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Gut Rosenholm
Februar 1882
Beatrice schauderte, als sie über den kalten, verschneiten Hof blickte. Das Gut sah heruntergekommen aus, düster und ungastlich.
«Willkommen auf Rosenholm», sagte der Graf und half ihr aus dem Wagen.
Sie knickste steif, konnte jedoch nicht verhindern, dass sie Übelkeit packte, als ihr die ganze grässliche Tragweite dessen bewusst wurde, worauf sie sich eingelassen hatte.
Es war der Tag vor ihrer Hochzeit, jetzt gab es kein Zurück mehr. Miss Mary drückte ihren Arm, um ihr ein Stütze zu sein. «Man kann nur hoffen, dass das Haus im Sommer nicht ganz so schäbig aussieht», flüsterte Beatrice.
Die Familie hatte Göteborg verlassen, sowie Sofia kräftig genug für die Reise war. Keiner hatte länger als unbedingt nötig in der Stadt bleiben wollen, die mit so düsteren Erinnerungen verknüpft war. Und man hatte Beatrice ihr neues Hochzeitsdatum mitgeteilt.
Die Nachricht von Seths Verlobung mit Lily hatte sie kurz nach Fredriks Geburt in Göteborg erreicht. Beatrice hatte lange überlegt, ob sie sich nicht doch noch weigern sollte, Rosenschöld zu heiraten. Sie konnten sie schlagen, bedrohen und auf die Straße setzen, aber sie konnten sie nicht zwingen, den Mund aufzumachen und Ja zu sagen. Doch dann waren die Zweifel gekommen. Eine Nacht nach der anderen hatte sie wach gelegen und sich den Kopf zerbrochen. Machte sie einfach zu viel Aufhebens von der ganzen Sache? Warum sollte sie Rosenschöld eigentlich nicht heiraten? Alle schienen der Ansicht zu sein, dass dies eine großartige Gelegenheit für eine Frau wie sie war. Hunderte von Frauen heirateten aus anderen Beweggründen als aus Liebe, so sicherte sich eine Frau eben ihre Versorgung. Vielleicht war es einfach an der Zeit, erwachsen zu werden, sich die kindischen Träume aus dem Kopf zu schlagen und die Realität, wie sie für eine Frau wie Beatrice Löwenström aussah, anzunehmen? Vielleicht stimmte es ja, dass sie dramatisch und überempfindlich war. Vielleicht war das hier ihre Chance, eine Familie zu gründen, Kinder und ein eigenes Heim zu haben. Mit jeder Niederlage und jeder Drohung nahm ihr Widerstand ab, und zum Schluss sah sie keinen einleuchtenden Grund mehr, sich zu widersetzen. Manchmal lag der einzige Ausweg eben darin, sich in die Dinge zu schicken. Zumindest würde sie so ihren Onkel loswerden.
Der Graf griff bestimmt nach ihrem Arm. Ganz kurz streifte sie der Gedanke, dass er sie an der Flucht hindern wollte. Als ob sie noch irgendwohin hätte fliehen können.
«Du da, zeig ihr ihr Zimmer», befahl der Graf einem kleinen Dienstmädchen, das in den eiskalten, beißenden Wind herausgelaufen kam.
«Ja, Herr. Bitte sehr, gnä’ Frau», sagte das Mädchen freundlich.
Beatrice folgte ihm ins Obergeschoss. Ihre privaten Räume bestanden aus einem einfachen Salon und einem kleinen Arbeitszimmer. Die Zimmer waren nicht übertrieben luxuriös möbliert, aber sie waren sauber und adrett und mehr, als sie je zuvor gehabt hatte. Das Dienstmädchen öffnete noch eine Tür und erklärte: «Das Schlafzimmer, gnä’ Frau. Die Räumlichkeiten des Herrn sind auf der anderen Seite, das da ist seine Tür.» Sie deutete darauf.
Beatrice blieb auf der Schwelle stehen. Das dominierende Möbelstück im Schlafzimmer war ein großes grünes Eisenbett mit Messingdetails. Es kostete sie einige Mühe, den Anflug von Panik zu unterdrücken, der in ihr aufkam. «Wie heißt du?», fragte sie das Mädchen, um sich irgendwie abzulenken.
«Kerstin, gnä’ Frau. Soll ich Ihnen das Haus zeigen?»
Beatrice schüttelte den Kopf. «Ich glaube, ich lege mich ein Weilchen hin», lächelte sie.
Das Dienstmädchen sah sie ausdruckslos an und zog langsam die Tür hinter sich zu.
«Wir sollen der gnädigen Frau mit dem Kleid helfen», erklärte Kerstin, als sie und ein weiteres Mädchen am nächsten Morgen in Beatrices Zimmer kamen. Wenn es jemals einen Moment gegeben hatte, in dem sie sich diesem Wahnsinn noch hätte verweigern können, dann war er jetzt endgültig verstrichen, dachte Beatrice. Die Mädchen brachten ihr das Brautkleid. Es war weiß und langärmlig, anspruchslos und keusch. Sie halfen ihr mit dem eiskalten Stoff. Dann befestigten sie die Rosenholmer Brautkrone in ihrem Haar und steckten einen langen weißen Schleier daran fest. Die Symbole ihrer Unschuld.
Die Zeremonie sollte in der Dorfkirche abgehalten werden. In der Nacht hatte es geschneit, und Beatrice fror. Eines der Dienstmädchen half ihr, die kurze Schleppe zu ordnen, eine andere nahm ihr den Mantel ab. Auf den Kirchenbänken saßen nicht allzu viele Gäste. Ein paar Verwandte des Grafen waren anwesend. Der Landeshauptmann und Karin. Tante Harriet und Onkel Wilhelm, Edvard dagegen nicht. Flüchtig überlegte sie, wo er wohl sein mochte.
Da kam der Graf auf sie zu. Er war ganz in Grau gekleidet, und seine blassen Augen glitten über ihren weißbekleideten Körper, bevor er ihr mit seinem kalten Lächeln den Arm bot. Obwohl sie zu zittern begann, zwang sich Beatrice, seinen Arm zu nehmen und mit ihm auf den wartenden Pfarrer zuzugehen. Auf dem Weg zum Altar schritten sie an den bekannten Gesichtern vorbei, doch Beatrice mied ihre Blicke, so gut sie konnte. Sofias große braune Augen versuchten einen Blick von ihr aufzufangen, doch Beatrice wich auch ihr aus.
Nach der Trauung stand das Brautpaar auf der Kirchentreppe und nahm die Glückwünsche entgegen. Es war schrecklich kalt, und der Graf zog sie zum wartenden Wagen. Die wenigen Hochzeitsgäste waren noch zu einem späten Mittagessen geladen, und dann würden die Brautleute allein sein. Beatrice stand wie angewurzelt auf der Kirchentreppe und versuchte die Gesichter zu unterscheiden. War Sofia da? Rosenschöld zog sie am Arm, doch sie wollte sich nicht losreißen, bevor sie Sofia gesehen hatte.
«Jetzt zier dich nicht so», zischte er und zog an ihrem Arm.
Sie verlor beinahe das Gleichgewicht, als er so grob an ihr zerrte, doch im letzten Moment fing sie sich wieder. Lautlos folgte sie ihm zum Wagen und stieg ein.
Gegen Abend öffnete Carl-Jan Rosenschöld die Tür zum Zimmer seiner Frau. Sie hatte sich nach dem Abendessen zurückgezogen, und er hatte sie in Frieden gelassen, bis er sie brauchte. Jetzt saß sie vor dem Spiegel, ganz in Gedanken versunken. Ihr rotes Haar fiel bis auf den Stuhl, und ein einfaches Nachthemd spannte sich über ihren Kurven. Sein Puls stieg, und schwer atmend trat er hinter sie. Das würde ein Spaß werden, die einzureiten, dachte er. Sie war so besonders, und dazu unberührt und unerfahren. Es war schon eine ganze Weile her, dass er so eine Frau gehabt hatte. Die Müdigkeit, die er am Nachmittag noch verspürt hatte, war wie weggeblasen. «Jetzt sind wir ganz allein, du und ich», sagte er und legte ihr die Hände auf die Schultern.
Sie erstarrte. Carl-Jan fing ihren Blick im Spiegel auf, während er die Hand zu einer ihrer Brüste gleiten ließ. Sie schoss hoch, schüttelte seine Hand ab und rief: «Was fällt Ihnen ein? Hören Sie auf!»
«Nein», sagte er kurz. «Du bist meine Frau. Ab jetzt erwarte ich mir Gehorsam von dir, und ich werde auch nicht zögern, bei einer wie dir Gewalt anzuwenden. Glaub mir, es wäre nicht das erste Mal.»
Beatrice starrte ihren Mann an. Er verzog seinen Mund zu einer grausamen Grimasse, während er sie am Genick packte. Dann schob er sie quer durchs Zimmer zu dem grünen Bett. Sie kämpfte gegen die Panik an, die in ihr aufstieg. Sie hatte sich vorgenommen, alles mit würdevoller Ruhe zu ertragen, doch jetzt spürte sie, wie der Schrecken sie überwältigte. Sie versuchte sich seinem Griff zu entziehen, doch er war so viel stärker als sie. O Gott, was hatte sie nur getan?
«Runter mit dir», zischte er und schubste sie, sodass sie aufs Bett fiel.
Rücksichtslos legte er sich auf sie.
«Bitte warten Sie», bat sie.
Doch er überwältigte sie, packte ihre Hände und zog sie ihr über den Kopf. Mit seinem ganzen Körpergewicht nagelte er sie unter sich auf dem Bett fest. Sie keuchte unter seinem Gewicht, kurze, flache Atemzüge, von denen ihr ganz schwindlig wurde. Er drückte sich grob an sie und rieb seine Erektion an ihrem Bauch. Sie stellte fest, dass er sauer aus dem Mund roch und seine Zähne ganz grau waren. Als er ihre Arme losließ, wagte sie eine Sekunde lang zu hoffen, dass er vielleicht seine Meinung geändert hätte und sie in Frieden lassen würde, doch nun packte er ihre beiden Handgelenke mit einer Hand. Mit der anderen quetschte er ihre Brust, versenkte seine Finger in ihrem Fleisch und grinste, als sie vor Schmerzen aufschrie.
«Schon gut, Beatrice, spiel nur die Spröde, das erregt mich», keuchte er und steckte ihr die Zunge in den Mund.
Verzweifelt drehte sie den Kopf weg, doch vergebens. Seine Bartstoppeln kratzten sie, und während er sie mit der einen Hand mit eisernem Griff festhielt, kratzte er mit der anderen rücksichtslos über ihren Körper und fuhr unter ihr Nachthemd. Sie hörte das Geräusch des zerreißenden Stoffes, und als ein hartes Knie ihre Schenkel auseinanderzwang, schrie sie laut auf. «Nein, hören Sie auf, ich will nicht.»
«Verdammt, halt den Mund.» Er hob die Hand und schlug sie ins Gesicht.
Sie schmeckte den Geschmack von Blut im Mund, und es pfiff in ihren Ohren, während er ihre Beine weiter spreizte. Beatrice versuchte Widerstand zu leisten, doch er war viel zu stark. Sie schluchzte. Das konnte doch nicht wahr sein. Wie konnte es nur so widerlich sein?
Als er aufstand, um sich die Hose aufzuknöpfen, ließ er ihre Handgelenke kurz los. Beatrice zog ein Bein an und zielte zwischen seine Beine. Dann rammte sie ihm kräftig das Knie in den Schritt und hörte ihn aufbrüllen.
«Du verdammtes Miststück!», fauchte er.
Sie versuchte, vom Bett hochzukommen, doch jetzt war er nicht mehr nur erregt, sondern auch wütend. Seine blassen Augen waren ganz dunkel, als er sie zornig musterte. Schließlich hob er die Hand und gab ihr eine Ohrfeige, diesmal allerdings eine wesentlich kräftigere. «Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du darum betteln, hörst du mich? Betteln wirst du darum!», schrie er. Er packte sie bei den Schultern und schüttelte sie so durch, dass ihre Zähne gegeneinanderschlugen.
Er muss völlig verrückt geworden sein, dachte sie. Während er sie weiter schüttelte, brüllte er Schimpfwörter und warf ihr Bezeichnungen an den Kopf, die so grässlich waren, dass sie kaum wusste, was sie bedeuteten. Der Speichel rann ihm aus dem Mundwinkel. Schließlich ließ er sie los, trocknete sich den Mund ab, versetzte ihr noch einen Schlag ins Gesicht und stieß sie unsanft wieder aufs Bett. Halb benommen nahm sie wahr, wie er sich auf sie warf, ihr den Unterarm auf die Kehle legte und sie so aufs Bett presste. Gnadenlos drückte er zu. Erst glaubte sie, er wolle sie bloß erschrecken, doch als er den Druck gar nicht lockerte, befiel sie schreckliche Angst. Panisch versuchte sie, seinen Arm fortzuschieben, und kratzte ihn mit den Nägeln, doch er bewegte sich keinen Millimeter. Ihr wurde klar, dass sie demnächst das Bewusstsein verlieren würde.
«Jetzt bleibst du still liegen, du Luder, hast du mich verstanden?», fauchte er, als Beatrice schon sicher war, dass sie gleich sterben würde. Sie versuchte zu antworten, doch er drückte ihre Kehle so zusammen, dass sie keinen Ton hervorbrachte. «Hör auf, mich zu kratzen», befahl er, und sie gehorchte. Da lockerte auch er seinen Griff ein wenig, und sie holte gierig Luft. «Wenn du tust, was ich dir sage, darfst du weiteratmen, verstanden?»
Sie blinzelte.
Der Graf stand auf, strich sich die Haare aus dem Gesicht und begann den Gürtel aus der Hose zu ziehen. Verschreckt starrte sie darauf.
«Na, jetzt hast du Angst, was?», sagte er und betastete den breiten Gürtel. «Glaub mir, ich hätte überhaupt nichts dagegen, den hier auf deine empfindliche weiße Haut schnalzen zu lassen.»
Sein Haar klebte ihm in nassen Strähnen am Schädel, seine Augen waren kalt, und sie sah die trockene Haut faltig an seinem Hals hängen. An seiner Hose zeichnete sich immer noch die Beule ab, also schien ihr Tritt ihn nicht nennenswert beeinträchtigt zu haben. Als er sich mit dem Gürtel über sie beugte, schloss sie die Augen und wartete auf den Schlag. Doch es kam keiner, stattdessen zog er ihre Hände zu den Eisenpfosten des Bettes, und plötzlich begriff sie, was er vorhatte.
«Nein, nein, bitte nicht so», schluchzte Beatrice, während er den Gürtel um ihre Handgelenke schlang und am Bettpfosten befestigte. Dann trat er einen Schritt zurück und betrachtete sie gehässig.
Er zog die Hose aus. «Jetzt bist du nicht mehr so verdammt überlegen, was?», meinte er verächtlich.
Beatrice sah ihren Mann mit der Hose um die Knöchel und dem herabhängenden Hemd, und es ging mit ihr durch. «Dann tu es doch, du Ekel», schrie sie. «Nimm dir, wofür du bezahlt hast. Ich bin doch nur ein Vieh, das du dir gekauft hast.»
«Du glaubst doch wohl nicht, dass ich für dich bezahlt habe?», lachte er und stieg aus seiner Hose. «O nein, dich habe ich gratis bekommen. Wilhelm hat dich und deine klägliche Mitgift nur zu gern verschenkt. Er war so dankbar, dich endlich loszuwerden.»
In Beatrice stieg der Zorn hoch, der Zorn auf all diese Männer und wie sie sie ohne jede Rücksicht auf ihre Gefühle benutzten. Als er sich ihr wieder näherte, dachte er wohl, dass sie aufgegeben hätte, denn er war unvorsichtig genug, sie noch einen Volltreffer in seinen Schritt landen zu lassen. Beatrice hatte mit aller Kraft zugetreten, und diesmal hatte sie die grimmige Befriedigung zu sehen, wie er sich schreiend vor Schmerzen krümmte. Es gab ihr ein gutes Gefühl, zumindest für den Bruchteil einer Sekunde Herrin über ihr eigenes Schicksal zu sein, während ihr gleichzeitig natürlich klar war, dass sie teuer dafür bezahlen würde.
Mit einem kehligen Laut warf er sich auf sie und zerriss ihr Nachthemd ganz. Hysterisch wehrte sie sich, doch dann hob er erneut die Hand, um sie zu schlagen.
«Du Schwein», zischte sie mit einer verzerrten Stimme, die sie kaum wiedererkannte. Dabei verspürte sie die bizarre Lust, einfach loszulachen. Er schlug sie mit der Handfläche, und sie fühlte, wie ihre Lippe im Mundwinkel aufplatzte. Etwas rann ihr den Hals herab, und sie wusste, dass es ihr eigenes Blut war. «Dann schlag mich doch, du Ekel, schlag mich, wenn du mehr nicht fertigbringst.»
«Halt dein Maul. Ich werd dir zeigen, was ich fertigbringe», fauchte er und zog ihr die Reste ihres Nachthemds vom Leib. Dann riss er ihr die Unterwäsche herunter und fummelte in seiner Hose, bevor er sich auf sie legte. Als sein Gesicht nahe genug war, spuckte sie ihn an. Seine Antwort darauf war eine weitere Ohrfeige, die ihren Kopf in die Kissen schleuderte. Er drückte sich fest gegen sie und schob ihr sein Glied zwischen die Schenkel. Beatrice wusste nicht mehr, wie ihr geschah. Während er sich gegen ihren Unterleib presste, spürte sie nur noch Ekel und Übelkeit. Mit wütendem Grunzen zwängte er sich in sie, und es tat schrecklich weh. Er zog sich halb zurück und stieß erneut zu. Da hielt er plötzlich inne und richtete sich auf. «Was zum Teufel ist das denn?», rief er. «Du blutest ja gar nicht. Bist du wirklich noch unschuldig?»
Sie starrte ihn an. Und dann – obwohl sie wusste, dass es das Dümmste war, was sie tun konnte – gestattete sie ihrem Mund, sich zu einem triumphierenden Lächeln zu kräuseln, das ihm zu verstehen gab, dass er nicht der Erste war. Eine Sekunde genoss sie die einzige Macht, die sie hatte – ihm genau das zu nehmen, weswegen er sie gewollt hatte.
«Du verdammtes Drecksluder!», schrie er und hob die Hand. «Hast du vor meiner Nase herumgehurt?» Er schlug so fest zu, dass ihr Kopf zur Seite geschleudert wurde. «Warum sollte ich so eine wertlose Fotze heiraten, wenn ich nicht mal der Erste bin?» Er warf sich wieder auf sie, schlug zu und fuhr dann fort mit seinem Schnauben und Pumpen. Immer wieder stieß er zu, kratzte sie und murmelte widerliche Beleidigungen. Schließlich bohrte er sich mit einem letzten Aufgrunzen in sie, zitterte und hielt inne, bevor er sich von ihr herunterrollte.
Sie weinte still. Noch immer war sie mit dem Gürtel gefesselt und fühlte sich wie ein waidwundes Tier. Am liebsten hätte sie sich zu einer kleinen Kugel zusammengerollt und in einer tiefen Höhle verborgen.
Der Graf lag auf dem Bett. Seine Nähe ekelte sie mehr als alles andere, doch sie wagte nicht, sich zu rühren. Eine Weile blieb er so liegen und starrte an die Decke, dann stand er rasch auf. Schweigend suchte er seine Kleider zusammen, zog die Hose an und verließ das Zimmer. Ihre Erleichterung war so groß, dass Beatrice zu weinen begann, obwohl sie immer noch nackt und gefesselt dalag.
Doch nur wenige Minuten später wurde die Tür wieder aufgerissen, und der Graf stand wieder vor ihr. Er hob die Hand, und mit Schrecken sah Beatrice, dass er eine riesige Axt hielt. Er betrachtete sie mit einem Blick, der ihr deutlich zu verstehen gab, dass er noch lange nicht mit ihr fertig war. Sie begriff, dass er sie jetzt töten konnte, und begann hysterisch zu schreien.
Er senkte die Axt und legte sie an ihre Wange, sodass sie das kalte Metall auf der Haut spürte. Dann packte er ihr Haar. «Halt’s Maul, du Drecksluder. Ich bring dich um, hörst du?», zischte er. Er riss an ihrem Haar, nahm eine Handvoll und begann es abzuschneiden. Die Axt drang nur schwer durch die dicken Haarmassen, doch er säbelte und schnitt und zog. Beatrice schrie und weinte, doch er fuhr fort, bis ihr Haar in dicken Strähnen auf dem Bett lag. Als er fertig war, hatte er wieder eine Erektion. Er stieg ins Bett, zerrte ihre Beine auseinander und nahm sie noch einmal.
Sie konnte nicht mehr weinen, doch sie wusste, dass er noch immer nicht mit ihr fertig war, dass er nicht fertig werden würde, solange sie lebte. Ihr Körper schmerzte, doch im Grunde war sie wie abgeschnitten von dem, was er mit ihr tat, als hätte ein Teil von ihr den Körper verlassen und würde versuchen zu retten, was zu retten war. Sie verlor jeden Zeitbegriff, sie wusste nicht, wie lange sie schon unter ihm lag, doch irgendwann schien er zum Ende zu kommen, denn er begann sie erneut zu ohrfeigen. Sie schämte sich, dass sie nicht mehr protestierte oder Widerstand leistete, doch sie konnte einfach nicht mehr. Irgendwann glaubte sie, ein Klopfen an der Tür zu hören, aber sie war nicht sicher. Der Graf hingegen hielt inne und hörte auf, sie zu schlagen.
«Was ist?», hörte sie ihn wie in weiter Ferne knurren. Beatrice wagte die Augen nicht zu öffnen, weil sie Angst hatte, sie hätte sich getäuscht und es wäre gar niemand ins Zimmer gekommen. Doch die Schläge hatten ein Ende genommen, und er stand auf und murmelte etwas.
Jemand trat ans Bett, redete beruhigend auf den Grafen ein und führte ihn hinaus. Als Beatrice aus verschwollenen Augen zur Tür hinübersah, erkannte sie Kerstin, die besorgt zum Bett blickte. Das kleine Dienstmädchen senkte den Kopf, als der Graf und ein großer junger Mann an ihr vorbeigingen. Beatrice sah, wie sich die Tür schloss, und blickte mit klopfendem Herzen auf Kerstin. Sie wagte kaum zu hoffen, dass es vorbei wäre.
Kerstin wartete ab, bis sich die Schritte entfernt hatten. Dann wandte sie sich wieder ihrer Herrin zu.
«Kerstin», sagte Beatrice und begann zu weinen.
Das Mädchen eilte zum Bett. «Pscht», machte sie und begann den Gürtel zu lockern, mit dem Beatrice ans Bett gefesselt war. «Einmal muss ich noch ziehen», warnte sie, und Beatrice spürte, wie sich das Leder noch einmal straffte, bevor es sich löste und ihre Arme herabfielen. Sie waren so taub, dass sie weder Gefühl noch Kraft hatte, und als das Blut wieder in ihre Hände strömte, tobte der Schmerz heftig und pochend. Beschämt schloss sie die Augen, als Kerstin ein Laken über ihren misshandelten Körper breitete. Sie spürte, wie ihr ein Glas Wasser an die Lippen gehalten wurde, und trank dankbar mit aufgesprungenen Lippen. «Wo ist er?», flüsterte sie.
«Samuel, mein Verlobter, hat sich seiner angenommen. Er wird dafür sorgen, dass Sie erst einmal eine Weile Ihre Ruhe haben.»
«Danke, dass Sie den Mut hatten hereinzukommen.»
Kerstin schüttelte betrübt den Kopf. «Ihr schönes Haar», sagte sie.
Doch Beatrice schaffte es nicht, sich jetzt Gedanken um ihr Haar zu machen. Was spielte das schon für eine Rolle? Beim nächsten Mal würde er sie töten, davon war sie überzeugt.
«Sie sollten nicht allein bleiben. Gibt es jemand, der herkommen könnte?», erkundigte sich Kerstin, während sie die Reste von Beatrices Haar in einen Kissenbezug einsammelte. Beatrice sah ihr mit leerem Blick zu.
«Vielleicht sollten wir den Arzt rufen?», schlug Kerstin bekümmert vor, doch Beatrice schüttelte nur müde den Kopf. Sie wollte niemand sehen. Sie wollte einfach nur allein sein.
Carl-Jan kämpfte gegen den unbändigen Zorn, der ihn befallen hatte, als er merkte, worum man ihn betrogen hatte. Diese verdammte läufige Hündin! Er atmete tief ein und sah, dass seine Hände zitterten. Jeder Atemzug tat weh, und er versuchte, gleichmäßig Luft zu holen, doch er war so wütend, dass sich sein Brustkorb geradezu verkrampfte. Er öffnete und schloss die Fäuste und zwang sich, die Schultern locker zu lassen. Wütend starrte er auf die Tür, die sein Stallbursche Samuel hinter ihnen geschlossen hatte. Samuel war ein guter Diener, verschwiegen und respektvoll, und Carl-Jan hatte sich von ihm wegführen lassen, obwohl er eigentlich vorgehabt hatte, sein Werk an diesem verzogenen Gör zu Ende zu bringen. Er biss die Zähne zusammen. Sein Zorn war immer noch so übermächtig, dass es ihm den Atem verschlug. Samuel drehte sich zu ihm um und betrachtete ihn. «Ich hätte dieses falsche Stück erschlagen sollen», zischte Carl-Jan. Seine Stimme war ganz heiser. Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt schon jemals so wütend gewesen war.
«Es ist gut, dass Sie das nicht getan haben, Herr», meinte Samuel in seinem ruhigen Dalarna-Dialekt. «Das lässt sich bestimmt auch anders lösen.»
«Diese Hunde haben mich betrogen. Wilhelm Löwenström und sein Taugenichts von einem Sohn.»
Samuel murmelte etwas Beruhigendes und trat zu einem Sideboard, auf dem ein Tablett mit Karaffen stand. Er wählte eine aus, goss einen sirupdunklen Cognac ein und reichte ihn Carl-Jan, der das Glas in einem Zug leerte. Der Cognac brannte in der Kehle und in der Speiseröhre. Er schluckte ein saures Aufstoßen hinunter und hustete.
Samuel runzelte die Stirn. «Geht es Ihnen gut, Herr?»
Carl-Jan trocknete sich den Mund ab. «So geht’s, wenn man die Klassen vermischt. Dieses schmutzige, stinkende Gesindel. Keiner von denen kann sich mehr blicken lassen, dafür werde ich sorgen.» Er hielt Samuel das Glas hin, um sich nachschenken zu lassen. «Und mit ihr bin ich auch noch nicht fertig, noch lange nicht.» Er wippte ungeduldig mit dem Glas, und nach kurzem Zögern goss Samuel noch einmal nach.
«Geh raus und sag Bescheid, dass man mir ein Pferd satteln soll. Ich reite nach Stockholm.» Er kippte den Cognac. Verdammt, das brannte vielleicht.
Samuel nickte und verschwand.
Um Beatrice kümmere ich mich, wenn ich zurückkomme, dachte Carl-Jan grimmig. Und dann würde er sich nicht unterbrechen lassen
*
Es klopfte an der Tür.
«Mach auf, zur Hölle!», brüllte eine Stimme von draußen.
«Ich weiß schon, wer das ist», sagte Madame Ulla Leander zu dem Mann, der als Pförtner bei ihr arbeitete und auch sonst ihre rechte Hand war. «Du kannst ihn reinlassen.»
Der Mann tat, was sie befohlen hatte. Die Tür flog auf, und Graf Rosenschöld stapfte ins Bordell.
«Graf, das ist ja ein später Besuch», sagte sie. «Womit kann ich dienen?»
Rosenschöld schwankte, und Ulla runzelte die Stirn. «Ich will heute Nacht ein eigenes Zimmer», fauchte er. «Schick mir ein paar Mädchen.» Er schob sich an ihr vorbei. «Ist Edvard hier?»
Ulla sah ihn abwartend an. Irgendetwas an seiner schleppenden Sprechweise und der angestrengten Atmung alarmierte sie. «Selbstverständlich.» Sie nickte dem Pförtner zu. «Gib ihm das blaue Zimmer. Und sag Lena, sie soll hochgehen.» Dann wandte sie sich wieder an den Grafen. «Edvard ist oben. Aber ich will keinen Streit haben. Soll ich ihm Bescheid geben?»
«Ich gehe selbst hoch. Sorg du nur dafür, dass die Huren da sind.»
Ulla beschloss, ein paar erfahrene Mädchen auszusuchen. Und sie würde dafür sorgen, dass jemand die Sache im Auge behielt. Als er Graf letztes Mal in dieser Laune hier aufgekreuzt war, war er mehrere Tage in ihrem Bordell geblieben. Sie würde die Mädchen in regelmäßigen Abständen austauschen müssen, damit sie nicht auf Wochen arbeitsuntauglich wären. Resigniert schüttelte sie den Kopf. Der Graf und sein sadistischer junger Freund gehörten nicht zu ihren Lieblingskunden. Auch nicht zu denen ihrer Mädchen.
«Und sorg dafür, dass ein paar Erfrischungen hochgeschickt werden», rief der Graf im Gehen noch über die Schulter.
In Ullas Augen hatte der Graf für diesen Abend wohl bereits genug Erfrischungen genossen, doch man wurde bestimmt nicht die erfolgreichste Puffmutter Stockholms, indem man die Wünsche seiner Kunden hinterfragte. Und das Leben hatte sie gelehrt, nicht wählerisch zu sein. «Ich bitte Lena, dass sie ein paar Getränke mit hochnimmt», versprach sie.
«Jetzt werde ich mich erst einmal ein bisschen mit Edvard unterhalten», verkündete der Graf und wandte sich zur Treppe.
«Graf?», sagte Ulla mit vielsagender Stimme.
«Verdammt, was ist denn noch?»
Ulla hob nur wortlos die Augenbrauen. Fluchend zückte der Graf ein Bündel Geldscheine und warf es ihr zu. Sie fing es mit einer Hand auf, musterte das Bündel und sah dann wieder ihn an. «Lena kommt sofort. Ich sage ihr, dass sie noch ein paar Mädchen mitbringen soll.»