Weiß

„Gott verzeiht, der Berg nie.“

(Unbekannter Verfasser)

Schwer atmend lehne ich mich gegen den Felsen. Endlich! Ab hier wird der Weg leichter sein. Im Windschatten der Steilwand liegt weniger Schnee und ich schöpfe Hoffnung, die Nothütte noch erreichen zu können. Mein Atem und mein Herzschlag beruhigen sich. Ich schätze die Entfernung zum Biwak auf fünfhundert Meter. Sehen kann ich die Hütte nicht. Das Wirbeln der Flocken um mich herum lässt keine Sichtweite über drei Armlängen zu. Das Tageslicht ist zu einem diffusen Weiß geschmolzen, es wird zu einer vagen, gleichmäßigen Beleuchtung gestreut, die jeden Kontrast gnadenlos verschluckt.

***

Eine dumme Idee war das, den Aufstieg zur ›Ellmauer Halt‹ zu wagen. Der Vertreter des Österreichischen Alpenvereins, bei dem ich den Schlüssel für den Winterraum der Gruttenhütte abholte, hatte mich eindringlich vor den bevorstehenden Schneefällen gewarnt. Die Warnung konnte mich nicht davon abbringen, es trotzdem zu versuchen. Immerhin verfügte ich über die beste Ausrüstung, die man für Geld kaufen konnte, und ein Neuling in Sachen Bergsteigen war ich auch nicht. Dass mich der Mann für verrückt hielt, überraschte mich nicht. Nur jemand, der nicht alle Tassen im Schrank hat, klettert Ende Dezember bei Unwetterwarnung im ›Wilden Kaiser‹ herum – außer, er hat einen gewichtigen Grund.

*

Als das erste Tageslicht zwischen den Gipfeln hindurchschimmerte, machte ich mich auf den Weg. Auf der halben Höhe des Waldgürtels begann es zu schneien. Der Schneefall steigerte sich schnell von vereinzelten Flocken zu einem heftigen Gestöber. Ich ließ die Baumgrenze hinter mir, zog meine Kapuze enger und schnallte mir die Schneeschuhe an. Umdrehen war keine Option. Ich würde diesen Berg besteigen! Zumal ich nicht bis auf den Gipfel wollte, sondern zu der Stelle, einhundertfünfzig Meter unter dem Gipfelkreuz, wo ich das Ding versteckt hatte. Ich nannte es noch immer das Ding, da ich absolut keine Idee hatte, was es sein könnte.

*

Ich war im letzten Sommer beim Abstieg darüber gestolpert. Es lag einige Schritte abseits vom Weg und war mir aufgefallen, weil ich, einem dringenden Bedürfnis folgend, zwischen die Latschenkiefern gegangen war.

Ich nahm es hoch und betrachtete es. Es war stabförmig, fünf oder sechs Zentimeter dick, eineinhalb Meter lang und hatte eine metallisch wirkende, absolut glatte Oberfläche. Ein Metallteil dieser Größe hätte erheblich schwerer sein müssen, aber es wog nicht mehr als ein Tennisball. Um seine Festigkeit zu testen, hatte ich es gegen einen Stein geschlagen, was einen schrillen, sirrenden Ton auslöste, der unangenehme Schwingungen verbreitete. Von dem Schlag blieb nicht der geringste Kratzer darauf zurück. Nie zuvor hatte ich Derartiges gesehen, oder davon gehört. Für mich stand nur fest, dass es etwas tat. Es erzeugte ein schwaches Summen, das man hören konnte, wenn man es ans Ohr drückte.

Da ich es aufgrund seiner Größe nicht hatte mitnehmen können, ohne damit gesehen zu werden, hatte ich es am Fuß eines markanten Felsens unter Steinen versteckt und beschlossen, es zu holen, wenn der Gipfel nicht vor Bergwanderern wimmelte.

*

Mein Herz pumpte zuverlässig Blut durch die Adern, lieferte Sauerstoff zu den Muskeln und diese arbeiteten ausdauernd an meinem Vorwärtskommen. Gleichmäßig ausschreitend stapfte ich Höhenmeter um Höhenmeter bergan und zählte in Gedanken die Schritte.

Eintausendsiebenhundertdreiundneunzig …

Eintausendsiebenhundertvierundneunzig …

Mein Körper begann, Endorphine freizusetzen. Eine gelöste Stimmung breitete sich in mir aus. Ich genoss die Stille, die nur vom leisen Rascheln der Schneekristalle, die über meine Kapuze rieselten, und von den Geräuschen meiner Schritte gestört wurde.

Dreitausendfünfhundertsechsundfünfzig …

Dreitausendfünfhundertsiebenundfünfzig …

Die Natur schien ihr Hochzeitskleid zu tragen. Das Massiv des ›Wilden Kaiser‹ war meine jungfräuliche Braut und jeder Abdruck der Schneeschuhe kam einer Defloration gleich.

Fünftausendzweihundertvier …

Fünftausendzweihundertfünf …

Der Wind frischte auf, riss mir die Wölkchen meiner kräftigen Atemzüge von den Lippen hinein in das wirbelnde Stöbern der Flocken. Die Gruttenhütte ließ ich rechts liegen, dort würde ich auf dem Rückweg einkehren, um zu übernachten. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich seit vier Stunden unterwegs war. Ich begann, nach einem Rastplatz Ausschau zu halten.

Fünftausendneunhundertzweiundneunzig …

Fünftausendneunhundertdreiundneunzig …

Ich erreichte den Einstieg zum ›Gamssängersteig‹ und bedauerte, dass das Wetter so schlecht war. Von hier aus hatte man bei klarer Witterung eine herrliche Aussicht über die bizarren Formationen der ›Fleischbank‹ und des ›Totenkirchl‹ im Westen und den ›Großvenediger‹ im Süden. Im Windschutz zweier übermannshoher Felsblöcke gönnte ich mir eine Brotzeit. Salami, ein Stück Gurke, zwei Tomaten und vier Scheiben Brot, die dick mit Butter bestrichen waren. Das Ganze spülte ich mit großen Schlucken Tee aus der Thermoskanne hinunter. Da der Körper nicht zu sehr auskühlen durfte, brach ich bald wieder auf. Vor mir lag jetzt der ›Obere Boden‹, der zwar bei Weitem nicht so steil wie das zurückliegende Wegstück, jedoch tief verschneit war, sodass ich nicht mit sichtbaren Wegmarkierungen rechnete.

Siebentausendachthundertvier …

Siebentausendachthundertfünf …

Die Überquerung der freien Fläche gestaltete sich einfacher, als ich vermutet hatte. Nach links öffnete sich jetzt das ›Kar‹, durch das ich den gesuchten Felsen erreichen würde. Mit dem neuntausendsten Schritt kam ich an das Versteck und erlaubte mir, die runde Zahl als gutes Omen zu sehen, da ich die Neun als meine Glückszahl wähnte. Ohne Schwierigkeiten fand ich das Ding unter den Steinen, steckte es in das mitgebrachte Angelrutenfutteral und befestigte es mit den Schlaufen an der Außenseite des Rucksacks. Bildete ich mir das ein, oder war das Summen lauter geworden? Selbst durch den festen Leinenstoff hindurch konnte ich es hören. Nach kurzem Nachdenken erklärte ich mir das lautere Summen damit, dass es heute wesentlich ruhiger war, als an dem Tag, an dem ich es entdeckt hatte. Der Wind und der Schneefall hatten inzwischen meine Spuren überdeckt, sodass sie nur noch ansatzweise zu erkennen waren.

Elftausendneunzehn …

Elftausendzwanzig …

Bei ›Elftausendeinundzwanzig‹ brach mein linker Schneeschuh. Sofort sackte ich mit dem Bein bis zum Oberschenkel ein. Ich ließ mich mit ausgebreiteten Armen auf den Rücken fallen, um ein tieferes Einsinken zu verhindern. Brennendes Ziehen schoss von der Leiste bis in mein Gehirn und ich stieß einen heiseren Fluch aus.

»Verdammter Scheißdreck!«

***

Aus dem Brautkleid ist ein Leichentuch geworden. Mich eng an der Felswand haltend, setze ich vorsichtig Fuß vor Fuß. Zu oft bin ich in den letzten Stunden eingesunken, in bodenlose Schneemassen, bin ausgerutscht auf überfrorenen Steinen, habe mir Hände, Ellbogen und Knie aufgeschlagen. Die Erschöpfung kriecht wie ein Wurm, der sich von meinem Willen ernährt, durch meine Gehirnwindungen. Ich würde mich gern hinsetzen, ein wenig ausruhen, aber mir ist klar, dass das mein Tod wäre.

»Weiter! Beweg' dich!«, feuere ich mich an.

Stöhnend zwinge ich mich zu den nächsten Schritten. Das Zählen habe ich längst aufgegeben. An manchen Stellen rutsche ich zwei Meter zurück, wenn ich dem Berg einen quälenden Meter abgerungen habe. Der Schmerz zeichnet blitzende, rotierende Farbspiralen in mein Blickfeld, die je nach Intensität von Orange über Rot in ein dunkles Lila wechseln.

Die Felsen weichen nach rechts zurück. Hier irgendwo muss die Hütte sein. Ich lasse mich auf die Knie sinken und warte ab, bis sich die Lichtorgel auf meiner Netzhaut beruhigt. Angestrengt versuche ich den Einschnitt in der Wand zu erspähen, in den sich das rettende Bauwerk schmiegt.

Keine zehn Meter vor mir schimmert Metall. Ich bin gerettet! Die Aussicht auf Wärme und Trockenheit verleiht mir neue Kräfte, ich erreiche die Stahltür und drücke sie auf.

Dunkelheit und der Geruch von Holz begrüßen mich. Den Rucksack von den steifen Schultern zu nehmen, ist ein peinvolles Erlebnis. Ich stelle ihn an die Tür, um sie offen zu halten und suche nach der Beleuchtung. Im einzigen Schrank finde ich eine Gaslampe und ein Stabfeuerzeug. Beides funktioniert und Helligkeit nimmt vom Innenraum Besitz. Ein kleiner Holzofen steht in einer Ecke, auf der anderen Seite warten eine Klapp-Pritsche und einige Decken darauf, benutzt zu werden. Im Schrank befinden sich Gaskartuschen und ein Verbandskasten sowie verschiedene Konserven. An der Wand daneben hängt ein Regal mit zwei Töpfen, Tellern und unübersehbar, das rote Nottelefon. Es raschelt und knistert, als ich den Hörer abnehme. Nach einigen Augenblicken ertönt ein Rauschen, das von einer undeutlichen Stimme durchbrochen wird.

»Bergwacht Einsatzleitung Ellmau, Alois Hirscherl am Apparat. Grüß Gott.«

Wenn Tiroler versuchen, Hochdeutsch zu sprechen, entsteht meist eine eigenwillige Grammatik, die mich sonst amüsiert. Jetzt ist mir nicht zum Lachen zumute.

»Hallo, hier spricht Hannes Illing. Ich befinde mich in der Nothütte an der Surlerwand, mein Schneeschuh ist zerbrochen und ich bin verletzt.«

»Was ham's denn für Verletzungen?«, will er wissen.

»Meine Leiste ist gezerrt, einige Schürf- und Schnittwunden von scharfen Felsen, also nichts Ernstes, aber ich schaffe es nicht, weiterzugehen.«

»Ich kann grad niemand zu Ihnen hoch schicken, wenn keine Lebensgefahr besteht, und der Hubschrauber darf nicht starten bei dem Wetter. Wir werden Sie alle sechs Stunden anrufen und schauen, wie es Ihnen geht. Mehr kann ich leider nicht tun. Sind alle Vorräte vollständig und genug Holz und Gas vorhanden?«

»Gas und Konserven habe ich gesehen«, erwidere ich. »Wo finde ich das Holz?«

»Unter der Klappe in der Raummitte müsste welches sein.«

»Einen Moment bitte.« Ich lege den Hörer zur Seite, die Falltür mit dem Metallring lässt sich leicht öffnen. Darunter erscheint ein überraschend großer Stauraum, der mit Holzscheiten gefüllt ist. »Brennholz ist genug da«, teile ich ihm mit.

Alois Hirscherl klingt zufrieden, als er sich verabschiedet und mit der Versicherung, sich in sechs Stunden zu melden, die Verbindung trennt. Mir wird bewusst, wie kalt es ist. Ich ziehe meinen Rucksack, der inzwischen eine beträchtliche Schneeauflage aufweist, herein und schließe die Tür. Während ich mit meinem Taschenmesser Späne von einem Holzscheit schneide, den Ofen befülle und anzünde, schweifen meine Gedanken zum Grund meiner Tour, dem Ding.

Das trockene Holz brennt hervorragend. Ich verschließe die Ofentür und wende mich meinem Rucksack zu.

*

Wie ein riesiger Zeigefinger ragt das Futteral in den Raum, ein leiser Schauer rieselt über meinen Rücken. Ich schnalle es los und befreie das Metall von seiner Hülle. Mit den Fingerspitzen befühle ich die Oberfläche, halte es ins Licht und mustere es aufmerksam. Es ist völlig glatt, ohne jede erkennbare oder fühlbare Struktur, und federleicht. Ich klappe mein Taschenmesser auf, drücke die Spitze fest dagegen, es bleibt keine Spur zurück. Der Versuch mit der Schneide schlägt ebenfalls fehl. Es löst sich zwar ein feiner Metallspan, aber bei genauerer Betrachtung stelle ich fest, dass der Span von der Messerklinge stammt. Der Gegenstand scheint auf mich zu reagieren, indem er sein Summen verstärkt, die Vibration ist deutlich wahrzunehmen.

»Was zur Hölle ist das?«, flüstere ich.

Der Wunsch, eine logische Erklärung zu finden, lässt mich alle Fakten rekapitulieren. Doch ich komme zu keinem befriedigenden Ergebnis. Sollte es etwa ...? Nein! Es gibt keine Außerirdischen! Und wenn es welche gäbe, ließen sie kaum ihre Metallstäbe in der Gegend herumliegen.

Ich beschließe, mich um meine Verletzungen zu kümmern, stecke den Stab zurück in seine Hülle und deponiere ihn in einer Ecke.

*

Das Feuer prasselt und der Raum füllt sich mit wohliger Wärme. Beim Versuch, meinen Pullover auszuziehen, entfährt mir ein schmerzerfülltes Zischen. Der Stoff ist an beiden Ellbogen mit Blut getränkt und mit den aufgeschlagenen Stellen verklebt.

Ich nehme einen der Töpfe aus dem Regal, um ihn mit Schnee zu füllen. Was irreführend ›Die weiße Pracht‹ genannt wird, quillt mir entgegen, als ich die Tür einen Spalt öffne. Das Zeug muss kniehoch vor der Hütte liegen. Ich kann daran nichts Prächtiges finden.

Als das Wasser kocht, tränke ich einen Lappen damit und weiche vorsichtig die Blutkrusten auf. Ich ziehe das letzte Stück mit einem Ruck ab, der Schmerz raubt mir den Atem. Mir wird schwarz vor Augen, meine Knie geben nach und ich muss mich an der Wand abstützen. Blut rinnt über meinen Unterarm und mit meiner langsam wiederkehrenden Sehfähigkeit beobachte ich, wie es den Boden mit einem Leopardenmuster aus roten Flecken verziert. Mit Mullbinden aus dem Verbandskasten verbinde ich mich, dann klappe ich die Pritsche auf und lasse mich darauf fallen. Mir ist klar, dass mir dasselbe Spiel an den Knien noch bevorsteht, aber zuerst will ich schlafen. Ich drehe die Gaslampe aus und wickle mich in eine der Decken. Das sanfte Säuseln des Windes wiegt mich in einen traumlosen, bleiernen Schlaf.

*

Kälte weckt mich. Es ist nicht nur die im Raum herrschende Kälte, sondern ein inneres Frieren. Fieberschauer jagen über meine Haut und die Muskeln zittern unkontrolliert.

»Scheiße, das hat mir gerade noch gefehlt!«

Meine Stimme knarrt wie eine schlecht geölte Tür, und als ich mich aus der Decke schäle, bemerke ich die pochenden Schmerzen in meinen Wunden. Ich quäle mich zum Ofen, heize ihn an und setze den Wassertopf auf. Im Verbandskasten finde ich Schmerzmittel, schlucke zwei der Tabletten und lege mir frisches Verbandszeug zurecht.

Nachdem ich die Ellbogen und den linken Handballen mit sauberen Binden versorgt habe, versuche ich den Stoff der Hose an meinen Knien einzuweichen und abzulösen – vergeblich! Das Gewebe ist tief ins Fleisch gepresst und mit verkrustetem Blut überzogen. Ich schneide das Material rund um die offenen Stellen ab und reinige sie bestmöglich.

Diese Tätigkeit erschöpft mich dermaßen, dass ich mich auf die Pritsche legen muss. Fieberschleier wabern durch mein Blickfeld und aus den Augenwinkeln heraus glaube ich, ein Flirren an der Stelle zu sehen, an der das Ding lehnt. Als ich den Kopf drehe, um nachzusehen, klingelt das Telefon. Es ist ein scheppernder, rasselnder Ton, den sich niemand freiwillig als Klingelton auf sein Handy laden würde. Für mich klingt er nach Rettung, Zivilisation, Sicherheit und menschlicher Wärme.

»Grüß Gott, Herr Illing«, begrüßt mich eine fröhliche Frauenstimme. »Hier spricht Ursula Maurer von der Bergwacht. Wie geht's Ihnen heute?«

»Ich habe Fieber bekommen und meine Wunden entzünden sich.«

»Dann wird’s Zeit, dass wir Sie holen. Der Wetterbericht meldet für morgen Auflockerungen. Wir werden mit dem ersten Tageslicht aufbrechen und wenn alles gut geht, sind wir gegen vierzehn Uhr bei Ihnen oben.«

»Das wäre wunderbar!« Ich spüre eine Träne aus meinem rechten Auge sickern. »Ich werde hier sein«, versichere ich ihr.

Sie lacht. »Schön, dass Sie Ihren Humor nicht verloren haben, Herr Illing. Sind Sie schon einmal in einem Ackja transportiert worden?«

Ein Brummen stört die Leitung.

»Hallo?«, rufe ich in die Sprechmuschel, »Sind Sie noch da?«

Das Brummen wird stärker, ich bekomme keine Antwort.

Enttäuscht, aber glücklich über die Nachricht, lege ich auf. Der Brummton bleibt. Er kommt jetzt aus der Ecke, in welcher der Metallstab an der Wand steht, er vibriert heftig und der ganze Raum scheint mitzuzittern. Mir wird schwindelig, ich setze mich auf die Pritsche. Mein Kreislauf schlägt wilde Kapriolen. Ich lege mich hin und ziehe die Decken über mich.

*

»Wach auf!«

Die Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern und doch donnert sie wie ein Düsenjet durch meine fiebrigen Gedanken.

»Wach auf!«

Ich öffne die Augen und versuche mich zu erinnern, wo ich bin. Die Nothütte, klar! In der Mitte des engen Raumes glitzert es. Ein aus sich selbst leuchtendes Gebilde schwebt dort, wie ein schillernder, flackernder Nebel, gesprenkelt von kleinen Lichtpunkten.

Ich reibe mir die Augen, um die Schlieren zu entfernen, aber das Gebilde bleibt nicht nur, es wird sogar schärfer. Habe ich Halluzinationen? Ist die Bergwacht da?

»Was … wer …?«

Meine heiseren Worte werden von der Stimme abgeschnitten: »Schweig!«

Es fühlt sich an, als stünde ich in der Disco vor der Bassbox.

»Wir sind die Eigentümer des Gegenstands, den du gefunden hast. Wir haben ihn zurückgeholt.«

Ich versuche vergeblich, mein Denken zu ordnen. Die Luft im Raum beginnt zu schillern, wie Öl auf einer Pfütze.

»Wa … warum …?«

Mir ist bewusst, dass ich stammle wie ein Betrunkener.

»Wir gehen jetzt.«

Ein weißes, blendend helles Licht löscht mein Bewusstsein aus.