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»Was hat ein Schlitzohr wie dich, lieber William«, David nahm seine Häme schonend zurück, »dazu bewogen, sich ausgerechnet und freiwillig in eine Eiserne Jungfrau zu begeben, denn nichts anderes als ein solches Folterinstrument stellt diese Tonne dar!«

»Wo ist Gundolyn, diese liebreizende Köchin?«, hakte William misstrauisch nach, »und Firuz, der mir so herzlich zugetane Mohr?«

Der Rote Falke und David wechselten einen kurzen Blick. »Der Herr Patriarch hat seine ihm treu ergebene Haushälterin mit sich genommen, als er - gleich nach dem turbulenten Eingreifen des jungen Inquisitors -

Mauclerc wieder verließ. Ebenso seinen fähigen Knecht. Dem freundlichen Mohren oblag es, Euch, William, jeweils auf einen Wink seines Herren hin, kräftig zu tunken und zu steupen!«

Dieser Abgrund menschlicher Falschheit, der sich vor ihm auftat, erschütterte den Minoriten nicht lange - eher schon seine eigene blinde Vertrauensseligkeit. »Und der Inquisitor, dieser Guy de Muret?«

»Der ist - kaum, dass er sein beleibtes Opfer in guten Händen wusste - davongeritten, nicht mit dem Herrn Patriarchen, dem er übrigens ein für alle Mal den Dienst aufkündigte, sondern zurück zu seiner weltlichen Herrin, der Fürstin von Antioch!«

»Doch auch dieser -«, wusste der einarmige Templer noch beizutragen, »mag er nicht länger als Beichtvater zur Hand gehen, sondern Guy de Muret verlangt es danach, sich zukünftig als edler Ritter zu bewähren!«

William sah seine Freunde nachdenklich an. »Vielleicht sollte auch ich mich der mühseligen wie

lebensbedrohlichen Tätigkeit eines Chronisten entgehen und ein neues Leben -?!«

»Uns allen«, wiegelte der Rote Falke lächelnd ab, »ist es nicht gegeben, aus unserer Haut zu schlüpfen - dann und wann mag es uns gelingen, sie abzustreifen, doch darunter ist uns schon eine neue gewachsen, grad' die gleiche wie die alte!«

Kurz darauf verließ der kleine Trupp die einsam gelegene Burg. Mauclerc lag ausgestorben wie zuvor.

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DER SALAMANDER IM FEUER

»CAUDA DRACONIS« -DIE REISE DER PRINZESSIN

DAS AUSGEDEHNTE LAGER des mongolischen Heeres befand sich nun schon seit Tagen am gleichen Ort.

Kitbogha, der Oberkommandierende, regte zwar täglich in der Lagebesprechung an, man solle sich nun ohne längeres Hinwarten der syrischen Hauptstadt Damaskus bemächtigen, bevor die Mamelucken von Kairo auf die Idee kämen, ihnen zuvorzukommen. Die Nachrichten der vorgeschickten Spione waren zwar widersprüchlich, aber eines schien festzustehen: dass An-Nasir, der Sultan, die Stadt verlassen hatte, in Richtung Süden. Das konnte durchaus ein Anzeichen dafür sein, dass die Ägypter bereits mit im Spiel waren. Doch der Il-Khan verlangte, dass - bevor das Heer sich auf die anscheinend wehrlose Stadt zubewegte, was dann unweigerlich Angriff, Einnahme und vor allem Besetzung zur Folge haben würde - man sich den Rücken freihalten müsse, also nicht länger Widerstandsnester zu dulden, die Nachschubwege und Verbindung mit dem Il-Khanat gefährden könnten. Wie zum Beispiel jene merkwürdige Tempelstadt Palmyra, die wie eine Fata Morgana inmitten der Wüste auftauchte, seit alters her Knotenpunkt wichtiger Karawanenstraßen. Von dort sei bis heute keine Delegation eingetroffen, die ihre Botmäßigkeit erklärt habe. Er wisse nicht einmal, der Ton Hulagus wurde ungehalten, wer dort eigentlich herrsche.

»Derwische!«, knurrte Kitbogha, dem der Vorwurf galt. »Heulende Derwische und aufsässige Beduinen!«

»Bringt das in Ordnung!«, hatte die knappe Anweisung gelautet, und damit war für den Oberkommandierenden die morgendliche Audienz beendet.

»Hauptmann Dungai, Ihr gehört zu den Leuten«, sprach Kitbogha vertrauensvoll den ihm schon lange treu dienenden Unterführer