57.

 

 

 

Lea wachte immer wieder aus ihrem Dämmerschlaf auf, doch niemand schien es zu bemerken. Sie versuchte die Augen zu öffnen, konnte es aber nicht. Sie waren wie zugeklebt. Wo war sie nur? Sie erinnerte sich an den Schmerz, der sich wie ein Blitz durch ihren ganzen Körper gezogen, sich ausgebreitet und ihr die Luft zum Atmen genommen hatte. Dann kam die Dunkelheit, Licht, Stimmen, wieder Dunkelheit.

Woher kam dieses Piepen? Herzfrequenz. Es war der Rhythmus der Herzfrequenz. Ihres Herzens, dachte Lea. Sie bekam Panik, der Schlauch in ihrem Hals ließ sie nicht selbst atmen.

Verdammt, merkte denn keiner, dass sie wach war. Hilfe!, schrie es in ihr. Wo war Nathalia? Sie hatte oft an ihrem Bett gesessen und mit ihr geredet. Was hatte sie noch gesagt? Sie würde auf sie aufpassen? War sie in Gefahr? Sie versuchte sich zu bewegen, aber es war unmöglich. War sie vielleicht querschnittgelähmt? Vielleicht lag sie aber auch im Wachkoma? Wieder überfiel sie das Gefühl der Panik.

Endlich betrat jemand das Zimmer. Hallo? Hallo! Ich bin wach. Hört mich denn keiner?

„Hier ist eine Patientin, sie hatte einen Unfall. Seit zwei Tagen hirntot. Ihre Daten sind perfekt.“

Hirntot? Sie war doch nicht hirntot. Was für ein Unsinn. Aber vielleicht redete er über eine andere Patientin, die neben ihr liegen musste.

„Sollte das nicht funktionieren, haben wir noch eine andere kompatible Patientin. Keine Sorge, das ist ein Routineeingriff. Sie werden bald wie neu sein.“

Routineeingriff? Von was redete Rafa da? Im Heim wurden keine Eingriffe gemacht. Oder lag sie in einer Klinik?

„Die Patientin weint … sehen Sie nur.“

„Sie ist tot. Das ist versiegende Tränenflüssigkeit. Passiert gelegentlich.“

Lea merkte, wie ihr jemand grob am Auge rumtupfte, dann entfernten sich die Stimmen wieder, eine Tür fiel leise ins Schloss. Stille.

 

 

Orchideenstaub
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