte, ein paar Löcher anzubringen und einen großen Stab hindurchstecken, an dem er die Fleischstiicke aufhängen konnte. Das würde eine herrliche Räucherkammer ergeben.

Robinson war begeistert von seinem guten Einfall. Außerdem wollte er versuchen, ein paar Lamas lebend zu fangen und sie zu zähmen. Das könnte doch für seinen Lebensunterhalt von größtem Wert sein. Auch wäre es schön, wenn er die Lamas als Haustiere bei sich hätte. Dann wäre er nicht mehr so allein, und mit der Zeit würden die scheuen Tiere zutraulich werden.

Wieder galt es zu überlegen, wie er dieses Ziel erreichen könnte. Er würde sich hinter einem Baum verstecken und dem ersten Lama, das sich ihm näherte, eine Schlinge über den Kopf werfen. Eifrig ging er an die Arbeit, drehte aus Pflanzenfasern einen starken Strick und fügte am Ende eine Schlinge an, durch die er das lange Ende hindurchzog. Mehrmals machte er die Probe; die Schlinge ließ sich leicht zuziehen.

Der Ort, Wo er das Lama gejagt hatte, lag ziemlich weit entfernt. Es war zur Mittagszeit gewesen, als die Tiere die Quelle aufgesucht hatten, und da Robinson nicht wußte, ob sie auch am Abend kämen, verschob er seinen Jagdausflug auf den nächsten Tag. Es waren auch noch allerlei Vorbereitungen zu treffen. Zunächst ging er zu der Stelle, wo er die Knollen gefunden hatte, und holte sich eine Jagdtasche voll. Einen Teil legte er wieder in die glühende Asche, um sie zu rösten. Die andern schüttete er als Vorrat in einen Winkel seiner Hütte. Mit seinem Messer schnitt er ein ansehnliches Stück seiner Schildkröte als Abendmahlzeit ab. Den Rest übergoß er wieder mit dem salzhaltigen Seewasser, das er vom Strand geholt hatte. Ein kleines in die Erde gegrabenes Loch sollte ihm vorläufig als Keller dienen. Hier setzte er die Schildkrötenschale mit dem eingesalzenen Fleisch hinein. Auch das Bratenstück für den Abend lagerte er dort. Die Erdöffnung deckte er mit Zweigen zu.

So zufrieden war Robinson mit seinem bisherigen Erfolg, daß er den Nachmittag zu einem Spaziergang am Strand benutzte. Froh schritt er über den Sand. Ein frischer Ostwind kühlte die schwüle Luft etwas ab. Robinson ließ die Augen über das unendliche Meer gleiten. Die Wellen, die mit leichtem Kräuseln die Wasseroberfläche bewegten, plätscherten fast lautlos an den Strand. Voller Sehnsucht blickte der Einsiedler zum feinen Horizont hinüber, hinter dem er die Heimat wußte. Wie mochte es wohl den armen Eltern ergehen, die sicherlich um den verschwundenen Sohn trauerten.

Lange Zeit lag Robinson in heißem Gebet auf den Knien. Er bat um Verzeihung für das, was er gefehlt hatte, er betete für den Frieden der gequälten Eltern und sandte ihnen seine Wünsche über das unermeßliche Meer in die ferne Heimat. Wer kann die Gefühle nachempfinden, die den einsamen Menschen beim Gedanken an sein Vaterhaus bewegten?

Als er am Strand entlang weiterschritt, hatte er das Verlangen zu schwimmen. Wie erschrak er, als er seine Kleider auszog und sein Hemd betrachtete. Es war nicht erstaunlich, daß es vor Dreck starrte und daß das Weiß der Leinwand kaum noch zu erkennen war. Er hatte das Hemd seit jenem verhängnisvollen Schiffbde ja ununterbrochen getragen. So war er nun eifrig bemüht, es zu waschen, und hängte es zum Trocknen an einem Barum auf. Dann sprang er ins Wasser.

Robinson war von Tugend auf ein guter Schwimmer, und so machte es ihm Vergnügen, sich in dem frischen Wasser zu tummeln. Mit kräftigen Zügen stieß er zu der Landzunge hinüber, die weit ins Meer hineinragte. Er hatte diese Stelle noch nie betreten und durfte nun erleben, daß sein Vorstoß ins Unbekannte ihm wieder etwas Gutes bescherte. Er fand nämlich eine große Menge Schildkröten, Austern und Muscheln, die mit der Flut dort angeschwemmt worden waren und sich bei Ebbe absetzten. Robinson brauchte im Moment keine Beute mitzunehmen, denn er hatte in seiner Behausung noch genügend zum Essen eingelagert, und der Bau seiner Vorratskammer war ja noch nicht so weit vorangeschritten, um an einen abwechlungsreichen Speisezettel zu denken. Voller Freude über diese neue Entdeckung schwamm er zum Strand zurück. Um ihn herum wimmelte es von Fischen. Sie umkreisten ihn so unbekümmert, daß er sie fast mit den Händen hätte greifen können. Ein Fischernetz müßte er haben, dann würde er wohl viele Hunderte fangen können. Bisher hatte er ja mit seinen Arbeiten immer Erfolg gehabt, und darum würde es ihm sicher auch gelingen, sich ein Netz zum Fischen anzufertigen.

Wieder hatten die letzten Stunden Robinson so angenehme Entdeckungen und Erlebnisse gebracht, daß er froh beschwingt an Land stieg. Länger als eine Stunde war er im Wasser gewesen, doch diese Zeit hatte bei der Wärme genügt, um sein Hemd zu trocknen. Wie wohltuend empfand er es, saubere Wäsche anzulegen, aber im gleichen Augenblick fragte er sich besorgt, wie lange seine Kleidung den Einflüssen der Witterung noch standhalten würde. Was sollte geschehen, wenn das Hemd, das er als einzigen Besitz hatte, nicht mehr zu gebrauchen war? Ihm war auf der Insel schon vielerlei gelungen, sicherlich würde er es auch fertigbringen, sich neue Kleidungsstücke zu machen.

In aller Frühe erhob er sich am anderen Tag und rüstete sich zur Jagd. In seiner Tasche trug er als Proviant geröstete Kartoffeln und, sorgsam in Blätter eingewickelt, ein mächtiges Stück Schildkrötenfleisch. Dann steckte er das Steinbeil in den Gürtel und hängte sich den Strick, den er am Vortag zu einem Lasso gedreht hatte, über die Schulter. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, und so konnte er es sich leisten, einen Umweg zu machen, denn er wollte natürlich möglichst die ganze Insel kennenlernen. Auf den Bäumen ringsum hockten in der frühen Morgenstunde Tausende von Vögeln, buntschillernd und mit frohem Zwitschern. Viele Papageien in leuchtenden Farben beobachtete Robinson. Wie gerne hätte er einen von ihnen besessen, um ihn zu zähmen und um ihn stets um sich zu haben. Aber die Alten waren zu klug, dem zweibeinigen, fremden Wesen zu nahe zu kommen, und ein Nest mit Jungen zeigte sich nirgends. Ich werde mir etwas ausdenken müssen, sagte er sich, wie ich die Vögel fangen kann.

Aber wichtiger als die Papageien war die Entdeckung, die Robinson nun machte. Als er nämlich auf einen Felsvorsprung kletterte und auf das Ufer blickte, sah er etwas, das seine Neugierde reizte. Eilig stieg er wieder hinab und sah zu seiner großen Freude, daß es Salz war, das sich hier abgelagert hatte. Zwar hatte er es bisher entbehren können, weil er Seewasser zum Würzen benutzte, aber der Ersatz war nicht ausreichend, wie er bald feststellen mußte. Das Seewasser hatte nämlich einen unangenehmen, bitteren Naehgeschmack, und es konnte das Pökelfleisch vor Fäulnis nicht bewahren, weil es, wie alle stehende Wasser, selber faulig wurde.

So war der Fund für den einsamen Inselbewohner ein wahres Geschenk.

Vorsichtig näherte sich Robinson dann Eier Stelle, wo er den Lamas begegnet war. Ob das Jagdglück ihm wohl heute wieder günstig war?

Geduldig lagerte er sich im Schatten eines Baumes, um die Mittagsstunde abzuwarten. Er holte Braten und Kartoffeln aus der Tasche und stellte beglückt fest, welch eine wertvolle Beigabe das gefundene Salz war.

Gerade hatte er seine Mahlzeit beendet, als sich in der Ferne das Rudel der Lamas zeigte. Mit hüpfenden Schritten kamen sie näher. Robinson ging hinter einem Baum in Deckung. Sein Lasso mit der erhobenen Schlinge hatte er wurfbereit in der Hand: Mehrere Tiere zogen vorüber, doch keines näherte sich ihm so weit, daß sich ein Wurf gelohnt hätte. Ob sie etwa den Jäger gewittert hatten?

Da plötzlich kam der entscheidende Augenblick. Eines der Tiere äste unmittelbar beim Baum. Nur eine knappe Bewegung, und die Schlinge zog sich um den schlanken Hals zusammen. In wildem Entsetzen fuhr das überraschte Tier zurück. In seiner Todesangst wollte es blökende Schreie ausstoßen, doch Robinson zerrte die Schlinge so fest, daß das gefangene Lama keinen Laut hervorbrachte. Dann riß er es in aller Eile in das schützende Gebüsch, um es vor den Blicken der Herden zu verbergen. Doch eine neue Freude gesellte sich zu dem schönen Erfolg: zwei Lämmer kamen zögernd herbei und wollten sich von dem gefangenen Muttertier nicht trennen. Furcht schienen diese Jungen nicht zu kennen. Robinson streichelte sie zärtlich, und ebenso zutraulich und mit verhaltener Scheu leckten sie ihm die Hand. Es war, als wollten die kleinen Wesen um Nachsicht für ihre gefangene Mutter bitten.

»Das nenne ich Jagdglück!« rief Robinson voller Freude. Das Lama am Strick machte ihm anfangs den Weg zu seiner Behausung nicht leicht. Es ließ sich nur gewaltsam mitzerren, doch als Robinson die beiden Lämmer zu sich herlockte, war es nicht mehr schwer, das Muttertier zum Nachfolgen zu bewegen.

Die Schwierigkeit war nur, wie er das gefangene Tier in den Hofraum bringen sollte, der ja auf allen vier Seiten geschlossen war. Natürlich konnte er nicht wagen, es zu der Felshöhle an einem Strick hinaufzuziehen. So beschloß er, neben dem Hofplatz einen kleinen Stall anzulegen. Dort würde er das Lama so lange unterbringen, bis sich irgendeine bessere Lösung fand. Er band seine Jagdbeute an einen Baum und ging sogleich daran, einen Stall zu bauen. Mit seinem Steinbeil hieb er ein paar junge Bäume ab und trieb sie so dicht nebeneinander in die Erde, daß sie eine ziemlich feste Wand bildeten. Das angepflockte Lama hatte sich inzwischen erschöpft niedergelassen, und die Lämmer, die die Gefangenschaft nicht kannten, kauerten sorglos neben ihrer Mutter und ließen sich ihre Milch schmecken. Mit unendlicher Freude erlebte Robinson dies. Immer wieder unterbrach er die Arbeit, um den Tierchen zuzuschauen. Wie glücklich fühlte er sich, daß nun sein großer Wunsch erfüllt war. Nun hatte er lebendige Geschöpfe um sich, nach denen er sich so sehr gesehnt hatte! Auf einmal schien ihm das Leben nicht mehr gar so einsam und trostlos zu sein, und dieses freudige Bewußtsein gab ihm so viel Kraft, daß ihm die Arbeit doppelt schnell von der Hand ging. Schon nach kurzer Zeit hatte er den Stall fertig, und er konnte das Lama samt den beiden Jungen hineinführen.

Nicht nur das Gefühl, Gesellschaft um sich zu haben, machte ihn froh. Die drei Lamas würden ihm auch sonst größten Nutzen und viele Vorteile bringen. Vielleicht würde es ihm eines Tages gelingen, aus ihrer Wolle Kleidung herzustellen. Aber vorerst war ihm die Lamamilch das größte Geschenk. Das Muttertier ließ sich bald melken, nachdem die Jungen entwöhnt waren, und niemals, so schien es Robinson, hatte ein Schluck Milch ihm, so geschmeckt wie hier in seiner Höhle auf der einsamen Insel.

Aber noch war Robinson nicht zufrieden. Er wollte mit seinen Tieren ganz zusammenleben, um sie immer vor Augen zu haben und um sie schnell ganz zutraulich zu machen. So ging er an die mühevolle Arbeit, den Hofplatz zu erweitern, indem er die eine Seite wieder einriß. Tag für Tag arbeitete er, daß der Schweiß an ihm herablief, und bis das Werk vollendet war, dauerte es fast vier Wochen lang. Doch nun sah er seinen Wunsch erfüllt, die drei Hausgenossen wie eine Familie um sich zu haben. Die Tiere dankten ihm seine Mühe durch liebevolle Zutraulichkeit.

Aber Robinson vergaß über dieser Bereicherung seines Daseins nicht, wie er sich einst an der Spinne gefreut hatte, die seine erste Gesellschafterin gewesen war. Täglich versorgte er das Tier weiterhin mit Fliegen und Mücken, und es war, als spüre auch die Spinne seine freundschaftliche Gesinnung. Sie wurde von einer rührenden Vertraulichkeit und kam aus ihrem Netz hervor, sobald Robinson sich mit einer Fliege in der Hand näherte.

Das Lama und seine Jungen waren bald von der Behausung nicht mehr wegzudenken. Wenn Robinson heimkam, so sprangen sie ihm voller Freude entgegen und schnupperten an ihm herum, ob er wohl etwas mitgebracht hatte, und dankbar leckten sie ihm die Hand, wenn er ihnen frisches Gras oder junge Blätter reichte. Geduldig hielt das Muttertier still, wenn er die Kokosschalen untersetzte, um es zu melken. Auch die Panzer tler Schildkröten leisteten ihm gute Dienste die Milch aufzubewahren oder auch sie sauer zu stellen.

So zahm wie bei uns die Haushunde waren die Lamas mit der Zeit geworden. Robinson konnte darangehen, die Alte als Lasttier zu verwenden, wenn er etwas heimzuschleppen hatte, das für ihn zu schwer war. Geduldig ließ sich das Tier die Last auflegen, trottete seinem seltsamen Hüpfschritt daher und ließ sich willig lenken. In der Seitenwand der Hofeinzäumung hatte Robinson an einer Stelle eine Öffnung gelassen, durch die das Lama hindurchkriechen konnte. Von außen war das Loch nicht sichtbar, und von innen verflocht er es jeden Abend mit dichten Zweigen.

Es war jedesmal wieder rührend anzusehen, mit welcher Selbstverständlichkeit sich das Lama in Robinsons Nähe bewegte. Den Rückweg fand das Tier besser als der Herr selbst, und es ging unbeirrt Schritt für Schritt, bis es vor der Türöffnung stand, und ebenso selbstverständlich hielt es dort an, um sich seine Hürde abnehmen zu lassen. Wie auf Kommando ließ es sich dann auf die Knie nieder und kroch gebückt hinein. Robinson folgte auf dieselbe Weise nach. Oft wurde er von den jungen Lamas gestoßen, die wild vor Übermut waren. Sie hüpften und blökten um die Wette, wenn sie ihn sahen, sprangen bald zu ihrer Mutter, um sie zu begrüßen, bald an ihrem Herrn empor, um ihn unter freudigem Lecken willkommen zu heißen. Robinson hatte seine helle Freude an ihrer Zutraulichkeit. Ihm war nach der schweren Tagesarbeit oft genug wie einem Vater zumute, den nach längerer Trennung seine Kinder in unbändiger Zärtlichkeit umfangen. Längst waren aus der Tonerde, die Robinson ausgehoben und säuberlich geformt hatte, widerstandsfähige Backsteine geworden. Robinson suchte erneut lehmige Erde, die zur Herstellung weiterer Steine geeignet war. Getreulich schleppte das Lama Tag für Tag sie zur Behausung hinüber.

Robinson bedauerte, daß er nichts vom Korbflechten verstand. Immer wieder machte er sich Vorwürfe, daß er in seiner Jugend so wenig Eifer und Neigung für vielerlei berufliche Tätigkeiten gezeigt hatte. Jetzt hätte er alles gut anwenden können.

Da es ihm gleich zu Beginn gelungen war, einen Sonnenschirm zu flechten, so brachte er zur heißen Mittagszeit, die ihn an die schattige Behausung fesselte, manche Stunde damit zu, sich in der Kunst des Flechtens zu üben. Jeden Handgriff, den der Lehrling sonst dem Meister abspickte, mußte Robinson selbst entdecken, bis er endlich die Fertigkeit besaß, einen ziemlich festen Korb zu flechten. Zwei solche Körbe hatte er nun für sein Lama angefertigt, band sie mit Tragstricken zusammen und legte sie dem lammfrommen Tier so über den Rücken, daß sie sich beim Herabhängen das Gleichgewicht hielten.

Nun ging es mit ganzer Kraft an die Maurerarbeit, und auch hier konnte Robinson mit dem Erfolg zufrieden sein. Schon hatte er die eine Seitenmauer seiner Küche hochgezogen und für die andere den Unterbau gelegt, als plötzlich ein ganz unvorhergesehenes Ereignis über ihn hereinbrach, das ihm einen mächtigen Strich durch die Rechnung machte.