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Johnnie McIntire stand draußen. Er hatte einen kleinen Umweg gemacht und unterwegs einen schnellen Imbiss eingenommen.

Genau das hätte er gerade an diesem Tag nicht tun dürfen. Aber das hatte der rothaarige Ire nun wirklich nicht ahnen können. Für ihn war das alles keine besonders große Sache. Er wollte etwas auf Isabella del Rey aufpassen. Wenigstens solange, bis sichergestellt war, dass die Araber nicht wieder in dieses Appartementhaus zurückkamen.

McIntire war völlig unbefangen. Aus diesem Grund schaute er auch etwas zu spät in die Richtung des Mannes, der in diesem Moment aus dem Aufzug heraustrat.

McIntires Herz übersprang einige Schläge. In seinen Augen flammte es auf. Eine Gefühlsregung, die der Ire einfach nicht unterdrücken konnte. Denn der Mann, der den Fahrstuhl verließ und sich ihm näherte, war einer der Araber, die Isabella del Rey gerade identifiziert hatte.

Ali Dschuhaiman war ein ausgezeichneter Beobachter. Er sah es in den Augen des großen, rothaarigen Mannes aufblitzen und er handelte wie ein Automat, den man auf Gefahr programmiert hatte.

Mit einer blitzschnellen Bewegung zuckte seine Rechte unter das Jackett. Mit der Waffe tauchte die Hand in dem Moment wieder auf, als auch die Tür geöffnet wurde.

Dschuhaiman kam herangeflogen.

Johnnie duckte sich ab. Für ihn gab es nur einen Weg.

Seine Füße stemmten sich gegen den Boden. Alle seine Muskeln spannten sich an. Hinter sich den Araber, vor sich die junge, schöne Frau, die in diesem Moment auch nicht besonders glücklich aussah.

Johnnie McIntire sprang nach vorn. Unsanft stieß er Isabella del Rey mit der Schulter beiseite. Seine Rechte tastete nach hinten. Er bekam das Türblatt zu packen und schleuderte die Tür hinter sich ins Schloss, bevor der Araber ihm gefolgt war und es verhindern konnte.

Die Angespanntheit fiel von einer Sekunde zu der anderen von Johnnie McIntire ab. Ein breites Grinsen schob sich über sein Gesicht.

„’tschuldigung“, sagte er. „Aber es ließ sich nicht verhindern. Da ist jemand hinter mir, der etwas gegen mich hat.“

Dass die Kleine sich über ihn ärgerte, das leuchtete dem rothaarigen Irenverschnitt schon ein, aber deswegen brauchte sie doch nicht ein Gesicht zu ziehen, als hätte sie auf eine Zitrone gebissen.

„Gehen wir doch in die gute Stube, Baby.“

„Darum wollte ich dich gerade auch bitten!“

Wie von der Tarantel gestochen trat Johnnie beiseite. Isabella hatte ihm den Blick auf die Tür an der Frontwand verwehrt. Jetzt sah er ihn und schlechter, als in diesem Moment, hatte Johnnie sich schon lange nicht mehr gefühlt. Das war der zweite Knabe, der Daisys Appartement einen Besuch abgestattet hatte.

Und die Kanone, die der Araber in der Faust hielt, sah auch nicht aus, als stamme sie aus einem Spielzeugladen.

„Sei so nett und mach meinem Freund die Tür auf“, sagte Kemal Muhaischi in einem Tonfall, als handele es sich wirklich um eine höfliche Bitte.

Johnnie McIntire blieb gar keine andere Wahl. Er trat an die Tür zurück und öffnete.

Mit dem, was jetzt geschah, hatte der CIA-Agent gerechnet.

Wie eine Rakete startete Ali Dschuhaiman durch. Er schwang die Fäuste wie zwei Dreschflegel. In der Rechten hielt er noch immer die Waffe.

Johnnie wusste genau, dass es sinnlos war, aber so kommentarlos wollte er sich nun doch wieder nicht auf die Bretter schicken lassen.

Tief duckte Johnnie sich ab. Die Fäuste des Arabers zischten über ihn hinweg, während Johnnies harter Schädel sich in seinen Leib bohrte.

Dschuhaiman knickte zusammen wie ein Taschenmesser. Seine Verbeugung war so tief, dass seine Stirn Johnnie Mclntires Knie küsste, das der CIA-Agent gerade noch hochziehen konnte.

Es richtete den Araber wieder auf. Johnnie konnte direkt in dessen fassungsloses Gesicht und die glasigen Augen schauen, bevor Dschuhaiman in sich zusammenbrach, als habe ihm jemand in genau dieser Sekunde das Rückgrat geklaut.

Mit dem unschuldigsten Gesicht der Welt drehte Johnnie sich wieder zu Kemal Muhaischi herum und zuckte die Schultern. „Du kannst sagen was du willst, Freund, das war wirklich nicht meine Schuld. Konnte ich vielleicht wissen, dass er wie ein wilder Stier hier hereingerannt kommt?“

„Umdrehen!“

Muhaischis Stimme klang wie frisches Eis, das an einen Glasrand klirrte.

Johnnie zögerte. Er konnte sich an den Fingern einer Hand ausrechnen, was passierte, wenn er sich wirklich umdrehte.

„Entweder du tust was ich sage, oder Isabella wird es ausbaden. Ich denke, ihr verdammten Amerikaner seid Gentlemen, Mann.“

Gentlemen hin, Gentlemen her. Johnnie blieb doch keine andere Wahl. Langsam dreht er sich herum. So konnte er wenigstens noch den Anblick des anderen Arabers genießen, der sich stöhnend am Boden wälzte, bevor ein harter Schlag seinen Hinterkopf traf und ihn ins Reich der Träume schickte.