68.

 

 

 

Der knieende Engel aus Carrara Marmor sah trauernd auf das gut gepflegte Grab hinab, auf das Sam ein Herz aus weißen Rosen gelegt hatte. Eine ganze Weile stand er da und las die eingravierten Zeilen auf dem Stein.

 

Steht nicht an meinem Grab und weint,

ich bin nicht da,

nein ich schlafe nicht.

Ich bin eine der tausend wogenden Wellen des Sees,

ich bin das diamantene Glitzern des Schnees,

wenn ihr erwacht in der Stille am Morgen,

dann bin ich für euch verborgen,

in bin ein Vogel im Flug,

leise wie ein Luftzug.

Ich bin das sanfte Licht der Sterne in der Nacht.

 

Sam sah sich um und lächelte. Seine Umgebung hatte wieder Farben angenommen. Das ständige Grau, das ihn noch vor ein paar Monaten begleitete, war verschwunden. Er wusste nicht, ob er noch einmal hierher kommen würde. Wohl eher nicht. Es war Zeit für einen Neuanfang und er wurde erwartet. Er sah auf das Ticket in seiner Hand: In einhundertundneununddreißig Tagen um die Welt.

 

Das luxuriöse Kreuzfahrtschiff im Hafen von Hamburg würde in wenigen Minuten mit seinen sechshundert neuen Passagieren an Bord in See stechen. Eine Reise über die Antillen, Südamerika, Polynesien, Australien, Papua Neuguinea, Indonesien, Japan, Russland, China, Thailand, Indien bis nach Venedig, wo die Reise enden würde, stand ihm bevor.

Sam lehnte an der Reling und sah nervös auf die Uhr. Wo blieb seine Reisebegleitung? Es war saukalt an diesem Morgen und ihm lief die Nase. Er suchte nach einem Taschentuch in seiner Jackentasche, als seine Fingerkuppen gegen etwas Hartes stießen. Es war die kleine rosafarbene Muschelschale, die er am Strand in Malaga aufgelesen hatte. Sein ständiger Begleiter. Er steckte sie wieder zurück an ihren Platz und hoffte, dass sie ihm weiterhin Glück bringen würde.

Unter all den Menschen, die sich unter ihm bewegten, konnte er nun jemanden ausmachen, der wie von einem Schwarm Bienen verfolgt auf die Brücke zurannte. Juri würde ihn eine Zeit begleiten und nach siebzehn Tagen stieß Lea in Cartagena dazu. Zufrieden strich er sich durch die Haare und warf einen letzten Blick auf Hamburg, ein Stück seiner Vergangenheit.

Menschen waren wie Bilder in der Zeit, immer in Bewegung. Erst mit dem Tod kamen sie zum Stillstand und der musste noch eine Weile auf ihn warten.

 

 

Orchideenstaub
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