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Isabella del Rey schüttelte den Kopf. „Verlang von mir, was du willst“, wandte sie sich an Johnnie McIntire. „Schon wenn ich ihn sehe, werde ich an meine schlechte Kindheit erinnert. Vielleicht klappt das mit deinem Freund nicht, dann habe ich ihn am Hals, oder er bringt mich um.“

Johnnie schaute die Frau mit dem dunklen Kraushaar an. Er verstand sie, verdammt, aber darauf kam es jetzt nicht an.

23.00 Uhr zeigte die Uhr an seinem Handgelenk, und die ging auf die Sekunde genau. Mikes Botschaft war eindeutig gewesen. Heute Nacht um Punkt Mitternacht würde er auf dieser Farm erscheinen. Dann ging es um alles.

Drüben, auf einem Feldbett, das genau unter einem kleinen Fenster stand, lag Daisy Masterson. Vollgepumpt bis unter die Haarspitzen. Halb schlief sie, halb war sie wach. Sie lächelte, fluchte und manchmal weinte sie auch. Eine Gefühlsregung ging ohne Übergang in die andere über.

„Wenn du nicht mitspielst“, sagte Johnnie eindringlich, „dann erwischt es uns alle.“

„Aber ich sterbe, ohne dass er mich angerührt hat.“

Johnnie zündete zwei Zigaretten an, ging zu ihr herüber und setzte sich neben Isabella del Rey auf das schmale Bett. Vorsichtig legte er ihr die Hand auf die Schulter.

„Er riskiert sein Leben, Isabella“, sagte er eindringlich. „Er bringt sich selbst um Kopf und Kragen. Für dich, für Daisy und für mich. Alleine wird er es nicht schaffen.“

„Er wird es ohnehin nicht schaffen, Johnnie.“

Nervös sog die junge Frau an ihrer Zigarette. Sie hatte schon mit einigen Männern geschlafen, sicherlich, aber diese Männer hatte sie sich selbst ausgesucht. Und niemals war eine Kreatur wie Muhaischi darunter gewesen.

Drüben unter dem Fenster, das so klein war, dass man nicht einmal den Kopf hindurchstecken konnte, richtete Daisy Masterson sich auf. Mit einer lasziven Handbewegung strich sie sich durch die langen roten Haare und streckte die Schultern soweit nach hinten durch, dass ihr wunderschöner Busen sich naturgetreu unter dem dünnen Stoff der Bluse abzeichnete.

„Ich werde es tun“, sagte sie mit einer Stimme, die gar nicht klang wie ihre eigene.

Johnnie zuckte zusammen. Hilfe hatte er sich überhaupt gar keine von dem rothaarigen Fotomodell ausgerechnet. Aber in diesem Moment schien sie wirklich voll bei Sinnen zu sein. Johnnie schaute sie durchdringend an.

„Jeffery ist tot“, sagte Daisy. „Es ist meine Schuld.“

„Sie weiß nicht, was sie redet“, sagte Isabella del Rey.

„Hör zu, Schätzchen“, begehrte Daisy Masterson auf. „Ich weiß sehr wohl, was ich rede, und ich finde, McIntire hat vollkommen recht. Borran riskiert seinen Kopf und du willst ihn ins Messer rennen lassen, nur weil Muhaischi dir gegen den Strich geht.“

Isabella wollte aufstehen. Johnnie hielt sie zurück und drückte sie wieder auf das Bett hinab. Das fehlte ihm jetzt gerade noch, dass die beiden Grazien sich in die Haare gerieten.

„Bist du wirklich in Ordnung, Daisy?“ Daisy Masterson stand auf und streckte sich. Spielerisch drehte sie sich einmal im Kreis.

„Rundherum in Ordnung“, antwortete sie. „Die Wirkung lässt nach. Sie geben mir immer weniger. Der Stoff scheint ihnen auszugehen.“

„Soll das heißen, du hast die ganze Zeit Theater gespielt?“

Daisy schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was es ist, was sie mir geben. Zwei, drei Stunden bin ich nicht bei Sinnen. Danach hört es immer schneller auf. Sie bringen mich allein mit dem Zeug um. Ich muss zu einem Arzt und eine geeignete Therapie machen. Jeffery ist doch tot, nicht wahr?“

Johnnie nickte. „Sie haben von ihm bekommen, was sie wollten, also haben sie ihn umgebracht. Uns werden sie umbringen, wenn sie uns nicht mehr brauchen.“

„Aber, verdammt, sie brauchen uns doch gar nicht“, begehrte Isabella del Rey auf. Die Frau die sich bislang so ausgezeichnet gehalten hatte, schien mit ihren Nerven am Ende.

„Sie brauchen uns als Druckmittel, um aus den Staaten herauszukommen, wenn etwas an ihrem Plan schiefläuft“, antwortete Johnnie leise. „Vergiss es, Isabella. Verhalte dich ruhig, auch dann, wenn es hier etwas laut wird.“

Isabella del Rey kauerte sich auf dem Bett zusammen, rollte sich zusammen wie ein Igel und schloss die Augen.

„Was soll ich tun?“, fragte Daisy Masterson, die sich wieder gesetzt hatte.

„Ich werde es dir früh genug sagen, Baby“, antwortete Johnnie. „Und behalte um Gottes Willen die Nerven. Ich weiß nicht, wie Muhaischi reagiert und wie schnell ich wirklich eingreifen kann.“

Daisy Masterson nickte. „Es wird mich nicht umbringen“, antwortete sie. „Hast du eine Zigarette für mich?“