15
Drak schrieb, daß seine und Sildas offizielle Reise durch das südwestliche Vallia erfolgreich verlaufe. Meine Jungs vom Wachkorps hatten gerüchteweise mitbekommen, daß ihr Kendur wieder in Vallia sei. Sie wurden unruhig. Drak sagte, er werde sie sehr bald entlassen müssen, damit sie in Urn Vennar zu mir stoßen könnten. Mein Bericht über Nazabni Ulana Farlan hatte ihn enttäuscht. Er hatte Didi geschrieben und ihr mitgeteilt, daß er Ulana von ihrem Posten ablöse. Man werde sie bitten, sich für kurze Zeit an den Hof zu begeben. Silda wollte mit ihr sprechen. Drak schickte einen Gouverneur, der die Provinz übernehmen sollte. Es handelte sich um Nath Verunder, ein Kerchurivax der Dritten Phalanx, der nach einer Verwundung weitergedient hatte, jetzt aber als Gouverneur besser beschäftigt war. Er würde in zwei Tagen mit dem Flugboot eintreffen.
Dann schrieb Drak, er sei sehr bestürzt über die Berichte der blutigen Mordtaten in Urn Vennar. Unternähme ich denn rein gar nichts?
An dieser Stelle hörte ich auf zu lesen und machte eine Bemerkung über Makki-Grodno. Natürlich war mir mein Ältester nicht ganz fremd, und ich wußte, daß er mir damit nur eins hatte auswischen wollen. Tja, bei Vox, diese kleine Schwäche hatte er genauso von Delia wie von mir geerbt.
Drak schrieb, daß solche Greueltaten genau die Art von Geschehen seien, die nach der Zeit der Unruhe in Vallia nicht mehr hatten vorkommen sollen. An dieser Stelle hatte die Feder sich tief in das Papier eingegraben. Da Drak den Brief wahrscheinlich diktiert hatte, war es offensichtlich, daß der Stylor seine Nase tief über dem Papier gehabt und schreckhaft auf Draks Stimmung reagiert hatte.
Sobald die Rundreise vorbei sei, werde er Didis Provinz besuchen und dort für Ordnung sorgen.
Ja, das war mein Sohn Drak, ein richtiger blaublütiger Herrscher, und ich hätte es auch nicht anders haben wollen. Silda schickte ihre Liebe. Die Unterschrift war in energischen großen Zügen geschrieben und hatte sich noch viel tiefer in den Brief eingegraben als die Schrift des nervösen Stylors.
Die Sonnen von Scorpio erhellten noch immer den Himmel über Urn Vennar, und das Leben ging weiter. Obwohl die Leute unter sich blieben und ihre Wege und Treffen sorgfältiger planten, herrschte bis jetzt noch nicht das Gefühl, daß Gafarden einer großen Krise gegenüberstand. Die Leute wußten, daß es sich bis auf Elten Lodermair bei allen Mordopfern um Angehörige der Palastwache handelte, und sie dachten sich auf ihre bodenständige Weise, daß er nicht ganz dem entsprochen hatte, was man von einem vallianischen Adligen erwartete. Diese Tatsachen spendeten ihnen Trost, und sie glaubten, daß der Mörder nicht in ihre Nähe kommen werde.
Das Leben in Gafarden ging also weiter, wenn auch mit einem gewissen Unbehagen. Naghan Raerdu zog alle Register seiner Kunst, um weitere Geheimnisse dieser Affäre ans Licht des Tages zu zerren. Tobi Vingal kam an einem Morgen beschwingt von Frühlingsgefühlen herein. Er brauchte es mir gar nicht zu sagen, aber er tat es trotzdem. Er hatte eine neue Liebe gefunden. Ihr Name, sagte er und berührte die Lippen mit den Fingerspitzen, sei Tassie. Und sie sei so wunderbar. Vielleicht habe sich sein Glück endlich gewandelt. »Ausgezeichnet, Tobi«, sagte ich kurz angebunden. »Und jetzt such Yavnin Purvun und Nalgre Nevko und frage sie, ob sie Lust hätten, uns auf einem kleinen Ausflug zu begleiten. Wir wollen den neuen Nazab Nath Verunder begrüßen.«
»Quidang!« Er öffnete die Tür, die wie gehabt quietschte, drehte sich dann aber noch einmal um. »Jis ... äh ...« Er hustete. »Darf ich Tassie mitbringen?«
»Ja«, sagte ich, ohne eine Miene zu verziehen. »Oh, und du solltest Yavnin besser fragen, ob er in Begleitung der Dame Ahilya kommen möchte.«
Er nickte, und die Tür fiel hinter ihm mit einem Knall ins Schloß.
Der nächste Punkt auf der Tagesordnung bestand darin, den Ersten Pallan nach den genauen Umständen der Verhandlung und der Hinrichtung Tralgan Vorners zu befragen.
Nath Swantram breitete die Hände aus. Es sei eine ganz normale, alltägliche Angelegenheit gewesen. Vorner tötete den Cadade und den Richter und hätte auch den Elten umgebracht, wäre er nicht aufgehalten worden. Es sei ein völlig klarer Fall gewesen. Er spielte an der Narbe herum. »Nur eine Sache war seltsam, Majister«, fügte er dann noch hinzu. »Am Ende bereute er seine Taten. Lodermair hatte das Testament gefälscht, das ist erwiesen, und hätte niemals daraus Nutzen ziehen können.«
»Erklär das.«
»Lodermair war nach Gafarden befohlen worden, um sich für seine Taten zu verantworten. Allerdings starb er, bevor die Nazabni ihr Urteil verkünden konnte.«
»Wie hat Vorner denn nun Reue gezeigt?«
Nath der Clis stand auf und schritt in meinem Arbeitsgemach umher. »Nun, Majister, er wollte nicht, daß sein Vetter aus seinen verbrecherischen Taten Nutzen ziehe. Tralgan Vorner setzte mich als Erben ein, damit die Gerechtigkeit siegen kann. Dieser schreckliche Mord hat das verhindert.«
Ich lehnte mich zurück. »Also bist du jetzt der Elten von Culvensax.«
»So sieht es wohl aus, Majister.«
Oh, er war ja so aalglatt. Ich wollte die Papiere sehen, und alles war in bester Ordnung. Ich spürte es in den Knochen, daß er ein Schurke war; aber dafür war kein Beweis zu finden.
Der Erste Pallan verkündete, er wolle losfliegen, um den neuen Nazab zu begrüßen. Sein förmliches Mitgefühl für Ulana Farlan klang hohl in meinen Ohren. Er wünschte mir ausgesprochen höflich Remberee und verließ leise das Gemach. Erst als er weg war, wurde mir bewußt, daß ich gar nicht erwähnt hatte, daß ich ebenfalls mit einer Gruppe Freunden losfliegen würde, um den neuen Nazab zu begrüßen.
Wie es seiner Stellung zustand, flog der Erste Pallan in einem Provinzvoller, der von der Provinz zur Verfügung gestellt wurde. Es handelte sich um ein kleines Flugboot, das nur den Piloten und Swantrams aus drei Beamten bestehende Gruppe beförderte. Ehrlich gesagt überraschte es mich, daß er keinen der vom vallianischen Luftdienst bemannten eindrucksvolleren Flieger nahm.
Der Umhang, den er gegen die Kälte des Himmels umlegte, ließ mich ein paar Perioden zurückdenken. Mein Val! So lange her, und doch kam es mir wie gestern vor ... Der Umhang war leuchtendweiß, mit Fell abgesetzt. Er machte den Pallan zu einer eindrucksvollen Gestalt.
Als meine Gefährten auf der Landeplattform eintrafen, war Swantrams Flieger bereits gestartet. Ein paar Wolken trieben aus Westen heran, ein paar Regentropfen fielen in die Tiefe. Manchmal kam ein kühler Wind aus den Schwarzen Bergen, dann zogen die Einwohner Urn Vennars dickere Jacken über.
Die Dame Ahilya trug ein schimmerndes silbernes Gewand, das bis zur Mitte der Oberschenkel reichte und von zwei gefährlich schmalen Trägern gehalten wurde. Ich konnte nicht sagen, ob sie darunter irgendwelche Unterwäsche trug; bevor ich eine passende Bemerkung über die Kälte machen konnte, kam Yavnin mit einem dicken Umhang über dem Arm an. Er war ebenfalls weiß, allerdings fehlte der Pelzbesatz. Ahilya sah zu ihm hoch, lachte, errötete, und es versetzte mir einen plötzlichen Stich, als Ulanas Abbild ungebeten vor meinem inneren Auge erschien.
Nalgre Nevko trug einen Weidenkorb voller Weinflaschen. Wenn ich Nalgre Nevko mit seinem Nachnamen bezeichne, dann folge ich damit einem weitverbreiteten Brauch, um zwischen vielen Männern mit dem gleichen Vornamen zu unterscheiden. Als Tobi eintraf, hatte er ein Mädchen an seiner Seite, das schutzsuchend seinen Arm hielt. Sie war eine jener Schönheiten mit einem ovalen Gesicht, vollen Lippen und von langen Wimpern überschatteten Augen, die einige Burschen unwiderstehlich attraktiv finden. Ihre schlanke Gestalt war der Gelegenheit angemessen in Flugleder gehüllt. Tobi barst vor Stolz.
Als das Pappattu gemacht wurde, zeigte sie sich durchaus selbstbewußt, doch die Gesellschaft, zu der Tobi sie mitgenommen hatte, bereitete ihr noch immer Unbehagen. Das war ein weiteres Beispiel der schrecklichen Auswirkungen, die Rang und Titel auf ganz gewöhnliche, nette Leute haben. Sollte die Dame Ahilya auf ihrer hohen Zorca reiten, um es einmal so auszudrücken, würde ich vielleicht etwas weitschweifig werden. Tassie arbeitete in der Registratur, Tobi hatte sie dort kennengelernt und ihr seinen Arm angeboten. So weit, so gut. Wäre Tassie die nächste, die ihm ein blaues Auge verpaßte? Armer alter Tobi!
Yavnin äußerte sich sachkundig über meinen Flieger Purpurrotes Veilchen. Sein Urlaub neigte sich dem Ende zu, und er würde bald nach Vondium abreisen, wo er den Befehl über einen Voller des Luftdienstes übernahm. Dem, was er nicht sagte, entnahm ich, daß sein neues Kommando nicht ganz das war, was er sich erhofft hatte.
Irgendwie mußte es mir gelingen, diese kleine Gruppe in Ferienstimmung zu versetzen, obwohl ein Picknick in der Luft nur einen verschwindend geringen Teil der Probleme mildern konnte, die mich quälten. Nevko war entschlossen, sich zu amüsieren. Die Wolken klarten auf, die wunderbaren rubinroten und smaragdgrünen Strahlen der Sonnen tauchten uns in ihr strömendes, vermengtes Licht, eine oder zwei Flaschen wurden geöffnet, und wir flogen los. Die Dame Ahilya lachte und legte den weißen Umhang über ihr silbriges Gewand.
Da wir zu sechst waren, blieb ein Sitzplatz leer. Als ich Ulana den Vorschlag gemacht hatte, uns doch zu begleiten, falls sie nicht mit Swantram fliegen wollte, hatte sie den Kopf geschüttelt. »Vielen Dank, Majister. Nein. Ich werde mit dem Flugboot abreisen, das den neuen Nazab bringt. Und ich werde hier in Gafarden darauf warten.«
Der wahre Grund, warum sie meine Einladung ausgeschlagen hatte, stand neben Ahilya und lachte, während wir in den Himmel flogen. Die arme Ulana konnte die Folter nicht ertragen, die diese Nähe bringen würde.
Niemand erwähnte die Morde, wofür ich dankbar war.
Yavnin kam und übernahm die Kontrollen, damit ich mir einen Pokal holen konnte. Ahilya bot an Yavnins Seite ein hübsches Bild.
»Jetzt werden wir verwegene Luftdienstpilotenkünste erleben, was, Yavnin«, sagte Tobi auf seine vorlaute Art.
Tassie wurde knallrot im Gesicht und zerrte an seinem Arm.
»Von jetzt an geht es nur noch genau geradeaus, Tobi«, erwiderte Yavnin. Er streckte den Arm aus und zeigte in die Richtung. »Und da sind sie auch schon.«
»Oh, Yavnin! Ich kann sie nicht sehen!« Ahilyas Stimme klang fast schon weinerlich. »Wo sind sie denn?«
»Das sind Augen eines wahren Piloten des Luftdienstes«, sagte Tobi und lachte.
Was das anging, hatte er natürlich völlig recht.
Ein kleines Flugboot kam uns entgegen. Der dunkle Punkt, der sich hinter ihm vom hellen Firmament abhob, mußte der Voller des Nazabs sein. Offenbar waren Swantram und seine Männer umgestiegen; das erklärte auch, warum er einen so kleinen Flieger genommen hatte.
Während wir darauf warteten, daß sich die Lücke zwischen uns schloß, dachte ich darüber nach, daß ich eigentlich sehr wenig über die junge Ahilya wußte. Ihre Eltern kamen aus Orvendel, und sie hatte den stattlichen Jiktar des Luftdienstes kennengelernt, als sie in Vondium eine Schulfreundin besuchte.
Sie hatte keine Ahnung von Ulanas hoffnungsloser Leidenschaft für Yavnin, und ich ging einmal davon aus, daß es ihm genauso erging. Wäre es ihnen bekannt gewesen, hätten sie für die steife kleine Nazabni wohl Mitleid empfunden. Und dann hätten sie mit den Schultern gezuckt, versucht, sich nicht schuldig zu fühlen, und gesagt, daß dies nun einmal der Lauf der Welt sei.
Das näher kommende Flugboot gewann an Höhe und raste an uns vorbei. Nevko öffnete gerade die nächste Flasche. Der Pilot winkte uns gutgelaunt zu, und wir winkten zurück. Zweifellos hielt er uns für eine fröhliche Picknickgesellschaft.
Wir warfen die leeren Flaschen nicht über Bord. Das tat man in Vallia nicht, denn wer konnte schon wissen, auf wessen armen Teufels Kopf die Flasche landete.
Der Flieger des Nazabs kam näher, und ich erkannte ihn; es handelte sich um ein Paketflugboot, ein hübsches Boot mit anmutigen Linien, ein paar Wurfgeschützen und bequemen Quartieren. Noch während ich es musterte, schoß ein anderer Voller hinter einer schmalen Wolkenbank hervor. Er war schwarz von Bug bis zum Heck und erinnerte mich an die Flieger des Eishandels, bei dem Unternehmer den schwitzenden Kunden im Süden Eis aus den Nordbergen liefern.
»Was soll das?« rief Yavnin aus. Alarmiert sahen wir zu, wie der schwarze Voller entschlossen geradewegs auf das Paketboot zuhielt. Finstere, bewegliche Gestalten schwärmten über die Reling und sprangen auf das Deck des Paketbootes.
»Bei Hlo-Hli!« stieß Tobi hervor. »Diese Shints greifen ihn an!«
»Flieg, Yavnin!« Meine Stimme durchschnitt die Luft wie eine Peitsche der Schwestern der Rose. »So schnell du kannst!«
Yavnin schob die Kontrollhebel mit einem Ruck nach vorn, und Purpurrotes Veilchen schoß los wie ein angreifendes Vove. Die Luft toste an uns vorbei, als wir dem Kampf entgegenstürzten.
»Oh, Yavnin!« jammerte Ahilya. »Das ist ja schrecklich!« Sie klammerte sich mit beiden Händen am Arm des Piloten fest.
Ich warf Tobi einen harten Blick zu, wies mit dem Kopf auf Tassie, und der junge Draufgänger reagierte sofort. Tassie nahm Ahilya am Arm, Tobi half ihr, und zusammen führten sie das arme Mädchen nach hinten und sorgten dafür, daß es sich setzte. Sie schluchzte leise vor sich hin, kauerte sich zusammen und zog den prächtigen weißen Umhang enger.
Kein Zweifel, der schneidige junge Jiktar des Luftdienstes konnte fliegen. Er riß Purpurrotes Veilchen in einer rasanten Kurve herum und brachte uns direkt über das Paketboot und den schwarzen Angreifer. In diesem Augenblick kauerte ich bereits auf der Reling.
Dabei spielte es keine Rolle, ob die anderen mir folgten oder nicht. Eine Horde von Cramphs wollte den neuen Nazab umbringen oder Swantram oder sonstwen, und sie mußten aufgehalten werden. Ich sprang. Die Landung auf dem Deck schüttelte mich durch, und ich stolperte ein paar Schritte vorwärts, bevor ich das Gleichgewicht wiederfand. Alles war in Aufruhr. Ein Blick reichte, um die Kämpfenden auseinanderzusortieren. Nath Verunder war natürlich mit einer kleinen Leibwache unterwegs gewesen. Diese und die Männer des Luftdienstes steckten mitten in einem Handgemenge mit den schwarzgekleideten Stikitche.
Ein dumpfer Aufprall hinter mir verkündete die atemlose Ankunft Tobis, der gestürzt wäre, hätte ich nicht seinen Arm ergriffen und ihn gestützt. Auch für ihn war die Situation klar. Beim nächsten Herzschlag hatten wir beide ins Geschehen eingegriffen.
Die romantische Vorstellung, daß Schwertkämpfe etwas Großartiges sind, hatte ich schon vor vielen Jahren abgestreift. O ja, ein ordentliches Rapierduell besitzt zweifellos seinen eigenen Charme. Aber diese Rauferei hier gehörte zu der Sorte, wo man einen Stiefel in den Unterleib des Gegners pflanzte, zuschlug, über ihn hinwegtrampelte und sich den nächsten vornahm. Die Finesse lag darin, sich nicht töten zu lassen.
Die Krozair-Klinge schnitt einen Pfad durch die schwarzgekleideten Meuchelmörder, das ist richtig; geschickte Tritte und der gelegentliche Kopfstoß halfen aber ebenfalls. Lärm wogte über das Deck wie ein ausbrechender Vulkan. Natürlich floß das Blut in Strömen. Die Stikitche waren aus einem bestimmten Grund hier, und dieser stämmige, rotgesichtige und hinkende Grund hieb geschickt mit einem Drexer um sich. Nazab Nath Verunder, ein Veteran der Phalanx, würde sich nicht ohne erbitterten Kampf töten lassen.
In der Masse der Männer, die in tödlicher Absicht brutal aufeinander einschlugen, war kein Zeichen von dem pelzbesetzten grellweißen Umhang Nath Swantrams zu sehen. Ein lästiger Bursche, dessen schwarzes Gewand dunkle Flecken aufwies, führte einen gemeinen Schlag nach meinem Kopf, und ich duckte mich, fuhr herum und schlitzte ihn unterhalb der Gürtellinie auf. Er stieß einen Schrei aus und brach zusammen. Er war ein Yoftin, ein Diff mit schakalähnlichen Gesichtszügen und borstigem, abstehendem Haar, ein Angehöriger eines Diff-Volkes, das für die grausame Behandlung seiner Frauen und die unmenschliche Folter seiner Gefangenen berüchtigt ist. Also versetzte ich ihm einen zweiten Hieb, als er zu Boden ging, um sicherzugehen – und aus Prinzip.
Diese engstirnige, wenn auch zu rechtfertigende Handlung hätte mich beinahe das Leben gekostet, als ein Croydim seine kurzschäftige Axt auf meinen Rücken niedersausen ließ. Eine verzweifelte Rolle vorwärts, die in einem Sprung auf die Füße endete, und das Vorschnellen der Krozair-Klinge ließen den Croydim aufkreischen, als sich der Stahl in seinen Leib bohrte. Er stieß unverständliche Worte aus, als ihm das Blut aus Bauch und Mund schoß und sich sein keilförmiges Gesicht ungläubig verzerrte. Ich versetzte ihm einen Tritt und eilte weiter.
Der Kampf, der sich über das ganze Deck des Paketbootes ausbreitete, verwandelte sich in ein wüstes Durcheinander. Yavnin und Nevko griffen ein, und ich sah flüchtig, wie sie die Meuchelmörder angingen. Es war buchstäblich erforderlich, sich einen Weg zur Achterkabine zu erkämpfen, wo der neue Nazab sich wie der Kampeon schlug, der er war.
Seine persönliche Leibwache, ein hellgekleideter Haufen angeheuerter Paktuns, verdiente sich ihren Sold, aber ihre Reihen lichteten sich. Der Luftdienst schlug sich in der besten Tradition vallianischer Flieger. Trotzdem gewannen die schwarzgekleideten Schurken mit Stahl und Blut an Boden.
Nath Verunder wurde durch schieren Druck zurückgetrieben, den nicht einmal die Ankunft meiner Gefährten spürbar erleichtern konnte. Vergossenes Blut machte die Planken schlüpfrig. Der Kampf tobte weiter, ein Crescendo aus Schreien und wildem Gebrüll.
Bei diesem Getümmel auf dem begrenzten Platz des Decks bewegten sich die Kämpfer in alle Richtungen, bis sie unentwirrbar miteinander verstrickt waren. Ich tötete einen Fristle mit einer ungesund aussehenden bardischen Axt, fuhr herum und entdeckte, daß ich auf der anderen Seite des Gefechts gelandet war. Die Tür zur Heckkabine pendelte auf ihren Angeln hin und her, und der Platz zwischen der Kabine und mir war menschenleer.
Ich konnte mich von dem Getümmel absetzen – ich hielt nur einmal kurz inne, um einem Rapa mit widerwärtig grünen Federn auszuschalten – und zur Kabine stürmen.
Ein hünenhafter Brokelsh stolperte heraus. Sein schwarzes Gewand war zerschnitten, darunter befand sich ein mit Bronzenägeln beschlagenes Wams, das ebenfalls zerschnitten war; sein schwarzes Körperhaar war voll schimmerndem Blut.
Der rasende Nazab Nath Verunder folgte dem Brokelsh. Die korrekte vallianische Lederkleidung des Nazabs war blutverschmiert. Er hatte den breitkrempigen Hut verloren, auf seinem Gesicht – das die Farbe der untergehenden Sonne Zim angenommen hatte – zeigte sich die konzentrierte Hingabe, die er diesem Kampf widmete und die ihn auch aus den Rängen in seine derzeitige hohe Stellung hatte aufsteigen lassen. In diesem flüchtigen Augenblick war ich davon überzeugt, daß der Erste Pallan Urn Vennars es mit seinem neuen Herrn nicht leicht haben würde.
Zwischen dem Sieg über den Brokelsh und meinem Eintreffen an der Kabine verstrich kaum Zeit. Verunder hatte sich wieder ins Innere begeben. Ich warf einen schnellen, aber gründlichen Blick nach hinten, um nach möglichen Rasts Ausschau zu halten, die mich rücklings niederstrecken wollten. Der Kampf ebbte ab. Die Stikitche versuchten sich in ihren schwarzen Flieger zurückzuziehen und wurden für ihre Bemühungen niedergemacht. Verunder und Swantram befanden sich in Sicherheit, die Meuchelmörder wurden besiegt. Ich betrat die Kabine.
Nazab Nath Verunder lag mit dem Gesicht nach unten auf der Schwelle. Zwischen seinen Schulterblättern ragte ein langer vallianischer Dolch hervor. Direkt hinter ihm brach ein schmalgesichtiger Diener gerade zusammen. Seine rechte Hand war blutverschmiert. Nath Swantram, Nath der Clis, zog sein Schwert aus dem Diener, und der Bursche kam neben seinem Herrn auf dem Gesicht zu liegen. Swantram berührte die linke Wange, an der helles Blut hinunterrann.
»Der Cramph wollte mich umbringen!« Er stieß es atemlos hervor, als könne er nicht glauben, was er da sagte. »Er ermordete den Nazab und ...«
Der Erste Pallan setzte sich abrupt. Er ließ das Schwert fallen. Er sah aus, als sei ihm übel.
Die Stikitche hatten ihre Arbeit von einem haßerfüllten Diener erledigen lassen. So etwas war schon öfter vorgekommen.
Mir kam der Gedanke, daß sich die Abreise der Nazabni Ulana Farlan nach Vondium nun wohl verzögern würde.