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Polizeifahrzeuge verbarrikadierten den Eingang. Mike hatte seinen Wagen neben einem der Patrolcars abgestellt. Einer der Beamten kam ihm entgegen. Er sah aus wie eine bissige Bulldogge, der man am besten aus dem Weg ging.

„Setz dich wieder in deine Schrottmühle und zeig mir mal einen Indianapolis-Start“, knurrte der Uniformierte.

„Ist das hier eine geschlossene Gesellschaft oder ein Clubhaus?“

„Etwas Ähnliches.“ Der Uniformierte lief rot an. Er schien heute nicht seinen besonders guten Tag zu haben. Mike nahm ihm seine Unfreundlichkeit auch nicht übel.

„Welcher Verein tagt?“

„Die Mordkommission!“

„Und das Opfer?“

„Mann, man bezahlt mich nicht dafür, dass ich Pressefritzen Rede und Antwort stehe, sondern dafür, dass ich das Haus freihalte von der schreibenden Zunft. Verstanden?“

Mike sah ein, es gab keinen Weg an diesem Mann vorbei, der seine Aufgabe ernst nahm. Außer einem. Den ging der Mann von der CIA. Er griff in seine Tasche und zeigte dem Polizisten seinen CIA-Ausweis.

Das war genau so, als habe jemand dem Blauen mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen. Er sackte um einige Zentimeter in sich zusammen und nahm die Schultern nach vorn, zwischen die er seinen Kopf einzog.

„Sir, ich ...“

Mike legte dem Uniformierten die Hand auf die Schulter. „Schon gut“, sagte er. „Wer ist das Opfer?“

„Al Winter!“

Mike hatte es befürchtet. Dennoch traf ihn der Name wie ein Schlag unterhalb der Gürtellinie.

Mike betrat das Haus und ging nach oben. Noch zweimal musste er seinen Ausweis vorzeigen, dann landete er beim richtigen Mann.

Lieutenant Kelley bearbeitete den Fall und war mehr als nur verwundert darüber, dass der amerikanische Geheimdienst sich für den Tod des kleinen Dealers interessierte.

„Geben Sie sich keinen Hoffnungen hin, Kelley“, baute Mike vor. „Niemand wird Ihnen die Arbeit abnehmen. Ich brauche nur einige Informationen über den Mann.“

Kelley nahm eine von Mikes Zigaretten und ließ sich auch noch Feuer geben.

„Ein kleiner Dealer“, sagte der Lieutenant der Mordkommission. „Sieht so aus, als habe er einem größeren Dealer auf den Zehen gestanden. Die Burschen springen untereinander nicht gerade zimperlich mit sich um. Entweder einer steigt aus, oder man lässt ihn aussteigen.“ Mike nickte. Aus Kelleys Sicht konnte er den Fall gar nicht anders sehen. Mike sah mehr dahinter. Da gab es einige Dinge, die er unbedingt herausfinden musste.

„Gibt es irgendwelche Zeugenaussagen?“

„Mann“, keuchte Kelley. „In dieser Gegend spricht man nicht mit Bullen. Man beißt sich lieber die Zunge ab. Verstehen Sie?“

„Irgendetwas werden Sie doch erfahren haben, he?“

„Er hatte Besuch“, antwortete Kelley. „Eine rothaarige Frau soll ihn besucht haben. Davor einige Araber.“

„Zusammen oder nacheinander?“

„Zuerst waren die Araber da“, antwortete Kelley. „Die Aussage habe ich nur bekommen, weil in dieser Gegend niemand Angst vor Arabern hat. Hier geben die Cubaner den Ton an.“

Mike kratzte sich am Kopf. „Wie ist er ums Leben gekommen?“

„Jemand hat zweimal auf ihn geschossen und gut getroffen.“

„Und niemand hat die Schüsse gehört?" „Vielleicht doch, aber die Leute sagen nichts darüber.“

„Hat man die Rothaarige zusammen mit den Arabern verschwinden sehen?“

„Vollkommen richtig“, nickte Kelley. Mike nahm das Journal aus der Innentasche seines Jacketts, das aus dem Offiziers-Casino der Air Base stammte.

Kelley warf einen ausgiebigen Blick auf den Nackedei der Titelseite.

„Was soll ich damit anfangen?“

„Fragen Sie die Leute, die die Rothaarige gesehen haben, ob die Frau auf dem Titelbild mit der identisch ist, die Al Winter zusammen mit den Arabern einen Besuch abgestattet hat.“

Kelley schüttelte den Kopf. „Nicht zusammen“, stellte er richtig. „Die Araber waren zuerst da, dann kam die Frau.“

„Egal“, antwortete Mike. „Lassen Sie das Bild von Ihren Leuten herumzeigen.“ Keine zehn Minuten verstrichen, dann wusste Mike, dass Daisy Masterson wirklich hier gewesen war, um sich die wöchentliche Ration Stoff abzuholen. Eine Hilfe für den Lieutenant der Mordkommission, sicherlich, aber Mike konnte im Moment wenig damit anfangen. Ihm half das alles nur, wenn er wusste wie sich der Mord abgespielt hatte. Und, verdammt, was gab es für eine Verbindung zwischen den arabischen Terroristen und Al Winter, einem kleinen Dealer, der niemals besonders aufgefallen war?

Daisy Masterson schien verschwunden. Vielleicht hatten die Araber gewusst, dass Daisy Dienstags ihren Stoff hier abholte und man hatte die Gelegenheit genutzt, um die rothaarige Schönheitskönigin hier abzufangen. Das hieß, bei dieser Gelegenheit hatte man Al Winter ausgeschaltet, damit er sich nicht mit der Polizei in Verbindung setzen und den Kidnappingfall melden konnte.

Mike verließ das Haus. Der Polizist der ihn eben noch unfreundlich angefahren hatte, öffnete ihm nun die Wagentür.

„Ich habe wirklich nicht wissen können, Sir ...“

Mike winkte ab, startete den Wagen und lenkte ihn auf die Straße.

Einige böse Gedanken hatten sich in seinem Hinterkopf festgesetzt. Er musste sich Gewissheit verschaffen.