II

 

Als Inspektor Sharpe am Samstagmorgen mit dem Durchsuchungsbefehl in der Hickory Road erschienen war, hatte er zunächst verlangt, Mrs Nicoletis zu sprechen, die immer samstags mit Mrs Hubbard die Buchführung machte. Er hatte ihr erklärt, was er vorhatte.

Mrs Nicoletis protestierte heftig.

»Das ist eine regelrechte Beleidigung! Meine Studenten, die werden ausziehen – die werden alle ausziehen. Ich bin ruiniert …«

»Keineswegs, Madam. Ich bin sicher, dass sie Verständnis haben werden. Immerhin handelt es sich hier um einen Mordfall.«

»Das war kein Mord – das war Selbstmord.«

»Und ich bin sicher, wenn ich es ihnen erklärt habe, dann wird niemand Einwände …«

Mrs Hubbard flocht hier ein paar beruhigende Worte ein. »Ich bin sicher«, sagte sie, »dass alle vernünftig sein werden – außer«, fügte sie nach kurzem Nachdenken hinzu, »vielleicht Mr Achmed Ali und Mr Chandra Lal.«

»Ach die!«, sagte Mrs Nicoletis. »Die spielen keine Rolle.«

»Danke, Madam«, sagte der Inspektor. »Dann werde ich jetzt gleich hier in Ihrem Wohnzimmer anfangen.«

Dieses Ansinnen rief sofort Mrs Nicoletis’ wilden Protest hervor.

»Durchsuchen Sie, was Sie wollen«, sagte sie. »Aber hier nicht! Ich weigere mich.«

»Tut mir Leid, Mrs Nicoletis, aber wir müssen das Haus von oben bis unten durchsuchen.«

»Das mag ja richtig sein, aber nicht mein Zimmer. Ich stehe über dem Gesetz.«

»Niemand steht über dem Gesetz. Ich muss Sie jetzt bitten, zur Seite zu gehen.«

»Das ist ein Skandal«, schrie Mrs Nicoletis voller Wut. »Sie sind nichts als übereifrige Wichtigtuer. Ich werde an alle schreiben. Ich werde an meinen Abgeordneten schreiben. Ich werde an die Zeitungen schreiben.«

»Schreiben Sie gern, an wen Sie möchten, Madam«, sagte Inspektor Sharpe. »Ich werde jetzt dieses Zimmer durchsuchen.«

Er nahm sich zunächst den Schreibtisch vor. Eine große Schachtel Pralinen, jede Menge Papiere sowie eine erhebliche Menge Müll verschiedenster Art waren das Ergebnis seiner Suche. Als Nächstes wandte er sich einem Eckschrank zu.

»Der ist verschlossen. Könnte ich bitte den Schlüssel haben?«

»Niemals!«, schrie Mrs Nicoletis. »Nie, nie, nie kriegen Sie den Schlüssel! Sie blöder Bulle! Ich spucke auf Sie. Ich spucke. Ich spucke …«

»Sie sollten mir lieber den Schlüssel geben«, sagte Inspektor Sharpe. »Wenn nicht, werde ich einfach die Tür aufbrechen.«

»Und ich gebe Ihnen den Schlüssel nicht! Sie müssen mir die Kleider vom Leib reißen, wenn Sie an den Schlüssel kommen wollen! Und das – das wäre ein Skandal!«

»Holen Sie einen Meißel, Cobb«, sagte Inspektor Sharpe resigniert.

Mrs Nicoletis stieß einen Wutschrei aus. Inspektor Sharpe beachtete sie nicht. Der Meißel wurde gebracht. Zweimal krachte es scharf, dann sprang die Schranktür auf. Als sie sich öffnete, ergoss sich eine Sammlung leerer Branntweinflaschen auf den Boden.

»Untier! Schwein! Teufel!«, schrie Mrs Nicoletis.

»Ich danke Ihnen«, sagte der Inspektor höflich. »Mit diesem Zimmer sind wir fertig.«

Mrs Hubbard räumte taktvoll die Flaschen in den Schrank zurück, während Mrs Nicoletis einen hysterischen Anfall hatte.

Ein Rätsel, das Rätsel von Mrs Nicoletis’ Wutanfällen war jetzt gelöst.